SYMPOSION DES ÖSTERREICHISCHEN MUSIKRATS FREITAG 23. UND SAMSTAG 24. APRIL 2004 in Kooperation mit der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Anton von Webern Platz 1, 1030 Wien (Linke Bahngasse/Beatrixgasse) Clara Schumann Saal KREATIVITÄT UND PLURALISMUS BEDINGUNGEN MUSIKBEZOGENER KREATIVER ARBEIT IN ÖSTERREICH IM ZEITALTER MUSIKALISCHER VIELFALT art KLASSIK JAZZ WORLD DANCE ROCK SCHLAGER pop 2 INHALTSVERZEICHNIS Das Symposion Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Abstract, Kurzzusammenfassung, Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Begrüßung - Harald Ossberger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Begrüßung - Werner Hasitschka. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Einführung ins Stilfeldermodell - Harald Huber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Podiumsdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Panel: Stilfeld „Klassik/zeitgenössische Musik” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Panel: Stilfeld „Jazz/improvisierte Musik”. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Panel: Stilfeld „Dance/HipHop/Elektronik” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Panel: Stilfeld „Pop & Rock” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Panel: Stilfeld „Volksmusik/Folk & World Music” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Panel: „Schlager & volkstümliche Musik/Blasmusik” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Zusammenfassung der Eröffnungsdiskussion und der Panels durch die Leiter . . . . . . 63 Schlussdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Referenten & Künstler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3 PROGRAMM KREATIVITÄT UND PLURALISMUS Freitag, 23. April BEDINGUNGEN MUSIKBEZOGENER KREATIVER ARBEIT IN ÖSTERREICH IM ZEITALTER MUSIKALISCHER VIELFALT 9.30 Begrüßung Harald Ossberger (ÖMR Präsident) Werner Hasitschka (Rektor) Harald Huber: „Das Stilfelderkonzept als Alternative zu E-Musik/U-Musik” Herbert Lauermann: „Waves” (Klavier: Johannes Marian) Im Bereich der Reproduktion von Musik besitzt Österreich Weltformat. Die Nachwuchsförderung wird durch zahlreiche Ausbildungsinstitutionen und Interpretenwettbewerbe gestützt. Im Bereich der Kreation und Produktion von Musik gerät Österreich jedoch zunehmend in eine internationale Randposition. Das Symposion des ÖMR will einen deutlichen Akzent zur öffentlichen Beachtung kreativer Arbeit in allen Sparten der Musik setzen. Themen: ■ Die Entwicklung des Musiklebens 2000-2003 und Zukunftsperspektiven aus der Sicht führender Institutionen ■ Bedingungen musikbezogener kreativer Arbeit in sechs Stilfeldern (jeweils mit Branchen-Insidern, Künstlern, Wissenschaftlern und Musikvermittlern): Klassik / zeitgenössische Musik Jazz / improvisierte Musik Dance / HipHop / Elektronik Pop & Rock Volksmusik / Folk & World Music Schlager & volkstümliche Musik / Blasmusik ■ Präsentation notwendiger Fördermaßnahmen, Diskussion mit Vertretern der Parlamentsparteien ■ Musikalische Beiträge namhafter in Österreich lebender Künstlerinnen und Künstler Idee & wissenschaftliche Grundlagen: Harald Huber Programmkonzeption: Harald Huber, Harald Ossberger, Mario Rossori, Günther Wildner Organisation & Transkription: Günther Wildner Visuelle Gestaltung: [email protected] 10.00-12.00 Podiumsdiskussion Bedingungen & Veränderungen des Musiklebens 2000-2003 sowie Chancen & Perspektiven für die ZukunftTeilnehmer: Harald Ossberger (Moderation) Franz Morak - Staatssekretär Franz Medwenitsch - IFPI Christian Rösner - Fabrique Records Martin Traxl - ORF Kultur Martin Zimper - Kronehit Peter Paul Skrepek ÖMR, KMSfB, MKAG, AKM Wilfried Lechner - AON Peter Tschmuck - IKM 12.00-13.00 Mittagspause 13.00-14.30 Stilfeld „Klassik / zeitgenössische Musik” Chair: Paul Hertel - ÖMR, Komponist Panel: Elisabeth Mayerhofer Mediacult Christian Scheib - mica, ORF Wolfgang Mitterer - Komponist 14.30 Performance: Elfi Aichinger Trio 15.00-16.30 Stilfeld „Jazz / improvisierte Musik” Chair: Harald Huber - ÖMR, Institut für Popularmusik Panel: Christoph Huber - Porgy & Bess Fritz Thom - Jazzfest Wien Ines Reiger - Komponistin, Sängerin 16.30 Performance: Franz Hautzinger: Gomberg für Vierteltontrompete solo 17.00-18.30 Stilfeld „Dance / HipHop / Elektronik” Chair: Michael Huber Institut für Musiksoziologie Panel: Mia Zabelka - Komponistin Alexander Hirschenhauser Soul Seduction Martin Schlager - Band „Texta” 19.00 „Get Together” ■ Musikszene-Fest mit Live-Acts & Buffet: Abado/Rosmanith (Palästina/Österreich) Kelomat (Young Lions-Preis 2003) Team Legat (Club Grooves) Samstag, 24. April 10.00-11.30 Stilfeld „Pop & Rock” Chair: Mario Rossori - ÖMR, Pate Records, Amadeus Music Award Panel: Alexander Kahr - Produzent, Komponist Felicitas Hager - GoTV Ludwig „Wickerl” Adam - Sänger 11.30 Performance: Kollegium Kalksburg 12.00-13.30 Stilfeld: „Volksmusik / Folk & World Music” Chair: Birgit Huebener - IKM Panel: Wolfgang Schlag - ORF Horst Watzl - VIDC Norbert Ehrlich - Veranstalter Michael Krusche - Aniada a Noar 13.30-14.30 Mittagspause 14.30-16.00 Stilfeld „Schlager & volkstümliche Musik / Blasmusik” Chair: Andy Zahradnik - Media Control, Musikmarkt Panel: August Viertbauer - Viertbauer Promotion Friedrich Weyermüller - Österreichischer Blasmusikverband Kurt Elsasser - Sänger 16.00 Performance: Bruno Thiera (Madagaskar/Österreich) 16.30-18.30 Schlussrunde Notwendige Fördermaßnahmen für Kreative in Österreich: Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse, Diskussion mit den Kultursprechern der vier Parlamentsparteien 4 ZUSAMMENFASSUNG Abstract Ausgehend vom Befund, dass Österreich im Bereich der Reproduktion von Musik Weltformat besitzt sowie die Nachwuchsförderung durch zahlreiche Ausbildungsinstitutionen und Interpretenwettbewerbe gestützt wird, legte das Symposion des Österreichischen Musikrates seinen Analyseschwerpunkt auf den Bereich der Kreation und Produktion von Musik in den Stilfeldern Klassik/ zeitgenössische Musik, Jazz/Improvisierte Musik, Dance/HipHop/Elektronik, Pop/Rock, Volksmusik/Folk/World Music und Schlager/volkstümliche Musik/ Blasmusik. Die Bearbeitung und Diskussion der in den einzelnen Panels erörterten Fragestellungen zu Bedingungen und (inter)nationalen Marktchancen heimischen Kreativschaffens erbrachten neben dem Wunsch nach größerer Medienbeachtung und verbesserten Exportchancen auch die kulturpolitische Forderung nach einer Förderung der Musikproduktion und -distribution (physischer und digitaler Vertrieb) und der Unterstützung der LiveMusik-Veranstalter und der Konzert/ Tourneetätigkeit der Musikschaffenden durch die öffentliche Hand. Kurzzusammenfassung des Symposions PODIUMSDISKUSSION 1 Der Anteil des Wirtschaftssektors „creative industries” steigt (Wien: derzeit 15% der Beschäftigten). Der Anteil des Kulturbudgets am österreichischen Gesamtbudget beträgt 0,78%. (Werner Hasitschka - Rektor der Musikuniversität Wien). 2 Die Konzeption des Symposions beruht auf einem Stilfeldermodell, das die anachronistische Einteilung der Musik in U- und E-Musik ersetzen soll. Die sechs derzeit relevanten Stilfelder werden in einem Kugelmodell veranschaulicht (Harald Huber - VizePräsident des ÖMR, Musikuniversität Wien) 3 Entwicklung des österreichischen Tonträgermarktes (Franz Medwenitsch - IFPI Austria): Jahr 2000: Jahr 2003: Gesamtvolumen (Umsatz) 314 Mio. Euro 251 Mio. Euro Tonträgerkäufer 3,2 Mio. 2,8 Mio. (Verlust der Reichweite vor allem bei Jugendlichen) Der Umsatz des österreichischen Repertoires ist im Jahr 2003 jedoch auf Grund von „Starmania” gestiegen und lag höher als im Jahr 2000. Mit jeweils 19 Mio. Stück hielten sich verkaufte Original-CDs und verkaufte CDRohlinge 2003 die Waage. 4 Neue Wege der Musikdistribution, vor allem MP3-Download-Plattformen, gewinnen an Bedeutung (Wilfried Lechner - Telekom) 5 Kunststaatssekretär Franz Morak sagt einen runden Tisch zum Anteil österreichischer Musikproduktionen in den Radio- und Fernsehprogrammen des Landes zu: Der ORF, die Tonträgerindustrie, die Veranstalter sowie Künstler sollten daran teilnehmen. Franz Medwenitsch zeigte nach seinen Ausführungen über Zahlen und Daten des österreichischen Tonträgermarktes der letzten Jahre die Bedeutung des lokalen Repertoires für den österrei- chischen Musikmarkt auf und trat für eine fördertechnische und mediale Beachtung des Gesamtkomplexes der Kreativwirtschaft in Österreich ein. Peter Paul Skrepek verortete den Grund für das Abdriften heimischen Musikschaffens in die zunehmende Bedeutungslosigkeit ebenfalls in den fehlenden medialen Darstellungsmöglichkeiten, und sah „Starmania” als Beweis für die internationale Konkurrenzfähigkeit österreichischer Musikschaffender. Martin Traxl ortete einen Boom an musikalischer Vielfalt in Österreich, jedoch auch Probleme an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wirtschaft, sodass sich ein Missverhältnis zwischen der Buntheit und Kreativität der Musikszene und den erreichbaren Tonträgerabsatzzahlen ergebe. Martin Zimper forderte die Musikschaffenden auf, sich dem internationalen Markt zu stellen, und lud die Vertreter der Tonträgerfirmen zu einem dichteren Dialog über die Produktion von radiotauglichem Musikcontent ein. Weiters trat er für eine Quotenverpflichtung seitens der Sender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein. Wilfried Lechner referierte die Rahmenbedingungen und erreichten Ergebnisse des von der Telekom Austria betriebenen Services „musicdownload.aon.at”. Christian Rösner betonte als Betreiber eines Independent Labels die Notwendigkeit von Leidenschaft in der Musikkreation sowie in der Vermarktung und gab Beispiele für neue Wege in der Musikverwertung. Peter Tschmuck gab einen Abriss über den Paradigmenwechsel in der Tonträgerindustrie und konstatierte eine Trägheit der Musikfirmen in der Eroberung von neuen Technologien beim Verkauf von Musik. Staatssekretär Franz Morak versprach, noch in diesem Jahr einen Runden Tisch zur Mediensituation einzuberufen, wobei die Bedingung für dessen Zustandekommen die Teilnahme von Monika Lindner an dieser Diskussionsveranstaltung sei. Zusammenfassung 5 PANEL: STILFELD „KLASSIK/ ZEITGENÖSSISCHE MUSIK” ■ Reform der Einstufungskategorien der AKM Forderungen ■ Steigerung der Wertschöpfung in Österreich über nationales Repertoire ■ Bessere Vernetzung der bestehenden Interessensverbände Die Investitionen in den Ausbildungsund Veranstaltungsbereich sind in den vergangenen Jahren fruchtbar geworden. Wir haben heute eine sehr lebendige Nachwuchsszene im Jazz, wir haben eine gute Veranstalter- und Festivalszene in Österreich. Eine direkte Forderung besteht in einer verbesserten Kooperation zwischen der Veranstalterszene und der Ausbildungsszene: Man vergab ja bisher schon Preise für junge Nachwuchsmusiker in Form von Präsenz bei internationalen Jazzfestivals. Die Distribution von Ton/Bildträgern ist in den letzten Jahren immer mehr zu einem Problem geworden, daher ist eine öffentliche Förderung des Distributionsbereichs notwendig. Die Förderrichtlinien der öffentlichen Hand sollten weiters Personen und Initiativen bevorzugen, die engagierte Labels betreiben wollen, und die sich im Veranstaltungsbereich positionieren wollen. Ein Sponsorgesetz ist unabdingbar, das für potentielle Sponsoren Kunst- und Kulturinvestitionen attraktiv, d.h. steuerlich absetzbar macht. Weiters ist eine Überarbeitung des Musikeinstufungsmodells der AKM, das sich noch immer am E-Musik-UMusik-Modell orientiert, dringend erwünscht. Es geht den E-Musik-Komponisten nur scheinbar gut, weil sie gefördert werden und weil sie organisiert sind. Das sind sie jedoch deshalb, weil es seit vielen Jahren Probleme gibt. Klassik und zeitgenössische Musik sind offensichtlich Vorreiter dessen, was jetzt offensichtlich allen passiert, nämlich dass das österreichische Repertoire zunehmend unter Druck gerät, wie es jetzt auch in sogenannten kommerziellen Bereichen geschieht. Wertschöpfung und die Erreichung von Einkommen sind nunmehr wichtige Themen im Stilfeld „Klassik/zeitgenössische Musik”, das lange Zeit zu abgehoben und elitär bezüglich finanzieller Situationen und Bedürfnisse agiert hat. Das Bewusstsein, dass man mit Musik auch Geld verdienen darf und kann, muss gestärkt werden. Österreich muss sich als Musikland in allen Stilfeldern zusammenfinden, um mit großem Selbstbewusstsein die eigene Musik und die Musik an sich zu vertreten - nach dem Motto „Musik ist wichtig, Musik aus Österreich ist besonders wichtig”. Ein Ergebnis der Paneldiskussion ist die Notwendigkeit, Netzwerke und Strukturen zu bilden und diese nach und nach auszubauen. Das ist auch über Stilfeld- und Nationalstaatsgrenzen hinaus mit einem toleranten Ansatz zu verwirklichen. Musiker aus allen Stilfeldern sollten sich zusammensetzen und an einem Strang ziehen. Selbstbewusstes Auftreten aller an der Wertschöpfung Beteiligten gegenüber der Politik ist notwendig. Wir konnten ausrechnen, dass bei einer adäquaten Beachtung lokalen Repertoires in den elektronischen Medien pro Jahr eine zusätzliche Wertschöpfung von bis zu einer Milliarde Euro in Österreich erzielt werden könnte. Durch entsprechende Netzwerke können wir mit unseren Forderungen zukünftig mehr erreichen. PANEL: STILFELD „JAZZ/IMPROVISIERTE MUSIK” Forderungen ■ Weiterer Ausbau der Kooperationen von Ausbildungsinstitutionen und Veranstaltern ■ Förderung der Distribution (Labels, Veranstalter, ...) u.a. durch steuerliche Vorteile für Sponsoren PANEL: STILFELD „DANCE/HIPHOP/ELEKTRONIK” Forderungen ■ Schaffung einer Koordinationsstelle, um die Interessen des Feldes zu bündeln und zu vernetzen Tonträgerverkäufe spielen in der Regel kaum eine tragende Rolle für die Frage, ob jemand in diesem Bereich von seiner Kreativität leben kann oder nicht. Der Tonträgerverkauf funktioniert ausschließlich über Marketinginvestitionen, weil einerseits zu viele Produkte zu wenig Alleinstellungsmerkmale aufweisen, und andererseits der Medienmarkt andere Formen der Publikumsbearbeitung verunmöglicht. Positiv war in den letzten 15 Jahren die Entwicklung von Möglichkeiten einer immer billigeren Musikproduktion und immer einfacheren Kommunikation künstlerischer Arbeiten über das Internet. Das führte zu einer hohen Produktivität, die wiederum nur sehr schwer am Markt platzierbar war. Negativ ist, dass die fetten Jahre zwi- schen 1992 und 2000 vorbei sind. Es geht sehr vielen Aktiven im Stilfeld „Dance/HipHop/Elektronik” nicht so gut, wie man aus Medienberichten glauben würde. Den meisten Musikschaffenden geht es zumindest finanziell sehr schlecht. Dazu kommt noch, dass in diesem Szenebereich kein neuer Trend in Sicht ist, der neue Aufmerksamkeit generieren könnte. Das größte Problem ist das Fehlen einer Institution, die das Szenegeschehen koordiniert und kompetent nach außen vertritt und vermittelt. Eine Förderungsmöglichkeit könnte die Unterstützung so einer mit Kompetenz besetzten Koordinationsstelle im Elektronik-Bereich sein. Es ist gerade in dieser Szene extrem wichtig, dass diese Personen, die mit dieser Koordination beraut sind, das Vertrauen der Szene haben. PANEL: STILFELD „POP & ROCK” Forderungen ■ Mehr Präsenz des Feldes in TV und Radio, Förderung privater Stationen, die österreichische Produkte promoten ■ Marktstrategische Betreuung der Sieger von Wettbewerben, u.a. Performance-Training, weltweite Vertriebsmöglichkeiten, ... Der TV-Musiksender gotv hat in seiner bisherigen Tätigkeit die Szene im Bereich Videoclips positiv stimuliert. Die Zahl der Produktionen und deren Qualität steigen stetig an. Die längerfristige Positionierung von Pop-Acts auf dem Markt ist jedoch nur dann möglich, wenn Medienkooperationen zwischen Radio- und Fernsehstationen sowie Printmedien zustande kommen. Kern und Kristallisationspunkt ist dabei erfahrungsgemäß die TV-Präsenz. Aufgrund fehlender TV-Formate bzw. Präsentationsmöglichkeiten wird der Aufbau von neuen heimischen Pop/Rock-Acts erschwert bis verunmöglicht. Aus diesem Manko heraus speist sich die Forderung nach regelmäßigen Auftrittsmöglichkeiten im TV, die von den Interessensvertretungen mit Fingerspitzengefühl - auch bei Ablehnung - nach dem Motto des steten Tropfens betrieben werden soll. Als Grundvoraussetzungen für Erfolg gelten einerseits gesangliches Talent sowie Echtheit und Eigenständigkeit in der Musik auf Künstlerseite, andererseits mittel- und langfristige Businesspläne auf der Seite der Verwerter. Für Künstler heißt das ein weiteres Mehr an Eigeninitiative sowie eine Verbesserung in den Bereichen „Stimme„ und „Körperdarstellung”. Wirtschaftlich ist eine Zusammenfassung Produktionsförderung nötig und eine Vergrößerung des Markts bzw. Arbeitsraumes auf mindestens den Bereich GSA (Germany, Switzerland, Austria). Der Sprung über die österreichische Grenze gilt nach wie vor als Ziel und Grundbedingung für künstlerischen und kommerziellen Erfolg. Bei heimischen Bandwettbewerben sollte eine weitere produktions- und musikbusinesstechnische Betreuung der prämierten Bands stattfinden, sonst bleiben als Ergebnis dieser Bemühungen nur unzureichend produzierte Sampler-CDs als Dokumentationsmaterial. PANEL: STILFELD „VOLKSMUSIK/ FOLK & WORLD MUSIC” Forderungen ■ Förderung des derzeit steigenden Publikumsinteresses durch mehr mediale Präsenz, Verbesserung internationaler Vertriebswege und bessere Vernetzung der Interessenspartner Begriffsdiskussionen prägen noch immer ganz offensichtlich jede diskursive Beschäftigung mit dem Stilfeld „Volksmusik/Folk & World Music” (Volksmusik versus volkstümliche Musik, österreichische Volks(x)musik als Teil des Genres World Music etc.). Die Worldmusik hat in Österreich einen Zuwachs und Aufschwung genommen (Publikumsinteresse, Veranstalter, Festivals und Auftrittsmöglichkeiten), trotzdem profitieren davon nicht notwendigerweise österreichische Musikerschaffende. Es wird eine Plattform als regelmäßiges Austauschforum gewünscht, wo miteinander diskutiert werden kann, auch über Begrifflichkeiten. Eine Vernetzung im eigenen Stilfeld ist nötig, in weiterer Folge natürlich auch nach außen. Es fehlen eigene Agenturen und Labels für diesen Musikbereich ebenso wie geeignete Medien zur Darstellung des worldmusikalischen Musikschaffens in Österreich. Projekte im Überschneidungsbereich Worldmusik und österreichischer Volksmusik gelten als chancenreich. Es gibt aber zu wenig Förderungen für solche Projekte sowie für internationale Austauschprojekte, um Vernetzungen und Verbindungen herzustellen. Die Universitäten haben Nachholbedarf in den Bereichen Worldmusik und Volksmusik. Im Verhältnis zur großen Nachfrage ist das Angebot zu gering. Musikschaffende müssen verstärkt neben ihren künstlerischen 6 Tätigkeiten die Bereiche Management und Marketing selbst abdecken. PANEL: STILFELD „VOLKSTÜMLICHE MUSIK & SCHLAGER/BLASMUSIK” Forderungen ■ Wahrnehmung des Feldes als umfangreicher Bereich kultureller Kreativität (Wertschöpfung im Land) ■ Koordination der Netzwerke Unter MOR - Middle of the Road - fällt alles, was sich verschrieben hat, Geld zu verdienen. Dem Kommerz wurde Ohr und Stimme geliehen, und das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Man soll nicht ausgrenzen, sondern begreifen, dass das Genre „Volkstümliche Musik & Schlager/ Blasmusik” in Österreich omnipräsent ist. Auch diesem Feld geht es bereits schlechter, weil der Tonträgermarkt aus den bekannten Gründen geschrumpft ist, und weil die Neuheitenquote im Radio beim Stilfeld „Volkstümliche Musik & Schlager/Blasmusik” rückläufig ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Kreativität austrocknet, das Gegenteil ist der Fall. Die Zusammenarbeit bei diesen Problemstellungen muss Plattform-übergreifend stattfinden. Das ist notwendig, weil sich die Zeiten noch massiver verändern werden. Institutionen, Verbände, Parteien etc. sind mit handfesten Konzepten zu überzeugen. Es soll ein Modell und eine Plattform der Musikwirtschaft erarbeitet werden, die sagt: „Werden wir als kein Kernmarkt erkannt, hat das allerdings auch den Vorteil, dass wir das tun können, was wir wollen, wenn es uns gelingt, initiativ zu sein.” Es bringt nichts, hundert verschiedene kleine Labels zu haben, denn keines hat genug Geld. Die Information an die Politik lautet: „Soviel Geld können wir damit verdienen, soviel Tantiemenaufkommen bleibt in Österreich, wenn das Netzwerk funktioniert und finanziell entsprechend von der öffentlichen Hand gefördert wird.” 7 BEGRÜSSUNG HARALD OSSBERGER: Meine Damen und Herren, ich darf Sie herzlich zu unserer Veranstaltung, zum Symposion „Kreativität und Pluralismus” begrüßen. Ich begrüße die bereits eingetroffenen PodiumsteilnehmerInnen, und bedanke mich bei allen Mitwirkenden. Ich danke allen, die uns sehr stark finanziell unterstützt haben, ohne die dieses Symposion nicht hätte zustande kommen können. Ich bedanke mich sehr bei der Kunstsektion des Bundeskanzleramtes, vertreten durch Herrn MR Dr. Koll, wir freuen uns, dass Sie da sind. Ich bedanke mich sehr herzlich bei der MA7 der Stadt Wien mit dem Schwerpunkt „Forschung und Wissenschaft”. Herr Dr. Ehalt kann heute nicht in Wien sein und entschuldigt sich für seine Abwesenheit, er wäre sehr gerne gekommen. Ich bedanke mich beim BMBWK für die wichtige Unterstützung. Ich danke ebenfalls der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, wo ich mich zu Hause fühle. Ich bin sehr glücklich, dass der Herr Rektor, Du lieber Werner, heute anwesend bist und begrüßen wirst. Ohne die Universität, die uns in einer weitreichenden Kooperation diese Räumlichkeiten und alles, was dazu gehört, gratis zur Verfügung gestellt hat, gäbe es dieses Symposion nicht. Die Universität steht auch für Inhalte, mit denen wir uns identifizieren können. Das haben wir auch noch als Geschenk dazu bekommen. Ich hoffe, es werden interessante und wichtige zwei Tage, und ich darf in diesem Sinn um die Begrüßung durch unseren Rektor bitten. WERNER HASITSCHKA: Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich angesichts der vielfältigen Qualifikationen vom Kollegen Ossberger, dass ich beginnen kann damit: Sehr geehrter Präsident, vielen Dank für die einführenden Worte. Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass Sie heute hier sind. Ich kann mir die Wiederholung des Dankes ersparen und die Ansprache von konkreten Persönlichkeiten. Mir liegt besonders am Herzen, mich zu bedanken unter großer Freude, dass wir Schweizer Kollegen hier haben aus der Hochschule von Luzern, Magnifizenz, herzlich willkommen, ich freue mich, dass Sie bei uns sind mit Ihren KollegInnen. Sie merken, diese Veranstaltung ist auch international interessant, nicht nur für nationale Interessen. Ich bin sehr stolz, dass wir diese Veranstaltung in Kooperation mit dem Musikrat machen. Lassen Sie mich ganz wenige Zahlen nur nennen, die möglicherweise von Ihnen sofort auch dann in der Diskussion relativiert werden. Kreativität, Creative Industries - das klingt irgendwie besser derzeit, ist ein bisschen modern, auch Staatssekretär Morak wird wahrscheinlich diesen Terminus verwenden - sind eigentlich die Hoffnungschance auch im wirtschaftlichen Bereich zwischen Kunst und Wirtschaft. Es gibt unmittelbar eine jüngste Untersuchung zu diesen sogenannten Creative Industries, wo gesagt wird, dass allein im Wiener Bereich 14% oder 15% der Beschäftigten in diesem Bereich tätig sind, also 100.000 bis 120.000 Personen. Dieser Sektor boomt um 6%, während wir ein durchschnittliches wirtschaftliches Gesamtwachstum von 2% haben. Paradox dazu, parallel zu diesem Boom des Sektors, gibt es einen großen Rückschritt bei der Musikwirtschaft. In der Musikwirtschaft gibt es einen Rückgang von 11,4 % der Beschäftigten in Wien, was möglicherweise auch Diskussionspunkt sein kann in diesem Symposion. Dieser Bereich ist ein großer Hoffnungsmarkt, aber offenbar für den Musikbereich problematisch. Kreativität ist eine Frage, die sehr stark von den Rahmenbedingungen abhängt. Ich bin froh, dass auch die Rahmenbedingungen diskutiert werden. Kreativität hängt natürlich in hohem Ausmaß mit der Interaktion zwischen öffentlichen Institutionen und Institutionen des Kultur- und Kunstbereichs zusammen. Hier möchte ich eine zweite aktuelle Untersuchung zitieren, die von unserem Institut für Kulturmanagement hier im Hause stammt und schon heftig diskutiert wird, worüber ich mich sehr freue, nämlich wo gefragt wird, wie sehen die Rahmenbedingungen für Kreativität aus? Dass der öffentliche Sektor Kreativität fördern muss, ist klar, damit dann diese Kreativität wieder die Kreativwirtschaft befördern kann. Diese Rahmenbedingungen sind einfach zusammengefasst in dem Anteil der Kultur- und Kunstausgaben, im wesentlichen Kunstausgaben am Budget insgesamt. Wieviel Prozent glauben Sie, kann man an Kulturbudget für österreichische Kunst und Kultur gemessen am Gesamtbudget definieren und festlegen? Würden Sie sagen 10%, 20% oder 40% in der österreichischen Kulturnation? Es sind, und ich habe mir das in der Früh noch einmal angesehen, weil ich es nicht glauben kann, 0,78%. Das ist weniger als die Hälfte des Budgets für die Landesverteidigung. Frech gesagt, stellen wir die geistige Landesverteidigung dar, und ich hoffe, dass wir irgendwann einmal mit der militärischen Landesverteidigung gleichziehen werden. Man kann ja ein Kompensationsgeschäft machen. Man hört immer wieder, dass die militärische Landesverteidigung reduziert wird, vielleicht bekommen wir diese Budgetanteile ins Kunstbudget. Das wäre ein Bitte, die ich an den Herrn Staatssekretär hätte. Das wird schon verneint von den zuständigen Stellen, merke ich, aber vielleicht bleibt eine gewisse Hoffnung. Was ich damit meine, ist, dass wir sehr froh sind, hier an unserer Universität gemeinsam mit dem Musikrat dieses Symposion veranstalten zu können, einfach weil wir glauben, dass unsere Musikuniversität ein wesentlicher Quell der Kreativität ist, und das ist für uns ganz wesentlich in unterschiedlichen Bereichen. Unser Leitbild sagt, wir sind Zukunftsuniversität im Sinne von Kreativität, aber auch eine Universität, die auf Traditionen viel Wert legt. Zwischen diesen beiden Polen Zukunftsuniversität, Kreativität und Tradition, Reproduktion pendeln wir - fast möchte ich sagen in einem Kugelmodell a la Harald Huber, er wird dazu noch Stellung nehmen. Damit danke, dass Sie mir so lange zugehört haben, das ist ein Vorrecht des Rektors, dass er das Begrüßen ausnützen kann, um politische Informationen weiterzutragen. Danke für Ihr Verständnis dafür. Danke für Ihre Teilnahme und allen jenen, die an den Panels inhaltlich mitgearbeitet haben. Ich möchte den Organisatoren sehr herzlich danken, diese Großveranstaltung geplant, und sehr perfekt organisiert zu haben. Danke an den Musikrat und den geistigen Kopf dieser Veranstaltung Harald Huber für die Konzeption. Ich könnte mir vorstellen, dass hier sehr viele kreative und pluralistische Inputs kommen. Mögen sie auch in die Kunst- und Kulturpolitik einfließen. Danke. Begrüßung HARALD HUBER: „DAS STILFELDERKONZEPT ALS ALTERNATIVE ZU E-MUSIK/U-MUSIK” Ich möchte beim Danke noch speziell den Generalsekretär des österreichischen Musikrates erwähnen, Günther Wildner, der die gesamte Veranstaltung auf die Beine gebracht und organisiert hat. Der internationale Musikrat als Teilorganisation der Unesco hat bei seiner Konferenz 2001 in Tokio als Thema für die inhaltliche Ausrichtung der jeweiligen nationalen Musikräte die musikalische Vielfalt, musical diversity, vorgegeben und bei der jüngsten Konferenz 2003 in Montevideo als „Many Musics Project” bekräftigt. Die Tatsache, dass in der gegenwärtigen Gesellschaft gleichzeitig sehr viele Musiken mit unterschiedlicher ästhetischer Ausrichtung gleichzeitig existieren, ist uns allen voll bewusst. Wie können und wollen wir mit dieser Pluralität umgehen, und wie kann diese Vielfalt so beschrieben werden, das die Zündfunken von Kreativität, die oftmals durch die Reibung unterschiedlicher Stilrichtungen und Zugänge entstehen, nicht auf der Stecke bleiben? Ich habe dazu ein Modell entwickelt, das auf den Begriff „Stilfeld” aufbaut und den Anspruch hat, die gegenwärtige Lage der Musik in Österreich besser abzubilden als das dem 19. Jahrhundert entstammende Zweiklassenmodell „Ernste Musik - Unterhaltende Musik” es vermag. Ich behaupte: Die Unterscheidung entlang der Begriffe „ernst” und „unterhaltend” funktioniert für die gegenwärtige musikalische Vielfalt definitiv überhaupt nicht mehr. Wir haben es heute mit unterschiedlichsten musikalischen Traditionszusammenhängen und Referenzsystemen zu tun, die sich ihrerseits in höchst lebendigen Austauschprozessen befinden. Solche Referenzrahmen nenne ich in Anlehnung an den kulturwissenschaftlichen Ansatz des französischen Soziologen Pierre Bourdieu „Stilfelder”. Ein Stich des Karikaturisten William Hogarth aus dem Jahr 1741 zeigt ein Zweiklassensystem der Musik: die höfische elitäre Musik einerseits und die populäre Musik der Straße andererseits. Jene war zu dieser Zeit gekennzeichnet durch den italienischen Stil, diese durch englische Musizierformen. Ich möchte nun nicht die Geschichte des Begriffspaars E-Musik und U-Musik vertiefen, sondern sofort auf die Gegenwart zu sprechen kommen. Heute ist die Situation wesentlich komplexer. Auf der Basis von Daten, die mir die Austro Mechana in den neunziger Jahren dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, ergaben sich folgende derzeit in Österreich existie- 8 rende Stilfelder. Zunächst aber noch: Was ist überhaupt ein Stilfeld? Stilfelder der Musik sind erstens Bündel von musikalischen Genres, Stilen und Substilen, die einen Traditionszusammenhang, einen gemeinsamen Referenzrahmen bilden. Zweitens: Stilfelder der Musik sind Betätigungsfelder musikbezogener Kreativität. Es existieren Musiker, Komponisten, Improvisatoren, Interpreten, Literaten, Tänzer, bildende Künstler etc., die sich in diesem Referenzrahmen professionell oder als Amateure betätigen. Stilfelder der Musik sind drittens Produktions-, Distributions- und Rezeptionszusammenhänge. Es existieren spezifische Aufführungs- bzw. Veranstaltungsorte, Festivals, Tonstudios, Labels und Verlage, Funk- und Fernsehprogramme, Printmedien, Internetplattformen, Sammlungen, Archive, Ausbildungen, Institute, Interessensvertretungen etc. Stilfelder der Musik sind viertens Kategorien von Rankings, Hitlisten, Charts, öffentlichen Wettbewerben und Preisverleihungen. Die Daten, die mir die Austro Mechana in den neunziger Jahren zur Verfügung gestellt hat, wurden durch verschiedenste Beobachtungen weiterentwickelt, und es ergab sich für Österreich in der Gegenwart dieses Stilfeldermodell. Wir haben sechs Stilfelder: - Klassik/Zeitgenössische Musik, - Jazz/Improvisierte Musik, - Dance/HipHop/Elektronik, - Pop/Rock, Volksmusik/Folk/World Music und - Schlager/Volkstümliche Musik/Blasmusik. Sie sind als Pfeilmodell angeordnet, um sowohl ihre Differenzen als auch ihre Diffusionen diskutieren zu können. Die Folie zeigt weiters einen Blick auf einzelne Stilbegriffe, die im Rahmen des jeweiligen Feldes eine Rolle spielen. Das kann man jetzt nicht im einzelnen durchdiskutieren, sondern soll nur zur Illustration dienen, wie sich das jeweilige Feld in einzelne Stile auffächert. Beim Versuch, die einzelnen Stilfelder im Pfeilmodell nach ihrem gesellschaftlichen Status anzuordnen, zeigten sich besonders bezüglich der Sparte Volksmusik/Folk/World Music eine Reihe von Widersprüchen. Traditionelle regionale Musikkulturen unterschiedlicher Herkunft und deren aktuelle Weiterentwicklung erlebten seit den neunziger Jahren einen deutlichen gesellschaftlichen Aufstieg. Das Modell musste daher dieser Entwicklung angepasst werden. Das war nur durch die Dreidimensionalität eines Kugelmodells möglich. Am Äquator sind diejenigen Stilfelder angeordnet, die sowohl elitäre wie auch populäre Kulturmuster miteinander verbinden. Dabei spielt die welt- weite Verbreitung afroamerikanischer Musikformen im 20. Jahrhundert eine wesentliche Rolle. An jedem Punkt der Kugel ist für diejenigen Musiker und Hörer, die sich mit dem jeweiligen Stilbereich identifizieren, sozusagen die Welt in Ordnung. Es ergibt sich das Gefühl, sich auf sicherem Terrain zu befinden und teilweise große Abstände bis hin zum Gefühl vollkommener Fremdheit anderen Positionen gegenüber zu erleben. Die Kugel müsste eigentlich angefüllt sein mit verschiedensten Fäden und Drähten und Verbindungen von hier nach dort, mit Verknüpfungen und Kontaktstellen. Das Pfeilmodell müsste in diese Kugel integriert werden. Die drei oberen Stilfelder Klassik, Jazz und World bilden ein Dreieck, das hier mit dem Wort „Art” charakterisiert wird. Wir finden dieses Dreieck derzeit etwa in der Programmgestaltung des ehemaligen Klassiksenders Ö1 oder in den CDVeröffentlichungen des MICA für das österreichische Außenministerium, vier CDs zum Bereich Klassik/Zeitgenössische Musik, jeweils eine CD zu den Bereichen Jazz und Volksmusik, oder auch bei der Platzierung der Musikrichtungen der internationalen Musikmesse MIDEM in Cannes: Klassik, Jazz und World befinden sich im Obergeschoss bei Tageslicht. Dance, Rock und Schlager zusammengefasst als Pop im Untergeschoss. Unser Symposion geht davon aus, dass musikalische und musikbezogene Kreativität in allen Stilfeldern förderungswürdig ist. Zusätzlich zur Weiterentwicklung der hochstehenden Interpretationskultur in Österreich muss dringend ein Fokus auf musikbezogene Kreativität in allen Sparten hinzukommen. Die einzelnen Panels mögen dazu Ansätze für Förderrichtlinien erarbeiten, die wir als Musikrat an die Politik herantragen werden bzw. als Musikuniversität innerhalb des Ausbildungsbereichs kommunizieren wollen ganz im Sinne der Kooperation der beiden Institutionen für dieses Symposion. Alle Musikbeiträge von Künstlern, die Sie im Lauf des Symposions hören werden im FannyMendelssohn-Saal gegenüber illustrieren die Vielfalt dieser Zugänge. Es gibt eine musikalische Performance, die naturgemäß nun hier in diesem Saal stattfindet, und ich habe an dieser Stelle die Freude, als erste Performance das Klavierstück „Waves” von Herbert Lauermann, der dankenswerterweise auch zu uns gekommen ist, anzukündigen. Am Klavier Johannes Marian. Ich danke für die Aufmerksamkeit. Herbert Lauermann: „Waves” Klavier: Johannes Marian 9 PODIUMSDISKUSSION Harald Ossberger: Herzlichen Dank Johannes Marian und Herbert Lauermann. Ich darf die Teilnehmer an der nun folgenden Podiumsdiskussion sehr herzlich begrüßen und bitten, an den Tisch zu ihren jeweiligen Namensschildern zu kommen, dass wir in ein paar Minuten mit dieser Podiumsdiskussion beginnen dürfen. Ich glaube, wir sind soeben vollständig geworden. Sie finden in Ihren Unterlagen alle Informationen zu Werdegang und Funktion der Panelteilnehmer. Ich begrüße sehr herzlich Franz Medwenitsch, Christian Rösner, Martin Traxl, Martin Zimper, Peter Paul Skrepek, Wilfried Lechner und Peter Tschmuck. Herr Dr. Christian Ehalt kann leider an der Podiumsdiskussion nicht teilnehmen, weil er nicht in Wien ist. Es war leider nicht möglich, einen Ersatz zu finden. Der Musikrat unterhält jedoch vielfältige Kontakte zur Stadt Wien auch im Sinne der in diesem Podium verhandelten Inhalte. Staatssekretär Franz Morak muss noch eine andere Veranstaltung besuchen und wird um ca. 11.00 Uhr bei uns eintreffen. Mit Ihrem Einverständnis werden wir den Herrn Staatssekretär bei seinem Eintreffen um ein Statement bitten und dann je nach dem Stand der Diskussion Fragen an ihn ermöglichen bzw. richten. Ich werde dann die einzelnen Teilnehmer um ihre Statements von ca. fünf Minuten bitten. Dann schlage ich eine zweite Runde vor und im Anschluss eine Erweiterung der Diskussion auf das Publikum. Zunächst möchte ich einige grundsätzliche Worte an Sie richten. Eines der großen kulturellen Phänomene unserer Menschheitsgeschichte ist im Titel unserer Veranstaltung versteckt: Kreativität und Pluralismus sowie Zeitalter musikalischer Vielfalt. Es geht darum, Zusammenhänge und Wirkungsweisen zwischen Kreativität und Pluralismus zu beobachten. Zwei Konkretisierungen möchte ich herausgreifen: Kreativität und Pluralismus kann auch heißen Kreativität durch Pluralismus, hierin liegt für mich eine Zielsetzung. Es kann aber auch heißen Kreativität trotz Pluralismus in einem indirekten Sinn. Mich haben immer gleichzeitig ablaufende Vorgänge quer durch die musikalischen Zeiten und Stile fasziniert, wenn in diesem Zusammenwirken Neues entsteht. Das findet man in Alter Musik, in der Klassik, dort wird es teilweise sogar zu einer Vorschrift des Verständnisses gemacht, in der Romantik, im Impressionismus bis herauf in die Gegenwart wie z.B. in Etüden von György Ligeti, wo das geradezu das Programm darstellt. Es entsteht Neues, Komplexes, in die Tiefe hin Auslotbares aus dem Zusammenwirken einzelner Faktoren, die ihrerseits selbstverständlich wiederum unterschiedliche Entwicklungslinien in sich tragen. Es dürfte das ein grundsätzliches Phänomen menschlichen Sich-Äußerns, überhaupt menschlichen Verhaltens sein. Man sollte bedenken, dass alles, was wir meinen, es gehöre uns selber an Gedanken, Entschlüssen, an Dingen, die wir tun, in Wirklichkeit in uns selber eine Geschichte, eine Entwicklung haben, eine Entwicklungsgeschichte von ganz unterschiedlichen Bereichen unserer Person. Eine weitere Ebene ist das Sprechen. Mit jedem Wort, das wir aussagen, stellen wir in Wirklichkeit einen Jahrhunderte bzw. Jahrtausende langen Kulturzusammenhang her. Die Wörter haben ihre Geschichte, die Inhalte haben sich unterschiedlich entwickelt. Das, was wir sagen, ist in Wirklichkeit der Stamm eines Zusammenkommens von verschiedensten Strömen in der Kulturgeschichte. Das führt z.B. zur Uneindeutigkeit der Sprache, die Ludwig Wittgenstein in der ersten Hälfte seines Philosophierens so kritisiert hat, wo er gesagt hat: „Worüber man nicht sprechen kann, soll man schweigen”, weil er eben zunächst einmal die Eindeutigkeit des sprachlichen Begriffs postuliert hat. Aber auch er musste davon abrücken, als er gesehen hat, dass, wenn man Sprache so gebraucht, nur irrelevante Dinge gesagt werden, Tautologien, die Dinge, die sich selber wiederholen. So gesehen, stellt Pluralismus, stellt Vielfalt eine Bedingung für Relevanz dar, und wenn wir uns in weiterer Folge die Entstehung dessen, was wir heutzutage bis herauf in unsere Zeit als kulturelle Zusammenhänge betrachten, anschauen, dann sehen wir, dass sie alle sich dann, wenn sie sich als autochthon betrachtet haben, immer in dem Zustand, in dem sie betrachtbar sind, als ganz komplexe Gebilde mit unterschiedlichsten Herkünften verstehen lassen. Ich sage es noch einmal: Die unterschiedlichsten Herkünfte selber sind wiederum komplexe, aus Verschiedenem entstandene Dinge. Insofern kann es nur heißen: Kreativität und Kreiertes, in jedem Fall, durch Pluralismus. Nun sagte ich aber, Dinge dieser Art entstehen auch mit Schmerzen teilweise, weil Veränderungen das Andere immer verunsichern, verstört machen - aber es entsteht. Je näher wir den kulturellen Phänomenen unserer Gegenwart kommen, desto mehr merken wir, dass es einen Hang der einzelnen Gesellschaften gibt, diese Vorgänge zu steuern. Das beginnt in der europäischen Geschichte im 19. Jahrhundert, nachgedacht hat man natürlich schon Jahrhunderte vorher, aber dass man plötzlich gesagt hat, ich möchte eine Theorie deshalb konzipieren, um sie umsetzen zu können und - jetzt ein bisschen pathetisch und unter Anführungszeichen ausgedrückt - der Kultur-, Sozial- und Wertungsgeschichte anzuzeigen, wo sie hingehen muss, das scheint mir doch ein Phänomen zu sein, welches speziell im 19. Jahrhundert besonders stark entwickelt wurde. Wir haben, je näher wir der Gegenwart kommen, einen Hang, Entwicklungszüge als zwingend zu beschreiben und umzusetzen. Da beginnt das Problem und auch die Sinnhaftigkeit der Fragestellung Kreativität trotz Pluralismus. Der Begriff „Zeitalter musikalischer Vielfalt” spielt hier herein. Man könnte sagen, wenn das stimmt, was ich zuerst gesagt habe, dann gab es bisher ausschließlich Zeitalter musikalischer Vielfalt, und von außen betrachtet stimmt das auch. Die neue Situation und auch das, was früher an Neuem entstanden ist, postuliert, dass diese Vielfältigkeiten miteinander und zueinander in Beziehung treten können. Da haben wir heutzutage einen Stand erreicht, wie er bisher nicht möglich war und im Moment unüberbietbar erscheint. Es kann die ganze Welt globale Verhaltensweisen ständig und augenblicklich aufgrund der neuen Medien auch zueinander in Beziehung treten und daraus natürlich etwas entstehen lassen. Nun sind aber Menschen Wesen, die in Wettbewerb treten. Ich persönlich halte das nicht für eine sehr gute Eigenschaft der Menschen, aber wir alle haben sie. Wenn man Dinge in Beziehung bringen kann, und wenn man sie von außen betrachten kann und sie umsetzen will, dann setzen jene Mechanismen ein, und das ist gefährlich, die Strategien hervorbringen können und Macht und Dominanz entstehen lassen, und damit die Podiumsdiskussion Vielfalt als produktives Etwas in Frage stellen. Das ist die Gefahr, der wir begegnen. Globalisierung, um das Schlagwort zu gebrauchen, ist weder an und für sich schlecht noch gut. Ich glaube sogar, dass in Wirklichkeit die Chancen, die wir haben, ungeheuer sind. Es geht darum, wie wir damit umgehen. Unser Thema muss die Bestandsaufnahme dieses Zeitalters der musikalischen Vielfalt sowie der Rahmenbedingungen, Konsequenzen, Chancen und Gefahren sein, damit wir es schaffen, wieder zu diesem ersten Begriff zu kommen: Kreativität durch Pluralismus. Aber dazu muss die Vielheit Vielheit bleiben, und das stellt uns - so glaube ich - vor große Probleme. Unser Symposion möge das hoffe ich sehr - dazu ein Beitrag sein. Dankeschön. Wer möchte als erster sein Statement vortragen? Ich darf Sie, Herr Dr. Medwenitsch, um Ihren Beitrag bitten. Franz Medwenitsch: Sie haben mir ein Stichwort gegeben, denn ich habe das Ende Ihres Vortrags so verstanden, das Sie gesagt haben, der Wettbewerb und das Streben nach Vorteilen kann eine Bedrohung für den Pluralismus sein und kann dadurch auch eine Bedrohung für die Kreativität sein. Das möchte ich gar nicht ganz in Abrede stellen, aber ich möchte entgegensetzen, dass natürlich der Wettbewerb auch ein Quell für Kreativität sein kann und in vielen Fällen natürlich auch ist. Das Streben etwa in der Musikwirtschaft, die ich hier vertrete, nach einem größeren Marktanteil, nach einer besseren Veröffentlichung, nach einer besseren Chartsplatzierung, nach mehr Künstlern unter Vertrag kann natürlich sehr wohl Quelle der Kreativität sein. Ich glaube, dass das im Arbeitsalltag durchaus auch da und dort passiert. Natürlich gibt es auch Gefahren: Die Machtübernahme, das Zuviel können zu dominanten Positionen führen. Dominante Positionen sind eigentlich nie gut für die Kreativität und für die Kultur. Ich möchte Sie kurz über die Entwicklung des österreichischen Musikmarktes im Zeitraum 2000 bis 2003 informieren. Alle, die diesen Musikmarkt verfolgen, haben sicher gesehen, dass es nicht nach oben gegangen ist, sondern dass der Musikmarkt zurückgegangen ist. Das ist nicht gut, aber auch kein Grund, den Kopf ganz hängen zu lassen. Warum, das will ich Ihnen anhand ganz weniger Charts zeigen. Das ist die Entwicklung des Musikmarktes in 10 diesem Zeitraum: Im Jahr 2000 haben die Österreicher 314 Mio. Euro für Tonträger in Österreich ausgegeben. Im Jahr 2003 waren es 251 Mio. Euro. D.h. in all diesen Jahren ist der Musikmarkt zurückgegangen. Die Umsätze sind 2001 um knappe 10%, im Jahr 2002 um knappe 8% und im letzten Jahr um 3,6% gefallen. In Summe macht das etwa 63 Mio. Euro weniger Umsatz im Jahr 2003 verglichen mit 2000, das sind 850 Mio. Schilling, die der Musikmarkt weniger ausmacht, und das ist eine ganz gewaltige Ziffer. Das macht den Firmen, den Labels, den Managements, den Künstlern, allen, die in diesem Musikmarkt, der Verkäufe aufbaut und keine Subventionen bekommt, arbeiten, sehr, sehr zu schaffen. Die 10% Personalabbau, die aus der Wiener Studie für den Bereich der Musikwirtschaft hervorgehen, halte ich geradezu für eine sehr günstige Ziffer. Wenn der Markt in dieser kurzen Zeit um 25-30% zurückgeht, dann glaube ich, dass es auch durchaus noch zu einem höheren Personalabbau kommen muss, jedenfalls auch zu höheren Kosteneinsparungen kommen musste. Allerdings hat sich auch der internationale Musikmarkt nicht viel anders verhalten, auch dieser Markt ist in diesen Jahren zurückgegangen. In den Jahren 2001 und 2002 ist der österreichische Musikmarkt geringfügig schlechter gelegen als der internationale, im Jahr 2003 ist der österreichische Musikmarkt, wiewohl er gesunken ist, besser gelegen: Minus 3,6% im Verhältnis zu minus 7,6%. Das ist doch ein deutlicher Unterschied. Das ist es auch, was ein bisschen Anlass zur Hoffnung gibt. Die Frage ist nun, warum ist der Musikmarkt in dieser Form zurückgegangen? Was sind konkret die Ursachen? Die Ursachen lassen sich an einer Zahl klar ausmachen. Wir haben, beginnend mit dem Jahr 2000, pro Jahr etwa 100.000 Personen an Käuferreichweite verloren. Das ist der Punkt. Wir haben im Jahr 2000 3,2 Mio. Tonträgerkäufer gehabt, und wir haben im Jahr 2003 nur mehr 2,8 Mio., das sind etwas mehr als 100.000 Käufer pro Jahr, die an Reichweite verloren gehen. Die, die nach wie vor Tonträger kaufen, halten aber dieselbe Intensität, d.h. im Durchschnitt werden zwischen sechs und sieben Tonträger im Jahr gekauft. Die Ausgaben haben sich nicht wesentlich verändert, sie sind gesunken aufgrund des Preisdruckes, aber es ist nicht gravierend, und auch die Intensität ist nicht gravierend. Es geht um die Reichweite. Wir wissen, dass wir die Reichweite speziell in der jüngeren Generation verlieren, also der Tonträgerkäufer wird tendenziell älter, er hat seinen Schwerpunkt von 29 Jahren aufwärts. Die 30 bis 39Jährigen sind derzeit die stärksten Tonträgerkäufer. Ich bezweifle nur, dass die Jugend, also die 19 bis 29-Jährigen, aufgehört haben, Musik zu konsumieren. Sie konsumieren natürlich Musik nach wie vor, auch in derselben Intensität etwa, sie haben nur Wege gefunden, diese Musik außerhalb des Verkaufsmarktes zu besorgen. Das ist einfach ein Problem dieses Marktes, deswegen ist ein Punkt, den ich bereits hier eingangs erwähnen möchte, der Schutz des geistigen Eigentums. Dieser ist eine Existenzfrage für die Musikwirtschaft, und ich glaube, auch für alle anderen Segmente der Kreativwirtschaft. Ich möchte im zweiten Teil meines Statements auf die interessante Entwicklung des österreichischen Repertoires eingehen. Der Umsatz mit österreichischem Repertoire ist 2001 und 2002 gesunken, im Jahr 2003 aber gestiegen. Der Umsatz ist um fast 32% angestiegen und ist höher als im Jahr 2000. In einem langfristigen Vergleich ist er höher als in vielen, vielen Jahren auch davor. Er kommt geradezu an die Bereiche heran, als man von der Hochblüte des Austro Pop Mitte der achtziger Jahre gesprochen hat. Das kann einen freuen, wenn man realistisch bleibt, realistisch deswegen, weil diese Steigerung des österreichischen Repertoires, eine Verdreifachung der österreichischen Single-Umsätze im übrigen und eine glatte Verdoppelung der Albenumsätze, nicht nur, aber schwerpunktmäßig einen Grund hat, der da heißt „Starmania.” Das muss ganz klar sein. Das kann man kritisieren und man kann über die Qualität dieser Dinge streiten, aber ein Faktum bleibt bestehen: Wenn es eine so breite Medienkooperation gibt, und damit meine ich Fernsehen, Radio und die Printmedien plus die Musikfirmen, dann sind hier Entwicklungen möglich, die auf einmal eine Steigerung von knapp einem Drittel beim österreichischen Repertoire möglich machen. Und diese Umsätze haben im übrigen auch dazu geführt, dass der österreichische Gesamtmarkt im internationalen Vergleich einer der besten sich entwickelnden Märkte im Jahr 2003 war. Darüber liegen die Engländer, die etwa auf dem gleichen Ergebnis von 2002 abgeschlossen haben, und die meisten anderen Länder, vor allem die großen, liegen Podiumsdiskussion darunter, vor allem Deutschland hat knapp minus 20%, die Amerikaner sind bei minus 8%. Da liegen wir so schlecht nicht. Dass wir heute über das Thema Kreativwirtschaft hier diskutieren und darüber, was man für diese Segmente tun kann, ist ein absolut positives Zeichen. Ich meine, dass es diese Möglichkeit vor 2000 nicht gegeben hat bzw. sie sehr viel geringer war. Es ist die Kreativwirtschaft ein fester Bestandteil der politischen Diskussion auf Bundesebene geworden. Der Herr Staatssekretär wird das sicher selber sagen. Er hat bereits ein Symposion zum Thema Kreativwirtschaft vor seinem Eintritt in die Regierung gemacht. Er ist sicher einer der Träger dieser Diskussion. Die Stadt Wien hat nun einen Bericht vorgelegt, die Stadt Wien unterstützt auch mit Geld. Es gibt eine Arbeitsgemeinschaft Kreativwirtschaft in der Wirtschaftskammer, es gibt einen Kreativwirtschaftsbericht auf Bundesebene und auch in Wien, wo aus beiden hervorgeht: Die Kreativwirtschaft liegt besser als die österreichische Gesamtwirtschaft, was sowohl Wertschöpfung als auch Beschäftigung angeht. Hier ist ein Potential gegeben. Das sind Dinge, die Anlass zur Hoffnung geben. Nur die Kreativwirtschaft, auch wenn sie ein Modell ist, das nicht unbedingt auf Förderungen aufbaut, braucht dennoch marktflankierende Maßnahmen. Die Kreativwirtschaft ist ein sehr riskantes Geschäft im Vergleich zu anderen Wirtschaftssegmenten. Welche Maßnahmen man setzen kann, das wird sich aus der Diskussion ergeben. Damit möchte ich schließen. Harald Ossberger: Danke sehr, Herr Dr. Medwenitsch. Jetzt möchte ich jemanden auffordern, der die Musikschaffenden vertritt, und darf Dich, Peter, um Deinen Beitrag bitten. Peter Paul Skrepek: Danke, das mache ich gerne. Zum letzen Satz von Franz Medwenitsch, der viel Wahres gesagt hat, möchte ich ergänzen: Kreativwirtschaft heißt nicht notwendigerweise Kunst und Musik. Man kann unter Kreativwirtschaft auch etwas ganz Anderes verstehen, und ich fürchte, dass unter Kreativität oft etwas ganz Anderes verstanden wird als wir uns ausdenken. Wenn zwei Leute von einem Berg reden, versteht der eine etwas Anderes darunter als der andere. Harald Ossberger wird vielleicht an den Alban Berg denken, andere denken an den Phettberg oder an den Kahlenberg, je nachdem, wo 11 man her ist, vielleicht an den Großglockner. Das ist alles sehr unscharf. Plural heißt, und ich habe nicht nachgeschaut, sondern mich erinnert, die Mehrzahl. Das hat noch nichts mit Vielfalt zu tun, das kann auch sehr eintönig sein. Das ist z.B. eine pluralistische Runde - lauter Männer. Es kommen heute noch Frauen, darauf haben der österreichische Musikrat und die Musikuniversität schon geachtet, aber am Anfang sollen schon die Männer reden, und das tun wir jetzt auch. Hoffentlich kommt etwas Sinnvolles dabei heraus. Was Franz Medwenitsch richtig bemerkt hat, ist, dass dieses vergangene Jahr für die österreichische Musikwirtschaft wieder ein Lichtblick war, für die Musikszene mit Einschränkungen. Wenn man die ganze Breite der Musikszene betrachtet, war sie nur für einen kleinen Teil ein Lichtblick, nämlich für diejenigen, die im Studio für Starmania produziert haben, weil es dem ORF zu teuer war, eine Band auf die Bühne zu stellen, was angeboten worden ist. Jetzt hat man eben im Studio alles nachproduziert und hat zumindestens den Beweis angetreten, dass, für diejenigen, die es nicht glauben und auch nachher nicht glauben, die österreichischen Musikschaffenden das auch können. Das sind keine dahergelaufenen Wappler, um es populär zu sagen, die halt alles nachmachen, was aus Amerika kommt, sondern die auch sehr gut selber Dinge produzieren können, die sich durch nichts unterscheiden. Die können ganz genauso schlecht sein, wie das, was aus dem gelobten Land der Popmusik kommt. Sie können aber auch ganz genauso gut sein. Der Effekt, den diese Sendung auf einen Teil der Musikszene gehabt hat, war frappierend. Trotzdem hat es der ORF weiterhin verstanden, dem Kompliment, das ich ihm gemacht habe, er habe etwas getan für die österreichische Musikszene, auszuweichen, er hat es gar nicht angenommen. Das war irgendwie ein Unglück. Das Ganze war nicht so geplant scheinbar, dass es auch ein gutes Geschäft wird, und dass die Musikszene dadurch einen Impuls bekommt. Aber es hat eines gezeigt, und auch da hat Franz Medwenitsch vollkommen richtig darauf hingewiesen, dass in Ländern, die auf Pluralität in unserem Sinne, also auf Vielfalt und die Möglichkeit, andere musikalische Wege zu beschreiten und zu einem Publikum zu finden, dass in Ländern, die das unterstützen und das lokale Repertoire favorisieren wie Frankreich oder England, wo auf- grund der Krise sogar eine Quotenregelung diskutiert wird, das Ganze floriert. Dort ist der Zugang zu den Medien und damit der Zugang zum breiten Publikum möglich, dort können alle gewinnen, auch die Schallplattenindustrie, die wir brauchen, wenn wir unsere CDs nicht nur auf Konzerten verkaufen wollen, was leider viele Musikschaffende aus den oben genannten Gründen tun müssen. In Österreich wird allein die Diskussion über eine Quote in den Bereich des Satanismus verwiesen. Dort, wo der Krieg um den Markt einseitig von dominanten Kräften für sich entschieden worden ist, dort stagniert der Markt, der Umsatz, alles wird von einem Strudel nach unten gezogen. Solange es bei uns Leitfiguren gegeben hat, die man wahrgenommen hat, deshalb waren sie auch Leitfiguren, solange hatte Österreich eine lebendige, großartige Musikszene gehabt. Ich rede dabei gar nicht von Falco oder anderen, sondern von Zeiten vor 100 Jahren, wo Österreich gleichsam als Weltmacht Musik in alle Welt exportiert hat, wo die AKM hauptsächlich Gelder aus Aufführungen aus dem Ausland kassiert hat. Das waren Zustände, von denen wir heute nur träumen können. Wir haben einen unglaublichen Abfluss an Geld aus Österreich, und dieses Geld fehlt uns, um Musik zu produzieren, und zwar Musik jeder Spielart. Wenn die Musikuniversitäten aufgefordert werden, sich Sponsoren zu suchen, weil man jetzt alles privatisiert, dann heißt das nichts anderes, als dass man ihnen Geld wegnimmt, denn wer soll die Musikuniversitäten schon unterstützen. Die Universität für Bodenkultur hat es da besser, da stehen riesige Pharmakonzerne, die uns Hybridpflanzen verkaufen wollen, Schlange und unterstützen Forschungsprojekte. Wer soll denn die Universität für Musik unterstützen außer ein paar Musikinstrumentenhersteller und Besitzern von Distributionskanälen von Musik wie z.B. Sony. Bekommt die Musikuniversität da Unterstützung? Stehen die Leute Schlange, um der Musikuniversität Gelder zukommen zu lassen, um junge Talente auszubilden, die dann Konkurrenz am internationalen Weltmarkt machen dürfen? Das ist eine rein rhetorische Frage, wir wissen, dass sie nicht Schlange stehen. Dort liegt der Hund begraben. Wenn wir also versuchen, uns darauf zu besinnen, dass wir es selber auch können, und auch noch schaffen, alle vom Gesetzgeber bis über die Medien und die Verteilungskanäle mit unserem Podiumsdiskussion Können zu überzeugen, dass wir Geld verdienen können, dann haben wir gute Karten. Wenn wir das nicht schaffen, dann werden wir als Musikschaffende bald nur mehr ein Anhängsel sein, das Endziel der Musikausbildung wird dann die Hervorbringung neuer Musiklehrer sein. Das würde dann auslaufen, so wie die österreichische Musikszene so schön langsam aus dem Programm ausgeblendet wird, sodass es am Ende heißt: Österreichische Musik, gibt es das überhaupt noch? Natürlich gibt es diese Musik, sie blüht nur im Verborgenen. Dass man mit Musik gut verdienen kann, hat Franz Medwenitsch eindrucksvoll gesagt, das ist eines der stärksten Argumente, die wir im letzten Jahr bekommen haben: Eine breite Öffentlichkeit und schon geht es bergauf. Schon können die Leute, die hier arbeiten, zeigen, was sie drauf haben, und die haben einiges drauf. Das ist kein Land, wo sich die Musik verflüssigt hat, durch den Abfluss davon geronnen. Es ist alles da. Ich unterrichte selber an einer Musikschule in Wiener Neustadt, und ich kann bestätigen aus eigenem Erleben, das ist unglaublich, was es in Österreich für musikalische Talente gibt. Man kann den Talentiertesten momentan leider nur einen Tipp geben: Verlasse dieses Land, denn es ist nicht das Land, in dem du mit deiner Musik Karriere machen kannst. Wir sind momentan nicht in der Lage, Förderungen gleich welcher Art zur Verfügung zu stellen. Wir sind auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit und zwar die längste Zeit schon. Wenn diese Veranstaltung einen kleinen Beitrag leistet, um das Bewusstsein zu schärfen, dass wir etwas für die Kultur und die Kunst insgesamt leisten können, dann hat sie ihren Zweck schon erfüllt. Harald Ossberger: Danke vielmals, Peter Paul Skrepek. Du hast in Deinen Ausführungen mehrmals die Medien angesprochen, besonders den ORF. Daraus ergibt sich für mich eine interessante Referentenabfolge. Zunächst möchte ich Herrn Traxl und dann anschließend Herrn Zimper um ihre Ausführungen bitten. Martin Traxl: Schönen guten Morgen. Ich habe kein Statement mit großen Zahlen vorbereitet, aber ich bin ein interessierter Zuhörer. Interessant, was man von Seiten der Wirtschaft übermittelt bekommt, auch nicht sehr überraschend. Es ist auf jeden Fall so: Meine Beobachtungen der letzten zwei Jahre gehen in zwei Richtungen. 12 Ich fange mit dem Positiven an. Ich orte, und da gebe ich Herrn Skrepek recht, eine enorme Vielfalt. Es hat in den letzten Jahren einen neuerlichen Boom gegeben, einen ersten so Mitte der neunziger Jahre aus der Neuen Volksmusik heraus in Verschränkung mit Jazz, und einen zweiten jetzt mit einer unheimlichen Vielfalt, die auf den Zuzug von wirklich talentierten, spannenden, interessanten Menschen zurückzuführen ist nicht nur aus den Ostländern, sondern auch aus dem arabischen Raum und aus europäischen Ländern wie Italien und Skandinavien. Die kommen hierher, und man muss sich fragen, warum? Ich weiß nicht, ob alles so furchtbar ist, ob wir jetzt wirklich in die Bedeutungslosigkeit verschwinden müssen. Ich glaube, dass die Gefahr besteht, dass das kreative Potential in diesem Land zu wenig erkannt wird. Es vermischen sich die Stile, die Genres, die Menschen. Diese Leute, die hierher kommen, gehen wunderbarerweise nicht ins Kämmerchen und versuchen irgendetwas, sondern sie gehen hinaus, sie treffen andere Musiker, es entstehen ganz neue Formen wie schon erwähnt: JazzEthno, aber auch die DJ-Szene findet Eingang in die Klassiktempel bis hin zur Volksoper. Das sind ganz interessante Entwicklungen, die da stattfinden. Ich bin, was das betrifft, sehr zuversichtlich. Wir haben versucht, dem ein bisschen Rechnung zu tragen. Ich bin ja hier nicht als ORF-Sprecher, sondern als Kulturjournalist und Sendungsmacher und möchte mich auch darauf konzentrieren. Wir in der Kultur haben versucht, das aufzunehmen indem wir unser Flaggschiff „Treffpunkt Kultur” noch mehr zum Forum gemacht haben, d.h. es gibt im Durchschnitt in jeder zweiten Sendung Auftrittsmöglichkeiten für österreichische und internationale Künstler. Das ist zumeist mit einem aktuellen Anlass wie einer Plattenpräsentation und/oder einem Konzert verbunden. Der Anteil an österreichischen Künstlern und Musikern bzw. solchen, die hierher gekommen sind und hier leben, liegt bei zwei Drittel bis drei Viertel, d.h. wir haben keine Schwierigkeiten, tolle Leute zu finden. Wir sind natürlich mit Augenmaß dabei und haben für die Auswahl gewisse Kriterien, das ist ganz klar. Wir müssen schauen, dass es zu Charakter und Dramaturgie der Sendung passt, aber es gibt überhaupt keine Schwierigkeiten, spannende Leute zu finden. Wir haben praktisch in jeder zweiten Sendung Gäste, und diese Studio-Acts laufen auch sehr gut, was die Publikumsakzeptanz betrifft, und werden sehr gerne von den Musikern genutzt. Wenn wir das auch, zumeist aus dramaturgischen Gründen, im letzten Drittel der Sendung ansiedeln, haben wir noch immer eine Publikumsgröße von zweimal Praterstadion. Das ist nicht wenig, und wir sind uns unserer Verantwortung bewusst, wir tun das gerne. Wie Herr Skrepek schon sehr gut gesagt hat: Es können ja alle etwas davon haben. Es ist ja nicht so, dass wir das als Akt der Großzügigkeit sehen, sondern wir bereichern mit der Kreativität dieser Menschen unsere Sendung, das ist ganz gewiss so. Auf der anderen Seite mache ich mir natürlich schon auch Sorgen. Die Zahlen haben es schon aufgezeigt: Ich orte keinen Mangel an Kreativität, sondern gröbere Probleme an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wirtschaft. Das kommt ja nicht von ungefähr. Ich behaupte, und das kann wahrscheinlich jeder hier nachvollziehen, dass die Szene immer vielfältiger wird, immer stärker und interessanter, trotzdem gehen die Absatzzahlen zurück. Sie haben die Gründe schon kurz angeführt. Junge Musiker erzählen, dass sie bei ihren Produktionen ein fertiges Masterband abliefern müssen, d.h. Technik, Studio, Studiomusiker selber finanzieren müssen, und die Plattenfirma nur mehr vervielfältigt. Die Künstler müssen Sponsoren auftreiben. Ich glaube, so kann es nicht gehen. Wenn es nur mehr so geht, dann liegt ein größerer Fehler im System. Man müsste die Wirtschaft stärker davon überzeugen können, dass Platten-Machen kein reines Geschäft mehr ist. Es ist noch immer in den Köpfen der Wirtschaftstreibenden verankert, die teilweise im Sponsoring für Kunst, Literatur und Oper großzügig sind, dass die Schallplattenproduktion etwas Kommerzielles ist, und daher nicht gefördert werden muss. Ich glaube, da herrscht Nachholbedarf. Im Ausland leisten sich größere Firmen bereits ihre eigenen Plattenlabels. So weit muss es bei uns ja nicht kommen, aber eine Bewusstmachung, dass Künstler bei der Produktion eines Tonträgers ums Überleben raufen, sollte stattfinden, da muss man nachhaken. Auf der anderen Seite hat man jahrelang nicht darauf reagiert, dass der Tonträger langsam stirbt bzw. dramatisch bergab geht. Ich finde es verblüffend, dass man keine anderen Mittel gefunden hat, als junge Menschen, die sich CDs brennen, zu kriminalisieren und Kampagnen zu starten. Es muss wieder eine andere Podiumsdiskussion Branche kommen, die sagt, warum machen wir da nicht etwas daraus, z.B. eine digitale Jukebox und wir alle haben etwas davon, nämlich die Kreativen, die Konsumenten und auch ihr als Produzenten, logisch. Die Dinge sind ja jetzt im Gange, ich glaube, es wird sich sehr in diese Richtung verlagern, weil junge Menschen in der Musikbeschaffung flexibler werden. Ich glaube, man tut nicht gut daran, zu sagen: „Das muss man verhindern.” Wir müssen schauen, wie wir im klassischen Geschäftsbereich weiterhin unsere Platten verkaufen, sonst bleiben die Künstler wahrscheinlich auch noch auf der Strecke, so weit sollte es meines Erachtens nicht kommen. Ich glaube, die Medien würden da schon mittun, das ist ja auch angesprochen worden. Ich glaube, die Medien sind an vielem schuld, ich ärgere mich selbst immer wieder über vieles; daran glaube ich nicht, nämlich dass sie Nachwuchspflege und neue Talente nicht wahrnehmen wollen - im Gegenteil, die sind überaus dankbar, wenn man über neue Hypes, neue Stars berichten kann. Das ist ein gefundenes Fressen auch für die Medien, warum sollen sie es also nicht tun. Ich glaube, das interessiert auch die Leute mehr als etwas über ehemalige Austro Popper zu lesen, außer sie lassen sich vielleicht scheiden. Auch in den Medien hat sich das sehr verändert. Da sollte es in der Zusammenarbeit keine Probleme geben. Mangel an Kreativen herrscht wirklich nicht in diesem Land. Franz Medwenitsch: Herr Traxl, Sie haben auch die Musikwirtschaft angesprochen, daher möchte ich dazu etwas sagen, weil einige Gemeinplätze dabei waren. Das Produzieren von Musik ist in Österreich extrem riskant, ich kann Ihnen auch erklären, weshalb das so ist. Die Produktionskosten sind in Österreich genauso hoch wie in England, Deutschland, Frankreich, wie überall, da ist kein Unterschied. Der Markt, der primär zur Refinanzierung dieser Produktionskosten zur Verfügung steht, ist ein verhältnismäßig kleiner. Wir bekommen keine Subventionen und öffentliche Gebühren, sondern es ist Risikokapital, das man da einsetzt. Der Markterfolg einer Produktion entscheidet sich in Österreich an einer ganz, ganz zentralen Frage: Findet man mit dieser Produktion Zugang zu den Medien oder nicht? Da kann ich Sie nicht so leicht entlassen als Sendungsmacher und Kulturjournalist, sondern Sie sind schon beim ORF, und der ORF hat natürlich eine ganz entscheidende 13 Rolle, es haben auch die Radioprogramme des ORF eine entscheidende Rolle. Ich möchte das nicht in die einseitige Diskussionsecke drängen, wo es zwangsläufig immer wieder hinführt, aber so leicht kann es sich der ORF nicht machen, hinzuzeigen: Ihr bösen Musikfirmen, Ihr produziert ja eigentlich überhaupt nichts mehr. Da sind einige aus der Musik, die können dann erklären, was das kostet, und wie schnell man das, was es gekostet hat, nachher in den Abfallkübel werfen kann, weil es einfach überhaupt keine Chance hat, zu den Hörern und zum Käuferpublikum zu kommen. Wenn sie eine Produktion machen, dann kostet das nicht wenig, wenn sie auch die Qualität haben soll, die sie im internationalen Vergleich auch haben muss. Man darf sich das nicht so einfach machen. Zum zweiten Stichwort „kriminalisieren”: Ich sage Ihnen, ich habe noch nie jemanden kriminalisiert, ganz im Gegenteil. Wir informieren, wir klären auf, aber es ist einfach so: Im Jahr 2003 wurden in Österreich 19 Mio. Original-CDs verkauft, und es wurden 19 Mio. Musik-CD-Rohlinge gebrannt, netto Musik-CD-Rohlinge, also eine echte 1:1-Relation, und das ist nicht das Herstellen von Kopien fürs Auto, von Sicherheitskopien für den Zweitwohnsitz, sondern das ist zu einem wesentlichen Anteil eine Kaufsubstitution. Ich glaube, man sollte dieses Thema nicht so leicht erledigen und sagen, das ist kriminalisieren, und da ist etwas versäumt worden, sondern es ist ein echtes Problem. Musikpiraterie gibt es, solange es die Musikbranche gibt, nur war das immer ein Loch im Boden des Fasses, wo es rausgetröpfelt ist, mittlerweile ist das Loch schon relativ groß geworden, es rinnt heraus, und tendenziell wird es nicht kleiner, und ich glaube, dass man dagegen etwas machen muss. Ich setze mich gerne dem Vorwurf der Kriminalisierung aus, wenn jemand Urheberrecht verletzt, dann verletzt er Urheberrecht, das sage ich ganz offen. Ich lasse den Vorwurf dann auf mir sitzen, denn es ist so. Dass man neue Modelle finden muss, ist schon klar, darüber können wir lange reden. Martin Traxl: Ich habe nicht der Raubkopie das Wort geredet, sondern den neuen Vertriebsmöglichkeiten, die von der IT-Branche kommen, davon können alle profitieren. Franz Medwenitsch: Das ist völlig richtig. Harald Ossberger: Danke. Ich möchte Sie bitten, die Diskussion auf die zweite Runde zu verlegen. Ich bitte Herrn Zimper um seinen Beitrag. Martin Zimper: Im Radio entstehen durch Hörerorientierung Stilfelder und aus diesen wiederum einzelne Radiostationen. Durch die österreichweite Einführung des Privatradios 1998 haben wir 64 Radiolizenzen, und die musikalische Landschaft begann kreativer, pluralistischer und vielfältiger zu werden. Ich selbst habe in dieser Zeit drei Stationen aufgebaut oder umgebaut, nämlich Energy, Party FM in NÖ, ein kleiner Lokalsender, und Kronehit. Jeder hat sich ein bis zwei Musikstilen gewidmet, nicht aber allen Musikstilen, weil sie können es auch im Radio nicht allen recht machen und sagen, ich mache ein Radio für alle, sondern man macht eben Radio für bestimmt Zielgruppen. Während Sie in Ihrem Modell vom Künstler, vom Kreativen und von der Produktion ausgehen, gehen wir eben vom Hörer aus, aber es gibt vieles, was sich eigentlich trifft in diesem Modell. Ich habe mir überlegt, welche Musikstile sind denn erfolgreich von der Musikindustrie her, nämlich österreichische Musik, die zumindest europaweit erfolgreich ist? Das ist sicher einmal die Klassik, da sind wir uns sicher einig in dieser Runde. Und wir sind uns sicher, dass das zuwenig ist, denn sonst könnten wir ja sagen: Ö1 ist der Sender, der die meiste österreichische Musik spielt, wunderbar. Das ist nicht im Sinne dieser Runde. Dann ist da die Elektronik und die Kruder&Dorfmeister-Ecke, etwas, das international erfolgreich ist. Ich stelle auch fest wie Herr Traxl: Es kommen doch jede Menge Kreative nach Wien, um diese kreative Luft für sich persönlich zu nutzen und hier international zu produzieren, also das finde ich etwas Positives. Und wenn Sie sagen „geht hinaus, ihr habt nur draußen die Chancen”: Ja stimmt, das nennt sich nämlich Markt, und wir sind in einem großen Markt, in der EU und ab 1. Mai um zehn Länder größer. Also man darf das nicht immer wienerisch oder österreichisch sehen, sondern auch die Musikschaffenden sollten sich einem internationalen Markt stellen, aber auch einem internationalen Klima, dass man nicht immer nur in der eigenen Suppe kocht. Die eigene Suppe ist vielleicht gar nicht so schlecht, denn es kommen viele internationale Künstler, die dann im Flex auflegen oder in den U-Bahnbögen am Gürtel produzieren. Wir sind durchaus in einer kreativen Podiumsdiskussion Szene. Dass die alle einen österreichischen Pass haben müssen, ist nicht etwas, was jemand verlangt. Zurück zur Radiolandschaft: Was ich feststelle, und das ist nichts Neues, ist folgendes, dazu ein Beispiel: Ich lade die Musikindustrie ein, denn wir haben wenige Leute, die auf uns zukommen. Ich weiß schon, wir könnten auch auf die zukommen, aber dafür haben wir zu wenige Mitarbeiter, um mit jedem einzelnen zu sprechen. Aber es gibt wenige, die zu uns kommen, und uns fragen: Was überlegt Euch Ihr über Eure Musikstile? Wie und warum programmiert Ihr? Wen wollt Ihr eigentlich treffen? Was interessiert Euch eigentlich stilmäßig, welche Produktionen sind für Euch interessant? Dann könnten wir erklären kann ich in diesem Rahmen jetzt nicht tun, denn dafür müsste man sich eine Stunde Zeit nehmen - welche Musikstile etwa Kronehit durchaus sendet und fördert, das ist sicher ein Unterschied zu dem, was Energy macht, zu dem was Antenne Steiermark macht oder 88.6. Das heißt, wir überlegen uns schon etwas, es ist aber wechselseitig nicht so bekannt, welche Strategien die einzelnen Radiostationen haben. Aber wenn es zur Strategie passt, spielen wir selbstverständlich auch Österreichisches bis hin zu Lokalem. Ein Sender wie Party FM stellt zumindest die lokale Band, die nicht einmal einen Vertrieb braucht, auch einmal vor, natürlich spielt man das dann nicht 70 Mal, aber man stellt es vor und schafft eine Kommunikationsbasis dafür und stellt es ins Internet, auf die Website des Senders. Da passiert einiges, das lokal ist. Natürlich kann nicht jede lokale Band einen Auftritt bei Vera und eine Doppelseite in der Kronenzeitung bekommen, das kann man nicht für jede lokale Band fordern. Was einen möglichen quotierten Anteil heimischen Schaffens im Radio betrifft, glaube ich, gibt es eine Verpflichtung, jedenfalls des öffentlichrechtlichen Senders, der über Gebühren finanziert ist, Österreichisches zu spielen und zwar auch in Zeitzonen, wo sie gehört werden und nicht nach 20.00 Uhr. Ich möchte das für alle Musikstile ausführen und verlangen und auch für jeden Sender. Ich habe jahrelang für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gearbeitet: Radio NÖ, ORF Fernsehen. Ich glaube, dass FM4 sehr viel Gutes für einen bestimmten Teil der aktuellen österreichischen Musikszene tut, und sich auch die Gebühren verdient. Bei Ö3 sind wir uns sicher einig, dass das eine selbst kommerzialisierte Radiostation ist, die 14 meiner Meinung nach eine der besten kommerziellen Radiostationen des deutschsprachigen Raums ist, nur öffentlich-rechtlich ist daran wirklich null. Bei Ö2 fällt mir im Zeitraum seit dem Jahr 2000 auf, und es wird nicht einmal geleugnet, dass man stolz darauf ist, Formatradio zu sein, und man wie in Salzburg aus einem Interview mit dem Landesintendanten Nowak hervorgeht, die urtümliche Volksmusik, die man früher zwischen 10.00 uns 12.00 Uhr gespielt hat, aus dem Programm gekippt hat. Das ist etwas, das in einer kommerziellen Landschaft durchaus so sein muss, weil sich die Station letztlich selber durch Werbeeinnahmen finanzieren muss, wenn man ein privates Radio ist. Beim ORF hat das mit Ö3 begonnen und wird in Ö2 fortgesetzt, wo keine Volksmusik mehr gespielt wird. Das ist nachweisbar, und es wäre sinnvoll, das im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit zu untersuchen, was sich da in den letzten drei Jahren getan hat. Ich sage Ihnen voraus, Sie werden draufkommen, dass sich jede Menge getan hat. Der AKM wird das wahrscheinlich auch auffallen und den Musikschaffenden, wenn man sich die Playlists anschaut. Zusammenfassend möchte ich mir mehr Dialog mit Musikschaffenden und der Musikindustrie wünschen und zwar einen professionellen Dialog. Es gab eine Professionalisierung der Radiobranche, die noch im Gang ist. Ich würde mir eine gemeinsame Professionalisierung dieses Dialogs erwarten, ich bin gerne dazu bereit, das mitzugehen und schlicht und einfach zu verbessern. Ich ersuche aber auch um Berücksichtigung der Rahmenbedingungen der Produktion privaten Radios im Gegensatz zu den konkreten Aufträgen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ich habe eine Idee, wie der Herr Staatssekretär ohne Budget und ohne einen Euro etwas für die österreichische Musikindustrie tun kann: Die Vorschreibung einer nationalen Quote für alle Sender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Harald Ossberger: Ich danke für das Statement und darf Herrn Staatssekretär Morak sehr herzlich begrüßen, fein, dass Sie da sind. Ist es Ihnen recht, wenn wir mit den Herren Lechner, Rösner und Tschmuck fortsetzen, dann Sie zu uns sprechen, und wir dann in einer zweiten Runde in die Diskussion einsteigen? Franz Morak: Entschuldigen Sie bitte, dass ich zu spät bin, ich war gerade auf einer Pressekonferenz vom Klangforum. Ich möchte den Gang der Diskussion nicht unterbrechen und aufnehmen, was hier passiert, dann sage ich etwas. Harald Ossberger: Bitte, Herr Lechner, um Ihren Beitrag. Wilfried Lechner: Ich bedanke mich, dass ich als Vertreter der Telekom Austria an diesem heutigen Termin dabei sein darf. Viele von Ihnen wissen vielleicht nicht, was die Telekom Austria mit Musik verbindet: Die Telekom Austria hat zwei Plattformen im Internet ins Leben gerufen, einerseits die MP3-Plattform „mp3.aon.at”, eine Gratisplattform für junge heimische aber auch internationale Künstler, die diese Plattform als Promotion nützen können. Sie können dort Songs kostenfrei uploaden, und User können dort Songs sowohl streamen als auch kostenlos downloaden und dann für den privaten Gebrauch verwenden. Wir haben Verträge mit den Verwertungsgesellschaften, d.h. die Künstler verdienen daran Geld, die Telekom Austria verdient Geld im Bereich Internetanschlüsse, d.h. über die Bandbreite. Andererseits haben wir seit Oktober 2003 die Plattform „musicdownload.aon.at” gelauncht, die durch die Medien gegangen ist. Das ist die erste legale, kostenpflichtige Musikdownloadplattform in Österreich, wo wir derzeitig knapp 200.000 Veröffentlichungen aus allen verschiedenen Genres online haben. Wir haben Kooperationen mit Universal Music, mit EMI/Virgin und seit kurzem auch mit Warner Music. Die Verhandlungen mit BMG als viertem Major sind gerade im Laufen, mit Sony ist es ein bisschen schwierig, denn Sony möchte ein eigenes Digital Rights Management System auf den Markt bringen. Die wichtigste Voraussetzung für so eine kostenpflichtige Downloadplattform ist natürlich das, was auch Dr. Medwenitsch angesprochen hat, die Sicherheit, d.h. der Song soll nicht weitergegeben werden können, nicht andauernd gebrannt werden können und der Song soll zumindest beim Erwerber bleiben. Wir arbeiten hier mit Digital Rights Management Schutz auf Windows Media Basis, das bedeutet, der User kann den Song gegen Gebühr zwischen 0,99.- Euro und 1,89.- Euro pro Song downloaden, er kann sich den Song einmal gratis 30 Sekunden lang anhören, und er kann den Song für einen Cent in voller Länge streamen. Herr Traxl hat bereits das Thema Digital Jukebox angesprochen, die Möglichkeiten, die österreichische Podiumsdiskussion Künstler, aber auch internationale Künstler durch das Internet haben. Ich denke, dass das Internet nicht der große Feind der Musik ist. Bislang war ja Internet immer böse, MP3 war böse, und die Künstler wurden dadurch um sehr viel Geld betrogen. Ich denke, dass gerade das Internet eine riesengroße Promotionplattform für alle möglichen Stilfelder ist. Man sieht z.B. an unserer MP3-Plattform, wir haben ca. 1000 Künstler oben mit knapp 40.000 Songs, wo wirklich alles vertreten ist von der klassischen Volksmusik zum volkstümlichen Schlager bis hin zu extremen Spielarten des Heavy Metal und der elektronischen Musik. Vor allem der Anteil der elektronischen Musik ist auf unserer Plattform sehr groß, denn ich denke, es war nie günstiger und einfacher, elektronische Musik zu produzieren. Man braucht nur einen PC, ein Programm, und dann kann man schon mixen und remixen. Ich denke aber trotzdem, dass niemand Angst haben muss vor dem Internet. Das Internet ist eine riesengroße Bibliothek, eine Spielwiese zum Stöbern. Wir haben z.B. auf dem kostenpflichtigen Portal Trude Herr vertreten, und haben nicht gerechnet, dass sie downgeloaded werden wird. Wir haben mit Kylie Minogue etc. gerechnet. Trude Herr scheint jede Woche seit Oktober in den Top 50 der Download-Charts auf, d.h. man kann nicht sagen, dass nur die jüngere Generation im Internet diese Songs sucht, sondern scheinbar gibt es auch Interesse von Menschen, die mit der Trude Herr zumindest schon filmisch irgendwie zu tun gehabt haben. Ein Thema, das auch immer wieder aufpoppt bei unseren Diskussionen mit einzelnen Musiklabels, ist das Problem, warum so wenig österreichische Künstler im aonMusicdownload vertreten sind. Ich sehe den Andy Baum, der ist z.B. leider nicht vertreten, obwohl man ihn wahrscheinlich gerne haben würde. Wahrscheinlich weiß er gar nicht, wie es geht. Es gibt auch sehr viele Useranfragen, warum habt ihr keinen Ambros, keinen Fendrich usw. Da muss man sagen, dass die Schuld zum großen Teil bei der österreichischen Musikindustrie bzw. bei der Plattenindustrie liegt. Ich weiß, dass nur Universal Music alleine 160 Alben von österreichischen Künstlern, die irgendwann produziert worden sind wie alte Hirsch-Platten, Danzer, Ambros usw., dass diese noch immer nicht digitalisiert sind, weil es hier Probleme mit den Rechten gibt, d.h. die Verträge, die mit den Künstlern in den siebziger Jahren abgeschlossen 15 worden sind, da war das Internet noch eine Spielerei für das Militär, haben das Internet noch nicht berücksichtigt. Wir hätten gerne den All-Time-Hit „Slow Down” drinnen, müssten dafür aber neu verhandeln. Das ist eine Aufgabe, die wir nur bedingt machen können und der Musikindustrie übergeben müssen. Die Telekom Austria ist nicht Betreiber der Plattform, Betreiber ist die Firma OD2 aus England. Das ist eine Firma, die von Peter Gabriel gegründet worden ist, die Telekom Austria ist hier nur Vermittler. Wir verdienen nicht eine Menge Geld damit. Sie können sich vorstellen, wenn ein Song nur 99.Cents kostet, verdienen einmal die Plattenfirma, der Künstler, Verwertungsgesellschaften und und und, und irgendwann kommt dann die Telekom Austria. Peter Paul Skrepek: Verwertungsgesellschaften verdienen nicht, Entschuldigung. Wilfried Lechner: Es gibt Verträge mit OD2 und mit Austro Mechana oder AKM. Peter Paul Skrepek: Das ist keine Verwertungsgesellschaft, das ist der Marionettenführer sozusagen in Wirklichkeit. Wilfried Lechner: Ich kann mich nur an den Vertrag halten, den OD2 uns gegeben hat. Ich denke, dass wir trotzdem gemeinsam daran arbeiten sollten, dass österreichische und internationale Künstler vertreten sein sollen. Da würde ich gerne den Diskurs suchen, und nicht die Telekom als bösen Nichtzahler hingestellt wissen. Internet als Vertriebsmöglichkeit: Ja. Herr Dr. Medwenitsch hat es angesprochen: 100.000 CD-Käufer pro Jahr gehen verloren. Wenn wir einen Bruchteil von diesen auf unsere kostenpflichtige Plattform lotsen können, denke ich, ist Interesse und Akzeptanz da. Derzeit haben wir 5000 registrierte Kunden nach einem knappen halben Jahr, unser Plan war, diesen Wert am Ende des Jahres zu erreichen. Danke schön. Harald Ossberger: Danke vielmals. Ich darf Herrn Rösner bitten. Christian Rösner: Guten Tag allerseits. Ich will wieder auf die Vielfalt zurückkommen, weil die war der Grund für die Gründung des Labels Fabrique Records 2001. Es hatte viel mit Leidenschaft für Musik zu tun, und ohne diese Leidenschaft geht das Ganze nicht, und man kann auch als Label dem Wettbewerb nicht standhalten. Außerdem hatten wir den Eindruck, dass Major Labels nur mehr Gelegenheitshörer bedienen, sie erzeugen Massenware, überspitzt gesagt, Eintagsfliegen mit hohem Marketingaufwand, um die Leute anzusprechen, die Gelegenheitshörer sind und nicht unbedingt Spezialisten und Musikliebhaber. Wir finden viele Musikliebhaber im Bereich 14 bis 30 Jahre. Das sind jene Menschen, die momentan weniger CDs kaufen, und sich gerne Dinge downloaden. Das hat meiner Meinung nach mit einem fehlenden Bewusstsein zu tun, und das hat wiederum damit zu tun, dass viel Massenware produziert wurde. Bei Starmania sieht es z.B. so aus, dass ein Künstler zuerst über eine Starschule, einen Wettbewerb, Lizenzgeber, TV-Formate und Werbeagenturen gehen muss, bevor überhaupt erst eine CD erscheint. Das geht auf Kosten der Identität des Künstlers ganz zu schweigen von der Verdienstmöglichkeit des Künstlers und dem, was für ihn am Schluss noch übrig bleibt. Im Prinzip wäre es sehr einfach, nur haben die jungen Leute ein Problem. In den achtziger Jahren hat es Stars gegeben, die man verfolgen konnte. Ich habe einen Star gehabt, von dem ich mir jede Platte gekauft habe. Das gibt es heute nicht mehr. Es gibt viele Eintagsfliegen, es gibt viele Leute, die Coverversionen machen, und in einem halben Jahr kräht kein Hahn mehr nach diesen Leuten. Da ist kein Bewusstsein vorhanden. Bei mir ist das so, und dieses Beispiel führe ich immer wieder gerne an: Wenn mir ein Buch gefällt, dann will ich das zu Hause in meinem Regal stehen haben. Genauso ist es auch bei Tonträgern, genauso ist es bei CDs. Selbst wenn das bei CDs nicht der Fall ist, dann muss man eben neue Wege gehen. Das Bedürfnis nach Musik ist ja größer denn je. Der Widerspruch liegt nur in den Verkaufszahlen. Wir reden die ganze Zeit von Tonträgern, das sind mittlerweile nur mehr CDs. Es gibt aber momentan neue Möglichkeiten. Das war mit ein Grund, warum Fabrique Records gleichzeitig eine Edition, einen Verlag gegründet hat, um neue Wege zu gehen. Wir sind dahintergekommen, dass die Verbindung zur Wirtschaft noch in den Kinderschuhen steckt. Das Potential der heimischen Musik wird international hoch geachtet, ich fokussiere da auf die elektronische Szene, aber bei uns noch sehr unterschätzt. Wir versuchen eine Gratwanderung zu vollziehen, die sehr Podiumsdiskussion wohl die Wirtschaft einbindet, um uns zu erlauben, den kreativen Output der Künstler ungebremst in die Öffentlichkeit zu lassen wie z.B. bei Mauracher: Viele Anwesende kennen sicher die Schokobananen-Spots. Das war so eine Lösung, wo beide erhobenen Hauptes rausgehen konnten. Auf der einen Seite war es für die Firma Manner ein Kultmarketing, für uns war es eine Möglichkeit, unsere Musik zu verbreiten oder in Kanäle zu bringen, die wir vorher nie erschließen hätten können. Der Lösungsansatz liegt wahrscheinlich darin, dass in der Musik alles zu unpersönlich wird. Wenn ich Musikliebhaber bin, brauche ich doch Musik, mit der ich mich identifizieren kann, bzw. bin ich als Musikliebhaber in eine bestimmte Szene eingebunden. Da reden wir jetzt von Popkultur, einer Szene, die künstlerisch, ökonomisch und organisatorisch eine innovative Bewegung darstellt. Das geht meiner Meinung nach mit diesem McMusics verloren. Damit möchte ich es als Eingangsstatement bewenden lassen. Harald Ossberger: Danke vielmals. Herr Kollege! Peter Tschmuck: „Danke für die Einladung!” möchte ich gleich vorweg schicken. Ich bin vom Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft der Musikuniversität Wien. Mein Schwerpunkt ist die Forschung über Musikwirtschaft, im speziellen Musikindustrie, damit klar ist, warum ich hier sitze. Es wurden sehr interessante Schlagworte bereits geliefert, die ganz gut zu dem passen, was ich vorbereitet habe. Die internationale Perspektive wurde eingefordert, und das ist ganz wichtig. Man sollte nicht nur den österreichischen Kontext diskutieren; wie gesagt der österreichische Markt ist klein, obwohl der vierzehnt größte der Welt nach Tonträgerumsätzen, muss man dazu sagen, aber im Vergleich zu anderen Märkten verschwindend klein. Eine zweite Anregung kam von Herrn Traxl. Der Tonträger ist im Aussterben, hat er gesagt, und an dem möchte ich mich jetzt orientieren. Warum kann man das behaupten? Kann man das z.B. auch wissenschaftlich fundieren? Ich stelle einfach eine These auf, dass nicht so sehr die Musikwirtschaft in der Krise ist. Die Zahlen, die Herr Dr. Medwenitsch präsentiert hat, sind weniger die Musikwirtschaft, sondern die Tonträgerindustrie, wenn ich das richtig verstehe, d.h. die Umsätze der Tonträgerindustrie, die sind eingebrochen. Ich gehe noch weiter und 16 behaupte, die Musikindustrie ist keineswegs in der Krise, sondern es wird mehr Musik denn je produziert, distribuiert und konsumiert. Man braucht nur zu diesem Teil der Tonträger die verschiedenen Downloadservices, ob illegal oder nicht, dazuzählen, dann sieht man das Faktum, dass dort Musik in breitester Form verteilt und angehört wird. Das ist einmal ganz wichtig zu erkennen. Jetzt stellt sich die Frage, wo liegt das Problem der etablierten Unternehmen der Tonträgerindustrie mit der gegenwärtigen Situation. Das Problem ist ganz einfach: der Tonträger. Deswegen sind sie ja Tonträgerunternehmen. Die gesamte Wertschöpfungskette hat sich Jahrzehnte über diesen Tonträger aufgebaut. Es beginnt mit den Musikverlagen, die den Tonträgerunternehmen als Partner die Rechte als Basis für die Produktion liefern, die Musikproduktion selbst, die auf den Tonträger abstellt, das geht dann weiter über die Herstellung der Tonträger, führt dann zur Distribution der Tonträger, was ein sehr aufwendiger Teil der Musikindustrie ist, und führt letztendlich auch zur Rezeption. Auch die Medien sind in diesem Gebilde eingebunden, sie sorgen mehr oder weniger für die Öffentlichkeit, und dann können Tonträger an den Mann und an die Frau gebracht werden. Das war also ein Modell, das hat sich seit den fünfziger Jahren eingespielt, wurde perfektioniert, und in diesem Modell sind bestimmte Unternehmen sehr groß geworden. Wir nennen sie heute die Majors. Das sind fünf, mittlerweile eigentlich nur mehr vier, die auch in Österreich letztendlich dominant sind, wenn man den Marktanteil an Tonträgern betrachtet. Und diese haben nun folgendes Problem, und das ist meine zweite These: Wir befinden uns nicht in einer Situation, wo eben vorübergehend der Markt einbricht, und dann wird es schon wieder besser werden, so wie z.B. zu Ende der siebziger Jahre als ebenfalls der Markt eingebrochen ist, und dann kam die CD als entsprechendes innovatives Instrument. Man hat das gesamte Repertoire noch einmal verdoppelt und zusätzliches Repertoire geschaffen, und dann ist es steil bergauf gegangen. Wir befinden uns jetzt in einem Paradigmenwechsel, das ist ganz wichtig zu erkennen meiner Meinung nach. Es findet ein Strukturbruch in der Musikindustrie statt, in der gesamten Musikwirtschaft darüber hinaus gehend - nämlich in dem Sinn, dass Musik nicht mehr in Form eines Tonträgers verkauft wird, son- dern dass die Musik zu einer Art Dienstleistung wird. Die war es auch in der Vergangenheit, nur haben wir das bereits vergessen, dass das so war. Jetzt kommt eben wieder als Ökonom gesprochen der öffentliche Charakter dieser Musik wieder in den Vordergrund, d.h. derjenige, der in der Lage ist, den Zugang zur Musik zu kontrollieren, wird nach meiner These in das Zentrum der Musikindustrie kommen. Das werden nicht die Tonträgerunternehmen sein. Warum? Weil sie in ihrer Logik vollständig auf den Tonträger konzentriert sind. Da gibt es ein paar Indizien: Warum waren die Tonträgerunternehmen nicht bereit als Internet und MP3 aufkamen, sofort dort aufzuspringen und zu sagen: Wunderbar, das ist das Tollste, was wir jemals gesehen haben, jetzt können wir wieder entsprechend mit Musik Umsatz machen. Sie haben ganz genau das Gegenteil davon gemacht, sie haben Argumente gefunden, warum das Internet schlecht ist, warum MP3 nicht besonders gut ist. Sie haben die Copyrightbestimmungen herangezogen und haben gesagt, dass damit sehr viel Illegales getrieben wird, das gehört unterbunden. Sie haben sehr viel Kraft investiert, um diese Entwicklung abzuwehren, und das das lässt sich auch an anderen Industrien wunderbar zeigen - ist für sie selbst völlig logisch, weil ihr gesamtes Kapital natürlich in der Wertschöpfungskette, die sich um den Tonträger herum aufbaut, gebunden ist. Würden sie auf eine andere Technologie umsteigen, dann hätten sie mit extrem hohen Opportunitätskosten zu rechnen, man spricht in diesem Zusammenhang von Stranded Costs, und dieser Umstieg ist kurzfristig nicht sinnvoll, denn er bringt in einem Markt der kurzfristigen Gewinnmaximierung nichts. Also ist es besser, Angreifer von außen abzuwehren. Das ist immer so, wenn man versucht, einen Markt zu dominieren, dass man Barrieren aufbaut, und das hat man mit Copyrightbestimmungen usw. gemacht, damit hat man frühe Anbieter wie MP3.com und Napster in den Griff bekommen. Aber es sind dann immer wieder neue Downloadservices aufgetaucht, die meisten davon durchaus illegal, und diese verkörpern jetzt von außen diese Art von Kreativität, die die Musikindustrie nicht mehr in dieser Form hat, denn ihre Kreativität ist um den Tonträger herum aufgebaut, aber nicht um Musik als Dienstleistung in Form von Musikdownloads. Jetzt bricht plötzlich ein Standbein nach dem anderen der Podiumsdiskussion etablierten Tonträgerindustrie ein. Es bricht die Distribution ein, weil plötzlich die Möglichkeit besteht, dass ich Musik direkt zum Konsumenten bringen kann. Ein Musiker könnte im Grunde hergehen und seine Musik ins Netz stellen, das Problem ist, wie finden es die Leute, das ist dann eine andere Frage. Das war das erste Problem. Zweitens könnten sich die Musiker selbständig machen, manche haben es auch versucht, wurden dann hart attackiert von der Musikindustrie. Prince sei als Beispiel genannt, der seine Musik zum Download freigeben wollte, auch das ist eine Gefahr für die Musikindustrie. Weiters ist die Produktion, die früher kostenintensiv in Studios hat stattfinden müssen, über verschiedene Musikstile wie z.B. HipHop und Elektronik in das Schlafzimmer oder Wohnzimmer der Künstler gewandert. Die Produktionskosten sind dramatisch gesunken, und viele Künstler brauchen im Grunde genommen für die Musikproduktion an sich kein Tonträgerunternehmen mehr. Sie können selber ein Label gründen und kommen dann mit der fertigen Produktion, die dann vermarktet werden soll. Die einzige Macht, die den Tonträgerunternehmen geblieben ist, ist die Marketingmacht, sie können also Künstler am Markt durchsetzen und immer noch Musikstile am Markt durchsetzen, die Frage ist nur, ob das ausreichen wird, weiterhin im Zentrum der Musikindustrie zu stehen. Ich behaupte, dass der Zug mittlerweile abgefahren ist, sie haben zu spät reagiert. Jetzt sind es vor allem Unternehmen, die von außerhalb der Musikindustrie kommen, und es ist kein Zufall, dass jemand von der Telekom Austria hier sitzt, auch dort wird mittlerweile Musik angeboten. Es ist kein Zufall, dass vom IT-Sektor wie Apple mit seinem iTunes unglaubliche Erfolge mit dem Download erzielt werden. Es gibt viele, viele Kleine, die ebenfalls auf den Markt drängen, von denen wir heute vielleicht noch gar nicht wissen, dass sie in Zukunft eine Rolle spielen werden. These drei ist daher: Im Zentrum der Musikwirtschaft und der Musikindustrie stehen in Zukunft diejenigen Unternehmen, die mit dieser neuen Technologie am besten umgehen können, und das sind entweder Unternehmen aus dem Software/Computerbereich oder aus dem Telekombereich, weil diese ja nicht nur die Infrastruktur anbieten, sondern mittlerweile auch Content, also Inhalt brauchen für diese Infrastruktur. Wir werden es in absehbarer Zeit mit anderen Unternehmen zu tun haben. Jetzt möchte ich noch 17 drei Vorschläge unterbreiten, nämlich an die IFPI, deren Vertreter Herr Medwenitsch ist, vielleicht einmal zu überlegen, ob man nicht nur Statistiken über Tonträgerverkauf auflegt, sondern durch Musikdownloads ergänzt, um zu zeigen, dass sich der Markt entwickelt hat. An die AKM den Vorschlag, sich Gedanken darüber zu machen, was bedeutet es, Einkommensströme über Musikdownloads zu generieren, und das ebenfalls im Abrechnungssystem der Verwertungsgesellschaften zu berücksichtigen. Weil der Herr Staatssekretär mittlerweile gekommen ist, an ihn auch eine Bitte, und zwar, sich zu überlegen, welche kulturpolitischen Maßnahmen zu setzen sind, damit sich die neuen Möglichkeiten durchsetzen, denn jetzt ergibt sich wieder aufgrund von neuen Verknüpfungen, neuen Kombinationen von Akteuren der Musikwirtschaft mit Akteuren von außerhalb ungeheures Kreativitätspotential. Die Politik hat eine Chance, Rahmenbedingungen zu setzen, die das Neue ermöglichen und nicht unterdrücken. Das gilt in Bezug auf ein Urheberrecht, das möglicherweise wesentlich stärker auf diese neuen Formen der Musikdistribution abstellt und diese nicht verhindert und verbietet oder illegal macht. Es geht auch darum, entsprechende Förderstrukturen zu entwickeln wie z.B. eine Labelförderung, die durchaus sinnvoll ist, weil sehr viele Künstler erst darüber in den Musikbetrieb einsteigen können und sich vermarkten können. Bei den Förderstrukturen wäre zu überlegen, ob sie nicht stark in traditionelle Formen der Musikverwertung bislang gegangen sind, und nicht als Maßnahme von kulturpolitischer Seite in Richtung sogenannter, kommerzieller Stile gehen sollten, die am freien Markt aber nicht existieren können. Ich danke herzlichst. Harald Ossberger: Danke schön. Herr Staatssekretär, ich darf Sie bitten. Franz Morak: Herr Vorsitzender, ich würde dann ganz gerne noch Herrn Medwenitsch zu dieser Wortmeldung hören aus einem anderen Grund möglicherweise, als das hier erwartet wird. Was ich immer bedaure, ist, wenn man Industrie oder Kreativität als Gegensatz sieht. Ich glaube, dass das eine grundsätzliche Ergänzung ist und in jedem Bereich, ob das nun im Verlagsbereich, bei Print, ob das beim Film ist oder in der Musik. Ich glaube, das ist, ganz gleichgültig wie auch immer ausgeformt, eine Einheit. Richtig ist natürlich, dass Herr Tschmuck gesagt hat, die Förderstrukturen sind natürlich Förderstrukturen, die wir bedienen, die ich koketterweise immer mit dem 19. Jahrhundert umschreibe. Wir fördern all das, was im Grunde traditionelle Ausformungen der Kultur sind, also von Tanzen, Gesang, Oper, all diese Sachen, die auch von den Budgetrahmen quasi einer Top-Down-Intervention auch standhalten können, also sprich, wo die Budgets so gering unter Anführungszeichen sein können, dass man damit ein Opernhaus betreiben kann, so teuer das jetzt auch im internationalen Vergleich sein mag, teuer in dem Sinne, dass wir das investieren hier. „Mit Recht!” sage ich auch gleich dazu, damit hier keine Irrtümer entstehen. In all den Formen der modernen Kultur, dort wo es elektrisch geworden ist, gibt es auf diesem Gebiet, wenn wir jetzt von den Ausbildungen absehen, natürlich keine adäquaten Förderungsstrukturen. Dort, wo das alles elektrisch geworden ist vom Radio begonnen, wurde das irgendwie ausgelagert und muss anders bedient werden, und ich stehe auch dazu. Ich sage jetzt nur ein Beispiel: Ich habe den Schwarzenegger besucht, wie er seinen letzten Film „Terminator” gedreht hat, das war eine 180 Millionen Dollar-Produktion, das ist von keiner Regierung zu verlangen - in ganz Mitteleuropa nicht und in ganz Europa nicht. Das wird es auch nicht spielen, sondern da sind einfach internationale Kapitalströme notwendig, demokratisch verfasste Kapitalströme notwendig, d.h. dass möglichst viele Zahnärzte ihr Geld dorthin bringen. Was meine ich damit? Wir haben hier zwei verschiedene Förderstrukturen, die anders in Gang zu bringen sind, als wir das gewohnt sind. D.h. der normale Anspruch, das muss die Sektion Kunst oder das muss das Bundeskanzleramt oder das muss die Frau Gehrer auch noch mitfördern, das ist eine verfehlte Förderung, weil das funktioniert anders. Ich sage jetzt ein Beispiel dazu: Nicht umsonst wurden die Mittel des ORF quasi über demokratische Vereinbarungen aufgebracht, nämlich dass man Gebühren einhebt bei jedem einzelnen und sagt, das ist quasi der Gegenentwurf zur amerikanischen Welt, wo wir sagen, er erhält sich sowieso von alleine aus Werbung. Wir haben einen anderen Zugang dazu und sagen, es sollte im Grunde ein Teil einer Aufgabe des Staates sein, Informationen zu bringen usw. D.h. dort werden die Mittel schon über solche Systeme aufgebracht. Jetzt haben wir natürlich gerade in der Podiumsdiskussion Diskussion, die wir hier haben, die ist natürlich nicht losgelöst von all der Entwicklung zu sehen, die über die Digitalisierung läuft. Ich durfte dabei sein und auch den Standpunkt der Bundesregierung vertreten über das neue Digitalisierungsgesetz im Parlament, wo es um Verschlüsselung geht, d.h. dass wir endlich wissen, wenn wir das Internet benutzen in der Verwaltung, wer auf der einen Seite sitzt und wer auf der anderen Seite sitzt, wer den Antrag stellt und wer quasi auf der anderen Seite den Staat vertritt. Das bedeutet natürlich genauso ursächliche Änderungen in der Verwaltung wie das im Musikmarkt der Fall ist, d.h. wir haben hier vollkommen neue Gegebenheiten, und die letzte große Evolution seit Gutenberg findet gerade jetzt statt, und diese Diskussion, die wir heute führen, so sie sich im Bereich Internet und mit Downloads beschäftigt, ist ein Teil dieser Diskussion, der viel tiefer geht als wir uns das vorstellen und der alles umdrehen wird. Es wird nicht mehr Peripherie geben und es wird nicht mehr Hauptstadt geben, so ist auch mein Einwurf zu interpretieren, dass heute die Hauptstadt zentrierte Kulturpolitik ein Ende gefunden hat spätestens mit der Digitalisierung. Es wird neue Vertriebssysteme geben auch im Filmbereich. Den Verleiher wird es irgendwann einmal nicht mehr geben, sondern es wird der Produzent direkt distribuieren können an den Letztverbraucher, an den Kunden, und wir müssen sehen, wie schauen die Systeme aus, die wir damit haben, damit die Leute, die dafür ursächlich verantwortlich sind - und das sage ich nicht, damit der Herr Medwenitsch oder die Majors leben können - nämlich die, die das Programm machen, leben können. Im Endeffekt geht es immer darum, wer stellt den Content her, und wie kommt der zu seinem Geld. Das wird die zentrale Frage sein auch in einer geänderten Welt. Um es jetzt auf die österreichische Realität zu bringen, Herr Zimper hat mir am Anfang so schön das Hölzerl geworfen, diese Auseinanderdividiererei! Entweder findet das statt zwischen den großen Firmen und den kleinen Künstlern oder dem großen ORF und der kleinen Popband usw. Glauben Sie mir, ich habe auch eine Zeit lang in diesem Geschäft gearbeitet und weiß, wie man von Seiten der großen Unternehmen mit den kleinen Künstlern umgeht, ich weiß das, ich meine das jetzt nicht zynisch, auch wenn das so klingt. Ich glaube, wir haben hier einen ursächlichen Aufholbedarf, und ich möchte das an 18 Hand eines Beispieles aufführen, und damit meine ich nicht diesen Wettbewerb, wo wir Nummern nachgesungen haben und die gut aufbereitet waren. Ich meine, so sollte das immer sein, ich sage das einmal so, auch mit den Nummern, die eigenproduziert werden und die hier einen Autor, eine Autorin haben. Was ich meine, ist, wenn ich mir das Ende dieser Fahnenstange der Entwicklung in Österreich gerade auf dem Sektor der populären Musik anhöre, und ich habe gehört, es muss Stars geben, quasi Leute, denen man die Zuschreibungsprozesse nahe bringt, sprich, es muss Stars geben, sagen wir einmal so, damit man weiß, wer ist wer, wo singt der, an was kann ich mich halten. Die Falcos müssen her. Wenn ich mir dann anschaue, wie schaut denn der letzte Eurovisions-Song-Contest-Beitrag aus, Freunde. Ich war so todtraurig. Ich meine nicht damit, dass das der ORF wäre, sondern ich war wirklich todtraurig, das alles in einem Lande, wo unsäglich viel Geld in Ausbildungen gesteckt wird, in dem sich viele gescheite Leuten den Kopf darüber zerbrechen, wie komme ich an die Jugend heran. Ich sage jetzt nur mein Sohn, der die Hochschule für Musik gemacht hat, der Kontrabassspieler ist, der im Grunde eine Ausbildung hinter sich hatte, wie meine Musiker alle nicht hatten, mit denen ich gespielt habe. Und was kommt am Ende dort raus von all diesem Investment? Und das ist eine überhaupt nicht zynische, sondern eine mich wirklich im Zentrum treffende Angelegenheit, weil ich sage, es kann nicht sein, dass ein musikalisches Land wie Österreich, in dem jeden Tag die Konzertsäle voll sind, in dem wir die besten Beispiele ernsthafter Musik von Jazz bis Pop haben, so etwas im Endeffekt am Ende der Fahnenstange steht. Ich sage ein zweites Beispiel. Barbarella. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich habe meine erste Schallplatte mit dem Pauli Fickl (Paul Fields, Anm.d.Red.) gemacht, den wird möglicherweise hier keiner kennen, gut, der eine oder der andere. Dem Pauli Fickl fallen zwischen 7.00 Uhr Früh und 8.00 Uhr mehr Melodien ein, als ich dort gehört habe. Und ich weiß nicht, warum solche Leute nicht Teil dieser Entwicklung sind, also Teil des musikalischen Alltags in diesem Lande. Wieso braucht man einen Musikdesigner, der das geschrieben hat, und dem zu dem Thema wirklich nicht so viel eingefallen ist? Ich verstehe es nicht, warum wir so viel in die Ausbildung geben, und dann kommt eine Step-Nummer, und es ist kein einziger Darsteller auf der Bühne, der steppen kann. Das heißt: Wir haben hier einen Unterschied zwischen auf der einen Seite in dem Anspruch, den wir haben, und auf der anderen Seite in einer Wirklichkeit, die für mich teilweise bedrückend ist. Ich sage das ohne Häme, denn natürlich sind wir alle dafür verantwortlich für das, was abgeht. Ich war im Aufsichtsrat des ORF, wie damals noch Politiker zugelassen waren, und ich war der einzige zusammen mit einem alten Herrn, der Landespolitiker aus Tirol war, der gesagt hat, es müsste mehr Österreichanteil im Programm des ORF sein. Ich erinnere mich, dass ich noch eine zweite Politikerin überzeug habe, das war die Petrovic, die damals noch im Nationalrat saß. Ich weiß noch, wie sie dann im Falter abgefeiert wurde als Dolm der Woche, weil sie sich für die österreichische Popmusik stark gemacht hat. Wir müssen zu unseren Leuen, die hier in diesem Land arbeiten, einen neuen Zugang bekommen, wir müssen das neu bewerten. Ich finde es eine riesen Sauerei, wie man mit diesen Menschen in diesem Land umgeht, und ich weiß, wovon ich rede. Ich war einer von Ihnen, und ich habe sehr lange mit sehr prominenten Leuten verhandelt, die heute in der Plattenindustrie sind, und ich habe mir nie ein Blatt vor den Mund genommen, weil ich es mir leisten konnte, weil ich von etwas Anderem gelebt habe, nicht von der Musik. Aber es gibt viele Menschen, die nur von der Musik leben, und wir sollten glücklich darüber sein, dass die Leute im Grunde dieses Risiko eingehen und sich diesem Risiko auch aussetzen. Wenn ich sagen darf, damit das nicht nur in Larmoyanz ertrinkt, möchte euch noch eines sagen. Wir haben in Europa, dieses Wort sollten wir verwenden, einen 450 Millionen-Markt, alle haben einen Plattenspieler, die sind gut ausgerüstet. Das heißt, wir haben einen sehr kompetitiven Markt auf der einen Seite und einen sehr finanzstarken Markt auf der anderen Seite, und wir haben vor allem die Chance, dass wir neue Distributionssysteme erarbeiten können auf Basis der Digitalisierung. Alles, was bisher da war, ist nicht mehr wahr. Er (Peter Tschmuck, Anm.d.Red.) hat es gesagt, Medwenitsch weiß es im Tiefsten seiner Seele. Das einzige, was wichtig ist, meiner Meinung nach, wird sein, dass wir ein Urheberrecht zusammenbringen, das diesem Leistungsgedanken gerecht wird. Es kann nicht sein, dass wir die Leute schutzlos im Grunde Podiumsdiskussion dieser unglaublichen Verwertungsmaschine ausliefern. Da muss es Strukturen geben, die auf das zugehen, das ist das eine, und das andere: Es hat noch nie so viele Leute gegeben, die lesen, die Musik hören usw. Es ist ein informiertes Publikum vorhanden. Mein Sohn kann mir jede HipHop-Nummer rauf und runter erklären, warum das so geschrieben wurde und warum das nicht so geschrieben wurde. Es gibt auch Leute, die wissen damit umzugehen mit ihrer eigenen Kultur und mit der heutigen Kultur. Wir haben jetzt die Chance, diese Vertriebssysteme neu zu organisieren, das betrifft einerseits die öffentliche Verwaltung und genauso Film, Musik und Fernsehen usw. Ich muss Ihnen sagen, es kann nicht hingenommen werden, und ich meine das als Entwurf an Europa, und wir werden das ganz sicher abhandeln, wenn wir den Vorsitz in der EU haben, dass ein Chauffeur, der vorne ein Display hat, in Wahrheit nicht mehr nach Hause findet, weil die Amerikaner ihm den Satelliten abdrehen, weil sie gerade im Irak einen Krieg führen, weil wir keinen Satelliten im Äther haben. Das sind die neuen Distributionsmodelle, die es zu analysieren gilt, und die Frage wird sein, wie ist Europa dabei. Wie sind wir in den großen kulturpolitischen Themen, die es hier neu zu organisieren gilt, dabei nicht als kleines Acht-Millionen-Volk, sondern als Kontinent. Wenn wir diese Fragen, die wirklich zentral und relativ schwierig sind, lösen, dann sind wir dabei. Ich sage auch gleich: Wenn wir dort nicht dabei sind, dann sind wir einfach nicht dabei, und ich glaube, das wird zu wenig sein, danke. Harald Ossberger: Vielen herzlichen Dank an alle Teilnehmer der Diskussion. Wenn jemand aus dem Publikum schon in der folgenden zweiten Runde etwas sagen möchte, dann lassen wir das zu, sonst fürchte ich, kommt es zu keinen Publikumsbeiträgen mehr. Waltraud Dennhardt-Herzog: Ich wollte kurz etwas sagen, um die Homogenität am Podium, die vorher angesprochen worden ist, aufzumischen. Mein Name ist Waltraud Dennhardt-Herzog. Ich bin im Außenministerium für das Musikreferat zuständig und u.a. für dieses bereits angesprochene Programm „The New Austrian Sound of Music”. Mein Beitrag ist die Sicht aus dem internationalen Kontext. Wenn wir im Ausland sind, gibt es im Prinzip zwei Dinge, auf die wir immer angesprochen werden, und das ist 19 einerseits natürlich die Kultur, und das andere ist das technische Knowhow Österreichs, also die große Kompetenz, die aus der technischen Universität dieses Landes kommt. Das ist einfach hervorstechend. Für mich im Inland war etwas befremdend, als ich vor eineinhalb Jahren zurückgekommen bin, die Tatsache, dass sich alle am österreichischen Markt tummeln wollen. Ich glaube, dass die österreichische Musikwirtschaft, Musikindustrie und Kreativwirtschaft im internationalen Kontext als kleiner Multi gesehen werden müsste, ein Multi, der aber nicht so organisiert ist wie die traditionellen Multis, sondern ein Multi, der als Netzwerk von vielen kreativen Köpfen organisiert ist. Dieses Modell muss neu diskutiert werden. Ich erkläre das den Musikern, die zu mir kommen und um Unterstützung bei mir ansuchen immer damit, dass ich sage, es würde auch einem Schweizer Chemiekonzern nicht einfallen, all die Pillen nur in der Schweiz zu verkaufen. Österreich muss sich als Land, das über die Kultur und Kreativität weltweit einen so einzigartigen Namen hat, und ich glaube die größte kreative Dichte dieser Welt aufweist, ein ganz eigenständiges Modell überlegen, das nirgendwo auf der Welt vorher vorgedacht wurde. Wir dürfen also nicht darauf warten, bis so ein Modell irgendwo in Amerika entwickelt wird oder in Brüssel, sondern Österreich, das ein so ursächliches Interesse an der Distribution dieser großen kreativen Kräfte dieses Landes hat, muss ein eigenes System entwickeln. Da möchte ich noch etwas zu den Urheberrechtssachen sagen. Ich habe im europäischen Kontext auch einmal davon gesprochen, dass sich Europa die neuen Musikabnehmermärkte anschauen muss wie Indien, wie China, wie Russland, sich ansehen soll, wie viel Urheberrechtstantiemen aus diesen Ländern kommen. Ich glaube aus Russland kommen, sie werden das genauer wissen, 4000 Euro pro Jahr, aus China gar nichts. Wir wissen aber gleichzeitig, dass unglaublich viele österreichische Gruppen, Orchester permanent in China unterwegs sind. Der nächste Schritt muss also sein, dass Österreich nicht darauf wartet, dass Europa eine Vereinbarung mit China trifft über Urheberrechtsabrechnungen, Tantiemenfragen, sondern dann müssen wir eben einmal Vorreiter in Europa sein. Es würde auch nicht der spanischen Fischereiindustrie einfallen, darauf zu warten, bis Österreich einen Vorschlag zur Fischereiindustrie macht, wie diese in Europa neu geregelt werden sollte. Wir müssen als Österreich die Federführung übernehmen, um diese Dinge, die unsere eigenen Musiker dann langfristig am Leben erhalten, anzugehen. Ich kann nur den österreichischen Musikrat bitten, dazu auch Vorschläge zu machen von Ihrer Seite, Modelle zu entwickeln. Wir sind gerne bereit, das mit Ihnen gemeinsam zu machen, aber ich glaube, es muss einfach ein österreichisches Modell entwickelt werden, weil kein Land dieser Welt eine so große kreative Dichte hat wie Österreich. Dieses Land muss ein neues Modell entsprechend dem neuen Umfeld weltweit entwickeln, danke. Harald Ossberger: Danke vielmals, ich habe ein Ad-hoc von Peter Skrepek und dann Franz Medwenitsch. Peter Paul Skrepek: Es sind jetzt noch zwei Sätze, aber sie sind ganz kurz. Ich glaube, im Prinzip haben Sie das Problem richtig beschrieben - mit einer Einschränkung: Das Urheberrecht ist international. Wie wollen sie denn jemanden, der so weit weg ist, mit unseren Kernwaffen bombardieren, damit sie sich ergeben? Man braucht zwei Leute, die miteinander reden. Wir sind nicht die Vereinigten Staaten von Amerika. Unsere Macht in dieser Hinsicht ist äußerst beschränkt und oft auf Vorschläge beschränkt. Das Zweite: Sie haben gesagt, man muss aus Österreich raus. Das ist wirklich wahr, man muss. Weil man da in der Regel nichts wird, muss man das Land verlassen, und Sie können einmal gemeinsam mit einer jungen talentierten Musikgruppe versuchen, einen Plattenvertrag hier oder irgendwo anders zu bekommen. Die Antwort wird in der Regel lauten: Warum haben Sie denn im eigenen Land keinen Erfolg? D.h. es wird immer zuerst vorausgesetzt, dass etwas, was Qualität hat, im eigenen Land Erfolg hat. Das ist in Österreich extrem schwer, oft dauert es länger als man lebt. Dort liegt das Problem begraben. Muss man also die Bevölkerung austauschen, wie meinen Sie das jetzt? Franz Medwenitsch: Ich bin versucht, das Thema China und Russland aufzugreifen. Das ist in der Tat ein Problem, weil Urheberrechtsausgleich kann nur auf der Basis eines annähernd gleichen Urheberrechtsschutzes möglich sein, und China ist das weltgrößte Piraterieland mit einer Piraterierate bei ca. 90%, und Russland ist das zweitgrößte Piraterieland mit 85%. Dort gibt es kein entwickeltes Urheberrecht in der Form, und da Podiumsdiskussion wird im Moment - nicht alles, was die Amerikaner machen, ist ganz schlecht - auf Ebene der Welthandelsabkommen und dieser Verhandlungen versucht, auch hier ein annähernd gleiches Schutzniveau einzuführen. Das wird auch gelingen, die Gesetze werden beschlossen werden, die Frage, die sich dann natürlich stellt, ist: Sind sie „on the paper” oder „on the streets”? Da macht man die Erfahrungen, dass sie alles hervorragend machen, weil sie einfach in den Welthandel hinein wollen, und weil sie keine Zollschranken und Zölle haben wollen, sie schreiben das auch gerne in das Gesetzbuch hinein, aber sie tun dann nichts, das ist das bei weitem größere Problem. Dieses Problem wird uns möglicherweise mit der Erweiterung der EU praktisch vor unserer Haustür demnächst auch irgendwie drohen, ohne dass ich irgendwie auf diese Länder mit dem Finger zeigen möchte, aber die haben einfach eine andere Situation. Österreich hat zu vielen Ländern eine EU-Außengrenze gehabt, die wir in Zusammenarbeit mit dem Zoll relativ genau angesehen haben. Das ist vorbei. Warenströme sind ab 1. Mai nicht mehr kontrolliert, nur mehr Personen so ferne nicht Schengen, d.h. die EU-Außengrenze ist dann eben an der ungarisch-rumänischen Grenze. Wie dort kontrolliert wird, das weiß ich nicht genau, oder sagen wir einmal, ich weiß es schon annähernd genau, da ist, wie es so schön heißt, „room for improvement”. Es ist völlig richtig, was Sie sagen. Es wäre notwendig, aber das ist ein weiter Weg dorthin, und Österreich alleine, muss ich ganz ehrlich sagen, wird diesen Weg nicht gehen können, sondern das ist eine internationale Anstrengung. Was ich Ihnen allerdings signalisieren wollte, ist, dass hier etwas passiert. Es ist erstaunlicherweise mit China einfacher als mit Russland. Ich wollte und ich muss geradezu zum Herrn Tschmuck etwas sagen, weil er ja nun hier die Musikwirtschaft sehr scharf kritisiert hat. Herr Tschmuck, Sie forschen über die Musikindustrie, und das erstaunliche ist, dass wir eigentlich noch nie ein Gespräch miteinander geführt haben, und ich mache den Job schon seit zehn Jahren. Das ist etwas erstaunlich, weil ich glaube, Sie unterliegen einem ganz grundsätzlichen Irrtum. Sie verwechseln uns mit CD-Presswerken. Sie verwechseln die Sony Music Entertainment mit dem Sony DADC-Presswerk. Die Aufgabe des Presswerks ist es, CDs herzustellen und CDs zur Verfügung zu stellen. Die Aufgabe von Sony Music Entertainment 20 ist es, Artist zu finden, Musik zu produzieren, Musik zu vermarkten und sie auf verschiedenen Trägern und auf verschiedenen Distributionswegen an den Konsumenten zu bringen. Ich gebe Ihnen in einem recht, aber nur in einem: Es findet ein Paradigmenwechsel statt, und der ist lange noch nicht abgeschlossen, der ist durch die Digitalisierung entstanden, und der ist durch die Möglichkeiten der digitalen Übertragung, sprich über das Internet entstanden. Auf diesen Wechsel müssen sich selbstverständlich alle in der Musikbranche einstellen: die Musikwirtschaft, die Autoren, die Künstler, die Managements, alle. Das heißt aber nicht, dass die CD oder die DVD oder die SA-CD oder die DVD-Audio tot sind. Vor fünf Jahren hat es hochbezahlte Studien gegeben auf Hochglanzpapier, die haben gesagt, 2004 gibt es keinen einzigen Tonträger mehr. Die Realität ist nicht so, man muss dem Konsumenten, der diese Produkte nach wie vor nachfragt, eine immer breitere Palette an Angeboten geben. Selbstverständlich muss man ihm die CD geben, wenn 75% aller Haushalte einen CD-Player haben, selbstverständlich muss man ihm eine DVD geben, wenn sich in den letzten Jahren die Haushaltspenetration verdoppelt hat von 14% auf 24% heuer, vor drei Jahren waren es nur 3%. Also das steigt massiv an. Die DVD wächst viel schneller als die CD in ihrer Anfangsphase. Es gibt aber wieder Leute, die sagen, es ist überhitzt, es wird die DVD auch wieder genauso rasch oder viel schneller abflachen als es bei der CD der Fall war. Es gibt selbstverständlich das Nischensegment der Vinylschallplatte, die in einem bestimmten Bereich, vor allem Dance, einen großen Erfolg hat. Es gibt auch noch die Mini-Disc, die im Bereich der überspielbaren Medien einen Erfolg hat, und natürlich gibt es die digitale Distribution. Wenn Sie sagen, hier ist etwas zu spät passiert, dann kann ich Ihnen sagen, O.K. Man soll auch selbstkritisch sein. Ich glaube, dass man da Asche auf das Haupt streuen muss, nur so salopp über den Tisch gesagt lasse ich das nicht stehen, weil es nicht einfach ist, in einen Markt mit Millionenbeträgen hineinzuinvestieren, der einmal prinzipiell zu 100% piratisiert ist. Da ist es gescheiter, man verbrennt das Geld, das erzeugt wenigstens Wärme. Man muss das Problem des Urheberrechtsschutzes einmal ansprechen, und man muss diese Rahmenbedingungen einmal klären, um dann in diesen Markt hineingehen und investieren zu können. Diese urheberrechtlichen Rahmen- bedingungen haben sehr, sehr lange gedauert. Ende 1996 ist auf Ebene der WIPO die Anpassung des Urheberrechtes an die Informationsgesellschaft in einem internationalen Dialog mit Konflikten Ost-West, NordSüd, Entwickungsländer-Industrieländer, beschlossen worden. Die EU hat dann von 1996 bis 2001 gebraucht, um die sogenannte Copyright-Richtlinie zu erlassen. Da ist alles diskutiert worden, und da sind alle zu Wort gekommen. Das ist dann passiert, und im Jahr 2003 ist sehr, sehr rasch, Österreich als viertes Land in Europa, eine Novellierung des österreichischen Urheberrechtsgesetzes erfolgt. Glauben Sie mir, erst dann ist eigentlich eine Rechtssicherheit in dem Bereich da gewesen. Schon früher wurde mit dem Aufbau legaler Onlinedienste begonnen, aber es ist einfacher, ein Auto zu stehlen als eines zu konstruieren. Es ist nicht so einfach. Es ist schon angesprochen worden: die Digitalisierung des Contents, der Erwerb der Rechte. Wenn ich das legal aufsetze, kann ich ja nicht sagen, ich habe mit dem Andy Baum zwar einen Vertrag, der hat die CD-Vervielfältigung beinhaltet, sei es drum, das gilt auch für das Internet, ich bin der Meinung, das lässt sich so interpretieren. Ist es eben nicht. Es ist nachzuverhandeln. Das ist eine Menge Arbeit, und das kostet eine Menge Geld. Im Moment sind 500.000 Tracks für den Internetvertrieb geklärt, und es kommen laufend weitere hinzu, aber das ist viel Arbeit, die ich nicht machen muss, wenn ich es für jeden zum Downloaden ins Netz stelle. Außerdem die Fragen der Datensicherheit, also die legalen Dienste virenfrei, keine Spyware usw., die Frage des Billings und der Verrechnung, das sind alles Investitionen, die sehr, sehr hoch sind. Notabene die Frage der Autorenrechte, das will ich jetzt nicht vertiefen, aber das ist auch nicht so einfach. Für den CD- und DVD-Vertrieb gibt es seit Jahren festgelegt Lizenzbedingungen mit den Verlegern, Komponisten und Textautoren, für den Bereich des Online-Vertriebs ist das in Europa noch nicht der Fall, in Amerika schon. Daher ist es in Amerika auch ein bisschen schneller gegangen. Hier entscheiden meiner Meinung nach, die nächsten Wochen ohne Übertreibung, dass es hier neue Rahmenbedingungen gibt. Glauben Sie uns, wir stehen dem absolut nicht entgegen, ganz im Gegenteil. Wir sehen eine riesige Chance im digitalen Vertrieb. Es gibt doch in der Handelsversorgung mit Tonträgern in Österreich riesige weiße Flecken. Mit Podiumsdiskussion Grauen stelle ich mir manchmal vor, wäre Libro tatsächlich den Bach hinunter gegangen, dann hätte es zwischen Graz und Wien keine Tonträgergeschäfte mehr gegeben. Also da ist das Internet eine riesige Chance. Es gibt in Österreich den ersten Dienst der aonMusicdownloads, mittlerweile sind zwei weitere hinzugekommen. Es wird erwartet, dass heuer noch der iTunes Musicstore nach Europa kommt, es kommt Rhapsodie, es gibt in Europa etwa 50 Dienste, die legal sind und legal natürlich gegen Bezahlung anbieten. Es muss ja der Kreative einen fairen Ausgleich bekommen. Mein Hauptkritikpunkt ist, dass Sie so lasziv das Legale und das Illegale nebeneinander hinstellen und sagen, das ist wunderbar, das ist ein Wettbewerb. Diesen Wettbewerb will niemand, und den kann es auch nicht geben, denn gekauft kann nie in einen Wettbewerb gegen gestohlen gehen, verstehen Sie? Das ist eine ganz grundsätzliche Sache und ich glaube, dass Sie das vermischen. Wenn Ihre Wortmeldung korrekt war, dann haben Sie das eine gleichberechtigt gegen das andere gestellt, und dagegen habe ich wirklich etwas. Martin Zimper: Ich habe eine tröstliche Anmerkung für den Dr. Medwenitsch. Auch die österreichischen Privatradios haben als Piratenradios begonnen. Franz Medwenitsch: Aber nicht urheberrechtlich. Martin Zimper: Sie haben aus Ungarn und Bratislava gesendet. Ich weiß nicht, ob die alle IFPI-Beiträge und AKM bezahlt haben. Heute sind wir aus meiner Sicht sogar zu viel belastet durch Urheberrechtsbeiträge, aber wir zahlen das brav. Franz Medwenitsch: Du zahlst 10% und hast dafür 80% Deines Programms. Martin Zimper: Beim Herrn Staatssekretär möchte ich noch einmal nachfragen. Es war natürlich eine wunderbare Erkenntnis, als Sie im Aufsichtsrat des ORF saßen und meinten, der ORF soll mehr österreichische Musik spielen. Wie ist das jetzt als Medienpolitiker, als Staatssekretär? Könnte man das nicht ins ORF-Gesetz schreiben, so eine Quote für die ORFSender? Harald Ossberger: Danke schön. Zuerst eine Replik vom Kollegen Tschmuck und dann bitte, nehme ich an, eine Antwort auf die Frage des Herrn Zimper an den Staatssekretär 21 und dann Frau Diederichs-Lafite. Peter Tschmuck: Ich möchte nicht auf die Frage eingehen, mit wem ich in der Musikindustrie Gespräche führe, um zu meinen wissenschaftlichen Schlüssen zu kommen. Schön ist, dass Sie meine Darstellung im Grunde genommen bestätigt haben. Sie haben gesagt, warum soll man so blöd sein aus Sicht eines Tonträgerunternehmens, in einem Markt zu investieren, der unglaublich riskant und im Umbruch ist. Das bestätigt an sich meine These, dass es nicht die Tonträgerunternehmen sein werden, die in Zukunft das Geschäft mit Musik machen werden, sondern es werden eben andere sein, die eben diese Investitionskosten oder diese Stranded Costs, ich möchte es nochmals wiederholen, nicht haben werden, und Ihre eigenen Informationen zeigen, dass sich die Musik irgendwo anders abspielt. Sie schreiben vom OnlineDiebstahl, 800 Millionen nicht autorisierte Musikfiles werden auf P2PDiensten ausgetauscht. Das heißt, da passiert extrem viel. Jetzt können Sie mir den Vorwurf machen, ich verteidige hier jetzt etwas Illegales und mache mich zum Helfershelfer der Piraterie. Das weise ich absolut von mir, das mache ich natürlich nicht. Als Forscher und Wissenschafter interessiert mich natürlich, was passiert alles in der Musikwirtschaft, wo sind möglicherweise neue Geschäftsmodelle, die eventuell in der Zukunft durchaus dann auch legal mit Musik Geld verdienen können. Lassen Sie mich kurz eine Geschichte erzählen. In den zwanziger Jahren waren es in den USA die Radiostationen, die, mit Werbung finanziert, kommerziell aufgetaucht sind, gegen die plötzlich die Tonträgerunternehmen gewettert haben. Und wissen Sie, was die argumentiert haben? Die spielen Musik und zahlen keine Urheberrechtsabgabe, das ist die böseste Piraterie und muss bekämpft werden. Da hat sich sogar in der ASCAP-BMIKontroverse niedergeschlagen, wo dann zum Schluss zwei Verwertungsgesellschaften übrig geblieben sind. Wissen Sie, was der Schluss der Geschichte ist? Nicht die Tonträgerunternehmen haben damals letztendlich gewonnen, sondern die auch über Musik groß gewordenen Rundfunkstationen wie CBS, NBC usw. haben sich dann die immer stärker schwächelnden Tonträgerunternehmen eingegliedert, und dann hat es eine Phase in der Musikindustrie gegeben, wo der Rundfunk im Zentrum stand und diktiert hat, wie Musik verwertet wird und rezipiert wird. Erst in den fünfziger Jahren sind dann aus anderen Gründen die Tonträgerunternehmen wieder in das Zentrum gerückt. Franz Medwenitsch: Gegenüber dem Radio sind sie heute nicht im Zentrum, weil - wie Sie ja sicher wissen - der Tonträgerhersteller und der ausübende Künstler gegenüber dem Radio einen Vergütungsanspruch hat, d.h. er kann nicht untersagen, ob ein Radio das spielt oder nicht spielt, anders als die Filmbranche gegenüber dem Fernsehen, d.h. ein Radiounternehmer kann sich jeden Tonträger aus dem Handel holen, er muss ihn ja gar nicht aus dem Handel holen, er wird ja sowieso hundertprozentig bemustert, und kann dann sein Format daraus machen. Wo da der große Einfluss der Musikbranche im Radio ist, das müssen Sie erst zunächst erklären. Es ist mir an sich schon recht, wenn Sie aus den zwanziger Jahren in die Gegenwart hinauf interpretieren, ich sage Ihnen etwas von heute. Es sind die Unternehmen wie Telekom, die Unternehmen wie OD2, die Unternehmen, die in der digitalen Distribution arbeiten, nicht anstatt der Musikfirmen, sondern sind Kooperationspartner der Musikfirmen, genauso wie der Handel bei den körperlichen Tonträgern der Kooperationspartner der Musikfirmen ist. Das ist ja nicht ein Ersetzen, sondern es ist ein Paradigmenwechsel in der Distribution. Nur dass die Musikfirmen die Contentinhaber sind, das ist klar, und da verändert sich im Wesentlichen nichts, weil der Content ist auf einem Tonträger drauf, und der Content ist auf einem digitalen File drauf. Wenn dieser Content geschützt ist, und das ist er, dann ist es eben eine Partnerschaft, die einzugehen ist, und die haben die Firmen längst schon eingegangen mit Distributionsfirmen im digitalen Bereich, deswegen ist auch der Herr Lechner hier, und deswegen haben sie nach wie vor Kooperationspartnerschaften mit dem Handel, was den körperlichen Tonträger angeht. So einfach ist das eigentlich. Franz Morak: Danke für die Erinnerung, ich habe das im Eifer meiner Klage etwas unter den Tisch fallen lassen. Die Geschichte, wenn ich sie wiederholen darf, die ich seinerzeit als Aufsichtsrat im ORF miterlebt habe, war eine Initiative, die im Grunde auch im Aufsichtsrat gescheitert ist und zwar mit den Argumenten, dass man gesagt hat, Ö3 bringt eine Milliarde Schillinge, ist quasi ein Programmlieferant für die Produktion, Podiumsdiskussion d.h. produziert anderes Programm unter öffentlich-rechtlichen Inhalten. Wir haben uns das ganz gut gemerkt, weil wir natürlich im neuen ORFGesetz hier eine kleine Klausel drinnen haben, die österreichische Wertschöpfung dabei hat. Der öffentlich-rechtliche Auftrag für den ORF wurde neu formuliert auch daraufhin Rücksicht nehmend. Aber, und das sage ich jetzt auch, natürlich mit der grundsätzlichen Abstinenz der Politik, einem Programmverantwortlichen nicht das Programm vorschreiben zu wollen. In der Diskussion der Quote war mir immer ein Argument wesentlich, dass natürlich eine Quote die Ästhetik einer Branche beeinflusst und natürlich auch verändert. Schauen wir uns die französische Entwicklung an, und schauen wir uns die Entwicklung in anderen Ländern an, wo es keine Quote gibt. Ich weiß nicht, ob ich das wirklich will. Ich habe viel erlebt in dem Diskussionsprozess um die Quote. Es hat begonnen damit, dass man gesagt hat, der will die Steffi Werger in Ö3. Das ging so dahin, ich sage Euch, auf der tiefsten Lade, aus der tiefsten Lade und auf der tiefsten Lade. All das, der macht eine Werbeveranstaltung für den Ambros, und diese Geschichten: Ich habe eine so unpolitische Haltung einem Thema gegenüber überhaupt noch nicht erlebt, wie wir mit dem, was wir immer so groß vor uns hertragen, dem kreativen Potential in unserem Land umgehen. Natürlich ist es meine feste Überzeugung, dass es nicht sein kann, dass wir Programme liefern gegen die Programmveranstalter, weil dafür gibt es u.a. auch einen liberalisierten Medienmarkt. Wir haben aus diesem Grund den Medienmarkt liberalisiert, und die Frage ist nicht mehr nur zu führen mit dem ORF, sondern die ist natürlich auch zu führen mit den anderen Anbietern auf diesem Markt. Ich sage auch, spät genug 18 Jahre nach Deutschland und vier Jahre nach Albanien wurde der Medienmarkt in diesem Land liberalisiert. Das hat offensichtlich in diesem Land außer uns niemanden aufgeregt. Das muss man ja auch einmal mitteilen. Ich würde darum bitten, dass wir auf der einen Seite von der Diskussion nicht heruntersteigen, aber es kann nicht gegen die Programmverantwortlichen passieren, seien sie beim Privatfernsehen oder beim ORF. Die sind zu überzeugen. Aber es kann nicht sein, dass man sagt, Freunde, die Österreicher sind ununterbrochen vertreten, die singen nur mehr englisch, und deshalb wissen sie das nicht mehr. Dann bringt ein junger Mann 22 etwas Englisches hin, und der sagt: Wenn ich einen Engländer habe, dann nehme ich mir gleich einen Engländer und nicht einen Österreicher, der so tut, als wäre er ein Engländer. Ich habe das ja alles zur Genüge erlebt. Ich würde darum bitten, diese Diskussion verstärkt zu führen, aber nicht nur von politischer Seite, sie wurde von politischer Seite geführt. Schaut Euch die Kommentare in den Zeitungen an, und zwar in den Zeitungen, wo man sagt, dort erwarte ich mir eine flächendeckende Kombatanz. Es war genau das Gegenteil. Wenn Sie heute schauen, all diese Menschen, die in Zeitungen über österreichische Musik schreiben, die sagen dann alle, die mussten auswandern. Der Leidensdruck des Herrn Schwarzenegger hält sich in Grenzen. Peter Paul Skrepek: Der kann auch nicht gut Gitarre spielen. Franz Morak: Er hat aber relativ teure Filme gemacht. Ich will damit sagen: Das ist kein Schicksal wie 1938, das ist heute die Normalität, dass Menschen ins Ausland gehen, und heute sich auch im Ausland beweisen. Natürlich hat es damit zu tun: Wenn ich heute einen Schlager international formuliere, dann ist das nichts anderes, als wenn ich bei einer Konferenz bei der EU oder in Amerika auf englisch rede. Das ist eben so, das ist die Lingua franca, so wie Mozart seinerzeit die erste deutschsprachige Oper gemacht hat, heute ist es englisch. Dieser schwere Nachteil des Schicksals, in Österreich Popmusik oder Musik machen zu wollen, kann auf der einen Seite nicht sein, in der E-Musik ist es etwas anders, das muss man jetzt auch fairerweise dazu sagen. Auf der anderen Seite würde ich darum bitten, dass man diese Diskussion, die wir hier jetzt festmachen, wie geht man mit den heimischen Talenten um, nicht wieder zu einer ORF-Diskussion macht, sondern, wie geht man grundsätzlich damit um, wie sehen wir uns. Das hat ja mit einem österreichischen Eigenverständnis und einer Eigenverantwortung zu tun, dass wir es aus diesem Feld heraus sehen. Wieso sind wir teilweise so hilflos dieser Entwicklung gegenüber? Das ist nicht nur das Alter auf der einen Seite, dass man sagt, man kann sich Digitalisierung nicht mehr vorstellen, sondern aus der Tiefe unserer Seele heraus sind wir und unsere Banken durchaus bereit, ein Haus zu belehnen, aber nicht den Inhalt eines Filmes. Alles das, was im Grunde schöpferischer Mehrwert ist, wird nicht bewertet. Wilhelm Zimmerhackl: Ich habe mir als Komponist alles selbst erarbeitet. Ich bin Grafiker, Maler, Komponist, Dichter und Videokünstler. Das ist eine einmalige Sache. Auf der ganzen Welt gibt es keinen Menschen, der so viel macht, wie meine Person. Mir fehlt die Zeit, dass ich Künstler und Manager bin. Wir Künstler müssen zusammenrücken und uns öffnen. Franz Morak: Sie haben einen sehr schönen Satz gesagt: Ich kann nicht alles alleine machen. Es ist natürlich, was alle hier im Grunde auf dem Podium und im Publikum meinen, ein arbeitsteiliges Verhältnis. Wie ich seinerzeit das gemacht habe, was ich für Musik gehalten habe, wäre das nicht möglich gewesen, wenn nicht eine Majorfirma 100.000 oder 150.000 Euro in die Hand genommen und gesagt hätte „Mach!,” oder die Werbeveranstaltungen finanziert hätte, oder ein Verlag, der sich eingeschaltet hat. Im Grunde ist es ein arbeitsteiliges Verhältnis, und in Wahrheit geht es darum, Strukturen zu haben, dass die Künstler, das was sie verlangen können, arbeiten, aber davon auch leben können. Das ist aber nur möglich, wenn die Strukturen funktionieren. Ich kann mich noch erinnern, in welche Strukturen ich hineingeboren worden bin, wie ich das getan habe. Ich war bei einer Firma, die ist mit Ambros und Opus am Höhepunkt Pleite gegangen. Das ist eine Kunst gewesen, der Wahlspruch hieß, wo wir sind, ist das Chaos, aber wir können nicht überall sein. Wir haben keine Managementstrukturen, weil keiner davon leben kann, dass er einen Künstler vertritt. Das sage ich jetzt einmal, weil wir damals die Märkte noch national und nicht international wahrgenommen haben. Dasselbe Problem haben wir heute auf wesentlich größerem Niveau. Ich erinnere mich, dass Gerd Bacher seinerzeit dem Kreisky gesagt hat, er würde ganz gerne aus Deutschland senden, d.h. den ORF ausweiten auf Deutschland, was heute ein Segen gewesen wäre, ich sage es nur einmal nebenbei. Kreisky sagte damals goldfalsche Medienentscheidung du bleibst jetzt in Österreich, weil du schimpfst so sehr in Österreich über mich, ich lasse mich nicht noch aus Deutschland auch von dir beschimpfen. Das war der engere Zusammenhang. Heute wissen wir, dass Medien international arbeiten müssen, weil sie sonst gar nicht leben können, gar nicht die Rechte bezahlen können, d.h. wir haben ein riesiges Problem in Podiumsdiskussion der Distribution. Sie können an der Peripherie wohnen, Sie sind in der Hauptstadt, sobald Sie an einer Telefonleitung sind. Wir sind in einer Neuorganisation unserer Welt. Wenn wir daran nicht teilnehmen wollen oder teilnehmen werden, dann werden wir nicht dabei sein, und keiner wird um uns weinen. Wir müssen uns dort einschalten, und es ist notwendig, dass wir das nicht nur als kleines Österreich machen, sondern dass wir uns als Europäer dort einbringen. Ich glaube, wir haben da theoretisch ein ganz gutes Wörtchen mitzureden, wir müssen es nur tun. Marion Diederichs-Lafite: Ich könnte aus dem sogenannten Stilfeld „Klassik” kommend etwas beitragen, das für diesen Bereich besonders relevant ist. Ich bin in diesem Stilfeld als Printmedium tätig und als solches mit vielen Kreativen von Hager und Androsch bis Wysocki und Zykan in fruchtbarem Austausch und beobachte im langjährigen Vergleich, wie die Anforderungen an die Kreativen wachsen. Sie mussten immer schon neben dem Komponieren jobben, unterrichten usw., immer mehr müssen sie die ganze Herausforderung der Technologie beherrschen. Inzwischen schreiben die meisten ihre Partituren und Stimmen selber, vermarkten sich selbst, jeder muss seine Homepage pflegen und seine Infomails versenden usw. Obwohl immer noch sehr viel geschieht, am Klassiksektor, Gott sei Dank, würde ich sagen, noch etwas mehr, glaube ich, dass das zu Vereinzelung und einer Gefährdung von Kreativität führen kann. Dieter Kaufmann, noch Präsident des Komponistenbundes, versucht immer das Bild des Komponisten oder der Komponistin als eigenständigem Selbständigen zu entwickeln, das ist sicher sehr wichtig. Diese Herausforderungen müssen von allen geschafft werden. Ich glaube nur, dass irgendwann der Punkt kommt, wo dieser positive Stress, vor dem viele stehen, auch umschlagen kann. Es hat mich sehr beeindruckt wie Otto Zykan mir ganz stolz seinen Computer, der irrsinnig viel kann, gezeigt hat. Er ist glücklich, sagt aber auch, dass es die schwerste Herausforderung in seinem Komponistenleben war. Er ist fast daran zerbrochen. Er ist nicht zerbrochen, aber viele andere haben ähnliche Probleme, und daher stelle ich die Überlegung in den Raum, ob man einen Teil der Fördermaßnahmen im Gespräch mit den Kreativen auch in solche Infrastrukturen verlegen könnte, also weiter Aufführungen und Kompositionen 23 fördern, aber auch Herstellungen von Materialien und die Selbstvermarktung auf einer gemeinschaftlichen Basis sowie die Herstellung einer neuen Organisation dieser Anforderungen im Gespräch mit den Komponistenverbänden? Mario Weitzl: Ich möchte kurz etwas aus dem Künstler-Radio-Bereich berichten. Ich glaube, dass die österreichische Musikindustrie, vor allem was den Popbereich betrifft, die Verbreitung über elektronische Medien, d.h. über Radio und Fernsehen, durchführt. Immer wieder hört man von Künstlern: Wir kommen nicht mehr zu den Rundfunkstationen. Da muss ich weiter ausholen und den Dr. Zimper berichtigen. Privatradio hat in Österreich über die sogenannten Piratenradios nicht Anfang der neunziger Jahre begonnen, wie allgemein geglaubt wird, sondern bereits 1979 mit sogenannten Privatradios in Kärnten. Damals wurde der Grundstein von Privatradio in Österreich gelegt mit Radio Val Canale, Radio Carinthia und Radio Uno. Damals gab es bereits Privatradio für Österreich, nicht erst Anfang der Neunziger mit Antenne Austria und Radio CD, das am Rande. Bei diesen Piratenprivatradios hatte man damals sehr wohl viel österreichische Musik im Programm, und die Verkaufszahlen waren in den achtziger Jahren hoch, obwohl es kein offizielles Privatradio gab. Ich arbeite seit 1976 für Rundfunkstationen und seit 1980 für private Stationen, mittlerweile viel im Ausland, weil der Prophet im eigenen Land nichts zählt, denn es ist nun einmal so, dass österreichische Privatradios ausländische Leute, die in England oder Deutschland Privatradio machen, nach Österreich holen, um hier Programmformate zu erstellen. Dann wundert man sich, warum es keine österreichischen Künstler mehr im Radio gibt. Es ist nun einmal so, dass die Musik sehr viel von ausländischen Leuten bestimmt wird im österreichischen Privatradiosegment. Ich habe seit 1981 mit den österreichischen Plattenfirmen zusammengearbeitet und bin als Mitarbeiter im Piratenprivatradio teilweise sogar bemustert worden. Am Anfang musste man sich diese Platten kaufen. Es war viel österreichische Musik in den Programmen der einzelnen Radiostationen vorhanden. Warum ist es so, dass man nach fünf Jahren Privatradio in Österreich noch immer über den geringen Anteil österreichischer Musik jammert? Warum muss man die Leute in den Radio- und Fernsehstationen überzeugen, die hervorragenden österreichischen Produktionen ins Programm aufzunehmen? Dazu besteht überhaupt kein Grund. Wenn ich nur ins benachbarte Ausland, z.B. nach Italien schaue, und mir dort Radio- und Fernsehprogramm ansehe, da braucht niemand irgendwen davon zu überzeugen, einen Titel von einem jungen oder älteren Italiener zu spielen. Wir müssen die Leute nach wie vor überzeugen. Das ist etwas, was ich als Radiomacher seit 1976 nie verstanden habe. Ich habe für viele Rundfunkstationen Musik zusammengestellt und Musikformate entworfen, auch für sogenannte Formatradios, die jetzt sehr eng geworden sind. Wenn man 90 bis 100 Titel innerhalb von 24 Stunden spielt und insgesamt ein Musikarchiv von vielleicht 1000 oder 1500 Musiktiteln hat, und die Hörer nach einem Monat sagen, jetzt kann ich den Sender auch schon nicht mehr hören, weil der immer dasselbe spielt, dann muss ich ehrlich fragen, wo kommen wir da in der Radiolandschaft hin? Wenn andererseits Ideen kommen, wie man Formatradios breiter formatieren kann, um wieder Platz für österreichische Musik in den Radios zu haben, blockt teilweise auch die Industrie ab. Ein Grund dafür war die Idee, einen Downloadserver für Rundfunkstationen einzurichten, um dort Musiktitel runterladen und gleiche ins Programm aufnehmen zu können. Wenn der Rundfunk diese Titel spielt, werden sie gehört und werden über CDs, Videos und DVDs gekauft oder heruntergeladen. Dieser Idee wird nicht Rechnung getragen, sondern die Musiktitelanlieferungen werden eingesellt. Die einzelnen Plattenfirmen wollen oft alles selbst machen. Hier fordere ich die österreichische Musikindustrie auf, mehr Konsens und Miteinander als Gegeneinander an den Tag zu legen. Andy Baum: Ich bin Musiker, der das Privileg genießt, von seiner Arbeit auch leben zu können, obwohl ich noch nicht digitalisiert bin. Vielen Dank für die zum Teil sehr, sehr aufschlussreichen Beiträge. Ich möchte kurz auf ein paar Dinge eingehen und am Ende zu meiner subjektiven Erkenntnis kommen. Solche Diskussionsforen sind immer sehr gefährdet, sich nicht um das eigentliche Thema zu drehen, sprich Kreativität und Pluralismus, sondern sich im altbekannten Stammtischlamento zu ergehen, um es ein bisschen polemisch auszudrücken. Ich glaube, dass es in diesem Kreislauf weder Gute noch Böse gibt, sondern nur ein Miteinander. Es geht um das Erkennen von Schaltstellen Podiumsdiskussion und Übereinkünften und darum, wie man mit diesen Übereinkünften umgeht. Es ist das Stichwort gefallen: Wettbewerb schafft Kreativität. Da bin ich grundsätzlich nicht dagegen, allerdings definiert sich Wettbewerb heute so, dass es darum geht, Vorgegebenes besser zu bedienen und nicht eigenartiger zu sein. Wettbewerb heißt heute nicht mehr, eine neue Zahnpasta zu erfinden, sondern eine knalligere Verpackung. Wenn Sie sagen, Nachwuchspflege geht über neue Stars und die Berichterstattung von Hypes, dann hat das für mich nichts mit Nachwuchspflege zu tun. Etwas, das bereits ein Star oder Hype ist, ist bereits am Wege des Arriviert-Seins, und hat mit aktiver, vitaler Nachwuchspflege nichts zu tun, die wiederum Bestandteil eines Wettbewerbs ist, so wie ich ihn verstehe. Zu dieser Art von Wettbewerb und Nachwuchspflege gehören die Alten, ob man sie will oder nicht, dazu, denn sie sind Reibebäume. Ohne Reibebäume entwickle ich nicht meine Eigenarten. Radio kann man heute nicht mehr für alle machen, das konnte man auch früher nicht, man muss es für Zielgruppen machen. Ich unterstelle dem Radio, heute nicht mehr den Hörer, sondern die Werbewirtschaft als Zielgruppe zu haben, und es missbraucht den Hörer in letzter Konsequenz, um diese Zielgruppe zu bedienen. Nicht nur die Privatradios, sondern in erster Linie der ORF mit Ö3 haben das unglaublich konsequent und kompetent vorgelebt. Es wurde davon geredet, dass der Content wesentlich ist, egal ob MP3, CDs, Platten oder DVDs. Ich glaube, da sind wir beim Kern. Ich bin dem Christian Rösner unheimlich dankbar, dass er so abgestaubte Begriffe wie Leidenschaft und Identität in das Gespräch versucht hat einzubringen, obwohl niemand drauf eingegangen ist. Das, was die Musikund Tonträgerindustrie nach unten drückt, ist meiner Meinung nach ihr eigener Umgang mit den Werten, die sie versucht zu verkaufen. Es geht nicht darum, dass 19 Millionen Platten verkauft werden und 19 Millionen CDRohlinge böser- und verbotenerweise bedruckt werden, sondern dass seitens der Industrie in den letzten 12 bis 16, 17 Jahren, sage ich einmal, ein massiver Werteverlust im Inhaltlichen stattgefunden hat. Damit meine ich nicht Tugenden wie Moral und Treue, sondern dass das, wofür ich Geld investiere, um es auf den Markt zu bringen, dass ich das als wertvoll betrachte und zwar inhaltlich, dass es nicht nur dazu dient, etwas, was funktioniert hat, so gut und so schnell wie möglich so lange zu bedienen, solange ich noch 24 Geld herauspressen kann, sondern dass ich etwas riskiere, etwas Neues vorstelle und damit vermittle: Das ist uns etwas wert. Ich glaube, dass das der Industrie massiv verlustig gegangen ist. Wenn ich mich als Jugendlicher, der ich nicht mehr bin, entscheiden muss, ob ich mir etwas bei Virgin kaufe, das nichts mehr wert ist, weil es nur mehr 14 Tage hält, oder ob ich es mir herunterlade, dann lade ich es mir herunter. Ich glaube, dass die Diskussion wirklich eine Wertediskussion sein soll, eine Inhaltsdiskussion und nicht eine, die sich an austauschbaren Parametern anklammert. Danke. Harald Quendler: Ich möchte kurz Herrn Lechner etwas fragen. Habe ich Sie richtig verstanden? Sie sind von der Telekom und Sie haben einen Partner, der in England sitzt, d.h. die Verrechnung erfolgt auch über England, d.h. das Mehrwertsteueraufkommen von der Wertschöpfung her passiert nicht in Österreich, sondern in England. Warum machen Sie das? Wegen der Mehrwertsteuerdifferenz, um niedrigere Preise zu erzielen, oder was ist die Begründung? Wilfried Lechner: Die Begründung, warum wir OD2 als Partner gewählt haben ist folgende: Es gibt im internationalen Bereich keinen Partner, der diese Fülle an Angebot und Content bietet wie OD2. Wir haben im Zeitraum 2001 bis 2003 mit allen potentiellen Partnerfirmen gesprochen, ob das Popfile oder Musicnet war, keiner konnte uns dieses Angebot bieten wie OD2. Harald Quendler: Darf ich dazu zwei Fragen nachschieben? Welche Suchbegriffe gibt es? Wilfried Lechner: Wir verwenden bewusst den Begriff MP3 nicht, sondern Digital Download. Harald Quendler: Ich möchte meine Frage präzisieren. Kann ich hergehen und sagen, ich möchte Musikstücke finden, wo drei Maultrommeln solo spielen? Wilfried Lechner: Das gibt es bei uns nicht, es gibt eine Künstler-, Genreund Titelsuche, aber es gibt keine Suche nach zwei Kontrabässen mit Schlagzeug. Harald Quendler: Kostet jeder Song gleich viel? Wilfried Lechner: Es gibt drei Preisstrukturen, die nicht von uns vorgegeben werden, sondern von den einzelnen Plattenlabels. Grundsätzlich kann Elvis Presley, wenn BMG das will, fünf Euro kosten. Es macht jedoch Sinn, eine einheitliche Preisstruktur zu haben, denn das schafft die nötige Transparenz für den Kunden. Dieser kommt zu uns und weiß, er bekommt jeden Song für 0,99 Euro. Harald Quendler: Vorstellbar wäre eine B2B-Lösung, die dem Contentanbieter über die Vergabe von Zugangscodes, die Möglichkeit gibt, Partner wie Veranstalter und Medienleute Musik downloaden zu lassen, um den teuren Versand von Finished Product-CDs zu umgehen. Besteht diese Möglichkeit im Rahmen Ihres Angebotes? Wilfried Lechner: OD2 bietet das jedem Label an, in Kontakt zu treten, einen Vertrag abzuschließen und dann nur auf unserer Plattform oder auf allen 14 Plattformen in Europa vertreten zu sein. So kann man diesen Distributionsweg des Internets europaweit wählen. Erich Krapfenbacher: OD2 verhandelt momentan meines Wissens nicht mit kleinen Labels, weil ihnen das zu aufwendig ist. OD2 ist eine Art Gate Keeper geworden, kleine Labels sollen sich zu Verbänden zusammenschließen. Es scheint mir im Downloadbereich ohne OD2 nichts mehr zu gehen. Wilfried Lechner: Es ist kein Monopol, das OD2 hat. Wir warten alle ganz sehnsüchtig auf Apple iTunes, wir weniger, aber die Konsumenten. Wenn apple.com ein Angebot für österreichische und deutsche Konsumenten macht, wird es da sicher ein massives Umdenken geben. Ich gebe Ihnen recht, dass es bei OD2 gewisse Schwierigkeiten gibt bezüglich der Wünsche eines einzelnen Partners wie wir es sind und der Dinge, die sie erfüllen können. Wir haben mit vielen kleinen österreichischen Labels gesprochen und gesagt, wir würden euch gerne mit hineinnehmen. Aktuelles Beispiel sind die Ausseer Hardbradler mit dem Album „Cuba”. Wir wollten es im Shop haben, weil wir als Hauptsponsor des Amadeus jedem Nominierten die Möglichkeiten, angeboten zu werden, geben wollen. Es gab dann Gespräche zwischen dem Label, mir und OD2, die einen gewissen Titelpool verlangen, damit es interessant ist. Natürlich ist die Priorität, die Österreich bei OD2 genießt, nicht die höchste. Man muss sich das wie eine Tankstelle mit 14 Podiumsdiskussion verschiedenen Autos vorstellen. Eines davon ist die Telekom und gleicht einem Mini, Tiscali oder MTV fahren einen Porsche. Wir versuchen alles zu tun, um auch kleinen Labels Zugang zu verschaffen. Peter Paul Skrepek: Das, was hier passiert, ist eine kulturelle Verengung, das kann man beobachten. Hubert von Goisern hat das einmal sehr griffig formuliert: Auf der Autobahn zischen sie dahin und scheffeln Geld, und die österreichischen Musikschaffenden gleich welchen Stils es ist ja bekannt , dass nicht einmal mehr die Wiener Philharmoniker einen Plattenvertrag haben - dürfen auf dem künstlerisch sehr interessanten Holzweg/Waldweg unterwegs sein. Das unterstützt leider auch die Telekom-Plattform, ich habe sie besucht, bin dort Kunde und weltweit im Internet präsent, nur leider heute nicht, denn heute ist sie abgestürzt. Ich habe mir angesehen, was Harald Quendler gefragt hat, die Stilrichtungen, und da haben wir ein unglaubliches Verhältnis von 52.000 Titeln internationalem Pop-Repertoire, und dann gibt es eine Unterkategorie „Schlager deutsch” oder so in der Art, und da sind 1.000 drinnen. 52.000 zu 1.000 ist das Missverhältnis im Angebot, d.h. schon vom Angebot her existiert das praktisch nicht. Es ist nur eine Ironie, ein Treppenwitz, dass der Wolfgang Ambros, Falco und österreichische Künstler der Jetztzeit nicht mehr angeboten werden. Die existieren einfach nicht. Der Satz, den der Herr Staatssekretär gesagt hat, dass man den Programmverantwortlichen von der Politik nicht das Programm vorschreiben kann, sagt ja alles, wenn man den zweiten Satz noch dazu sagt. Der Wirtschaft, der Werbewirtschaft und den Beraterfirmen ist es mittlerweile gelungen, die Initiative an sich zu reißen. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass das österreichische Radioprogramm genauso wie das deutsche und das anderer Länder von Beraterfirmen formatiert vorgegeben wird. Die Leute bei den Firmen dürfen sich dann aus dem vorgegebenen Programmangebot des Formates aussuchen: Heute mache ich meine Fließbandarbeit mit dem grünen Schraubenzieher, das ist die redaktionelle Freiheit. Auf einen Satz gebracht: Die Politik darf es heute nicht mehr, die Wirtschaft macht es besser für sie, und das ist eine Entwicklung, vor der kann man nicht genug warnen. Deswegen müssen wir als demokratisch verfasste Republik den Primat der Politik wieder zurückge- 25 winnen. Ich lade daher den Herrn Staatssekretär, Herrn Dr. Medwenitsch und alle Interessierten ein, uns ein Vorbild an anderen Ländern zu nehmen und endlich ein Dialogforum zu eröffnen, einen runden Tisch, an dem wir solche Debatten im Expertenmodus führen und innerhalb kürzester Zeit, sagen wir bis Weihnachten, einen Lösungsvorschlag auf den Tisch legen, wie wir aus diesem Dilemma der Fremdbestimmtheit wieder herauskommen. Wir können nicht der Telekom verbieten, dass sie einen Vertrag mit einem Monopolisten, wie OD2 ist, macht, das können wir nicht, das ist in einer pluralistischen Gesellschaft nicht möglich. Aber wir können uns ausbedingen, dass wir in Österreich auch den eigenen Kunstschaffenden ein Forum geben, und wenn wir das nicht schaffen, dann wird es bald solche Diskussionen nicht mehr geben brauchen. Daher ist mein Appell vollkommen ernst gemeint: Setzen wir uns zusammen, das Staatssekretariat könnte den Einladungsschrieb machen, und machen wir das, was andere Länder schon vorgetanzt haben, ein Dialogforum mit einem schnellen Ergebnis, wie die Politik die Handlungsfähigkeit zurückgewinnt. Martin Zimper: Da konnte ich jetzt nicht mitapplaudieren als Vertreter eines privatwirtschaftlichen Unternehmens, denn es ist schon ein anderes politisches System, wo uns die Politik das Programm vorschreiben würde. Peter Paul Skrepek: Das nennt man Demokratie. Martin Zimper: Nein, das nennt man Marktwirtschaft. In der DDR hat das System gut funktioniert, das Sie einfordern. Peter Paul Skrepek: Das ist jetzt ein Untergriff. Martin Zimper: Was wir heute haben, ist Wettbewerb. Wir buhlen geradezu, das ist zu Andy Baum gesagt, um die Hörer. Ich sehe schon, Wettbewerb ist ein schwieriges Thema. Am Radiosektor haben wir Wettbewerb. Wir sollten gerade um jeden einzelnen Hörer buhlen, weil letztlich ist der Hörer das, was die Werbewirtschaft will und sonst gar nichts, leider eingeschränkt in einer bestimmten Altersgruppe, das bedauere ich selbst. Ich glaube, dass sich das auch ändern wird, aber momentan ist es eher so, dass 14 bis 49 von der Werbewirtschaft gewollt wird, und wir uns als Private daran orientieren müssen, d.h. aber nicht, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch nur mehr daran orientiert. Weil von Mario Weitzl kam, dass die Privaten keine Österreicher mehr spielen: Radio Arabella spielt noch viel Austro Pop, auch wir spielen Österreicher, aber wir haben zu wenige Ansprechpartner in der Musikwirtschaft und Industrie, die sich professionell damit auseinandersetzen, welche Musik wir oder einzelne Sender spielen, ich habe ja schon einige unterschiedlichen Stile aufgebaut. Im Wettbewerb ist es so, dass der eine Sender nur Rockiges spielt, der nächste spielt Dance und der dritte spielt Austro Pop und Schlager. Dann muss man als Musikindustrie das Entsprechende im Gespräch mit den einzelnen Machern und Stationen anbieten. Privatradio würde eine vorgeschriebene Österreicherquote für alle nicht begrüßen. Privatradio würde eine vorgeschriebene Österreicherquote für die Öffentlich-rechtlichen begrüßen. Mario Weitzl: Wir müssen Ihnen eine Quote auferlegen, damit wir überhaupt österreichische Musik haben. Martin Zimper: Entschuldige, der Hörer schafft an, was er hören will. Peter Paul Skrepek: Das ist doch ein Märchen, Martin Zimper. Martin Zimper: Ich erzähle aus der Praxis. Mario Weitzl: Die Piratenprivatradios haben stundenlang österreichische Musik gespielt. Martin Zimper: Die sind aber alle eingegangen. Mario Weitzl, der letzte Sender, den er gemacht hat, ist in Konkurs gegangen. Mario Weitzl: Entschuldige, bist Du noch bei Kronehit? Nein. Harald Ossberger: Darf ich kurz eingreifen. Ich unterbreche die Gesprächssituation nur ungern, weil sie sehr lebendig ist. Trotzdem darf ich den Herrn Staatssekretär um sein Worte bitten, weil er angesprochen wurde. Franz Morak: Ich bin ein gebranntes Kind, was die Diskussion über Programmschöpfung betrifft, in welchem Medium auch immer, aber ich bin gerne bereit, einen runden Tisch zu machen, so die Frau General- Podiumsdiskussion direktor vom ORF dabei ist und die österreichische Plattenindustrie oder das, was von ihr übrig geblieben ist, dass wir hier einmal Tacheles reden. Ich bin in eine Industrie gekommen, wo ich den lieben Herrn Duran kennen gelernt habe, der damals mit den Verträgen von Bierzelt zu Bierzelt gefahren ist. Das Geld, das er damit verdient hat, hat er sich aufgehoben und damit den Hirsch gemacht und damit andere Leute produziert. In der Zwischenzeit - glaube ich - gibt es das Modell nicht mehr. Ich habe den Duran irgendwann einmal bei guter Gesundheit bei einer Verleihung gesehen. Die sind alle in der Rente. Ich weiß nicht, was nachgekommen ist, muss ich ehrlich sagen. Wenn ich mir die Radio- und Fernsehprogramme grundsätzlich anschaue, denke ich mir, es gibt nichts. Möglicherweise gibt es einen neuen Zugang zu dem Thema, zu der Problematik. Ich bin gerne bereit, das aufzuarbeiten mit einem runden oder eckigen Tisch, daran soll es nicht liegen. Gerne lade ich diese Seite ein, aber es macht nur Sinn, wenn auch die Veranstalter dabei sind, die im Grunde aufgerufen sind. Der Skrepek ist ja nicht arglos von mir in den Publikumsrat geschickt worden. Das war immerhin ich, der das getan hat, um den Standpunkt zu verbreiten. Noch einmal: Ich mache das gerne. Ich hoffe, dass die Erfahrungen, die ich mit diesem runden oder eckigen Tisch mache, andere sind als die, die ich bisher damit gemacht habe. Ich kann gerne quer durch alle Parteien einladen, ich habe da keinen Schmerz dabei. Bewerten wir die Situation neu und schauen wir, was am Ende der Fahnenstange davon übrig bleibt davon, weil auch ich bin der Meinung, es kann nicht sein, dass wir hier relativ viele Leute haben, die angeblich Musik machen, die wir nie hören. That's it. Harald Ossberger: Ich bedanke mich sehr herzlich bei allen Teilnehmern und freue mich, dass so viele Inhalte eingebracht wurden, und die Diskussion so lebendig und engagiert war. Ich bedanke mich sehr bei den Damen und Herren aus dem Publikum. Wir setzen nach 10 bis 15 Minuten Pause fort. 26 27 PANEL: STILFELD „KLASSIK/ ZEITGENÖSSISCHE MUSIK” Paul Hertel: Ich begrüße sehr herzlich Elisabeth Mayerhofer, Wolfgang Mitterer und Christian Scheib. Aus Zeitgründen werde ich mit keiner ausführlichen Vorstellung der Panelteilnehmer beginnen, sondern darf Sie auf die Lebensläufe in den Handouts verweisen. Ich habe den Fragenkatalog von Harald Huber für mich weiterentwickelt und möchte fragen: „Welche Veränderungen haben Sie seit 2000 beobachtet?” Unser Beobachtungsfeld erstreckt sich von Klassik bis zur zeitgenössischen Musik, das ist ein sehr breites und sehr widersprüchliches Spektrum. Ich möchte bitten, die Diskussion auf einer allgemeinen Ebene zu belassen und nicht zu sehr in persönliche Erlebniswelten einzudringen. Vordringlich soll sein, was in Zukunft zu machen ist, welche Visionen, Möglichkeiten und Ideen da sind. An einem Kontakt- und Ideenaustausch zwischen Podium und Diskussionsteilnehmern ist mir sehr gelegen. Die Möglichkeiten, sich professionell mit zeitgenössischer Musik zu beschäftigen, sind in Österreich teilweise vorhanden, teilweise nicht. Für das plurale Stilfeldermodell von Harald Huber bin ich dankbar. Der Pluralismus im Bereich „Klassik” hat manche blinde Flecken, die man persönlich mehr oder weniger so empfinden kann. Ich möchte Elisabeth Mayerhofer um ihren Beitrag bitten, der sich u.a. auch mit der Situation der Frauen in diesem Stilfeld beschäftigen wird. Elisabeth Mayerhofer: Ich möchte Ihnen eine Systematik präsentieren, die auf Forschungsprojekten des Instituts Mediacult bis zum letzten Jahr basiert. Es geht um Karriereverläufe von vor allem Frauen im Bereich der Musik. Diese Publikation gebe ich sehr gerne zur Ansicht durch, bzw. kann sie über das Institut bezogen werden. Zur Zeit läuft eine Folgestudie zum Thema „Businessmodelle”, in der solche tragfähigen Konzepte für den Bereich der zeitgenössischen Musik untersucht werden. Heute möchte ich über Arbeits- und Produktionsbedingungen von Kreativen in diesem Bereich sprechen. In der ersten Betrachtung sehen die Rahmenbedingungen schlecht aus, bei näherer Betrachtung sehr schlecht. Dieser Befund muss allerdings differenziert werden. Dazu fächere ich meine Betrachtungen in die Bereiche der Produktion/Komposition und der Interpretation auf, die sich u.a. durch sehr verschiedene Arbeitsverhältnisse auszeichnen. Den KomponistInnen geht es in Österreich auffallend schlecht. Das Musikland Österreich gründet sich auf die Interpretation eines sehr eingeschränkten Erbes, wobei der Großteil der Ressourcen verbraucht wird. Die Produktion bleibt unterbelichtet sowie die Interpretation von wirklich zeitgenössischer Musik. Die Arbeits- und Einkommensverhältnisse im Produktionssektor, da liegen uns Untersuchungen seit den achtziger Jahren vor, sehen trist aus. Es gibt ein paar Stars, die immer als Beispiel für Künstler hergezeigt werden, die sehr gut von ihrer Tätigkeit leben können. Da gibt es sehr, sehr wenige, praktisch niemanden. Freischaffend vom Komponieren zu leben, ist sehr schwierig. Der Ausweg ist Multiple-Job-Holding. Wir haben ein Durchschnittseinkommen von 900.- Euro bei hoher Qualifikation. Überleben wird durch mehrere Einkommen erreicht. Kompositionsaufträge sind in Österreich vergleichsweise dünn gesät. Kompositionsstipendien sind im internationalen Vergleich auch sehr wenig vorhanden. Die Standbeine eines Musikschaffenden sind daher Unterricht, z.B. an Musikschulen, oder wissenschaftliches Arbeiten bzw. Vorträge an Universitäten. Es geht bis zum Empfang von Sozialhilfe. Man muss sich fragen, wie Österreich, das sich über die Musikkultur definiert, mit seinen Produzierenden umgeht, und welche Wertigkeit diesem Bereich zugestanden wird - eine sehr, sehr geringe. Den interpretierenden Künstlern geht es vergleichsweise gut, wenn sie im Bereich der extrem regulierten Orchesterlandschaft unterkommen. Aber auch hier wird es schlechter, wenn es nicht einmal mehr den Philharmonikern blendend geht. „Auch Hausherren sterben” wurde in einem Künstlerinterview genannt, das kann man auf die Orchesterlandschaft in Österreich umlegen. Gleichzeitig drängt viel höchstqualifizierter Nachwuchs heran. Es kommt zu einer verschärften Konkurrenzsituation, die bisher nicht so brisant war. Verändert in den letzten zehn Jahren hat sich die Technologie. Komponieren am Computer ist ungleich einfacher geworden als früher. Vieles ist dadurch möglich geworden. Aber es gibt auch die Kehrseite der Technologie. Die Distribution fällt immer mehr auf die Produzierenden zurück im Sinne eines All-in-OneModells: Jemand komponiert und ist gleichzeitig für die Selbstorganisation, das Marketing und die Distribution zuständig. Steuerrechtlich muss man auf dem Laufenden bleiben, gleichzeitig muss man künstlerisch auf dem höchsten internationalen Niveau mithalten. Dieses Modell ist nicht wahnsinnig neu, denn KomponistInnen waren traditionellerweise freiberuflich tätig. Der Unterschied ist, dass wir nun auf der politischen Ebene dieses Modell befürworten. Es geht in Richtung Kulturunternehmer, das wird gewollt. Die öffentliche Kunstförderung zieht sich immer stärker von Institutionen zurück, richtet sich hingegen stärker an Projekt- und Personenförderung aus und favorisiert das Modell des Künstlers als Unternehmer, der alles selbst machen soll. Wir haben in Österreich sehr wenige Frauen, die komponieren, eine relativ konstante Größe von sechs bis sieben Prozent. Unter diesen Arbeitsbedingungen wird es immer schwieriger werden, denn die Frauen bekommen noch immer die Kinder. Vereinbarkeiten sind dann nicht mehr möglich. Frauen müssen sich eben entscheiden für ein Leben ohne Familie oder ein Leben ohne Beruf. Beides wird sehr schwierig. Wie kann man in diesem Bereich trotzdem überleben? Welche Mechanismen gibt es? Man kann sich als Kulturunternehmer/in positionieren, braucht dafür aber unbedingt persönliche und tragfähige Netzwerke. Das ist ein informeller Bereich. An den Schaltstellen sitzen zumeist Männer, Frauen haben hier wieder ein Problem, informelle Netzwerke aufzubauen. Frauen verfügen nicht in dem Maße über Netzwerke und informelle Mentoringsysteme, die schon sehr früh z.B. in der Ausbildung geknüpft werden, wie Männer. Es geht um Vernetzung mit Gatekeepern an Schlüsselpositionen wie Panel: Stilfeld „Klassik/zeitgenössische Musik” Veranstaltern, Verlegern etc. Ein Teil der kreativen Ressourcen fällt dann heraus. Die kompositorischen Erfolge der letzten Jahre sind eher auf ein Trotz-Allem als ein Wegen zurückzuführen, was die öffentlichen Förderungen und Arbeitsbedingungen betrifft. Hiermit komme ich zu einem ersten Abschluss. Paul Hertel: Vielen Dank. Netzwerke sind nicht nur Seilschaften aus der Studienzeit oder Verbindungen von Künstlern zu den Geldgebern, sondern, sehr wichtig, auch das Netzwerk der Künstler untereinander. Das ist der gewerkschaftliche Gedanke. Das gibt es bei den Komponisten aber nicht. Kurt Schwertsik hat mir einmal gesagt: „Jeder Komponist ist natürlich der Meinung, er ist der Beste.” Ich denke, dass der Beste mit dem Zweitbesten durchaus eine Seilschaft oder ein Netzwerk bilden könnte, um gegenüber dem Subventionsgeber aufzutreten. Das ist mein Beitrag zur Vision. Ich möchte jetzt Wolfgang Mitterer fragen, welche Veränderung des Musiklebens Sie gespürt haben seit 2000? Sie sind jemand, der viel machen darf und machen kann, auch international. Trotzdem müssen Sie einen Lehrauftrag haben. Wolfgang Mitterer: Jetzt nicht. Paul Hertel: Welche Maßnahmen wären aus Ihrer subjektiven Sicht wünschenswert? Wolfgang Mitterer: Aus meiner Sicht ist schon alles gesagt. Es gibt zu wenige Veranstalter und Kulturinitiativen, zu wenige Aufträge, zu wenige Jobs für alle. Ein junger Mensch zwischen 20 und 30 hat es enorm schwer, vor allem diese erste Hürde zu schaffen, 20.000 Euro zu erwirtschaften, um dann von 11.000 Euro leben zu können. Diese erste Hürde ist die schwierigste. Ohne Unterstützung von zu Hause geht es für die Jungen gar nicht. Die Jungen schließen sich sehr wohl zusammen, es gibt ja das große Feld „New Electronics” in der zeitgenössischen Musik mit neuen Labels, da tut sich sehr viel. Die machen die Vernetzung. Paul Hertel: Die Elektronikszene ist hier ein Vorbild, weil sie sich zusammenschließt und ein Stilfeld innerhalb der zeitgenössischen Musik bildet, das sich stark präsentiert. Wolfgang Mitterer: Das Problem in der klassischen Musik ist mit Sicherheit, dass fünf Millionen Musiker z.B. Bach interpretieren können aber keine fünf Klänge in diesem Idiom improvisieren. Hier ist ein Problem vorhanden. Nur weil ihre Lehrer und deren Lehrer usw. die Philosophie verbreitet haben, dass nur diese Art der Aufführungspraktik die richtige ist. Von Professoren hört man andauernd Sätze wie „Improvisieren - das brauchen wir nicht” oder „Improvisieren - das würde ich gerne können, aber das kann ich leider nicht”. Ich stelle folgende Utopie auf: Würde man an allen Schulen und Klassen verpflichtend Improvisation unterrichten, d.h. in der Volksschule, in der Musikschule, an Konservatorien und an der obersten Stelle, den Universitäten - also kein Geigenlehrer, der nicht auch im Stile Bachs improvisieren kann, keine Solokadenz, die nicht selbst erfunden ist, kein Kompositionsstudent, der nicht in vielen musikalischen Stilen improvisieren kann - entstünde eine gefestigtere Technik der MusikerInnen, ein tieferes Verständnis für die Musik, weniger Berührungsängste, mehr Netzwerke, viel mehr Gruppen und Bands. Es würde sich sehr schnell alles ändern. Die Leute würden miteinander improvisieren, und wir bräuchten kein Symposion „Kreativität und Pluralismus” mehr. Hier liegt das ganze Problem begraben, dass eben nicht musiziert und improvisiert wird. So wird sich nichts ändern. Man müsste so etwas ändern, das ist natürlich undurchführbar, Kollegen in den Unterricht schicken etc. Es gäbe weniger frustrierte Orchestermusiker, es ist ja bekannt, wie diese drauf sind: Die meisten legen ihr Instrument in der Pension zur Seite und spielen nie wieder. Es würde keine Kunstminister geben, die nicht mit ihrem Nachbarn ein kleines Liedchen klopfen usw. Das wäre eine Utopie in diese Richtung aus meiner Sicht. Der Rest wurde schon gesagt. Der Staat bietet Berufsbilder in Hochschulstudiengängen an, für die es nach dem Diplom keine Jobs gibt. Ich halte das nicht für richtig. Entweder schaffen wir das ab, oder wir schauen, dass das funktioniert. Wenn ich 16 Semester studiere, will ich nachher Jobs haben. Wo sind wir hier? Paul Hertel: Was sagen Sie Ihren Studenten zu dieser Frage? Wolfgang Mitterer: Ich habe schon vorher gesagt: Ich könnte im Monat zwei Interviews geben mit 20- bis 30-Jährigen, die mich unter dem Vorwand, ein Interview für ihre Seminararbeit in Musik, Soziologie 28 oder Kommunikationswissenschaften führen zu wollen, anrufen, und wissen wollen, wie geht es, wie kann ich mich etablieren. Es gibt kein Rezept dafür. Ich kann ihnen nur sagen, setze dich hin für fünf Jahre, übe acht Stunden täglich, und du wirst sehen, was passiert. Man kann nicht wissen, wie es geht, man muss schon etwas tun dafür. Ich zitiere mich selbst aus meinen Aufzeichnungen, die ich für heute vorbereitet habe: „Schulen, Theater und Konzerthäuser als Stätten des Wiederkauens alter Texte und Philosophien und längst bekannter Melodien - Inhalte einer Glaubensgemeinschaft von Vergangenheitsanbetern.” Es ist eine Glaubensgemeinschaft entstanden, die ihre Wahrheiten massiv beansprucht. Wir haben eine Menge Geld für diese Häuser hier, es gibt aber kein Geld, damit die Kompositionsklassen z.B. zehn Konzerte im Jahr haben, die zu den wenigen Veranstaltern hinführen. Die Universität müsste noch ein bisschen mehr Kapital bekommen, um in die Öffentlichkeit zu gehen und diese Schnittpunkte herzustellen. Für die Komponisten an der Schule wäre das sehr wichtig. 100.000 Euro für jeden Kompositionsprofessor für Aufführungen. Paul Hertel: Es ist ein Riesenproblem, dass sich jeder Künstler auch noch selber managen muss. Wolfgang Mitterer: Es gibt keine politische Euphorie für Kunst, das ist ja irgendwie logisch. Es ist gemütlicher, im Stuhl zu sitzen als Musik zu machen. Paul Hertel: Ich habe das Qualitätskriterium für Musiker herausgehört, dass sie improvisieren können sollen. Wolfgang Mitterer: Das war immer so bis vor hundert Jahren. Paul Hertel: Gestern wurde zufällig darüber diskutiert und dabei erwähnt, dass Gustav Mahler angeblich einer der erste Komponisten gewesen sei, die nicht mehr improvisieren konnten. Wolfgang Mitterer: Bartok konnte es noch sehr gut. Paul Hertel: Das ist eine Art Qualitätskriterium für den Musiker und dadurch auch für den Komponisten. Wolfgang Mitterer: Unbedingt. Ein Komponist, der nicht zuerst auf einem Instrument improvisiert, der muss Panel: Stilfeld „Klassik/zeitgenössische Musik” gleich das Erste aufschreiben. Paul Hertel: Haydn sagte, er improvisiere die ganze Zeit, und wenn dann etwas seiner Kompositionstechnik entsprechend in Richtung Harmonielehre gehe, dann schreibe er es auf. Ich gehe jetzt direkt weiter zu Christian Scheib, zum Qualitätskriterium habe ich nämlich etwas Interessantes gefunden. Herr Scheib ist Präsident des MICA, und in dessen Vereinszweck findet sich der Auftrag, ich zitiere: „zur Förderung international bekannter, in Österreich lebender KomponistInnen und die Förderung qualifizierter, in Österreich lebender MusikerInnen.” Es wird offenbar unterschieden zwischen Komponisten, die sowieso qualifiziert sind, und Musikern, die explizit qualifiziert sein müssen. Gibt es Qualitätskriterien für zeitgenössische Musik? Christian Scheib: Qualitätskriterien gibt es selbstverständlich, denn man kann sie schlicht und einfach aufstellen. Man braucht nur Kriterien dazu, und kann dann definieren, was Qualität ist und was nicht. Die Frage ist also nicht, ob es so etwas gibt, sondern, wer die Kriterien definiert. Das ist der Punkt, wie auch immer die Fachterminologie ist, z.B. Gate-KeepingPersons etc. Es gibt Qualität per se nicht, es gibt nur einen definierten Rahmen, innerhalb dessen dann jemand entscheidet, ob Musik da hineinfällt oder nicht. Das kann jetzt wie bei einem MICA-Lexikon ein sehr formalisierter Zugang sein. Es gibt Dinge, die das Teilnehmen an einem Musikleben beschreiben und eine gewisse gesellschaftliche und soziale Relevanz belegen, um in eine mit notwendigen Kriterien versehene Auswahl zu gelangen. Das hat überhaupt nichts mit Musikqualität zu tun. Ich möchte das trennen. Wenn wir jetzt über Kriterien und Qualitäten reden, dann ist das nur eine Frage der Absicht der definierten Kriterien, und dann gibt es ein Ergebnis. Das ist ganz einfach. Ich möchte bei dem ansetzen, was Wolfgang Mitterer vorhin gesagt hat. Ich finde es wunderbar, dass es um Musik ging in diesem Gespräch, auch im Zusammenhang mit dem Vormittag, der mit Distributions- und Technologiegesprächen vergangen ist. Wolfgang Mitterers Kritik war eine an den akademischen Ausbildungsstellen neben anderen Punkten. Es ist bezeichnend, dass sich in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren neue Rollenbilder entwickelt haben und mit ihnen soziale Mechanismen, die sich grundsätzlich von früher unterscheiden. Es gibt eine große Anzahl von Musikern und Komponisten, die nicht aus dem akademischen Ausbildungsfeld kommen, die in alltäglicher Weise improvisieren, Kooperationen eingehen. Das ist ein neueres Komponistenbild, und das Leben stellt sich für diese Künstler anders dar als für die, die eher dem althergebrachten, nur schreibenden Komponistenbild entsprechen, wo man zu 100 Prozent auf andere Interpreten angewiesen ist. In gewissen Bereichen wurde die Zusammenarbeit zwischen Komponisten in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren schon ganz anders gehandhabt als vor 25 Jahren. Es gibt jetzt bei den jungen Komponisten Versuche, sich gemeinsam zu organisieren, z.B. haben sich Studierende von Michael Jarrell vor ein paar Jahren zu einer Gruppe formiert. Das hilft schon, denn man organisiert Konzerte miteinander und füreinander und wird besser wahrgenommen. Das gibt es in diesem Bereich schon auch. Es ist klar, dass nur ganz wenige Leute ausschließlich von der Musik und dem Komponieren leben können, sie sind die Ausnahme, die die Regel bestätigen. Insofern stimmt, was wir bereits gehört haben. Als Szenebeobachter stelle ich fest, dass es ein wenig paradox zugeht. Es gibt gleichzeitig eine Vervielfachung von Aufführungsmöglichkeiten und tatsächlich stattfindenden Konzerten. Damals konnte man sich noch aussuchen, wann man die Konzerte mit experimenteller oder neuer oder zeitgenössischer Musik besuchen wollte, und ging dann hin. Heute könnte man in drei bis fünf Konzerte täglich gehen, wenn man stilistisch halbwegs offen ist. Es ist eine Vervielfachung des Musiklebens in der Stadt und am Land. Die Medien lasse ich einmal bei Seite, bei denen stimmt das auch, aber anders. Die Beobachtung dieser Phase ist sehr widersprüchlich in sich, weil auch regressive Elemente festzustellen sind, es mühsam ist etc. Statistisch gesehen bleibt es z.B. bei den sechs bis sieben Prozent Frauenanteil, obwohl viel aufgebaut wurde, und viel wieder verloren gegangen ist. Worauf ich hinaus möchte, ist: Der Hauptauftrag an die Kulturpolitik ist ein Aufrechterhalten von tragfähigen Strukturen, innerhalb derer sich wieder diskutierbare Kriterien und Mechanismen entwickeln. Die Netzwerke und selbstorganisierten Gruppen sollten nicht als neoliberale Einzelkämpfer begriffen und behandelt werden, sondern als Einheiten, die auf einer strukturellen Ebene unterstützt werden müssen. Das 29 Mühsame, Traurige und Niederschmetternde an der jetzigen Situation ist, dass man diskutieren muss, ob eine Struktur schon etwas Böses ist. Staatssekretär Morak propagierte einerseits den Einzelkämpferkünstler, der mit dem nötigen Talent ausgestattet überall hingelangt, und erklärte Filmverleihe für tot, Chiffre für alle Vermittlungsinstanzen. Eine Stunde später sagte der Staatssekretär andererseits, dass uns Distributionssysteme fehlten. Wie sich das gleichzeitig als kulturpolitisches Statement vertragen soll, ist mir völlig unklar, weil das eine die Opposition zum anderen darstellt. Bei unserer Bewusstseinsbildung, was man denn fordern soll von der Kulturpolitik, muss uns dieser Punkt sehr klar sein. Da ist etwas zu arbeiten. Paul Hertel: Empfinden wir es überhaupt als gewollt, dass Strukturen und Netzwerke entstehen? Ist unsere Subventionspolitik nicht eine, die den Einzelkämpfer forciert? Peter Paul Skrepek: Zunächst sagte Staatssekretär Morak, dass es Verteilungsstrukturen gibt, die nicht unter unserer Kontrolle sind. Die Filmverleiher sind z.B. hundertprozentig nicht unter der demokratischen Kontrolle derer, die hier leben. Es geht immer um die demokratische Kontrolle. Der Kollege Zimper sagte, dass er für den freien Wettbewerb eintritt. Mir kommt das so vor wie der kleine Fisch, der vor dem Hai schwimmt, welcher sich schon auf den Leckerbissen freut, und der kleine Fisch hält die Fahne hoch: „Für den freien Wettbewerb!” Und schon ist er weg. So kommt mir das vor. Eine Stunde später sagte Franz Morak, und das ist - ohne ihn verteidigen zu wollen - richtig: Wir brauchen unsere eigenen Vertriebswege, jene, die unter unserer Kontrolle sind. Weil wenn wir nicht selbst kontrollieren, sind wir endgültig weg vom Fenster. Hollywood hat kein Interesse an z.B. österreichischen Kurzfilmen, und seien sie noch so erfolgreich. So war das gemeint, und ich glaube, so stimmt das auch. Wenn von Strukturen die Rede ist, dann heißt das eigene, selbstbestimmte Strukturen, nicht oktroyierte. Wo dann die, die an den Universitäten unterrichten, aus eigenem Antrieb sagen: Jetzt mache ich eine Improvisation, weil das halte ich für wichtig, und das propagiere ich jetzt. Das Gegenteil ist ja leider der Fall, wie du völlig richtig analysiert hast - sehr treffend und humorvoll, leider sehr wahr. Panel: Stilfeld „Klassik/zeitgenössische Musik” Wolfgang Mitterer: Das wird so sterben. Peter Paul Skrepek: Das soll nicht sterben. Die Strukturdebatte meint nur, wir stellen uns auf die Füße und geben uns selbstbestimmt in einem demokratischen Prozess eine Struktur, die uns passt. Sonst hat niemand das Recht, das zu tun, nur wir selbst. Harald Huber: Ich möchte eine Gegenthese in den Raum stellen. Ich behaupte, dass es im Bereich der zeitgenössischen Musik in Österreich eigentlich sehr gut geht. Wir haben in keinem anderen Stilbereich eine dermaßen große Dichte an Vernetzung und Interessensvertretungen. Wir haben die IGNM, den ÖKB, die IGZM, die sich in vielfältigster Weise darum bemühen, dass diese Aufführungsdichte zu Stande kommt, und die die Drähte zu den Subventionsgebern unterhalten. Wir haben auf der anderen Seite einen Sender wie Ö1, wo viele Menschen beschäftigt sind, die sich um diese österreichische zeitgenössische Musik bemühen und versuchen, einen großen Anteil heimischen Repertoires zu erzielen. Wir haben im Ausbildungsbereich gewisse Aufbruchserscheinungen weg vom Bild, dass ein Komponist seinen strengen Satz, seine Choralsatz, seine Orchesterinstrumentierung nach Berlioz und die gesamte Tradition gelernt hat und darauf aufbauend noch Ferienkurse in Donaueschingen besucht. Paul Hertel: Bleiben wir bei der zeitgenössischen Musik in diesem Panel: Es gibt teilweise Netzwerke in der elektronischen Musik, bei den Frauen gibt es sie wenig, denn sonst würde sich etwas ändern. Gibt es Vernetzungen analog des Kugelmodells nach außen, also heraus aus dem eigenen Stilfeld hinsichtlich des Musikbusiness? Elisabeth Mayerhofer: Es gibt durchaus eine Offenheit und es gibt heute breitere Kooperationen. Das vorher erwähnte, traditionelle Komponistenbild ist aus der Sicht meiner Studien rückläufig. Probleme bei Kooperationen gibt es dann, wenn Institutionen ins Spiel kommen, die auf ein traditionelleres Komponistenbild abstellen. Da können Kooperationen zum Bumerang werden. Es geht um Strategien, wo sich jemand hinentwickeln will, und welche Möglichkeiten offen stehen. Christian Scheib: Ich sehe es anders als dieses Stilfeldmodell, ich glaube nämlich, dass diese Felder soziale sind und keine stilistischen. Das überschneidet sich natürlich zum Teil. Schon vor diesem ausdifferenzierten Modell von Harald Huber habe ich immer gesagt, dass es kein einziges musikalisch definierbares Kriterium gibt, das E- und U-Musikzuteilungen möglich macht. Das ist völlig unmöglich. Peter Rehberg ('pita') spielt sieben Minuten lang weißes Rauschen und glaubt, er ist Popmusiker. John Adams macht zehn Minuten lang CDur und glaubt, er ist E-Musiker. Alle Zuweisungen, wer in welchem Feld unterwegs ist, sind ausschließlich sozial: Wie organisiert man sich, wie definiert man sich, wo kommt man her, was für Erwartungshaltungen, Berufsfelder, Perspektiven hat man? Insofern tue ich mich immer ein bisschen schwer mit Modellen, die zwar unserer Wahrnehmung der Wirklichkeit entsprechen, sich aber immer noch an musikalisch gehörten Kriterien orientieren und dort nach Verbindungs- und Verknüpfungswegen suchen, die es natürlich gibt. Natürlich gibt es unendlich viele Verknüpfungen, Überschneidungen und bewusste Partnerschaften über das hinweg, was hier Stilfeld heißt. Der gemeinsame Nenner für Partnerschaften kann bloße Neugier oder ein Auftrag eines Festivalveranstalters sein. Gründe können eigene Motivation oder das Reagieren auf Trends sein, aber das ist eigentlich sekundär. Es passiert und in verschiedensten Formen mit verschiedensten Ergebnissen welcher Qualität auch immer. Das Spannendere ist, wie geht welche soziale Gemeinschaft von Musikschaffenden mit diesen neuen Herausforderungen um, mit diesen neuen Berufsbildern und den voneinander verschiedenen Selbstverständnissen. Die überschneiden und vernetzen sich auch mittlerweile. Ich glaube nicht, dass man es daran erkennen kann, ob da mehr oder weniger Samba dabei ist. Insofern unterscheidet sich mein Bild, das ich davon im Kopf habe. Paul Hertel: Wir sind aus der Theorie wieder in der Praxis, der Musik. Aber es ist nicht so, wie Harald Huber sagte, dass es der zeitgenössischen Musik so gut geht, dass sich die Rockmusiker anhängen. Christian Scheib: Ich glaube schon, dass es den E-Musik-Komponisten mit allen sozialen Stilfeldern rundherum mit Widerstandsstacheln in der Musik medial besser geht als den Rockmusikern. 30 Wolfgang Mitterer: Ja, medial, das war es aber schon. Christian Scheib: Nur medial. Paul Hertel: Wie wird das subjektiv empfunden, was Harald Huber gesagt hat? Wolfgang Mitterer: Die IGNM macht ihre paar Künstler, der Komponistenbund macht seine paar Künstler, und so ist es eben überall. Das ist aber nicht mehr, es gibt da kein Netz. Das sind Relikte von früher, und das steht alles. Es sind keine Budgets da. Musikschulen, Musikkapellen und die Staatsoper werden gefördert, die freie Szene wird nicht mehr vom Staat gefördert, und das ist das Problem. Wo kein Geld da ist, sind keine Jobs, und ist nichts los. Das ist nicht so schwierig zu verstehen. Paul Hertel: Haben persönliche Netzwerke und Kooperationen über das Stilfeld hinaus geholfen, Musik besser unter die Leute zu bringen und gegenüber Medien oder Plattenfirmen stärker aufzutreten? Wolfgang Mitterer: Ich glaube schon, nur in meinem Berufsfeld zählt das fast nicht. In der zeitgenössischen Musik zählen nur Bekanntschaften. Dass jemand dich hört und dann anruft, um eine Komposition zu bekommen, das kommt nicht vor. Wenn ich anrufe, will der sicher nichts von mir. Man kann heute nicht sagen, ich rufe 200 Festivals an und habe dann 100 Jobs, das geht nicht. Das ist das große Problem. Die Programmmacher sind mittlerweile Komponisten, stellen ihr Programm künstlerisch zusammen. Wenn der nicht auf die Idee kommt, dich haben zu wollen, dann passiert es nicht. Es ist viel schwerer als früher. Noch in den achtziger und neunziger Jahren konnte man bei Kulturinitiativen im ganzen Land den einen oder anderen Schilling verdienen. Die konnte man anrufen, und dann kam es zu Jobs. Das hat sich schon sehr verschoben. Ich spreche nicht nur von Komponisten, sondern auch von Musikern. Christian Scheib: Der Grund, dass Programmmacher eine innere Logik oder künstlerische Wertigkeit ihres Programms wollen, liegt nicht im Anspruch Künstler sein zu wollen. Vielmehr stehen Festivals wie z.B. „Wien modern” aus Wahrnehmungsgründen unter Druck, müssen eine eigene Identität auf dem Markt entwickeln. Der Titel „Festival für Neue Panel: Stilfeld „Klassik/zeitgenössische Musik” Musik” reicht nicht mehr. Ein anderer Mehrwert muss gefunden werden. Diesen kann nur der Programmgestalter kreieren: Heuer passt dies oder das aus ganz bestimmten Gründen, nächstes Jahr vielleicht schon wieder nicht. Es geht nicht mehr um das bloße Präsentieren von Musik, sondern immer um das Erzeugen von manchmal echten, manchmal nur vorgetäuschten weiteren Sinnebenen und Bedeutungseinheiten. Das ist aber ein ökonomisches Problem. Wolfgang Mitterer: Es gibt die Netzwerke, sie hören genau dort auf, wo sie sind. Für die Komponisten spielt das keine Rolle mehr. Das ist das Problem. Paul Hertel: Außer sie organisieren sich selber in einer größeren Gruppe. Die Interessensvertretungen arbeiten so. Ich glaube nicht, dass es kein kreativer Akt der Programmmacher ist, natürlich besteht ein Sachzwang. In der bildenden Kunst haben wir das Phänomen, dass der Kurator oder Ausstellungsmacher größer steht als diejenigen, die ausgestellt werden. Ich könnte mir vorstellen, dass das in der Musik auch ein Trend werden wird. In der Unterhaltungsmusik ist es schon so weit, dass man nur mehr den Interpreten und nicht mehr den Komponisten kennt, in der E-Musik, in der Klassik hat das Karajan begonnen, dass am Plakat und am Tonträger groß Karajan stand und irgendwo klein Mozart und Beethoven. Harald Huber: Ich empfinde die Frage sehr interessant, wie welche soziale Gemeinschaft mit neuen Herausforderungen umgeht. Den Vormittag mitnehmend: Wenn herkömmliche Distributionssysteme in die Krise geraten, was kann an ihre Stelle treten? Mir ist es wichtig und wertvoll, wenn jemand als Künstler eine klare Positionierung trifft, z.B. in der Tradition der postseriellen Musik arbeiten möchte, neue Funktionsfelder von Musik einbeziehend. Welche Alternativen hat er zum Einzelkämpfertum, wenn ein Vertrag mit einer Schallplattenfirma in weite Ferne rückt, weil kein Interesse mehr besteht? Wo haben wir da eine Perspektive? Was könnten wir strukturell einem solchen Komponisten anbieten? Elisabeth Mayerhofer: Es gibt einerseits die informellen, persönlichen Netzwerke und andererseits die formalisierten Netzwerke. Networking braucht Ressourcen, Zeit und Geld. Entweder verhungern Netzwerke oder sie bekommen diese Ressourcen, dann erst können sie eine gewisse Schlagkraft entwickeln, um in weiterer Folge für das ganze Feld etwas zu bewirken. Sonst bleiben Netzwerke individualisiert und für den individuellen Nutzen. Paul Hertel: Jedes Netzwerk braucht einen potenten Partner oder Netzwerkteilnehmer, sonst verkommt es zu einer Biertischlarmoyanz, wo man sich gegenseitig anjammert, wie schlimm alles ist. Ich bin froh, dass die persönliche Larmoyanz draußen geblieben ist. Als Schlussrunde möchte ich fragen, was Sie an persönlichen Ideen und Visionen für Zusammenschlüsse in Netzwerken haben, um in der tristen Situation überhaupt noch etwas zu machen? Elisabeth Mayerhofer: Es geht um eine Stützung und Formalisierung der vorhandenen Netzwerke, die einen klaren kulturpolitischen Willen haben weg von der Individualisierung. Nur so wird es möglich sein, eine kritische Masse auf die Waage zu bringen, um etwas durchzubringen. Man muss natürlich wissen, was. Paul Hertel: Das machen Sie persönlich in Ihren Netzwerken auch so? Elisabeth Mayerhofer: In den wissenschaftlichen Netzwerken, denen ich angehöre, ja. Ein zweiter Knackpunkt ist die Ausbildung. Da formiert sich einerseits das soziale Umfeld, das enorm wichtig ist für eine professionelle Laufbahn, und andererseits das künstlerische Umfeld. Angesichts der aktuellen Situation der Kunstuniversitäten bin ich relativ skeptisch, wie es hier weitergehen wird, wie es hier möglich sein wird, die Qualität zu halten bzw. das Ganze innovativ aufzubrechen. Hier müssen Ressourcen hinein in den institutionalisierten Bereich der Ausbildung Wolfgang Mitterer: Mehr Budgets für Konzerte an den Schulen, das würde schon einiges verändern. Mein persönlicher Beitrag: Ich habe gerade zwei Jarrell-Kompositionsstudenten das Geld für ihre Studiengebühren geliehen. Die Realität ist nicht lustig für die Leute zwischen 20 und 30. Paul Hertel: Man müsste den Studenten in der Ausbildung das Rüstwerk für Netzwerke, Zusammenarbeit, Zusammenschlüsse und für die Vision geben. Elisabeth Mayerhofer: Es geht nicht 31 darum, als Genius von der Musikuniversität abzugehen, sondern darum, dass sich alles in einem sozialen Feld abspielt. Es geht nicht um wunderbare Qualität und das anschließende Groß- und Berühmt-Werden. Diese Illusion gehört abgebaut, schwirrt aber noch immer an den Musikuniversitäten umher. Paul Hertel: Christian Scheib ist Teil eines großen Netzwerkes. Was ist die positive Vision, wie sich Dinge verbessern könnten? Christian Scheib: Anlehnungskontext, eine Begriff den ich von Peter Tschmuck habe, meint, dass Neue Musik dann funktioniert, wenn sie eine Funktion für einen bestimmten Teil der Gesellschaft hat. Das muss nicht heißen, dass dieser Teil der Gesellschaft täglich auf das neue Stück wartet, muss aber heißen, dass die Musik für eine kleine oder große Gruppe eine Funktion hat. Das kann die nächste Noise-Attacke im Rhiz sein, die das Bedürfnis einer Gruppe stillt. Wenn das RSO-Orchester das neue Cerha-Requiem uraufführt, und der Konzerthaussaal ist voll, dann zeigt das, dass es einen Anlehnungskontext für jede Art von neuen Musiken gibt, in dem es funktioniert, was nicht immer der Fall ist. Es geht auf jeden Fall nur so. Paul Hertel: Das ist das große Spezialisieren. Wenn im Rundfunk angerufen wird, und es gibt ein großes Bedürfnis für ein bestimmtes Stück egal welchen Stils, dann wird das auch befriedigt? Christian Scheib: Dann wird es zumindest die Aufmerksamkeit von einigen Leuten im Rundfunk erregen, was denn da los ist. Dann wird man nachdenken oder nachforschen, und dann wird es sicher irgendeine Art von Effekt haben, ganz sicher. Paul Hertel: Das ist schön, das möchte ich dann so dokumentiert haben. Ich würde mich freuen, wenn das wirklich so ist. Die Bedürfnisse des Publikums müssen zukünftig in die Programmgestaltung in Rundfunk und Konzertbetrieb einfließen. Das Netzwerk muss auf das Publikum ausgedehnt werden, man muss auf das Publikum zugehen. Aufgrund der mangelnden Information gibt es eine Publikumsproblematik in der zeitgenössischen Musik. Harald Huber: Eine Frage an Christian Scheib als MICA- Panel: Stilfeld „Klassik/zeitgenössische Musik” Präsidenten: Was könnten alternative Distributionsmöglichkeiten sein? Kann man es so formulieren, dass wir heute in einer Zeit leben, wo es einen Konkurrenzkampf gibt, wer die durchschlagskräftigste Internetplattform macht? Ist es die Politik des MICA, sich in diesem Konkurrenzkampf für heimische Musik zu positionieren? Christian Scheib: Alles, was man tut, ist ein Konkurrenzkampf, ob man will oder nicht. Das MICA hat eine dienende (Service, Information, Promotion), nicht kommerzielle Funktion und steht mit seinem legalen Downloadservice nicht in Konkurrenz zu den Angeboten der Plattenfirmen, die Geld verdienen wollen. Paul Hertel: Das MICA könnte die Lücke, die die Internetplattformen beim österreichischen Repertoire offen lassen, schließen!? Christian Scheib: Das ist auch die Idee dabei, über alle Stilgrenzen hinweg. Das wird bereits vorgestellt. Paul Hertel: Hier kann jeder Österreicher hineinladen, was er bereits digitalisiert hat. Das klingt doch gut. Ich bedanke mich, und wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag. Jetzt um 14.30 Uhr folgt das Konzert mit Elfi Aichinger. Performance: Elfi Aichinger Trio 32 33 PANEL: STILFELD „JAZZ/ IMPROVISIERTE MUSIK” Harald Huber: Herzlich willkommen zum zweiten Panel des heutigen Nachmittags, der sich mit Jazz und improvisierter Musik in Österreich beschäftigt. Wir haben kompetente und initiative Persönlichkeiten aus dem Veranstalter- und Kreativbereich auf dem Podium. Ich darf Christoph Huber vom Porgy & Bess begrüßen, Fritz Thom, Organisator des Jazz Fest Wien und Ines Reiger, Sängerin, Komponistin, Pädagogin. Wolfgang Puschnig, der sich für die heutige Veranstaltung entschuldigen lässt, hat für unser heutiges Gespräch einen Beitrag übermittelt, nämlich eine Analyse von Wulf Müller, Universal Music London, dass es dem Jazz in der Zeit vom Jahr 2000 bis zur Gegenwart im Tonträgerbereich verhältnismäßig besser ergangen ist als anderen Musikrichtungen. Jazz wäre demnach ein Nischensegment, das sich behauptet und in den Tonträgerverkäufen nicht rückläufig ist. Wulf Müller schreibt: „2001 in einem Weltmusikmarkt, der um 10% niedriger war als im Jahr davor, hatte der Jazz innerhalb der Universal Company einen Zuwachs von 10% in den USA. Auch andere Labels wie ECM oder ENJA hatten Zuwächse. Im Jahr 2002 verzeichnete der Jazz innerhalb unserer Firma einen Zuwachs von 20% außerhalb der USA. Auch andere Labels hatten Zuwächse, jedoch geringere. Wir verzeichneten unsere Verbesserung durch gute Katalogarbeit und Zuwächse beim europäischen Jazz. 2003 war ein kleiner Rückgang, der mit der Veröffentlichungsverschiebung der Diana Krall-Produktion ins Jahr 2004 begründet werden kann. Ansonsten waren die Umsätze stabil im Vergleich zum Vorjahr. Für 2004 ist der Ausblick positiv, wir erwarten weitere Zuwächse. Weltweit hält die Sparte Jazz ca. 3% (Schätzung) des gesamten Musikmarktes. Genaue Zahlen, wie groß der Jazzmarkt wirklich ist, gibt es nicht, da Jazz-Sales in den meisten Märkten nicht gesondert ausgewiesen werden.” Bitte um Ihre vorbereiteten Statements und um Stellungnahmen zu diesem Beitrag von Wulf Müller. Christoph Huber: Allgemein würde ich sagen, dass es dem Jazz gut geht, es keinen Grund zum Jammern gibt. Jazz ist eine Musikform, die eine spannende gesellschaftliche Akzeptanz hat. Man kann mit dieser Begrifflichkeit ja mittlerweile Autos, Parfüms und Unterhosen verkaufen. Das deutet auf eine breite Akzeptanz, was den Imagefaktor betrifft. Ob diese 3% von Wulf Müller stimmen, kann man nicht sagen. Oft wurde auch der Wert 1% kommuniziert, Japan etwas höher. Bezogen auf das Porgy & Bess sprechen wir offensichtlich ein recht großes Publikum an, wobei die Frage ist, was denn alles unter Jazz firmiert. Das ist eine Definitionsfrage, die wir im Porgy & Bess sehr pluralistisch beantworten, weil wir Jazz mehr als Haltung denn als Stilform empfinden. Wir dringen auch in Randbereiche wie elektronische Musik, zeitgenössische Musik und Weltmusik vor. Kulturpolitisch schlägt sich die Wertigkeit und Bedeutung des Jazz eine der großen Neuerungen im 20. Jahrhundert - eher nicht nieder. Man darf durchaus polemisch anmerken, dass 90% des Kulturbudgets von Haus aus fix vergeben sind, und sich um den verbliebenen Anteil 90% der Szene streiten. Da bleibt nicht viel über. Was man diskutieren muss, ist, in welcher Form man eine Deklarierung der Kulturpolitik einfordern kann, das ist etwas ganz Wesentliches. Prozentsätze und Zahlen interessieren mich normalerweise nicht, einen Wert wüsste ich aber sehr gerne: „Mit wie viel öffentlichem Geld in unterschiedlichen Institutionen wird eine Karte gestützt?” Hier könnte man sehen, dass es zu - meiner Meinung nach eklatanten Ungerechtigkeiten kommt. Das Verteilungssystem stimmt nicht, was wiederum am Fehlen eines richtigen Konzeptes liegt. Harald Huber: Das Porgy & Bess kann als Beispiel gelten, wie öffentliche Gelder gut angelegt werden und die Veranstalterszene sehr bereichern können. Das Porgy & Bess ist ein Fixfaktor, wenn ich daran denke, wo unsere Studierenden den Mittwoch Abend verbringen. Kann man von einer Erfolgsgeschichte sprechen, die der österreichische Jazz in den letzten Jahren zu verzeichnen hat? Christoph Huber: Es hat sich einiges bewegt und für die heimische Szene verändert. Zu diesem Thema wäre es besser, mit Vertretern der Szene zu sprechen. MusikerInnen behaupten, dass unser Club zu den besten in Europa zählt, auch bezüglich der Programmierung erhalten wir Akzeptanz. Das ist nicht von heute auf morgen gewachsen. Das Porgy & Bess gibt es nun seit zehn Jahren. Es hat lange gebraucht, bis es überhaupt einmal wahrgenommen wurde. Zu Beginn der Konzerte war nur eine Hand voll Menschen im Publikum. Den heutigen Status haben wir durch kontinuierliches Arbeiten und durch die Förderungen der öffentlichen Hand erreichen können. Die Subventionsunterstützung würden wir uns aber höher wünschen. Wir bekommen 9% unseres Gesamtbudgets vom Bund und 9% von der Stadt Wien. Wir müssen also 82% unseres Budgets selber lukrieren (Eintrittsgelder, Sponsoren, externe Saalvermietungen). In den letzten zehn Jahren wurde der kulturpolitische Grundsatz verlassen, dass sich der Staat um die Freiheit der Kunst zu kümmern habe. Es geht daher jetzt um die Frage, wie man sich das kulturpolitisch vorstellt. Es geht weiters um die Schaffung von entsprechenden Rahmenbedingungen, wenn sich nun die Wirtschaft um die Freiheit der Kunst kümmern soll, d.h. Adaptierungen im Sponsoringgesetz, wie wir sie im Sportbereich haben, der bei uns immer früher dran ist als die Kultur, die seit den letzten 25 Jahren nur diskutiert. Wenn die öffentliche Hand aus der kulturpolitischen Verantwortung genommen werden soll, dann müssen entsprechende Grundbedingungen geschaffen werden. Die steuerliche Absetzbarkeit von Kultursponsoringgeldern ist Finanzminister Grasser sicher nicht recht. Darum kann sich Staatssekretär Morak in dieser Frage auch nicht durchsetzen. Insgesamt muss ein Bewusstsein für Kultursposoring in der Wirtschaft geschaffen werden. Die Gefahr einer Vereinnahmung bleibt natürlich immer bestehen. Harald Huber: Ich bitte Fritz Thom um sein einleitendes Statement. Fritz Thom: Was Du, Christoph, nicht so deutlich sagen wolltest bzw. durftest: Das Porgy & Bess ist eine Panel: Stilfeld „Jazz/improvisierte Musik” hervorragende Institution, ein Beispiel für bestens angelegtes Geld und eine Bereicherung des kulturellen Lebens in Wien. Wichtig ist festzuhalten, dass so ein Erfolg immer von Einzelpersonen abhängt. Nicht nur das Programm, sondern auch die Finanzierung des Porgy & Bess sind eine Meisterleistung. Ich habe vor 30 Jahren begonnen, meine ersten Jazzkonzerte zu veranstalten. 1976 war mein erstes Jazzfestival in Wiesen, ich habe das Format des Jazzfestivals nach Österreich gebracht. Ich möchte aus dieser Sicht eine Perspektive eröffnen. Bis 1979 war keine mediale Aufmerksamkeit gegeben, zu Beginn nur Hardcore Fans in Wiesen. Ich habe dann drei Jahre in Velden ein Jazzfestival veranstaltet. Mit dem dortigen mondänen Flair wurde es auch für die Medien und das Publikum interessant. Wir mussten Schluss machen, weil das Besucherinteresse zu groß geworden ist. Von 1981, wieder in Wiesen und umgetauft in „Jazzfest Wiesen”, ging es bergauf. Ich habe auch verschiedene andere Formate probiert, z.B. zwei Jahre lang in Hollabrunn mit mehreren Bühnen auf einem kleinen Messegelände. 1991 habe ich dann das Jazz Fest Wien gestartet. Ich hatte mir davor überlegt, mit besonderen Schauplätzen dem Publikum einen Mehrwert zu bieten. Bis dahin fand ich, dass Publikum-Sein aufgrund der schwierigen Verhältnisse bei den Festivals (Eintrittspreis, Hitze, Parkplatz, Anstellen) der härteste Job war. Ich habe daher im Musikverein begonnen, Jazzkonzerte zu veranstalten. Begonnen habe ich immer mit Keith Jarrett, der in beiden Welten Akzeptanz und Publikum hatte. 1991 spielte er dann erstmalig in der Staatsoper, was ich über ein Jahr lang vorbereitet hatte. In ganz Österreich hat sich ab meinem Beginn 1976 eine Festivalszene entwickelt. Mit den Kollegen in Saalfelden war ich stets in Kontakt, z.B. mit Peter Tschulnigg, dem Festivalgünder (1978) in Saalfelden. Ihn habe ich bookingmäßig mit z.B. Cecil Taylor und Leroy Jenkins unterstützt. Wir haben eine breite Palette von Jazzfestivals in Österreich: Nickelsdorf, Wiesen, Villach, Saalfelden u.a. Ich habe in meiner Programmierung immer eine breite Angebotspalette verfolgt, musste mir daher auch immer Kritik („Das ist ja kein Jazz!”) anhören. Mit dem heutigen Status bin ich sehr zufrieden. Das beispielgebende und federführende Moers Festival unter Burkhard Henning war einmal Avantgarde, hat aber auch gemeinsam mit vielen Musikern einen Schwenk in tanzbarere und stärker rhythmusbezogene Gefilde vollzogen. „Laufjazz” hieß das Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre. Das Format der Jazzfestivals gibt es seit 50 Jahren, das New Port Jazz Festival feiert heuer sein 50-jähriges Bestehen, früh gab es auch schon das Monterey Jazz Festival in Kalifornien. International hat sich mit den Festivals ein Moloch im positivsten Sinne entwickelt. Eine Untersuchung zeigt, dass es in Westeuropa um die 1.500 Jazzfestivals gibt, in Osteuropa rund 300. Wir haben es mit einem maßgeblichen Faktor im ganzen Kulturleben zu tun. Internationales Networking ist für mich wichtig. Bereits seit 1982 pflege ich internationale Partnerschaften und Informationsaustausch. Ende der achtziger Jahre mündete das in die Gründung der European Jazz Festival Organisation (EJFO) und der International Jazz Festival Organisation (IJFO), deren Vorsitz ich inne habe, um uns international zu verknüpfen und unseren Platz zu finden, auch was den Jazz im riesigen Apparat der weltweiten Tonträgerindustrie betrifft. Abschließend möchte ich betonen, dass ich mich freue, dass der Jazz aus der engen Mainstreamschublade befreit wurde und sich mit verwandten Genres verbindet. Jazz ist ein Laboratorium für die Popmusik wie schon Joachim-Ernst Behrendt gesagt hat. Die neuen Strömungen, die jene zweistelligen Zuwächse im Jazztonträgerverkauf ausmachen (Jamie Cullum, Peter Cincotti, Matt Dusk, Stacy Kent, usw.) sind aus meiner Sicht mehr als nur ein psychologisches Moment. Harald Huber: Wo bleiben die österreichischen Musiker bei den heimischen Jazzfestivals, wo gibt es Nachwuchsförderung? Fritz Thom: Unser Österreicheranteil beim Jazz Fest Wien - und das ist international beispielgebend - liegt bei 22-25%. Heuer 2004 liegen wir bei 56%, was durch einen großen heimischen Gospelchor bedingt ist, der so schätzungsweise 20% ausmacht. Wir wollten nie ein Ghetto für heimische Musiker schaffen, sondern präsentieren sie z.B. in Doppelkonzerten mit internationalen Kollegen. Zusätzlich haben wir, weil wir fast ausschließlich Männer im Programm hatten, das Gewinnerensemble des von der IAJE (International Association for Jazz Education) initiierten Wettbewerbs „Sisters in Jazz” zwei Jahre lang im Rahmen des Jazzfests und bei Aktionen (Konzerte, Panels, Diskussionen im öffentlichen 34 Raum) mit unserem Sponsor „Amadeus” präsentiert. Weiters veranstalten wir seit fünf bis sechs Jahren ein für das Publikum kostenloses Open Air Konzert bei der Fernwärme, um Musik im öffentlichen Raum zu präsentieren, das sind dann nicht reine Jazzkonzerte. Wir wollen damit neues Publikum mit dem Jazz Fest Wien in Kontakt bringen. Für den Sponsor Fernwärme ist es ein B2BProjekt. Seit drei Jahren verlangen wir zwei Euro Eintritt, und speisen mit dem Geld einen Fonds, der mit dem MICA als Partner einen Wettbewerb für österreichische Newcomer ausrichtet. Das Martin Reiter Trio konnte als Gewinner dadurch in weiterer Folge auf neun bis zehn internationalen Festivals unserer Partnerorganisationen der IJFO auftreten. Heuer gewann die Gruppe „Kelomat” den Wettbewerb. Heuer machen wir mit dem MICA zwei Abende im Reigen, wo vier heimische Newcomerbands präsentieren werden, und wir diese dann in unser internationales Netzwerk hineinbringen werden. Wir probieren auf jeden Fall, möglichst viele in das Festival integrierte Plattformen bereit zu stellen. Diesen Weg werden wir weiter gehen. Harald Huber: Der Live-Sektor hat über keinen Rückgang zu klagen im Gegensatz zu Problemen im Tonträgerbereich. Was könnten Maßnahmen und Förderrichtlinien im Stilfeld „Jazz, improvisierte Musik” sein, die wir an die Kulturpolitik herantragen. Wie nimmt sich die Situation aus der Sicht einer österreichischen Jazzmusikerin aus? Ines Reiger: Ich spreche jetzt nicht nur für mich, sondern auch für die ca. 500 MusikerInnen, die ich jährlich betreue in der Ausbildung und bei Workshops. MusikerInnen mittleren Alters fallen in der Ausbildungs- bzw. Förderungsstruktur oft durch den Rost, weil in einer Zeit des Jugendwahns die Vorgabe des Jung-Seins auch in unserem Genre nicht halt macht. Die ersten Schritte für junge MusikerInnen sind zumeist LiveAuftritte in Konzertcafes, wie es sie in Wien gibt. Wenn der Freundeskreis nicht aktiviert bzw. in weiterer Folge kein neues Publikum erreicht werden kann, dann sind diese Lokale leer, und die jungen Künstler könnten genauso gut zu Hause auftreten. Das mediale Interesse einschließlich ORF ist gering. Daneben haben wir eine unglaublich große Fülle an Ausbildungsstätten und -möglichkeiten wie Universitäten, Konservatorien, Panel: Stilfeld „Jazz/improvisierte Musik” Musikschulen, Seminare und Workshops. Man kann ausgehend von dieser Tatsache hochrechnen, wie viele talentierte MusikerInnen es gibt. Die Spitze ist breiter geworden und das gute Mittelfeld enorm angewachsen. Zum Teil gibt es sehr innovative Leute, die viel auszusagen haben. Was macht also ein Musiker? Er kann als Mehrfachinstrumentalist (Saxophone, Flöte, Klarinette) ein Dasein bei den Vereinigten Bühnen fristen und sich in die Warteschleife bei angesehenen Jazzclubs begeben wie z.B. dem Porgy & Bess. Es ist ein mühsamer Weg. Man müsste in der Ausbildung vermehrt auf Kulturmanagement und Vermarktung hinweisen, denn ohne Vermarktung geht gar nichts mehr. Das Publikum unterscheidet z.B. zwischen Jazz und Jazz nicht, sondern das Publikum geht zu den Künstlern hin, die in den Medien gut beschrieben sind. Ich habe am Samstag „Musikantenstadl” gesehen und die Begeisterung des Publikums, auch mit Karl Moik und Freddy Quinn im Bild zu sein. Ich glaube, man könnte dort alles präsentieren, solange es im Rahmen des Stadls stattfindet. Die Sendung ist jedenfalls eine der wenigen verbliebenen Podien, wo man Musik - zwar nicht live - präsentieren kann. Sonst fällt mit nicht viel ein im ORF, außer zu Zeiten, wo keiner mehr wach ist, das drückt dann natürlich die Quote und die Sendung fällt aus dem Programm. Im Radio gibt es natürlich Ö1. Dann sind da die großen Festivals und zwischen diesen und den kleinen Möglichkeiten eine riesige Kluft. Die breite Masse der Künstler weiß nicht, wie sie in eine internationale Vernetzung hineinkommen, wie sie sich vermarkten können, bzw. haben sie die Zeit dafür nicht, und sind oft für Nachwuchsförderungen zu alt. Von diesen MusikerInnen gibt es sehr viele. Ich mache jedes Jahr ca. 40 Workshops nur für SängerInnen, daneben gibt es noch die Instrumentalisten - ich weiß nicht, wo sie alle hin sollen. Als Lehrer bin ich froh, genug Arbeit zu haben. Als Musiker ist man froh, konzertant in einem kleinen Club spielen zu dürfen. Da geht es dann nicht ums Geld, sondern ums Image. Der Nachteil, als heimischer Künstler nicht so viel wert zu sein wie ausländische, ist vorhanden, gilt aber wahrscheinlich auch für die Schweiz oder Deutschland. Daher fahre ich als Künstlerin sehr viel ins Ausland, denn dort bin ich ein Exot. Das gilt umgekehrt für ausländische MusikerInnen, die in Österreich auftreten. Das ist bereits ein anderes Level, ich möchte auch gar nicht jammern. Was kann man für diejenigen tun, die nicht die Möglichkeit haben, im Porgy & Bess aufzutreten? Bei Axel Melhardt haben viele Gruppen schon aus stilistischen Gründen keine Chance aufzutreten. Ich habe unlängst in Eigeninitiative meinen privaten Jazzclub gegründet, mein heiß erspartes Geld in einen kleinen Raum mit Bühne investiert. Junge MusikerInnen müssen sich über eine längere Zeit entwickeln können, bei mir können sie auftreten und erhalten die Möglichkeit zu spielen. Das ist mein Beitrag an die Jungen und Alten, die sich berufen fühlen. Mein Wunsch wäre ein Sponsorgesetz, durch das sich Private es leisten könnten, jemanden zu fördern - wenn schon nicht aus Idealismus, dann aus Gründen steuerlicher Absetzbarkeit. In der Regel finanzieren sich MusikerInnen eine CD-Produktion selber. Das Produkt fungiert als Status Quo der künstlerischen Entwicklung. Mit dieser Visitkarte geht man dann hausieren. Im Porgy & Bess habe ich es nicht geschafft, einen Auftritt zu bekommen. Wie soll das dann meinen Schülern gelingen? Herr Krassnitzer hat mir auf eine Bewerbung geantwortet: „Warum soll ich Sie nehmen, es gibt so viele in Österreich.” Das kann frustrierend sein. Das soll man als Lehrer den Schülern aber nicht weitergeben. Der Anspruch an den Lehrer besteht aber auch in der Verpflichtung, konzertant tätig zu sein. Wo bleibt die große Masse der jungen und bereits etablierten Musiker? Harald Huber: Wir haben im Bereich Jazz also viel in die Ausbildung investiert, Nachwuchsförderung betrieben. An jedem Landeskonservatorium und in vielen Musikschulen gibt es Jazzabteilungen, in Ostösterreich noch besser als in Westösterreich. Die vorhandenen Veranstalter und Labelbetreiber können den Bedarf dieser ausgebildeten MusikerInnen aber nicht decken. Falls der Staat aus seiner Pflicht entlassen werden soll, welche Rahmenbedingungen müssen dann für Veranstalter und Labelbetreiber geschaffen werden? Wie müssten die Eckpunkte für ein dieser neuen Situation entsprechendes Sponsoringgesetz aussehen? Christoph Huber: Es geht nicht darum, den Staat aus seiner Verantwortung zu entlassen, denn diese Verantwortung besteht und muss bestehen bleiben. In der Zeit sinkender Budgets, die das Arbeiten 35 fast nicht mehr ermöglichen, muss ein Alternativkonzept von der Kulturpolitik präsentiert werden. Bisher war nur zu hören, dass sich der Kulturbereich Sponsoren suchen soll. Das ist langweilig, denn das diskutieren wir seit fünf Jahren, gleichzeitig bewegt sich nichts. Der Kulturbereich findet heraus, wie extrem schwierig es ist, Sponsoren zu finden und diese auch zufrieden zu stellen, denn der Sponsor ist nicht einfach ein Gönner, sondern möchte etwas haben für seinen finanziellen Beitrag. Hätten wir eine Kooperation mit einem Major Label, dann will diese Firma, dass ihre Künstler bei uns auftreten. Das führt schnell zu einem Interessenskonflikt. Für mich ist Sponsoring daher überhaupt kein Allheilmittel. Wenn aber schon darüber diskutiert wird, dann müssen wenigstens die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Sponsoring überhaupt möglich wird. Momentan haben wir die absurde Situation, dass man aufgefordert wird, Sponsorships einzugehen, aber niemand sagen kann, ob dieses Engagement dann auch steuerlich absetzbar ist. Es fehlt eine klare Aussage der Kulturpolitik. Diese muss eingefordert werden. Es muss kommuniziert und Druck ausgeübt werden. Die gemeinsame Stimme fehlt, denn es gibt zwar unglaublich viele Strukturen (IG Jazz, Austrian Music Office, IG Kultur, MICA, Arbeitsgemeinschaften und Interessensverbände), die verzetteln sich aber in ihren Einzelinteressen. Wer koordiniert das? Mein Vorschlag ist seit Jahren das MICA, denn das hat Strukturen, wird aber finanziell leider auch beschnitten. Dann muss für breite Interessen, die sowohl Musiker, Veranstalter, Festivalveranstalter, Lehrer, Schüler berücksichtigen, mit Hilfe eines Forderungskataloges Lobbying gemacht werden. Ines Reiger: Das finde ich sehr gut. Es muss eine Aufwertung des österreichischen Musikers erfolgen. Das Ergebnis darf nicht darin bestehen, dass plötzlich ausländische Musiker statt der heimischen engagiert werden. Christoph Huber: Das geht nicht nur mit Geld, sondern hier ist auch die Kreativität der Musiker gefordert, auch beim Porgy & Bess. Dass es schwierig ist, ein Konzert bei uns zu bekommen, weiß ich. Doch es gibt auch viel Freiräume, die interessanterweise besonders die Elektroniker ausnützen. Wir fördern heimische Talente, aber ich kann es nicht in der notwendigen breiten Art und Weise Panel: Stilfeld „Jazz/improvisierte Musik” bewerkstelligen. Ich fordere die Szene auf, sich Dinge zu überlegen und Ideen zu haben. Wenn sich schon die 15 wesentlichen Clubveranstalter in Österreich nicht koordinieren, dann können aber die Kreativen Packages aus Gruppen anbieten, denn alleine kommt eine junge Band aus ihrer Heimatstadt nicht mehr hinaus, weil sie als junge Band nur mehr dort spielen kann, wo sie sich auch um das Publikum kümmern kann. Das wäre ein Projekt, für das man auch um Förderungen ansuchen kann. Die Koordination könnte über eine Hochschule oder das MICA laufen. Damit ließe sich auch ein Bewusstsein verändern. Könnte man das über fünf bis sechs Jahre durchziehen, gäbe es eine neue Form von Aufmerksamkeit gerade an den Plätzen, wo es gemeinhin wirklich schwierig ist. Ich weiß, wie kompliziert es ist, einen Clubbetrieb z.B. in Saalfelden aufzuziehen, wo es schon in Wien schwierig genug ist. Es muss jemanden geben, der sich dafür verantwortlich fühlt und das koordiniert. Harald Huber: Ich übernehme gerne diese Idee der Künstlerpackages, weil sie sich auch stark an die Ausbildungsinstitutionen richtet, ihre Talente an die Veranstalter heranzutragen. Es bestehen keine Kooperationen zwischen den Ausbildungsinstitutionen, außer über informelle und persönliche Kontakte und Überschneidungen. Ich möchte hiermit die Publikumsdiskussion eröffnen. Birgit Huebener: Im Sport schaffen es auch nur die wenigsten Talente ganz nach oben, d.h. in die österreichischen A-Kader. Koordination und Kommunikation in Richtung Veranstalter müssen tatsächlich verbessert werden. Peter Paul Skrepek: Die Binsenweisheit lautet: Ohne Breite keine Spitze. Bezüglich der steuerlichen Absetzbarkeit von Kunst war die Musikergilde bereits beim Staatssekretär. Er meinte, von ihm aus gerne, aber wir sollen uns das dann bitte mit den anderen ausmachen. Die weitere Argumentation: Steuerliche Absetzbarkeit von Kunst ziehe Budgetbelastungen nach sich, weil die Wirtschaft weniger Steuern bezahlt. Er sieht diese potentielle Neuerung völlig gleich einer Kulturdirektförderung, die ohnehin stattfindet. Wir leben in einer Zeit der künstlich verknappten Geldmenge, wir sollen uns unser Anliegen mit dem Rest Österreichs ausmachen. Wie der Rest Österreichs reagiert, sehen wir bei der Forderung der Kabarettveranstalter nach öffentlichen Subventionen, weil sie nicht mehr wirtschaften können. Der Gedanke ist daher richtig, die politische Forderung wurde bereits erhoben, die Antwort offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen. Christoph Huber: Wir wissen das, und hier liegt die Absurdität der Vorgangsweise. Einerseits wird verlangt, privatwirtschaftliche Subventionen zu lukrieren, die steuerliche Absetzbarkeit wird aber nicht ermöglicht. Das hat System. Morak ist unser Ansprechpartner, statt ihm kann man genau so gut den Finanzminister oder den Bundeskanzler einsetzen. Elfi Aichinger: Die Musik ist nicht mit dem Sport vergleichbar. In der Kunst kann man nicht z.B. mit einem Längenmaß messen, man kann Kunst nicht werten. Ein Hochleistungskader in der Musik ist nicht möglich. Die Frage bleibt, wie ich als MusikerIn die Kluft zum Veranstalter überwinden kann. Fritz Thom: Das, was im Bereich Sponsoring immer in Aussicht gestellt wird, ist in Wirklichkeit gar keine Perspektive, weil der österreichische Markt so klein ist. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht nur uns in der Musikszene gesagt wird, auf Sponsorensuche zu gehen, sondern auch den Bundestheatern, Museen und allen Kulturinstitutionen. Ich kenne seit Jahren die Leute, die im Jazz internationale Sponsortöpfe betreuen, z.B. JVC. Österreich ist ein uninteressanter Markt, hier steckt niemand etwas hinein. Maßgebliche Sponsorships in Österreich waren immer gleichsam zweite Subventionsebenen, traditionellerweise Bank Austria, Wiener Städtische usw. Man kann in unserem geografischen Raum und kleinen Markt einem substanzvollen Großsponsor gar nicht die gewünschten Gegenleistungen bieten, es wäre fast schon Mäzenatentum. Die öffentliche Hand kann daher keinesfalls aus der Pflicht entlassen werden. Wer zahlt, schafft an. Da ist es besser die öffentliche Hand, die ein breiteres Interesse an Kunst, Kultur und ihren Rahmenbedingungen hat. Harald Huber: Ein Kulturbudget von 0,78 % ist nicht hinzunehmen. Stephan Maass: Es ist partiell auch ein Imageproblem, das im deutschsprachigen Raum herrscht, d.h. das Image eines Österreichers oder Deutschen ist nicht mit dem Begriff „Wirtschaftsfaktor” verknüpft. Da ist es nicht wesentlich, ob wir vom Staat 36 oder von der Wirtschaft gefördert werden. Wenn man es durchsetzen kann, dass Musik als Wirtschaftsfaktor begriffen wird, dann werden MusikerInnen nicht mehr belächelt. Ein Geldgeber investiert dann, wenn er riechen kann, dass etwas zurückkommen wird. Die Staaten in Nordeuropa gehen mit dem Businessfaktor vollkommen anders um als wir. Zu Beginn müssen wir - wie bereits gesagt - das Image verbessern. Elfi Aichinger: Das Porgy & Bess hat die jungen MusikerInnen massiv gefördert, u.a. durch die von mir kuratierte Reihe „The Spot is on”. Das sollten Plattenfirmen und Veranstalter auch tun. Nicht bei allen Veranstaltern wird auf Österreichisches so Wert gelegt wie im Porgy & Bess, z.B. Frankreich und Schweden haben viel für ihre heimische Szene getan. Harald Huber: Die österreichischen Labelbetreiber berichten ganz andere Dinge als die internationale Universal Jazz Division mit ihren zweistelligen Umsätzen, nämlich dass sie mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert sind und keine Zuwächse verzeichnen können. Welche Fördermaßnahmen und Rahmenbedingungen brauchen die Labelbetreiber und Musiker? Bisher gibt es auch kein Jazz-Spartenradio in Österreich. Christoph Huber: Wie die Frequenzen ausgeschrieben wurden, haben wir eingereicht, jedoch keine Frequenz bekommen. Eine Begründung bekamen wir nicht. Aus technischen Gründen wurden nur zehn Frequenzen vergeben, unser Konzept wurde nicht berücksichtigt. Harald Huber: Harald Quendler, was braucht ein Label wie die „Extraplatte”, um zukünftig überleben zu können? Harald Quendler: Radio ist ein relativ billiges und sehr gutes Medium. Es wäre schön, wenn sich das Musikland Österreich an Griechenland ein Beispiel nehmen würde. Dort gibt es 470 Spartenradios, wo man vom Musikantenstadl auf griechisch bis Contemporary, von Rebetiko bis Jazz alles hören kann, wenn man will. Bei uns kann man das nur in einem Sender, und der hat leider nur 24 Stunden tägliche Sendezeit. In diesen Sender wird hineingepackt, was nur geht, weil Ö3 und andere Sender diese Musik ablehnen. Ich finde es als Schande für dieses Land, dass es nur ein Ö1 gibt. Das Problem ist, dass sich Ö1-Leute, wenn ich das sage, immer Panel: Stilfeld „Jazz/improvisierte Musik” angegriffen fühlen. Sie müssten eigentlich verstehen, dass das kein Angriff auf Personen ist, sondern auf die Situation. Die Leute sind dieser Situation ausgeliefert. Wenn jemand in diesem Bereich arbeiten will, bleibt ihm nur Ö1. Das ist keine gute Situation. Was ich als Label sagen kann: Die Produktion ist heute nicht das Problem, sondern die Distribution. Der Vertrieb ist deshalb ein Problem, weil sich die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren sehr gravierend geändert haben. Im Bereich des Tonträgerhandels gibt es für Verkäufer keine Ausbildung. Die Früchte dieser Tatsache ernten wir heute. Es gibt keine gute Beratung mehr. Ich gehöre mit meiner Firma drei Gremien an, das sind der Elektrogroßhandel, der Elektrokleinhandel und Buch- und Medienwirtschaft, weil ich auch ein kleiner Verleger bin. Ein Gremialtreffen von Elektrogroß- und Elektroeinzelhandel ist für einen Menschen wie mich ein völliger Wahnsinn. Aus unserer Branche geht auch keiner hin, weil es kaum mehr Leute gibt. Satellitenschüsseln, braune und weiße Ware interessieren mich nicht so sehr. Es gibt noch einen Nebeneffekt. Der Buchhandel hat ein gutes Lobbying. Er kann durchsetzen, dass ein breites Angebot nur zu halten ist, wenn er in einer mehr oder weniger geschützten Werkstätte ist. In einem Land ohne Buchpreisbindung wie in England bekommt man die Top-Seller der Buchhitparaden beinahe geschenkt, für speziellere Bücher zahlt man sehr, sehr viel, wenn man sie überhaupt bekommt. Hier spielt auch die Mehrwertsteuer hinein: Buch ist Kulturgut, daher 10%, Tonträger ist nicht Kulturgut, daher 20%. Das ist widersinnig, da müssen wir nicht diskutieren. Aber kein Finanzminister der Welt lässt sich diese Steuer nehmen. Der Tonträgerhandel steht aus diesen Gründen dort, wo er heute ist. Noch dazu kommt, dass die Elektroketten den Tonträger jahrelang dazu benützt haben, um mit Dumpingpreisen den Kunden ins Geschäft zu locken und ihm eine billige CD und einen teuren Fernseher zu verkaufen. Heute ist die CD nicht mehr so interessant, weil man sich die Musik herunterladen kann. Daher wurden die Sortimente von den großen Märkten wie Media/Saturn radikal hinunter gefahren, es gibt überhaupt keine Auswahl mehr. Der Tonträger ist kein relevantes Produkt mehr. Der Tonträgerfachhandel ist eigentlich nicht mehr vorhanden. Wesentlich für uns als Label und Vertrieb war auch der EU-Beitritt Österreichs. Wir haben unsere Exklusivität verloren. Vor dem Beitritt haben wir CDs nach Österreich gebracht, die man sonst hier nicht hätte kaufen können. Leider verlieren wir jetzt auch teilweise nach Jahrzehnten der Zusammenarbeit immer wieder Labels, weil Österreich von Deutschland aus beliefert wird, damit fällt der Österreichvertrieb weg. Abschlagszahlungen können wir nicht verlangen. Was Förderungen betrifft, so sind jene für Tonträger nicht ideal wie beim Bundeskanzleramt, da muss es nämlich über den Umweg einer Verbreitungsförderung passieren, weil Tonträger dezidiert nach dem Gesetz nicht gefördert werden dürfen. Bei der Stadt Wien habe ich mit Tonträgerförderungen keine Erfahrungen. Bei den Tonträgerförderungen des SKEFonds passiert viel, nur bin ich der Meinung, die Förderung ist nicht vernünftig, denn sie fördert Pressewerke und Lithografieanstalten. Die Komponisten sitzen dann zu Hause mit tausenden CDs, aber niemand kennt diese. Der Umkehrschluss würde bedeuten, ich möchte Geld. Davor habe ich mich ziemlich lange gesträubt, auch deshalb weil ich aus dem Import- und Exportgeschäft vernünftig verdienen konnte. Was in letzter Zeit in z.B. den USA, Thailand oder Japan zu Grunde ging, ist dem Großteil der Verbraucher hier im Lande verborgen geblieben. Es würde Sinn machen, die Distribution zu fördern, weil der Vertrieb ein wesentlich größeres Problem darstellt als die Produktion. Ich möchte noch anfügen, dass Ö1 für mich und meine KollegInnen die einzige sinnvolle, national streuende elektronische Plattform darstellt und gleichzeitig unser größter Konkurrent ist, der seine Marktmacht nicht nur uns gegenüber, sondern auch den Urhebern und Interpreten gegenüber entsprechend ausübt - eine Vorgangsweise, die sicher nicht dem EU-Recht entspricht. Wenn ich klagen würde, und gewinnen würde, was ich sicher bin, was käme für mich heraus? Also da gibt es keine schriftlichen, sondern mündliche Weisungen, wie viele Extraplatten gespielt werden dürfen. Ich bin gezwungen, meinem größten Konkurrenten Promotion-CDs zu bringen, damit er sie vielleicht spielt, weil ich das brauche, denn wo erreiche ich 350.000 Leute auf einen Schlag, wie es Ö1 in einer guten Zeit erreicht. Ö1 kann sich zurücklehnen und kann sich überlegen, wird der Künstler langsam für uns interessant? Harald Huber: Es ist keinesfalls der Staat aus seiner Verantwortung zu 37 entlassen. Ganz im Gegenteil: Man muss das zynische Argument, sich eben Sponsoren zu suchen, wahrnehmen, aber auf diese Weise kommen wir nicht weiter. Die direkte Kooperation zwischen den Ausbildungsinstitutionen, den Veranstaltern und Labelbetreibern soll sich intensivieren. Die Idee, die Musikschulwettbewerbe für Jazz und Popularmusik zu öffnen, muss weiter verfolgt werden. Um die Frage der dafür notwendigen Qualitätskritierien jetzt zu behandeln, ist die Zeit schon zu weit fortgeschritten. Franz Hautzinger: Ich glaube nicht, dass sich so viel ändern würde, wenn wir genügend Geld und die Förderung im Radio hätten. Die Situation wäre komplett anders, wenn der Musiker entscheiden könnte, was mit seiner Musik passiert nach dem Motto: „Diesen Ton verkaufe ich nicht jedem.” Dieses Argument möchte ich festgehalten wissen. Natürlich bin ich der Meinung, dass der Staat nicht aus seiner Verantwortung zur Förderung entlassen werden soll. Harald Quendler: Dieser Ansatz gilt nicht für alle Musiker. Ich kann z.B. die Herausgabe von Katalogen aus eigener Kraft nicht mehr schaffen. Ich könnte einen vierfärbigen Katalog in sieben Sprachen gut gebrauchen. Buchverlage, ob sie gute oder schlechte Bücher herstellen, können mit der Verlagsförderung wunderbare Kataloge drucken, von denen wir nur träumen können. Ines Reiger: Es geht nur darum, dass ein Musiker, das, was er mitzuteilen hat, auch mitteilen darf bei Konzerten usw. Ob jemand nun den Ton seines Lebens spielen oder Geld verdienen will, hat dabei zunächst keine Bedeutung. Peter Paul Skrepek: Die Internetseite www.musikergilde.at bietet eine Vernetzung mit 52.000 österreichischen Veranstaltern, von denen sicher auch einige Hundert für Jazz ein offenes Ohr haben. Wer sich hier einträgt, kann gefunden werden und zu bezahlten Auftritten kommen. Bezüglich der von Harald Quendler erwähnten Klage: Wir haben beim Verfassungsgerichtshof geklagt - und das wirft auch ein bezeichnendes Licht auf unsere schöne demokratische Republik - es war eine anlassbezogene Klage wegen der Absetzung der Sendung „Kunststücke”. In Wirklichkeit haben wir geklagt auf das Recht und die Verpflichtung des österreichischen Rundfunks, zeitgenössisches Panel: Stilfeld „Jazz/improvisierte Musik” Musikschaffen, Kunstschaffen generell, aufzuführen, denn das gehört zu seinen Pflichten, das steht so im Rundfunkgesetz. Diese Klage wurde abgewiesen. Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat nicht zurecht erkannt, dass es dieses Recht gibt in Österreich. Also was soll man noch mehr machen an politischer Tätigkeit, als das höchste Gericht in diesem Land anzurufen und zu sagen: „Erkläre mir die Gesetze.” Das Gesetz heißt, der österreichische Rundfunk ist verpflichtet. Der Verfassungsgerichtshof hat ihn von dieser Pflicht entbunden. Das ist die Realität. Es war eine teure Klage, sie hat fast 100.000 Schilling gekostet, damit wir das jetzt schwarz auf weiß haben. Harald Huber: Diejenigen Künstler, die ihre ganzes Herzblut in einzelne Trompetentöne einfließen lassen, die werden natürlich auch immer Energie aufbringen, um sich - unter welchen Rahmenbedingungen auch immer einen Platz zu verschaffen. Aber nicht allen gelingt das. Einer, dem es gelungen ist, ist Franz Hautzinger. Ihm wollen wir jetzt zuhören. Ich danke allen für die Diskussion und bitte alle hinüber in den Fanny Mendelssohn Saal. Performance: FranzHautzinger Gomberg für Vierteltontrompete solo 38 39 PANEL: STILFELD „DANCE/ HIPHOP/ELEKTRONIK” Michael Huber: Ich begrüße die Ausdauernden, die uns im letzten Panel des Tages noch begleiten. DJ Electric Indigo hat eine Verpflichtung in Frankreich und kann daher diesen Panel nicht moderieren, was sie selbst am meisten bedauert. Ich werde versuchen, sie gut zu vertreten. Zu meiner Linken sitzt Martin Schlager, besser bekannt als Skero von Österreichs bester HipHop-Gruppe „Texta”. Zu meiner Rechten Mia Zabelka, Musikerin, Kuratorin, MultimediaArtistin. Ganz rechts Alexander Hirschenhauser, Clubbetreiber und Vertrieb „Soul Seduction”, Betreiber des Tonträger- und Bekleidungsgeschäfts Black Market. Unser Themenbereich lautet „Dance, HipHop, Elektronik”. Es ist ein Kunstgriff, dies alles zusammenzufassen, macht aber Sinn. Zur Illustration habe ich eine schematische Darstellung dessen an die Wand geworfen, was ich bei Feldforschungen im Jahr 2000 in Wien herausgefunden habe. Es gibt einige, von einander abgrenzbare Subgenres. Diese zeichnen sich durch den Aufbau ganz bestimmter Strukturen mit z.B. Shops und ganz eigenen Events aus. Top-Stars und Marken sind ebenfalls entstanden, die weltweit ein Begriff sind und für MusikerInnen und Gruppen stehen, die elektronische Musik in Wien machen. Die angeführten Beispiele sind exemplarischer Natur, willkürlich gewählt und können durch andere ersetzt werden. Also: HipHop wird nicht nur von DJ DSL gemacht und nicht nur im Shop Bounce verkauft usw. Meine Frage an die Experten in einer ersten Runde: Was hat sich aus Eurer Sicht seit 2000 in Eurem speziellen Bereich entwickelt, wie seht Ihr die Entwicklungen, wie schätzt Ihr die Situation heute ein? Bitte stets um Beachtung dreier Punkte: 1 Was ist gut, womit seid Ihr zufrieden? 2 Was ist schlecht, was könnte man verbessern? 3 Was fehlt, was müsste man neu installieren oder fördern? Mia Zabelka: Ganz liebe Grüße von DJ Electric Indigo, wir haben ja miteinander auch das Projekt „Colophony Circuit” mit E-Geige und elektronischer Musik. Die Vernetzung der Musiker untereinander sehe ich positiv, das funktioniert auch genreübergreifend sehr gut. DJs und Elektronikmusiker vernetzen sich mit Instrumentalmusikern und umgekehrt. Diese Entwicklung ist verstärkt zu bemerken, siehe auch die LiveSessions im Porgy & Bess. Ich habe bereits in den achtziger Jahren elektronische Musik gemacht, Kruder & Dorfmeister gab es damals noch gar nicht. In den neunziger Jahren war der Hype der elektronischen Musik sehr stark, da hat sie mich persönlich weniger interessiert, jetzt ist das aber schon wieder im Schwinden. Da müsste irgendetwas passieren von der Szene selbst mit neuen Tendenzen. Warum gibt es keine neuen Strömungen? Mir fehlt eine Institution oder Einrichtung, die nach dem Hype für Nachhaltigkeit zuständig ist und elektronische Musik präsentiert. Wir haben kein richtiges Festival für elektronische Musik im Moment. Martin Schlager: Danke für die Einladung in Vertretung meiner Band, wir sind fünf Leute. Verändert haben sich die technischen Möglichkeiten. Die Leute machen heute schon sehr professionell ihre Beats und Alexander Hirschenhauser: Ich freue mich über die Einladung. Bitte nehmt eine vielleicht teilweise extreme Ausdrucksweise meinerseits nicht als Kränkung wahr. Sollte mir das passieren, entschuldige ich mich im Instrumentals. Mit einem guten Computer und einem guten Mikrophon kann man zu Hause für sich alles aufnehmen. Dadurch sind sehr viele neue Gruppen entstanden, und viele Leute produzieren Musik. Auf der anderen Seite haben wir Labels, die nicht sehr risikobereit sind, und sich nicht auf Acts einlassen, die möglicherweise nur eine kleine Auflage verkaufen. Wir haben uns auch eine zeitlang mit Majors beschäftigt und haben damit keine guten Erfahrungen gemacht. Wir haben unser eigenes Studio in Linz, wo wir auch befreundete Acts kostenlos aufnehmen lassen, weil diese über keine finanziellen Ressourcen verfügen. In Wien ist es vielleicht ein Manko, dass man nur schwierig die Möglichkeit des Aufnehmens für fast kein Geld bekommt. Die meisten Bands haben eben kein Geld. Vornehinein. Ich bin gerne hier dabei, aber über die Einteilung „Dance, HipHop, Elektronic” bin ich nicht ganz glücklich, sie spiegelt jedoch das Dilemma wieder, in dem wir ganz automatisch sind. Viele werden mir zustimmen, dass das Genre-Einteilen ein ganz großes Problem ist. Die meisten Künstler, die ich kenne, lehnen es ja ab, sich kategorisieren zu lassen. Trotzdem kommen wir um das Hineinstecken in Schubladen nicht herum, weil es enorm wichtig für die Vermarktung, die Präsenz in Vertriebskanälen, Medien und der ganzen Wertschöpfungskette bis hin zum Publikum ist. Insofern stört mich diese Liste an der Wand, seit ich sie vor ein paar Jahren das erste Mal gesehen habe. Sie ist ein Exzess an Kästchendenken. Jeder, der sich in so einem Kasten findet, wird meinen, dass er viel mehr ist als nur HipHop, Downbeat usw. Das ist vielleicht auch eines der größten Probleme, welches dieser Teil des Musikschaffens in den letzten Jahren erfahren hat. Um etwas aussagen zu können, kann ich nicht nur bis ins Jahr 2000 zurückgehen, sondern muss zehn Jahre zurükkschauen bzw. noch besser bis in die sechziger Jahre zurückblicken. Da gab es Selbstläufer, eine selbstverständliche Identität aus sich heraus. Daher war es in den sechziger und siebziger Jahren nicht wichtig, wie stark Musik vermarktet wurde. Der Künstler produzierte Musik aus seinem Lebensgefühl heraus mit viel Revolution, Protest und Drogen dabei. Solche Elemente machen Marketing unnötig. Dem Musikliebhaber muss man nicht viel erklären. Der sieht z.B. ein Cannabisblatt, und weiß: Das ist meine Musik. Oder man kennt und liebt den Sound und die Musik von Woodstock und ähnlichen Festivals. Wenn man dann etwas Entsprechendes hört, dann kauft man es. Diese Welten gibt es nicht mehr. In unseren kulturellen Gebieten gibt es keine Angriffsflächen für Revolution, Protest und ähnliches. Daher betreiben wir Marketing und sind in einem Markt gelandet, weil hier nicht mehr Künstler sind, die ihre ureigenste Musik schaffen, und ihnen nicht mehr Rezipienten gegenüber stehen, die diese Musik als Verstärkung ihres Lebensgefühls nützen. Wir stehen vor einem großen Fragezeichen. Der Panel: Stilfeld „Dance/HipHop/Elektronik” Bereich „Dance, HipHop, Electronic” existiert seit 15 bis 20 Jahren, in den letzten fünf bis zehn Jahren hat sich jedoch so ziemlich alles geändert. Es ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Anfang der neunziger Jahre gab es eine Aufbruchstimmung in der Electronic Scene, es gab die letzte neue Errungenschaft in den musikalischen Welten: Electronic Dance Music, Electronic Groovy Sound, härtere, weichere, Fusionen mit ethnischen Elementen usw. Seither haben wir musikalisch nichts Neues. Hier stimme ich der Einschätzung von Mia Zabelka vollinhaltlich zu. Das ist vom Lebensgefühl und von der Marketingseite her ein großes Problem. Das Grundübel ist das Fehlen von Inhalten. Hätten wir wirkliche Inhalte, müssten wir nicht mit großen Marketingbemühungen irgendetwas verkaufen. Es hat sich für die Musiker in diesen Bereichen in den letzten fünf bis zehn Jahren kaum etwas verbessert. Positiv ist anzumerken, dass wir auch global eine verbesserte Kommunikation heute haben. Es gibt neue Möglichkeiten und Schienen der Präsentation durch das Internet. Es entsteht folgendes Paradox: Weil die Kommunikation so leicht geworden ist, haben wir eine Überkommunikation, wir werden erschlagen, die Inhalte kommen nicht mehr an, weil die Produktion in den letzten zehn Jahren noch leichter geworden ist. Die Technik ist billiger geworden, das technische Know-how der Produzenten hat sich erhöht. Der entstandene Output ist gigantisch. Wir haben zu viel vom Viel-zu-Ähnlichen, das steht den realen kulturellen Neuerungen im Weg. Das Resultat sind verwirrte Märkte. Leider muss ich immer von Markt und Marketing sprechen. Ohne Marketing lässt sich keine Musik verkaufen, ohne den Musikverkauf können die Musikschaffenden nicht leben. Ich bin kein Anhänger der Forderung, dass der Staat zur Leistung des Lebensunterhalts von Kreativen zu verpflichten wäre. Die Gesellschaft hat andere Aufgaben, als solche Garantien zu liefern. Die Gesellschaft hat aber die Verpflichtung, verschiedenartigste kulturelle Produktionen, Äußerungen und Welten zu ermöglichen. Das muss sich im strukturellen Bereich abspielen und nicht in der gezielten Förderung einzelner Künstler, Gruppen oder Zellen. Die Strukturen sind fürchterlich, und daher hat sich ziemlich Alles für Musikschaffende in den letzten fünf bis zehn Jahren verschlechtert. Die strukturellen Bedingungen in der Wertschöpfungskette vom Musikschaffenden, über die Labels zum Vertrieb, Handel und den Konsumenten sind ein Graus, denn es ist alles formatisiert. Da ist formatisierte Musik, z.B. bei Starmania und anderen Starsendungen. Das sind verzweifelte Versuche, um Formate zu entwickeln, sodass man noch irgendwie die Verkaufseinheiten absetzen kann. Kulturell originäre Musik ist wegen der Situation in Vertrieb, Medien etc. sehr selten geworden. Wir haben es hauptsächlich mit formatierter Musik zu tun, das beginnt im HipHop, das geht weiter in der Electronic und in verschiedenen übergreifenden Genres. Mich persönlich interessieren Vermischungen und Neuerungen zwischen Jazz, Electronic und grooviger Musik, da ist jedoch auch alles formatiert. Vielleicht ist das provokativ genug gewesen, um eine Diskussion hervorzurufen. Michael Huber: Skero, was ist das Geheimnis Eures - wie ich meine ansehnlichen Erfolges im deutschsprachigen Raum? Wie seid Ihr mit den Schwierigkeiten umgegangen, die Alexander Hirschenhauser gerade beschrieben hat? Martin Schlager: Unser Plus war, dass wir uns niemals auf derartige Institutionen verlassen haben. In Deutschland haben wir eine Bookingagentur, in Österreich haben wir keine Bookingagentur, alles läuft persönlich über uns, wir spielen trotzdem ein- bis zweimal pro Woche. Im HipHop ist es üblich, dass sich die Leute untereinander vernetzen, Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig helfen. Wir haben z.B. versucht, andere Acts auf das Label Hoanzl zu bringen mit der Empfehlung, dass sie sehr cool wären. Christoph Moser bei Hoanzl ist ein echter Musikfreak und -fan, sonst sehe ich eher wenige Leute im Business, die auf Konzerte gehen und wirklich von Musik begeistert sind. Die sehen eher Strategien und Zahlen im Kopf. Bei „Starmania” werden nur Marketingsklaven erschaffen, werden zunächst gecastet, bekommen einen Hit, nachher werden sie bei der Iglo-Werbung benutzt. Das hat für mich mit Musik nicht sehr viel zu tun. Es gibt einen Unterschied zwischen Österreich und Deutschland. Wir haben FM4, das ist ein Quantensprung zu dem, was es in Deutschland an Sendern gibt. Wenn wir in Deutschland spielen und FM4 ins Spiel bringen, hören wir ein großes Raunen. FM4 ist in Deutschland sehr beliebt. In Deutschland setzten nur sehr wenige dem „Wir spielen die Hits”-Prinzip 40 etwas entgegen. Die Hits kommen vorgefertigt aus Amerika, hier wird nichts riskiert. Die Sender spielen nichts, was nicht andere Sender schon gespielt haben. Das ist eine gefährliche Taktik, denn da geht ja automatisch nichts weiter. FM4 hat auch eigene Hits. Diesen Diskurs (Was gefällt uns? Das kommt ins Programm. Was gefällt uns nicht? Das spielen wir nicht.) gibt es in Deutschland nicht. Bei der Kunstförderung werden jene gefördert, die die besten Beziehungen haben, daher bin ich nicht so dafür. Auch bringt die Förderung nicht so viel. Ich glaube ganz im Gegenteil, dass mehr Potential da ist, wenn man um den Erfolg kämpfen muss. Die Bevölkerung fragt immer gleich nach, wo jemand das Geld herbekommen hat. Bei Subventionen heißt es, dass man das Geld hinten hineingeschoben bekommen hat, siehe Hermann Nitsch. Es entsteht schnell von Leuten ein Hass gegen nicht kommerzielles Kunstschaffen, weil Steuergeld verbraucht wird. Neu sind die Klingeltöne, und ich habe gehört, dass bei manchen Titeln schon mehr über den Verkauf der Klingeltöne als den der Tonträger verdient wird. Das ist eine eigenartige Entwicklung. Das Internet hat viel verändert. Nicht nur haben Labels und Künstler durch das MP3Herunterladen Einbußen, sondern Musikschaffende können ihre Werke jetzt auf ihren Websites anbieten. Einige Acts sind bereits aus dem Internet heraus groß geworden wie in Deutschland „Cool Savage” oder das Label „Aggro Berlin”. Es kommen leider nur die tiefsten Gruppen aus dem Internet heraus, weil die Leute eben nur draufklicken, wenn der Typ „Prinz Porno” heißt. Die Labels denken sich dann, dass das viele Leute kaufen. Bei der Künstlersuche im allgemeinen schauen die meisten Labels mehr auf die Bandfotos als auf die Inhalte, also auf eine kommerzielle Verwertbarkeit. Wir haben immer versucht, normal und natürlich auf der Bühne zu sein, keine Show zu machen, nichts einzustudieren, was wir dann jedes Mal wiederholen müssen. Natürlichkeit wollen die Leute sehen, ganz besonders in Zeiten der Plastikmusik. „Wir sind Helden” - da ist der Name schon Programm. Die sind wirklich sie selber. Kein Label hätte diese Bands so zusammenstellen können. Die Texte wird ihnen auch niemand so schreiben können. Alexander Hirschenhauser: Die Veröffentlichungen, die als Konsequenz des Erfolgs von „Wir sind Helden” Panel: Stilfeld „Dance/HipHop/Elektronik” jetzt nachkommen, die sind das Problem. Man setzt sich jetzt auf dieses neue Format drauf und produziert genau so etwas, weil das jetzt geht. Martin Schlager: Neue Deutsche Welle Retro war der neue Trend für die, die HipHop in Deutschland haben fallen lassen. Alexander Hirschhauser: Es gibt die Szenen parallel, das ist die nächste Ebene der Verwirrung, denn die ehemaligen Jugendkulturen leben real weiter als kleine Splitterszenen. Alle zwei Jahre kommt auch hier etwas Neues hinzu. Diese Trends funktionieren nach Lebenszyklen mit Hype und Abstieg. Es hat z.B. immer Punks gegeben, nur gibt es jetzt wieder ein bisschen mehr Öffentlichkeit und Medieninteresse dafür. Mia Zabelka: Ich sehe da eine gewisse Sättigung. Niemand ist heutzutage noch aufgeregt, wenn Fennesz oder Kruder & Dorfmeister auftreten. Woran liegt das, und wie geht es weiter? Produzieren kann man sehr einfach, mir fehlen aber die kreativen Ideen. Elektronische Musik ist nicht mehr nur ein Medium oder ein Genre, sondern ist ein Werkzeug geworden, das man einsetzen kann. Das empfinde ich als positive Entwicklung. Alexander Hirschenhauser: Elektronische Musik ist ein Ausdruck des Lebensgefühls. Mia Zabelka: Früher sprach man von Videokunst oder Fotografie. Heute spricht man von Kunst, und wenn das Video ein notwendiges Medium für den Ausdruck ist, dann wird Video eingesetzt. Bei der elektronischen Musik sehe ich das genauso. Martin Schlager: Viva und MTV sind ja heute gar keine Musiksender mehr. Es geht um „DisMissed”, „Punk'd” und Zeichentrickfilme. Ich verstehe nicht, warum die Musiksender immer weniger Musikvideos spielen. Alexander Hirschenhauser: Weil die niemand sehen will. Martin Schlager: Das glaube ich gar nicht. Natürlich wenn jedes zweite Video von Robbie Williams ist, dann interessiert es mich auch nicht mehr. Interessant wäre es, neue Sachen sehen zu können. Auf GoTV kann man öfter Sachen sehen, die man sonst nie sehen würde - oder man sieht ein Video nur einmal. Es muss ja nicht immer dieser Rotation-Schwachsinn sein, wo Britney Spears 4000 Mal läuft. Das ist klar, dass das die Leute dann nicht mehr interessiert. Man weiß als Künstler gar nicht, ob das eigene Video überhaupt die Kommission zu Gesicht bekommt. Alexander Hirschenhauser: Es bekommt niemand zu Gesicht, solange du dir nicht genügend Geld aufgehoben hast, um dann noch Budget zu haben, den Sender dafür zu bezahlen, dass er dein Video spielt. Das Label muss entsprechend Marketinggeld hineinstecken. Martin Schlager: Dann kann ich nicht mehr von einem freien Markt reden. Alexander Hirschenhauser: Kannst du auch nicht. Es ist diese paradoxe Geschichte, dass der Bereich „Dance, HipHop, Electronic” das große Bedürfnis hat, sich von dem abzugrenzen, was man seit 30 Jahren Pop nennt. Die Gründe für diese Abgrenzungstendenzen sind mir nicht im vollen Ausmaß klar. Es hat viel mit Selbstdefinitionen zu tun, in denen Begriffe wie „Underground” enorm wichtig sind. Ich persönlich bevorzuge in diesem Zusammenhang Begriffe wie „Off Mainstream” oder „Left Field”. Man will in der Abgrenzung klar stellen, dass man etwas Credibiles zu bieten hat, das wünsche ich mir auch, da macht die Arbeit wieder Sinn. Gleichzeitig findet das Liebäugeln mit dem Pop-Erfolg statt. Beides zugleich funktioniert nicht. Ein Künstler muss sich entscheiden, ob er seinen Fankreis mit Glaubwürdigkeit und Schärfe bedienen oder ganz breit werden will. Bei allem ist die Voraussetzung, dass der Künstler bereit ist, sich als Markenartikel zu verstehen. 41 Schwarze Musik mittels eines weißen Acts verkaufen, und es hat funktioniert. Andere wie Busta Rhymes oder Puff Daddy sind auch in den Popmarkt gegangen, ohne allzu große Abstriche zu machen und ohne sich zu sehr anzubiedern. Die haben den Musikmarkt ordentlich aufgemischt. Alexander Hirschenhauser: Wozu braucht man die Musiksender, Radios und Burger King Magazine? Würde es Dir etwas bringen, wenn Texta auf MTV gespielt werden würde? Martin Schlager: Natürlich, denn es würden sich Leute für unsere Platte interessieren oder überhaupt einmal draufkommen, dass es unsere Gruppe überhaupt gibt. Deswegen machen wir auch ein Video, damit es zum Einsatz kommt. Unsere Botschaft möchten wir an eine breite Masse bringen, das geht nur über Medien. Alexander Hirschenhauser: Ich kann mich an Zeiten ohne Musiksender und Burger King Magazine erinnern. Es war auch egal, ob auf ORF1 oder ORF2 eine Musikformatsendung läuft, denn das Wichtigste war, was innerhalb der Szene als gut, zeitgemäß und trendig gehypet wurde. Martin Schlager: Wie hat sich das dann herumgesprochen? Alexander Hirschenhauser: Es gab eine dreistellige Zahl an Tonträgerfachhändlern mit persönlicher Beratung in einem kleinen Land wie Österreich. Regina Sperlich: Worin bestehen die inhaltlichen Probleme und die der Distribution? Alexander Hirschenhauser: Für Deine Musik sollte es doch ein Schimpfwort sein, wenn es auf MTV gespielt wird. Mia Zabelka: Das Problem bei elektronischer Musik ist, dass die Software das Ergebnis bestimmt. Bis auf wenige Ausnahmen werden somit die Produkte austauschbar und beliebig. Hier liegt auch ein Grund für eine zurückgegangene Nachfrage. Eine persönliche Handschrift im E-Musikbereich hat Christian Fennesz, weil er nicht nur Elektroniker, sondern auch Instrumentalist (Gitarre) ist. Vor Jahren waren die Laptop-Konzerte in, heute nicht mehr, weil der Trend wieder mehr zu den Live-MusikerInnen geht. Martin Schlager: Nein, überhaupt nicht, wieso? Eine Weiterentwicklung des HipHop besteht darin, dass der Poperfolg nicht mehr ein großes Thema ist. Vanilla Ice wurde z.B. nach dem Elvis Presley Prinzip aufgebaut: Alexander Hirschenhauser: Der Laptop ist ein Instrument, um die eigene Musik dem Publikum zu präsentieren. Man sollte Laptops in Gitarrenform haben. In der Distributionsproblematik geht es Martin Schlager: Wenn Henry Rollins plötzlich groß im Radio gespielt würde, dann wäre er Pop und könnte gar nichts dagegen machen, oder? Ich mag das Schubladendenken auch nicht, jedoch bin ich mit meiner Lade durchaus zufrieden. Ich stehe dazu, Rap zu machen und HipHop Kultur zu schaffen. Panel: Stilfeld „Dance/HipHop/Elektronik” Künstlern in Jazz, HipHop, Electronic, Dance etc. gleich. Aus dem letzten Jahr sind mir europaweit allein 15 Firmenkonkurse im Bereich Vertrieb bekannt. Weitere werden folgen. Der EFA Vertrieb hat möglicherweise durch die Nichtbeachtung seiner jahrelangen Grundsätze sein Aus selbst provoziert. Die Strukturen werden von den potenteren Marktteilnehmern wie den Handelsketten geschaffen. Diese sind keine Händler, sondern Immobilienmakler, die sich von Labels und Vertrieben ihre Regale befüllen lassen. Es geht dann um eine Drehung, einen Umsatz pro Quadratmeter. Wenn der Umsatz nicht stimmt, wird der Laufmeter Regalfläche z.B. für EFA reduziert. Der Künstler muss also im heutigen Medienoverkill dem Publikum selbst seine Musik erklären bzw. näher bringen, weil der Handel das nicht mehr tut. Michael Huber: Es krankt offensichtlich an der Vermittlung durch die Medien!? Die Irrationalität auf dem Weg vom Produzenten zum Konsumenten nimmt zu! Alexander Hirschenhauser: Die Entscheidung des Gefallens oder Nicht-Gefallens von Musik muss irrational, hoch emotional sein. Der Fehler war die Verrationalisierung dieses Prozesses. Das äußert sich dann in den Schienen und Schubladen wie Lifestyle-Produkt, Dance-Produkt, Electronic-Produkt, UndergroundProdukt. Wenn ich in Amerika eine Produktion unterbringen will, die Elemente aus all diesen Bereichen hat, bekomme ich keine Chance. Man muss sich entscheiden. Im selben Regal findet sich dann aber trotzdem Electronic Neo Punk neben härtestem Industrial Drum&Bass sowie knarzender Hard Techno und experimentelle, feinfühlige Elektronik. Martin Schlager: Die Konsumenten grenzen nicht so hart ab. Die Kids hören Musik und stellen fest, ob sie ihnen gefällt oder nicht, egal ob der Künstler einen Irokesenschnitt oder ein Sakko trägt oder nicht. Die Gruppenzugehörigkeit gibt es nicht mehr so. Alexander Hirschenhauser: Du musst dem Empfänger einmal klar machen, dass es dich gibt, die Wahrnehmungsgrenze überschreiten. Die Werbewirtschaft kann sagen, wie oft es eingehämmert werden muss: „Es gibt Texta” bis es auch in den Gehirnen ist. Mario Weitzl: Ein großes Problem ist der Radio-Research. Titel, egal ob alt oder neu, werden bei Hörern getestet. Je nach Abschneiden werden sie in das Programm eines Rundfunksenders aufgenommen. Der „falsche” Titel für den Hörer ist der nicht so bekannte. Früher wurde von Musikredakteuren das Programm von Hand gemacht, Platten wurden durchgesehen etc. Heute geht alles mit dem Computer. Dem Redakteur werden von gewissen Zentralen Musiktitel vorgeschrieben. Mit diesen kann er sein Programm machen. Martin Schlager: Haben Labels dabei überhaupt irgendeinen Einfluss? Mario Weitzl: Die Plattenfirmen haben es schwer, weil sich bei bestimmter Musik und auch beim heimischen Repertoire der Rundfunk einfach weigert. Die Musikindustrie kann ohne Radios nicht sehr gut leben, weil sie die Verbreitung braucht. Die Radios brauchen auch Künstler und Musikindustrie, es gibt aber kein Miteinander. Früher, in den siebziger und achtziger Jahren, war Pop eine eigene Musikrichtung, heute ist Pop ein Sammelbegriff für populäre Musik wie HipHop, R&B, Rock etc. Alexander Hirschenhauser: Wir haben einen Hypertrend der Individualisierung, eine gleichsam religiöse Verehrung des Individuums in den industriellen Gesellschaften. Aus dieser Überlegung heraus ist der Begriff Pop unweigerlich im Schrumpfen begriffen. Das wird noch extremer werden und sich beschleunigen. Es wird immer weniger Künstler und Songs geben, auf die sich wirklich viele Menschen einigen können. Ich sehe keine Generation mit Wir-Gefühl heranwachsen, die in der Masse aufgehen wollen, sondern Individuen, die ganz spezielle Dinge wollen, ja nicht das, was viele, viele andere auch mögen. Gesellschaftlicher Mainstream ist geworden, dass das, was vielen anderen gefällt, nicht mehr interessant ist. Michael Huber: Ich glaube, das verschränkt sich. Einerseits gibt es das Bedürfnis nach Identifikation und ein Nicht-Alleine-Sein-Wollen mit dem eigenen Geschmack (Musik verkauft ein Lebensgefühl), zweitens wollen viele nicht Teil der riesigen Masse sein. Diese Gratwanderung ist auch ein Problem der elektronischen Musik. Alexander Hirschenhauser: „Paradox” ist der wichtigste Begriff für die Zeit, in der wir leben. 42 Martin Schlager: Musik wird unbedeutender, weil der Output so groß ist, der Fun-Faktor ist das Wichtigste geworden. Leute definieren sich nicht mehr so über Gruppen, die sie in ihrem Walkman hören. Die Menschen hören unterschiedlichste Musikrichtungen zugleich, u.a. aufgrund der leichten Downloadbarkeit von Musik. Harald Huber: Ich habe registriert, dass Kulturförderung der öffentlichen Hand im vielfältigen Genre „Dance, HipHop, Elektronik” nicht gewünscht wird. Kreativität entsteht bei der Reibung von Dingen, die sich sonst vielleicht nicht so nahe sind, siehe dazu das diesem Symposion zugrundliegende Stilfelderkonzept. An der Musikuniversität beobachte ich im studentischen Bereich momentan ein großes Interesse am Crossover von Drum&Bass und Jazz. Die amerikanische HipHop Szene zeigt deutlich, wie man mit Medien, Stichwort Fernsehen, und Breitenwirkung, Stichwort Distributionskanäle, umgehen kann, um die eigenen Anliegen zu transportieren. Dass auch eine österreichische HipHop Band in diese Richtung denkt, ist für mich nicht verwunderlich. Alexander Hirschenhauser schafft es ohne Förderung, das Problem der Distribution für sich und seine Künstler zu lösen und diese am Weltmarkt zu platzieren. Er ist so beschäftigt, dass wir keinen Termin auf der MIDEM 2004 machen konnten. Alexander Hirschenhauser: Ich danke Dir für die Rosen. Die Tage auf den Musikmessen sind immer immens zugepflastert mit Terminen, deswegen habe ich ein Treffen in Wien vorgeschlagen. Meine Hyperaktivität bedeutet aber nicht gleichzeitig viel Schinken am Brot. Die letzten Jahre sind in der ganzen Musikszene von einer Hyperaktivität geprägt. Um nicht einmal dasselbe wie früher zu erwirtschaften, ist ein mindestens doppelt so großer Energie-Input notwendig. Wir haben ein gewisses Export- und Vertriebsnetzwerk aufgebaut, das aber auch schon einmal stärker war. Vor allem in den letzten zwei Jahren brechen in den verschiedenen Ländern Strukturen weg, die man eigentlich bräuchte. Wolfgang Mitter: Kruder & Dorfmeister sind das Cordoba der Musikszene. Die österreichische Elektronik ist von der NichtKooperation der einzelnen Akteure geprägt. Das Selbstbewusstsein ist unterentwickelt. In der Neuen Musik sind wir eigentlich ein Kuhdorf, die Panel: Stilfeld „Dance/HipHop/Elektronik” bekannteste Musik Österreichs stammt noch immer aus den Zeiten eines großen Reiches, aus der KuK Monarchie. Der Rückgang wurde neben der allgemeinen Krise der Tonträgerindustrie auch durch das Aufkommen des deutschen Schlagers, der NNDW und des Rock'n'Roll verursacht. In Wien fangen jetzt die Leute an, miteinander zu reden, während die ganze Szene knapp vor dem Konkurs steht. Alexander Hirschenhauser: Kuhdorf ist Österreich nicht. Das ist der Kleinheitsreflex, ein bisschen Selbstvertrauen täte schon gut. Der internationale Stellenwert der heimischen Elektronik- und Danceszene ist der Größe des Landes entsprechend. Die Zeit des internationalen Hypes vor fünf bis sieben Jahren ist vorbei. Wir sind deshalb nicht auf Null zurückgefallen. Es haben alle, die heute Electronic machen, sowohl die älteren als auch die jüngeren KünstlerInnen, eine bisschen offenere Türe. Wolfgang Mitter: Das mit dem der Größe des Landes angemessenen Stellenwert glaube ich nicht. Von den Ö3 Austria Top 40ty sind 25 Titel aus den USA oder U.K., dann zehn deutsche Titel, dann gibt es noch fünf Titel, die österreichische Volksmusik betreffen. Das sind die Verkaufscharts. Es kann doch naturgesetzlich nicht so sein, dass wir monatlich einen gehypeten Act aus USA oder U.K. bekommen, während unsere Künstler aus dem Land nicht hinaus kommen. Da schnellen Bands plötzlich von null auf tausend Besucher, weil es im Interesse bestimmter Firmen liegt, eine Gruppe durchzusetzen wie z.B. The Darkness, Franz Ferdinand u.v.a. Das geschieht durch eine konzentrierte Zusammenarbeit und Geldmittel, die hineingesteckt werden. Wir in Österreich arbeiten jahrelang daran, dass wir mit wirklichen Ausnahmekünstlern die 400er Grenze im Ausland erreichen wie mit Louie Austen oder den Sofa Sufers. Wir arbeiten absolut unprofessionell insofern, als wir nur minimal Zeit in diese Acts investieren können. Wir bräuchten Stückzahlen in den Plattenverkäufen, die ein Investment in einen Act ermöglichen. Mit öffentlichen Förderungen könnte man die interessantesten KünstlerInnen des Landes aussuchen und sie im Team über drei bis vier Monate intensiv betreuen, d.h. ein Umfeld schaffen und ein professionelles Konzept der Vermittlung entwerfen, wie es für internationale Acts zumeist selbstverständlich ist. Alexander Hirschenhauser: Du hast vollkommen recht. Diese Wurst wird sehr fett sein und sehr nahe hängen müssen, damit es die Kollegen in Wien schaffen, ihre diversen Schatten zu überspringen. Wolfgang Mitter: Da sind wir wieder am Anfang der Diskussion. Es geht um gewisse Einstellungen in Österreich, z.B. was Du, Martin, gesagt hast zum Thema Booking und Agentur. Ihr könnt nicht stolz darauf sein, das Booking selber zu machen, denn eine professionell arbeitende Bookingagentur, die von den Inhalten und Zielen mit Euch übereinstimmt, wäre für Euch von Vorteil. Martin Schlager: Wir haben bisher keine gefunden. Wolfgang Mitter: Viele Künstler sind der Meinung, dass sich qualitätvolle Musik von selber durchsetzt. Das ist meiner Meinung nach ein weit verbreiteter Irrtum. Die meisten Kreativen sind in Labelzusammenhängen plus möglicherweise Grafikdepartment organisiert und bauen sich weltweite Mininetzwerke auf. Damit meine ich, dass diese zwar oft eine weite Ausdehnung haben, aber auch sehr weitmaschig gestrickt sind. Cheap Records verschicken 20 Exemplare einer Produktion nach Montreal, 20 nach Australien usw., das ist sehr arbeitsintensiv. Die einzelnen Labels glauben jedes für sich den Stein der Weisen auf der musikalischen Ebene gefunden zu haben, agieren dabei völlig autark. Autarkie schwappt aber leicht über in Eigenbrötlerei und Einzelkämpfertum. Das ist die Strategie der letzten Mohikaner. Nach diesem Prinzip arbeiten die meisten Künstler und Labels. Alexander Hirschenhauser: Nicht nur in Österreich muss man fairerweise dazu sagen. Kooperieren mit der vermeintlichen Konkurrenz ist wichtig, nicht nur am Abend nach dem gemeinsamen Biertrinken, sondern auch im Tagesgeschäft. Nach dem musikalischen Cordoba war die heimische Szene leider nur damit beschäftigt, sich abzugrenzen im Sinne: „Die sind jetzt Kommerz, ich will ganz anders sein.” Man sollte auf die Vielfalt verweisen und sagen: „Wir sind aus Wien, wir gehören zusammen, doch machen wir alle etwas Anderes.” Das kann man sehr positiv kommunizieren. Wolfgang Mitter: G-Stone hat keine neuen Künstler auf Tourneen gefeatured 43 oder mitgenommen und hat die Releases nach Kruder & Dorfmeister, außer die Soloprojekte der beiden, auch nicht untergebracht und promotet. Die Releases sind untergegangen, weil es nicht diese Zusammenarbeit gegeben hat. Martin Schlager: Kruder & Dorfmeister sind der österreichischen Musikindustrie nicht zu Dank verpflichtet, denn sie haben von Anfang an unabhängig gearbeitet, und es besser gemacht als jedes andere Label es hätte tun können. Ich glaube gar nicht, dass es so viele tolle Booker in Österreich oder Deutschland gibt. Insofern ist das Selber-Booken nicht unbedingt unprofessionell. Wir haben uns von der Zusammenarbeit mit Chris Kemmer, der sowohl die FM4-Feste bookt als auch eigene Künstler vertritt, viel erwartet, doch es kam auch anders. Heute spielen wir viel mehr als die Bands, die bei ihm unter Vertrag sind. Wolfgang Mitter: Das Sozialprestige von Berufen wie Booker, Manager etc. ist in Wien so etwas von am Boden, und wird von Künstlern so wenig geschätzt, dass sich das niemand antut. Von Künstlerseite gibt es eine sehr große Feindseligkeit gegen jede Tätigkeit, die möglicherweise ihre Musik groß machen könnte und nicht direkt mit ihnen in Verbindung steht. Es ist eine Angst der Künstler da, dass etwas von ihrer Kreativität weggenommen wird. Mia Zabelka: Man muss möglichst effizient arbeiten, gerade wenn man internationale Tourneen macht, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Sich auf jemanden zu verlassen, der dann alles doch nicht macht, ist ineffizient. Für mich war es der einfachere Weg, meine internationalen Kontakte selber zu knüpfen, und dann meine Konzerte zu machen. Das ist bei Susanne (DJ Electric Indigo, Anm. d. Red.) genauso. Wolfgang Mitter: Bei einer anderen Dienstleistung wie z.B. der eines Frisörs würdest Du nicht auf die Idee kommen, sie selber zu machen. Als Künstler muss man Talent haben und Beschäftigung mit der Materie investieren, wenn man buchen will. Booking ist eine sehr spezialisierte Arbeit. Nach Österreich Bands hineinzubuchen, das ist kein Problem. Aber den Export zu machen, dazu braucht man ziemlich viel Know-how. Peter Paul Skrepek: Die von Alexander Hirschenhauser angesprochene Individualisierung bezweifle ich ein Panel: Stilfeld „Dance/HipHop/Elektronik” wenig. Eine formatiertere Gesellschaft als unsere heutige technische hat es wahrscheinlich noch nie gegeben. Wir machen uns etwas vor, wenn wir uns für unabhängig erklären. Die niedergehenden Plattenkonzerne werden alle Register ziehen, um das Kunstschaffen unter Kontrolle zu bekommen und auch den Vertrieb, indem sie z.B. Kopien für illegal erklären, die bisher unumstrittener Weise legal gemacht werden. Das ist ein langes Thema. Alexander Hirschenhauser: Hier ist die Individualisierung und dort die Kommunikationswissenschaft, die immer wieder neue Wege findet, sich doch noch ins Unterbewusstsein bei uns hineinzuschleichen. Selbst die aller Kritischsten von uns schaffen es nicht, sich abzuschotten von dem Bombardement an Kommunikation. Peter Paul Skrepek: Das hieße ja abschalten, aber Radio- und Fernsehgeräte darf man nur nicht abschalten. Ich freue mich schon auf den Tag, an dem der Ein/Ausschaltknopf nicht mehr da ist, das wird dann der Digitalisierungsknopf sein. Der große Bruder schaut dann aus dem Apparat, was ich mir gerade ansehe. Die Digitalisierung des Fernsehens impliziert das, das ist gefährlich, wird aber nicht mitgeteilt. Über die Rückkabel wird man beim Verkaufsfernsehen nicht nur irgendwas bestellen können, sondern man wird auch beobachtet, was man gerade anschaut. Die streiten das natürlich heftig ab. Wir finanzieren unsere eigene Beobachtung. Die ganze Individualismusdiskussion erinnert mich ein bisschen an den Film „The Life of Brian”, wo Brian als fiktiver Erlöser den schreienden Menschenmassen in Jerusalem, die ihn endlich sehen wollen, Ruhe gebietet und sagt: „Ihr seid doch alle Individualisten.” Einer zeigt auf und sagt: „Ich nicht.” Wesentlich ist es bei diesem Symposion, über die Genregrenzen hinweg zu diskutieren, weil wir als Musikrat und Musikergilde drauf gekommen sind, dass es sinnlos ist, sich auseinander zu teilen, getrennt gegen etwas anzukämpfen, das wir höchstwahrscheinlich nicht einmal gemeinsam in den Griff bekommen können. Es ist schön, Euch zuzuhören, dass ihr die gleichen Probleme wälzt wie wir am Vormittag, nur in einer anderen Stimmlage. Es ist ganz genau das Gleiche. Im Publikumsrat hat der ORF sich kurz eine Blöße gegeben, indem er festgestellt hat, wie viele Leute der jeweiligen Zielgruppe zuhören. FM4 hat einen Österreicheranteil von knapp unter 20% und erreicht in seiner selbst angegebenen Zielgruppe der jungen Leute 12%, d.h. 12% derer, für die FM4 gemacht wird, hören FM4. Bei Ö3 sind es fast 70%, und dort liegt der Kern der Diskussion. Während wir dieses wirklich große Geschäft der formatierten Menschheit überantworten, und es wird nur abgesahnt, gehen die Schafe zur Schlachtbank, kaufen sich brav ihre Madonna oder ihren Justin Timberlake. Der singt ganz, ganz gut, was er uns erzählt, ist vollkommen nebensächlich. Er könnte „la, la, la” singen, die Leute werden es trotzdem kaufen, sie sind wie konditioniert darauf. Das bricht langsam zusammen, es ist aber noch immer das große Geschäft. Ich bin skeptisch, dass uns ein Fortschritt gelingt, wenn wir uns weiter segmentieren. Die Musikschaffenden müssen sich zusammentun über alle Stilgrenzen hinweg. Ein Lagerdenken, dass z.B. ein New Wave Musiker mit einem Popmusiker aus Credibilitygründen nicht gesehen werden will, führt uns geradewegs in die beschriebenen Konsumentenlager. Wir sind heute und morgen hier, um dieser Schreckensvision etwas entgegenzusetzen, nämlich die Musik, die sich vollkommen jeder intellektuellen Erklärung entzieht, die reine Musik, für die wir das machen. Die kleine Minderheit hier ist vernetzt und fühlt sich auf einmal stark, aber das sind nicht einmal 10% auf der Welt. Ob das genügt, um dem Treiben ein Ende zu setzen, wird sich noch herausstellen. Die Stärke, die durch die Vernetzung erfolgt, ist möglicherweise ganz schnell weg, wenn die Digitalisierung kommt, und aus dem Fernseher sieht dir einer zu und meldet weiter, was du dir heute abends angesehen hast. Dann ist es finster. Michael Huber: Ist Kulturförderung für elektronische Musik sinnvoll, ja oder nein? Wenn ja, wie und warum? Mia Zabelka: Ich kann verstehen, dass Kollegen nicht in den Geruch des Staatkünstlers kommen wollen, das ist auch ein politisches Statement. Ich denke nur, dass es wichtig ist, dem Bund und der Stadt Wien gegenüber ein Statement zu setzen. Klar ist, dass Musik der Stadt Wien kein wirkliches Anliegen ist. Die Kulturpolitiker gehen auch nicht zu Produktionen im Porgy & Bess, sondern maximal zu „Barbarella” und in die Staatsoper. In Clubs zu gehen, interessiert sie nicht. Elektronische Musik ist keine Thema, Opernproduktionen sehr wohl. Wenn die Szene darauf sagt, wir wollen 44 eigentlich gar nicht, ist das das falsche Verhalten. Die freie Theater- und Tanzszene machen sich auch bemerkbar und fordern Finanzierungen. Das finde ich sinnvoll. Dadurch wird das Kulturleben in Wien lebendiger, wenn auf breiterer Ebene gefördert wird. Michael Huber: Danke vielmals den Panelteilnehmern und dem Publikum. Das war es vorerst aus wissenschaftlicher und diskussionsartiger Sicht. Harald Huber: Wir freuen uns, drei Acts ab 19.00 Uhr beim Fest präsentieren zu dürfen. Zunächst spielt das Duo Marwan Abado und Peter Rosmanith, eine Zusammenarbeit zwischen einem Musiker aus dem Libanon und einem österreichischen Perkussionisten. Dann folgt das von drei an der Musikuniversität Wien Studierenden gebildete Trio „Kelomat”, das im Netzwerk der IJFO bereits international aufgetreten ist. Abschließend hören sie das neue Projekt des „Count Basic”Masterminds Peter Legat „Team Legat” mit tanzorientierter Musik, die eine Verbindung von Live-Musik, Electronic und DJing herstellt. Wir wollen auf beachtenswertes Musikschaffen aus Österreich aufmerksam machen. Viel Vergnügen. 45 PANEL: STILFELD „POP & ROCK” Mario Rossori: Ich bin schuld, dass wir heute um 10.00 Uhr hier sind, denn ich habe am kommenden Mittwoch eine große Veranstaltung, und habe um die frühe Beginnzeit gebeten, um noch den Amadeus Austrian Music Award fertig organisieren zu können. Harald Huber hat in den Symposionsunterlagen zu unserem Panel geschrieben: „Vom Rock'n Roll zum Computer gesteuerten Video-Play”, zufälligerweise hat es sich ergeben, dass wir TeilnehmerInnen in dieser ganzen Bandbreite auf dem Podium sitzen haben. Ich darf begrüßen Felicitas Hager von gotv, Wickerl Adam, Hallucination Company, Musiker, Produzent, und Alexander Kahr, zur Zeit berühmt und berüchtigt durch Christina Stürmer. Ich darf heute moderieren, meine Aufgabe ist es, die Diskussion zu fokussieren. Ich darf, Ladies first, an Dich, Felicitas, übergeben. Felicitas Hager: Ich bin in meiner Funktion als Programm- und Musikchefin von gotv eingeladen worden. Gemeinsam mit Thomas Madersbacher, dem Geschäftsführer von gotv, habe ich von 2001 bis zum Sendestart den Sender gotv konzipiert und On Air gebracht. Jetzt führe ich gemeinsam mit Thomas Madersbacher gotv operativ. Zur Gesellschaft: Die TIV Kabel-GesmbH betreibt gotv. Die TIV setzt sich wie folgt zusammen: 25,5% Thomas Madersbacher, Felicitas Hager 25,5% Karl Psenechka (privater Investor) 49% ET-Multimetia ZeitschriftenVerlag (Wirtschaftsblatt, Skip, die Wienerin, Miss und andere) gotv ist seit Oktober 2002 in Wien und Niederösterreich im Kabel zu empfangen. Ab 1. Mai 2004 ist gotv europaweit über ASTRA-Digital verbreitet und empfangbar. gotv wird ab 1. Mai 2004 im Oberösterreichischen Kabelnetz LIWEST (Linz Wels Steyr) ausgestrahlt. Weitere Österreichische Kabelnetze werden folgen. Wir sind da gerade in Verhandlung mit den diversen Betreibern. Die bisherigen Erfolge von gotv sehen folgendermaßen aus: Bereits zwei Monate nach Sendestart haben wir nach einer Umfrage von Fessel-GFK eine Bekanntheit von 80% in unserer Zielgruppe innerhalb unse- rer Verbreitung erreicht. Im Frühjahr 2003 haben wir VIVA überholt und MTV eingeholt. gotv ist in der TeletestMessung - unsere Werte sind also keine Umfrageergebnisse oder Schätzungen, sondern harte Messergebnisse. Zum Programm von gotv - be part of it: gotv definiert sich als Jugendsender, beschäftigt sich aber vorwiegend mit Musik. Das Programm setzt sich zum Hauptteil aus Musikvideos zusammen. gotv beschäftigt sich mit Events, Kino, Videogames, Sport und Musik. gotv spricht mit seinem Programm in der Kerngruppe 14 bis 29-Jährige an. Der weitere Seherkreis ist zwischen 12 und 39 Jahre alt. Gemäß unserem Leitsatz „be part of it” wollen wir, dass unsere Seher einerseits am Geschehen in der Stadt teilhaben können und andererseits mit uns gemeinsam gotv- Programm machen können. Es gibt für Seher viele Möglichkeiten, bei gotv mitzumachen: als gotv-scout, in der gotvBox, bei Seheraktionen und Testimonialkampagnen und bei Wünsch-Dir-Was-Aktionen, bei denen sich unsere Seher ihren Lieblingssong wünschen können und diesen auch gleich anmoderieren. Sonst gibt es in voller Absicht keine Moderationen. „Gotv - be part of it” gilt auch für unsere Kooperationspartner wie das Flex, WUK, Musicnet (Harry Jenner), DJTop40 und Clubnet-Charts (Bingo Boys) sowie FM4, Independent Club Charts, Hit FM und ab nächster Woche der Linzer Posthof. Wir hoffen, demnächst in Kooperation mit Ö3 die Austrian Top 40 auf gotv zu zeigen. Jeder dieser Partner gestaltet wöchentlich eine Stunde gotvProgramm. Zudem laden wir alle Artists, über die gotv ein Feature macht, ein, auf gotv Programm zu machen. Zum Musikmix von gotv: Das Programm orientiert sich mehr an Radios als an klassischen TVStationen. Genauso wie im Radiobereich haben wir daher auch für gotv ein Musikformat definiert. Wir nennen unser Format „Progressiv Hits”. Unsere Positionierung liegt dabei zwischen Ö3 und FM4. Der gotvMusikmix ist einerseits aktueller und progressiver, als der Musikmix von Ö3, andererseits ist gotv in der Musikauswahl breiter als FM4. Mit beiden Sendern gibt es große Überschneidungen in der Titelauswahl. Welche Kriterien bei der Musikauswahl eine Rolle spielen, sind so vielfältig, dass ich ein eigenes Seminar dazu halten müsste. Darum werde ich darauf jetzt nicht näher eingehen. Wir werden aber sehr wohl später, wenn es um Auswahl österreichischer Videos für das Programm von gotv geht, noch darüber sprechen. Denn das Spielen österreichischer Titel stellt für jedes elektronische Medium, sei es Radio oder eben ein Musik-TVSender wie gotv, eine Ausnahmesituation dar. Leider - hoffentlich ändert sich das noch. gotv hat ca. 90 Nummern in der Wochenrotation ohne Pool für Handverlesung. Unsere Rotationsstruktur: A (25 Plays) B (18 Plays) C (16 Plays) D (14 Plays) F (8 Plays) N (20 Plays) R (2-5 Plays - Handverlesen) Keyartists von gotv sind: gotv spielt Musik von P!NK, Avril Lavigne, Beyonce, Eminem und Sean Paul; viele europäische Künstler wie The Rasmus, HIM, Coldplay, Sportfreunde Stiller, Wir sind Helden, Kid Alex, Air, Placebo usw. gotv und die österreichische Musiklandschaft: Zum Sendestart von gotv gab es kaum Videos von österreichischen Künstlern. gotv hat im Wissen um diesen Mangel schon in der Konzeptionsphase reagiert und den „gotv Local Hero der Woche” kreiert. gotv stellt in dieser Rubrik jede Woche mindestens einen österreichischen Künstler vor. In einem Feature wird die Band und deren Musik vorgestellt. Im gotvInterview haben die Bands Gelegenheit, sich selbst vorzustellen und zu präsentieren. Zudem wird auf Liveauftritte hingewiesen. Bands gestalten auch eine Stunde Programm. Ziel des „gotv Local Heros” ist es, vor allem zu zeigen, wie vielfältig und groß die österreichische Musiklandschaft ist, und dass es sehr gute österreichische Bands gibt - und natürlich die vorgestellte Band bekannt zu machen, auch Teaser-Clips. Schon nach etwa einem Jahr nach Sendestart wurden immer mehr österreichische Videos bei gotv einge- Panel: Stilfeld „Rock&Pop” reicht. Leider war die Qualität der Produktionen, der Kompositionen und auch der Videos nicht ausreichend gut, um in Rotation genommen zu werden. Inzwischen wird wöchentlich mindestens ein gutes österreichisches Video vorgelegt. Aus Qualitätsgründen war es vor wenigen Wochen noch undenkbar, österreichische Videos ernsthaft ins Programm aufzunehmen. Das hatte nichts damit zu tun, dass die österreichischen Bands nicht ausreichend gut sind oder waren, sondern, dass es bis dato nicht notwendig war, Produktionen zu machen, die sich neben internationalen und teuer produzierten Songs spielen lassen und bestehen. Es war als hätten die Bands bis dahin nicht die Notwendigkeit verspürt, einem internationalen Standard zu genügen. Das scheint sich jetzt zu ändern. Ich kann seit 2000 jedenfalls eine deutliche Professionalisierung bei den Video und Songproduktionen feststellen. In der KW 17 2004 sind folgende österreichischen Videos auf gotv Rotation N (20 Plays/Woche): Petsch Moser: Bastard Anik Kadinsky: Another Goodbye (ist dadurch in die Charts eingestiegen) D (14 Plays/Woche): Falschen Freunde: Alles ist Pop Texta: So oder so Jellybeat: Part Four Verena: Addiction F (10 Plays/Woche) Zeronic: Thank You For Killing Me Litterbox: Flight 21 Zudem zeigen wir: The Seesaw: All The Same, Funcalicious: Prophecy, Pacheco: Doin Fine, Ben Martin: Television Neu im Programm ab kommenden Montag: Jugendstil: Rivalen in der Sackgasse Durch dieses Radio-Rotationsprinzip bringt unser Sender z.B. in der Mittagszeit ca. jede Viertelstunde ein österreichisches Video. In der Show „Neu auf gotv” am Freitag 19.00, So 14.00 Uhr (Wiederholung) wird mindestens ein österreichisches Video in dieser Sendung vorgestellt. Alexander Kahr: Ich produziere seit 1997 regelmäßig Popmusik. Mein Konzept ist, Musik von jungen Menschen für junge Menschen zu machen. Damals war das ein in Österreich nicht berücksichtigtes Segment. Studios in Österreich müssen auch Werbung produzieren, um zu überle- 46 ben, und können sich daher nicht hundertprozentig auf Popmusik konzentrieren. Wir jedoch tun das! Ich durfte zunächst fünf Jahre im Team von Christian Kolonovits arbeiten und lernen. In den letzten sieben Jahren seit damals haben wir es auf 20 Top40ty-Hits gebracht. Ziel ist es, junge Talente im Bereich Pop zu fördern, denn im Bereich „Alternative Music” gab es 1997 viele Künstler, denen wiederum eine kleine, verpönte Popszene gegenüberstand. Die österreichische Popszene wirkt nicht cool, man ist in der öffentlichen Meinung immer irgendwie ein Klon von irgendjemandem. Das finde ich nicht richtig, denn Talente sollten einfach ihre Musik machen (dürfen). International gesehen entstehen neue Chancen, weil man mit 10.000-EuroEquipment professionell produzieren kann, sofern man die Zeit dafür hat, und weil Internetforen mit Downloadmöglichkeiten entstehen, die einen vorab hohen Geldeinsatz immer weniger notwendig machen. Es können daher heute bereits kleine Labels und Künstler auf dieser Basis für sie wichtige Umsätze machen. Zu notwendigen Verbesserungen in der österreichischen Popszene ist folgendes zu sagen: Ö3 und die Radios sind nicht alleine schuld, sondern die fehlende Möglichkeit, seit 1993 als Popkünstler in einer heimischen Fernsehshow aufzutreten, obwohl mittlerweile weltweit als Grundsatz gelten kann „TV makes the Superstar”. Österreichische Künstler dürfen nicht auftreten, sondern sich maximal in den „Seitenblicken” zeigen. Ausnahme: Confetti TV, wo junge Popkünstler auftreten können. Ich hoffe auch, dass man auf gotv bald Live-Künstler spielen lässt. Die Gruppe „Whatever” hatte z.B. 1.200 Radioeinsätze, aber auf der Mariahilfer Straße kennt sie kein Mensch. Das Publikum kennt die Gesichter zu den Stimmen nicht. Hier liegt auch der Grund für den Erfolg von Christina Stürmer und Manuel Ortega: Beide werden auf der Straße erkannt. Dann kann man Starqualitäten ausspielen. Insofern ist die Anklage des Radios obsolet, denn ohne Fernsehen wird ein Künstler nicht bekannt, und die Situation dort ist extrem trist. Genau das sollten wir versuchen, positiv zu verändern. In Sachen Video hatten wir das Glück, von der Adi Mayer Filmproduktion ein Video zu bekommen, nur liegt das grundsätzliche Problem hier, dass niemand in Österreich 50.000 Euro für ein Video hat, ein Standard, den Deutschland vorgibt. Wichtig freilich ist die Idee zum Video wie z.B. bei der Band „Wir sind Helden”. Regelmäßige Auftrittsmöglichkeiten im TV: Das wird die Herausforderung für alle Interessensvertretungen sein. Man kann gewisse Arten progressiver Musik, z.B. harten Rock, der filmisch sehr kreativ umgesetzt werden kann und gleichzeitig keine Radiochancen hat, nur mit Bild übertragen. Aus dem Chartsbuch und aus eigener Anschauung weiß ich, dass 1990 zu Zeiten als es Sendungen wie „XLarge” und „Ohne Maulkorb” gab Wolfgang Ambros dreimal die Stadthalle ausverkauft hatte. Selbiges gilt für die EAV, deren erstes Video man im ORF sehen konnte. Folgendes ist für musikalische Newcomer Voraussetzung: Musikalische Echtheit und gesangliches Talent, der Sänger bzw. die Sängerin sind extrem wichtig. Musikbusinesstechnisch muss ein Investmentplan für mehrere Jahre gemacht werden und nicht nur für ein oder zwei Singles. Finanzierungspläne für längere Zeiträume, auch zur Absicherung des Künstlers, sind wichtig. Beispiele aus unserem Haus sind Manuel Ortega, Whatever, Two in One, Crazy Orange und Christl Stürmer, die uns von der Plattenfirma zugespielt wurde. Eine Single ist zu wenig, der Hit kann auch erst in zwei bis drei Jahren kommen. Als Produzent muss man immer Fan des Künstlers sein, mit dem man zusammenarbeitet. Österreichische Interessensvertretungen müssen sich wieder stärker ihrer Verantwortung bewusst werden: Persönliche Denunzierungen von Personen, die hohe Positionen in Medienunternehmen innehaben, halte ich für absolut kontraproduktiv. Die Interessensvertreter müssen 120 Prozent Einsatz auf einer sehr diplomatischen Ebene geben. Der Dialog muss immer stattfinden. Wenn man wichtige Persönlichkeiten z.B. beim Amadeus kritisiert, dann blocken diese in Zukunft ab, und das bringt den Künstlern nichts. Wir müssen den Dialog - auch wenn es schwierig ist noch mehr suchen. Wenn 15 Mal Rückschläge kommen, beim 16. Mal haben wir vielleicht genau das erreicht, was wir wollen. Mario Rossori: Viele der österreichischen Stars sind in der Hallucination Company groß geworden. Bitte um einen kleinen Rückblick und Einblick in die österreichische Popmusikszene! Was waren früher die Probleme und Netzwerke, was hat sich seither verändert? Panel: Stilfeld „Rock&Pop” Wickerl Adam: Ich spreche von der Entwicklung der Pop- und Rockmusik in Österreich - 1959/60 hatte es ja schon Mandy und die Bambis gegeben, auch Schlagersänger wie Jörg Maria Berg aus Wieselburg und Lolita aus St. Pölten. Daneben gab es die Amerikaner. Ich war Little RichardFan, Elvis war mir zu weich, dann kam schon James Brown mit seinem Soul. Der Unterschied zwischen den Musikern von damals und heute: 80 Prozent der Wiener Musiker waren ganz schlimme Buben. Das wären Einbrecher und Zuhälter geworden. Heute kann mit 18 Jahren schon jeder Musiker geschult spielen. Es gab ca. 200 Bands, und wir hatten die Gelegenheit, jedes Wochenende zu spielen, weil es in jedem Bezirk vier bis zehn Spielorte gab. Es war eine sehr kreative Zeit, denn es gab Bandwettbewerbe, wo sich die Musiker des 19. Bezirks mit denen des 21. Bezirks messen konnten usw. Für mich persönlich waren es die Zigeuner des 20. Bezirkes, die mein Leben in musikalischer Hinsicht sehr beeinflusst haben. Das heutige Metropol hieß damals HVZ Hernalser Vergnügungszentrum. Dort habe ich zwei Jahre lang jeden Samstag und Sonntag gespielt, wobei wir immer 1000 bis 1200 Leute Publikum hatten. Wir konnten von dem Geld, das wir an einem Wochenende verdient haben, eine ganze Woche leben. Ich habe daher früh mit 18 Jahren die elterlichen Betriebe verlassen und bin Musikprofi geworden. Dann kam für mich die harte Schule der GI-Clubs in Deutschland, d.h. acht Stunden pro Tag Coverversionen spielen vor musikuninteressierten, betrunkenen Amerikanern. Erstmalig hatte ich die Grenze übersprungen nach Deutschland, jene Grenze, die in Sachen Musikbusiness bis heute noch so schwierig zu überwinden ist. Auf künstlerischer Ebene, d.h. der Austausch mit deutschen MusikerInnen und Bands war nie ein Problem, da hat auch stets die gegenseitige Wertschätzung gestimmt. Bis Anfang der 70er Jahre hatten wir nur Musik nachgespielt, keine eigenen Sachen gemacht. Zu dieser Zeit als bereits Wolfgang Ambros die heimische Popmusik eingeläutet hatte, begann ich an der Musikakademie Pauke zu studieren und hatte das Glück, jenem letzten Jahrgang anzugehören, den Professor Hochrainer noch persönlich leitete. Von ihm habe ich sehr viel gelernt. Dann habe ich Körpertheaterausbildung gemacht bei Jiri Krotovsky, war Mitglied des „Dramatischen 47 Centrums” 1973. Dann war ich in der Le Cock Schule in Paris und habe die Ausbildung zum Clown gemacht. Damals hat mich bereits fasziniert, Darstellung, Szenen und das Herausstreichen von Persönlichkeiten mit Musik zu verknüpfen. Daraus wurde dann 1977 die Hallucination Company vor dem Hintergrund einer lebendigen Undergroundszene der 70er Jahre. Firmenmäßig gab es nur die Amadeo, die sich um Christian Kolonovits oder Waterloo und Robinson gekümmert haben, sonst war da nur sehr wenig. Daneben gab es die Liedermacher, aber eben niemanden im Rockbereich. Ich stellt dieses Vakuum fest und wollte da hineinstechen. Meine selbstgetätigte Auflage an die Hallucination Company war, dass ich stets die beste Band im Rockgeschäft haben wollte, weil ich überall spielen wollte. Hits zu machen, war für mich nie relevant, auch weil ich es nicht konnte. Thomas Spitzer ist ein Hit nach dem anderen aus der Feder geronnen, ich wiederum erkenne Menschen, spüre Sänger und kann aus Menschen Dinge herausholen, von denen sie oft nicht einmal selber wissen, dass sie in ihnen stecken. Die Hallucination Company wurde - und das ist bereits die Meinung der Medien - der Schmelztiegel der österreichischen Rockszene. Damals kam dann auch die EAV auf, und Stefan Weber reaktivierte die Band „Drahdiwaberl”, die er bereits zu Grabe getragen hatte. Die erste Besetzung der Hallucination Company: Hansi Hölzl - Bass, Peter Kolbert -Schlagzeug, Thomas Rabitsch - Keyboards, Harri Stojka Gitarre, Peter Lössl - Gitarre, Hansi Lang - Gesang. Dann kam nach zwei Jahren Mo dazu. Diese Band wäre heute gar nicht mehr zu bezahlen. Wir haben Wien erobert, aber waren nicht nur eine heiße Band mit coolem Styling, sondern wir haben es geschafft, aus diesem Land hinauszugehen. Jeder Rock- und Popmusiker, der aus unserem Land hinausgegangen ist und gewissenhaft gearbeitet hat, hat es auf seine Art geschafft. Georg Dum, der von 1989 bis 1993 in der Hallucination Company gespielt hat, lebt heute als vielbeschäftigter Drummer mit Frau und Kind in Los Angeles. Jeder, der den Mut hat, aus Österreich hinauszugehen, kann es schaffen, denn wir haben etwas anzubieten: Eine unheimlich reiche Vergangenheit, die in unseren Seelen und Körpern und im Geist lebt, und wir haben am Instrument etwas anzubieten. Wunderbare Beispiele sind Karl Ratzer und Konrad Schrenk. An diesen Musikern erfreut sich im Ausland das Publikum. In Österreich ist innerhalb der Szene noch immer ein Neidgefühl zu beobachten. Wenn man aus dem Land hinausspringt, kommt plötzlich eine ungemeine Öffnung entgegen. Wir machen es uns selber gegenseitig schwer. Ich habe diese österreichischen Neigungen nicht, ich habe Freude am Erfolg des anderen. Öfter wird mir die Frage gestellt, wie ich damit umgehe, dass ich Stars gemacht habe, selber aber keiner geworden bin. Mir geht es damit bestens, denn aus der dritten Reihe sieht man mehr als aus der ersten - und ich stehe gerne mit Hansi Lang oder anderen auf der Bühne. Wenn wir uns gegenseitig erfreuen, können wir ganz anders überzeugen. Wir haben eine unglaubliche musikalische Potenz in diesem Land anzubieten, die nicht gezeigt wird, weil die Radio- und Fernsehszene eine Schande ist. Ich muss deutsche Sender konsumieren, um dort aus Musikermund zu hören, dass in Deutschland Bands wie Drahdiwaberl oder Hallucination Company nicht möglich wären - Anerkennungen kommen aus dem Ausland. Es freut mich außerdem, dass Christl, die „es” hat, gewonnen und einen sinnvollen Produzenten gefunden hat, mit dem sie in Symbiose geht. Dass Christina Stürmer den österreichischen Tonträgermarkt gerettet hat, kann man nur als Albtraum empfinden. Die Stagnation der Globalisierung beinhaltet diese große Chance, dass es wieder Junge geben wird, die kleine Labels machen, und ich hoffe, dass es auf diese Art und Weise weiter geht. Musiker zu sein in Österreich, ist schwer, aber es ist wirklich toll. Ich kann nur jedem empfehlen, springe aber auch über die Grenze, dann kommt man gerne wieder zurück, weil leben kann man besser von draußen als von hier. Mario Rossori: Welche Netzwerke gibt es in Österreich im Bereich Urheber, Künstler, Produzent, Label? Für wie wichtig erachtet Ihr diese sogenannten „Band-Battles”, die es früher als eine erste musikalische Schulung in der Öffentlichkeit mehr gab als heute? Alexander Kahr: An Bandwettbewerben ist zu kritisieren, dass maximal CD-Sampler herauskommen mit schlecht produzierten Songs. Die richtige Arbeit beginnt erst dann: ein tragfähiges Konzept finden, den richtigen Song aussuchen bzw. schreiben oder schreiben lassen und einen Panel: Stilfeld „Rock&Pop” Tonträger produzieren mit WowFaktor. Diese Schritte fehlen für die jungen Künstler. Wickerl Adam: Liegt es in Österreich wirklich nur an den Persönlichkeiten, die vorne stehen und daran, ob diese etwas weiterbringen oder nicht? Das Beispiel ORF zeigt, dass mit Werner Holy etwas für Popmusik passiert ist, seitdem er weg ist, nicht mehr. In den 80er Jahren gab es auch noch den Zusammenschluss Künstler und Plattenfirma, es hat diese Symbiose gegeben. Der Effekt war eine Welle österreichischer Musik in der Öffentlichkeit. Grund war Herr Friedberg, der heimische Musik forciert hat. Warum hat das wieder aufgehört? Peter Skrepek: Nach dem Abgang von Wolfgang Arming (Polygram), schrieb der neue Geschäftsführer für Österreich, Chris Wemcken, im Musikmarkt: „Wir werden die österreichische Musikproduktion auf Schallplatte auf null reduzieren.” Genau das ist passiert. Polygram war der Marktführer. Harald Huber: gotv ist ein interessantes Beispiel für folgenden Effekt: Wenn man jungen Musikern eine direkte Möglichkeit gibt, in die Medien zu kommen, dann hat das positive Effekte. Auch die „Hosted by”Initiative auf gotv finde ich eine hervorragende Idee. Sobald es ein mediales Angebot gibt, entstehen die entsprechenden Inhalte - siehe die aufkeimende heimische Videoproduktion aufgrund von gotv. Felicitas Hager: Fernsehauftritte sind immens wichtig. Als Beispiel möchte ich die Band „Julia” nennen, deren Videos wir spielen. Über diese Plays hinaus haben wir ein „Making Of” eines ihrer Videos gedreht und gesendet, und somit die Promotion für die Band noch weitergezogen. Seheraktionen, wo gotv-Fans bei Videodrehs mitspielen können, haben wir auch angedacht. Insgesamt hat man mir vor unserem Sendestart von allen Seiten prophezeit, dass es keine relevante heimische Musik gibt, und wir uns mit unserem Konzept eine blutige Nase holen werden. Genau das Gegenteil ist eingetreten. Freilich kann kein Medium alleine einen Künstler groß machen! Das tut auch niemand, weil das eine Kamikatzeaktion ist. Je mehr Medien z.B. gotv beim Künstleraufbau begleiten, desto besser. Im Fall „Julia” gab es auch im ORF „25 - Das Magazin” einen Beitrag über die Tournee und 48 eine Aktion, wo die Seher bei einem Videodreh mitspielen konnten. Da sich die Zeiten geändert haben, und der ORF keine Jugendsendungen mehr bringt, die ja früher Musik bekannt gemacht haben, stoßen wir mit den Mitteln der Zeit in dieses Vakuum und bringen einen Sender mit „Radioformat”, wo man zu jeder Tages- und Nachtzeit bei jedem Einschalten des Fernsehers jene Musik sehen kann, die früher in speziellen Sendungen extra vorgestellt wurde. Ich kenne viele österreichische Bands, die enorm viele Konzerte geben - auch im internationalen Rahmen. Wir können das über die Eintragungen in unserem akribisch geführten Eventkalender verfolgen. Peter Tschmuck: Vielfalt heißt, dass möglichst viele Kreative etwas machen, und das jeweils anders machen. Gegenseitige Abgrenzung und Wettbewerbe sind notwendig. Der Schlüssel liegt immer im Ergreifen der Eigeninitiative. Das bewusste Risiko des Scheiterns muss eingegangen werden. Mediale Rahmenbedingungen sind wichtig. Unterscheidung und Vielfalt sind auch in den Medien nötig, aus diesem Grund ist gotv entstanden auf der Basis der Rundfunkliberalisierung. Andere Sender, die sich wiederum unterscheiden wollen, wären nötig. Im Radiobereich stellen wir zwar eine Vielzahl, aber keine Vielfalt fest. Die Politik ist gefragt, denn sie setzt die Rahmenbedingungen. Eine Wettbewerbskontrolle ist erforderlich. Mario Weitzl: Im Radio z.B. spricht niemand mehr über die Interpreten, sie werden oft nicht einmal angekündigt. Das ist ein weiterer Grund, warum selbst Künstler, die Airplay haben, ihren Bekanntheitsgrad nicht steigern können. ORF-Führung leidet tatsächlich unter dem Abgang einiger Lichtgestalten wie Werner Holy und hat keine Ahnung, dass es präsentationswürdige Musik gibt. Wenn Musiksendungen gemacht werden, dann in einer Art und Weise, dass einem die Krausbirnen aufsteigen, siehe die letzte Song Contest Vorausscheidung. Mario Rossori: Fehlen uns die nationalen Netzwerke, Lobbying etc.? Alexander Kahr: Österreich hat den Nachteil der deutschen Sprache insofern, dass der Import aus Deutschland, z.B. was Musiksender betrifft, ein Todschlagargument für den Aufbau eigener heimischer Strukturen ist. In Ungarn und anderen vergleichbar kleinen Ländern wird schon aufgrund der Sprache eine andere Autarkie angestrebt. Zum ORF: Schlager und volkstümliche Musik werden mit regelmäßigen Sendungen unterstützt, das hat äußerst positive Effekte auf den LiveBereich. Hier gelingt es, Sendezeit im Fernsehen in Bekanntheit umzumünzen. Die Sendung „Play Music” um 13.10 am Samstag ist völlig falsch angesetzt. Daneben machen Schifahrer und Schauspieler CDs, und über die Seitenblickeschienen erfährt es das Publikum. Für Musikkünstler ist dann kein Platz mehr. Musiker müssen heute Schauspieler werden (z.B. Jeannette Biedermann, Yvonne Catterfeld), damit ihre Veröffentlichungen Beachtung finden. Ab 1995 wurde „X-Large”, die letzte ORF-Sonntags-Nachmittagssendung, eingestellt. Hier können wir einen deutlichen Bruch feststellen, was die Präsentationsmöglichkeiten betrifft. Harald Hanisch: Das Fernsehen macht in der heutigen Zeit die Stars. Das Radio spielt sie dann. Mario Rossori: Pikanterweise liegt genau darin auch der Grund, warum der ORF keine StarmoderatorInnen mehr hervorbringt, weil diese traditionellerweise in Musik/Kultursendungen ihr Handwerk gelernt und sich ihre erste Bekanntheit erarbeitet haben. Peter Skrepek: Was nicht im Fernsehen stattfindet, findet nicht statt. Die Leute in den Entscheidungsetagen der relevanten Medien, haben keinen Zugang zu dem, was wir machen. „Musik spielt im Fernsehen keine Rolle” war eine Aussage von Andreas Rudas, als er ORF-Generalsekretär war. Ich vermute, dass er niemals eine Musiksendung im Fernsehen gesehen hat, und daher jene Allgemeinaussage von der Bedeutungslosigkeit der Musik im Fernsehen propagierte. Die jetzige Martin Sigmund: Ein interessantes Medium ist das Internetradio, z.B. www.lounge.com Über laufende Bewertungen des Hörenden wird ein individuell auf den Geschmack abgestimmtes Radioprogramm gesendet. Weiters wird bei jedem Song das Cover der CD eingeblendet sowie Links zu den Lyrics, zum Künstler und zur Bestellbarkeit von CD oder Download in Internet. Das ist für mich eine angenehme Art, während der Arbeit Radio zu hören, und ich entdecke dar- Panel: Stilfeld „Rock&Pop” über auch viele „kleine” Künstler. Dietmar Tinhof: Die reine Medienausrichtung in der Diskussion stört mich. Ich bin Musiker, verdiene aber mein Geld als FreelanceSoundengineer und Produzent. Ich komme sehr viel herum in den unterschiedlichsten Produktionseinheiten. Was ich bemerke, ist folgendes: Uns fehlt in diesem Land eine eigene Lobby im Sinne eines gemeinsamen Selbstbewusstseins. Die Szene existiert nicht, weil sie niemand transportiert. Man weiß in diesem Land nicht, dass es uns gibt. Die Künstler werden vielleicht mal ab und zu vorgestellt, aber alle, die dahinter arbeiten, nicht. Es gibt zwar Ansätze, eine Musikförderung zu institutionalisieren, ein Selbstbewusstsein gibt es aber deshalb noch nicht. Informelle Foren im Internet sollten mehr genützt werden, Guerillamarketing muss gemacht werden etc. Manfred Wodara: Es geht um Netzwerke. Gegeneinander kämpfen bringt nichts. Im ORF kann man Musik nur mit Geldmitteln zum Klingen bringen, d.h. nicht mit Schmiergeld, sondern mit dem Beibringen von Sponsoren, die eine Sendung ermöglichen, die eine Musikplattform darstellt. Wir werden in Zukunft keine österreichischen Künstler mit Plattenfirma mehr haben. Das wird ein großes Problem. Nur durch ein Miteinander kann es wieder funktionieren. Der ORF würde den Amadeus liebend gern um 23.00 Uhr ansetzen. Mario Rossori: Zur Erklärung: Der ORF empfindet einen späten Sendeplatz für den Amadeus hervorragend, weil mit dieser Sendung die normalen Quoten zu dieser Tagesbzw. Nachtzeit bei weitem übertroffen werden. Manfred Wodara: Den Amadeus hat man heuer um 22.00 Uhr gegen die ZiB2 gesetzt. Das hat etwas mit Schwachsinn in Reinkultur zu tun. „Dolce Vita”, das um 21.15 Uhr kam, hätte man ja auch nachher spielen können! Das Schlimmste, was uns in diesem Land noch passieren konnte, waren die Privatradios. Die haben uns doch nicht um einen Schritt weiter gebracht, die haben uns drei Schritte zurückgebracht! Wir haben ein Medienproblem. Ich wurde stets angefeindet, warum wir so wenige nationale Künstler produzieren, aber wenn man diese nur für die Schublade macht, dann hat das keinen Sinn. Hier liegt das wesentliche Kernproblem. 49 Wenn Christina Stürmer 100.000 Platten in Österreich verkauft, und in Deutschland nicht einmal veröffentlicht wird, zeigt das viel über den Zustand der Plattenbranche, gibt aber auch Aufschlüsse darüber, wie wir in Zukunft arbeiten müssen. Wir müssen aus Österreich ein größeres Land machen, das dann Deutschland, Österreich, Schweiz heißt. Mit einer Österreich-spezifischen Philosophie werden wir nicht weiterkommen, wir brauchen eine größere. Der Hahn wird zugedreht werden für österreichische Veröffentlichungen vonseiten der Plattenfirmen. Gute Kräfte müssen jetzt Netzwerke bilden. Mario Rossori: Es gibt kein generelles Netzwerk, wo alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten drinnen sind. Es gibt Interessensvertretungen und Projekte, die durchaus versuchen zwischen den einzelnen Playern Kooperationen herzustellen und Plattformen zu bilden - nur ist das zu klein und insgesamt gesehen viel zu wenig. In Bezug auf Förderungen gibt es kleine Möglichkeiten auf Produktionsseite und ab Herbst 2004 für die Vermarktung die Förderstelle „departure” des WWFF für in Wien ansässige Unternehmen. Felicitas Hager: Die Situation in der Musikvideoproduktion wurde durch digitale Schnittplätze für zu Hause immens verbessert. Die Kosten- und Honorargegebenheiten auf Seiten der Videoproduzenten müssen nach unten geschraubt werden, das passiert bereits. Wir haben z.B. für den Act „Platzgumer” mit Universal gemeinsam das Video zum Song „Convertible” produziert, das 1.300.Euro gekostet hat. Qualität ist dabei immer unser oberstes Gebot, egal ob nationale oder internationale Videos für den Einsatz geprüft werden. Die Spots wiederum, die bei uns von Veranstaltern etc. eingehen, haben in der letzten Zeit eine immer höhere Qualität erreicht, sodass sie unverändert auf Sendung gehen können. Manfred Wodara: Wenn allerdings MTV und Viva ein Video, das möglicherweise auf gotv läuft, aus Qualitätsgründen ablehnen, rechnet sich das Investment schon nicht mehr. Wirtschaftlich gesehen macht nur der GSA-Raum Sinn. Mario Rossori: Bei Videos ist es nicht ausschließlich die Qualitätsfrage, die über den Einsatz entscheidet. Ein Video der österreichischen Band sPout, das übrigens Euro 1.400.- gekostet hat, lief auf MTV Japan, die Deutschen haben es aber nicht gespielt, weil der Song in ihrem Land nicht veröffentlicht war. Manfred Wodara: Es wäre den Versuch wert, eine Kooperation zwischen gotv sowie Viva und MTV zu erreichen, obwohl da natürlich Konkurrenzverhältnisse bestehen. Felicitas Hager: Für den Raum Österreich gilt, dass sich die angesprochene Konkurrenz entspannt darstellt, weil gotv mit seinem Sendestart den anderen Musiksendern kein Publikum weggenommen hat, sondern die Anzahl der Seher einfach vergrößert hat. Auch die Programmausrichtung (MTV in Richtung Vollprogramm, gotv mit dezidiertem Musikvideofokus) entspannt die Konkurrenzsituation. Neugierig sind wir auf die Reaktion von MTV, wenn gotv in Kürze über Satellit von Gibraltar bis Moskau zu empfangen ist! Mario Rossori: Bitte um ein Schlussstatement von allen Podiumsdiskutanten! Wickerl Adam: Ich möchte hinsichtlich der Bildung von Netzwerken auch uns Musiker in die Pflicht nehmen, denn wir sind schließlich das Futter für diese Netzwerke. Man muss etwas bieten, ein Typ sein und auf der Medienorgel spielen können, siehe Falco. Die Leute, die bei mir spielen, müssen eine Körpertheaterausbildung bei mir machen! Musiker sind in einem Geschäft, das sich Showbusiness nennt, dementsprechend müssen wir aussehen, nicht wie Beamte und Angestellte. Rock'n Roll ist „Go” und nicht „Schach”. „Show-Business” heißt erstens sich herzeigen und zweitens ein Geschäft damit machen. In Österreich zeigen wir in der Regel nichts her, sondern verstecken etwas bzw. uns. Als Künstler im Entertainmentbereich muss man sich erkennbar machen und etwas anbieten, das anderen die Augen und Ohren aus dem Kopf treibt. Von nichts kommt nichts. Stars wie Madonna haben extrem hart an sich gearbeitet. Wir sind Nutten, und gemma's uns einfach! Felicitas Hager: Musiker dürfen sich nicht verstecken. Ein Interview mit jemandem zu führen, der sich mehr oder weniger dafür entschuldigt, hier zu sein, ist mühsam. Alexander Kahr: Popmusik besteht aus Ecken und Kanten. Peter Hafele Panel: Stilfeld „Rock&Pop” mit seinem riesigen Hut aus der Starmania-Staffel 2 ist ein gutes Beispiel, er wurde z.B. wegen seiner Extravaganz als anarchistisch und böse denunziert, dabei braucht es genau solche Typen. Es wird in Zukunft noch mehr an den Eigeninitiativen der Kreativen liegen! Netzwerke werden immer wichtiger: Wir Produzenten müssen uns mehr mit Videoleuten zusammenschließen, Teams rund um einen Künstler zusammenstellen etc. Ich gebe nicht auf, es werden sehr rosige und gute Zeiten kommen. Mario Rossori: Medien sind wichtig für die Popmusik, daher kommt eine Diskussion zu den Bedingungen kreativen Schaffens sehr schnell in das Fahrwasser einer Mediendiskussion. Auch diese haben wir geführt, weil sie notwendig ist. Plattformen im Rock/Pop-Bereich wie FM4 und gotv mit seiner nationalen Ausstrahlung verändern die Möglichkeiten von heimischen Kreativen hoffentlich nachhaltig. Mit der nötigen Ausbildung in Sachen Stimme und Körperdarstellung sollten sich Dinge zum Besseren bewegen lassen. Danke fürs Kommen! Performance: Kollegium Kalksburg 50 51 PANEL: STILFELD „VOLKSMUSIK/FOLK & WORLD MUSIC” Birgit Huebener: Ich möchte Sie sehr herzlich zu diesem vorletzten Panel des Symposions begrüßen und darf mit einem Dankeschön für Ihr Kommen die Teilnehmer vorstellen und begrüßen: Horst Watzl, der spontan nun doch dabei sein kann, weil die World Music Messe in Istanbul kurzfristig abgesagt wurde. Michael Krusche von der Band Aniada a Noar. Norbert Ehrlich, über viele Jahre künstlerischer und kaufmännischer Leiter der Szene Wien. Wolfgang Schlag, seit 1987 ständiger Mitarbeiter bei Ö1, Musiker, Komponist und Festivalkurator. Wie geht es der Volksmusik/Folk & Worldmusik-Szene in Österreich zur Zeit, wie sehen sie die Entwicklung der letzten Jahre? Wolfgang Schlag: Die Begrifflichkeit der Volksmusik führt für mich immer zu Problemen der Vermittlung in meiner täglichen Arbeit. Ist „Glatt & Verkehrt” ein Festival der Weltmusik, der Volksmusik, der neuen Volksmusik, der traditionellen Musik ...? Ich als „neuer Sepp Forcher von Ö1”, so die Bezeichnung eines Hörers, habe mit dem Begriff Weltmusik weniger Probleme als mit dem der Volksmusik, der aufgrund der Verkommerzialisierung von jungen Generationen ausschließlich als Musik von Hansi Hinterseer und ähnlichen InterpretInnen rezipiert wird. Auf der anderen Seite des Volksmusikspektrums steht zum Beispiel das Institut für Volksmusikforschung, das sich wissenschaftlich mit Geschichte und Phänomenen der Volksmusik auseinandersetzt. Der Begriff des Volkes im Wort Volksmusik gibt immer wieder zu Auseinandersetzungen Anlass, ob diese Begrifflichkeit in einem aufgeklärten, modernen Europa noch verwendet werden kann bzw. darf. Gleichzeitig öffnet sich die Welt der Volksmusik, die heute völlig akzeptiert in der Szene Wien oder dem Konzerthaus Wien stattfindet. Die Weltmusik konnte ihren Stellenwert in Österreich vergrößern und findet schon seit nunmehr vielen Jahren in den Programmen heimischer Veranstalter und in weiterer Folge beim Publikum Beachtung. Norbert Ehrlich: 1984 kam ich in die Szene Wien. Davor hatte ich ausgefüllte Jahre in der AMA-Künstleragentur verbracht, die damals mit dem Austro Pop (Ambros, Danzer) viel Geld verdient hat. Ich komme somit aus dem Bereich des Austro Pop, der heute belächelt wird, wo es aber Lieder wie „Tagwache” gab, das Sendeverbot im ORF bekam. Damals entstand auch das schönste Konzeptalbum der letzten Jahrzehnte „Es lebe der Zentralfriedhof”. Die Textzeile „Die Pfarrer tanzen mit die Huren und Juden mit Araber” hat heute noch Aktualität für mich und spielt in der Programmierung eines für heuer geplanten IsraelIslam-Festivals („Salam Orient”) eine Rolle. Der in Wien lebende Amerikaner Daniel Bradley brachte mich auf die Idee, den „Mozart aus Indien” in Österreich zu veranstalten: Nikla Benerghee. In den folgenden 20 Jahren haben wir uns dann in Wien an jenen 50% der World Music abgearbeitet, an die man als Veranstalter herankommen kann. Wir kennen bei weitem nicht alles, was es musikalisch Spannendes auf dieser Welt gibt. Festivals wie „Wean Hean” oder auch das Akkordeon-Festival zeigen, dass ein Publikum entstanden ist, das mit diesen Musiken zu begeistern ist. Wenn Mnozil Brass drei- oder viermal hintereinander den Mozartsaal des Konzerthauses füllen, dann bemerkt man, dass sich in den letzen 20 Jahren etwas in unserem Land geändert hat. Die Zukunft ist freilich offen, die Zeiten zugleich nicht die besten. In diesem Sinne: „Wer keine Visionen hat, braucht bald einen Arzt.” Horst Watzl: Musik ist ein Mittel, politische und soziale Realitäten zu transportieren, das trifft besonders auf die World Music zu, wie ich in meiner Tätigkeit im VIDC (Vienna Institut for Development and Cooperation), einer entwicklungspolitischen Institution, laufend bemerke. „Kulturen in Bewegung/Moving Cultures” ist eine Abteilung des VIDC, in der ich arbeite. Wir realisieren Projekte mit MusikerInnen aus Afrika, Asien und Lateinamerika mit dem Fokus auf die Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Im Zuge unserer Tätigkeit konnten wir in den letzten zehn Jahren viele spannende Kooperationen durchführen, das heißt, aktuelle Musik aus den oben genannten Ländern in Österreich präsentieren. Neben dem Anliegen, dadurch Neugier und Emotionen in der heimischen Bevölkerung zu wekken, besteht ein weiterer Aspekt in der Aufklärung über soziale Hintergründe in den Ländern der hier auftretenden Künstler. Im Genre Weltmusik ist es nach wie vor schwierig, Förderungen an Land zu ziehen und die Akzeptanz dieser Musik bei Geldgebern zu steigern. Schon mit einem kleinen Experiment, der Eingabe der Begriffe „Weltmusik” und „Österreich” in der Suchmaschine „Google”, wird anhand der Ergebnisse klar, wie diffus der Bereich Weltmusik offensichtlich noch immer ist. Anhand dieser Ergebnisse zeigt sich, wie in Österreich diese Szene - wenn sie sich überhaupt als solche begreift - verfasst ist. Das hängt auch mit der nach wie vor schwierigen bzw. kontroversiellen Begrifflichkeit zusammen. Es gibt keine Plattform in Österreich für das Genre „Weltmusik”, keine Möglichkeiten, sich auszutauschen. Es wäre wünschenswert, eine solche Plattform zu gründen für Künstler, Labels, Veranstalter etc. mit dem Wunsch und Angebot einer besseren Kommunikation. Wir vermitteln aktiv 50 Gruppen. Michael Krusche: Österreichische musikalische Identität kann nur mit österreichischer Musik und österreichischer Sprache zu tun haben. Da gibt es Akzeptanzprobleme, was natürlich stark mit den Medien zu tun hat, und das Problem eines fehlenden Unterbaus, auf dem Künstler mit heimischer musikalischer Identität aufbauen könnten. Die Radios spielen keine Musik unseres Genres, und engagierte Redakteure bekommen keine Möglichkeit, spannende Musik abseits des Mainstream zu senden. Kulturpolitisch kann das nur die Forderung nach einer Quote für Musik mit österreichischer Identität bedeuten und damit die Schaffung von Sendeleisten, die sich diesen Musikformen widmen. Vom Publikum her gibt es Sehnsucht und Interesse nach heimischer Musik, ein Interesse, Panel: Stilfeld „Volksmusik, Folk&World Music” das sonst keine Widerspiegelung findet. Außerdem haben wir ein Nachwuchsproblem. Das Feld der Volksmusik müssen wir Karl Moik überlassen, weil niemand bereit ist, die Unterscheidung zwischen Volksmusik und volkstümlicher Unterhaltungsmusik zu erklären, und in weiterer Folge beide Arten von Musik in Medien präsentiert. Im direkten Erleben ist Volksmusik sehr interessant und erfolgreich. Viele junge Menschen auf unseren Konzerten sind von der Musik begeistert und müssen gleichzeitig zugeben, dass sie bisher nicht wussten, wie Volksmusik wirklich klingt. Die Medien sind die Hauptschuldigen an der Misere, denn wer sonst sollte Musik verbreiten. Printmedien berichten über volksmusikalische Ensembles nicht im großen Stil, der notwendig wäre zur Publikumsgewinnung. Freilich kann man sich ein Publikum durch Adressenlisten und Aussendungen in winzigen Schritten über Live-Auftritte aufbauen, das ist äußerst mühsam, und vor allem dauert es zu lange. Wenn Aniada a Noar 20-jähriges Bestehen feiern, heißt es, dass man darüber im Fernsehen nicht berichten kann, weil dann müsste man auch über andere Gruppen berichten. Es kann sich meiner Meinung nach nichts zum Besseren verändern, weil die Situation zu verfahren ist. Es bleibt so mühsam wie es immer war. Huebener: Welche Rahmenbedingung finden Musiker in Österreich vor, welche Möglichkeiten bestehen? Michael Krusche: Die Rahmenbedingungen sind zum Sterben, wenn man von Musik leben will. Soll sich aber eine Musikrichtung weiterentwickeln, so müssen das Musiker bewerkstelligen, die ihre Tätigkeit umfassend leben und professionell arbeiten und nicht in einem Existenzkampf stecken. Solche Existenzen sind in unserem Genre unmöglich, das ist das große und eigentliche Problem. In den letzten Jahren hat es große Einbrüche gegeben, und die Musiker von Aniad a Noar können nach wie vor von der Musik nicht leben. Trotzdem müssen wir 70 Konzerte pro Jahr absolvieren mit Proben und Reisetätigkeit, somit bleibt nur Zeit für Teilzeitjobs oder Gelegenheitsaufträge. Auch das Thema „Selbstbewusstsein” wurde bereits angesprochen. Ich wünsche mir Selbstbewusstsein von denen, die etwas aufkommen lassen können. In diesem Zusammenhang muss der Begriff der österreichischen Identität positiv besetzt werden. Huebener: Sie haben mit außereuropäischen Musikern zu tun. Wie sehen sie die Identitätsproblematik und wie die Möglichkeiten dieser Musiker? Horst Watzl: Es gibt verschiedene Identitäten, die man auseinander halten muss, jene von heimischen Musikern, solche von ausländischen Musikern, die in Österreich Konzerte geben, und solche von Musikern aus dem Ausland, die in Österreich bleiben, um zu leben und zu arbeiten. Insgesamt konstatiere ich einen Aufbruch in Sachen World Music und Volksmusik in den letzten Jahren, richtige Popularitätswellen bestimmter Stile, sei das Musik aus Kuba, vom Balkan oder von hier wie die Erneuerungsbewegung in der Wiener Musik und im Wiener Lied. Wir brauchen in diesen Feldern eine Plattform sowie Labels und Agenturen, die sich intensiv um diese Musikformen kümmern und internationale Märkte bedienen, denn ich bemerke ein ansteigendes Interesse bei Veranstaltern für z.B. auch afrikanische Musik. Im international bedeutendsten Magazin für World Music, dem englischen „Froots” gelang einem österreichischen Musiker oder Projekt noch keine einzige Nennung. Auch österreichische Musiker sollten die sich bietenden Chancen nützen. Gute Ausbildungen, besonders in Niederösterreich, sind vielfach vorhanden. Herausragende musikalische Leistungen nehmen wir bei jenen Workshops wahr, die wir selber organisieren. Die Schwierigkeiten beginnen aber später bzw. anschließend, darüber sollten wir sprechen. Birgit Huebener: Wie sieht die Situation am Veranstaltungssektor aus? Norbert Ehrlich: Ich kann vielem zustimmen, was Michael Krusche gesagt hat, und möchte die gegenwärtige Situation in Österreich und die vorausgehenden Entwicklungen am Beispiel dreier heimischer Künstler aufzeigen. Roland Neuwirth hat bereits vor 20 bis 25 Jahren mit der Elektrifizierung, d.h. einer neuen Energiezufuhr für die Wiener Musik begonnen. Otto Lechner öffnet sich in Kooperationen mit Musikern aus aller Welt auf urösterreichische Weise dem globalen World-Musik-Geschehen. Karl Hodina wiederum, der seit Jahrzehnten an seiner Musik arbeitet, kann auf Basis eines herausragenden Talentes als Beislmusiker, Jazzer und Maler sein Auskommen finden. Das sind drei Beispiele, wie man heute als MusikerIn anständig leben und überleben kann. Die Medienproblematik besteht natür- 52 lich nach wie vor, doch einzelne Künstler schaffen es doch immer wieder, sie in irgendeiner Weise zu umgehen. Weiters beobachte ich, dass sich in den letzten Jahren neue Möglichkeiten auftun. Das hat einen Grund in der Ostöffnung, sodass wir neue Musik durchaus mit Nachdruck und Professionalität präsentiert bekommen. Als österreichischer Musiker muss man sich neue Möglichkeiten auftun und nicht auf der Alm sitzen bleiben und die Vorgänge in der Ebene bedauern. Wir Veranstalter arbeiten ja für die Künstler, damit deren Schaffen einer möglichst großen Öffentlichkeit präsentiert wird. Erzwingen kann man die Durchsetzung eines Künstlers allerdings nicht. Michael Krusche: Wir haben im Sinne einer Öffnung nach außen Kooperationen mit MusikerInnen aus England, Griechenland und Italien durchgeführt, wir schauen über den Tellerrand hinaus, jedoch mussten wir diese Unternehmungen wegen Erfolglosigkeit wieder aufgeben. Ich frage mich, wie heimische Volksmusik eine österreichische Identität erschaffen oder haben kann, die trotz aller Einbeziehungen fremder Musiken aus aller Welt noch als solche erkennbar bleibt und einem Publikum vermittelt werden kann. Ich sehe mich immer noch vor dem Problem des Pauschalurteils „Österreicher sagt: Österreichisch Scheiße!” Wolfgang Schlag: Abschottung und Identität führen uns zu den Begriffen Volksmusik und volkstümliche Musik, deren Verhältnis man gesondert diskutieren müsste. Nur soviel: Volkstümliche Musik arbeitet beim Publikum mit ausländerfeindlichen Tönen und Ängsten um den Arbeitsplatz und findet ausführlich im Fernsehen statt. Den Aufschwung der volkstümlichen Musik kann man mit dem Aufstieg der FPÖ gleichsetzen, die bis zu 25 Prozent der Stimmen bekommen hat - ein Viertel des Fernsehpublikums ist nicht zu verachten, da steckt eine Menge Geld dahinter. Volksmusik wird von volkstümlicher Musik verändert, indem zum Beispiel Kurt Elsasser mit dem Titel „La Montanara”, als Heimatgesülze inszeniert, Erfolge feierte, obwohl es ein Anlass gebundenes Volkslied eines Bergführers von der Jahrhundertwende war, das den Tod eines Bergkameraden beschrieb. Für heimische Künstler erscheinen mir internationale Kooperationen essentiell, nur scheinen mir diese in den letzten zehn Jahren Panel: Stilfeld „Volksmusik, Folk&World Music” eher verschlafen worden zu sein. Eine immer wieder geforderte Quote im Rundfunk würde einer Band wie Aniada A Noar nichts bringen, denn auch in Frankreich, wo es die Quote gibt, wird solche Musik nicht gespielt. Man könnte maximal vorschreiben, dass ein bestimmtes Ensemble z.B. 0,03 Prozent der jährlichen Sendezeit bekommt, aber davon halte ich nichts. Die Medien müssen auf die eigenen Künstler sensibilisiert werden. Bei ausländischen Künstlern bemerke ich in Sachen Management, Internet, Homepage, Aussendungen und internationalen Festivalbewerbungen einen professionellen Vorsprung gegenüber den heimischen MusikerInnen. Michael Krusche: So eine Professionalität muss man aber auch finanzieren können, siehe Homepage. Managements interessieren sich nur für Künstler, die bereits Erfolg haben. Wolfgang Schlag: Bezüglich der Ausbildung gibt es sicher Verbesserungsmöglichkeiten in Österreich. An der Sibelius Akademie Helsinki werden Volksmusik, Klassik und Jazz selbstverständlich nebeneinander unterrichtet und gespielt. Finnische Gruppen wie Vertine oder Künstler wie Maria Kalaniemi sind international sehr präsent, kommen jährlich mit einem neuen Projekt auf die einschlägigen Festivals. Diese Leute haben es aufgrund ihrer umfassenden Ausbildung gelernt, Qualität zu liefern und gute Musik zu machen. Harald Huber: Ich denke, dass die Wiener Musikuniversität in diesen Bereichen einen enormen Nach- und Aufholbedarf hat. Das hier angesiedelte Institut für Volksmusikforschung ist ein wissenschaftliches Institut. Die praktisch ausgelegten Lehrveranstaltungen von Rudi Pietsch und anderen Musikern finden großen Anklang bei unseren Studierenden, sind aber eindeutig zu wenig. Der große Bereich der World Music kommt nur marginal vor, was meiner Meinung nach ein Skandal ist. Seit 10 bis 15 Jahren ist ein Aufschwung dieses Stilfeldes festzustellen mit einem Boom in den 90er Jahren, wo sich einige Musiker am Markt durchsetzen konnten, die auf regionale österreichische Volksmusik zurückgegriffen haben und diese mit neuer Energie versorgt haben. Jedoch haben die Verbesserungen nicht in allen Bereichen des Stilfeldes gleich zufriedenstellend stattgefunden wie das Beispiel Aniada a Noar zeigt, die in der Reihe heimischer Volksmusikgruppen noch am meisten dem traditionellen Bereich zuzuordnen sind. Im Bereich der traditionellen Volksmusik scheint mir eine gute Förderung durch die Volksliedwerke der Länder gegeben. Daneben gehen aber Unterstützungen für neuere Auseinandersetzungen mit Volksmusik ab. Wien scheint momentan aufgrund der Initiativen einiger weniger Personen gute Bedingungen für das Stielfeld zu bieten. Viele Folkfestivals der 90er Jahre haben nicht überlebt. Wie stellt sich die Situation außerhalb Wiens dar? Michael Krusche: Den Begriff „Folk” kann man vergessen. Folk interessiert nicht, damit kann niemand etwas anfangen, und vor Volksmusik haben alle Angst. Mir geht es in meiner Kritik nicht um mich, sondern um den Nachwuchs. Durch eine gute Ausbildung kann viel bewirkt werden, nur findet musikalische Entwicklung nicht auf einer Hochschule statt, sondern draußen. Der Markt wiederum ist zu klein in Österreich, wenn meiner Einschätzung nach 300 CDs monatlich in Österreich in diesem Segment verkauft werden. Harald Quendler: Meiner Meinung nach hängt der Erfolg mit den Hörgewohnheiten zusammen, und da haben Bands wie Landstreich, Broadlahn, Attwenger oder auch Hubert von Goisern Erfolg, weil sie das Feld der Volksmusik stark verlassen und neue Einflüsse z.B. in der Instrumentierung implementieren. Attwenger waren in dieser Hinsicht extrem und richtungsweisend, haben aber gleichzeitig Kooperationen mit anderen Ensembles aus Berührungsängsten heraus abgelehnt, nicht einmal Abende bestritten, wo auch noch Broadlahn oder Die Knödel gespielt hätten. Ein weiteres Phänomen: Je attraktiver World Musik auf dem Markt wird, umso geringer wird die Berichterstattung in den Printmedien. Ich sehe keinen Journalisten von der Kompetenz eines Wolfgang Schlag in Zeitungen oder Zeitschriften. Martin Sigmund: Wir sollten uns nicht nur mit dem Markt, sondern auch stark mit dem Publikum befassen. Begeisterte World MusikAnhänger sind ein junges, gebildetes, weltoffenes, urbanes Publikum, das sich für verwurzelte Originalmusik interessiert, ob die aus Ghana kommt oder aus den Alpen ist da egal. Polemiken gegen das Stilfeld „Schlager, volkstümliche Musik” sind unnötig, weil sich das Publikum über- 53 haupt nicht überschneidet, auch ist Respekt gegenüber anderen Menschen mit eigenem soziokulturellen und bildungsmäßigen Hintergrund angebracht. Wolfgang Schlag: Die Vermischung von Volksmusik und volkstümlicher Musik ist fatal, auch im Tonträgerhandel. Eine mediale Aufklärung über die Unterschiede wäre extrem wichtig. Wenn ich jungen Menschen erzähle, dass ich in meiner Sendung Volksmusik spiele, wundern sich die, dass nun auf Ö1 auch schon Hansi Hinterseer läuft. Die Schuldigen für diese Situation sind die volkstümliche Musikszene in Verbindung mit den Medien. Publikumsmeldung: Eine Homepage mit Hörbeispielen ist meiner Erfahrung nach eine Grundvoraussetzung für Musikgruppen, um von einem Veranstalter gebucht zu werden. Ein Informationspaket mit CD ist in der heutigen Zeit zu wenig. Als DJ afrikanischer Musik stelle ich immer wieder fest, dass die Neuerscheinungen von World Musik-Gruppen in Österreich nicht erhältlich sind und Bestellungen nicht funktionieren oder bis zu eineinhalb Jahre dauern. In den Elektrogroßmärkten gibt es keine Repertoiretiefe und keine Repertoirekenntnis der Mitarbeiter im Bereich World Musik. Rainer Kalchhauser: Ich arbeite seit 25 Jahren beim ORF-Niederösterreich vorwiegend in der Volksmusikabteilung. Der Begriff der Volksmusik ist bei uns zu engstirnig besetzt. Leider bevorzugen wir in der Reproduktion heute primär die Gstanzeln aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im 20. Jahrhundert hatten wir die Nazi-Zeit, und dann ab 1950 entwikkelten Volksliedkomponisten wie Mittergradnegger, Glawischnig und Mulde in Kärnten eine neue Art der Volksmusiktradition. Was davor war, weiß heute niemand mehr. Seit ihrer Entstehung vor 35 Jahren prägten die Landesstudios das Bild der Volksmusik in Österreich sowie Persönlichkeiten wie Walter Deutsch, der im Fernsehen mit der Sendung „Fein sein, beinander bleiben” ein ganz bestimmtes Bild und einen ganz bestimmten Klang von Volksmusik transportiert hat. An diesen Programmmachern ist leider vorbei gegangen, was zum Beispiel Aniada a Noar in den letzten 20 Jahren musikalisch gemacht hat. Auch wir bei Radio Niederösterreich haben es verabsäumt, die ständig erscheinenden, neuen Entwicklungen begleitend im Programm zu präsentieren. Panel: Stilfeld „Volksmusik, Folk&World Music” Ich arbeite dieser Entwicklung entgegen und versuche in verschiedenen Sendereihen die Musik von Gruppen wie Global Kryner, Aniada a Noar, Attwenger oder Broadlahn zu senden. In der Volksmusik spielen wir viel Musik österreichischer und niederösterreichischer Komponisten, leider haben wir nur eine Stunde Sendezeit dafür pro Tag. Eine Gruppe wie die Ausseer Hardbradler haben sich schon so dem Publikumsgeschmack angepasst oder dem Geschmack unseres Programm verantwortlichen Landesdirektors, dass sie 4x am Tag gespielt werden, die Gruppe „Mainstreet” 6x am Tag. Wolfgang Schlag: Die amerikanische Besatzungsmacht hat Ende der 40er Jahre einen Sender in Salzburg betrieben und programmatisch ein echtes Weltmusikradio verwirklicht. Da wurde ein Ausschnitt aus einer Symphonie gespielt, dann ein Jodler, dann ein Schlager und ein Lied von Duke Ellington. Für Amerikaner ist die Beachtung der heimischen Volksmusik etwas Selbstverständliches, das haben sie auch in Österreich praktiziert. Leider hatte diese Vorgehensweise keinen Vorbildcharakter bei der Gründung und beim Aufbau der österreichischen Landesstudios, denn da wurden die Musikrichtungen wieder auseinander geklaubt. Rainer Kalchhauser: Volksmusik kam ins Ghetto. Birgit Huebener: Ich möchte bitten, in den nächsten Wortmeldungen wieder auf die aktuelle Situation Bezug zu nehmen. Peter Paul Skrepek: Hubert von Goisern hat sich nicht angebiedert, er ist ein Sturschädel. Als Mitwirkender an diesem Projekt kann ich sagen, dass er keinerlei Ratschläge angenommen hat. Mit Wolfgang Staribacher gemeinsam war es ein fünfjähriger Kampf, den Stil von Hubert von Goisern zu finden. Der Erfolg war ein riesiger Zufall, denn alle Firmen haben ihm gesagt, dass sie das nicht brauchen. Das Grunddilemma ist: Österreich öffnet sich der Welt, nur der Welt ist das egal, weil sie nichts davon erfährt. Ich habe eine Frage: Wisst Ihr, dass in der IG Kultur, eines dieser Österreich weiten Netzwerke, wie sie immer verlangt werden und deren Mitglieder Veranstaltungen machen, dass da ernsthaft diskutiert wird, ob der Begriff der Identität nicht rassistisch sei? Ist Identität wirklich rassistisch? Harald Huber: Identität ist nicht rassistisch, das kann man ganz einfach beantworten. Ich möchte eine weitere Frage anschließen: Was kann von Veranstalter- und Medienseite getan werden, um den offensichtlichen Aufwind, in dem sich das Genre befindet, zu nützen? Was kann man österreichischen Künstlern raten? Was brauchen Veranstalter und Medien für Hilfestellungen von Seiten der Politik? Man kann die öffentliche Hand und die Politik nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, sie sind aufgerufen, Mittel zu investieren. Norbert Ehrlich: Ich kann Medien nicht zwingen, kompetente Weltmusikjournalisten einzustellen. Ich kann nur langfristig darauf vertrauen, dass der Trend irgendwann einmal so stark wird, das auch der Standard oder der Kurier gezwungen sein werden, einen Journalisten zu beschäftigen, der eine Sarot von einer Sitar unterscheiden kann. Das kann man kurzfristig aber nicht beeinflussen. Wir leiden immer wieder darunter, dass bei Gastspielen ganz hervorragender Künstler niemand z.B. in Wien davon Notiz nimmt. Der Jazz bekommt Aufmerksamkeit, nur ist er angelangt auf der Bühne der Wiener Staatsoper als innovative Kunstform bereits erstarrt. Man kann nur beharrlich sein und die Dinge weiter betreiben, an die man ernsthaft glaubt, und kann sich dadurch im Laufe der Jahre eine gewisse Credibility erwerben. Dem einzelnen Künstler muss man sagen, dass er genauso fanatisch sein muss wie ein Veranstalter, dass er sich genauso durchbeißen muss, immer wieder trachten muss aufzufallen. Das Leben muss ein Künstler auf die Musik konzentrieren, er muss wissen, was er will und sich öffnen. Weiters muss er alle sich bietenden Möglichkeiten ausschöpfen, er muss auch kommunikativer und initiativer werden. Die Veranstalter sind Serviceunternehmen für die Künstler, diese müssen aber mitarbeiten mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Wir sollten alle gemeinsam lernen, dass sich die Präsentation von z.B. indischen Künstlern nicht im Dirigat der Wiener Philharmoniker durch Zubin Metha erschöpfen kann. Wolfgang Schlag: Zur Mediensituation: Ich möchte den ORF gar nicht aus der Kritik ausnehmen, denn im Fernsehen existiert Weltmusik gar nicht. Ich habe es versucht mit der Serie „Wunderland” gemeinsam mit Harald Krassnitzer, österreichische Volksmusik und Weltmusik gleichberechtigt zu behan- 54 deln und ins Fernsehen zu holen. Das ist daran gescheitert, dass 600.000 Zuschauer um 21.00 Uhr abends bei z.B. Aniada a Noar als zu gering erachtet wurden - das ist fatal. Die niedrige Präsenz kritischen Journalismus' betreffend Weltmusik in allen Medien ist ein Ausdruck für unsere gesellschaftspolitische Situation. Wenn man von der „Zeit im Bild” auf „Arte Info” umschaltet, glaubt man zwei verschiedene Welten zu sehen. In der Berichterstattung scheint Europa hinter Ungarn aufzuhören, Kaukasus und Tschetschenien existieren für uns nicht. Man darf die Situation nicht einfach so hinnehmen, sondern muss den Medien auf die Zehen steigen, z.B. Gerfried Sperl, dem Chefredakteur des Standard die deutsche Ausgabe von „Le Monde diplomatique” zum Lesen geben und ihn dann für den Tag darauf zu einem Konzert mit indischen Künstlern einladen. Ich verstehe es oft nicht, wenn eine Grunge-Band aus Texas eine ganze Seite im Standard bekommt, während am gleichen Abend eine Weltmusikgruppe im Konzerthaus vor 1000 Zuschauern konzertiert - traurig. Norbert Ehrlich: Dummheit wird bestraft durch Entzug von Glück. Evelyn Fink: Ich bin Mitarbeiterin am Institut für Volksmusikforschung. Die Volksmusik, die wir als Forschungsgegenstand nehmen, hat nichts mit dem Markt zu tun, diese Musik hat eine ganz niedrige Struktur ganz im Gegensatz zu Hansi Hinterseer. Als Institution wollen wir keine Mainstream Forschung betreiben, auch ist der Begriff World Music nicht ausreichend definiert, und die Diskussionen über Volksmusik und volkstümliche Musik hat Gerlinde Haid schon vor 20 Jahren beim Grand Prix der Volksmusik geführt. Emil Lubej: In der Wissenschaft soll geforscht werden, und für die Medien muss Volksmusik allgemein verständlich aufbereitet werden. Ich selbst vereine beide Pole in meiner Person. Als Medium agiere ich aus dem Bauch und schaue auf eine durchgängige Linie, damit das Publikum noch alles versteht, sonst schaltet es ab. Als Musikwissenschaftler kann ich mehrere hundert Seiten einem Thema widmen. Carina Sulzer: Ich bin Mitarbeiterin am Institut Mediacult. Ich möchte Herrn Ehrlich für seine umsichtige Programmpolitik danken und dafür, dass ich durch ihn in den letzten zehn Jahren Musik erleben konnte, die ich Panel: Stilfeld „Volksmusik, Folk&World Music” sonst nicht gehört hätte. Erst unlängst war wieder ein von ihm veranstaltetes Konzert, wo leider nur ein paar Dutzend Zuschauer waren. Die Musiker kamen in diesem Fall erst am Vortag aus Melbourne und konnten daher im Vorfeld vor Ort nicht arbeiten, hier ist natürlich die Industrie gefordert. Gerald Schwertberger: Es gibt die traditionelle Volksmusik, die früher im Alltag der MusikerInnen betrieben wurde und von diesem gespeist wurde. Diese Musik ist fast verschwunden, diese Musik wurde nie betrieben, um von ihr zu leben. Das davon abgeleitete Musikschaffen ist volkstümliche Musik, wie sie z.B. Aniada a Noar machen. Andererseits entstand der volkstümliche Schlager, der hier aber nicht Thema ist. Publikumsbeitrag: Verwenden wir doch auch den Begriff „Volxmusik”, um im Bereich der Volksmusik und volkstümlichen Musik besser navigieren zu können. Britta Kettner: Drei Begriffe sind noch nicht zur Sprache gekommen: Globalisierung, Internet und Spezialisierung. Das Zukunftsinstitut von Matthias Horx hat in einer im November 2003 veröffentlichten Studie veröffentlicht, dass das Formatradio am Ende ist, und dass die Digitalisierung ganz neue Möglichkeiten bringen wird. Warum macht die Szene nicht ihren eigenen Radiokanal? Das ist gar nicht mehr so teuer. Mit Partnern muss man ein chancenreiches Konzept bei der RTR für die Zuerkennung einer Frequenz erarbeiten. Man muss einen 60 Millionen Markt im Auge haben, dann sollte man auch irgendwann Profit machen können. Ich möchte mehr Visionen und weniger Nichts-geht-Diskussion. noch sprechen, die in einigen Bundesländern ihre Funktionen nicht erfüllen. Es ginge dabei um ein modernes Arbeiten, das Unterstützung für die Musikgruppen bietet und nicht um Selbstbefriedigung wie z.B. in Wien. Norbert Ehrlich: Ich sehe trotz allem die Zukunft positiv, nur ein anderer Musiker- und Menschentyp sind gefragt. Der Musiker kann sich nicht mehr nur als hochgradiger Spezialist empfinden, der ein Instrument beherrscht und diese Tätigkeit bis zur Perfektion betreibt, sondern er muss sich selbst vermarkten und kommunikativer werden mit Hilfe aller technischen Möglichkeiten. Ich hatte in den letzten Jahren so überwältigende musikalische Erlebnisse durch Künstler, die kein Mensch kennt, sodass wir einen noch unendlichen unentdeckten Kontinent an musikalischen Möglichkeiten vorfinden werden, den wir Schritt für Schritt kennenlernen werden. Das ist eine Chance, nur brauchen wir einen langen Atem. Entweder wir kooperieren alle, oder wir gehen miteinander unter. Birgit Huebener: Bitte um ein kurzes Schlussstatement der Panelteilnehmer. Horst Watzl: Es sollte ein regelmäßiges Austauschforum geben bzw. eingerichtet werden, wo laufend genau diese Fragen, die wir heute erörtern, thematisiert und diskutiert werden auch, um die Kommunikation mit den Medien voran zu treiben. Es gibt seit 2003 einen Weltmusikwettbewerb, der 73 Einsendungen verzeichnen konnte. Leider wurde keine österreichische Volksmusik eingereicht, hier sollten Berührungsängste abgebaut werden. Begegnungen zwischen österreichischen Musikern und Musikschaffenden aus aller Welt sollten intensiviert und aktiv gefördert werden, hier gibt es in Österreich ein brach liegendes Feld. Internationale Kooperationen gehören ausgebaut. Neue Orte für die Musik unseres Stilfeldes sollten vermehrt erschlossen werden. Wolfgang Schlag: Eine Vernetzung und gegenseitige Unterstützung der vielen in unserer Szene Arbeitenden ist äußerst wichtig. Diese Netzwerke sollen nicht abschotten, sondern Kooperationen nach außen in Gang bringen, so wie wir es von Glatt-undVerkehrt mit dem Sziget Festival und mit Südtirol handhaben, auch EUFörderungen sollten durch internationale Projekte lukriert werden. Genügend Know-how bezüglich des Arbeitens in einem globalisierten Kontext ist mittlerweile vorhanden. Über die Volksliedwerke müsste man Michael Krusche: Wir haben mit Ensembles aus anderen Ländern kooperiert und erfahren, dass dieses gemeinsame Musizieren selbst unter schwierigsten Umständen sehr interessante Ergebnisse hervorbringt und sowohl bei den Beteiligten als auch beim Publikum großen Anklang findet. Ich würde mir noch viel mehr von diesen Zusammenarbeiten wünschen. Leider ist es oft finanziell nicht möglich. Die Kulturpolitik ist hier gefordert und in die Pflicht zu nehmen. Es war z.B. nicht möglich, Euro 1.500.vom Land Steiermark für Reisekosten 55 (gesamte Band) nach Birmingham zu bekommen, um am dortigen Konservatorium eine Woche zu spielen und zu kooperieren, wobei keine Hotelkosten angefallen sind, weil wir privat untergebracht wurden. Für so etwas sollte - glaube ich - Geld da sein. In Österreich gelten noch immer die Kulturinitiativen als die Basis des kulturellen Lebens und Veranstaltens. Was diesen Kulturinitiativen, die meist ehrenamtlich über ihre Tätigkeit ein Publikum aufbauen und bilden, in den letzten sieben bis acht Jahren angetan wurde, ist eine Katastrophe. Der Szene wird so das Wasser abgegraben. Gute Voraussetzungen für neue Künstler sind also nicht vorhanden. Birgit Huebener: Vielen Dank für Ihre Beiträge vom Panel und aus dem Publikum. 56 PANEL: STILFELD „SCHLAGER & VOLKSTÜMLICHE MUSIK/BLASMUSIK” Andy Zahradnik: Mein Name ist Andy Zahradnik, ich bin musikindustriell tätig seit 30 Jahren und habe eines immer wieder festgestellt: Österreich ist Schlagerland, fühlt sich aber leider abgebrannt, weil es selbst nicht dazu steht. Heute denkt man beim Begriff Schlager an eine ganz bestimmte Form der Popularmusik, in den 50er und 60er Jahren war mit „Schlager” noch alles gemeint. Schlagerparaden der 60er beinhalteten die Beatles, Rolling Stones usw. Bis 1968 lief in Deutschland beinahe keine englischsprachige Musik, der internationale PopRock-Sound hielt über deutsche Texte Einzug, auf Singles stand die Bezeichnung „Die deutsche Originalfassung”, d.h. der Schlager von heute ist mit dem früherer Zeiten also nicht mehr zu vergleichen. Die heutige Form wurde aufgrund von Medienbedingungen und Zielgruppenanalysen zu dem entwickelt, was wir heute als Schlager hören. Der Begriff „Schlager” kann das weite Spektrum der zur Zeit unter diesem Signet laufenden Musik nicht hinreichend und sinnvoll fassen (Schürzenjäger, Al Bano Carrisi, DJ Ötzi, Patrick Lindner Band usw.). Ich verwende daher den in Amerika geprägten Begriff „MOR”. „Middle of the Road” bezeichnet Musik, die den größten gemeinsamen Nenner sowohl medial als auch verkaufstechnisch trifft, d.h. am Besten ankommt und verkauft. Da sind wir in Österreich mit Sicherheit am Breitesten vertreten. In den Kalenderwochen 1 bis 16 im Jahr 2004 sind 191 Alben gechartet, davon 32 im MOR-Bereich, obwohl die Saison noch gar nicht begonnen hat. Diese beginnt im Frühjahr bzw. im Frühsommer mit den großen Open Air Konzerten und den daran angebundenen Tonträgerveröffentlichungen. In sämtlichen GfK-Studien wird dem MOR-Bereich ein Marktanteil von 15% ausgewiesen, obwohl hier z.B. Instrumental- und Weihnachtsmusik getrennt veranschlagt werden. Ebenso spricht die Goldverleihungsstatistik der IFPI eine deutliche Sprache: Österreich ist Schlagerland. Leider geht es dem MOR-Genre ein wenig wie der Pornografie: Viele tun es, nur wenige stehen auch öffentlich dazu. Abschottungstendenzen gegenüber diesem Genre sind überall zu konstatieren, verstellen leider den Blick aufs Wesentliche. Aus dem Blickwinkel der Wertschöpfung haben wir mit dem Schlager das erfolgreichste Exportgenre, mit dem wir den dritt- bis viertgrößten Musikmarkt der Welt bedienen, den deutschsprachigen Markt. Auch in Sachen Kontinuität haben österreichische Künstler im Schlagerbereich Großes erreicht, wenn man an Künstler wie Brunner & Brunner, Monika Martin, das Nockalm Quintett oder die Kastelruther Spatzen denkt. Interessanter Weise ist der Independentbereich in Österreich sogar stärker als die Majors. Besonders im Markt unter der Oberfläche, also wo Musikkapellen wöchentlich aufspielen, direkt ihr Publikum erreichen und direkt Tonträger verkaufen, liegt noch weiteres Entwicklungspotential für die Independents. Ich kann nur empfehlen, sich im Herbst nach Kastelruth zu begeben zum Fest der Kastelruther Spatzen. Dort ist die einzige freie Hochebene in den Dolomiten, dort wird das größte Festzelt Europas aufgebaut mit einem Fassungsvermögen von 15.000 Personen, nur eine Straße führt hinauf und hinunter. Die Kastelruther Spatzen spielen dort an drei Tagen vier Gigs vor jeweils 15.000 Menschen, also vor 60.000 Zuhörern, das ist gigantisch. Wer im Popbereich zieht eine derartig große Menschenmasse in ein gottverlassenes Gebiet? Das zeigt, dass diese Musik eine Magie aufweist. Woher kommt das Publikum? Es sind Menschen, mit denen wir vielleicht wenig in Berührung kommen, aber fahren sie einmal nach dem Winter, wenn alle ihre Autos waschen, durch die Einfamilienhaussiedlungen des 22. Bezirk: Die Autoradios spielen „Ich hab' dich tausendmal belogen”, „Junischnee” oder Dinge dieser Art. In der Wiener Radioszene hat es jahrelang gedauert, einen Sender zu etablieren, der sich genau dieser Musik annimmt: Radio Arabella. Es werden also im Tonträgerbereich und im Radio latente Bedürfnisse befriedigt, es gibt Erfolg, nur davon erfährt niemand. Wir wollen, ohne als Anwalt für den MOR-Bereich aufzutreten, in diesem Panel auf diese Tatsachen und auf die damit verknüpften wirtschaftliche Gegebenheiten und Chancen hinweisen. Die in Deutschland erhobene Nicht-Käufer-Studie besagt, dass überhaupt nur 50% aller Menschen CDs kaufen. Vom Teil der Nicht-Käufer seien 20% reaktivierbar. Daher wird bezüglich der Musikpräferenzen dieser potentiellen Käufer intensiv geforscht. Wie, Herr Viertbauer, funktioniert der Konzertbetrieb in unserem Genre, er unterscheidet sich ja deutlich vom Livebetrieb z.B. der Popszene? August Viertbauer: Ich habe klassische Posaune studiert und bin schon mein ganzes Leben mit Musik befasst. Irgendwann habe ich mich für die Vermarktung von Musik zu interessieren begonnen: Management, Promotion, Umgang mit den Medien. Die erste Gruppe, die ich unter Vertrag genommen habe, waren die jetzt sehr erfolgreichen Seer aus dem Ausseer Land. Wir haben uns den Erfolg richtiggehend erspielt, also vom ersten Diskothekenauftritt vor 20 Personen bis zum heutigen Open Air. Ich möchte eine Lanze für die Interpreten in diesem Genre brechen: Sie jammern nicht, sondern gehen hinaus und spielen. Andy Zahradnik: Funktioniert es nicht auch deshalb, weil es in diesem Stilfeld Strukturen gibt wie eine Managementszene, die Booking, Auftrittsberatung etc. leistet? August Viertbauer: Ja, es ist vieles professioneller geworden, nur das entscheidende Medienproblem besteht nach wie vor, dazu ein Beispiel: Vor zwei Jahren gingen die Seer in den Charts von Null auf Eins, im „News” standen darüber vier Zeilen, eine Woche später gingen die No Angels von Null auf Drei, im „News” kam eine Doppelseite. Ich frage mich, welche Wertschätzung man erfährt, wenn eine österreichische Gruppe, die in Mundart singt, eine CD produziert und erfolgreich verkauft? Damit habe ich ein echtes Problem. Es konnte mir dort auch niemand eine Antwort geben. Die Gruppe Panel: Stilfeld „Schlager & volkstümliche Musik/Blasmusik” „Last Exit” aus Bad Aussee singt in ihrer Muttersprache, scheinbar ist das der einzige Fehler dieser Band, dass sie von manchen Medien negiert wird. Manfred Wodara: Das Wertschätzungproblem beim Schlager beginnt doch schon bei den Kreativen, die Wertschätzung ist nicht gegeben. Warum ist das so? Auch Herr Morak ist gestern über die Sieger der Song Contest Vorausscheidung hergezogen, obwohl das Publikum für diese votiert hat. Sobald etwas Schlager heißt, was ja nichts anderes als populär bedeutet, gibt es ein „Na ja”. Wolfgang Schlag: Wenn Sie beginnen, hier über den Eurovisions Song Contest zu reden, von Wertschätzung und letztlich von Qualität zu reden, und wir sitzen hier in einer Musikuniversität, dann wird es schwierig für mich, weil der Song Contest hat ja nichts mehr mit der Musikrealität zu tun. Er ist ein hybrides Ereignis, das konterkariert wird von Musikern, die sich darüber lustig machen und trotzdem dort auftreten dürfen. Ich weiß nicht, was das mit Qualität oder Wertschätzung zu tun hat, es ist ein Medienereignis. Manfred Wodara: Hinter den Gewinnern steht ein Produzent aus Vorarlberg, der das auf eigene Faust ohne Unterstützung von Plattenfirmen gemacht hat, wo die Medien sich nur darüber ereifert haben, dass das wohl gestohlen wäre von Yvonne Catterfeld. Es ist ein österreichisches Produkt, 80.000 Menschen haben für diesen Titel votiert. Es geht mir nicht um Inhalt und Qualität der Vorausscheidungssendung, zumindest war es eine Musiksendung. Wenn wir es in diesem Land nicht schaffen, etwas Besseres auf die Bühne zu stellen, dann müssen wir uns mit dem zufrieden geben, was dabei rauskommt. Warum schaffen wir es nicht, dort einen besseren Beitrag auf die Bühne zu stellen? Peter Paul Skrepek: Der ORF lässt es nicht anders zu. Wolfgang Schlag: Warum? Peter Paul Skrepek: Die IFPI hat sich bereit erklärt, neun Titel zu bringen. Tim Lange, der Sendungsverantwortliche, hat davon sechs Titel ausgewählt, das war aber nicht ausgemacht. Wenn man unter solchen Bedingungen arbeitet, sei es als Tonträgerhersteller oder Musikschaffender, mit Leuten arbeiten muss, die von der Materie nur im Minusbereich Ahnung haben, dann haut man irgendwann einmal den Hut drauf. Ich weiß nicht, warum Tim Lange, der von der Materie nichts versteht, Sendungen im Musikbereich machen darf. Es ist zum Verzweifeln! Wolfgang Schlag: Aber warum steht niemand auf und sagt etwas? Peter Paul Skrepek: Das haben wir gesagt! Das sagen alle. Nur wenn dir dort niemand zuhört! Wenn du eine Kritik anbringst, heißt es: Das ist zu allgemein oder das ist zu persönlich. Einmal ist es zu allgemein, einmal zu persönlich: Du kannst dir aussuchen, welches Argument kommt, damit du abgedreht wirst. Es ist einfach die Inkompetenz bei dem größten österreichischen Medienunternehmen, wo man mittlerweile über Jahrzehnte Musiker und Musikerinnen aus dem Unternehmen rausdrängt und Leute hineinsetzt, die keine Ahnung haben von diesem speziellen Bereich. Da braucht man sich nicht wundern, wenn es so ausschaut. Harald Huber: Ich möchte, um der Diskussion eine gute Grundlage zu geben, bitten, zunächst alle Panelteilnehmer einleitend gut zu Wort kommen zu lassen. Andy Zahradnik: Gerne. Was mir sehr am Herzen liegt: Weil wir heute in einer Musikuniversität sitzen, sollten wir das Fähnchen der Toleranz hoch halten, und nicht diskutieren über gute und schlechte Musik, die subjektiv ist. Ich wünsche mir, dass wir am Abend hier alle mit roten Ohren hinausgehen und zumindest einer den anderen versteht und jeder seinen Standpunkt dargestellt hat. Herr Weyermüller, die Blasmusik ist ein urösterreichisches Genre, man hat aber auch das Gefühl, dass sich bei der Blasmusik seit Jahrzehnten nichts mehr verändert hat. Ist das auch tatsächlich so? Friedrich Weyermüller: Diese Einschätzung ist auf ein Informationsdefizit zurückzuführen. Ich glaube, dass in der Blasmusik sogar mehr passiert als in anderen Bereichen. Die Ausstattung und Besetzung der Orchester hat sich entwickelt, sie finden in der mittleren Leistungsstufe Orchester mit vier bis sechs Flöten, mit Oboen und Fagotten. Eine riesige Entwicklung hat in der Jugendarbeit stattgefunden. Bis zu 10.000 Jungmusiker-Leistungsabzeichen vergeben wir jährlich, das sind Leistungsprüfungen in verschiedenen Stufen: 57 Bronze, Silber und Gold, wobei die goldenen Abzeichen in Zusammenarbeit mit den Konservatorien und in den Konservatorien gemacht werden. Wir können eine objektive Ebene vorweisen. Die jungen Leute wollen zeigen, dass sie auf ihrem Instrument etwas können. Alle zwei Jahre haben wir anlässlich des Nationalfeiertages einen Bundeswettbewerb „Musik in Gruppen” für vor allem Jugendliche. Da können sie alte Meister hören. Schein, Nörbiger oder Heinrich Isaak, aber auch ganz moderne Komponisten werden aufgeführt. Wir haben die ganze musikalische Palette. Es boomt unwahrscheinlich. Wir haben einen großen Zustrom an Perkussionsgruppen in vielfältigster Form. Weiters entwikkelt sich die Aus- und Fortbildung der Dirigenten. Ein Orchester kann immer nur so gut sein wie der, der vorne steht. Es wird auf Bezirks- und Landesebene gearbeitet, weiters gibt es Meisterkurse mit den besten Dozenten, wo unsere Dirigenten neue Musik lernen. Wir schreiben Kompositionsaufträge und Kompositionswettbewerbe aus für jedes einzelne Instrument, um neue Literatur zu bekommen. In den hohen Leistungsstufen haben wir genügend Literatur, wir haben zu wenige Komponisten für Orchester, die einfacher ausgestattet sind. Andy Zahradnik: Der Österreicher verbindet mit Blasmusik die Aufmärsche im Musikantenstadl. Ist das nur der folkloristische Teil, und dahinter passiert wesentlich mehr? Friedrich Weyermüller: Das ist ein minimaler Teil. Es ist nicht normal, dass eine Musikkapelle immer im Gänsemarsch einmarscht, drei Runden dreht, der Dirigent mit dem Rücken zum Orchester dirigiert, damit ihn das Publikum sieht: Das ist eine Spielwiese, die sich der Herr Moik zurechtgerichtet hat. Wenn 10.000 Fliegen auf einem Misthaufen sitzen, heißt das noch nicht, dass der Misthaufen gut ist. Es gibt einen großen Teil von Blasmusik abseits von Marschmusik und Gebrauchsmusik im Bierzelt. Was wäre eine Ortschaft ohne Musikkapelle, sie wäre wie eine Kirche ohne Glocke. Publikumsfrage: Haben Sie Zahlen für den Bereich Blasmusik? Friedrich Weyermüller: Wir haben ca. 2150 Musikkapellen in Österreich, in denen rund 100.000 aktive Musiker und Musikerinnen spielen. Der Anteil der Jugendlichen beträgt 42%, der Panel: Stilfeld „Schlager & volkstümliche Musik/Blasmusik” Frauenanteil 27%. Millionen von Euros werden mit Trachten, Uniformen, Instrumenten, Noten, Ausrückungen und Probelokalen umgesetzt. Das ist ein großer Wirtschaftsfaktor. Andy Zahradnik: Gibt es internationalen Austausch? Friedrich Weyermüller: Natürlich. Viele Organisationen sind fest in österreichischer Hand. Ich war zwölf Jahre Präsident des internationalen Dachverbandes „Confédération Internationale des Sociétés musicales” (CISM), heute bin ich deren Ehrenpräsident. In der „Internationalen Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik” (IGEB) gibt es ebenfalls einen österreichischen Präsidenten, Herrn Dr. Bernhard Habla. In der „World Association for Symphonic Bands and Ensembles” (WASBE) war Professor Wolfgang Suppan Präsident. Unser gerade auf Schloss Zeillern abgehaltenes Symposion unter Beteiligung der Länder Slowakei, Tschechien, Ungarn und Slowenien soll die Initialzündung für eine mitteleuropäische Blasmusikakademie sein. Wir möchten den Kreativstandort Mitteleuropa besonders hinsichtlich der Komposition von Blasmusikwerken ganz bewusst im Vergleich zu den starken Produktionsländer USA und Holland aufwerten und stärken. Paul Hertel: Wie hoch ist der Anteil österreichischer Kompositionen in den Blasmusikkonzerten? Friedrich Weyermüller: Schön wäre es, hätten wir diese Zahlen von der AKM, dort müssten sie gemeldet sein. Es gibt Extrembeispiele, wo wir fast keine österreichischen Komponisten mehr in den Programmen finden. Paul Hertel: Ich weiß von einem Verleger, dass österreichische Komponisten ihren Werken englischsprachige Titel geben, weil sie sonst von den Kapellmeistern nicht beachtet werden. Friedrich Weyermüller: Ich muss Ihnen leider recht geben. Es heißt nicht „Ein schöner Tag”, sondern „A joyful day”. Da haben wir eine große Parallele mit dem Schlager. Wenn der heute in einer anderen Sprache ist, wird der gesungen. Unter unseren Komponisten gibt es nur ganz wenige, die so viel Selbstbewusstsein und Kraft haben, deutschsprachig zu schreiben. Die MID Europe, die zu Wolfgang Suppans Zeit in Schladming stattfand, hat deshalb eine englische Bezeichnung, weil sie aus der MID West in Chicago hervorgegangen ist. Dann haben wir noch die Internationalen Musiktage Vöcklabruck. Hier wird auf die Präsentation neuer Musik geachtet. Allerdings soll man das Publikum nicht überfordern, wir müssen es erziehen. Rainer Kalchhauser: In Radio Niederösterreich hatten wir früher sieben Mal in der Woche eine halbe Stunde Sendezeit für die Blasmusik. Leider hat sich das reduziert auf Mittwoch und Donnerstag jeweils eine halbe Stunde und den sonntäglichen Frühschoppen von 11.00 bis 12.00 Uhr. Wir arbeiten ganz eng mit dem österreichischen und dem niederösterreichischen Blasmusikverband zusammen. Wir senden sicher über 50% österreichische Komponisten bei der Blasmusik, auch junge Musiker wie Otto Martin Schwarz oder Herbert König. Friedrich Weyermüller: Wir haben leider auch die Erfahrung gemacht, dass bei Programmen mit ausschließlich neuer Musik, sich viele Zuhörer abwenden, so geschehen bei einer hervorragenden Blasmusikkonzertübertragung aus Linz auf Ö1 mit einer Ausschaltquote von 70 Prozent. Andy Zahradnik: Neben mir sitzt Kurti Elsasser. Er war in den 80er Jahren ein Kinderstar mit einem Standing, das ein Heintje in den 60er und 70er Jahren hatte. Nach dem Stimmbruch war es mit dem Startum vorbei. Ich bin sehr froh, dass er hier sitzt, denn er müsste wissen, wie sich die Bedingungen für einen Künstler im hier zu diskutierenden Genre verändert haben. War es früher leichter, ist es heute schwerer? Hat Dir die mediale Umwälzung bei Deinem Comeback geholfen? Kurt Elsasser: Ich war damals elf Jahre alt, das ist 25 Jahre her, und ich habe vieles damals natürlich mit Kinderaugen gesehen. Ich hatte einen großen Erfolg in Österreich und damals auch gute Plattenverkäufe. Ich hatte damals ein älteres Publikum von 25 bis 70 Jahren. Die älteren Leute, die heute die CDs meiner zweiten Karriere kaufen wollen, trauen sich in einen Media/Saturn-Markt gar nicht hinein, finden sich da auch nicht zurecht, früher konnte man überall Schallplatten kaufen. Die Zentralisierung im Handel benachteiligt ältere CD-KäuferInnen. 58 Andy Zahradnik: Was hat sich medial verändert? Was passiert, wenn Du heute mit einer CD zum Rundfunk gehst? Kurt Elsasser: Bei meinem Comeback hatte ich einen Bonus bei den Redakteuren, weil ich schon von früher bekannt bin. Ich sehe aber bei heimischen Newcomern, die hervorragende Produktionen machen, dass sie keine Chance im Rundfunk bekommen. Leider werden im Radio die Interpreten nicht genannt, sodass man im Plattenladen das Lied vorsingen muss, um den Titel ausfindig machen und kaufen zu können. Andy Zahradnik: Hat sich, August Viertbauer, etwas verändert, was die Wahrnehmung des Produkts in den Medien betrifft? August Viertbauer: Das Schlimmste, was uns passiert ist, ist das Wort „Format”. Formatradio: Was soll das heißen? Gibt es demnächst auch den formatierten Hörer? Alles was nicht in die Kiste passt, wird nicht gespielt. Ich habe zu Beginn meiner Tätigkeit Jazzproduktionen von z.B. Rudi Josel oder Claude Boling promotet und verkauft. Jeder im Rundfunk hat zu mir gesagt: „Das ist großartig, aber das können wir nicht spielen.” Was soll das heißen? In Schönheit sterben. Andy Zahradnik: Du gehst ja mit klassischem MOR-Repertoire an Sender heran, die darauf ausgerichtet sind, so etwas zu spielen. August Viertbauer: Nicht immer. Bei den Seer war es so: Das wollte zunächst überhaupt niemand, bis der Druck von der Öffentlichkeit kam, d.h. viele Leute haben bei den Sendern angerufen, dass sie diese Musik hören wollen. Plötzlich haben alle gewusst, dass das super ist. Vor 15 Jahren hat es noch Fachhändler gegeben, da habe ich als Vertreter Klinken geputzt. Man konnte bei qualifiziertem Personal Tonträger bestellen und hat sie bekommen. Geh' heute in einen Mediamarkt und versuche, die letzte Produktion von Peter Herbolzheimer zu bekommen: Du wirst scheitern. Die sogenannte Nischenmusik ist keine, denn es gibt genügend Menschen, die diese Produkte wollen. Man müsste wieder dringend Strukturen aufbauen, wo geschultes Fachpersonal vielfältige Musik anbietet. Früher gab es in Steyr bei Hartlauer einen Herrn Petz, der ein wandelndes Lexikon war und jeden Tonträger besorgen konnte. Das Panel: Stilfeld „Schlager & volkstümliche Musik/Blasmusik” gibt es heute nicht mehr. Leonhard Leeb: Können sie das Verhältnis sagen, wie viel Tonträger die Seer im Handel und bei LiveKonzerten absetzen? August Viertbauer: Vom Album „Junischnee” haben die Seer 58.000 Stück in Österreich abgesetzt, davon wurden 10.000 bei Liveveranstaltungen verkauft. Bei Rudi Josel, der Posaunist der Wiener Philharmoniker war und dessen Leidenschaft der Jazz war, haben wir damals in Österreich 1.000 Stück verkauft, aus Japan jedoch Bestellungen über 10.000 Stück bekommen, das ist bezeichnend. Publikumsmeldung: Ich bin DJ. Vor fünf Jahren haben wir Jean Paul gespielt, da war die Tanzfläche leer, das hat niemanden interessiert, weil es neu war. Heute ist es der Renner, nachdem es Nummer eins in Amerika war, jedes Kind pfeift es jetzt auf der Straße. Als DJ geht es dir wie den Künstlern, erst wenn Musik im Radio gepusht wird, gefällt sie den Leuten, und sie wird gekauft. August Viertbauer: Es liegt auch ein großes Manko vor, was die Plattenindustrie betrifft. Früher hat man Künstler aufgebaut, drei bis fünf Jahre an ihnen gearbeitet. Wenn heute das erste Album nicht in die Charts geht, kann man alles wieder vergessen. Das An-einem-ThemaDranbleiben sehe ich nicht mehr. Andy Zahradnik: Wir haben - das wissen wir von der Chartsauswertung - eine statistische Entwicklungszeit von fünf bis acht Jahren, bis es tatsächlich wirklich knallt in unserem Genre. Diese Zeit bekommt man heute industrieseitig nicht mehr, nicht von den großen Firmen, die sich bei ihren Umstrukturierungen nur mehr auf die Kernmärkte beschränken, und das ist Österreich nicht. Österreich muss sich um sich selbst kümmern. Wir müssen uns gerade in unserem Genre auf die eigenen Beine stellen, wir haben nämlich einen riesigen Markt vor der Haustüre. Folgendes Phänomen halte ich für interessant: Jahrzehntelang war Popularmusik immer mir Gesellschaftspolitik und Zeitgeist verbunden, siehe Woody Guthrie, Bob Dylan usw. Seit einigen Jahren findet das nicht mehr statt mit Popmusik, die Situation wird getopt mit Starmania, DSDS etc. Musik wurde aus ihren eigentlichen Kerninteressen herausgelöst, nämlich Emotionen zu schüren, die latent in einem vorhanden sind, weil man von außen geprägt wird. Popularmusik ist zu Konsumationsmusik geworden. Das Loch, das sich auftut, wird interessanterweise vermehrt durch den Schlager gefüllt. Das Pariaproblem bleibt bestehen. Wenn sich jemand Texte von Andrea Berg anhört, und die Dame hat bis vor kurzem fünf Alben in den deutschen Charts gehabt, oder von Monika Martin oder von den Seern, da werden Dinge, Probleme abgehandelt, die den einzelnen Menschen betreffen. Also es geht nicht um rote, grüne oder gelbe Sakkos, die auf der Bühne stehen und hundertmal „Liebe” singen, sondern diese Künstler treffen den emotionalen Faktor voll. Das ist der Grund, warum hier Verkaufsziffern erreicht werden, die unglaublich sind. Wolfgang Schlag: Ich bin ein Kritiker der volkstümlichen Szene, das möchte ich nicht abstreiten. Eine Untersuchung belegt, dass das Schlagerpublikum und jenes der volkstümlichen Musik dieses Genre hört, weil es nicht so gut englisch kann und darüber Identifikation bekommt. Bei z.B. Konzerten der Schürzenjäger habe ich thematisch festgestellt, dass mit Ängsten gearbeitet wird, d.h. dem Zuzug von Ausländern, Verlust des Arbeitsplatzes und der Liebe. Kurt Elsasser würde ich gerne nach seiner Meinung zu diesem Sachverhalt fragen. Eine Frage an dich, Andy: Was heißt „es knallt” in Zahlen? Andy Zahradnik: Umsatzzahlen hängen immer vom Markt ab. Der österreichische Markt verhält sich zum deutschen mit dem Wert 1:10 oder 1:11. „Knallen„ bedeutet kommerziellen Erfolg und heißt, dass ein Projekt alle seine Unkosten und Marketingspendings einspielt und profitabel wird, und zwar so profitabel, dass es die anderen, nicht profitablen Projekte eines Unternehmens aufwiegt. Ich gebe Dir recht, was die textlichen Inhalte betrifft. Textliche Intensität wird mit Emotionen erreicht, in denen Ängste stecken können. Bob Dylan hat es nie anders gemacht, eben auf englisch und auf einer wesentlich intellektuelleren Ebene. Hört Euch wertungsfrei Texte von einer Andrea Berg an, und Ihr wisst, warum das meistens Frauen kaufen bei einer Scheidungsrate von knapp über 50 Prozent. Manfred Wodara: Ich höre eine Kritik heraus, Schlager wäre etwas für Unterbelichtete. Warum ist der 59 Schlager bei den Musikern, den Kreativen so verpönt? Ein Beispiel dazu: Beim Titel „Ab in den Süden” im letzten Jahren glaubten alle, der wäre von der Gruppe „Seeed”, und sie fanden das toll, weil es deutscher HipHop ist. Dann hat sich herausgestellt, dass es nichts mit Seeed zu tun hat, sondern ein ehemaliger Klempner dieses Lied gesungen hat, und das Interesse in den Medien verschwand sofort, plötzlich war es auch nicht mehr gut, sondern Schlager. Da ist in unseren Köpfen etwas falsch. Andy Zarahdnik: Das liegt daran, dass zwei Welten parallel nebeneinander existieren, die nichts miteinander zu tun haben und nichts zu tun haben wollen. Meine Musikbusinesserfahrung zeigt auch: Wenn du in einem Unternehmen im Bereich Schlager tätig warst, wurdest du nicht ernst genommen, du warst der Schlagerheini, selbst bei persönlich ganz anderen musikalischen Interessen. Die Punzierung des Schlagers beginnt schon bei uns. Es geht um eine wertfreie Betrachtung und Wahrnehmung des Phänomens, dass eine Musik aus österreichischen Wurzeln in unserem Land soviel umsetzt wie keine andere. Wir sollten versuchen, diesem Genre eine wirtschaftliche Lebensbasis zu geben, und an einer Bewusstmachung dieses Phänomens arbeiten. Michael Huber: Ich arbeite gelegentlich als DJ, lege primär Techno auf, und stelle dabei fest: Sobald die Hemmschwelle durch den fortgeschrittenen Abend und den Alkoholkonsum bei den Tanzenden sinkt, je weniger sich Menschen benehmen müssen, wie es von ihnen erwartet wird, umso leichter feiere ich riesige Erfolge mit Peter Alexander, Cindy & Bert, Caterina Valente u.a. Mario Weitzl: Zum Formatradio grundsätzlich ein „Ja”. Es kommt nur darauf an, wie sehe ich mein Format. Es kann durchaus sehr breit konzipiert sein von Niki bis Kylie Minogue und funktionieren. Es kommt nur darauf an, welche Titel zu welcher Zeit kommen und wie sie abgemischt werden, das ist das Geheimnis. Weiters: Viele Musikredakteure im Radio kennen zu wenig Musik, haben keine Repertoirekenntnis mehr, weil die Musik vorgegeben wird. Andy Zahradnik: Dazu kommt: Wenn das Programm aus dem Ausland angeliefert wird, dann können lokale Musiken und Künstler ganz automatisch keinen Eingang ins Programm finden. Panel: Stilfeld „Schlager & volkstümliche Musik/Blasmusik” August Viertbauer: Es gibt ja diese Beraterfirmen, die zu den Landesstudios kommen, damit hat Ö3 begonnen. Rainer Kalchhauser: Die kommen nicht mehr. August Viertbauer: Das Werk ist schon erledigt. Ein Freund von mir aus Hamburg war nach zehn Jahren wieder in Österreich und hat festgestellt, dass unsere Radios genauso klingen wie in Hamburg, er fragt mich: „Wo ist denn Eure Eigenart? Wo höre ich, dass ich in Österreich bin?” Es wird alles so eingeengt. Warum gibt es in einem Landesstudio keine Spartensendung für Country? Weil ein paar glauben, das ist nichts. Warum enthält man Leuten etwas vor und sagt: „Unsere Hörer wollen das nicht hören.” Genau das höre ich oft, wenn ich als Promoter bei Radios bin. Andy Zahradnik: Wenn wir eine Radiodiskussion führen wollen, dann vielleicht eingeengt auf die Thematik, welche Probleme das MOR-Repertoire vorfindet. Werden einem kommerziell funktionierenden Genre Prügel vor die Füße geworfen? Manfred Wodara: Wir haben in diesem Land ein Medienproblem, das zieht sich durch alle Musikbereiche und Genres. Einhergehend mit der Radioliberalisierung ist nichts passiert. Wir haben auf Ö2 - Radio Wien ist abgekoppelt zu sehen - viel zu wenig Möglichkeiten, Neues zu spielen. Da müssen wir etwas tun! Es gibt eine Ignoranz im Bereich Schlager und MOR gegenüber neuem Kreativschaffen. Wolfgang Schlag: Drehen wir doch alle beim Heimfahren Radio Burgenland oder Niederösterreich auf. Da hören wir zu achtzig Prozent diese Musik, was wollen Sie noch? Manfred Wodara: Von Helmut Lotti hört man nur Musik von vor fünf Jahren. Wolfgang Schlag: Das reicht doch! Manfred Wodara: Für Sie, aber nicht für Leute, die Newcomer in diesem Genre hervorbringen wollen und für das Publikum, das diese Musik hören will. Das Akzeptanzproblem ist noch immer da. Wolfgang Schlag: Es gibt keine Ignoranz, Schlager wird ja soviel gespielt. Andy Zahradnik: Ich vertrete hier u.a. das Unternehmen Music Control, wir machen Radiovollbeobachtung rund um die Uhr. Wir haben jeden relevanten Sender, der in Österreich sendet, am Schirm. Ich bin der einzige in diesem Land, der ganz genau weiß, was die österreichischen Radios in den letzten z.B. 24 Stunden gespielt haben. Aktuelles Repertoire bedeutet dabei einen Zeitumfang bis zu acht Monaten. Der Anteil an aktuellem Repertoire im Bereich MOR, und das spielen die ORF-Landesstudios, ist dramatisch zurückgegangen in den letzten 12 bis 20 Monaten, das betrifft gleichermaßen internationales und österreichisches Repertoire. Das Landesstudio Wien spielt vielleicht drei bis sechs neue Produktionen innerhalb von 24 Stunden, das ist ein Faktum. Das war früher definitiv anders. Der Grund dafür ist eine Bewusstseinsmachung, dass es einen Bereich geben muss innerhalb der elektronischen Medien, wo Konkurrenzdenken nichts verloren hat. Wir haben Regionalradios, die sich um Niederösterreich, Burgenland, Steiermark etc. kümmern. Diese sollten ihre Kernmärkte entsprechend beliefern. Es schieben sich mit der Zeit Katalysatoren zwischen den Programmierer und das, was tatsächlich on air geht. Das ist die Beratertätigkeit. Als ich meine Firma 1998 mit dem Start der Privatradios eröffnet habe, bin ich zur Kundengewinnung quer durch Österreich gefahren, und war erstaunt, wie viele deutsche Berater, die teilweise schon Sender in ihrer Heimat niedergefahren hatten, in Österreich tätig waren. Alles ist nur eine Frage der Zeit, bis sich der Markt wieder von selbst regulieren wird. Radio Arabella oder Radio Harmony in Kärnten spielen immerhin das Format, das in ihrem Sendergebiet gefragt ist, die Musik geht bei Radio Harmony vom Nockalm Quintett bis zu den Paldauern. Wolfgang Schlag: Was ist der Anteil des MOR-Bereichs im gesamten Radio? Andy Zahradnik: Im Privatradiobereich gibt es fast keine MOR-Stationen bis auf Radio Arabella und Radio Harmony in Kärnten. Dort wurde aus bewusstem Kalkül ein Format entwickelt, weil im Landesstudio Kärnten der Grenzlandchor Arnoldstein und „I am sailing” von Rod Stewart nicht zusammenpasst. Also wurde ein Format entworfen, das sich um Paldauer, Michelle etc. kümmert. Sie 60 konnten ihre paar Prozent erreichen. Arabella ist explodiert. Wenn man es auf Hörer hochrechnet, sich die Airplay Top 100 ansieht, beginnt ab Platz Nummer 50 bzw. 51 sich der Schlager auszuwirken, d.h. auf Platz 51 steht eine veritable Anzahl Österreicher, die das gehört hat, und die man ernst nehmen muss - vor dem Hintergrund, dass Ö3 mehr als den doppelten Marktanteil hat als alle privaten Stationen zusammen. Platz 51 hat also eine bestimmte Wertigkeit, das sind Menschen, die man nicht übersehen darf, und das passiert aber in vielen Fällen. Ich will den Radiostationen jetzt nichts vorwerfen, weil sie natürlich gewissen Entwicklungen unterliegen, und mit der Zeit auf vieles draufkommen. Die Antenne Wien musste die Erfahrung machen, dass man sich auf zwei Prozent hinunterspielen kann. Rainer Kalchhauser: Die geschickten Hörer, die im Mediamarkt keine Fachberatung bei Tonträgern bekommen, rufen mich an und fragen mich zu den sie interessierenden Titeln aus dem Programm von Radio Niederösterreich. Andy Zahradnik: Das ist bei mir ähnlich. Früher gab es eine Radioweisheit, die besagte: „Play it and say it”, das findet nicht mehr statt. Rainer Kalchhauser: Seit März 2004 haben wir wieder eine Direktive, dass die Moderatoren angehalten werden, Interpret und Titel nach zwei Songs an- oder abzusagen. Es gibt also wieder eine Vorgabe von unserem Direktor, bei Radio Niederösterreich die Musik wieder anzusagen. Die Moderatoren bekommen als Programmzeile im Radiomax vorgeschrieben „Music Selling und Musikmoderation”. Wir bemühen uns, aktuelle Produktionen aus dem Schlagerbereich zu spielen, wir bringen die Seer, Kurt Elsasser, die Ausseer Hardbradler etc. Andy Zahradnik: Tatsache ist, dass in letzter Zeit aktuelles Repertoire zurückgegangen ist. Früher hatten wir mehr. Rainer Kalchhauser: Wenn wir unsere beiden Musikredakteure verdonnern könnten, fünf Tage in der Woche im Haus zu sein, dann hätten wir das. Wolfgang Schlag: Gibt es Märkte für volkstümliche Musik und den deutschen Schlager in den neuen EU-Ländern? Panel: Stilfeld „Schlager & volkstümliche Musik/Blasmusik” August Viertbauer: Wir spielen mit dem Nockalm Quintett ein Konzert z.B. im November in Prag. Wir haben auch sehr viele ungarische Fans, die CDs bestellen. Die neuen Märkte darf man also nicht unterschätzen. Andy Zahradnik: Musik hat sich nie um politische Grenzen gekümmert. Südtirol gilt als eingemeindet, wir empfinden die Kastelruther Spatzen als Österreicher, die Wertschöpfung wird dem österreichischen Markt zugerechnet, so findet es auch in Slowenien statt. Kommerziell gesehen darf man sich einen Push aus diesen neuen Märkten erwarten, auch die neuen musikalischen Einflüsse aus diesen Gebieten sind extrem wichtig. Ich habe es selber miterlebt, wie der volkstümliche Schlager entstanden ist. Es gab die Original fidelen Mölltaler, die erste Band, die über eine Million Tonträger im eigenen Markt verkauft hat. Die Band stand jeden Tag mit einem volkstümlichen Programm auf der Bühne, und das über Jahre. Mit der Zeit teilten sie ihre Show, weil sie von 20.00 bis 4.00 Uhr morgens nicht nur Oberkrainer Musik spielen wollten. So machten sie um 24.00 Uhr eine halbe Stunde Pause, zogen sich die roten SatinHemden an und die weißen Anzüge, und standen dann als personell idente Band als „The Shakers” mit Schlagermusik auf der Bühne. Das hat dem Publikum sehr gefallen. Die Mölltaler haben Pionierarbeit geleistet, jährlich zwei LPs veröffentlicht, eine mit volkstümlicher Musik, eine mit Schlagern. Sie waren die Vorbilder eines Nockalm Quintetts, der Paldauer und wie sie alle heißen. Rainer Kalchhauser: Die Pionierarbeit haben schon fünf Jahre davor die Gebrüder Slavko und Vilko Avsenik geleistet. Hubert Mayer ist als erster in Österreich darauf aufgesprungen. Andy Zahradnik: Den ersten großen kommerziellen Erfolg haben die Mölltaler eingefahren. Der volkstümliche Schlager hat sich also nicht aus sich selbst heraus entwickelt, sondern weil jemand auf die Idee gekommen ist, das Publikum anders und besser zu befriedigen. Das Ausziehen der Lederhose und Fortsetzen mit Schlager ist bis heute erfolgreich. Die Bereiche sind mit der Zeit immer mehr zusammengewachsen. Volkstümlicher Schlager produziert eindeutige Schlagertitel, der volkstümliche Musikanteil besteht in Spurenelementen ab und zu in der Verwendung der Ziehharmonika. Hier begann auch erst der Erfolg in Deutschland, denn die zunächst volkstümlichen Musikgruppen waren in Deutschland nicht wirklich erfolgreich. Erst mit dem deutschen Schlager hat es da richtig funktioniert und funktioniert es bis heute. Friedrich Weyermüller: Bei unserem Symposion konnten wir herausarbeiten, dass viele Komponisten unserer östlichen Nachbarstaaten in Österreich verlegen, weil es teilweise in diesen Ländern Probleme mit dem Notendruck gibt. Hier besteht ein Markt in und für Österreich. Die CD-Produktion in den östlichen Nachbarländern funktioniert hingegen ausgezeichnet. Peter Paul Skrepek: Ich verteidige jetzt öffentlich die ORF-Redakteure, intern mache ich das ohnehin immer. Sämtliche Landesdirektoren des ORF wurden während der letzten eineinhalb Jahre in den Publikumsrat eingeladen, und allen habe ich die gleiche Frage gestellt: „Wie halten Sie es mit den Österreichern?” Rückblickend kann man sagen, dass es ein bisschen etwas genützt hat. Die Antwort war immer: Wir spielen ein Musikformat mit Oldies und Schlagern, das ist das Musikformat aller Landesstudios mit Ausnahme von Wien, das als Stadtradio ein bisschen eine andere Funktion hat. Radio Wien ist übrigens das einzige Landesstudio, das keine Volkskultur sendet. Rainer Kalchhauser: Am Sonntag Abend gibt es „Wiener Lied und Operette”. Peter Paul Skrepek: In der französischen und deutschen Quotenregelung ist verlangt, dass man Neuheiten eine gewisse Sendezeit reserviert, damit eine Entwicklung auch öffentlich stattfinden kann. Jetzt etwas Erfreuliches: Radio Niederösterreich hat 18,4% österreichische Kompositionen gesendet, das ist nicht schlecht. Der Durchschnitt in Österreich liegt bei ca. 15%. Komponisten aus dem MORBereich versichern mir immer wieder, dass sie nur Sendeplatz bekommen, wenn sie verheimlichen, dass sie eine österreichische Produktion vorlegen. Diese Komponisten fahren nach Deutschland, vorzugsweise Ostdeutschland, suchen sich eine hübsche junge Sängerin, und verkaufen das Ergebnis als deutsches Schlagerprodukt. Dann kommen sie bei Radio Niederösterreich auch ins Format, so ist die Realität analog den englischsprachigen Blasmusiktiteln. Radio Burgenland 61 sendet fasst 24%. Es ist nicht einzusehen, warum man sich nicht an diesen Stationen, die auch viele Zuhörer haben, orientiert. Andy Zahradnik: Können wir die Schranken auch in den eigenen Köpfen bezüglich des MOR-Bereichs einmal abbauen? Können wir soweit kommen, dass wir dem Genre auch philosophisch und wirtschaftlich die gleiche Chance geben wie anderen Musikformen? Das sollte der eigentliche Sinn des Panels sein. Alle anderen Stilfelder arbeiten ja mit einem gewissen elitären Grundfundament, und wir sitzen als Schlagerfuzis hier. Manfred Wodara: Wir müssen in Österreich eine Offenheit zelebrieren. Klassik darf z.B. den Schlager nicht gering schätzen, sonst schlagen wir ein Loch ins eigene Schiff. Wir haben Musik, da gibt es keine Unterschiede. Ein Gitarrist muss auf einer Schlagerproduktion genauso gut spielen wie auf einer Klassikproduktion. Wenn aktuelles Repertoire im Radio nicht läuft, und ein Käufer versucht, diese Musik im CD-Fachhandel zu bekommen, scheitert er oft, weil die Titel bereits aufgelassen sind und nicht einmal mehr bestellt werden können. Publikumsbeitrag: Die Wertschöpfungskette funktioniert oder eben nicht, egal ob da vorne Klassik oder Schlager oder etwas Anderes steht. Könnte man die neuen Schlagerprodukte nicht über den TeleshoppingKanal QVC vertreiben, wenn der Rundfunk ausfällt? Warum jammert eine Branche, der es doch ganz gut geht? Andy Zahradnik: Es geht nur um eine Bewusstseinsmachung, dass es da etwas gibt. Es wird in absehbarer Zeit keine österreichische Tonträgerindustrie mehr geben, so wie wir sie kennen. Hier spreche ich in erster Linie von Major-Companies. Es wird sich ein Spalt auftun, und der muss geschlossen werden. Es liegt an jedem einzelnen hier, sich Gedanken zu machen, auch ob das sich mit dem Genre Schlager schließen lässt. Rainer Kalchhauser: Die IFPI wird vielleicht niemanden mehr in Österreich produzieren, aber es kommen doch 3000-4000 CDs in Österreich pro Jahr neu heraus. Die Demokratisierung der Produktionsmittel - mit einem Computer um 3000 Euro kann man professionell CDs produzieren bis hin zur Grafik - erleichtert die Musikproduktion. Als Musikredakteur Panel: Stilfeld „Schlager & volkstümliche Musik/Blasmusik” kann ich sagen: Von den Majors bekomme ich so gut wie nichts. Karl Bogner und Tyrolis schicken mir CDs mit Volksmusik, der Rest, der an Blasmusik bei uns hereinkommt, kommt aus Eigenproduktion. Wir haben 400 Blasmusikkapellen in Niederösterreich, und jede hat ihren Tonträger. Wir spielen diese CDs. Diesen Trend beobachte ich auch beim Schlager. Insgesamt bekommen wir wöchentlich 40-60 CDs in den Sender, die bereits nach Formatkriterien vorselektiert sind. Das wenigste davon kommt von MajorFirmen, sondern verstärkt von den Interpreten selbst. Peter Paul Skrepek: Vor zwei Jahren hätte ich mir nichtgedacht, dass ich den Manfred Wodara verteidige. Ich habe viel dazugelernt. Es ist nur möglich, Musik zu exportieren, wenn man zuerst im eigenen Land gehört wird und erfolgreich ist. Wir sind eine Lachnummer, wenn wir im eigenen Land nicht drankommen und uns bei einem großen deutschen Tonträgerhersteller vorstellen - in der Regel. Ausnahmen bestätigen diese Regel: DJ Ötzi kommt aus Belgien und Holland, wo die Schihüttenbesucher herkommen. Dort hat er es zuerst geschafft. In der Regel ist die Basis im eigenen Land notwendig. Andy Zahradnik: Gehört wurde DJ Ötzi in Österreich. Friedrich Weyermüller: Ich würde mir wünschen, dass mein Auftritt hier eine Bewusstwerdung bewirkt hat, dass wir nicht nur im Fahrwasser von Karl Moik leben, sondern dass die Vielfalt der bläserischen Musik erkannt wird. Ein weiterer Wunsch ist die höhere Einstufung von Blasmusik bei der AKM, weil sonst Blasmusik für die Komponisten zu wenig attraktiv ist. Blasmusik - tausende Konzerte pro Jahr, 2150 Musikkapellen in Österreich - braucht mehr mediale Beachtung und Berichterstattung, nicht nur wie unlängst, wenn ein Auto in eine Kapelle rast, und Menschen zu Tode kommen. Viele der berühmten Bläser der Symphoniker und Philharmoniker kommen von der Blasmusik. Hier wünsche ich mir mehr Wertschätzung. Ich danke für die Einladung. August Viertbauer: Ich danke ebenfalls für die Einladung und möchte Ihnen noch zwei Gedanken auf den Weg mitgeben: In der Musikindustrie wird sich einiges verändern. Die kleinen kreativen Zellen werden in Zukunft die großen Plattenfirmen ersetzen. Wichtig ist, dass diese Zellen zusammenarbeiten. Eine spezielle Bitte an den Musikrat: Viele junge volkstümliche Interpreten werden von Plattenfirmen vorwiegend aus dem Westen Österreichs mit Knebelverträgen bis zu vier, fünf Jahre gebunden und haben keinerlei Beratung. Diese jungen Künstler brauchen eine Anlaufstelle für Informationen. Kurt Elsasser: Ich wünsche mir, dass man sich in Österreich vorrangig um unsere Komponisten und Künstler kümmert und sie fördert. Andy Zahradnik: Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, ich habe mich auch als Moderator aktiv in die Diskussion eingebunden. Ich hoffe, dass wir so etwas wie heute auf einer weiteren Ebene fortsetzen können. Vielleicht haben wir da die Chance, uns so etwas wie ein Ziel zu erarbeiten in dem Sinne „Wir haben alle das gleiche Problem - egal wie qualitätvoll die Musik dahinter aussieht”, also finden wir ein gemeinsames Ziel. Dann kann man sich um die Dinge kümmern, die uns blockieren. Rainer Kalchhauser: Geben wir uns jetzt eine Zielvorgabe und schauen wir in sechs Monaten, ob wir sie erreicht haben. Andy Zahradnik: Pflegen wir das heutige Gespräch weiter zu einer Plattform, die eine Bewegung auf breitester Ebene initiiert, um so lange den jeweiligen Adressaten auf die Nerven zu gehen, bis sich vielleicht etwas bewegt. Wir sollten die stürmischen Zeiten des Umbruchs in Medien und Musikindustrie nützen, denn sie haben ein durchaus positives Moment in sich. Rainer Kalchhauser: Das war vor 50 Jahren auch so. Harald Huber: In der kommenden Schlussrunde wollen wir die Essenzen des Symposions formulieren, nachdem alle Genres nun Gelegenheit hatten, ihre Situation und ihre Wünsche bzw. Forderungen darzulegen. Der Musikrat möchte weiters Förderrichtlinien entwickeln, die wir an die Kulturpolitik herantragen wollen. Insofern wird dieses Symposion nicht die letzte Veranstaltung dieser Art gewesen sein. Ich lade Sie jetzt zum Konzert von Bruno Thiera aus Madagaskar ein. Performance. Bruno Thiera 62 63 ZUSAMMENFASSUNG DER ERÖFFNUNGSDISKUSSION UND DER PANELS DURCH DIE LEITER Harald Huber: Es stellte sich im Zuge des Symposions heraus, dass es - wie in anderen Kunst- und Kulturbereichen - auch in der Musik ein elitäres (Künstler im Mittelpunkt, Avantgardeansatz, Publikumserziehung), mittleres (elitäre und populäre Elemente im Kunstschaffen) und populäres Muster (Alltag und Bedürfnisse des Publikums im Vordergrund) gibt. Neben der Aufgabe, Qualitätskriterien für Wettbewerbe zu entwickeln, war eine zweite zu bearbeitende Fragestellung in den einzelnen Panels die nach den Interessensvertretungen. Hier ist der Bereich „Klassik, zeitgenössische Musik” am besten organisiert mit dem ÖKB, der IGNM, der IGZM. Der Organisationsgrad in Bezug auf politisches Lobbying und Interessenvertretung ist in den anderen Stilfeldern geringer. Networking findet hier eher produktbezogen statt. Der österreichische Musikrat hat alle vier Bundeskultursprecher der österreichischen Parlamentsparteien zu diesem Abschlusspanel eingeladen, um ihnen die Ergebnisse der sechs Diskussionen in den einzelnen Stilfeldern zu präsentieren. Leider kann keine der eingeladenen Personen den heutigen Termin wahrnehmen. Christine Muttonen, Kultursprecherin der SPÖ, hat Pressetexte zu einem im Februar vorgestellten Maßnahmenpaket im Bereich Popmusik übermittelt und einen Termin mit dem österreichischen Musikrat im Parlament vereinbart. Sie entschuldigt sich für ihre NichtTeilnahme so wie die VertreterInnen der ÖVP und der Grünen. Die FPÖ hat auch nach mehrmaligem Nachhaken auf die Einladung zu diesem Symposionsabschlusspanel nicht reagiert. Der Musikrat wird den Kultursprechern einzeln die Ergebnisse des Symposions übermitteln. Wir freuen uns, Herrn Dr. Koll vom Bundeskanzleramt und Andy Baum, Peter Paul Skrepek und Dr. Paul Hertel, alle Vorstandsmitglieder der AKM, begrüßen zu dürfen. Ich möchte die Panelleiter ersuchen, jetzt kurz zu referieren, welche Maßnahmen in ihrem Stilfeld wünschenswert und notwendig sind. ERÖFFNUNGSDISKUSSION Harald Ossberger: Die einleitende Diskussionsveranstaltung hatte die Funktion einer Darstellung der momentanen Situation und der Auseinandersetzungen der einzelnen Organisationen und Personen im Musikbereich. Die IFPI verteidigte ihre Rolle und Funktion, die Interessenvertretung der Musikschaffenden brachte ihre Argumente vor, die Diskussion war von Respekt getragen, mit durchaus scharfen Klingen in einzelnen Gesprächen. Diese Einleitungsveranstaltung brachte keine völlig neuen Positionen und Erkenntnisse, das war aber auch gar nicht beabsichtigt, sondern die Definition grundsätzlicher Selbstverständlichkeiten gab uns die Möglichkeit, in den nachfolgenden Panels qualifiziert in die Tiefe zu gehen. Diskussionsbeiträge beschäftigten sich mit der Mediensituation, dem ORF und den Privatradios, dem Internet und wissenschaftlichen Fragestellungen. Eine eingehendere Diskussion zwischen Peter Tschmuck und Franz Medwenitsch wäre sehr interessant gewesen, hätte den Rahmen jedoch gesprengt. Kunststaatssekretär Franz Morak Beiträge interpretiere ich als erbitterte Ratlosigkeit. Antworten auf die drängenden Fragen in einem sich dramatisch verändernden Musikmarkt blieben nicht nur von ihm, sondern von der Gesamtheit der Diskutierenden aus. Man blieb ratlos. Die Aufforderung Peter Paul Skrepeks nach der Einberufung eines runden Tisches zum Thema ORF nahm Franz Morak an und versprach, die Einladung zu übernehmen. Unser Symposion hat mehrere Zielsetzungen: Die Bestandsaufnahme in den einzelnen Stilfeldern sowie der Gesamtsituation und die Erarbeitung einer zukünftigen gemeinsamen Vorgehensweise bei den brennenden Problemen und Fragestellungen. Ich habe im respektvollen Umgang und in den geäußerten Absichten der TeilnehmerInnen ein Zusammenrücken und den Wunsch zu einem gemeinsamen Vorgehen feststellen können. Es geht darum, den zukünftigen Weg abzustecken und eine Zusammenarbeit zu realisieren. KLASSIK/ZEITGENÖSSISCHE MUSIK Paul Hertel: Wir haben über das gesamte Panel kein Jammern aufkommen lassen, somit den größten Fehler solcher einschlägiger Diskussionen vermieden. Es geht den E-Musik-Komponisten nur scheinbar gut, weil sie gefördert werden und weil sie organisiert sind. Das sind sie jedoch deshalb, weil es seit vielen Jahren Probleme gibt. Wir in der Klassik und zeitgenössischen Musik sind offensichtlich die Vorreiter dessen, was jetzt offensichtlich allen passiert, nämlich dass das österreichische Repertoire zunehmend unter Druck gerät, wie es jetzt auch in sogenannten kommerziellen Bereichen geschieht. Diesen Bogen zu spannen, ist mir wichtig. Wertschöpfung und die Erreichung von Einkommen sind nunmehr wichtige Themen in unserem Stilfeld, das lange Zeit zu abgehoben und elitär bezüglich finanzieller Situationen und Bedürfnisse agiert hat. Das Bewusstsein, dass man mit Musik auch Geld verdienen darf und kann, muss gestärkt werden. Österreich muss sich als Musikland in allen Stilfeldern zusammen finden, um mit großem Selbstbewusstsein die eigene Musik und die Musik an sich zu vertreten nach dem Motto „Musik ist wichtig, Musik aus Österreich ist besonders wichtig”. Ein Ergebnis unserer Paneldiskussion ist die Notwendigkeit, Netzwerke und Strukturen zu bilden und diese nach und nach auszubauen. Das ist auch über Stilfeld- und Nationalstaatsgrenzen hinaus mit einem toleranten Ansatz zu verwirklichen. Musiker aus allen Stilfeldern sollten sich zusammensetzen und an einem Strang ziehen. Selbstbewusstes Auftreten aller an der Wertschöpfung Beteiligten gegenüber der Politik ist notwendig. Wir konnten ausrechnen, dass bei einer adäquaten Beachtung lokalen Repertoires in den elektronischen Medien pro Jahr eine zusätzliche Zusammenfassung: Eröffnungsdiskussion & Panel Wertschöpfung von bis zu einer Milliarde Euro in Österreich erzielt werden könnte. Dabei entstehen relevante Steuereinnahmen für den Staat. Dieses Symposion initiiert einen Dialog zwischen den Stilfeldern und steigert damit eine geschlossenere Wahrnehmung des Musikbereichs nach außen. Durch entsprechende Netzwerke können wir mit unseren Forderungen zukünftig mehr erreichen. JAZZ/IMPROVISIERTE MUSIK Harald Huber: Im Bereich „Jazz/improvisierte Musik” stellt sich die Situation folgendermaßen dar. Erstens: Die Investitionen in den Ausbildungs- und Veranstaltungsbereich sind in den vergangenen Jahren fruchtbar geworden. Wir haben heute eine sehr lebendige Nachwuchsszene im Jazz, wir haben eine gute Veranstalter- und Festivalszene in Österreich, da ist also etwas geglückt. Eine direkte Maßnahme muss sein, dass die Veranstalterszene und die Ausbildungsszene noch mehr kooperieren als bisher. Es gibt mittlerweile einige Modelle, wo das gut funktioniert, dass man als Preis für junge Nachwuchsmusiker die Präsenz bei internationalen Jazzfestivals vergibt. Das ist ein sehr vielversprechendes Modell, setzt aber voraus, dass diejenigen, die im Distributionsbereich tätig sind, die Distributoren, mehr Aufmerksamkeit von der öffentlichen Hand bekommen, als sie das vielleicht bisher bekommen haben. Das Problem scheint vielfach darin zu liegen, dass Distribution immer mehr zu einem Problem geworden ist. Wir müssen daher bei Förderrichtlinien verstärkt darüber nachdenken, dass wir in Österreich Personen und Initiativen, die engagierte Labels betreiben wollen, die sich im Veranstaltungsbereich positionieren wollen, auch seitens der öffentlichen Hand fördern. Wir haben auch diskutiert, dass es notwendig wäre, ein Sponsorgesetz zu haben, das Sponsoren überhaupt die Möglichkeit gibt, von sich aus Geldmittel zur Verfügung zu stellen, haben aber gleichzeitig gemeint, dass die derzeitige Politik, Initiativen auf Sponsorensuche zu schicken, einen Engpass hervorruft. Diese Strategie dürfte sich in Österreich sehr rasch erschöpfen, daher darf die öffentliche Hand keinesfalls aus der Pflicht entlassen werden. Eine Conclusio ist die verstärkte öffentliche Förderung des Distributionsbereichs, zweitens ist das Musikeinstufungsmodell der AKM, das sich noch immer am E-Musik-U-MusikModell orientiert, dringend durch andere Modelle zu ersetzen. Die Entwicklung in der Schweiz zeigt ein interessantes Vorbild, nämlich eine hohe Tantiemenausschüttung bei der Erstaufführung und dann eine in einer Kurve geringer werdende Ausschüttung, sodass sich ein Modell ergibt, das nicht an Stilen oder Genres festgemacht ist, sondern an der Anzahl der Aufführungen, wo jemand, der sehr viel geistige Kraft in ein Orchesterwerk investiert, durch wenige Aufführungen auch viel Geld ausgeschüttet bekommt, und jemand, der einen erfolgreichen Schlager schreibt, eben dann auch durch Menge und Masse zu seinem Geld kommen kann. Da gibt es direkten Bedarf in Richtung AKM. DANCE/HIPHOP/ELEKTRONIK Michael Huber: Mein Resümee für den Bereich „Dance/HipHop/ Elektronik” ist für mich nicht überraschend. Für mich hat sich bestätigt, dass die Tonträgerverkäufe in der Regel kaum eine tragende Rolle für die Frage spielen, ob jemand in diesem Bereich von seiner Kreativität leben kann oder nicht, zumindest nicht direkt, höchstens indirekt als Visitenkarte, um für Live-Auftritte gebucht zu werden oder für DJ-Jobs, wo man eher noch Geld verdienen könnte. Die zweite Schiene wäre, dass für Tonträger, die für den Clubgebrauch produziert werden, eigentlich auch Tantiemen bezahlt werden sollten, was natürlich sehr schwierig ist, weil kaum jemand in die Clubs geht und sich anhört, was dort gespielt wird, auch nicht identifizieren kann, ob das ein Stück von Pulsinger oder von einem Amerikaner ist. Von dieser Seite ist kaum etwas zu erwarten. Positiv ist in den letzten Jahren folgende Entwicklung gewesen, das bezieht sich auf die letzten 15 Jahre: Es ist die Möglichkeit zum Produzieren und Kommunizieren künstlerischer Arbeiten immer leichter und billiger geworden, was auch dazu geführt hat, dass es ein hohe Produktivität gibt. Es gibt sehr viel junge Kreative in diesem Bereich, die zum Teil auch sehr gut in der Szene vernetzt sind. Negativ ist, dass die fetten Jahre, die sieben fetten Jahre zwischen 1992 und 2000, eindeutig vorbei sind. Es geht sehr vielen in dieser Szene nicht so gut, wie wir heute glauben würden. Man sieht ja meistens nur diejenigen, die Erfolg haben, z.B. die KruderDorfmeister-Ecke, wobei wir immer vergessen, dass Kruder & Dorfmeister das Cordoba der Elektronik-Szene sind, wie Wolfgang Mitter gesagt hat, eine einmalige Erfolgsausnahme. Den meisten geht es zumindest finanziell 64 sehr schlecht. Dazu kommt noch, dass in diesem Szenebereich kein neuer Trend in Sicht ist, der neue Aufmerksamkeit generieren könnte. Es tut sich in der Elektronik-Szene seit mindestens fünf Jahren nichts mehr, was nicht schon ein alter Hut ist, d.h. die Aufmerksamkeit für diesen Bereich ist auch ständig im Schwinden. Das größte Problem, das sich durch alle Panels gezogen hat und auch in der Elektronik-Szene nicht anders aussieht, ist das Fehlen einer Institution, die das Szenegeschehen koordiniert und kompetent nach außen vertritt oder vermittelt. Es ist auch hier so, dass das in der Elektronik-Szene sehr lange nicht als Mangel wahrgenommen wurde, und jetzt, wo vielen das Wasser bis zum Hals steht, kommen sie langsam drauf, dass es nötig wäre, sich in der Elektronikszene zu koordinieren und mit einer Stimme zu sprechen. Förderungsmöglichkeit könnte die Unterstützung so einer mit Kompetenz besetzten Koordinationsstelle sein sowohl einerseits im ElektronikBereich als andererseits durch alle Bereiche durch. Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass man es auf diesem Weg schafft, eine Radiolizenz zu bekommen, und dann auch wirklich ein österreichisches Radio macht, aber nur, wenn sich alle koordinieren und mit einer Stimme sprechen und alle sagen, wir wollen das und wir üben Druck auf die Politik aus. Das ist das Einzige, was ich mir als Förderungsmöglichkeit für diese Szene denken kann. Aber noch einmal: Es ist gerade in dieser Szene extrem wichtig, dass die Personen, die mit dieser Koordination betraut sind, das Vertrauen der Szene haben, und dass einerseits anerkannte Kompetenz da ist, und andererseits es jemand ist, der weiß, wovon er/sie spricht. Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn man da einen Politiker oder Bürokraten hinsetzt, der keine Ahnung hat, worum es geht, der nicht unterscheiden kann zwischen Pulsinger, Kruder und anderen. ROCK & POP Harald Huber: Mario Rossori, der das Pop-Panel geleitet hat, kann leider nicht dabei sein. In diesem Pop-Panel hat sich durch die Anwesenheit von gotv eine sehr interessante Diskussion entwickelt und sich ein sehr interessantes Phänomen gezeigt, nämlich dass, wenn jemand in ein Vakuum hineinstößt, nämlich in das NichtVorhanden-Sein eines Videoclipprogrammes in Österreich, dass es sofort eine Menge an positiven Zusammenfassung: Eröffnungsdiskussion & Panel Folgeerscheinungen, Interesse und Anregung von Produktion gibt. Diese Situation haben wir im Moment im Pop-Bereich. Es ist sehr deutlich geworden, dass die Positionierung von Pop-Acts auf dem Markt nur dann möglich ist, wenn Medienkooperationen zustande kommen können zwischen Radio- und Fernsehstationen sowie Printmedien, auch solche, die sich am Markt konkurrenzieren. Nur dann kann ein Künstler längerfristig positioniert werden. VOLKSMUSIK/FOLK & WORLD MUSIC Birgit Huebener: Die Diskussion war sicherlich durch die Diskrepanz des Titels zwischen Volksmusik und Worldmusik geprägt. Es hat sich eine Diskussion um Begrifflichkeiten und die Definition von Begriffen entwickelt. Es hat den Anschein, dass die Worldmusik in Österreich einen Zuwachs in den letzten Jahren erfahren hat durch Publikumsinteresse, Veranstalter, Festivals und Auftrittsmöglichkeiten. Es ist nicht gesagt, dass hier österreichische WorldmusikerInnen zum Zug kommen. Die Volksmusik kämpft mit den Vorurteilen, die sich aus der geschichtlichen Entwicklung begründen lassen bzw. mit der gewollten oder nicht möglichen Abgrenzung zur volkstümlichen Musik. Es wird eine Plattform als regelmäßiges Austauschforum gewünscht, wo miteinander diskutiert werden kann, auch über Begrifflichkeiten. Es fehlen eigene Agenturen und Labels für diesen Musikbereich. Projekte im Überschneidungsbereich Worldmusik und österreichischer Volksmusik gelten als chancenreich und funktionieren teilweise recht gut. Es gibt aber zu wenig Förderungen für solche Projekte sowie für internationale Austauschprojekte, um Vernetzungen und Verbindungen herzustellen. Die Universitäten haben Nachholbedarf in den Bereichen Worldmusik und Volksmusik, die zu schwach vertreten sind. Im Verhältnis zur großen Nachfrage ist das Angebot zu gering, obwohl es ein eigenes Institut z.B. an der Musikuniversität Wien gibt. Die Musiker müssen verstärkt neben ihren künstlerischen Tätigkeiten die Bereiche Management und Marketing selbst abdecken. Unterstützung wurde für Equipment (Computer etc.) gefordert. Ich denke, es könnten auch Stellen bzw. Kulturmanager gefördert werden, die diese Arbeiten für Künstler übernehmen. Es wurde von einem österreichischen Weltmusikwettbewerb berichtet, an dem aber keine österreichi- schen Volksmusiker teilgenommen haben, daher ist eine Vernetzung im eigenen Stilfeld nötig, natürlich auch nach außen. VOLKSTÜMLICHE MUSIK & SCHLAGER/BLASMUSIK Andy Zahradnik: Ich danke sehr. Ich habe bereits im Panel das Genre MOR - Middle of the Road genannt, weil mir das besser gefällt. Darunter fällt alles, was sich verschrieben hat, Geld zu verdienen. Ich stehe dazu, ich geniere mich nicht dafür, ich lebe auch davon. Dem Kommerz wurde hier ein Ohr geliehen, und das ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Man soll nicht ausgrenzen, sondern das Genre gibt es in Österreich omnipräsent. Auch diesem Feld wird es schlechter gehen, es beginnt bereits. Das hat aber damit zu tun, dass es durch den Rückzug der Konzerne, weil wir ja nicht zu einem Kernmarkt gehören, zu einer Ausdünnung des Kapitalflusses führen wird, der nötig ist, um entsprechend Repertoire in diesem Segment zu generieren. Das bedeutet nicht, dass die Kreativität austrocknet. Ganz im Gegenteil: Wer einmal bei einer Jurysitzung des Grand Prix der Volksmusik dabei war, weiß, dass hunderte Titel eingereicht werden. Ich hatte schon mehrere Jahre das Vergnügen teilzunehmen. Es wird in jedem Dorf und jedem Tal komponiert, das muss uns klar sein. Ich finde es schön, dass dieses Thema auch hier in den hohen Hallen der Universität nicht mit der Kneifzange angefasst wurde, das ehrt Euch. Vollinhaltlich möchte ich mich auch dem Vorschlag des Kollegen Hertel anschließen. Er hat gesagt, dass die Zusammenarbeit Plattform übergreifend stattfinden muss. Das ist notwendig, weil sich die Zeiten noch massiver verändern werden. Diese Veränderungen bedeuten nicht ausschließlich, dass es uns allen schlechter gehen wird, sondern es sind auch Chancen darin zu finden. Ich würde diesen Vorschlag der Zusammenarbeit sogar noch gerne weiter spinnen. Man kann Institutionen, Verbände, Parteien oder wen auch immer, der Kraft hat auf einen Knopf zu drücken und zu sagen, hier ist das Kapital, am ehesten mit handfesten Konzepten überzeugen. Wenn wir die Möglichkeit haben, diese Konzepte plattformübergreifend zu erarbeiten, sollten wir relativ bald Menschen einbinden, die Ihre Manpower und ihr Know-how aus der Plattenindustrie einbringen, auch wenn sie nicht mehr bei der Company XY arbeiten. Diese Leute sind nicht 65 der Feind, sondern jemand, der versucht, mit Musik Geld zu lukrieren. Es soll ein Modell und eine Plattform der Musikwirtschaft erarbeitet werden, die sagt: Werden wir als kein Kernmarkt erkannt, hat das allerdings auch den Vorteil, dass wir das tun können, was wir wollen, wenn es uns gelingt, initiativ zu sein. Wenn wir es vernünftig machen, erreichen wir einen Endzweck. Das Land ist zu klein für Befindlichkeiten auch innerhalb der Stilfelder. Das Land könnte zu einer Musikcompany werden. Wir sind ein Musikland, mussten uns aber jahrelang von Marketingdirektoren, die in New York, Tokio oder London sitzen, vorschreiben lassen, wie wir hier Musik zu vermarkten haben. Es gibt aber die Kastelruther Spatzen, die in diesem Land 100.000 Tonträger über Nacht verkaufen. Das könnte eine Aufgabe des Musikrats sein, nämlich diese Bindeglieder herzustellen und uns in die Wertschöpfungskette zurückzubringen unter Einbeziehung der Stärken von World Music, Jazz, Klassik usw. Das ist die einzige Möglichkeit. Es bringt uns nichts, 100 verschiedene kleine Labels hier zu haben. Jeder arbeitet in seine Richtung, aber keiner hat genug Geld. Man könnte zu Staatssekretär Morak sagen: Soviel Geld können Sie damit verdienen, wenn Sie es vernünftig machen, so und soviel Tantiemen bleiben in Österreich, wenn das Netzwerk funktioniert. Das kann auch eine Genossenschaft sein, die Bauerngenossenschaften haben vor vielen Jahren ganz genauso angefangen, ein Modell zu entwickeln und darauf einen Wirtschaftskreislauf aufzubauen. Da braucht sich keiner dafür genieren. Das ist das, was ich persönlich aus dem Symposion herausgezogen habe, und würde mich freuen, wenn die Diskussion so weiter geht. Wir müssen uns Ziele setzen und versuchen, diese Ziele zu erreichen. Wir dürfen nicht den österreichischen Weg gehen und in drei Jahren wieder da sitzen und überlegen, was machen wir jetzt. SCHLUSSDISKUSSION Harald Huber: Ist es denkbar, das Verteilungssystem grundsätzlich neu zu überdenken und auf gegenwärtige Verhältnisse umzumodeln? Diese Frage stelle ich zunächst an Herrn Dr. Koll. Alfred Koll: Ich denke, es sollte nicht verboten sein. Ebenfalls sollte das Nachdenken nicht verboten sein, wie Schlussdiskussion sich das Urheberrecht oder Verwertungsgesellschaftenrecht weiterentwickeln könnten. Es wird darüber nachgedacht, es ist in der Vergangenheit schon über eine solche Frage nachgedacht worden. Man hat mit den Urheberrechtsgesetznovellen 1981, insbesondere 1986 Leerkassettenmittel bestimmt, die von den Urhebern und ihren Verlegern in ihrer Verwendung selbst bestimmbar sind. Mehrere Verwertungsgesellschaften, Austro Mechana, LSG u.a. hatten den Auftrag, Grundzüge und Richtlinien zur Verteilung sozialer und kultureller Mittel für soziale und kulturelle Mittel zu schaffen. Ich war längere Zeit Staatskommissär bei der Austro Mechana, wusste um die Funktion und die Möglichkeiten eines Staatskommissärs ausreichend Bescheid. Aus der Frage nach einer anderen als der praktizierten Möglichkeit hat sich keine für mich befriedigende Antwort ergeben. Für mich dreht sich manches im Kreis. Einerseits gibt es die Forderung, dass sich Künstler selbst verwalten sollen, ihre eigenen Plattformen schaffen, auf der anderen Seite kommt immer die Aufforderung, egal welcher Politiker, ob Wittmann, Scholten oder Morak, das soll doch der Staat machen. Man hat mit den Leervergütungsfördermitteln volle Möglichkeiten bei Verwertungsgesellschaften auf mehr als 51%, nämlich 99% nach dem Gesetz für kreative und soziale Zwecke aufzuwenden. Ein Kritikpunkt, dass soziale Mittel nicht nach sozialer Bedürftigkeit vergeben werden, verhallte. Die kreativen Möglichkeiten werden durchaus vernünftig auch im Interesse der Kunstschaffenden ausgenützt, indem es sogenannte Ausschüsse gibt, die Tonträgerproduktionen unterstützen, auch den Vertrieb unterstützen. Es ist eine Frage der Selbstfindung von Urhebern und ihren Verwertern ein Spiel, das nicht immer zum Vorteil der Urheber selbst ausgeht und ausgegangen ist. Es ist für mich eine ausreichende Plattform mit Hilfe auch der kulturpolitischen Kommission oder allen möglichen Präsidentenkonferenzen. Eine Selbstfindung braucht nicht unbedingt eine Entscheidung eines politischen Funktionärs, sondern den gemeinsamen Willen jener, die tatsächlich die Möglichkeit haben, z.B. 99% statt 51% aus der Leerkassettenvergütung nach guten Regeln und Förderungsrichtlinien, wie sie der Herr Huber verlangt, tatsächlich anzuwenden. Es hat in der Vergangenheit Schwerpunkte zur Begünstigung der Volksmusik gegeben, wie im 66 Bericht zur Verwendung sozialer und kultureller Mittel der Austro Mechana aus dem Jahr 2000 zu entnehmen ist. Es lassen sich all diese Dinge durchaus überprüfen auch an den Tonträgern, die in der Musikuniversität tatsächlich zum Bereich Pop produziert worden sind. Man soll sich nur nicht immer wieder von Plattform zu Plattform oder von einer Idee einer Plattform zu einer anderen Idee weiterhanteln, denn dann kommt schließlich so etwas heraus wie bei der sogenannten E-Musik, dass der Versuch, mehrere Komponistenverbände zusammenzuschließen, schon vor vielen Jahren gescheitert ist. Woran, das ist jetzt vielleicht nicht zu erörtern. Es ist für mich nur bemerkenswert, dass eine Komponistenvereinigung einen Vorstand hat, der nicht unbedingt von Komponisten besetzt ist. Das ist hier wie bei Verwertungsgesellschaften immer eine Frage der Bildung von Mehrheiten. Die Entscheidung liegt für mich nach meinem Dafürhalten bei Urhebern und den Kreativen selbst, ausreichend kreativ sein in der Fähigkeit, sich zusammenzuschließen. Wenn dieses Symposion ein Steigbügel dafür ist, dass Leute, die nicht nur mehrere Funktionen vertreten, sondern auch solche, die einzelne Funktionen vertreten haben, zusammenfinden, finde ich das ein gutes Ergebnis. Sind Sie mit der Antwort zufrieden? Förderungsrichtlinien sind immer wieder dazu da, überdacht zu werden, das natürlich vor dem Hintergrund der Finanzierbarkeit dieser Richtlinien. Andy Baum: Bitte um Verständnis, wenn ich vor meiner Funktionärsantwort noch eine als Musiker gebe, der ich ja nach wie vor mit Leidenschaft bin. Zu dem, was Du gesagt hast, Andy: Tausend Rosen. Ich denke mir, dass eine vitale Musikszene nicht auf Standesdünkel angewiesen ist weder von einem Lager ins andere noch umgekehrt. Da ist das Modell, das Harald gemacht hat, hervorragend, um das auch zu veranschaulichen. Bei den Panels, wo ich anwesend war, ist durch die Bank immer wieder das Argument des kleinen Marktes gekommen. Das müssen sich die Amerikaner auch irgendwann einmal gedacht haben, dass ihr Markt zu klein ist. Die haben vorgezeigt, wie man das macht. Ich glaube, dass dieser kleine Markt schlicht eine Ausrede ist, sonst dürften Irland, Schweden und Dänemark musikalisch nicht existieren usw. Den Grenzen, denen wir uns gegenübergestellt sehen, die existieren nur in unserem Kopf, weil wir keine Strategien und Visionen entwickeln. Die Elektronik hat es auch vorgemacht. In dem Moment, wo ich nicht daran denke, dass ich um die Ecke zu jemandem gehen muss, der von sich behauptet kompetent zu sein, sondern einfach das mache, was mir einfällt, und es probiere, breche ich Strukturen auf. Nicht, dass es ihnen jetzt auf ewig gut geht, aber es ist etwas passiert, weil Dinge verlassen wurden, und der Kopf aufgemacht wurde. Wenn es eine Vernetzung gibt, die ich sehr begrüßen würde, dann soll man sich auch von den Parametern lösen, unter denen solche Vernetzungsversuche bisher stattgefunden haben. Zu den Verteilungsbestimmungen und -möglichkeiten sowie neuen Schwerpunkten: Es ist Bestandteil des österreichischen Urheberrechtsgesetzes, kulturell Höherwertiges auch höher zu bewerten und auch höher zu entlohnen. Seitens der AKM hat man sich darauf geeinigt, eine solche Unterscheidung zwischen E und U zu machen. Ich persönlich halte diese Entscheidung sowohl damals als auch heute für äußerst unglücklich. Ich halte jede Entscheidung, die versucht, etwas besser oder schlechter, unterhaltender oder ernsthafter zu werten für äußerst unglücklich, kann mich mit einem Modell, das eine Erstaufführung höher bewertet und logarithmisch abnimmt durchaus anfreunden, würde aber nur davor warnen, Wertungsparameter einzuziehen, die da lauten, jemand, der länger an etwas schreibt, macht automatisch etwas, das mehr wert ist. Er wendet mehr Arbeit an. Wenn ein Tischler einen schiefen Kasten macht, und er braucht dafür 200 Stunden, dann ist der Kasten immer noch schief und unbrauchbar. Abgesehen davon kann ich jetzt schon zusagen, dass es fix mit Herbst eine große Diskussionsrunde innerhalb des AKM-Vorstandes zum Thema Verteilung gibt. Das ist bereits veranschlagt und wird von denen, die das betreiben, wohl nicht mehr ausgelassen. Verteilung soll dort, wo sie als sinnvoll erkannt wird, nachjustiert werden, so etwas schadet nie, und dort, wo es Grundsätzliches zu überdenken gibt, werden wir uns nicht scheuen, das zu tun. Harald Huber: Vielen Dank, das Wort an Sie alle und die Gelegenheit, zum Symposion bzw. den einzelnen Ergebnissen und Stellungsnahmen eine Meinung zu äußern. Peter Paul Skrepek: Ich erkenne vier Punkte, und ich war bei fast allen Schlussdiskussion Diskussionen entweder am Podium oder im Publikum anwesend, habe mir viele Notizen gemacht, und das wird in mindestens einen, wenn nicht mehrere Berichte fließen. Das kann man dann nachlesen unter www.musikergilde.at Der erste Erfolg ist, dass der Staatssekretär da war. Das ist etwas, was nicht allen Organisationen gelingt, dem Österreichischen Musikrat ist es gelungen. Denjenigen, die das betrieben haben, ist zu gratulieren. Der Staatssekretär hat versprochen, in zwei Dingen aktiv zu werden. Er hat wörtlich gesagt: „Die Quotenfrage ist auch mit den Teilnehmern am liberalisierten Radiomarkt zu diskutieren.” D.h. auch die Privatradios sind eingeladen, sich an Quoten zu halten, wenn sie erlassen werden müssen, was wir nicht wünschen. Wir wünschen uns ja im Baumschen Sinne mehr Haltung, dass sie selber erkennen, dass das gut ist. Dann hat er noch etwas versprochen mit einer einzigen Einschränkung, die das ganze wieder zu Fall bringen kann. Er wird zu einem runden Tisch einladen, Voraussetzung ist allerdings, dass die Frau Generaldirektor Dr. Lindner daran teilnimmt. Es ist jetzt also unsere Aufgabe, ihr Argumente zu liefern, denen sie sich nicht verschließen kann, dass sie an diesem runden Tisch teilnehmen wird. Dr. Medwenitsch wird sicher gerne daran teilnehmen, und es gibt noch einige andere: Die von Andy Zahradnik angesprochenen, emeritierten Direktoren der Schallplattenfirmen werden natürlich auch eingeladen werden, weil es vernünftig ist. Auf dieses Wissen und diese Fähigkeiten kann man nicht verzichten. Da gibt es unbedingt ein paar Leute, die man einladen muss, das hat Herr Morak gesagt. Er hat aber noch etwas gesagt, was unterzugehen droht, Dr. Koll hat es wiederholt in seiner feinsinnigen Art hoffend, dass es auf offene Ohren stößt. Das ist die Reform des Urheberrechts. Wenn es uns nicht gelingt, die Reform des Urheberrechtes in Österreich in unserem Interesse voranzutreiben, dann hat die ganze Debatte überhaupt keinen Sinn gehabt. Wenn es uns nicht gelingt, die Privatkopie als Recht aufrecht zu erhalten und sie zu trennen von ihrem Missbrauch, indem man Dinge weiterkopiert, für die man hätte bezahlen müssen. Die Privatkopie erlaubt so unter der Hand sieben Stück. Es gibt kein Schriftstück darüber, nur eine Aussage. Wenn es 700 werden, ist es ein Missbrauch. Es ist ein Missbrauch mit etwas getrieben worden, was ein Grundrecht ist. 67 Hier muss man aufpassen, und das digitale Rechtemanagement ist auch eine Gefahr, ist eine Hoffnung für uns, aber auch eine Gefahr. Jetzt komme ich zu meiner persönlichen Schlussfolgerung, das habe ich auch mehrmals gesagt, weil wir unter dem Stichwort Pluralismus reden. Der Pluralismus ist nicht nur viel, sondern auch vielfältig. Wir erleben aus verschiedensten Gründen genau das Gegenteil. Während sich auf der einen Seite viele Leute zu Musik berufen fühlen und mit immer billiger werdenden Produktionsmitteln Musik produzieren und auf den Markt bringen oder auf den Markt bringen wollen, also Vielfalt im Sinne des Wortes Pluralismus erzeugen, stehen dem andere Kräfte gegenüber, die an einer Verengung des Musikalischen, wenn nicht des Kunstschaffens arbeiten. Das waren im wesentlichen die Tonträgerhersteller, die großen Konzerne und die Massenmedien. Diese beiden haben das aus wirtschaftlichen Überlegungen betrieben. Dieser Verengungspolitik ist gemeinsam entschlossen entgegenzutreten. Es ist ein großer Erfolg des Symposions, dass wir uns zusammensetzen, jeden Standesdünkel vergessen und miteinander reden, weil es uns dreckig geht. Es wäre schön, wir würden auch so miteinander reden, wenn viele österreichische KünstlerInnen Welterfolge haben. Es wurde eine Organisation verlangt, die sich um Lobbyingarbeit bemüht, eine Agentur, die sich um Vermittlung bemüht, eine Schallplattenfirma. Ganz Österreich soll eine Schallplattenfirma werden. Das unterschreibe ich sofort, ich will sie nur nicht leiten müssen. Die Agenturthese ist leider an vielen Dingen gescheitert, das hat nicht funktioniert, aber die Basis für die Lobby könnte funktionieren. Deutschland ist immer unser Vorbild, denn sie haben Dinge geschafft, die vor drei Jahren noch nicht möglich waren, nicht denkbar. In Deutschland gibt es eine Dialogplattform für die Musikwirtschaft. Wir machen es nicht 1:1, wir nennen sie „Musik und Wirtschaft”, dadurch unterscheiden wir uns von Deutschland, machen aber trotzdem das gleiche. Eine solche Dialogplattform sollten wir uns antun, das betrifft die vielen Multifunktionäre, lieber Herr Dr. Koll, und die vielen Einzelfunktionäre und die vielen Expert/innen, die es gibt. Das ist aber wirklich Knochenarbeit, weil da werden wieder alte Feindschaften und Kriege aufbrechen, weil sich der eine mit dem anderen nicht an den Tisch setzen will und umgekehrt. Wenn es uns gelingt, Leute zu finden, die diese Glaubwürdigkeit haben und in ihrer Gruppe unumstritten sind, und an einen Tisch zu bekommen, dann machen wir etwas Besseres als die Präsidentenkonferenz, wo wir uns gleichberechtigt an einen Tisch setzen, und dann passiert erst leider wieder nichts. Wenn die Dialogplattform das Ergebnis dieser beiden Tage ist, und wenn wir uns innerhalb eines Jahres wieder finden und verschiedene Projekte realisiert haben wie die Generalreform der Abrechnungsregeln der AKM, die wir in der letzten Sitzung vorgeschlagen haben, und wie den Druck auf die Öffentlichkeit und die Politik, dann haben wir einen Schritt gemacht, der weit über das hinausgeht, was wir uns vorgenommen haben. Dieser Schritt möge uns gelingen. Rainer Kalchhauser: Ich möchte §4 des ORF-Gesetzes in Erinnerung rufen, das ist der Paragraf, der den Programmauftrag genau regelt. In Punkt 5 steht dort: „Der Österreichische Rundfunk hat durch die Gesamtheit seiner Programme zu sorgen für: die Vermittlung und Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft.” Punkt 6: „Die angemessene Berücksichtigung und Förderung der österreichischen künstlerischen und kreativen Produktion.” Punkt 7: „Die Vermittlung eines vielfältigen kulturellen Angebots.” Punkt 8 heißt dann noch: „Die Darbietung von Unterhaltung.” Jetzt bin ich seit einem Vierteljahrhundert bei einem Radioprogramm des ORF beschäftigt, und wir machen genau das. Wir versuchen, österreichische Künstler zu vermitteln, wir versuchen aber auch, über den Tellerrand hinauszusehen, d.h. der Kulturauftrag des ORFGesetzes verpflichtet uns dazu, kulturelle Gegebenheiten aus anderen Weltgegenden zu bringen, d.h. eine Quotenlösung halte ich persönlich für nicht gut. Ich halte es für gut, dass wir uns darauf besinnen, was können wir in Österreich machen, was haben wir an Potential und wie präsentieren wir das. Ich behaupte von uns, Radio Niederösterreich, dass wir das gut machen. Wir versuchen es wirklich, wir spielen Österreicher, wir spielen österreichische Schlager und Blasmusik, wir spielen sogar österreichische klassische Musik, leider nur eine Stunde pro Woche, Donnerstag 21.00 bis 22.00 Uhr. Wir tun das noch. Ich weiß nicht, wie lange das bei unserem jetzigen Direktorium mit Norbert Gollinger noch hält. Andy Zahradnik: Es ist diese Unwäg- Schlussdiskussion barkeit, dass sich diese Dinge über Nacht ändern können, weil irgendwo an den Marionettenfäden gezogen wird. Rainer Kalchhauser: Dass Twaroch in Pension geht, das war Jahrzehnte vorauszusehen. Dass die Frau Lindner unsere Intendantin wird und ein paar Umstellungen macht, das war ein bisschen plötzlich. Dass Norbert Gollinger neuer Landesdirektor geworden ist, das war nicht so plötzlich, das konnten wir voraussehen. In der Programmabteilung haben wir Mitarbeiter, die seit 37 Jahren am Landesstudio tätig sind, ich selber bin es erst seit 27 Jahren seit 1977. Ich tue dort meine Arbeit, versuche sie so redlich wie möglich zu machen mit österreichischer Volksmusik, Blasmusik und Schlagermusik. Ich unterstütze das, obwohl ich da nicht der Hauptverantwortliche bin. Das macht der Mario (Felice, Anm.d.Red.), und er macht das auch gut. 18%, danke, dass Du das erwähnt hast. Dass die Burgenländer schon weiter sind, gut, aber wir arbeiten daran, dass wir die österreichischen Schlager und volkstümlichen Produktionen in unserem Programm verankern. Wir tun auch in der Volksmusik viel und arbeiten eng mit der Volkskultur NÖ zusammen. Es gibt eine Sendung am Dienstag am Abend, die von der Volkskultur NÖ und dem NÖ Volksliedwerk gestaltet wird. Wir versenken das Ding ja nicht. Es gibt viele KollegInnen auch in den anderen Landesstudios, die das mit der gleichen Ernsthaftigkeit betreiben wie wir. Die Burgenländer sind die Winner mit 24%. Wir werden darum kämpfen, dass wir auch die 20%Marke überschreiten. Wir sagen die österreichischen Interpreten im Radioprogramm extra an. Unsere Moderatoren sind mittlerweile sogar per Erlass angewiesen, österreichische Produktionen anzusagen, dass die Hörer wieder wissen, sie hören etwas Österreichisches. Wenn der Erwin Bros bei uns am Programm ist, sagt der Gotthard Rieger: Und jetzt ein Niederösterreicher für Sie. Wir spielen das Neueste, wir spielen auch Sachen, die jünger sind als acht Monate. Wir müssen Zielvorgaben machen, und treffen wir uns in einem halben Jahr und sagen, was haben wir erreicht von diesen Zielvorgaben. Sagt uns ORF-Redakteuren genau, was ist der Punkt, was können wir machen im ganz normalen Operate Life. Reden wir dann noch einmal drüber, sind wir am Weg oder nicht. 68 Andy Baum: Was Du jetzt aus dem Rundfunkgesetz zitiert hast, ist nicht zu diskutieren, da brauchen wir nicht darüber zu streiten, das steht so drinnen und ist ganz klar. Das Einzige was unscharf drinnen steht, ist das Wort „angemessen”. Das hat der Gesetzgeber natürlich genauso hinein geschrieben, weil er sich daran abputzen kann. Wir sollten den Succus dieser zwei Tage nicht in einer Diskussion ersticken, die wir schon seit 12 bis 15 Jahren führen, dass es den bösen ORF gibt und die armen österreichischen Musiker, dem ist so nicht, zumindest nicht in dieser Plakativität. Ich glaube, wenn es einen runden Tisch gibt, dass natürlich auch der ORF an diesem runden Tisch sitzen muss, weil er Partner ist und nicht Gegner. Harald Huber: Gibt es noch Wortmeldungen aus dem Publikum für eine Schlussrunde? Emil Lubej: Ich bitte darum, die neuen Medien zu unterstützen, ich betreibe selber ein Internetradio. Es gibt größte Probleme, keine Kriterien von Seiten der Werbung. Das ist alles im Werden, und da wäre es ganz wichtig, dass diese Medien die entsprechende Unterstützung von der öffentlichen Hand bekommen, dass sie überleben können. Ich bitte dahingehend um Unterstützung durch dieses Plenum. Alfred Koll: Manche nationalen Interessen haben sich in der Vergangenheit schon am internationalen Rahmen erhängt. Wenn in der Vergangenheit manche Urheberinteressen diskutiert worden sind, kam dann prompt der Hinweis, dass das nicht zur Berner Konvention passe. Wenn von Dienstleistung die Rede ist, dann wissen wir genau, dass wir mit dem Problem des Welthandels und sonstiger internationaler Verbindlichkeiten ein Problem haben können, wenn die Schritte in Österreich zu auffällig werden für einen internationalen Markt. Harald Huber: Das führt uns jetzt zu einer neuen Diskussion, die wir nicht mehr beginnen wollen, die wir auch in der Präsidentenkonferenz angeregt haben, nämlich GATS als Thema dringend auf die Tagesordnung zu setzen. Paul Hertel: Ich wollte den Beitrag von Dr. Koll noch kurz ergänzen. Ich glaube, die Forderungen sind immer nur innerhalb der EU-Richtlinien zu stellen und zwar in Hinsicht auf einen europäischen Durchschnitt. Das trauen sich auch die Deutschen, alle Parteien derzeit auf höchster Ebene. Zweitens geht es um eine Regionalförderung und keine Nationalförderung. Drittens geht es nicht um die national hier Ansässigen, sondern um die Wertschöpfung. Da ist uns ein türkischer Rapper genauso willkommen wie ein afghanischer zeitgenössischer Komponist. Harald Ossberger: Ich hatte die Ehre, Sie gestern am Vormittag zu begrüßen, und ich habe die Ehre, Sie wieder zu entlassen mit ebenso großer Herzlichkeit. Das Symposion ist das Ergebnis einer Arbeitsgruppe des Vorstands des Österreichischen Musikrates. Dieser Arbeitsgruppe haben Harald Huber, Günther Wildner und Mario Rossori angehört, herzlichen Dank an diese Arbeitsgruppe. Die Hauptarbeit haben einerseits als Konzeptor und inhaltlicher Programmierer Harald Huber und als Realisator und in der Organisation Günther Wildner geleistet. Herzlichen Dank, man erlebt selten ein so ausgeglichenes Verhältnis zwischen enormem Zeit- und Energieaufwand und dem, was dabei herauskommt. Wir erwarten etwas von einander. Man kann das nur tun, wenn ein gewisses Mindestmaß an Vertrauen untereinander da ist. Die Tatsache, dass Sie etwas von uns, dem Österreichischen Musikrat, erwarten, heißt für mich zumindest auch eine Investition ihrerseits, nämlich dieses Mindestvertrauen. Ich möchte Ihnen im Namen des Österreichischen Musikrates etwas versprechen, natürlich noch keine konkreten Ergebnisse. Es gibt eine Grundlinie, die mir bei diesem Symposion noch besser aufgegangen ist als bisher. Ich möchte Ihnen versprechen, diese Grundlinie weiterzugehen. Wir haben gesehen und gehört, was Realität war und ist, und erfahren, wie sehr diese Realität in der Vergangenheit nicht immer sinnvoll genutzt wurde. Es gab nicht nur gute reale Erfahrungen. Wenn wir das akzeptieren, brauchen wir so ein Symposion nicht. Die Situation liegt anders. Man kann die Realität nur dann kreativ und innovativ nützen, wenn wir einen Angriff wagen auf die bisherige reale Erfahrung. Das ist Utopie, aber in Gemeinschaft mit dem Einbeziehen der Realität ist es ein Weg. Diesen Weg wollen und sollen wir gehen, und ich hoffe, es kommt etwas dabei heraus. Ich danke Ihnen allen. 69 REFERENTEN & KÜNSTLER Abado/Rosmanith - MARAKEB Marwan Abado & Peter Rosmanith Geographisch gesehen wohnen die zwei Herren im westlichen Teil Wiens. Ihren ersten gemeinsamen öffentlichen Auftritt bestritten sie allerdings weit von Wien entfernt in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Dort beschlossen sie, mit Rosmaniths Klangkiste und dem erzählerischen Oud Abados im Gepäck auf eine längere musikalische Reise mit dem Titel „Marakeb“ zu gehen. Auf ihrem Weg begegneten sie einem Wiener Kamel, besuchten den Mufti, genossen Wasserpfeife mit Apfeltabak, hörten Regengesänge und die Lieder des Kaffeemörsers einer Beduinenfamilie, der sich nach einer alpenländischen Spieluhr sehnt -Reiseansichten von mondbeschienenen Dünen bis zu tropfenden Gletscherspalten. Lange feilschten die zwei um die Anzahl der ungeraden Rhythmen, letztendlich aber vermischten sich Sand und Schnee zu einer untrennbaren Einheit. Ludwig „Wickerl“ Adam Geboren 1949. 1971-1973: Klassisches Studium von Pauke und Klavier an der Musikakademie Wien. Davor bereits 1200 Auftritte als Sänger/Musiker im GSA-Raum. 1973-1977: Leitung von Workshops im Theaterbereich, später auch Seminarleiter für Körpertheater, Stimme, Staging und Mikrofontechnik. 1977 Gründung des Rocktheaters „Hallucination Company“. Bis 1984 über 1300 internationale Auftritte und TV-Shows mit diesem Ensemble. Als „Zappa“ von Wien bezeichnet, weil er unzählige Talente entdeckte und förderte (Falco, Hansi Lang, Mo, Andy Baum, Helmut Bibl, Thomas Rabitsch usw.). Nach einer dreijährigen Pause Reunion der Hallucination Company in neuer Besetzung. 1995 Gründung der Kulturinitiative Oberndorf sowie künstlerische Leitung und Geschäftsführung der Kulturwerkstätte „Altes Kino“. Zahlreiche Engagements als Bühnenund Filmschauspieler. Elfi Aichinger Trio Elfi Aichinger - vocals, piano, composition Geboren 1961. Gilt als eine der herausragenden Stimmen der zeitgenössischen Musikszene. Mit dem Trio „JUBILO ELF“ und dem Ensemble „AMES“ hat sie sich bereits in den 80er und 90er Jahren international versteht sich als Crossover-Musikerin. Ihre Stimme verwendet Aichinger als Instrument mit und ohne Text, mit entsprechenden Freiräumen für Improvisationen und Zwiegespräche mit ihren Mitmusikern. „Früher war ich eher Stimmakrobatin mit wenig Text. Jetzt habe ich lange nach Texten gesucht und kleine Juwele gefunden.” (Elfi Aichinger) Zusammenarbeit mit: Meredith Monk, Bobby McFerrin, Beat Furrer, Nali Gruber, Mathias Rüegg, Joseph Jarman, Brandon Ross, Don Byron, Tuck&Patti, Urszula Dudziak, VAO, Pro Brass, Klangforum, Nouvelle Cuisine. Lehraufträge am Brucknerkonservatorium Linz und an der Universität für Musik Wien. Alexander Machacek - guitar Geboren 1972 in Tulln. Zusammenarbeit mit: Terry Bozzio, Wayne Horvitz, Patrick O'Hearn, Michael Riessler, Don Freeman, Ingrid Jensen, Natalie Cole, Wolfgang Puschnig, Hubert Tubbs (Tower of Power), Wr. Symphoniker, Klangforum Wien, Nouvelle Cuisine usw. Stephan Maass - percussion Geboren 1967 in Bad Homburg (BRD). Zusammenarbeit mit Beat4Feet, Wiener Sängerknaben, Bob Mintzer, Hubert Tubbs, Peter Wolf, EAV, Randy Brecker, Jiri Stivin, Harold Faltermayer, Count Basic, Wolfgang Ambros, Unique II, Claudio Roditti, George Nussbaumer, Michael Langer, Kruder & Dorfmeister, Raoul de Souza, Idris Muhammad, NDRBigband, Sandra Pires, Georg Danzer, Konrad Schrenk's Extravaganza, Kurt Ostbahn & die Kombo, Strauss, Mimi, Stephen Ferguson, Harry Sokal, Hubertus v. Hohenlohe, Nina Proll, DJ Megablast, Gerald Veasley, Jimmy Woody, Jim Pepper, Alex Acuna, Billy Cobham, Rainhard Fendrich, NDRBigband, Etta Scollo, Ray Anderson, Don Freeman, Austria 3, Bluatschink, Wolfgang Haffner, Doretta Carter, Vienna Scientists, Wolfgang Puschnig usw. Norbert Ehrlich Jusstudium an der Uni Wien. Sekretariat des Konzertpianisten Jörg Demus. Zehn Jahre lang Mitarbeiter in der ama-Künstleragentur 19751984. 1984-2003 Leiter der Szene Wien. Musik- und Kulturveranstalter. Festivals ab den 90ern: „Moscow Express”, „Behind the Ural”, „Focus on Israel” (2001), „Salam.Islam” (2002/2003). Kulturaustausch-Aktivitäten mit Osteuropa, Mexiko. Neben der Beschäftigung mit alternativer Popmusik, Jazz, modernem Tanz und punktuell auch Theater schon seit Ende der 70er Jahre Präsentation von Weltmusik, in den letzten Jahren regelmäßig und besonders gerne aus Afrika. Kurt Elsasser Geboren 1967 in der Steiermark. Bei einer Rundfunksendung erschließt sich Kurt Elsasser als zwölfjährige Bub mit ,,La Montanara” und „Leise rieselt der Schnee” sein erstes Publikum. Bis zum Erreichen des Stimmbruchs veröffentlicht er - unter Mithilfe seines Mentors Karl Moik acht Alben und sechzig Singles. Nach dem Abitur Studium am Salzburger Mozarteum: Gesang, Schauspiel und Tanz. Nach Engagements im Musicalbereich Durchbruch 1992 als Schlagersänger mit „Allein die Liebe zählt im Leben”. Aktuelles Album: „Hallo wie geht's”, Veröffentlichung September 2003. Felictas Hager Geboren 1962. Ausbildung zur Druckformenherstellerin. Diverse Filmarbeiten (16 mm). Messegestalterin und Schaufenster Dekorateurin. Werbegrafikerin bei Hofbauer & Partner. Freie Werbegrafikerin. Mitarbeit Confetti-TV ORF. Gründung TIV-Fernsehgesellschaft 1998. 1. Mai 1999 bis Ende 2001: Gestaltung und Umsetzung eines einstündigen und ab April 2001 zweistündigen täglichen Programmfensters am Info-Kanal der UPC-Telekabel. Ab Herbst 2001 Konzeption SmartCityTV (wurde für die Wiener terrestrische Frequenz eingereicht). Jänner bis April 2002 Konzeption und Planung des Wirtschaftsblatt-TV (wurde nicht umgesetzt). Mai bis Oktober 2002 Konzeption, Planung und Umsetzung des ersten österreichischen Jugendfernsehens gotv. Seit August 2002 Referenten & Künstler 70 Programmdirektorin von gotv. Werner Hasitschka Geboren 1953 in Wien. 1972 bis 1976 Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien. 1976 Sponsion zum Magister der Sozialund Wirtschaftswissenschaften. Ausbildung zum Kommunikationstrainer. 1980 Promotion zum Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. 1986 Verleihung der Lehrbefugnis (venia docendi) für das Fach Betriebswirtschaftslehre. 1977 bis 1991 Universitätsassistent bzw. dozent an der Wirtschaftsuniversität Wien. 1988 bis 1991 Assistenzprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien. 1989 bis 1991 Leiter des Außeninstituts der Wirtschaftsuniversität Wien. Seit 1991 Ordinarius für Kulturbetriebslehre und Leiter des Instituts für Kulturmanagement. Seit 1992 Leiter des Lehrgangs für Kulturmanagement, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. 1999 bis 2001 Vorsitzender des Universitätskollegiums. Rektor der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien seit 2002. Forschungsschwerpunkte in den Bereichen theoretische Grundlagen der Kulturbetriebslehre, Kulturmanagement, Werteforschung. Franz Hautzinger Geboren 1963. Studierte Trompete und Komposition an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz und am Konservatorium der Stadt Wien. Seit 1989 Lehrauftrag für Ensembleleitung, Komposition und Arrangement an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Als (Gast-)Solist zahlreicher Ensembles sowie Komponist und Interpret zeitgenössischer und improvisierter Musik ist er Kooperationspartner international renommierter Künstler (u.a. Elliott Sharp, Gil Evans, Sainkho Namtchylak, John Cale, Yoshihide Ohotomo, Butch Morris, Phil Niblock, Klaus Öhring, Lou Reed, Derek Bailey, The Temptations, John Tilbury, Tony Oxley, Joachim Kühn). Als Leiter eigener Projekte („Franz Hautzinger Speakers Corner”, „Dachte Musik”, „Regenorchester”, Gomberg) ist er eine der profiliertesten österreichischen Musikerpersönlichkeiten. Veröffentlichung des Buches „Gomberg”, graphische Partituren. Österreichisches Staatsstipendium 2001. Zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien. Kinderprojekte, Performance, Theater- und Kunstprojekte. Paul Hertel Geboren 1953 in Wien. Er lebt seit 1982 als freischaffender Komponist in Wien und Zürich. Schwerpunkte seines Wirkens sind Arbeiten für verschiedene Theater im deutschsprachigen Raum sowie für internationale Filmgesellschaften und Fernsehanstalten. Für eine seiner Filmkompositionen wurde der Künstler 1987 als Mitglied in die „Freie Akademie der Künste Mannheim“ gewählt. Neben seinen Arbeiten für Theater, Film und Fernsehen widmet sich Paul Hertel aber auch der ‘freien’ Komposition: Seine Werke auf dem Gebiet zeitgenössischer „E-Musik” stehen häufig auf den Programmen von Konzerten in aller Welt sowie von einschlägigen internationalen Festivals. Seit Juni 2000 Vorstandsmitglied der AKM als Vertreter der E-Musik Komponisten. Seit 2001 Geschäftsführer der Gesellschaft für Österreichische Musik (GFÖM). Seit 2002 Vorstandsmitglied der Musikergilde sowie Kuratoriumsmitglied des Österreichischen Musikrats. Alexander Hirschenhauser 1985-1991 Day & Night Kalender-Verlag (mit Timetable 24 Stunden/7 Tage) 1986-1993 Club Soul Seduction/Volksgarten/Wien 1990 Eröffnung des Black Market Retail Stores in Wien Seit 1992 Soul Seduction Distribution (Vertrieb internationaler Labels in Österreich) Seit 1993 Soul Seduction Distribution Worldwide (weltweiter Vertrieb österreichischer Labels) beginnend mit dem ersten Release von Kruder & Dorfmeister 2004 Preisträger/Gewinner beim „.ataward” for outstanding and innovative web-sites mit www.soulseduction.com Alexander Hirschenhauser ist Geschäftsführer der SSD TRADING GMBH Christoph Huber Geboren 1968 in Baden/CH. 1989-93 Studium der Sportwissenschaften und Management in Wien. Von 1991 bis 1998 Mitorganisator des Internationalen Jazzfestival Saalfelden. 1993 Organisation des Symposiums „Zur Situation der Zeitgenössischen Musik am Beispiel des Jazz” in Saalfelden. Seit Herbst 1993 künstlerischer Leiter (zusammen mit Renald Deppe und Mathias Rüegg) des Jazz & Music Clubs Porgy&Bess in Wien. Von 19951998 künstlerische Co-Leitung der „Short Cuts“ in Saalfelden. 1998 Festival „Good News From Russia” in Wien. 1998 und 1999 zusammen mit Christoph Cech musikalisches Konzept der „GrabenFestTage“. 1999 Programmierung der Reihe „The Great American Songbook“ anlässlich der Ausstellung „Amerika“ im Oberen Belvedere. Seit 1999 Konzeption der Serie „Invoice“ auf der Summerstage. 1999 Festival „Behind The Ural“ im Wiener Konzerthaus und in der Szene Wien. September 1998 bis Mai 2000 künstlerische und organisatorische Leitung der Serie „30A“ im Großen Sendesaal des Radiokulturhauses. Sommer 2000: Konzeption eines Jazzclubs in der Kunsthalle Wien im Museumsquartier. Ab Herbst 1998 verantwortlich für Konzept und Umbau des ehemaligen Rondell-Kinos zum Jazz & Musicclub „Porgy & Bess“. Eröffnung am 28. Dezember 2000. Harald Huber Geboren 1954. Studien: Lehramt für Musikerziehung und Philosophie / Psychologie / Pädagogik (Mag. phil. an der Universität Wien), Tonsatz und Elektroakustische Musik (an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Wien), PostgraduateStudium Soziologie am IHS Wien (Institut für Höhere Studien), Doktorat (Dr. phil.): Dissertation „Stilanalyse. Stile der Popularmusik im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts”. Habilitationsschrift „Der Song und die Stilfelder der Musik”. Leiter des wissenschaftlichen Bereichs des Instituts für Popularmusik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Vizepräsident des ÖMR (Österreichischer Musikrat), künstlerische Tätigkeiten als Komponist und Pianist/Keyboarder mit eigener Formation „BLOX”, beim „wiener u.r.theater” (Theaterimprovisation) etc., Kooperation mit „Projekt!Pop" der AKM / GFÖM: „Songwriting Workshop”, „FeedBack - demo listening session” u.a. Michael Huber Geboren 1969 in Wels. 1991-1998: Studium der Soziologie und der Pädagogik an der Grund- und integrativwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. 1998: Abschluss des Soziologiestudiums mit Auszeichnung (Diplomarbeit über „Hubert von Goisern und die Musikindustrie“). 1997-2001: Betreuung der Institutsbibliothek am Institut für Referenten & Künstler Musiksoziologie. 2000-2003: Freier Mitarbeiter am Institut für Musiksoziologie. Seit Oktober 2001: Lehrbeauftragter am Institut für Musiksoziologie der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Seit der Gründung mit Sommersemester 2002: Freier Mitarbeiter am Institut für Popularmusik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Seit Oktober 2003: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Musiksoziologie der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Publikationen zur Neuen Volksmusik und in den Bereichen HipHop, Soul, Electronic & Jazz. Immer wieder als DJ tätig. Birgit Huebener Studium der vergleichend-systematischen Musikwissenschaft, Ethnologie und Philosophie. Nach dreimonatiger Feldforschung in Ghana Abfassung der Diplomarbeit „ ‚Soglo - Exercise Patience’. Bericht einer ethnomusikologischen Feldforschung bei den Dagbamba - Northern Region Ghana unter besonderer Berücksichtigung genderspezifischer Fragestellungen“. Danach für mehrere Jahre in der Jugendarbeit tätig. Nach Geburt einer Tochter und einjährigem Karenzurlaub seit Dezember 2002 am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien beschäftigt. Zur Zeit Vorbereitungen zur Dissertation über den Themenbereich: Urheberrecht, Intellectual Property und außereuropäische Musik. Alexander Kahr Alexander Kahr arbeitete fünf Jahre lang im Produktionsteam bei Christian Kolonovits als Keyborder und Soundprogrammierer. Danach als freischaffender Produzent und Komponist brachte er es in den letzten sieben Jahren auf 20 Charthits, zusätzlich 10 Airplayhits, 7 Top-Ten (2x Nr.1) Verkaufs-Hits und 13 weitere Verkaufhits (Austria Top 40) und mehrere Album- und Compaliationchartserfolge. Die meisten Titel hat er dabei selbst geschrieben. Ziel & Motto: „Junge Musik von jungen Menschen für junge Menschen“ Zusammenarbeit mit: Christina, Cedric, Count Basic, Crazy Orange, JOB, Manuel Ortega, Two in One, Whatever usw. Kelomat Kelomat sind mit ihrer dynamischen Musik, die sich im Grenzbereich zwi- 71 schen Auskomponiertem und Improvisation, zwischen Jazz und Avantgarde, Kunst und Zynismus, bewegt, eigenständig und bereits klar profiliert. 1. Preis beim Austrian Young Lions Jazzwettbewerb 2003. Wolfgang Schiftner - sax Geboren 1982. Ab zehn Jahren Saxophonunterricht. Seit 2002 Studium bei Klaus Dickbauer an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Weiters Unterricht bei Wolfgang Puschnig und Michael Erian. Zusammenarbeit mit: U. Scherer, K. Marktl, S. Gfrerrer, S. Thaler, debas, ska-lite allstars, Klaus Kuchling, Katharina Kaufmann, M. Vavti. Bernd Satzinger - bass Seit 1998 Studium für Kontrabass und E-Bass bei Willi Langer und Albert Kreuzer an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Weiters Unterricht bei Peter Herbert, Georg Breinschmid, Helene La Barriere, Jamaaladeen Tacuma. Zusammenarbeit mit Kelomat, groundlift, debas, Sylvain Deslandes, Maja Osojnik trio, Herbie Smith Department. Herbert Pirker - drums Mit sechs Jahren erster Schlagzeugunterricht. Seit 1999 Studium am Konservatorium bei Walter Grassmann. Ferner Unterricht bei Christian Salfellner, Alex Deutsch, Allen Purves, Guido May. Zusammenarbeit mit Ostbahn Kurt, Karl Ritter, Harry Sokal, Abdel Jalil Koddsi, Akemi Takajena, the bad powells, Flip Philipp, Martin Reiter, Oliver Mochmann. Kollegium Kalksburg „Kollegium Kalksburg ist so etwas wie das Wienerlied-Ensemble für Leute, die keine Wienerlieder hören. Die werden die Liedauswahl des Kollegiums vielleicht für besonders schräg und entlegen halten. Wir sind Berufstrinker: Wenn die B’soffenen unten wackeln und wir b’soffn sind, stimmt die Spannung nicht. Wir saufen, das Publikum muss nüchtern sein!” (Heinz Ditsch) Heinz Ditsch Geboren 1963 in Wien. Klavierunterricht. Saxophonstudium am Schubert-Konservatorium Wien. Fagottstudium am Konservatorium der Stadt Wien. Als Instrumentalist verschiedener Ensembles und Komponist zahlreiche internationale Gastspiele und Tonträgeraufnahmen. Wolfgang Vincenz Wizlsperger Geboren 1963 in Wien, aufgewachsen im Waldviertel. 1981-1987: Kontrabassstudium am Franz Schubert Konservatorium Wien. Als Texter, Komponist und Wienerliedsänger tätig. Gründungsmitglied des Kollegium Kalksburg. Zahlreiche Auftritte und Tonträgereinspielungen. Paul Skrepek - Kontragitarre Geboren 1963. Schlagzeuger bei diversen Ensembles im Bereich improvisierte Musik. Kontragitarrist, Interpret und Komponist von Wienerliedern mit dem Kollegium Kalksburg. Konzerte unter anderen beim Jazzfest Salzburg, Jazzfestival Saalfelden, Konstanzer Jazzherbst, Jazzfestival Wien, Nickelsdorfer Konfrontationen, Jazzfestival Sibiu, Jazz aux Oudayas (Rabat), V:NM Festival usw. Michael Krusche Geboren 1957 in Graz. Volks- und Hauptschule, danach Koch- und Kellnerlehre, nach einem Jahr abgebrochen. Anschließen Lehre als KFZ Mechaniker beendet. Von 1969 bis 1972 als LKW-Fahrer zwischen Antwerpen und Bagdad unterwegs. Danach eigene KFZ Werkstätte in Graz, nebenbei bereits erste musikalische Projekte: Soloprogramm als Sänger-Gitarrist, Literatur- und Musikprogramm mit Martin Krusche. Seit 1985 nur mehr als Musiker und Tontechniker tätig. Aufbau eines Tonanlagenverleihs und Tonstudios. Betreuung diverser Festivals (Folkfestivals Bärnbach, Retzhof, San Daniele, Jazzfest Leibnitz), für Gamsbart jahrelange tontechnische Zusammenarbeit mit der Weltklasse des Jazz. Mit eigenem Label (Garage Klang , später KHoM) diverse Produktionen im bereich Folk, Blues und Jazz. 2003 Aufgabe aller tontechnischen Tätigkeiten sowie sonstiger Projekte wegen wirtschaftlicher Erfolglosigkeit. Seit 1983 mit „Aniada a Noar” tätig. Bisher 10 CDs veröffentlicht, Projekte mit Gastmusikern aus anderen Ländern. Seit 2003 Projekt: Noangroove, mit Rhythmusgruppe (Reinhard Ziegerhofer, Gabriel Froihofer) Wilfried Lechner Geboren 1974. Studium der Publizistik & Kommunikationswissenschaft & Geschichte (Diplomarbeit zum Thema: „Austropop - Entwicklung einer Jugendkultur zwischen 1987 und 1992“). Redakteur NÖ Rundschau Referenten & Künstler (1992-2000). Parlamentarischer Mitarbeiter (1994-2000). Redaktionsleiter Vienna Online & austria.com (2000-2001). Channel Manager Music jet2web.net (20012003), Leiter Portalmanagement Aon.at (seit 2003). Aufbau von mp3.aon.at (größte heimische mp3Nachwuchsmusiker-Plattform, 2002) und Start von AonMusicdownload (musicdownload.aon.at; erste legale, heimische Musicdownload-Plattform, 2003). Johannes Marian Der Pianist Johannes Marian hat sich sowohl als Solist als auch als Kammermusiker international vor allem auf den Gebieten der Musik des 20. Jahrhunderts und der zeitgenössischen Musik profiliert. Festivalteilnahmen und Konzerte: Salzburger Festspiele, Wiener Festwochen, Wien Modern, Hörgänge und Steirischer Herbst, Konzerthaus und Musikverein Wien, Kölner Philharmonie, Radio France Paris, Auditorio Nacional Madrid usw. Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Wiener Schule und ihr Umfeld sowie die persönliche Zusammenarbeit mit Komponisten, darunter John Cage, Friedrich Cerha, Helmut Lachenmann, Herbert Lauermann, Georg Nussbaumer, Christian Ofenbauer, Dieter Schnebel, René Staar, Christian Wolff und Hans Zender. Seit 1992 ist Johannes Marian als Pianist des Ensembles Wiener Collage tätig; ebenso ist er Mitglied von Symphoid, einem Ensemble für Musik und ihre Derivate. Als Klavierpädagoge unterrichtet er an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (auch als Dozent der „Wiener Tage für zeitgenössische Klaviermusik“) und an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz. Internationale Meisterkurse gibt er im Rahmen der europäischen Ferienakademie Montepulciano. Elisabeth Mayerhofer Geboren 1971. Freiberufliche Wissenschafterin, Universitätslektorin in Wien. Schwerpunkte: empirische Forschung zu Kunst- und Kulturarbeitsmärkten, Kulturwissenschaft, Gender Studies, Kulturpolitik. Gründungs- und Vorstandsmitglied der Forschungsgesellschaft für kulturökonomische und kulturpolitische Studien (FOKUS). Redaktion von Kurswechsel 04/03: Bedeutung als Ware: Kultur und Ökonomie. Wien, 2003. 72 Mitarbeit an folgenden Projekten (Auswahl): „Creative Industries in Wien. Definition, mögliche Rolle der Stadt und politische Handlungsempfehlungen“, FOKUS in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft für wissenschaftliche Wirtschaftspolitik (WIWIPOL); 2003/04. „ARTWORKS - Künstlerische Dienstleistung im Dritten Sektor“ im Rahmen des EQUAL-Programms in Kooperation mit Joanneum Research, NPO/WU und Österreichischem KulturService (ÖKS); 2002/03. „Culture-gates“ über die Wirkungsmechanismen von Gate-keepern im Kulturbereich, MEDIACULT; 2002/03. „Frauen in Kunst- und Medienberufen in Österreich“, 19992001, Wien/Bonn, MEDIACULT; 1999/2001. Franz Medwenitsch Geboren 1958. Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Ab 1980 Assistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht (Univ. Wien). Nach Gerichtspraxis und Bankausbildung in der Girozentrale und Bank der Österreichischen Sparkassen Tätigkeiten beim ORF 1985-1992: Redaktion und Produktion, Mitarbeiter Recht- und Auslandsbeziehungen (Spezialgebiet Urheber- und Medienrecht), Leiter Produktions- und Auslandswirtschaft. Seit 1993 Geschäftsführung des Verbandes der österreichischen Musikwirtschaft - IFPI Austria, der Verwertungsgesellschaften LSG und VBT, der Hitparadengesellschaft Austria Top 40 und des EDVDienstleistungsunternehmens PhonoNet (Austria) Ges.m.b.H. Funktionen und Projekte: Vertreter Österreichs in der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI). Ständiges Mitglied des Performance Rights Committee der IFPI, Kooperationspartner der LSGSchwestergesellschaften in Slowenien, Kroatien und Serbien. Mitarbeit an zahlreichen fachspezifischen Projekten, wie etwa „e-business in a new economy“ (BMWA), „Digitale Plattform Austria“ (RTR), Beirat Informationsgesellschaft (BKA). Mitbegründer und Veranstalter des „Amadeus Austrian Music Awards“ und der „Anti-Piracy Awards“ der IFPI Austria. Initiator der Studie „Die Musikwirtschaft Österreichs - Strukturen, Chancen und wirtschaftliche Bedeutung“. Fachvorträge und Publikationen zu den Themenschwerpunkten Urheberrecht, Verwertungsgesellschaften, Musik- und Kreativwirtschaft. Wolfgang Mitterer Studien an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (Orgel, Komposition) und am Studio für elektronische Musik (EMS) in Stockholm. Preise (Auswahl): Prix Ars Electronica, Publicity, Deutscher Schallplattenkritik, Prix Futura, Tiroler Landespreis für Kunst, Max Brand Preis, Elektronikpreis Musikforum Viktring, Daad Berlin, Emil Berlanda Preis, Würdigungs- und Förderungspreise sowie Staatstipendien. Diskographie (Auswahl): Fractals3, Grand Jeu, Violettes Gras, Turmbau zu Babel, Mimemata, Obsoderso, Pat Brothers, Call Boys Inc, Matador, Amusie, Carbon Copy, Yamamoto/Mitterer. Projekte (Auswahl) in/bei Donaueschingen, Klangspuren, Transart Bozen, Zuericher Theaterspektakel, Odeon Wien, Wien Modern, Zeitfluss-Festival Salzburg, Tiroler Festspiele Erl, Burg Ottenstein, Philharmonie Köln, Sophienkirche Berlin, Steirischer herbst, Musikfest Hamburg, Inventionen Berlin, Oper Darmstadt, Fluctuations Los Angeles, Stiftskirche Stuttgart, Oris Jazzfestival London, Klangspuren Schwaz, Kulturwiese Innervillgraten, Jazzfestival Wien. Franz Morak Geboren 1946 in Graz, Schauspielund Regiestudium an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz und am Reinhardtseminar in Wien. Singer/Songwriter, ab 1980 Produktion von vier LPs/CDs. Tätigkeit als Schauspieler und Regisseur an mehreren Theatern u.a. seit 1974 am Burgtheater, sowie in TV-, Hörfunk-, und Filmproduktionen; zahlreiche Auszeichnungen. Oktober 1994 bis Februar 2000 Abgeordneter zum Nationalrat und Kultursprecher der Österreichischen Volkspartei sowie ORF-Kurator. 1999 Herausgeber des Sammelbandes „Die organisierte Kreativität. Kulturpolitik an der Wende zum 21. Jahrhundert“ zum gleichnamigen Symposion 1999 in Wien. Seit 4. Februar 2000 Staatssekretär für Kunst und Medien im Bundeskanzleramt. Am 28. Februar 2003 mit dieser Funktion neuerlich betraut. Arbeitsschwerpunkte: Medien: Medienliberalisierung und Stärkung des Medienstandorts Öster- Referenten & Künstler reich (ORF-Reform, Privat TV Gesetz, KommAustria); Kultur: Ausbau der Beziehungen zu den südosteuropäischen Ländern, soziale Absicherung der Kunstschaffenden und Präsentation österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Ausland Harald Ossberger Geboren 1948 in Graz. Studium an der Hochschule für Musik in Wien. Mehrfacher Preisträger bei internationalen Klavierwettbewerben. Intensive Konzerttätigkeit, neben solistischer Tätigkeit auch rege Auseinandersetzung mit Kammermusik: u. a. Gründung des Klavierduos mit Michael Lipp. Partner verschiedener Instrumentalisten (Milan Turkovic, Josef Sivo, Florian Kitt, Roger Salander, Dieter Flury, René Staar), regelmäßige Zusammenarbeit mit Henryk Szeryng von 1978 bis zum Tod des Geigers 1998, Mitglied im „Ensemble 20. Jahrhundert“. Seit 1976 Lehrtätigkeit an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Vizestudiendekan ebenda seit 2002. Unterrichtstätigkeit bei internationalen Meisterkursen in Japan, Europa und den USA. Präsident des österreichischen Musikrates (ÖMR) seit dem Jahr 2000. Ines Reiger Geboren 1961 in Wien. Abgeschlossene Studien: MusicalOperette-Schauspiel, Jazztheorie und Arrangement, IGP für Jazzgesang und Klavier, Theaterwissenschaft, Musikwissenschaft. Als Komponistin, Texterin, Arrangeurin Zusammenarbeit mit: WDR- Bigband, Peter Herbolzheimer, Bill Dobbins, Heinz von Hermann, Wayne Darling, Richard Österreicher, Teddy Ehrenreich, Mainstreet, Europlane Orchestra, Ellis Marsalis, Harry Belafonte, Tony Christie, The Real Group usw. Unterrichtstätigkeit: Musikuniversität Graz, Musikuniversität Wien, Musikhochschule Weimar, Franz Schubert Konservatorium, Vienna Konservatorium, scuola 55 Triest, Polycollege Wien Christian Rösner Geboren 1974. Nach der Reifeprüfung ab Dezember 1992 freier Mitarbeiter bei der Wiener Zeitung, seit 1996 angestellter Redakteur für die Bereiche Chronik/Inland und Kultur. Gitarrist bei „Whiches Stew“, „Endfragment“ und „Waterscales“. 73 Start des musikalischen Projektes „Superuser-FR“ zusammen mit Georg Friesenbichler. Auftritte u.a. im Wiener Rhiz, im WUK zusammen mit dem Vienna Gospel Chor sowie für einen privaten Fernsehsender. Remixaufträge für Sigi Finkel und Defunkt-Chef Joseph Bowie. Gemeinsames Projekt mit Mike Ottis „Inner Soul“ (A Tribute to Falco). 1998 Mitakteur beim Sechstagespiel von Hermann Nitsch. Fünf Jahre JazzKolumnist für das wöchentlich erscheinende „Jazzignal“. Ab dem Jahr 2000 journalistische Spezialisierung auf elektronische Musik mit dem neuen Kolumnen-Titel “Soundsurfer“ (Wiener Zeitung). Einjährige Mitarbeit beim privaten TVSender TIV als Sales-Manager. Mitbegründer und -Organisator der regierungskritischen Plattform „volkstanz.net“ und Initiator sowie Produzent der „ElectronicResistance“-Reihe in Zusammenarbeit mit der heimischen Elektronikmusikszene. Auftritte mit dem „volkstanz.net-Soundsystem“ u.a. in Stuttgart und Berlin. 2001 Gründung von fabrique records und edition fabrique zusammen mit Michael Martinek. Seither mit dem Aufbau der fabrique-Artists wie z.B. Mauracher, Kava, KonsortenTM, Paloma, Basssman, TNT-Jackson, u.a. beschäftigt - mit dem ständigen Bestreben, den Export anzukurbeln und den Arbeitsschwerpunkt auf internationale Agitation als Label und als Musikverlag zu legen. Mario Rossori Geboren 1959. Nach dem Abschluss des Studiums der Betriebswirtschaftslehre (1984) Gründung der Konzertagentur JOHNNY Concerts mit Georg Leitner. Neben Konzerten in Österreich auch Europatourneen mit James Brown, Kool & the Gang oder Commdores. Zwischen 1989 und 1990 Kontakter bei der Werbeagentur Betke für Amnesty International und die Libro Ticket Line. 1991 Selbständigkeit: Musikverlag und Eventagentur. ARGE gemeinsam mit Spray Records (Alexander Spritzendorfer): Erfolge mit ALKBOTTLE, COUNT BASIC, PAPERMOON oder UNIQUE II. Zwischen 1996 und 1999 Konsulent für das mica (music information center austria), wo Rossori Veranstaltungen zur Promotion österreichischer Musik im In- und Ausland durchführte (z.B. Heimspiel, Musikinformationstage). Seit 2000 Organisation des österreichischen Musikpreises AMADEUS für den Verband der österreichischen Musikwirtschaft (IFPI) sowie Organisation der Gemeinschaftsstände der österreichischen Musikindustrie auf internationalen Musikmessen wie POP.KOMM in Köln oder MIDEM in Cannes für die GFÖM/AKM. Seit 2001 betreibt Mario Rossori ein eigenes Indie-Plattenlabel mit dem Namen PATE RECORDS (Künstler aus dem Alternative Bereich). Weitere Tätigkeiten als Musikverleger, Journalist und Referent im Bereich Eventmanagement. Als Experte im Bereich Popmusik ist Mario Rossori im Vorstand des Österreichischen Musikrates, im Fachverbandsausschuss der Audiovisionsund Filmindustrie und im Vorstand des SR-Archivs tätig. Christian Scheib Geboren 1961, lebt in Wien. Musikredakteur in ORF / Österreich 1, Producer der Ö1-Sendereihe Zeit-Ton und seit 1995 Programmdirektor des Musikprotokoll im „steirischen herbst.” 1993-96 Musik-Kurator im Auftrag des österreichischen Bundesministers für Kunst. Seit 1994 mica-Vorstand. 1998 Gastdozent am Critical Studies Department des California Institute of the Arts. Lehrauftrag am Institut für Elektroakustik, experimentelle und angewandte Musik der Universität für Musik Wien. Ausgewählte Publikationen: Herausgeber (mit Sabine Sanio) der Sammelbände das rauschen (Wolke 1995), Form – Luxus, Kalkül und Abstinenz (Pfau 1999), Bilder - Verbot und Verlangen in Kunst und Musik (Pfau 2000), Autor (mit Susanna Niedermayr) von European Meridians / In The East - New Music Territories. Reports from Changing Countries (Pfau 2002/2004). Wolfgang Schlag Geboren in Waidhofen/Ybbs. Studium der Betriebswirtschaft. Ständiger Mitarbeiter von Ö1 seit 1987. Vier Jahre Fernseharbeit für die Kulturredaktion. Entwicklung des Kulturmagazins 10_. Gründer des Weltmusik-Festivals „Glatt und verkehrt“ in Krems 1995. Kurator für Musik und Musiktheater des Donaufestivals 1999 bis 2002. Kurator und Gründer des Festivals „Xong“ in Südtirol. Beratende Tätigkeiten für Konzerthaus Wien, Minoritenkirche Krems. Produzent von CDs mit Schwerpunkt „traditionelle Musik“ für Ocora/Paris und Network/London. Künstlerische Tätigkeit als Musiker, Komponist für Burgtheater, Referenten & Künstler Volkstheater, Kunstradio, Marstall München. Leitet derzeit das Festival21 in Floridsdorf und arbeitet an einer CD-Reihe mit dem Arbeitstitel „Musik von Migranten in Wien“. Martin Schlager (alias „skero“) Geboren 1975. HTL für Grafik-Design in Linz: 5 Jahre mit Meisterklasse. Ein Jahr bei Saatchi und Saatchi in Wien. Zwei Jahre Freelancer in diversen Agenturen. 1993 Mitbegründung der Hip Hop Gruppe „Texta“. 1994 Veröffentlichung der EP „Geschmeidig“, Konzerte in Österreich. 1996 LP „Gediegen“, Konzerte in Österreich, Deutschland und Cuba. 1998 LP „Gegenüber“. 2001 LP „Blickwinkel“. 2004 LP „So oder so“ Tätigkeit als freier Grafiker, u.a. auch für Texta, Beschäftigung als Maler und Graffitikünstler Seit 1995 Herausgeber eines ca. alle zwei Jahre erscheinenden Graffitimagazins Peter Paul Skrepek Komponist, Textautor, Arrangeur, Produzent, Musiker, Kabarettist, Journalist, Interessenvertreter. Zusammenarbeit mit: Peter Wolf, André Heller, Friedrich Gulda, Rainhard Fendrich, Wolfgang Ambros, Christian Kolonovits, Hansi Dujmic, Andrew Powell, Maria Bill, EAV, STS, Peter Müller, Sigi Maron, Roland Neuwirth, Hubert von Goisern & Alpinkatzen, Christine Jones, Peter Janda, Roland Baumgartner, Franz Morak, Michael Mantler, Thomas Rabitsch, Falco, Michael Schottenberg, Karlheinz Hackl, Harald Posch, Thomas Gratzer, Hubsi Kramar, Peter Gruber, Erhard Pauer u.a. Vorsitzender der Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe [KMSfB] Präsident der Musikergewerkschaft [Sektion Musik in der Gewerkschaft KMSfB], der Musiker-KomponistenAutorenGilde und der Österreichischen Note Vorstandsmitglied & Finanzreferent der AKM Vorstandsmitglied der OESTIG/LSG, des Österreichischen Musikrats, des Österreichischen Kulturrats, der Vereinigung österreichischer Kurorchester und des Vereins der Freunde der Musikuniversität Wien Kuratoriumsmitglied des Künstlersozialversicherungsfonds Mitglied des ORF-Publikumsrats [Vertreter der Kunst] Lehrauftrag für Gitarre am Josef Matthias Hauer-Konservatorium 74 [NÖ-Landeskonservatorium] in Wiener Neustadt Team Legat So nennt sich das aktuelle Trio des „Count Basic“ Masterminds Peter Legat. Clubtaugliche Grooves und programmierte Beats treffen auf funkige Keyboards und improvisierte Gitarrenlicks. Dieter Kolbeck (Keyboards) und „the funky Accountant“ Michi Dörfler (Laptop und Beats) unterstützen Peter Legat (Guitars) bei seinem neuen, grooveorientierten Projekt. Bruno Thiera Bruno Thiera lebt in Madagaskar und Österreich. Als Sänger, Gitarrist und Komponist hat er sich einen klingenden Namen in der Musikszene seiner Heimat gemacht. Zahlreiche CDVeröffentlichungen auf verschiedenen Labels. Fritz Thom Veranstaltet Jazzkonzerte seit 1972 Gründer des Jazz Festivals Wiesen 1976 Organisator des Jazz Festivals Wiesen 1976-1981 Gründer der Veranstaltungsfirma „Live Performance Service” Veranstalter des Jazzfestival Velden 1979-1981 Veranstalter des Festivals „Wiener Jazzfrühling” 1980-1982 Veranstalter des Jazz Fest Wiesen 1982-1990 Veranstalter des Jazzsummit Hollabrunn 1985-1986 Gründer und Veranstalter des Jazz Fest Wien seit 1991 Präsident der International Jazz Festivals Organization IJFO seit 2003 Martin Traxl Geboren in Kärnten. Studierte Publizistik und Theaterwissenschaft und ist seit 1985 für den ORF tätig. Seine ersten journalistischen Erfahrungen sammelte er im Aktuellen Dienst des Landesstudios Kärnten. Weiters war er Redakteur im Kulturressort der Kärntner Kronenzeitung. Danach gestaltete er hauptsächlich Kulturbeiträge für das Landesstudio und arbeitete an den Bachmannpreis-Dokumentationen mit. Seit 1987 ist Martin Traxl ständiges Mitglied der Kulturredaktion im Hörfunk in Wien. Beiträge für das „Morgen-” und „Mittagsjourna”, „Kultur aktuell” und „Ö1-Danach”. Darüber hinaus baute er das Kulturressort von Ö3 auf, moderierte und gestaltete das Theatermagazin „Im Rampenlicht”, und war Chef vom Dienst in der Kulturredaktion. 1993 war er für die Entwicklung des täglichen Alltagskultur-Magazins „Leporello” verantwortlich. Als Korrespondent für SFB, NDR, BR und RIAS Berlin hat sich Traxl auch in Deutschland einen Namen gemacht. Von März 1995 bis 1997 war Traxl Kultur-Präsentator der „ZiB 1” und gestaltete TV-Reportagen für „Treffpunkt Kultur” und „Am Schauplatz”. Von Jänner 1998 bis Oktober 2002 moderierte Martin Traxl die „ZiB 1”. Im Jänner 1999 wurde er zum Leiter der Kulturinformation in der FernsehHauptabteilung Kultur bestellt. Im Sommer 2003 lud er zu den „KulturSommergesprächen” ein. Derzeit: Leitung der Abteilung Kulturmagazine. Peter Tschmuck Geboren 1971 in Graz, studierte an der Universität Innsbruck Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre und promovierte mit einer Dissertation über den „Wandel der Musikkultur als Phänomen des gesellschaftlichen Wandels am Beispiel der Innsbrucker Fürstenhöfe zwischen 1560 und 1650”. Seit Juni 2000 ist Peter Tschmuck am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien tätig, wo ihm im Juni 2003 die Lehrbefugnis im Fach „Kulturbetriebslehre” nach Vorlage der Habilitationsschrift über „Kreativität und Innovation in der Musikindustrie” verliehen wurde. August Viertbauer Geboren 1965. Ausbildung als Tenorist und Posaunist, auch als Gitarrist und Sänger tätig. Mit der Unterhaltungsband „Gschwandtner“ 18 Jahre auf der Bühne: Blasmusik, Jazz, Swing, Klassik usw. Nebenbei jobt er als Tonträgerverkäufer und Promoter. Wechselt später vom aktiven Musiker zum Musikmanager. Hauptbetätigungsfelder: Künstlermanagement, Promotion , Verlag, Booking, Marketing. Künstler von Viertbauer Promotion: SEER, Francine Jordi, Nockalm Quintett. Die LEI DREI GmbR (3 Stars des Villacher Faschings) touren mit ihrem Kabarettprogramm „Hurra wir ferblöden“ aktuell durch das Bundesgebiet. Im PR-Bereich arbeiten folgende Künstler seit Jahren mit Viertbauer Promotion (Auswahl): Referenten & Künstler 75 Arnulf Prasch , Schürzenjäger, Hansi Hinterseer, Die Jungen Tenöre, Edlseer. internationalen Bewerben (u.a. in Le Havre, Trier, Füssen, Lörrach, Friedrichshafen). mit Pauline Oliveros, Alvin Curran, Andres Bosshard und Malcolm Goldstein. Horst Watzl Studium der Publizistik und Politikwissenschaft. Studienaufenthalt Philippinen - Schwerpunkt: Basiskulturbewegung. Tournee mit der philippinischen Musiktheatergruppe „Peta“ Philippinen Komitee. Tournee mit dem Musiktheater „Cry of Asia” – Philippinen Komitee. Aufbau eines multikulturellen Zentrums in Wien, Geschäftsführung des Vereins Information Solidarität Dritte Welt. Seit 1995 Tätigkeit im Wiener Institut für Entwicklungsfragen und Zusammenarbeit (VIDC): Programm & Kommunikation. Aufbau eines Kompetenzzentrums für entwicklungspolitische Kulturarbeit/Kulturen in Bewegung Beratung, Vermittlung für Veranstalter & NGOs; Kooperation mit MusikerInnen (Schwerpunkt: Afrika, Asien, Lateinamerika). Projekte: Sura Za Afrika 96, Kulturaustauschprojekte mit Schwerpunkt Afrika, Asien, Südamerika (z.B. Sur Sudha: Musik vom Dach der Welt - Nepal; Batimbo: Burundi; Azmaris: Äthiopien; Mablulu: Mosambik; Groovinol: Nikaragua u.a.). Aktuell: Moving Cultures Favoriten global/lokal im 10. Bezirk/Wien. Günther Wildner Geboren 1971 in Wien. Studium: Musikwissenschaft, Theaterwissenschaft, Soziologie, Kulturmanagement. Lebt als Kulturmanager, Verleger, Musikwissenschaftler und Musiker in Wien. Gründer und Inhaber der Musikagentur „Wildner Music“ und des Verlags „Wildner Music Publishing“, Generalsekretär des Österreichischen Musikrates (ÖMR), Vorstandsmitglied der Musikergilde (MKAG) und des Kulturrat Österreich (KRÖ), wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Popularmusik an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Andy Zahradnik Geboren 1958. Seit 1973 in den verschiedensten Positionen im österreichischen und deutschen Musikgeschäft tätig, kehrte er 1997 aus Frankfurt/Main nach Wien zurück und stieg aus dem klassischen MajorBereich aus, machte sich als Unternehmer selbständig und vertritt seither als Subunternehmer die deutschen Chartspezialisten media control bzw. music control. Im Mai 2001 wurde Andy Zahradnik für sein Engagement um die Charts (Ö3 Austria Top 40) mit dem Amadeus Austrian Music Award als „Musikpartner des Jahres” ausgezeichnet. Der langjährige Branchenkenner ist in weiterer Funktion als Österreich-Redakteur für das deutsche Branchenmagazin „Der Musikmarkt“ tätig, schreibt Bücher für Bühnenshows, Moderationstexte (u.a. Musikantenstadl) und Künstlerbiografien. Friedrich Weyermüller Geboren 1936. Ausbildung in Innsbruck in Violine (Prof. Hippmann), Klavier (Prof. Jellinek), Orgel (Prof. Vogl) und Trompete (Prof. Ulf). Lehrtätigkeit an diversen Grund-, Mittel und Berufsschulen, Akademien und an der Universität Innsbruck. Gastvorlesungen im In- und Ausland. 28 Jahre Trompeter bei der Stadtmusikkapelle Wilten (Prof. Tanzer) und weiterer Orchester. Promotion zum Dr. phil. (Philosophie, Psychologie und Psychopathologie), Leopold Franzens Universität Innsbruck 1964. Habilitation zum Univ.-Doz. für das Fachgebiet Schulpädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Sonderschulen, Leopold Franzens Universität Innsbruck 1980. Lt. UOG Univ. Prof. seit 1989. Präsident des Internationalen Musikbundes (CISM) 1980-1992. Ehrenpräsident des Internationalen Musikbundes (CISM) seit 1992. Präsident des Österreichischen Blasmusikverbandes (ÖBV) seit 1980. Juryvorsitzender bei nationalen und Mia Zabelka E-Violinistin, Multimedia-Künstlerin und Kuratorin, lebt und arbeitet in Wien. Studierte Violine, Komposition, elektroakustische Musik, Musikwissenschaft und Publizistik in Wien, Köln, Berlin und New York. Zahlreiche Konzerte und intermediale Performances im In- und im Ausland, sowie CD-, Video-, Radio- und TVProduktionen. „Composer in Residence“ an der Kunststation St. Peter in Köln. Gast des Internationalen Künstlerprogramms des DAAD, Berlin. Stipendiatin (Bundesministerium für Unterricht und Kunst, Fulbright Commission). Dreifache Ars Electronica-Preisträgerin (1988, 1993 & 1994). Preisträgerin des WDRKompositionswettbewerbs. Auftragswerke für Ars Electronica, steirischen herbst, Wiener Festwochen, Bonner Tage für Neue Musik, Alte Oper Frankfurt, Inventionen Berlin, Stiftung Akademie der Künste Berlin, New Music America, The Kitchen New York, Wiener Konzerthausgesellschaft, Salzburger Festspiele/Zeitfluss, ORF Kunstradio, Kulturhauptstadt Graz 2003. Von 1996 bis 2000 künstlerische Leiterin des Klangturm St. Pölten. 1998 bis 2001 Initiatorin des Engelspfads Wien gemeinsam mit Karin Schorm/cbb-projects. Zusammenarbeit mit: John Zorn, David Moss, Peter Kowald, Shelley Hirsch, Zeena Parkins, Max Nagl, Sainkho, Phil Minton, Joelle Leandre, Fernando Grillo, Eliott Sharp, Wolfgang Mitterer, Fred Frith und Joe Zawinul, Gerhard Potuznig, Robin Rimbaud Electric Indigo. Ihre Arbeit erhielt wesentliche Anregungen durch die Bekanntschaft Martin Zimper Geboren 1963 in Wien. Publizist und Medienberater, Dr. phil. (Publizistik und Kommunikationswissenschaft), Promotion 1989. Absolvent des Hochschullehrganges für „Werbung und Verkauf“ an der Wirtschaftsuniversität Wien (1983). Arbeitet seit 1995 freiberuflich als Autor und Medienberater in Wien. Zu seinen Kunden zählen u.a. Antenne Bayern, MDG Mediendienstleistungen München, NÖ Pressehaus, ON AIR Berlin, ICAN, Wiener Dom Verlag, EUROCAST Rundfunk GmbH Berlin, Mediaprint Wien. Drehbuch zum TV-Movie „Das Mädchen Olivia“ (1,1 Mio. Zuseher in Österreich; 5 Mio. in Deutschland, RTL-Hauptabend, 1996). 1998 Geschäftsführer und Mitgesellschafter Energy 104,2. 2000-2002 Programmchef/ Geschäftsführer des CHR-Senders 106,7 PARTY FM (Wiener Neustadt), dessen Hauptgesellschafter er heute noch ist. Seit Ende 2002 Geschäftsführer und Programmchef von Österreichs größtem Privatradioprogramm, KRONEHIT (Donauwelle Radio Privat NÖ GmbH) sowie GF von 11 weiteren damit verbundenen Radiogesellschaften. Lehrtätigkeit am Studiengang „MultiMediaArt“ an der Fachhochschule Techno-Z in Salzburg („Scriptwriting“, 1996-2002). Referenten & Künstler Bücher: Das Mädchen Olivia, Herbig Verlag 1996. Paterno - Vom Sinn des Lebens, Amalthea Verlag 1998. Preise: 1991 Verleihung des LudwigErhard-Förderpreises für Wirtschaftspublizistik, Bonn 76