Somativ Das Magazin für Patienten mit neuroendokrinen Tumoren r e s i e w g e W NET EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, mit unserem Magazin SOMATIV halten Sie einen Wegweiser für Patienten und Angehörige rund um das Thema neuroendokrine Tumoren (NET) in den Händen. Kaum ein Krankheitsverlauf bei neuroendokrinen Tumoren gleicht dem anderen. Aus diesem Grund freue ich mich, Ihnen ein abwechslungsreiches und ansprechend gestaltetes Magazin zu präsentieren, das Ihnen verschiedene Wege und Ansätze aufzeigen soll und dabei weit über die reine Darstellung wissenschaftlicher Information über die NET hinausgeht. Gemäß des Anspruchs von Ipsen „Innovation for patient care“ sind die Inhalte speziell an den individuellen Bedürfnissen der Patienten orientiert. Die Basis für SOMATIV bilden Interviews mit Betroffenen, die wir im Vorfeld geführt haben. Diese persönlichen Berichte ziehen sich in Zitaten oder Geschichten wie ein roter Faden durch das gesamte Magazin. Ergänzt werden sie durch Beiträge unserer Experten, die uns bei der Entwicklung des Magazins mit ihrem fundierten Wissen fachlich zur Seite standen. Diese außergewöhnliche Mischung aus Erfahrungen, Erlebnissen und Tipps von Betroffenen und der Sachkenntnis unserer Experten macht aus meiner Sicht SOMATIV zu etwas ganz Besonderem. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei allen beteiligten Personen bedanken. Nun wünsche ich Ihnen jedoch erst einmal viel Spaß beim Lesen und Entdecken von SOMATIV – dem Magazin für Patienten mit neuroendokrinen Tumoren! Herzlichst Claudia Limberger Produktmanager Ipsen Pharma GmbH P.S. Um auch weiterhin auf Ihre Bedürfnisse eingehen zu können, möchte ich Sie herzlich bitten, den beigelegten Fragebogen auszufüllen und an uns zurückzusenden. 3 INHALT INHALT Wissenschaft Mein Leben mit NET Was sind NET? Die Diagnose NET verändert das ganze Leben. Wie man damit umgehen kann, haben wir Professor Dr. med. Matthias Volkenandt gefragt, im Interview auf Seite 26 6 Die Diagnose neuroendokriner Tumoren 16 Die Behandlung neuroendokriner Tumoren (NET) 54 NET im Alltag Diagnose neuroendokriner Tumoren Welche Methoden werden eingesetzt, um Größe, Lage und biologische Eigenschaften des Tumors zu bestimmen? Seite 16 Bewegung und Sport 14 Mein Leben mit NET – Umgang mit der Krankheit 26 Angehörige: Kein Patient und trotzdem betroffen 32 NET-Selbsthilfegruppen: Geteiltes Leid ist halbes Leid 50 Kommunikation mit der Familie: Mama, was heißt das, wenn der Papa NET hat? 62 Freizeit Bewegung und Sport: Es gibt viel Gutes – Hauptsache, man tut es 34 Freizeitgestaltung: Freiheit für mehr Freizeit und Freizeit für mehr Freiheit 46 Entspannungstechniken: In innerer Harmonie auf sich und seinen Körper hören 64 Reise: „Statt bunter Urlaubskarten ein Bild von mir“ 70 Ernährung Körperliche Bewegung kann ein wirksames Heilmittel bei unterschiedlichsten Erkrankungen sein, so auch in zunehmendem Maße bei Krebspatienten. Seite 34 Nie wieder Kartoffelsalat und Bier? Ernährung Ernährung ist gerade bei NET ein wichtiges hema. Empfehlungen und Erfahrungen hierzu inden Sie auf Seite 40 4 Kommunikation mit dem Arzt: Richtig kommunizieren will gelernt sein NET-Patienten und ihre Hobbys Viele NET-Betrofene haben ein (neues) Hobby gefunden. Sei es gestalterisch, musisch, dichterisch oder auch erinderisch. Seite 46 40 Service/Info Glossar 76 Infoseite 79 Notizen 80 Impressum 82 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT (?) Neuroendokrine Tumoren (NET), was versteht man darunter? Und woher kommt der Begriff? (?) Warum entstehen aus neuroendokrinen Zellen neuroendokrine Tumoren? [!] Professor Weber: [!] Professor Weber: N ET entstehen aus neuroendokrinen Zellen, die einerseits mit Nervenzellen (Neuronen) verwandt sind, andererseits eine endokrine Funktion ausüben: Das heißt, sie produzieren Hormone, die sie in den Blutkreislauf abgeben. ? Was sind NET? Wie entstehen neuroendokrine Tumoren (NET) und warum unterscheiden sich die Beschwerden so sehr von Patient zu Patient? Wie bestimmt der Arzt die optimale herapie für den einzelnen Patienten? Diese und andere Fragen beschäftigen Menschen, die mit der Diagnose NET leben. Professor Dr. med. Matthias Weber, Leiter des Schwerpunkts Endokrinologie und Stofwechselerkrankungen am Mainzer Universitätsklinikum, beantwortet sie in folgendem Interview. 6 Zum Verständnis ist es wichtig, die Funktion von Hormonen zu kennen: Es handelt sich um Botenstoffe, die nach ihrer Freisetzung über den Blutkreislauf in ihre Zielgewebe gelangen, in denen sie bestimmte Prozesse steuern. Ein lebenswichtiges Hormon ist beispielsweise Insulin, das von neuroendokrinen Zellen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) produziert wird, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Ein anderes ist Gastrin, das die Aufgabe hat, die Magensäureproduktion anzuregen. Oder Serotonin, das entscheidend an der Steuerung der Darmbewegung beteiligt ist. Grundsätzlich entstehen Tumoren, wenn bestimmte Kontrollmechanismen der Zelle nicht mehr funktionieren und es zu einem unkontrollierten Wachstum eines bestimmen Zelltyps kommt. Bei den meisten NET sind die Ursachen der Krankheitsentstehung unbekannt. Eine Minderheit der NET ist genetisch bedingt und vererbbar. Diese treten im Rahmen einer Multiplen Endokrinen Neoplasie auf. Multiple Endokrine Neoplasien (MEN) Ungefähr 5-10 % der NET im Magen-Darm-Trakt und der Bauchspeicheldrüse haben einen genetischen Hintergrund. Dazu gehört z. B. das MEN1-Syndrom, bei dem Tumoren meist an mehreren Stellen gleichzeitig, vorwiegend in den Inselzellen des Pankreas, der Hypophyse und der Nebenschilddrüsen auftreten. Wird bei einem Tumor MEN-1 nachgewiesen, muss immer geprüft werden, ob nicht weitere Tumoren vorliegen. Bei MEN-2 finden sich als weitere Tumoren z. B. das medulläre Schilddrüsenkarzinom oder das Phäochromozytom. MEN-1 und MEN-2 können vererbt werden. Der Arzt muss daher bei der NET-Diagnose die Familiengeschichte gründlich überprüfen, damit Patienten mit genetisch bedingten NET rechtzeitig erkannt und genetisch beraten und Nachkommen ggf. frühzeitig überwacht werden können. (?) Treten NET in bestimmten Körperregionen gehäuft auf? [!] Professor Weber: Neuroendokrine Zellen kommen im menschlichen Körper weitverbreitet vor. Ein Großteil der neuroendokrinen Zellen findet sich aber im Magen-Darm-Trakt und der Bauchspeicheldrüse. Aus diesem Grund entstehen in diesem Bereich auch die meisten neuroendokrinen Tumoren. Andere NET-Entstehungsorte sind z. B. Lunge, Thymus, Nebenniere oder Schilddrüse. weitere infos Der Magen-Darm-Trakt: Hier entstehen die meisten NET 7 wissenschaft Wissenschaft (?) Kommen neuroendokrine Tumoren oft oder eher selten vor? den infolge des Tumorwachstums, wie z. B. Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Gelbsucht. [!] Professor Weber: (?) Wie verläuft die Krankheit in der Regel? NET sind mit einem Anteil von 0,5-2 % aller Tumoren eher seltene Krankheiten. Die Zahl der NET-Diagnosen ist allerdings in den letzten Jahren unter anderem aufgrund der Fortschritte bei Untersuchungsund Nachweismethoden gestiegen. Nach aktuellen Schätzungen beträgt die Häufigkeit gastrointestinaler/ pankreatischer NET weltweit jährlich ca. 2,5-5 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner, wobei Frauen etwas häufiger betroffen sind als Männer. (?) Mit welchen Beschwerden muss ein NET-Patient rechnen? [!] Professor Weber: Die Symptome können sich sehr unterscheiden, je nachdem ob ein neuroendokriner Tumor Hormone produziert und welche Hormone er produziert. In vielen NET ist die Fähigkeit der Ursprungszellen, Hormone zu bilden, erhalten oder sogar verstärkt. Die Freisetzung erfolgt aber völlig ungeregelt. Bei ca. einem Drittel der NET, die wir als „funktionell aktiv“ bezeichnen, führt die [!] Professor Weber: Hormonausschüttung ins Blut Hormonfreisetzung zu charakteristischen Krankheitsbildern. Beispielsweise führen insulinproduzierende NET (Insulinome) zu den typischen Zeichen einer Unterzuckerung. Rund zwei Drittel der NET produzieren jedoch keine Hormone oder nur geringe Mengen. Da diese „funktionell inaktiven“ NET keine hormonellen Beschwerden verursachen, werden sie meistens später entdeckt als funktionell aktive NET: entweder im Rahmen von Routineuntersuchungen oder aufgrund von Beschwer- Aufgrund des meist langsamen Tumorwachstums leben viele Patienten sehr lange mit ihrer Krankheit, mitunter selbst dann, wenn der Tumor bereits Tochtergeschwülste (Metastasen) gebildet hat. Es kommen auch aggressive NET vor, die rasch wachsen und metastasieren. (?) Wie beurteilen Ärzte den wahrscheinlichen Krankheitsverlauf und welche Kriterien werden herangezogen, um über die am besten geeignete Therapie zu entscheiden? Patientenzitat: „23 Jahre ist es nun her, dass ich die Diagnose NET – Karzinoid der Lunge mit Metastasen – bekam. Damals hätte ich nicht gedacht, dass ich heute hier noch sitze. Aber glücklicherweise wächst mein Tumor nur sehr langsam. Durch die Therapie ist der Verlauf seit 2001 stabil, der Tumor wächst eigentlich gar nicht mehr. Ich bin sehr zufrieden, dass es mir trotz der Krankheit schon so lange Zeit gut geht.“ Patient*, 57 Jahre NET kommen sehr selten vor 0,5 - 2 % aller Tumoren sind NET funktionelle Aktivität und der Ort der Tumorentstehung zu berücksichtigen. So haben Patienten mit NET im Blinddarm eine vergleichsweise günstige Prognose, weil diese seltener metastasieren als NET in Dünn- oder Dickdarm. Wichtige Informationen ergeben sich zudem aus der Untersuchung des Tumorgewebes. Zum Vergleich: Prozentualer Anteil der drei häufigsten Tumorlokalisationen an allen Krebsneuerkrankungen (ohne nichtmelanotischen Hautkrebs) in Deutschland 2006 (Quelle: Robert Koch Institut) 1.Prostatakrebs (26,2 % bei Männern) Brustkrebs (29,3 % bei Frauen) 2.Darmkrebs (15,8 % bei Männern, 16,4 % bei Frauen) 3.Lungenkrebs (14,2 % bei Männern, 7,4 % bei Frauen) NET wachsen meist langsam – ein langes Leben ist möglich [!] Professor Weber: Die Voraussage des Krankheitsverlaufs (Prognose) hängt ebenso wie die Therapiewahl von zahlreichen Faktoren ab. Eine große Bedeutung hat vor allem die Ausbreitung des Tumors im Körper. Wenn ein Tumor die Grenze zu Nachbarorganen oder Blutgefäßen noch nicht überschritten hat bzw. Krebszellen noch nicht in benachbarte Lymphknoten gestreut haben oder wenn noch keine Metastasen vorliegen, ist die Prognose günstiger. Weiterhin sind die Um diese Informationen besser bewerten zu können, ordnen wir jeden Tumor entsprechend international anerkannten Klassifikationssystemen bestimmten Gruppen zu (siehe S. 10). Tumoren mit gleicher Klassifikation verhalten sich nicht identisch, sind aber in bestimmter Hinsicht ähnlich und somit vergleichbar. In Studien haben wir nun z. B. die Möglichkeit, den Einfluss von Therapien auf Tumoren bestimmter Klassifikationen gezielt zu untersuchen. Aufgrund der Klassifikation können wir daher mit einiger Wahrscheinlichkeit voraussagen, ob ein NET auf die Therapie A besser ansprechen wird als auf die Therapie B. (?) Wie wird „gutartig“ von „bösartig“ bei NET abgegrenzt? [!] Professor Weber: Gutartige Tumoren wachsen nicht invasiv, d. h., sie dringen nicht in Nachbarorgane oder große Blutgefäße ein und sie bilden keine Tochtergeschwülste (Metastasen), während bösartige Tumoren eben invasiv sind und metastasieren. Eine sichere Unterscheidung zwischen gutartigen und bösartigen NET kann jedoch häufig nicht getroffen werden, sodass meist eine lebenslange Nachsorge notwendig ist. Metastasierung (?) Herr Professor Weber, Sie sagen, Patienten mit funktionell aktiven NET entwickeln charakteristische Symptome, je nachdem welches Hormon sie freisetzen. Welche Krankheitsbilder sind dabei die wichtigsten? [!] Professor Weber: Am häufigsten ist das KarzinoidSyndrom, das durch eine vermehrte Ausschüttung von Serotonin hervorgerufen wird. Karzinoide werden vor allem bei Patienten mit NET des Dünndarms und des Wurmfortsatzes beobachtet. Die typischen Symptome des Karzinoid-Syndroms bestehen in einer anfallartigen Hautrötung (Flush), Bauchbeschwerden und Durchfall (Diarrhö). Interessanterweise tritt das KarzinoidSyndrom in der Regel erst dann auf, wenn sich Lebermetastasen gebildet haben. Karzinoide des Magens verursachen meist keine Symptome, führen aber in seltenen Fällen durch Freisetzung von Histamin zum atypischen Karzinoid-Syndrom mit dunkelrotem Flush, Tränenbildung, *Name ist der Redaktion bekannt 8 9 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT Verschiedene Klassiikationssysteme bei NET Traditionell TNM-Klassifikation WHO*-Klassifikation Zuordnung anhand des Entstehungsortes Zuordnung anhand der Ausbreitung Zuordnung anhand der Histopathologie (Differenzierung) und Wachstumsaktivität (Grading: G1-3) • Vorderdarmtumoren (foregut): Tumoren in Magen, oberem Zwölffingerdarm (Duodenum), Bauchspeicheldrüse (Pankreas) und Lunge •T=TumorgrößeundAusmaß der Ausbreitung in Nachbarorgane Ein T1-Pankreastumor z. B. hat einen Durchmesser von weniger als zwei Zentimetern und ist auf die Bauchspeicheldrüse beschränkt. Ein T4-Tumor dagegen ist bereits in Nachbarorgane oder große Gefäße eingewachsen. •NeuroendokrinerTumor (gut differenziert), G1 (Ki-67-Index <2) •NeuroendokrinerTumor (gut differenziert), G2 (Ki-67-Index 3-20) •NeuroendokrinesKarzinom (schlecht differenziert), G3 (Ki-67-Index >20) •Mitteldarmtumoren(midgut): Tumoren im unteren Zwölffingerdarm (Duodenum), Dünndarm (Jejunum und Ileum), im Blinddarm (Zökum), Wurmfortsatz (Appendix) und dem ersten Drittel des Dickdarms (Kolon) •Enddarmtumoren(hindgut): Tumoren im restlichen Dickdarm bzw. Mastdarm •N=BefallvonLymphknoten (englisch:node=Knoten) Die Kennzeichnung N0 besagt, dass keine Lymphknoten befallen sind, während N1 die Beteiligung benachbarter Lymphknoten anzeigt. (Weitere Erläuterungen zum Ki-67-Index finden Sie auf S. 25) PATIENTENZITAT: „Mein NET wurde als fortgeschrittener, hochdifferenzierter, gastrointestinaler Tumor mit niedriger Wachstumsrate klassifiziert. Etwas beruhigt hat mich die niedrige Wachstumsrate und dass der Tumor und die Lebermetastasen operiert werden konnten.“ Frau H. B.*, 56 Jahre Serotonin-produzierende Tumorzelle niedrigem Blutdruck, asthmaartigen Anfällen und Juckreiz. einer Eintrübung des Bewusstseins oder Heißhunger äußern kann. Unter den funktionell aktiven NET der Bauchspeicheldrüse ist das Insulinom der häufigste, gefolgt von dem Gastrinom. Insulinome sind in der Regel kleine, gutartige Tumoren. Die Insulinfreisetzung führt im Nüchternzustand zu einer starken Absenkung des Blutzuckerspiegels (Hypoglykämie), die sich in Symptomen wie Doppeltsehen, Verwirrtheit, Bei Gastrinomen, die auch im Zwölffingerdarm vorkommen, führt der chronisch erhöhte Gastrinspiegel im Blut zu einer überaus starken Säuresekretion im Magen. Die Folgen bestehen im Zollinger-Ellison-Syndrom, das durch oft therapieresistente Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, Refluxkrankheit und Diarrhö gekennzeichnet ist. Gastrinome sind häufig bösartig. (?) Gibt es weitere, vielleicht sogar seltenere NET, die charakteristische Krankheitsbilder verursachen können? [!] Professor Weber: Vor allem in der Bauchspeicheldrüse können sehr seltene NET auftreten, wie das Glukagonom, das Somatostatinom und das VIPom. Glukagon ist der Gegenspieler von Insulin und bewirkt eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels, z. B. indem es Stärke abbaut. Die hohen •M=VorliegenvonMetastasen M0 steht entsprechend für den Ausschluss, M1 dagegen für das Vorliegen von Metastasen. Beispielsweise beschreibt die TNM-Klassifikation T2N0M0 ein frühes Tumorstadium (IIa); die Kennzeichnung M1 beschreibt dagegen immer Tumoren im am weitesten fortgeschrittenen Stadium IV – unabhängig von der Tumorgröße oder vom Lymphknotenbefall. *WHO = World Health Organization / Weltgesundheitsorganisation 10 11 WISSENSCHAFT PATIENTENZITAT: „Im Nachhinein betrachtet, waren meine Symptome sehr typisch für das Karzinoid-Syndrom – trotzdem wurde die Diagnose erst drei Jahre nach Auftreten der ersten Symptome gestellt. Die ersten Anzeichen fand nämlich niemand alarmierend – weder ich noch die Ärzte. Es fing damit an, dass ich bei Vorträgen im Beruf plötzlich Gesichtsrötungen mit weiß-roten Flecken bekam. Das verwunderte mich, weil ich bis dahin nie Probleme beim Reden vor einer Gruppe hatte. Aber der Betriebsarzt meinte, dass ich wohl einfach zu viel Stress hatte. Zusätzlich hatte ich häufiger mal Probleme mit Blähungen. Aber auch hier hieß es: ‚Das ist Stress‘ oder: ‚Da haben Sie einen empfindlichen Magen.‘ Die Sache wurde störender, als es zu Durchfällen kam. Erst zweimal pro Monat, dann zweimal pro Woche und schließlich zweimal pro Tag. Das beunruhigte mich schon, aber ich dachte, dass das irgendwelche Lebensmittelallergien sind. Die Ärzte vermuteten schließlich eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, einen Morbus Crohn. Zu der Zeit sagten mir auch verschiedene Leute, dass ich so schmal aussehen würde im Gesicht – ob alles in Ordnung wäre. Aber ich führte den Gewichtsverlust auf die vielen Durchfälle zurück und fühlte mich ansonsten auch gut. Ich ging weiterhin joggen und habe ungefähr acht Wochen vor der Diagnose noch eine mehrtägige Radtour durch die Alpen gemacht. Einen richtig massiven Flush mit Atemnot, starkem Halskratzen, Schluckbeschwerden, rotem Kopf und schnellem Puls hatte ich dann das erste Mal eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit. Ich war nur knapp einem Autounfall entkommen und führte die Symptome daher auf den Schock zurück. Erst 2008 wurde im Rahmen einer Darmspiegelung dann das Karzinoid entdeckt.“ Patient*, 52 Jahre WISSENSCHAFT Blutzuckerspiegel im Rahmen des Glukagonoms führen oft zu Diabetes mellitus. Ein weiteres Symptom beim Glukagonom ist ein charakteristischer Hautausschlag. Das VIPom beruht auf der verstärkten Freisetzung des Vasoaktiven Intestinalen Peptids (VIP), eines Hormons, das die Darmschleimhaut zur Abgabe von Flüssigkeit anregt. Symptome dieser auch als VernerMorrison-Syndrom bezeichneten Krankheit sind u. a. wässrige Stühle sowie Mineralien- und Wassermangel (Dehydrierung). Somatostatinome können in der Bauchspeicheldrüse oder im Zwölffingerdarm entstehen. Somatostatin hemmt die Produktion anderer Hormone wie z. B. Insulin, Glukagon oder Gastrin. Patienten mit einem Somatostatinom entwickeln Diabetes mellitus und leiden an Diarrhö, Fettstuhl oder Gallensteinen (Cholelithiasis). Herr Professor Weber, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch. Beim Karzinoid-Syndrom führt zu viel Serotonin häufig zu Durchfall PATIENTENZITAT: „Mein neuroendokriner Tumor ist einer der sehr seltenen: ein Calcitoninom. 2003 wurde er bei mir entdeckt – damals bin ich wegen Knieschmerzen zum Orthopäden gegangen. Der stellte Veränderungen an den Knochen fest, ähnlich einer Osteoporose, und überwies mich zum Endokrinologen, da ich mit unter 50 eigentlich noch zu jung für Osteoporose war. Der Endokrinologe hat dann Calcitonin gemessen und gesehen, dass der Wert viel zu hoch war. So fingen weitere Untersuchungen an, die dann schließlich zur Diagnose führten.“ Frau K. M.*, 56 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt 12 13 NET IM ALLTAG NET IM ALLTAG 10 Tipps K Richtig kommunizieren will gelernt sein 10 Tipps, wie Sie kleine Hürden beim Arzt-Patienten-Gespräch überwinden können aum aus dem Arztzimmer heraus, fällt Ihnen wieder die Frage ein, die Sie in der Aufregung vergessen haben zu stellen. Zu Hause merken Sie, dass Sie vor lauter Fachbegriffen den Ablauf der geplanten Therapie nur zur Hälfte verstanden haben. Sicherlich kommt Ihnen und anderen NETPatienten solch eine Situation bekannt vor. Damit Ihr Arzt Ihnen komplexe medizinische Zusammenhänge verständlich darstellen kann, bedarf es ausführlicher Gespräche, für die im Klinikalltag oft wenig Zeit bleibt. Zudem können äußere Umstände, verschiedene Ansprechpartner und fachspezifische Ausdrücke Sie oder andere Patienten oft so sehr verunsichern, dass Sie sich nicht trauen, alle Ihre Fragen zu stellen oder bei Verständnisproblemen einfach nachzufragen – auch ein zweites Mal. Kommunikationsprobleme können jedoch vermieden werden, wie z. B. Thorsten Hallermeier und seine Ehefrau erfahren haben: „Zu Gesprächen mit dem Arzt gehen wir jetzt immer zu zweit. Wenn wir irgendeinen Befund bekommen und verstehen etwas nicht, dann fragen wir nach. Man muss wirklich aktiv sein. Wir schreiben uns auch zu Hause Fragen auf. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich Ärzte gerne Zeit nehmen, wenn sie merken, dass es einem wichtig ist.“ Mit den folgenden zehn Tipps möchten wir Ihnen einfache Ratschläge für eine effektivere Kommunikation mit Ihrem Arzt an die Hand geben. Denn: Ihr behandelnder Arzt sollte für Sie da sein und Ihnen Informationen über Ihre Krankheit, Behandlungsmethoden etc. so vermitteln, dass Sie sie verstehen! 14 für ihr nächstes Arztgespräch 1 2 3 4 Notieren Sie sich vor dem Gespräch in aller Ruhe Ihre Fragen und nehmen Sie Ihre Notizen mit. 5 7 9 Vereinbaren Sie einen eigenen Gesprächstermin mit Ihrem Arzt, wenn Sie sichergehen möchten, dass er genug Zeit für ein ausführliches Gespräch hat. Lassen Sie sich medizinische Fachausdrücke und Fremdwörter erklären. Bitten Sie Ihren Arzt, Ihnen die geplante Therapie – wenn möglich – bildlich darzustellen. Oftmals lassen sich so viele Zusammenhänge besser erkennen und verstehen. Als Patient haben Sie das Recht auf Einholung einer zweiten ärztlichen Meinung – besprechen Sie diesen Wunsch offen mit Ihrem Arzt. 6 8 10 Denken Sie an Stift und Schreibblock, damit Sie sich während des Gesprächs Notizen machen können. „Vier Ohren hören mehr als zwei.“ Nehmen Sie ruhig einen Freund / eine Freundin / einen Familienangehörigen zu Gesprächen mit Ihrem Arzt mit. Fragen Sie konsequent nach! Teilen Sie Ihrem Arzt mit, wenn Sie etwas nicht verstanden haben! Jeder Patient hat einen unterschiedlichen Bedarf an Informationen – teilen Sie Ihrem Arzt mit, in welchem Umfang Sie über Details der Behandlungsmöglichkeiten etc. von ihm informiert werden möchten. Bitten Sie um Bedenkzeit, wenn Sie Schwierigkeiten haben, eine Entscheidung für eine Untersuchung oder Behandlung zu treffen. (10 Tipps nach: Teamwork – Die Arzt-Patienten-Beziehung, Die blauen Ratgeber, Deutsche Krebshilfe) 15 WISSENSCHAFT Die Diagnose Neuroendokriner Tumoren Von Professor Dr. med. Stephan Petersenn, Hamburg WISSENSCHAFT Moderne Untersuchungsmethoden liefern Hinweise für Diagnose und herapie Der erste Schritt: das Gespräch mit dem Arzt Wenn der Verdacht auf einen neuroendokrinen Tumor (NET) besteht, werden verschiedene Untersuchungsmethoden eingesetzt. Dies dient zum einen dazu, festzustellen, ob tatsächlich ein NET vorliegt. Zum anderen sind bestimmte Untersuchungen wichtig, um die beste herapie zu wählen. So muss geklärt werden, ob eine vollständige Entfernung des Tumors oder von eventuell vorhandenen Metastasen durch eine Operation möglich ist. In diesem Fall kann die Erkrankung vollständig geheilt werden. Dazu setzt man sogenannte bildgebende Verfahren ein, die Informationen zu Größe und Lage des Tumors liefern. Untersucht werden auch die biologischen Eigenschaften des Tumors, wie die Wachstumsgeschwindigkeit oder die Aktivität (Hormonausschüttung), denn auch das ist wichtig für die Behandlung. Außerdem können sich bei funktionell aktiven NET durch die möglicherweise bereits länger erhöhten Hormonspiegel Folgekrankheiten entwickelt haben. Beispielsweise kann eine erhöhte Serotoninproduktion zu einer Herzerkrankung mit Veränderungen der Herzklappen führen, die die Leistungsfähigkeit des Herzens vermindern kann. Hat die Erkrankung eine genetische Ursache, können z. B. bei einer sogenannten Multiplen Endokrinen Neoplasie (MEN-1) mehrere Tumorherde in einem Organ oder aber Tumoren in mehreren Organen auftreten. ET werden aufgrund der vielfältigen Beschwerden meist erst spät im Krankheitsverlauf diagnostiziert. Zunehmend häufiger ist die NET-Diagnose ein Zufallsbefund, z. B. im Rahmen einer Operation. Die in der NET-Diagnostik eingesetzten Methoden unterteilen sich in klinische, laborchemische, bildgebende und histopathologische Verfahren, die im Folgenden erläutert werden. 16 N Am Anfang der Untersuchung steht die Aufnahme der Krankheitsgeschichte (Anamnese) durch den Arzt. Daraus ergeben sich wertvolle Hinweise auf die Krankheit. Das beinhaltet auch die Familienanamnese, d. h., der Arzt erkundigt sich beim Patienten, ob in der Vergangenheit Verwandte unter vergleichbaren Symptomen bzw. NET litten. Trifft dies zu, so besteht der Verdacht auf einen vererbten NET. Funktionell aktive NET verursachen oft typische Beschwerden. So können z. B. anfallartige Gesichtsrötungen (Flush) und plötzlich einsetzende Durchfälle auf die Erkrankung hinweisen. Andere typische Beschwerden sind Zeichen einer Unterzuckerung wie Heißhunger, Schwindel bzw. Zittern oder sehr wässrige Durchfälle. Gelegentlich werden auch erst die Folgeerkrankungen, wie z. B. die karzinoide Herzkrankheit, bei Patienten diagnostiziert, die sich wegen der damit verbundenen Beschwerden untersuchen lassen. Aufgrund der Seltenheit der NET sollte zur Diskussion der weiteren Diagnostik und Therapie im Verlauf auch immer ein entsprechend spezialisierter Arzt konsultiert werden. Anamnese 17 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT Hormonen auf der Spur – die Ana lyse im Labor B ei Verdacht auf einen funktionell aktiven NET wird getestet, ob die Konzentration bestimmter Hormone erhöht ist. Bei einigen NET, wie dem Insulinom oder dem Gastrinom, können die Hormonspiegel im Blut jedoch trotz typischer Symptome normal sein. Dann werden sogenannte Funktionstests eingesetzt. Bei funktionell nicht aktiven NET kann der Nachweis über die Messung von Tumormarkern anstatt von Hormonen erfolgen. Tumormarker Tumormarker sind Eiweiße oder andere Substanzen, deren erhöhte Konzentration mit einem Tumor verbunden sein kann und sich daher zur Verlaufskontrolle, gelegentlich auch zur Diagnosestellung, eignet. Bei NET werden verschiedene Tumormarker genutzt. Das sogenannte Chromogranin A wird am häufigsten eingesetzt. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass neben NET auch andere Ursachen zu einem Anstieg von Chromogranin A führen können (z. B. verminderte Nierenfunktion oder die Behandlung mit einer bestimmten Medikamentenart, den Protonenpumpenhemmern). Bei anfänglich erhöhtem Chromogranin A eignet sich dieser Tumormarker auch besonders zur Verlaufskontrolle unter Therapie. Labor 18 Die Messung von 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES) Bei Verdacht auf einen NET, der das Hormon Serotonin produziert (Karzinoid-Syndrom), werden in der Regel nicht die Serotoninspiegel selbst im Blut bestimmt, da diese sehr schwanken. Man bestimmt stattdessen die Menge eines Abbauproduktes von Serotonin, die 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES). Gemessen wird die Menge, die während 24 Stunden mit dem Urin ausgeschieden wird. Der 24-Stunden-Urin wird in einem mit Säure versetzten Gefäß gesammelt, gekühlt und möglichst rasch zur Analyse gebracht. Die Säure ist wichtig, um das instabile Hormon bis zur Messung zu stabilisieren. Es ist wichtig, die Hinweise des Arztes genau zu beachten. Bestimmte Nahrungsmittel enthalten erhebliche Mengen an Serotonin und sollten in den letzten drei Tagen vor bzw. während der Sammlung vermieden werden. Außerdem dürfen bestimmte Arzneimittel nicht eingenommen werden (siehe Kasten unten). Messfehler vermeiden Einige Lebensmittel und Medikamente können das Ergebnis verfälschen. Sie sollten mindestens 48 Stunden vor dem Test nicht verzehrt werden: Nüsse, besonders Walnüsse, Tomaten, Ananas, Bananen, Kiwis, Pflaumen, Johannisbeeren, Zwetschgen, Stachelbeeren, Mirabellen, Melonen, Avocados, Auberginen, Papayas, Grapefruit, Datteln, Feigen und Oliven. Auch Kaffee, Kakao und Nikotin sind zu meiden, außerdem Paracetamol, Acetylsalicylsäure und andere Medikamente. Sprechen Sie daher Ihren Arzt vor der Untersuchung darauf an. „Vor der ersten Messung von 5-HIES habe ich mich an keine spezielle Diät gehalten. Deshalb war das Ergebnis nicht zu bewerten. Beim zweiten Mal wusste ich dann aber Bescheid und habe auf bestimmte Lebensmittel verzichtet und den Urin fachgerecht gesammelt. Dann kam das Ergebnis: Laut Labordiagnose ein NET. Meine 5-HIES-Werte waren gegenüber den Normalwerten fast um das Dreieinhalbfache erhöht. Da war ich erst einmal schockiert – bis dahin hatte man ja noch keinen Tumor finden können.“ Herr M. T.* 55 Jahre Der 72-Stunden-Fastentest Der Sekretintest Die wichtigste Nachweismethode für ein Insulinom, ein hormonaktiver NET der Bauchspeicheldrüse, ist der 72-Stunden-Fastentest. Bei gesunden Menschen führt eine Nulldiät zum Absinken des Zuckerspiegels (Glukosespiegels) im Blut. Die Bauchspeicheldrüse stoppt daraufhin die Freisetzung von Insulin. Glukose wird aus körpereigenen Speichern freigesetzt. Deshalb haben Gesunde selbst nach 72-stündigem Fasten normale Blutzuckerspiegel. Insulinom-Patienten produzieren dagegen auch während einer Nulldiät Insulin. Fast alle Insulinom-Patienten entwickeln deshalb im Verlauf des 72-stündigen Fastens eine Unterzuckerung mit den typischen Anzeichen wie Übelkeit, Schwitzen, Zittern oder Nervosität, die sich nach Aufnahme zuckerhaltiger Nahrung bessern. Aufgrund der gefährlichen Folgen einer Unterzuckerung muss dieser Test unter Aufsicht mit medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden. Gastrinome sind NET, die Gastrin produzieren, ein Hormon, das die Säureproduktion im Magen steigert. Die Diagnose des Gastrinoms beruht daher zunächst auf dem Nachweis einer stark erhöhten Magensäureproduktion und eines erhöhten Gastrinspiegels im Blut. Liegen die Gastrinspiegel bei stark erhöhter Magensäureproduktion über einer sehr hohen Marke, gilt die Verdachtsdiagnose eines Gastrinoms als bestätigt. Ist der Gastrinspiegel jedoch niedriger, muss die Diagnose mit dem Sekretintest überprüft werden. Sekretin ist ein Hormon, das beim Menschen die Ausschüttung von Gastrin stimuliert. Während 72 Stunden darf nichts gegessen und außer Wasser nichts getrunken werden. Bei eindeutigem Ergebnis kann der Test vorzeitig beendet werden. Während des Tests erhält der Patient eine im Unterarm verbleibende Kanüle (sogenannter venöser Zugang), durch die Blut für die Laboruntersuchungen entnommen und Medikamente oder, bei Anzeichen einer Unterzuckerung, eine zuckerhaltige Lösung zugeführt werden kann. Die Blutentnahme wird anfangs alle sechs Stunden durchgeführt und deutlich häufiger, sobald der Blutzuckerspiegel unter eine bestimmte Marke fällt. 12-14 Stunden vor dem Sekretintest sollten Patienten keine Nahrung mehr zu sich nehmen. Arzneimittel, die die Säureproduktion im Magen beeinflussen, werden vom Arzt ggf. abgesetzt oder durch leichtere Medikamente ersetzt. Nach Anlegen eines venösen Zugangs wird Blut zur Bestimmung des Nüchtern-Gastrinspiegels abgenommen, anschließend Sekretin injiziert. Nach zwei, fünf, zehn, 15 und 30 Minuten wird der Gastrinspiegel bestimmt. Steigt Gastrin in diesem Zeitraum stark an, gilt die Gastrinomdiagnose als gesichert. Falls zufällig schon vor dem Test eine Blutprobe im Rahmen einer Hypoglykämie gewonnen wurde, kann bereits hier der Insulinspiegel bestimmt und der Test vermieden werden. 19 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT Die bildgebenden Verfahren M it bildgebenden Verfahren lassen sich Organe bzw. andere Körpergewebe darstellen, z. B. auf einem Bildschirm oder Film. Zu den Standardverfahren gehören Ultraschall (Sonographie), Szintigraphie, Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT). „Nachdem ich im Urlaub in zwei Wochen drei Kilo abgenommen hatte – ohne weniger gegessen oder mehr Sport gemacht zu haben –, war ich bei meinem Hausarzt. Unter anderem hat der zur Kontrolle per Ultraschall den Bauchraum untersucht. Und da hat er auf der Leber riesengroße Metastasen gesehen, 15 cm war eine groß. Da hat er mich gleich in die Klinik überwiesen, dort gingen noch am gleichen Tag die Untersuchungen los: CT, MRT, Knochenszintigramm, Leberbiopsie – relativ schnell war dann die Diagnose neuroendokriner Tumor klar.“ Herr T. H.*, 41 Jahre Sonographie Bild 20 Sonographie Szintigraphie Bei der normalen Sonographie wird ein Schallkopf auf die Haut über dem Organ gesetzt, das untersucht werden soll. Die Ultraschallwellen werden je nach Gewebe unterschiedlich stark reflektiert, also zurückgeworfen. Diese Signale werden vom Schallkopf registriert, in elektrische Impulse umgewandelt und auf einem Bildschirm dargestellt. Die Sonographie eignet sich besonders gut zur Untersuchung der Organe des Bauchraums und großer Gefäße. So lassen sich Tumoren und Metastasen z. B. in der Leber gut erkennen. Die Möglichkeiten der Sonographie, einen sehr kleinen Tumor zu erkennen, sind jedoch begrenzt. Bessere Ergebnisse bei kleineren Tumoren oder Metastasen bietet die endoskopische Ultraschalluntersuchung (Endosonographie), bei der der Schallkopf mit einem Endoskop direkt in die Umgebung des Organs gebracht wird. Die Endosonographie eignet sich sehr gut zur Diagnose bzw. Überwachung kleinerer NET der Bauchspeicheldrüse. Durch bessere Bilder zeichnet sich auch der kontrastmittelverstärkte Ultraschall aus: Gasgefüllte Mikrobläschen werden in eine Vene gespritzt, die die Ultraschallreflexion erhöhen. Bei Patienten, die an einem Karzinoid-Syndrom erkrankt sind, wird Ultraschall auch eingesetzt, um eine bei diesen Patienten oft verminderte Herzleistung zu bestätigen oder auszuschließen (Echokardiographie). Bei der Szintigraphie werden radioaktiv markierte Substanzen, sogenannte Radionuklide injiziert, die sich im Tumor bzw. in Metastasen anreichern. Eine Kamera registriert die radioaktive Strahlung. Aus den Messungen werden Abbildungen errechnet und auf dem Bildschirm dargestellt. Da die Radionuklide schwach strahlen und eine kurze Lebensdauer haben, ist die Strahlenbelastung für die Patienten sehr gering. Die Szintigraphie eignet sich auch zum Nachweis von Knochenmetastasen (Knochenszintigraphie). Die größte Bedeutung unter den szintigraphischen Verfahren bei NET hat die Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie. Diese Methode beruht darauf, dass Somatostatin-Rezeptoren in NET in der Regel sehr viel häufiger vorkommen als in gesunden Geweben. Bei der Somatostatin-RezeptorSzintigraphie wird dem Patienten ein radioaktiv markiertes Somatostatin-Analogon injiziert. Dieses bindet aufgrund seiner großen Ähnlichkeit mit Somatostatin ebenfalls an Somatostatin-Rezeptoren und reichert sich folglich dort an, wo sich die Somatostatin-Rezeptoren am stärksten konzentrieren: in NET bzw. ihren Metastasen. „Typische Beschwerden hatte ich keine. Bei mir wurde der Tumor durch Zufall bei einer Routineuntersuchung von meinem Gynäkologen entdeckt. Bei einer Ultraschalluntersuchung im Oktober 2008 meinte der Arzt, dass da etwas im Bereich des Darms ungewöhnlich sei, ich solle eine Kernspintomographie durchführen lassen. Dabei wurden dann Veränderungen im Darm und in der Leber festgestellt. Es war eine richtige Schocksituation für mich, als der Radiologe sagte: ‚Gehen Sie zum Onkologen.‘ In der Uniklinik wurden dann ziemlich schnell und zielstrebig weitere Untersuchungen gemacht. Hormonbestimmung (5-HIES), Szintigraphie (Octreoscan, eine PET/CT stand damals noch nicht zur Verfügung) und schließlich eine Leberbiopsie, wodurch der Verdacht auf NET schließlich durch den Pathologen bestätigt wurde.“ Frau H. B.*, 56 Jahre Rezeptoren sind Eiweißstoffe auf der Zelloberfläche, an die Hormone wie Somatostatin bzw. andere Steuerungsmoleküle binden müssen („SchlüsselSchloss-Prinzip“), um ihre biologischen Wirkungen im Körper auszulösen. Somatostatin beispielsweise hemmt die Ausschüttung von Insulin und Glukagon, sobald es an Somatostatin-Rezeptoren der Bauchspeicheldrüse andockt. Somatostatin SomatostatinRezeptor Zelle Signal Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie 21 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT Die bildgebenden Verfahren Tomographie Computertomographie (CT) Kernspintomographie (MRT) Positronen-EmissionsTomographie (PET) Mit tomographischen (tomós, griechisch = der Schnitt) Methoden können innere Strukturen des Körpers, z. B. Organe, schichtweise abgebildet werden. Tomographische Methoden erlauben eine dreidimensionale, d. h. räumliche Abbildung. Computertomographie und Kernspintomographie werden zur NET-Diagnostik hauptsächlich eingesetzt, um Größe und Lage von Tumoren bzw. Metastasen zu bestimmen. Sie zählen zu den wichtigsten Diagnoseverfahren. Beide Methoden eignen sich auch dazu, den Einfluss einer Therapie zu überprüfen. Dennoch sind Computertomographie und Kernspintomographie nicht immer austauschbar. Welche Methode besser geeignet ist, hängt von der Fragestellung sowie von der zu untersuchenden Körperregion ab. Die Computertomographie beruht auf Röntgenstrahlen, die von den verschiedenen Geweben im Körper unterschiedlich stark abgeschwächt werden. Detektoren messen die Reststrahlung und wandeln die Signale letztlich in Bilder um. Im Unterschied zum herkömmlichen Röntgen durchdringen die Strahlen den Körper in alle Richtungen, weil sich die Strahlenquelle um den Patienten dreht. Mithilfe von Kontrastmitteln, die als Spritze oder Getränk verabreicht werden, lässt sich die Aussagefähigkeit der Computertomographie deutlich verbessern. Die Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie) läuft ähnlich wie die Computertomographie ab. Der Patient muss Metallgegenstände und ggf. Oberbekleidung ablegen. Er bekommt einen Kopfhörer zur Dämmung der Geräusche und zur Kommunikation mit dem Arzt und eine Klingel, mit der er jederzeit den Arzt rufen kann. Die Untersuchung – ebenfalls in einer Röhre – dauert ca. 20 Minuten. Auf Wunsch bekommt der Patient ein Beruhigungsmittel, da die Untersuchung sehr laut und die Röhre eng ist. Die Kernspintomographie beruht nicht auf Röntgenstrahlen, sondern auf Magnetfeldern und Radiowellen – sie ist weitestgehend unschädlich. Allerdings ist sie aufgrund der starken Magnetwirkung bei Patienten mit Herzschrittmacher oder einem Metall-Implantat nicht möglich oder problematisch. Zusätzliche Informationen zu anderen bildgebenden Verfahren kann die Positronen-Emissions-Tomographie liefern, die heute in Kombination mit der Computertomographie (PET/CT) eingesetzt werden kann. Mit PET/ CT lassen sich selbst nur wenige Millimeter große Tumoren oder Metastasen sehr genau lokalisieren. Die Positronen-Emissions-Tomographie nutzt die biologischen Unterschiede von gesunden und Tumorzellen, die z. B. mehr Rezeptoren aufweisen oder eine höhere Stoffwechselaktivität bzw. einen höheren Energiebedarf haben. Somatostatin-Rezeptor-positive NET lassen sich hierdurch besonders empfindlich nachweisen, wenn ein an ein Somatostatin-Analogon gekoppelter PET-Marker eingesetzt wird, z. B. DOTATOC. Erhalten Tumorpatienten dagegen radioaktiv markierte Glukose, reichert sich diese in besonders stoffwechselaktiven Tumoren und Metastasen stärker an als in anderen Geweben. Dies eignet sich nur zum Nachweis gering differenzierter NET, weil gut differenzierte NET oft keinen erhöhten Glukosestoffwechsel haben. Für die molekulare Bildgebung von gut differenzierten, langsam wachsenden NET verwendet man andere Substanzen, häufig z. B. das Radionuklid 68Ga. Die Computertomographie wird in der Klinik oder in der Praxis eines Radiologen durchgeführt. Zur Untersuchung wird der Patient in eine Röhre geschoben. Für den Erfolg der Untersuchung ist es sehr wichtig, dass der Patient ruhig liegt und den Anweisungen des Arztes folgt. Die Strahlenmenge ist nicht bedenklich. Dennoch ist eine Computertomographie nur dann zu empfehlen, wenn ein eindeutiger Nutzen zu erwarten ist. „Wenn ich in der engen Röhre im Kernspin liege, hilft mir Autogenes Training zu entspannen. Ich schließe immer die Augen und führe Übungen durch: Der rechte Arm wird schwer usw. Dann geht die Zeit schneller vorbei.“ Frau H. B.*, 56 Jahre Das Prinzip der Kernspintomographie Röntgenuntersuchung im CT-Gerät CT-Bild: Querschnitt Bauchraum (mit freundlicher Genehmigung von Prof. M. Weber) Bild 22 „Wie sich eine CT-Untersuchung mit Kontrastmittel anfühlt, erzählt einem ja vorher keiner. Das ist ein ganz komisches Gefühl – ganz warm wird das im Körper. Mein Tipp für einen entspannten CT-Termin: Wenn möglich auf den Nachmittag legen. Da ich vier Stunden lang vorher nüchtern sein muss, kann ich so noch gemütlich daheim frühstücken – dann macht mir die Wartezeit in der Klinik auch nichts mehr aus.“ Herr T. H.*, 41 Jahre Bei der Kernspintomographie richten sich die Kerne von Wasserstoffatomen im Körper entlang eines starken Magnetfeldes aus. Radiostrahlen überführen die Kerne in einen energiereichen Zustand, aus dem sie nach dem Ausschalten wieder in einen energiearmen Status zurückkehren. Dabei geben die Kerne Energie in einer Menge ab, die von der Umgebung der Kerne abhängig ist. Aus der Messung dieses Unterschiedes werden die Schnittbilder berechnet. Bildgebende Verfahren liefern oft wichtige Informationen 23 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT Direkte Einblicke ins Innere – Die Endoskopie E ndoskopische Verfahren dienen der Untersuchung im Körperinneren. Die dabei eingesetzten Instrumente (Endoskope) werden durch kleine Hautschnitte oder Körperöffnungen in den Körper eingeführt – z. B. durch den Mund bei einer Magenspiegelung. Endoskope bestehen entweder aus einer beweglichen oder einer starren dünnen Röhre, deren Spitze mit einem Objektiv und einer Lichtquelle versehen ist. Am anderen Ende befindet sich ein Okular, durch das der Arzt wie durch eine Kamera das jeweilige Organ betrachten kann. Die Patienten bekommen von der Untersuchung wenig mit, da sie zuvor ein Beruhigungsmittel erhalten. Neben einer Magenspiegelung wird zur Lokalisation von NET häufig eine Darmspiegelung durchgeführt, die zuvor eine Reinigung des Darmes durch Trinken größerer Flüssigkeitsmengen und von Abführmitteln verlangt. Im Rahmen der sogenannten Kapselendoskopie, bei der der Patient eine mit einer Kamera ausgestattete Kapsel schluckt, sind keine Beruhigungsmittel erforderlich. Die Kamera macht auf ihrem Weg durch Speiseröhre, Magen und Darm eine Vielzahl von Aufnahmen und wird letztlich auf natürlichem Weg ausgeschieden. Die Kapselendoskopie wird vor allem zur Untersuchung der Dünndarmabschnitte eingesetzt, die mit der herkömmlichen Endoskopie nicht erreichbar sind. B Magenspiegelung – ein endoskopisches Verfahren Endoskope bieten auch andere Möglichkeiten: Über Kanäle im Endoskop können Instrumente eingeführt werden, beispielsweise um Gewebe zur Überprüfung auf krankhafte Veränderungen zu entnehmen (Biopsie). Zunehmend wird mithilfe von Endoskopen operiert. Diese Art von Operationen wird als minimal invasiv (d. h. gering in den Körper eindringend) bezeichnet, weil sie kaum Operationsspuren hinterlassen. „Ich erinnere mich noch genau, wie ich im Winter 1987 gemerkt habe, dass da etwas mit meiner Lunge nicht stimmt. Wenn ich lange draußen in der Kälte gelaufen bin, bekam ich Probleme mit Husten/Bluthusten. Dazu kamen Lungenentzündungen. Daraufhin bin ich zum Arzt, der die Lunge endoskopisch, also mit einer Bronchoskopie, untersucht und einen Tumor gefunden hat. Bei der Bronchoskopie wurde gleich eine Probe entnommen, anhand der dann festgestellt wurde, dass es sich um einen NET handelte. Ich wurde dann noch 1987 in einer Lungenfachklinik operiert.“ Patient*, 57 Jahre Endoskop 24 Die Untersuchung verdächtigen Gewebes *Name ist der Redaktion bekannt estehen Hinweise auf einen Tumor, entnimmt der Arzt eine Gewebeprobe; meist mit einer Feinnadelbiopsie, bei der der Arzt eine dünne Nadel (geleitet durch Ultraschall oder das Endoskop) in die auffällige Körperregion führt. Die Feinnadelbiopsie bereitet in der Regel nicht mehr Beschwerden als eine Blutentnahme und ist risikoarm. Die Gewebeprobe wird von einem spezialisierten Facharzt (einem Pathologen) untersucht. Im Zentrum steht dabei die mikroskopische Beurteilung von dünnen Gewebeschnitten bzw. einzelnen Zellen. Zudem stehen dem Pathologen heute zahlreiche Verfahren zur Verfügung, mit denen er z. B. die Bildung von Eiweißstoffen durch Zellen messen kann. Ein Beispiel ist die Bestimmung von Rezeptoren auf Zelloberflächen mithilfe von Antikörpern. Zu den für die Prognose und die Therapiewahl wichtigen Befunden des Pathologen gehören vor allem der Differenzierungsgrad als Maß für die Bösartigkeit des Tumorgewebes sowie die Geschwindigkeit, mit der es sich vermehrt (Grading). Zur Schätzung der Vermehrungsgeschwindigkeit bestimmt der Pathologe mit einem Färbeverfahren den Anteil der Zellen im Gewebe, die das Eiweiß Ki67 produzieren. Ki67 ist nur in Zellen nachweisbar, die sich gerade teilen. (Weitere Informationen zum Grading und der Klassifikation von NET finden Sie auf S. 10.) Mikroskopische Beurteilung Proliferationsmarker Ki67 Das Eiweiß Ki67 ist ein sogenannter Proliferationsmarker. Ki67 wird nur in wachsenden Zellen produziert und zeigt daher die Zellen im Gewebe an, die sich vermehren. Die Färbung für Ki67 gibt also Aufschluss über die Wachstumsgeschwindigkeit eines Tumors und ist deshalb in der Diagnostik von besonderem Wert. Der Name Ki67 weist übrigens mit „Ki“ auf Kiel hin – dort wurde im Institut für Pathologie der Antikörper gegen dieses Eiweiß erstmals benannt. Der Antikörper wird auch als MIB1 bezeichnet. Marker 25 NET IM ALLTAG Mein Leben mit NET – Umgang mit der Krankheit Jede Krebserkrankung bringt Fragen, Ängste und Sorgen mit sich und verändert oft das Leben der Betrofenen vollständig. Bisherige Lebenspläne werden unter Umständen infrage gestellt und häuig herrscht ein Gefühl der Unsicherheit und Angst. In dieser Situation kann eine psychoonkologische Unterstützung sehr hilfreich sein. Aber was versteht man darunter überhaupt? Wie kann die Psychoonkologie bei der Bewältigung der Krankheit helfen? Und was kann jeder Einzelne tun? Um diese und weitere Fragen zu beantworten, stand Herr Professor Dr. med. Matthias Volkenandt uns in einem Interview zur Verfügung. NET IM ALLTAG D Die Psychoonkologie ist ein relativ neues Feld – was kann man sich darunter vorstellen, worum geht es? In der Psychoonkologie geht es im Wesentlichen um die Identifikation von psychischen Belastungen infolge einer Krebserkrankung. Wir wollen Menschen helfen, die Belastung durch die Krankheit zu reduzieren und zu bewältigen. Es geht hier nicht um medizinische Fragen, wie ich die Lebenszeit verlängere oder welche Therapie ich auswähle, sondern wie der Patient mit der Situation umgeht, wie er die Krankheit bewältigen kann. Viele Patienten mit neuroendokrinen Tumoren haben Ängste, Sorgen und Nöte. Diese Sorgen zur Sprache zu bringen, ist oft eine sehr komplizierte Sache – und genau da setzt die Psychoonkologie an. Um Angehörige geht es auch, es ist also ein sehr breites Feld. 26 Viele NET-Patienten stellen sich die Frage: Warum hat es gerade mich erwischt? Was antworten Sie Patienten, die Ihnen diese Frage stellen? Also die Frage „Warum gerade ich?“ ist in der Regel nicht beantwortbar. Es gibt einige Tumoren, z. B. das Bronchialkarzinom, das liegt häufig am Rauchen. Aber bei den meisten NET haben wir ja keine bekannte Ursache. Es gibt natürlich Risikofaktoren, aber es gibt keinen bekannten kausalen Faktor. Ganz wichtig dabei ist, dass niemand selbst schuld an einer Krebserkrankung ist. Für die Patienten ist das natürlich erleichternd und schwierig zugleich. Schwierig insofern, als dass jeder ein gewisses Kausalitätsbedürfnis hat. Wir sehen das auch häufig bei Angehörigen, die sagen: „Hättest du mal nicht so viel gearbeitet und so viel Stress gehabt, dann hättest du jetzt den Tumor nicht.“ Da kommen dann oft Vorwürfe. In der Psychoonkologie wird versucht, das dann deutlich zu machen, indem wir den Betroffenen sagen: Den Tumor sehen wir bei Alten, bei Jungen, bei Glücklichen, Unglücklichen, Verheirateten, nicht Verheirateten, mit oder ohne Kinder, mit Stress, ohne Stress. Also es gibt ihn in allen Varianten. Patienten haben in der Regel also nichts falsch gemacht. In einem zweiten Schritt kann man sich ja auch fragen: Selbst wenn ich die Antwort nach der Ursache hätte, wäre sie wirklich hilfreich? Also beim Bronchialkarzinom haben wir ja häufig eine Antwort: Das liegt sehr wahrscheinlich am Rauchen. Aber ist das wirklich hilfreich? Ich glaube eher nicht. Es geht doch in der Phase weniger darum, die Krankheit zu verstehen, sondern mehr darum, die Krankheit zu bestehen. „Ein Professor hat einmal zu mir gesagt: Sie müssen zwar mit der Krankheit leben, aber nicht für die Krankheit. Das war wirklich ein guter Tipp!“ Herr T. H.*, 41 Jahre 27 NET IM ALLTAG Also: Wie kann ich trotz dieser Erkrankung noch einen Lebensweg finden, annehmen und eine Lebensqualität realisieren? Daran schließt sich ja die Frage an: Wie kann die Psychoonkologie helfen, mit der Krankheit leben zu lernen? Was hilft mit Ängsten umzugehen? Ein Grundgedanke in der Psychoonkologie ist zu akzeptieren, dass Menschen, die eine Erkrankung haben, auch Sorgen, Nöte und Ängste haben. Der Grundfehler, der nämlich oft geschieht, ist, dass Ärzte, Schwestern und auch Angehörige immer versuchen, diese Ängste wegzuschieben bzw. -zureden. Im Sinne von: „Da brauchst du doch keine Angst zu haben. Da kann man doch was machen. Aber wir sind doch da. Die Medizin entwickelt sich immer weiter. Da kann man doch so viel tun heutzutage.“ Das ist zwar gut, dass man medizinisch so viel tun kann, aber diese Herangehensweise ist meist nicht das, was dem Patienten zunächst unmittelbar hilft. Ein Grundprinzip der Psychoonkologie ist also, die Ängste, die da sind, erst einmal zuzulassen, also sogar aktiv danach zu fragen, Ängste zur Sprache kommen zu lassen und herauszufinden: Wovor hast du denn Angst? Was macht dir am meisten Angst? Als Angehöriger, aber als Arzt und Krankenschwester genauso. Mögliche Ängste und Sorgen sollen also nicht sofort unter den Teppich gekehrt werden, sondern ganz im Gegenteil sogar aktiv auf den Teppich. Das gleiche Prinzip gilt auch für alle anderen Gefühle, nicht nur für 28 NET IM ALLTAG Und dann muss wieder eine Frage kommen: „Was ist es denn, was dich da so bedrückt?“ Und dann der Patient z. B.: „Dann wissen unsere Kinder, dass ich krank bin.“ die Angst. Nehmen wir z. B. die Freude. Wenn jemand sagt: „Ich freu mich so!“, dann kann man natürlich sagen: „Du, wahrscheinlich hält das nicht so lang“ – oder eben: „Oh, das ist aber schön, was freut dich denn so? Erzähl mir mehr davon.“ Es geht hier also um das Aussprechen und um das Zulassen von Emotionen. Man nennt das auch „Hebammen-Technik“, also die Hebamme, die das Kind ja nicht macht, sondern das, was da ist, herausholt. Das geht auch in der Psychoonkologie. Da ist ja eine Sorge, die mache ich ja nicht, aber ich bringe sie sozusagen zur Welt. Ich erlaube, dass sie herauskommen kann, und das ist das, was Menschen so guttut, und das ist das, was so wenige können. Das hört sich jetzt vielleicht einfach an, die Umsetzung ist aber oft sehr schwierig. Wenn z. B. ein Patient sagt: „Ich bin immer so traurig, weil ich dies und jenes nicht mehr kann“, dann kommt in vielen Fällen sofort der Ratschlag: „Aber dafür kannst du doch dies und jenes machen und das wird schon wieder.“ Aber Ratschläge sind oft nicht mehr als Schläge. Das tut Menschen sehr weh. Also: Wichtig ist, dass Gefühle und Sorgen, die nun einmal da sind, zugelassen, erfahren, ausgesprochen, zurückgespiegelt – und nicht sofort gelöst werden. aber eine andere Liste. Die Kunst wäre es nun, diesem Anliegen des Patienten Raum zu geben – also Sorgen und Ängste des Patienten zur Sprache zu bringen. Das hört sich so an, als ob Angehörige beim Ansprechen der Ängste eine große Rolle spielen? Eigentlich ist der Anfang gar nicht so schwer, man könnte z. B. sagen: „Du wirkst so bedrückt. Stimmt das? Wovor hast du denn Angst?“ Und dann kommt erst das Schwierigste – nämlich nicht nur eine Frage zu stellen, sondern auch die Antwort anzuhören. Ja, das stimmt. Jeder, der mit dem Patienten zu tun hat, nicht nur der Arzt oder Psychoonkologe, sondern gerade auch Angehörige sollten aktiv nachfragen. Oft liegt die Schwierigkeit darin, dass jeder von uns seine eigenen Gedanken, wovor der andere wahrscheinlich Angst hat, im Kopf hat. Und dann kommt man gleich mit Ratschlägen, ohne wirklich verstehen zu wollen, was der andere wirklich meint. Man nennt das auch „die eigene Agenda im Kopf haben“. Ich habe also meine Liste und der Patient hat Dazu auch noch ein Beispiel. Der Patient sagt: „Ich hab so Angst, dass mir durch die Chemotherapie die Haare ausfallen.“ Dann kommt meist sofort vom Gegenüber: „Ach, da gibt es doch eine Perücke und die zahlt die Kasse.“ Also da wird sofort zurückgeschossen, anstatt das noch mal zu wiederholen und zu sagen „Oh je, das Schlimmste, was dich bedrückt, ist also der Gedanke, dass dir die Haare ausfallen.“ Was kann man denn selbst tun, um die Erkrankung zu verarbeiten und besser damit umzugehen? Auch da geht es wieder um die Frage, was tut individuell gut? Das ist auch oft ein Problem, dass wir immer denken, wir wissen, was den Menschen guttut. Dass wir zu schnell Ratschläge geben. Da musst du mal ein bisschen Sport machen und mehr frische Luft schnappen und an was anderes denken. Geh in die Natur, hör gute Musik, komm doch mal auf gute Gedanken. „Wir haben die Erkrankung recht schnell nicht primär als Schicksalsschlag gesehen, sondern als Aufgabe. Als Aufgabe, die wir gemeinsam angehen. Meine Frau hatte da deutlich die aktivere Rolle: Informationen über die Krankheit und Therapiemöglichkeiten beschaffen – und ich hatte das Gefühl, dass ich mich einfach fallen lassen konnte.“ Patient*, 52 Jahre Eines der wichtigsten Instrumente der Psychoonkologie sind die Fragen. Wenn es einem Patienten nicht gut geht, dann fragen wir erst einmal: Was ist es denn? Und dann sollte man nicht gleich mit guten Ratschlägen kommen, sondern z. B. sagen: „Haben Sie mal intensiv überlegt, was Ihnen guttun könnte?“ Was auch oft hilft, ist die Aktivierung eigener Ressourcen. Also man könnte z. B. fragen: „Gab es schon mal etwas sehr Schlimmes in Ihrem Leben und was hat Ihnen da am meisten geholfen?“ Dann fangen die Patienten an, in Erinnerungen zu suchen. Und oft erinnern sie sich dann an eine Situation, z. B.: „Damals vor 20 Jahren, als meine Schwester starb, das Einzige, was mir damals geholfen hat, war …“ Das ist dann vielleicht, mit einem alten Schulfreund zu sprechen oder irgendetwas anderes. Und dann fragen wir: „Meinen Sie, dass das jetzt vielleicht auch eine Möglichkeit wäre?“ Die Patienten finden selbst das, was ihnen guttut – und wir versuchen hierbei zu helfen. „Seit meiner Diagnose versuche ich mehr im Augenblick zu leben und Stress zu vermeiden, vor allem zwischenmenschliche Spannungen. Ich bin dankbar für all die Kleinigkeiten, die mir Tag für Tag geschenkt werden.“ Frau K. M.*, 56 Jahre Um es kurz zusammenzufassen – der Schlüssel liegt im Dreierschritt: Fragen, Zurückspiegeln, Ratschlag als Frage. 1. Fragen „Wie geht es dir mit …?“ 2. Zurückspiegeln Noch nicht einen Ratschlag geben, sondern erst einmal das Gesagte wiederholen / zurückspiegeln. „Oh je, du hast also …“ „Erzähl mir mehr davon …“ 3. Ratschlag als Frage Erst jetzt langsam mit der Lösung anfangen. Am besten die Lösung oder den Ratschlag als Frage verpacken. „Würde es dir denn guttun, wenn wir mal gemeinsam überlegen, was …?“ Das Anwenden dieser Technik ist nicht leicht, aber es lohnt sich sie einmal auszuprobieren. Vielen Dank Herr Professor Volkenandt, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben. 29 NET IM ALLTAG Wie gehen NET-Patienten mit der Diagnose NET und der Krankheit um? Wie haben sie sich damals gefühlt? Wer oder was hat ihnen damals und auch noch heute geholfen? Welche Erfahrungen haben sie gemacht? Wir haben nachgefragt: DieregelmäßigenGesprächemitderPsychologin warenhervorragend „Was hat mir geholfen, mit der Diagnose umzugehen? Erstens die Unterstützung meines Mannes, der sich gleich nach der Diagnose intensiv mit der Krankheit beschäftigte und alle verfügbaren Informationen einsammelte. Dadurch musste ich mich nicht ständig selbst mit allen Details von Diagnose und Therapiemöglichkeiten auseinandersetzen. Bei der Krankheitsbewältigung half mir eine Psychologin. Wir hatten regelmäßig eine Stunde Gespräch – am Anfang jede Woche –, dann wurden die Abstände immer größer. Mit ihr konnte ich alles, was mir durch den Kopf ging, besprechen. Viele große Kliniken bieten inzwischen eine solche psychoonkologische Betreuung an, oft sogar kostenlos. Ganz wichtig für meine psychische Stabilität war auch mein Sohn, der damals 12 Jahre alt war.“ Frau H. B.*, 56 Jahre NET IM ALLTAG Der Glaube an Gott fängt mich immer wieder auf „Mir hilft die Überzeugung, dass Gott mich in seiner Hand hält. Dieser Glaube fängt mich immer wieder auf. Während meiner Erkrankung habe ich von Anfang an immer eine sehr gute Seelsorgebegleitung gehabt, von der ich sehr viel Hilfe bekommen habe.“ Frau K. M.*, 56 Jahre Buchtipps Ziele setzen und keine Endzeitstimmung in der Familieverbreiten „Im Juni bekam ich die Diagnose NET und damals war nicht klar, ob ich das Jahresende noch erlebe. Also habe ich mir Ziele gesetzt: Das erste war mein Geburtstag im November, das zweite dann Weihnachten. Und an Weihnachten wurde mir klar: Du lebst ja noch, ist ja toll. Und so habe ich dann langsam geschafft, wieder zu einer Normalität zurückzufinden. Schwierig ist dabei manchmal, die schönen Dinge des Lebens bewusst wahrzunehmen und zu genießen, auch vielleicht manches mitzunehmen, was man sonst eher aufgeschoben hätte – aber andererseits auch nicht auf einem völlig anderen Niveau zu leben oder in selbst gemachte Endzeitstimmung zu verfallen. Mir ist wichtig, bewusst zu leben, aber irgendwo auch eine gewisse Normalität im täglichen Leben zu behalten und mir nicht immer vor Augen zu führen, dass es ja bald vorbei sein könnte.“ Patient*, 52 Jahre „Die Bücher von Bernie Siegel und Carl Simonton haben mir sehr geholfen. Mein absolutes Lieblingsbuch ist Prognose Hoffnung von Bernie Siegel. Ich habe es mehrfach gelesen, weil es sehr viel Mut, Hoffnung und Zuversicht macht. Von Dr. Carl Simonton kann ich Wieder gesund werden ebenfalls nur wärmstens empfehlen. Ihn habe ich bei mehreren Vorträgen persönlich kennenlernen dürfen. Er hat mich mit seinen Vorträgen tief beeindruckt und mir in schweren, angstvollen Zeiten sehr viel Vertrauen und Gewissheit gegeben.“ Frau K. M.*, 56 Jahre VAS Verlag ISBN 978-3-88864-438-2 www.vas-verlag.de „Guten Tag und … Tschüss“ von Geneviève Jansen „Nichts prädestiniert mich, einen solchen Text zu schreiben, wenn nicht das erlebte ...“ (Geneviève Jansen) Die französische Autorin lebt in Deutschland und ist Mutter von zwei Kindern. Das Leben ihrer vierköpfigen Familie bricht zusammen, als der 26-jährige Sohn ins Krankenhaus eingeliefert wird: Eine unheilbare Krankheit wird diagnostiziert. Nun geht es darum, die Krankheit zu bekämpfen, um ein lebenswertes Leben möglichst lange aufrechtzuerhalten. 30 Eine einfühlsame Beschreibung dieses jungen Menschen und auch Auszüge aus seinen Mails erlauben es, eine Beziehung zu dem Patienten aufzubauen. In einer beeindruckenden Sprache schildert die Autorin die dramatischen palliativen Anstrengungen und wie es dem Patienten, der Familie, den Freunden, Psychologen und Ärzten gelingt, die Zeit bis zum unvermeidlichen Tod zu nutzen und positiv zu gestalten. Dabei werden auch die Grenzen der Medizin und Versorgungssysteme deutlich. 31 NET IM ALLTAG NET IM ALLTAG KEIN PATIENT UND TROTZDEM BETROFFEN Partner, Kinder oder Geschwister – auch für Familie und Freunde kann die NET-Erkrankung eines geliebten Menschen eine besondere psychische Belastung darstellen. Viele Angehörige treten jedoch oft in den Hintergrund und vernachlässigen ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten des Erkrankten. Worauf sollten Sie achten, um weiterhin stark sein zu können? H 1. Hören Sie auf sich und Ihre Bedürfnisse Als Angehöriger leiden Sie möglicherweise noch mehr als der Patient. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie auch an sich denken und auf Ihre eigenen Bedürfnisse hören. Jede NET-Erkrankung bedeutet eine unerwartete Situation, die auch Sie als Angehörige stark belastet. Doch jeder Mensch hat seine Grenzen, egal wie stark er ist. Ob sich diese Grenzen körperlich oder psychisch zeigen, ist ganz unterschiedlich. Wichtig ist es jedoch, sie zu erkennen und sich zwischendurch Pausen zu gönnen, um wieder zu Kräften zu kommen. Denn nur so können Sie für den Erkrankten weiterhin eine Hilfe sein. Haben Sie dabei keine Schuldgefühle. Auf sich selbst zu hören und zu achten ist oft nicht leicht. Vielleicht ist es ja hilfreich für Sie, wenn Sie wissen, dass es auch für den Erkrankten gut und wichtig ist, dass es seinen Angehörigen gut geht. 2. Nehmen Sie sich kleine Auszeiten Wichtig ist, dass Sie auch Zeit für sich haben und sich Ihre persönlichen Freiräume schaffen. Warum sagen Sie nicht einmal: Jetzt bin ich stundenweise oder tageweise nicht erreichbar. Ich gehe jetzt mal drei Stunden alleine 32 spazieren, ich gehe zu Freunden und rede, ich gehe in die Oper oder ich fahre mal ein Wochenende weg und denke dann gar nicht an die Krankheit. Dies ist natürlich oft nur möglich, wenn in dieser Zeit jemand da ist, der anfallende Aufgaben übernimmt. Gehen Sie hierbei offen auf andere Familienmitglieder zu und binden Sie sie mit in den Alltag ein. So wird es jedem Einzelnen ermöglicht, sich seine Freiräume zu nehmen – und alle wissen, dass der Erkrankte trotzdem gut versorgt ist. Diese kurzen Auszeiten, bei denen Sie einfach nur dem nachgehen können, was Ihnen gerade guttut, können in schwierigen Zeiten eine große Entlastung für Sie sein. 3. Holen Sie sich professionelle Hilfe Ob Familien-, Paar- oder Einzeltherapie – das Angebot an psychoonkologischer Beratung ist vielfältig. Vielleicht kann es auch Ihnen helfen, mit einer außenstehenden Person über alle Veränderungen, die eine NET-Erkrankung für Sie persönlich und die Familie mit sich bringt, zu sprechen. Ängste, Sorgen, Freude oder auch widersprüchliche Gefühle – all das kann in einem solchen Rahmen gesagt werden. „Ich habe zwischendurch immer wieder das Gefühl gehabt: Ich falle hier in ein Loch – wer ist denn für mich da? Mein Mann hatte ja durch die Krankheit genug mit sich selbst zu tun, meine Mutter mit 81 Jahren und unsere Kinder mit 18, 19 wollte ich damit auch nicht belasten. Da wäre es schön gewesen, mal mit einem Psychologen zu sprechen.“ Angehörige* Auch Selbsthilfegruppen, in denen sich Patienten und Angehörige austauschen, können eine große Hilfe sein. (Siehe S. 50) Oft hilft es auch schon mit Freunden oder Bekannten zu sprechen, die nicht selbst betroffen sind. Sie können mit dem oft hilfreichen Abstand neue Impulse geben oder mit Ihnen auch einfach nur über ganz andere Themen sprechen. Und von ihnen kommt wohl auch am ehesten die Frage: Wie geht es dir denn überhaupt damit? Diese Zuwendung zur eigenen Person kann Balsam für die Seele sein. „Als Angehörige finde ich es sehr schön, dass der behandelnde Arzt in der Klinik mich auch kennt, mir die Hand gibt und auch mal fragt, wie es mir geht. Er bezieht mich mit ins Gespräch ein – weil er auch weiß, dass ich immer dabei bin und dazugehöre. Als mein Mann z. B. bei einer Untersuchung war und ich gewartet habe, da hat er mir schnell den Zwischenstand durchgegeben – bei ihm fühle ich mich ernst genommen, das ist toll.“ Angehörige* 4. Lernen Sie, Veränderungen anzunehmen Die Krankheit bringt viele Veränderungen mit sich. Was einmal wichtig war, tritt unter Umständen plötzlich in den Hintergrund und andere Dinge bekommen nun eine große Bedeutung. Neue Fragen treten auf, wie z. B.: Was passiert mit unserer Familie? „Was mich am meisten aus der Bahn geworfen hat, war, dass ich mich plötzlich und unvorbereitet damit auseinandersetzen musste, dass man nicht ewig lebt. Da kommt man schon ins Grübeln, vor allem wenn man ein minderjähriges Kind hat.“ Herr M. B.*, 56 Jahre, Angehöriger Versuchen Sie, die oben erwähnten Ratschläge einmal auszuprobieren. Vielleicht fällt es Ihnen damit schon leichter, die Veränderungen anzunehmen. Lernen Sie, die kleinen Dinge und positiven Veränderungen zu schätzen und Freiräume für sich zu nutzen. „Wir haben unser Leben schon darauf ausgerichtet, dass wir wissen, wir haben nicht endlos Zeit. Wir versuchen, als Familie möglichst viel Zeit zusammen zu verbringen. Wir leben einfach ein bisschen bewusster und versuchen, die Zeit, die wir haben, sinnvoll zu nutzen. Dazu gehört auch, einfach ein bisschen relaxter zu leben, z. B. weniger zu streiten und sich nicht so viel über Kleinigkeiten aufzuregen.“ Angehörige* Durch einen bewussten Umgang mit Ihren eigenen Bedürfnissen können Sie auch auf lange Zeit eine große Unterstützung für den Erkrankten sein. Achten Sie also gut auf sich selbst. Weitere Informationen zu Hilfen für Angehörige finden Sie in der gleichnamigen Broschüre aus der InfoReihe „Die blauen Ratgeber“, Band 42, die kostenlos als PDF unter www.krebshilfe.de/ blaue-ratgeber heruntergeladen werden kann. 33 BEWEGUNG UND SPORT BEWEGUNG UND SPORT Es gibt viel Gutes – Hauptsache, man tut es In der Zeit der griechischen Antike sagte Hippokrates: „Durch Enthaltsamkeit und Ruhe werden viele Krankheiten geheilt.“ Heute wissen wir jedoch aus zahlreichen Studien, dass körperliche Bewegung ein wirksames Heilmittel bei unterschiedlichsten Erkrankungen sein kann. Und das gilt in zunehmendem Maße auch für Krebspatienten. Jörg Blech · Heilen mit Bewegung Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt, 3. Auflage: September 2010, ISBN 978-3-596-17761-5, € 8,95, www.fischerverlage.de „EinhervorragendesBuch– volleZustimmung“ Prof. Dr. med. Herbert Löllgen, Internist, Kardiologe und Präsident der Deutschen Sportärzte 34 I n seinem Buch „Heilen mit Bewegung – Wie Sie Krankheiten besiegen und Ihr Leben verlängern“ beschreibt der renommierte Wissenschaftsjournalist, Autor und Molekularbiologe Jörg Blech unmissverständlich, welchen Sinn sportliche Aktivitäten nicht nur für Gesunde, sondern gerade auch für Menschen, die unter Krankheiten leiden, machen: „Wer sich systematisch körperlich aktiv betätigt und Belastungsreize setzt, löst positive gesundheitswirksame Anpassungsprozesse aus.“ Im Kapitel „Krebs – einfach weglaufen?“ geht der Autor gezielt auf die positiven Auswirkungen der Bewegung speziell für Krebspatienten ein – frei nach der Devise: „Nicht weglaufen, sondern aktiv angehen.“ Im weiteren Verlauf des Buches wird u. a. eine Onkologin und Leiterin einer Klinik für Onkologie, die sich intensiv mit Sport und Krebs beschäftigt, zitiert: „Krebserkrankung, Operation und Chemotherapie führen bei den meisten Patienten zu einem gravierenden Vertrauensverlust in den eigenen Körper – die Aufforderung zum Sport und die Steigerung der Kondition kommen daher unerwartet. Umso überzeugender motiviert die spürbare Verbesserung der Körperkräfte zum Kampf gegen die Krankheit und bringt Lebensmut und positives Körperempfinden zurück. Krankheitsassoziierte Depression und Isolation werden durch Sport überzeugend überwunden, und die Therapiefähigkeit der meisten Patienten wird überdurchschnittlich gesteigert.“ „Wenig hilft viel“ – und das mit aller Kraft Diese Erkenntnis bezieht sich nicht nur auf Sportarten, bei denen es auf Höchstleistungen ankommt. „Vielmehr gilt sie für jede Bewegung, die wir durch die Arbeit unserer Muskeln hervorbringen. Dazu zählen schon moderater Sport wie Wandern und Aktivitäten des Alltags wie Treppen steigen, Gehen, Rad fahren, Unkraut jäten oder der Hausputz. Gerade diese Art von Gesundheitssport hält jung und verlängert, im Alter clever dosiert, das Leben.“ In Studien mit Brustkrebspatientinnen beispielsweise konnte nachgewiesen werden, dass bereits „körperliche Aktivitäten wie Staubsaugen, schnelles Spazierengehen, Treppensteigen und das Einkaufen zu Fuß ... einen segensreichen Effekt auf die Gesundheit und das körperliche Funktionieren haben kann.“ Im Vergleich zu inaktiven Patientinnen verspürten die körperlich Aktiven weniger Schmerzen und Einschränkungen – sie fühlten sich stärker und gesünder. „Die Heilkraft der Bewegung“ Weitere Studien zeigen, dass regelmäßige Bewegung die Überlebenschancen von Tumorpatienten (Brustkrebs/Dickdarmkrebs) verlängern kann. Dies war lange Zeit umstritten, inzwischen ist in der Forschung jedoch eine Kehrtwende erkennbar. „Besonders Krebspatienten werden bis heute vielfach zu körperlicher Untätigkeit angehalten – aus dem ärztlichen Glauben heraus, sie verkraften dadurch die Strapazen der Behandlung besser. Doch anscheinend ist eher das Gegenteil wahr. Manche Ärzte gehen dazu über, selbst schwer kranken Patienten Fahrrad-Ergometer aufs Krankenzimmer zu stellen. Körperliche Bewegung hellt demnach das Gemüt der Patienten auf und schenkt ihnen verloren geglaubte Kraft. Sie vermag die körpereigene Krebsabwehr zu stärken – und kann sogar das Leben verlängern“, so Jörg Blech. Sein Schlusswort am Ende seines Buches sollte zum Lebensmotto eines jeden Menschen, ob krank oder gesund, werden: „Für den Aufbruch ist es nie zu spät, und jeder Schritt wird belohnt.“ Die Aussagen betroffener NET-Patienten, die wir zu ihren sportlich-aktiven Ambitionen befragt haben, bestätigen dies in eindrücklicher Weise. Auf den folgenden Seiten kommen NET-Patienten zu Wort, die dank ihrer sportlichen Aktivitäten wieder zu neuem Mut, neuer Kraft und neuer Lebensenergie gefunden haben. >> 35 BEWEGUNG UND SPORT BEWEGUNG UND SPORT „Das Radfahren bringt mich ans Ziel – in vielfältigster Form“ „Auf dem Mountainbike zu fahren, das ist mein großes Hobby. Und mehr noch: Es ist der Sport, der mir und meinem Körper hilft. Bereits in der Reha habe ich mir jeden Tag gesagt: ‚Wenn ich wieder Fahrrad fahren kann, geht’s mir gut.‘ Und als es dann langsam wieder aufwärts ging mit mir, habe ich – obwohl es verrückt war – mir fest vorgenommen, noch im gleichen Jahr auf den höchsten Berg hier bei uns zu fahren. O Ob das Wetter mitspielt oder nicht, spielt für Thorsten Hallermeier selten eine Rolle. Schon während der bei ihm durchgeführten Chemozyklen beginnt sein Tag um etwa sechs Uhr morgens: rein in die Sportklamotten und dann rauf aufs Fahrrad. Für 30 Minuten, auch mal 40 oder eine Dreiviertelstunde, fährt er durch Wälder, über Felder und Wiesen, bergauf, bergab, an Bächen entlang, manchmal auch querfeldein durchs Gelände. Kein Verrückter ist er, ja, er genießt dabei auch die Landschaft, legt hin und wieder eine kleine Pause ein, um zu trinken und seine Pulsuhr zu kontrollieren. Die Zeit des Sonnenaufgangs ist für Thorsten Hallermeier die schönste, dann versucht er, mit seinem Mountainbike auch rechtzeitig an einem der zahlreichen Aussichtspunkte weiter oben anzukommen. Nein, ein Freak, wie sie oft genannt werden, die Mountainbiker, ist er wirklich nicht. „Für mich ist das ganz ehrlich eine tolle Entspannung, wenn ich für mich alleine durch unsere schöne Gegend fahre – natürlich schon unter gewissen, sportlich herausfordernden Bedingungen“, sagt er grinsend, doch immer darauf bedacht, seine Grenzen nicht zu überschreiten. Mittlerweile hat er seine Ausfahrten auf ca. zwei Stunden ausgedehnt, macht jedoch, auf Empfehlung seines Arztes, zwei Tage die Woche Pause. Auch ganz so ohne das richtige Wet36 Meine Operation war im August, und zwei Tage vor Silvester war es dann so weit: Bei minus zehn Grad und Schnee bin ich mit meinem Mountainbike auf diesen Berg gefahren. Ich hab’s geschafft. Und ich werd mich auch weiterhin so oft wie möglich auf den Sattel schwingen – es ist das Größte für mich.“ Herr T. H.*, 41 Jahre ter geht es bei ihm ebenfalls nicht – bei starkem Wind oder sintflutartigem Regen fällt seine morgendliche Radtour schon mal aus. Und am Wochenende wird es meist später, weil Freunde und frühere Arbeitskollegen ihn mit dem Fahrrad begleiten. Fahrrad fahren war schon immer eine starke Leidenschaft von Thorsten Hallermeier. Und auch die Diagnose NET konnte ihn nach überstandener Operation nicht davon abhalten, seinem sportlichen Hobby weiter zu frönen. Bereits in der Bewegungstherapie seiner damaligen Reha nutzte er regelmäßig Laufband, Stepper und Fahrradergometer, um seine Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer zu trainieren. Auch wenn es dort langweiliger war und es ihm in der ersten Zeit noch doppelt schwergefallen ist, hat ihn sein „Kämpferherz“ nicht im Stich gelassen. Heute fühlt sich Thorsten Hallermeier richtig glücklich, wenn er seinen täglichen Morgen auf diese Weise beginnen kann. Und wenn er dann von seiner Rundfahrt wieder daheim „einrollt“, beginnt für ihn und seine Frau der zweite schöne Teil des Tages – gemeinsam am bereits gedeckten Frühstückstisch mit frischen Brötchen, die ihm der Bäcker noch während seiner Fahrt in die Hand gedrückt hat. „Nordic Walking gibt mir wieder Mut und kraft“ „Als ich noch voll gearbeitet habe, hatte ich kaum Zeit für Sport. Jetzt habe ich viel Zeit, bin aber leider nicht mehr so fit, d. h., ich muss mit meinen Kräften haushalten. Was ich jetzt mache, ist Nordic Walking. Am Anfang habe ich das alleine gemacht, doch seit einiger Zeit habe ich zwei Bekannte, mit denen ich regelmäßig jede Woche laufe. Das motiviert. Ich freue mich, dass ich laufen kann, draußen in der Natur, im Schwarzwald. Ich beobachte die Natur sehr intensiv dabei, ich sehe eigentlich jetzt erst richtig die Natur – ich bekomme bewusst mit, wie die Pflanzen wachsen und wie sich die Landschaft verändert. Das habe ich früher gar nicht so wahrgenommen. Ich lebe bewusster. Und ja, ich bin nicht mehr so gereizt. Beim Nordic Walking, da kann ich meinen Kopf frei bekommen und zur Ruhe kommen. Bewegung ist immer gut, auch für die Psyche, man schöpft neue Kraft. Mein Traum ist, dass ich wieder die Kraft habe für eine Mehrtageswanderung im Schwarzwald. Einfach loszulaufen, und wenn ich nicht mehr kann, dann irgendwo übernachten und am nächsten Tag weiterwandern. Ich weiß, da komme ich wieder hin.“ Frau H. B.*, 56 Jahre 37 BEWEGUNG UND SPORT BEWEGUNG UND SPORT „sehr bewegend: mein garten!“ „In der ruhe liegt die kraft – und die finde ich beim segeln“ Finden Sie die richtige Sportart Die tägliche Bewegung in wohldosierter Trainingsform gehört heute zur sinnvollen Ergänzung bewährter Therapien. Inzwischen ist nachgewiesen, dass regelmäßige Bewegung • zurVerbesserungdesWohlbeindens, • zurSteigerungvonKraft,Ausdauerund Beweglichkeit, • zumStressabbau, • zurStärkungdesImmunsystemsund • zurStärkungvonHerzundKreislauf führen und das Risiko für verschiedenste Krankheiten verringern kann. „Einfach diese täglichen Freiräume, die ich mir seit der Frührente schaffen kann, die tun mir sehr gut. Geändert hat sich seit der NET-Diagnose natürlich schon einiges: ‚Jetzt gehst du mal ’ne halbe Stunde joggen‘, das gibt es nicht mehr, weil ich einfach auch von meiner Kalorienaufnahme im Gleichgewicht bleiben möchte. Das heißt, ich kann nicht zu viel Sport machen und Kalorien verbrennen, die ich von der Nahrung her gar nicht aufnehmen kann. Aber ich bin jemand, der schon immer gut im Kontakt mit der Natur entspannen konnte. Und das kann ich jetzt auch mit leichten sportlichen Aktivitäten in Einklang bringen – auf dem Segelboot zum Beispiel. Je weniger menschengemachte Geräusche und Bewegungen ich um mich herum habe, umso besser. Und da ist Segeln – ich hab schon früh meinen Segelschein gemacht – einfach toll. Genauso faszinierend stelle ich mir Segelfliegen oder Ballonfahren vor – das möchte ich demnächst mal ausprobieren.“ Patient*, 52 Jahre 38 „Ich bin sehr erdverbunden, sehr verwurzelt, besonders in meinem Garten fühle ich mich wohl. Gartenarbeit hilft mir sehr, zu entspannen und in Bewegung zu bleiben. Es war früher schon so, dass ich bei einer im Grunde genommen stupiden Arbeit wie Unkraut zupfen total abschalten konnte. Das ist jetzt, nach der Operation, wieder so. Der Garten ist für mich richtig schön, ich lebe und arbeite gerne mit Blumen und Blüten. In der Natur zu sein und dabei aktiv etwas zu tun – das hilft meiner Seele. Ich kann da viel Kraft schöpfen und gleichzeitig Entspannung empfinden. Und inzwischen kann ich aus meinem Garten, dem Wachsen und Gedeihen dort, auch viel Inspirierendes für mein neues Hobby, für meine Seidenmalerei schöpfen.“ Frau K. M.*, 56 Jahre Aus Erfahrung wissen wir, dass ein Training, welcher Art auch immer, in Gruppen häufig leichter fällt als im Alleingang. Die Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie PSO sowie die onkologischen Beratungsstellen helfen Ihnen bei der Wahl geeigneter sportlicher Aktivitäten gerne weiter. Auch Sportvereine, Volkshochschulen und ambulante Reha-Zentren an Ihrem Wohnort haben gezielte Sport- und Trainingsangebote für Menschen mit chronischen Erkrankungen. Und inzwischen sind auch viele Krankenkassen initiativ geworden und geben ihren Mitgliedern die Möglichkeit zu geeigneten Bewegungs- und Aktivkursen. *Name ist der Redaktion bekannt 39 ERNÄHRUNG ERNÄHRUNG Nie wieder Kartofel salat und Bier? Empfehlungen und Erfahrungen zur Ernährung bei NET E „Ernährung ist ein hema, bei dem man mehr Hilfe brauchen könnte. Spezielle Empfehlungen für NET-Patienten gibt es wenige. Deshalb probiere ich einfach vieles aus und merke dann, was ich vertrage und was nicht.“ Das Zitat stammt von einer Patientin, die seit drei Jahren an einem neuroendokrinen Tumor leidet. Es trift auf viele NET-Patienten zu, die Rat und Unterstützung zur Ernährung suchen. Zum Teil liegt dies in der Natur der Sache. Neuroendokrine Tumoren verursachen sehr individuelle Krankheitsbilder und -verläufe, die zu ebenso individuellen, von Patient zu Patient unterschiedlichen Beschwerden führen. Folglich kann bei einem Patienten wirkungslos oder sogar schädlich sein, was einem anderen hilft. Es gibt aber auch NET, die keine Verdauungs-/Ernährungsprobleme verursachen, z. B. hormoninaktive Tumoren oder bei bestimmter Lokalisation (Lungen-NET). Angesichts dieser Vielfalt wird es keinem NET-Patienten erspart bleiben, sich individuell mit seinem Krankheitsbild und mit seiner Ernährung auseinanderzusetzen. 40 Vier Tipps für eine erfolgreiche Suche Bevor Sie mit der Suche nach der Ernährung, die Ihren individuellen Bedürfnissen am besten gerecht wird, beginnen, wollen wir Ihnen vier Empfehlungen mit auf den Weg geben: 1. Haben Sie Mut zum Ausprobieren! Wandeln Sie Empfehlungen und Tipps ab, testen Sie selbst, was Ihnen guttut und was Sie nicht vertragen. Nutzen Sie die Erfahrungen anderer, aber machen Sie auch Ihre eigenen. lecker ist ... 2. Stimmen Sie sich mit Ihrem Arzt ab! Kein Ratgeber kann seinen fachlichen Rat ersetzen. Zudem kann Sie Ihr Arzt nur dann optimal behandeln, wenn er über Ihre Ernährung genau im Bilde ist. Auch eine professionelle Ernährungsberatung kann bei speziellen Problemen sehr hilfreich sein. 3. Bewusste Ernährung kann eine Therapie unterstützen – aber niemals ersetzen. Ein NET gehört in jedem Fall in ärztliche Behandlung. 4. Vergessen Sie nicht, dass Essen weit mehr ist als die Zufuhr von Energie und Nährstoffen. Es ist Kultur, sozialer Akt, Sinnesfreude und Genuss. Sie sollten diesen Aspekt des Essens nicht gering schätzen; auch er trägt zur Gesundung bei – und zu einem lebenswerten Leben ohnehin. Deshalb: Suchen und erleben Sie, so sehr Sie die Krankheit auch einschränken mag, im Essen immer auch den Genuss! 41 ERNÄHRUNG ERNÄHRUNG Im Folgenden inden Sie eine Auswahl von Fragen, Antworten und alltagstauglichen Tipps zu unterschiedlichen Ernährungsproblemen bei NET. Diese sind der Broschüre „Ernährung bei Neuroendokrinen Tumoren (NET) – Ein Patienten-Ratgeber“ (2011) des Netzwerks Neuroendokrine Tumoren (NeT) e. V. in Zusammenarbeit mit Ipsen Pharma entnommen, die wir allen ernährungsinteressierten Patienten und Angehörigen zum Weiterlesen empfehlen. „Ich leide unter dem Karzinoid-Syndrom. Als besonders störend empinde ich, wenn ich einen Flush bekomme und plötzlich mein Gesicht rot anläuft. Kann ich dieses anfallartige Erröten durch meine Ernährung beeinlussen?“ Einige Lebens- oder Genussmittel können einen Flush auslösen – aber nicht immer und bei jedem Patienten. Wie bei vielen NET-Symptomen reagiert jeder Betroffene individuell. Dennoch gibt es Lebensmittel, nach deren Genuss erfahrungsgemäß häufig ein Flush auftritt. Das gilt ebenso für andere typische Symptome des Karzinoid-Syndroms, etwa Durchfälle. Die wichtigsten potenziellen Auslöser sind Alkohol und Nahrungsmittel, die biogene Amine enthalten. Sie sollten ggf. gemieden werden. Besonders viel Amine enthalten gealterter Käse, geräucherte, gesalzene oder eingelegte Fisch- oder Fleischspeisen, Hefeextrakte, Bierhefe, dicke Bohnen, Sauerkraut und Sojaprodukte. Einen mittleren Amingehalt haben Kaffee und andere koffeinhaltige Getränke, Schokolade, Wal- und Erdnüsse, Bananen, Himbeeren und Avocado. Außerdem können auch scharfe und fettige Speisen, rohe Gemüse und Früchte oder große Mahlzeiten Beschwerden hervorrufen. 42 „Schon von einem Schluck Wein bekomme ich extreme Flush-Anfälle. Sogar beim Kochen lassen wir deshalb jede Spur Alkohol weg, z. B. den Wein in der Soße vom Kalbsgeschnetzelten.“ Patient*, 52 Jahre „Der Flush hat bei mir nichts mit Wein zu tun, obwohl es bei anderen Patienten wohl schon reicht, wenn sie nur am Korken riechen. Ich trinke immer noch gerne Wein und verzichte auch nicht auf Käse oder Walnüsse.“ Herr M. T.*, 55 Jahre „Mein neuroendokriner Tumor verursacht starken Durchfall. Gibt es etwas, womit ich diese Beschwerden lindern kann?“ Viele Patienten können die Häufigkeit und Stärke der Diarrhöen durch ihre Ernährung beeinflussen. Manchmal kann ein bestimmtes Nahrungsmittel oder Getränk den Durchfall geradezu provozieren – umso leichter ist es dann, durch Weglassen dieser Lebensmittel Durchfall zu vermeiden. Ein Verlust an Lebensqualität ist damit nicht unbedingt verbunden. Manches Leibgericht kann schon mit einer kleinen Rezeptänderung auf der Speisekarte bleiben. Finden Sie durch Selbstbeobachtung heraus, ob bestimmte Lebensmittel Ihr Leiden auslösen, verstärken oder lindern. „Lernen, auf seinen Körper zu hören“, nennt das einer unserer befragten Patienten treffend. Einige Erfahrungswerte können dabei als Richtschnur dienen. Doch vorab der wichtigste Hinweis: Gleichen Sie unbedingt den großen Flüssigkeitsverlust durch häufiges Trinken aus! Mindestens zwei bis drei Liter Flüssigkeit sollten Sie pro Tag zu sich nehmen, am besten in Form von Wasser mit möglichst wenig Kohlensäure, dünnen Saftschorlen, schwach gesüßten Tees, entkoffeiniertem Kaffee oder Bouillon. Flüssigkeiten werden in Raumtemperatur besser vertragen als sehr heiß oder kalt. Ernährung bei Neuroendokrinen Tumoren (NET) Ein Patienten-Ratgeber Mehr Informationen und Wissenswertes zum Thema Ernährung finden Sie im Ratgeber des Netzwerks NeT, erstellt mit freundlicher Unterstützung von Ipsen. www.netzwerk-net.de Bestellen Sie gleich kostenlos Ihr eigenes Exemplar unter [email protected] Hintergrundwissen: Ernährungstagebuch Wenn die generellen Hinweise im Einzelfall nicht zutreffen, kann ein Ernährungstagebuch Aufschluss geben. In ihm schreiben Sie exakt auf, zu welchen Zeiten Sie welche Speisen zu sich nehmen und wann Beschwerden auftreten. Diese Aufzeichnungen helfen, einem Zusammenhang zwischen Ernährung und speziellen Symptomen auf die Spur zu kommen. lust auf 43 ERNÄHRUNG ERNÄHRUNG Hilfreiches ausprobieren ... Erschwerendesvermeiden... Es ist empfehlenswert, mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag zu verteilen. Probieren Sie leichte Vollkost, außerdem Nahrungsmittel, die stopfen: Kakao, schwarzer oder grüner Tee, Bitterschokolade oder Blaubeeren (-saft) gehören z. B. dazu. Muskatnuss verzögert den Transport der Nahrung in den Darm – reiben Sie das Gewürz in alle Speisen, zu denen es passt. Essen Sie pektinreiches Obst und Gemüse: Ein geriebener (!) Apfel vor der Mahlzeit unterstützt die Wasserbindung im Darm, Bananen sind besonders bekömmlich und helfen mit ihrem hohen Kaliumgehalt, den Verlust von Mineralien auszugleichen. Flohsamen binden ebenfalls Wasser und dicken so den Stuhl ein. Joghurt mit lebenden Kulturen kann sich positiv auswirken, das gilt aber nur für reinen oder probiotischen Joghurt. Vorsicht ist geboten wegen des enthaltenen Milchzuckers – probieren Sie, ob Sie ihn vertragen. Ebenfalls hilfreich kann medizinische Trockenhefe sein – aufgrund ihrer probiotischen Eigenschaften hilft sie bei verschiedensten Formen von Diarrhöen. Nun zu den Nahrungsmitteln, die sich in vielen Fällen als ungünstig erwiesen haben: Dazu zählt Milchzucker, der in Milch, Molke und Buttermilch enthalten ist, aber auch in Lebensmitteln, denen Milchprodukte zugesetzt sind. Meiden Sie blähende, fettige, frittierte, sehr süße oder sehr scharfe Speisen. Trinken Sie keinen Alkohol, keine koffeinhaltigen und keine kohlensäurehaltigen Getränke. Rohes Gemüse und frisches Obst können Diarrhöen verschlimmern, ebenso säurehaltige Lebensmittel. Der Süßstoff Sorbit(ol) wirkt abführend, er steckt in zuckerfreien Süßigkeiten und Kaugummis. Auch Nahrungsergänzungsmittel wie z. B. Magnesiumpräparate können Diarrhöen verursachen. Ein Hinweis zum Schluss: Bei chronischem Durchfall werden oft zu wenig fettlösliche Vitamine aufgenommen und es kann zu einem Verlust an Gallensäuren und Mineralien kommen. Beide müssen unter Umständen ersetzt werden – sprechen Sie Ihren Arzt darauf an. „Sehr fette oder saure Lebensmittel und Alkohol führen bei mir zu Diarrhöen – einen Schweinebraten esse ich aber durchaus mal und vertrage ihn gut. Essig vertrage ich allerdings überhaupt nicht. Da ich leidenschaftlich gerne Salat mit Bratkartoffeln esse, nehme ich einfach für die Salatsoße Zitrone statt Essig. Der Salat schmeckt damit genauso lecker. Grundsätzlich esse ich keine Fertignahrungsmittel, deren Zusatzstoffe bekommen mir nicht. Da ich aber gerade unterwegs keinen Durchfall gebrauchen kann, nehme ich statt Fertignahrungsmitteln oft zwei bis drei hartgekochte Eier als Snack mit. Auch zu Hause bereite ich mir alles selbst zu, habe mir sogar eine Eismaschine gekauft und stelle Eis aus Sahne und Früchten her. Das schmeckt und tut mir gut, im Gegensatz zum Fertigeis aus dem Supermarkt.“ Herr F. G.*, 59 Jahre „Bestens vertrage ich morgens einen Haferbrei aus frisch in Milch gekochten feinen Haferflocken, dazu einen geriebenen Apfel und einige Esslöffel Naturjoghurt. Das Ganze mit etwas Zimt und Zucker überstreut oder mit Ahornsirup verfeinert – fertig ist ein gut bekömmliches, leckeres und sättigendes Frühstück.“ Frau H. B.*, 56 Jahre „Ein Bekannter hat mir von speziellen Krebsdiäten erzählt. Was ist davon zu halten?“ Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen: nichts. Wir raten generell zur Vorsicht und auf jeden Fall zur Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Ernährung ist keine Krebstherapie! Von einigen Diäten ist sogar zu befürchten, dass sie Schaden anrichten. Strenge Fastenkuren oder strikt einseitige Ernährungsvorschriften beispielsweise enthalten dem Körper wichtige Nährstoffe vor. Mögliche Folgen sind Gewichtsverlust und Mangelernährung. Hintergrundwissen: Hilfe aus der Natur leichter 44 Flohsamenschalen werden sowohl von der Naturheilkunde als auch von der wissenschaftlichen Medizin als wirksames Darmregulans anerkannt und genutzt. Sie helfen aufgrund ihrer enormen Quellfähigkeit gegen die gegensätzlichen Beschwerden Verstopfung und Durchfall. Im Gegensatz zu vielen chemischen Mitteln sind sie ausgezeichnet verträglich und können auch über lange Zeit eingenommen werden. Medizinische Trockenhefe (Saccharomyces boulardii) hilft bei Durchfall durch Regulation der Darmflora und Stärkung der Infektabwehr im Darm. Sie hat probiotische Eigenschaften, ist gut verträglich und in der Apotheke erhältlich. Entdeckt wurden die hilfreichen Eigenschaften dieser Trockenhefe schon 1920 während eines Cholera-Ausbruchs in Südostasien. „Eine Zeit lang habe ich gedacht, dass ich jetzt Lebensmittel essen muss, die krebshemmende Stoffe haben oder sogar Krebszellen töten können. Mein Mann hat sich dann gewundert, dass ich immer Himbeeren im Haus hatte und oft Brokkoli gegessen habe, obwohl ich Brokkoli gar nicht mag. Das sind ja so Hoffnungen, an die man sich klammert. Inzwischen habe ich mich von solch abstrusen Vorstellungen gelöst. Ich versuche, mich nach wie vor gesund und abwechslungsreich zu ernähren und auf meinen Körper zu hören. So esse ich, was mir schmeckt und mir gut bekommt. Als Verdauungshilfe, zum Wohlgefühl und zur Krankheitsbewältigung hilft mir viel körperliche Bewegung in schöner Natur.“ Frau H. B.*, 56 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt 45 FREIZEITGESTALTUNG FREIZEITGESTALTUNG „Das Vorbild Natur zu meinem eigenen Bild formen“ „Mein Garten ist mein Ein und Alles geworden ...“ Wenn Frau K. M. von ihrem selbst gestalteten und dennoch der Natur überlassenen Stück Leben erzählt, sieht man das Leuchten in ihren Augen, in denen sich quasi die Farbenpracht des Gartens widerspiegelt. „Ja“, gibt sie zu, „aus dieser Idylle schöpfe ich Kraft, auch wenn mir manchmal die Arbeit schwerfällt. Und wenn es im Garten mal nicht geht, setze ich mich hin und male, was ich dort draußen empfinde.“ Gerne gemalt hat Frau K. M. schon als Kind. Später wurde es ihre Leidenschaft, Schmuck zu gestalten. Doch wie es so ist, der Alltag holte sie ein; für die schönen Dinge des Lebens blieb kaum Zeit. Nach ihrer Operation, ihren Behandlungen, ihrer Reha fand sie wieder zurück zu dieser Kreativität. Auch wenn es Frau K. M. etwas Kraft gekostet hat, ihr Hobby wiederzubeleben: Sie hat zurückgefunden zu einer „Arbeit“, die ihr Lebensfreude schenkt. Sich sein eigenes Bild vom Leben machen Freiheit für mehr Freizeit und Freizeit für mehr Freiheit Das Plus an freier Zeit, das eine Erkrankung mit sich bringt, will erst einmal gefüllt werden. Das ist keine leichte Aufgabe. Viele NET-Betrofene haben sich ihr gestellt und ein (neues) Hobby gefunden. Sei es gestalterisch, musisch, dichterisch oder auch erinderisch. 46 Ein Blick in das Angebot der Volkshochschulen zeigt, welche vielfältigen Möglichkeiten es gibt, seinen Fähigkeiten im Malen oder Zeichnen Ausdruck zu verleihen. Ob es das Material ist, wie es beispielsweise die Öl-, Aquarell-, Pastell-, Acryl-, Graphitmalerei o. Ä. bietet, oder ob es der Stil ist, der zu einem passt, wie z. B. die Porträt-, die Akt- oder Landschaftsmalerei, ob Stillleben oder Objekte, ob figürliches Zeichnen, Comic- oder Modezeichnen, ob grafische Illustration: Es gibt unendlich viele Formen und Möglichkeiten, die wir bei Kursen und Veranstaltungen der örtlichen VHS erlernen bzw. vertiefen können. Persönliches in eine eigene Formen- und Farbensprache umzusetzen, diese Inspiration zieht Frau K. M. aus ihrem Garten. Sie setzt in Momentaufnahmen um, was sich über Wochen oder Monate in ihrem Garten verändert – heute am liebsten in der Seidenmalerei. Ihr Garten wird auf einem der edelsten und kostbarsten Stoffe lebendig. Auf Tüchern, Schals oder Krawatten, auf Wandbildern, Tischdecken und Fenstervorhängen. Das Malen auf Seide übt auf Frau K. M. eine ungeheure Faszination aus. Da kann sie sich fast vergessen, bleibt dennoch konzentriert bei Pinsel und Farben, bei Bildern und Impressionen aus ihrem Garten. Mit ihren Kreationen bereitet sie Freunden und Bekannten zum Geburtstag oder zu Festen eine große Freude. Für sie selbst ist es dann ein Geschenk, wenn ihr diese Menschen mit einem ihrer Schals oder Krawatten begegnen. Und wer weiß, vielleicht macht Frau K. M. aus ihrem wunderschönen Hobby irgendwann einen Beruf. Schon viele Menschen haben mit einem Anfängerkurs bei der VHS ihre Leidenschaft und Liebe für das Malen und Zeichnen entdeckt. 47 FREIZEITGESTALTUNG FREIZEITGESTALTUNG „Jeder Mensch ist ein Künstler!“ Joseph Beuys war sicher umstritten, in einem hat er jedoch Recht behalten: In jedem Menschen schlummert ein Künstler. Bestes Beispiel: Herr M. T. und seine gemalten Stillleben. Als gelernter Chemieingenieur fühlt sich der Autodidakt Herr M. T. bereits in jungen Jahren zur künstlerischen Darstellung hingezogen. Die Ruhe, die er ausstrahlt, prägt seinen Stil: die impressionistische Malerei. „Das Schöpfen aus dem Konträren zwischen dem, was ich beruflich mache, und der Zeit, die ich daheim verbringe, setzt neue Kräfte frei“, beschreibt er seinen Ausgleich im Leben. Pinsel, Farben und Leinwand gehören zu seinem „friedlichen“ Handwerkszeug. Herr M. T. ist zufrieden: Er kann seinen Beruf weiterhin ausüben, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Als Selbstständiger ist er häufig gefordert, „da geht’s „Ich hab schon immer etwas anders getickt“ Herr Meier* schaut verschmitzt hinter seiner Brille hervor: „Mein Tick wurde spätestens nach meiner Reha zur Leidenschaft.“ Das Sammeln und Restaurieren von mechanischen Uhren erfüllt ihn nun voll und ganz, hilft ihm auch über schwierige Krankheitsphasen hinweg. Mehr als 20 Schülern Tag für Tag Physik beibringen, kann Herr Meier* nicht mehr. Deshalb hat er seine Arbeitszeit reduziert. In seiner neu gewonnenen Freizeit fand er zu neuen „Experimenten“: „Da tüftele ich stundenlang konzentriert an einer Uhr und vergesse meine Sorgen.“ Sein Steckenpferd setzt also – wenngleich in anderem Rahmen – jeden Tag produktive Kräfte frei. Der Hobbyraum in seinem kleinen Häuschen ist längst eine Uhrmacherwerkstatt, fast schon ein Uhrenmuseum geworden: Einfachste Elementaruhren, Räderuhren oder Chronographen sind ständig in Bewegung – da tickt und pendelt und schnarrt und gongt es in einem fort. Herr Meier* selbst findet beim Reparieren seiner historischen Uhren Ruhe, auch wenn er bei den weit über tausend Ersatzteilen wie Zeigern, Zylindern, Zifferblättern, Federn, Ankern, Pendeln und Unruhen schon mal den Überblick verliert. Für ihn symbolisiert der Kreislauf des Uhrzeigers den immerwährenden Fluss der Zeit. „Für mich ist meine Werkstatt inzwischen der perfekte Ausgleich zum Schulalltag. Allein, wenn am Ende etwas funktioniert – anstatt eines physikalischen Experiments heute eben ein Uhrwerk. In der Schule schon wollte ich junge Menschen nicht so hinbiegen wie die Technik. Und bei meinen Uhren jetzt ist’s auch nicht anders. Ich kann nicht sagen, ich baue jetzt ein Rädchen ein und dann muss die Uhr gehen. Mal funktioniert’s, mal nicht – ist wie bei uns Menschen auch.“ Patient**, 57 Jahre auch manchmal rund“, gibt er zu. „Doch ich weiß, dass ich mich auf meine Mitarbeiter verlassen kann, wenn ich kürzer treten muss.“ Er hat seinen Weg gefunden, sein Hobby zu einer Art „Lebensart“ gemacht. So steht er an seiner Staffelei und findet ein Stück weit meditative Verbundenheit mit sich und seinen Bildern: Mit wenigen Mitteln, mit ruhiger, fast zärtlicher Pinselführung, entstehen Farbschicht um Farbschicht Abbilder einer tiefen Verschmelzung von Zeit und Raum. Apropos: Herr M. T. hat das Glück, seinen Bildern in seiner Firma Raum geben zu können. Seine Mitarbeiter fühlen sich fast schon wie in einer Galerie. Kleine Schätze entdecken Heutzutage lohnt es sich, so gut wie alles zu sammeln: Briefmarken, altes Spielzeug oder Meteoriten, Schmetterlinge, antiquarische Bücher und Zeitschriften, Mokkatassen oder Kristallgläser. Beginnt ein Mensch ganz bestimmte, für ihn wertvolle und zusammengehörige Dinge zu sammeln, vertieft er sich gleichzeitig auch in das Wissen über diese Dinge. Dieses Wissen lässt sich sinnvoll an Interessierte weitergeben. Höhepunkte einer Sammelleidenschaft sind das Reparieren und Restaurieren von kostbaren Gegenständen. Da wird an Schmuckstücken, an Mobiliar, an Puppen und Puppenkleidern, an Dampfmaschinen, an Modelleisenbahnen rekonstruiert, instand gesetzt, aufpoliert, gebastelt – kurz, liebevoll mit Dingen umgegangen, die für den Einzelnen von unschätzbarem Wert geworden sind. *Name von der Redaktion geändert **Name ist der Redaktion bekannt 48 49 NET IM ALLTAG NET IM ALLTAG Geteiltes Leid ist halbes Leid NET-Selbsthilfegruppen ICH BIN NICHT ALLEIN „Gerade bei so einer seltenen Erkrankung wie NET ist ein Netzwerk von Betroffenen und Angehörigen, das die Erfahrungen der Erkrankten bündelt, ungeheuer wichtig.“ Patient*, 52 Jahre DIE AUSEINANDERSETZUNG MIT DER KRANKHEIT IST NICHT IMMER EINFACH „Selbsthilfegruppe – das ist nichts für mich. So war meine ursprüngliche Reaktion, als ich das erste Mal vom Netzwerk NeT gehört habe – heute bin ich Regionalgruppenleiter. Damals dachte ich, dass man in der Gruppe nur hört, wer verstorben ist, und das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Im März 2009 kam es dann aber doch zum ersten Kontakt. Wir bekamen eine Einladung des Netzwerks NeT zur Einweihung des neuen Büros und meine 50 Frau und ich beschlossen, doch einfach mal vorbeizuschauen. Das war dann ein ganz positives Treffen. Alle waren total nett und dort haben wir zum ersten Mal Leute kennengelernt, die alle (mehr oder weniger) die gleiche Krankheit hatten. Da haben wir gemerkt – wir stehen doch nicht ganz so alleine da.“ Herr T. H.*, 41 Jahre „Für mich waren die Tumortage mit ihrem ausführlichen Informationsangebot am interessantesten – besonders wenn man mit der Krankheit neu in Kontakt kommt. Mittlerweile gibt es bei mir auch Phasen, in denen ich mit der Krankheit nicht konfrontiert werden oder mich damit nicht so ausführlich auseinandersetzen möchte. Dann ziehe ich mich zurück und gehe z. B. mal ein Jahr nicht zum Tumortag. Dennoch kann ich nur jedem Patienten empfehlen, die Angebote der Selbsthilfegruppe wahrzunehmen.“ Patient*, 57 Jahre Selbsthilfegruppen erleichtern den Informations- und Erfahrungsaustausch von Betrofenen und Angehörigen und bieten emotionale Unterstützung. Auch für NET-Patienten und Angehörige besteht die Möglichkeit, in einer Selbsthilfegruppe wie dem Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT) e. V. Kontakte zu anderen Betrofenen zu knüpfen, mehr über die Erkrankung zu erfahren und sich über das Leben mit NET auszutauschen. 51 NET IM ALLTAG NET IM ALLTAG „Andere NET-Patienten wissen einfach, worum es geht – da kann man gleich auf einem ganz anderen Niveau reden. Bekannte können mit meiner Erkrankung und den speziellen Problemen oft nichts anfangen. Die Selbsthilfegruppe ist da für mich eine ganz große Hilfe. Früher hätte ich mir auch nicht träumen lassen, dass ich mich mal mit einem fremden Mann über Verdauungsprobleme unterhalte. Mit einem, der das gleiche Problem hat, kann man aber mal ganz offen reden und Tipps oder Ratschläge austauschen.“ Frau H. B.*, 56 Jahre AUSTAUSCH AUF EINEM ANDEREN NIVEAU „Für mich als Angehörige war das Netzwerk NeT (Anm. d. R.: das Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT) e.V.) unglaublich wichtig. Als mein Mann die Diagnose NET bekam, habe ich sofort angefangen im Internet zu recherchieren und bin so aufs Netzwerk gestoßen. Dort habe ich auch Telefonnummern von Betroffenen bekommen. Erst hatte ich Hemmungen, dort anzurufen. Nachdem uns der Arzt dann aber sagte: ‚Fahren Sie am besten noch einmal alle schön zusammen in den Urlaub‘, habe ich allen Mut zusammengenommen und den Hörer in die Hand genommen. Und schon nach den ersten Minuten des Gesprächs ging es für mich bergauf. Die Dame stellte mir gezielte Fragen und sagte dann: ‚Mit dieser Diagnose kann Ihr Mann unter Umständen noch viele Jahre leben.‘ Da hatte ich wenigstens schon mal eine Gegenstimme zu diesem ‚Fahren Sie noch mal in den Urlaub‘.“ Angehörige* VON DA AN GING ES FÜR MICH WIEDER BERGAUF ANGEHÖRIGE SIND EBENFALLS BETROFFENE „Für die Selbsthilfegruppe kann ich nur aus vollster Überzeugung werben. Auch mir hat anfangs der Mut gefehlt, zu einem Treffen zu gehen. Man weiß ja nicht, was einen da erwartet. Aber schließlich bin ich doch gegangen – und das war das Beste, was mir passieren konnte! Mittlerweile leite ich die Organisation und kenne sehr viele unserer Mitglieder persönlich. Bei den Treffen herrscht übrigens eine ganz angenehme Atmosphäre. Man braucht keine Angst zu haben und man muss dort auch gar nichts sagen, wenn man nicht möchte. Oft sind es sogar die Angehörigen, die den Erstkontakt herstellen oder die zuerst einmal alleine zu einer Veranstaltung kommen. Die Angehörigen liegen mir sowieso sehr am Herzen, weil auch sie Betroffene sind. Manchmal ist es für sie sogar noch schwieriger als für den Patienten selbst, mit der Diagnose zurechtzukommen, und sie fühlen sich noch ohnmächtiger.“ Katharina Mellar, 1. Vorsitzende Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT) e. V. Die größte NET-Selbsthilfegruppe europaweit: Das Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT) e. V. • BundesweiteSelbsthilfegruppe für Patienten und Angehörige • GegründetimJahr2000 • Mehrals650Mitglieder (Stand Juli 2011) • RegionaleAnsprechpartner und Regionalgruppen • Mitgliederzeitschrift: GlandulaNeT (Hier finden Sie weitere Informationen zu vielen im Magazin behandelten Themen.) • Überregionalerneuroendokriner Tumortag und viele weitere Veranstaltungen • www.netzwerk-net.de Weitere Selbsthilfegruppen finden Sie auf unserer Infoseite auf S. 79. *Name ist der Redaktion bekannt 52 53 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT „Sobald die Diagnose NET klar ist, sollte man meiner Meinung nach zur Behandlung unbedingt in ein Tumorzentrum gehen, das Erfahrung mit NET hat.“ Frau H. B.*, 56 Jahre Sicher beschäftigen Sie solche oder ähnliche Fragen, die Antworten sind jedoch nicht für jeden gleich. Denn NET unterscheiden sich sehr in ihren Eigenschaften und Verläufen. Glücklicherweise steht eine Vielzahl von herapiemöglichkeiten zur Verfügung. Und so wird für jeden Patienten eine eigene herapiestrategie gefunden – häuig in Zusammenarbeit von Ärzten aus verschiedenen Fachgebieten. Dafür sind die Krankheitsgeschichte und die bisherigen Untersuchungsergebnisse wichtig, da bei der herapieauswahl z. B. die Lage und die Größe oder die genaue Art des Tumors eine Rolle spielen. Ob ein Tumor aktiv ist, also Hormone produziert, und welches Hormon er produziert, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Im Folgenden geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über verschiedene herapiemöglichkeiten bei NET. Die Operation Von Professor Dr. med. Peter E. Goretzki, Städtische Kliniken Neuss E ine Operation kann für Sie bei der Behandlung Ihrer Erkrankung eine wichtige Rolle spielen. Manchmal ist es möglich, den Tumor ganz zu entfernen und es sind keine weiteren Behandlungen notwendig, manchmal ist die Operation ein Baustein der für Sie vorgesehenen Behandlung. Denn auch wenn der Tumor bei der Operation nicht ganz entfernt werden kann, ist die Operation oft sinnvoll. Bei Dünndarmtumoren z. B., um die Darmdurchgängigkeit aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus kann die operative Tumorverkleinerung, das sogenannte Debulking, das Ansprechen auf eine nachfolgende Behandlung mit Medikamenten verbessern. Die Behandlung Neuroendokriner Tumoren (NET) Diagnose NET – und jetzt? Welche Behandlung kann mir helfen? Muss ich operiert werden? Und welche anderen Möglichkeiten gibt es? Kann man Medikamente einsetzen? Und was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begrif Biotherapie? 54 Ein verkleinerter Tumor wird außerdem weniger Hormone (Botenstoffe) freisetzen, was die Beschwerden verringert. Das ist für Sie besonders wichtig, wenn der Tumor funktionell aktiv ist, also Hormone freisetzt und typische Beschwerden, wie z. B. Durchfall und Flush (anfallartige Gesichtsrötung) beim Karzinoid-Syndrom, auslöst. Vor einer Operation kann bei Patienten mit hormonell aktivem Karzinoid eine Behandlung mit SomatostatinAnaloga eingeleitet werden (siehe Kapitel „Biotherapie mit Somatostatin-Analoga“, S. 56). Dadurch wird das Risiko einer starken Hormonausschüttung und damit von Kreislaufstörungen während der Operation (sog. Karzinoid-Krise) gesenkt. Vor jeder Operation wird natürlich Ihre körperliche Gesamtverfassung untersucht. Bei Patienten mit Karzinoid-Syndrom wird dabei besonderes Augenmerk auf das Herz gelegt, da gerade bei länger bestehender Erkrankung Veränderungen des Herzens auftreten können (sog. karzinoide Herzkrankheit). „Operiert wurde ich im August 2008, am Tag der Eröffnung der Olympischen Spiele. Die OP dauerte fast den ganzen Tag. Trotzdem kam der Professor direkt aus dem OP zu meiner Frau und gab ihr noch persönlich über den erfolgreichen Verlauf Bescheid. Ungefähr die Hälfte des Dick- und Dünndarms musste entfernt werden. Die ersten zwei Wochen nach der OP waren schon eine schwierige Zeit, aber als ich dann in der Reha-Klinik war, habe ich gespürt, dass meine Kräfte langsam zurückkamen. Die ersten Tage war ich so schwach, dass ich noch nicht einmal eine Runde um die Klinik geschafft habe. Aber nach vier Wochen Reha bin ich locker zwei, drei Kilometer am Strand langgelaufen. Da wusste ich, dass ich es irgendwann wieder schaffen würde, zu einer Art Normalität zurückzufinden. Heute bin ich selbst überrascht, wie normal ich mich eigentlich fühle.“ Patient*, 52 Jahre „An der Charité in Berlin wurde mein Fall im interdisziplinären Tumorboard beraten und schließlich eine OP empfohlen. 50 cm Dünndarm, 16 Lymphknoten, der gesamte rechte Leberlappen, ein Teil des linken Leberlappens und die Gallenblase wurden in einer einzigen Operation entfernt. Fast ein Kilogramm Lebergewebe wurde herausgenommen. Zum Glück ist die OP gut verlaufen und jetzt, nach zwei Jahren, war bei der Kontrolle von den Tumoren nichts mehr zu sehen – außer zwei kleinen Befunden an anderen Stellen, die zu klein sind, um operiert werden zu können, und die regelmäßig beobachtet werden (‚wait and watch‘).“ Frau H. B.*, 56 Jahre 55 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT Weitere Behandlungsmöglichkeiten Wenn der Tumor bei der Operation nicht vollständig entfernt werden kann, stehen verschiedene weitere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Dabei ist das vorrangige Ziel, Ihre Beschwerden zu verbessern und damit auch Ihre Lebensqualität. Wie bei den meisten Erkrankungen ist es sinnvoll, früh mit einer gezielten Behandlung zu beginnen. Biotherapie mit SomatostatinAnaloga Dr. med. Anja Rinke, Universitätsklinikum Marburg L assen Sie uns zuerst den Begriff „Biotherapie“ klären: Die Behandlung mit sogenannten Somatostatin-Analoga und Interferon alfa wird unter dem Oberbegriff Biotherapie zusammengefasst, weil sich diese Medikamente von den körpereigenen Stoffen Somatostatin bzw. Interferon ableiten. Früher mussten Somatostatin-Analoga aufgrund einer kürzeren Wirkdauer dreimal täglich verabreicht werden. Moderne Depotpräparate setzen den Wirkstoff dagegen langsam und gleichmäßig frei. Es genügt daher, Somatostatin-Analoga im Abstand von ca. einem Monat zu injizieren. Interferon alfa Somatostatin ist ein Hormon, das u. a. im MagenDarm-Trakt gebildet wird. Somatostatin bindet an die Somatostatin-Rezeptoren auf der Oberfläche hormonproduzierender Zellen. Dadurch wird die Ausschüttung von Hormonen gehemmt. Da neuroendokrine Tumorzellen besonders viele Somatostatin-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche haben, wird so vor allem die unerwünschte Hormonausschüttung neuroendokriner Tumoren reduziert. Somatostatin selbst wird im Körper innerhalb weniger Minuten abgebaut und ist deshalb nicht zur Dauerbehandlung geeignet. Aus diesem Grund wurden die Somatostatin-Analoga entwickelt, die ihre Wirkung im Körper lange entfalten können. Für Patienten mit funktionell aktiven NET, die nicht vollständig entfernt werden können, sind SomatostatinAnaloga die Arzneimittel der ersten Wahl. Somatostatin-Analoga führen in der Regel zu einer ausgeprägten Besserung der Beschwerden. Zudem wurde in klinischen Studien gezeigt, dass Somatostatin-Analoga das Wachstum von aktiven Tumoren hemmen können. Zunehmend werden sie auch bei Patienten mit funktionell nicht aktivem NET eingesetzt, mit dem Ziel, das Tumorwachstum zu verhindern bzw. zu bremsen. 56 Interferon alfa kann ebenfalls die Beschwerden bei funktionell aktiven NET vermindern und das Tumorwachstum hemmen. Aber es verursacht im Vergleich zu Somatostatin-Analoga mehr Nebenwirkungen. Sprechen Patienten auf Somatostatin-Analoga allein nicht mehr ausreichend an, stellt die zusätzliche Gabe von Interferon alfa eine Behandlungsmöglichkeit dar. SSA-Therapie – auf Sie Die Behandlung mit Somatostatin-Analoga (SSA) ist eine Injektionstherapie, d. h. die Medikamente müssen gespritzt werden. Da eine solche Behandlung nicht so einfach wie z. B. eine Tabletteneinnahme ist, sollte man das Gespräch mit dem Arzt suchen, um die passende Therapie für sich zu finden. Denn die Präparate, die in Depotform zur Verfügung stehen, unterscheiden sich in Ihren Anwendungseigenschaften. Dies betrifft zum Beispiel die Injektionstechnik, die Art der Zubereitung, die Häufigkeit der Injektionen und auch die Frage, wer das Medikament spritzen darf. zugeschnitten Injektionstechnik: Das Medikament kann zum einen in den Muskel gespritzt werden, zum anderen gibt es aber auch die Möglichkeit der sogenannten subkutanen Verabreichung. In diesem Fall wird das Medikament nur tief unter die Haut gespritzt. Darüber hinaus bestehen Unterschiede in Dicke und Länge der Nadeln, die Verwendung finden. Art der Zubereitung: Es kann notwendig sein, den Spritzeninhalt vor der Injektion anzumischen, es gibt jedoch auch Fertigspritzen. Diese enthalten den bereits fertig zubereiteten Wirkstoff, der direkt gespritzt werden kann. Häufigkeit der Injektionen: Es gibt SSA, bei denen die Abstände zwischen den Injektionen evtl. verlängert werden können. Dann muss nicht mehr alle 4 Wochen, sondern vielleicht nur alle 6 oder 8 Wochen gespritzt werden. Anwendung: Es gibt auch die Möglichkeit, die Spritze selbst zu setzen oder durch z. B. den Ehepartner verabreichen zu lassen. Über die Art der Anwendung, die für Sie die Richtige ist, muss Ihr Arzt entscheiden. 57 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT Weitere Behandlungsmöglichkeiten Die Chemotherapie Dr. med. Lothar Müller, Onkologische Schwerpunktpraxis, Leer Als Chemotherapie werden Substanzen bzw. deren Kombinationen bezeichnet, die das Tumorwachstum hemmen oder zumindest verlangsamen, indem sie die Tumorzellen schädigen. Die Ziele der Chemotherapie bestehen in der Rückbildung (Remission) des Tumors (bzw. der Metastasen) und damit der Beschwerden, die durch das Tumorwachstum verursacht werden. Ob eine Chemotherapie bei NET wirksam ist, hängt oft auch von der Lage des Tumors und vom Differenzierungsgrad, also dem Grad der Bösartigkeit, ab. Zur Chemotherapie bei NET stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung, die meist als Kombination eingesetzt werden. Die Chemotherapie wird meistens intravenös verabreicht, z. B. als Infusion in eine Armvene. Dieser Vorgang kann je nach Substanz mehrere Stunden dauern. Es gibt aber auch Chemotherapien, die schnell (als sog. Bolusinjektion) gegeben oder in Form von Tabletten eingenommen werden. Häufig wird die Chemotherapie ambulant (in einer Klinik-Ambulanz oder in der Praxis eines spezialisierten Arztes) durchgeführt, d. h., der Patient kann nach der Verabreichung nach Hause gehen. Bei manchen Chemotherapien ist allerdings ein Krankenhausaufenthalt notwendig, beispielsweise weil es sinnvoll ist, während der Infusion bestimmte Organfunktionen zu überwachen. Die Behandlung wird in bestimmten Zeitabständen, oft sind es drei Wochen, mehrfach wiederholt. Ärzte sprechen in diesem Zusammenhang von Zyklen. In der Regel wird man eine Chemotherapie aufgrund der erheblichen Nebenwirkungen bei Ihnen nur dann durchführen, wenn andere Therapiemöglichkeiten nicht zum Ziel geführt haben oder bei schnell voranschreitendem Tumorwachstum. Heute gibt es allerdings schon sehr gute Möglichkeiten, bestimmte Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen durch begleitende Medikamente zu verhindern. „Leider sind auch nach OP und Radionuklidtherapie (siehe S. 60) meine Metastasen an der Leber und den Knochen in letzter Zeit wieder etwas mehr geworden. Daher wurde jetzt eine Chemotherapie begonnen. Der erste Zyklus war gerade vor drei Wochen. So geht es immer Schritt für Schritt weiter und wir hoffen, dass es etwas nützt. Ich versuche immer positiv zu denken und mich nicht aufzugeben. Ich habe ja auch Familie, die mich braucht. Während der Chemotherapie habe ich mich nicht richtig wohlgefühlt und hatte kaum Appetit, aber ich habe trotzdem versucht aktiv zu sein und bin morgens mal eine halbe Stunde Fahrrad gefahren. Wenn ich aktiv sein kann, dann mache ich das auch. Bewegung stärkt ja auch das Immunsystem.“ Herr T. H.*, 41 Jahre Lokale Verfahren zur BehandlungvonLebermetastasen Zielgerichtete Therapien (englisch: Targeted Therapies) Sollten sich vorhandene Lebermetastasen nicht oder nicht vollständig durch eine Operation entfernen lassen, so hat man auch hier weitere Möglichkeiten der Behandlung. Die lokalen Verfahren haben das Ziel, die Zellen der Metastase gezielt zu schädigen und die Metastase dadurch entweder ganz oder teilweise zu beseitigen. Professor Dr. med. Marianne Pavel, Medizinische Klinik der Charité, Berlin Thermische Verfahren, wie die Kryotherapie oder die Radiofrequenz-Thermoablation (RFTA), zerstören das Gewebe der Metastase durch Kälte oder Wärme. Bei chemischen Verfahren hingegen werden z. B. Ethanoloder Essigsäure direkt in die Metastase gespritzt. Neuere Methoden sind die sogenannten Embolisationsverfahren, wie die Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) oder die Transarterielle Chemoembolisation (TACE). Hier werden kleinste Kügelchen, gekoppelt mit Radioaktivität (SIRT) oder mit Chemotherapeutika (TACE) gezielt über die Leberarterie zu den Metastasen geleitet. Durch anschließende Embolisation (Verstopfung) bestimmter Blutgefäße der Metastasen oder des Tumors bleiben die Kügelchen am gewünschten Wirkort. Dadurch wird die Wirkung zeitlich verstärkt und gesundes Gewebe geschont. Bei den zielgerichteten Therapien macht man sich die biologischen Eigenschaften des Tumors selbst zunutze. In den letzten Jahren wurden viele Erkenntnisse darüber gesammelt, wie sich die Eigenschaften und die Entwicklung von Tumorzellen von denen normaler Zellen unterscheiden. Wendet man die Therapie gegen diese tumortypischen Eigenschaften an, so kann man die Tumorzellen bekämpfen, ohne die gesunden Zellen zu schädigen. Dies stellt einen wesentlichen Fortschritt nicht nur in Bezug auf die Wirksamkeit, sondern vor allem auch in Bezug auf die Verträglichkeit der Behandlung dar. Ein Beispiel: Tumoren brauchen Blutgefäße, um zu wachsen. Also versuchen sie, mit Botenstoffen das Gewebe, in dem sie entstanden sind, dazu anzuregen, neue Blutgefäße zu bilden. In diesen Prozess greifen zielgerichtete Therapien ein und verhindern so die Neubildung von Blutgefäßen. Aber auch andere wichtige Bereiche der Signalübermittlung von Zellen, z. B. das Tumorwachstum, können zielgerichtet gehemmt werden. Für die Behandlung von neuroendokrinen Tumoren des Pankreas ist z. B. seit Kurzem die Substanz Sunitinib zugelassen. Sunitinib hemmt verschiedene Rezeptor-Signalsysteme der Tumorzelle, die mit dem Tumorwachstum, der pathologischen Neubildung von Gefäßen und der Entwicklung von Metastasen in Verbindung gebracht werden. Mit diesen Ansätzen wird erhofft, das Wachstum von NET zielgerichtet bekämpfen zu können. Das Gleiche gilt für Everolimus, eine weitere Substanz, die eine zentrale Schaltstelle in der Tumorzelle und der Gefäßzelle blockiert, die für Zellteilung, Zellwachstum und Produktion von Wachstumsfaktoren bedeutsam ist. 58 59 WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT Weitere Behandlungsmöglichkeiten Teilnahme an Patientenstudien Professor Dr. med. Marianne Pavel, Medizinische Klinik der Charité, Berlin Peptid-Radiorezeptortherapie (PRRT) Professor Dr. med. Dieter Hörsch, Zentralklinik Bad Berka Die PRRT, auch Radionuklidtherapie genannt, ist ein nuklearmedizinisches Verfahren, bei dem eine sehr wirksame interne Bestrahlung der Tumorzelle innerhalb des Körpers erfolgt. Wie kann das funktionieren? Hier nutzt man wieder biologische Eigenschaften der Tumorzelle selbst, in diesem Fall Rezeptoren, also Bindungsstellen, auf der Oberfläche der NET-Zelle. Eine dieser Bindungsstellen ist für Somatostatin vorgesehen, ein Hormon, das uns schon bei der Beschreibung der Biotherapie von NET begegnet ist (siehe auch „Biotherapie mit Somatostatin-Analoga“, S. 56). Nun verbindet man Somatostatin-Analoga, die an diese Bindungsstellen anhaften können, mit einer radioaktiv markierten Substanz, einem sogenannten Radionuklid. Injiziert man diese Verbindung in den Blutkreislauf, dann heftet sie sich an die NET-Zelle und so wird diese direkt der Strahlung ausgesetzt. Die Radionuklide, die man hierfür verwendet, haben eine sehr kurze Strahlungsreichweite; das umliegende gesunde Gewebe wird möglichst wenig geschädigt. Grundsätzlich eignet sich die PRRT zur Behandlung nicht operabler oder metastasierter NET und wurde hier bereits mit recht gutem Erfolg eingesetzt. Nebenwirkungen sind meist leichter Natur und können in einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion, in Blutbildveränderungen und (bei Lebermetastasen) in Veränderungen der Leberfunktion bestehen. „Vor der PRRT hatte ich ziemlich Bedenken. Da ich früher im Labor selbst mit Radioaktivität gearbeitet habe, wusste ich, wie schädigend Radioaktivität für das Gewebe ist. Als die Ärzte dann das erste Mal mit der in Blei verpackten Injektion ins Zimmer kamen, hatte ich ganz schön Bammel. Das, wovor alle anderen per Blei geschützt wurden, sollte in meinen Körper injiziert werden? Am nächsten Tag habe ich schon gemerkt, dass da etwas in meinem Körper vorgeht. Zum Glück war es den Tag danach schon besser.“ Patient*, 52 Jahre „Nach der Operation im August 2008 wurden bei mir drei Zyklen der PRRT gemacht. Dafür musste ich vier Tage in ein Einzelzimmer und durfte die Station nicht verlassen. Da gab es wegen der Radioaktivität richtig strenge Regeln. Meine Frau durfte mich zwar besuchen, aber nur hinter einer Mauer sitzend, die vor meinem Bett war. Auch die Krankenschwestern kamen nur bis zur Mauer, stellten dann das Essen etc. ab und gingen wieder. Die Kinder durften überhaupt nicht auf diese Station – aber diese drei oder vier Tage kann man das dann schon aushalten.“ Herr T. H.* 41 Jahre Bei NET handelt es sich um eine seltene Erkrankung, was es erschwert, klinische Studien durchzuführen. Diese sind aber für die Weiterentwicklung von wirksamen Behandlungen notwendig. Der medizinische Fortschritt ist im hohen Maß auf Erkenntnisse aus klinischen Studien angewiesen. Deshalb ist es überaus wichtig, dass möglichst viele NET-Patienten an Studien teilnehmen. Randomisierung: In hochwertigen Studien werden die Patienten nach dem Zufallsprinzip auf die verschiedenen Gruppen aufgeteilt (randomisiert). Vielleicht wird Ihnen im Rahmen Ihrer Behandlung die Teilnahme an einer solchen Untersuchung angeboten. Dabei können die folgenden Informationen bei Ihrer Entscheidung hilfreich sein. Phase-II- und Phase-III-Studien: Voraussetzung für die Zulassung von neuen Medikamenten ist die klinische (d. h. bei Menschen durchgeführte) Prüfung in verschiedenen Studienphasen, wobei sich die sogenannten Phase-II- und Phase-III-Studien schwerpunktmäßig mit der Wirksamkeit und Verträglichkeit von neuen Substanzen bei Patienten mit der entsprechenden Erkrankung beschäftigen. In Studien behandelte Patienten haben nicht nur die Gewissheit, dass die gewonnenen Erkenntnisse zukünftigen NET-Patienten zugutekommen. Vielmehr haben die Patienten auch direkte Vorteile, da sie sehr intensiv betreut werden und die Chance auf eine Therapie bekommen, die mindestens dem aktuellen Standard entspricht, möglicherweise aber auch besser ist. Doppelblind: Für eine hohe Studienqualität ist weiterhin eine doppelblinde Durchführung sehr wichtig, d. h., weder Arzt noch Patient/-in wissen, welche Therapie der Patient / die Patientin erhält. Phase-IV-Studien: werden nach der Zulassung durchgeführt, um die Erkenntnisse weiter zu vertiefen. Zu unterscheiden sind verschiedene Arten von Studien: Kontrollierte Studien: Eine Gruppe erhält das zu untersuchende Arzneimittel, von dem eine Verbesserung erwartet wird, die andere Gruppe eine Standardbehandlung oder manchmal auch ein Scheinmedikament (Placebo). Die vorgestellten Therapien bei NET zeigen schon die große Bandbreite an Behandlungsmöglichkeiten auf. Diese große Auswahl ermöglicht es jedem NET-Patienten, auch bei sehr unterschiedlichen Krankheitsverläufen die individuell optimale Behandlungsstrategie zu finden. Zögern Sie nicht, sich bei weiteren Fragen zu den einzelnen Therapiemöglichkeiten an Ihren behandelnden Arzt zu wenden. *Name ist der Redaktion bekannt 60 61 NET IM ALLTAG L Liebe Tante Anni*, vielen Dank für deinen lieben Brief. Ja, die letzte Untersuchung ist Gott sei Dank gut verlaufen und wir blicken zuversichtlich nach vorne. Trotzdem ist es seit der Diagnose „Neuroendokriner Tumor“ eine schwere Zeit, in der wir immer wieder mit schwierigen Fragen konfrontiert werden. Die schwierigste war für mich fast, wie wir es den Kindern sagen sollen. Und ob überhaupt. Wir haben dann aber gesagt, dass wir von Anfang an mit beiden offen darüber sprechen müssen. Sie bekommen ja doch irgendwas mit und wir wollen nicht, dass sie es dann nicht von uns wissen. Und dann haben wir entschieden, wir erzählen so viel wie nötig und wenn sie weitere Fragen haben, können sie uns jederzeit fragen, dann beantworten wir die. Und was sie nicht wissen wollen, ist ja auch ok. Wir haben auch eine schöne Broschüre gefunden „Mir sagt ja keiner was“ (siehe Kasten: Tipps zum Weiterlesen) – die erklärt kindgerecht, wie Krebs entsteht. Darin wird zwar nicht explizit auf NET eingegangen, aber wir haben sie unserem Großen gegeben, dass er mal reingucken kann. Aber die beiden sprechen da momentan nicht ständig drüber. Bei ihren Freunden können sie da auch nur wenig darüber erzählen, weil natürlich andere Kinder, die keine Berührung mit Krebs, und vor allem nicht mit einem so speziellen wie NET haben, vieles nicht verstehen. Neulich habe ich z. B. den Kleinen, der jetzt erst 10 wird, gefragt: Hast du das deinen Freunden eigentlich erzählt, dass der Papa jetzt diese Woche wieder im Krankenhaus liegt? Und dann meinte er: Nein, Mama, wenn ich das denen sage, dann fragen die wieder: warum? Und wenn ich es dann erkläre, dann sagen die wieder: Hä? Unsere Kinder wissen also, dass sie erzählen dürfen, dass der Papa einen neuroendokrinen Tumor hat, wenn sie es möchten – aber ich glaube nicht, dass sie mit ihren Freunden wirklich viel darüber sprechen. Aber klar, für die Kinder ist das schon nicht leicht. Ganz schlimm war es z. B., als 2008 die Operation war. Das war auch für mich eine unglaubliche Anspannung. Ich war den Tag vorher bis abends spät im Krankenhaus und wir wussten, dass es sehr schwierig wird. Die Operation hat dann 6¼ Stunden gedauert und als der Arzt mich nachmittags angerufen hat, ist erstmal eine Riesenanspannung von uns abgefallen. An dem Tag habe ich auch zum ersten Mal was bei den Kindern bemerkt: Unser Großer, der hatte z. B. gar keinen Appetit. Trotzdem musste der Alltag bewältigt werden – beide Söhne mussten ja in die Schule, ich bin auch arbeiten gegangen, das war schon echt hart. Und für mich war es schwer alle zu trösten und dabei immer selbst stark zu sein – manchmal hätte ich mich auch gerne mal selbst fallen gelassen. Ob es richtig war, mit den Kindern offen über die NET-Erkrankung ihres Papas zu sprechen? Ich glaube, in dieser Situation gibt es kein Richtig oder Falsch. Das muss jeder für sich nach Gefühl entscheiden. Aber ich bin froh, dass wir so offen mit unseren Kindern gesprochen haben und dass es nun wieder so aussieht, als ob es bergauf geht. Ich hoffe, du besuchst uns bald mal wieder. Bis dahin viele Grüße, deine Maria*, ** Mama, was heißt das, wenn der Papa NET hat? 62 NET IM ALLTAG Herr Professor Volkenandt, was sollte man aus Ihrer Sicht bei der Kommunikation mit Kindern über die NET-Erkrankung eines Elternteils beachten? Nicht selten erleben Kinder ja kranke Eltern oder Großeltern. Es gibt mittlerweile sehr klare Erkenntnisse darüber, dass es sehr wichtig ist und dass es Kindern guttut, mit ihnen in einer kindgerechten Sprache über die Erkrankung der Eltern zu sprechen. Sobald Kinder Sprache verstehen, spüren und verstehen sie auch, dass es da ein Problem in der Familie gibt. Und wenn Eltern zwar darüber sprechen, aber nicht direkt mit ihren Kindern, dann ist das für die Kinder sehr belastend. Die Fantasie ist nämlich immer noch schlimmer als die Wirklichkeit – gerade bei Kindern. Und Kinder entwickeln dann ja Fantasien, sie spüren, dass da etwas Schlimmes ist, aber sie können es nicht richtig greifen. Beim Gespräch sollte man auf eine kindgerechte Sprache achten, aber was das konkret bedeutet, muss man natürlich je nach Altersstufe sehen. Man sollte auch daran denken, dass sich gerade sehr kleine Kinder auch oft Selbstvorwürfe machen: Die Mama ist so krank, weil ich böse war, weil ich nachts immer aufgewacht bin etc. Es gibt natürlich auch spezielle Kinderpsychoonkologen, die helfen können. Ansonsten gibt es viele Broschüren, Bücher oder Programme auch im Internet, z. B. bei speziellen Vereinen oder Selbsthilfegruppen. Tipps zum Weiterlesen •DieblauenRatgeber,Band42:Hilfenfür Angehörige. Deutsche Krebshilfe. Tipps und Ratschläge, wie mit Kindern über Krebs geredet werden kann • Mirsagtjadoch(K)einerwas!FürKinderab 8 Jahren – zu beziehen über www.kinder-krebskranker-eltern.de Broschüre mit Informationen und Erklärungen, was Krebs ist und wie Ärzte versuchen, Menschen, die an Krebs erkrankt sind, zu heilen. • www.kinder-krebskranker-eltern.de (Website vom Verein Flüsterpost e. V.) • www.hilfe-fuer-kinder-krebskranker-eltern.de (Website vom Verein Hilfe für Kinder krebskranker Eltern e. V.) *Name von der Redaktion geändert **Name ist der Redaktion bekannt 63 ENTSPANNUNGSTECHNIKEN In innerer Harmonie auf sich und seinen Körper hören „Ich wünsche mir die Kraft, die Dinge zu verändern, die ich ändern kann. Und die Gelassenheit, die Dinge zu ertragen, die ich nicht ändern kann. Und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Seneca ENTSPANNUNGSTECHNIKEN K Aktives Entspannen – was bewirkt es? Körper und Geist ihre Ruhe gönnen heißt auch selbst Ruhe und GelasEntspannungstechniken wirken gezielt auf den Organissenheit inden. Dies ist gerade in den mus. So lösen sie beispielsweise Muskelverspannungen und beruhigen Herz und Kreislauf. Sie können helfen, in schweren Zeiten einer Krankheit wie besonderen Stresssituationen die psychischen ErregunNET besonders wichtig. Manchem gen abzubauen – wir werden wieder ruhiger, gelassegelingt es auf sogenannte passive Art ner, ausgeglichener. Täglich angewandt, tragen sie dazu bei, chronische und akute Beschwerden zu vermindern. – beim Musikhören, beim Lesen, im Wir fühlen uns gelöster und dennoch wieder beheater oder Konzert. Andere wieder- Kurz: lastbarer. um helfen sich mehr durch systematische Methoden – die aktiven Entspan- Wir erleben in der Phase nach unseren täglichen im Körper ein beruhigendes nungstechniken. Gleich vorneweg: Die Entspannungsübungen Wohlgefühl. Unser Atem wird ruhig, die Muskeln sind positive Wirkung auf den Menschen entspannt, der Kopf lebt freier. Der Alltag hat uns wieder – doch wir bestimmen jetzt den Rhythmus. Wem im Allgemeinen ist wissenschaftlich Zeit der eigenen Stille ohne äußere Einflüsse gelingt, belegt. Auch bei NET-Patienten wurde die der wird auch sein Bewusstsein für den Alltag anders sie durch die Aussagen von Betrofenen bestätigt. Ein ruhiger Ort zur richtigen Zeit Einfach nichts tun, einfach nur sein Zur Ruhe kommen! Gar nicht so einfach, werden manche sagen. Besonders wenn man an NET erkrankt ist. Doch mit ganz bestimmten Entspannungsübungen gelingt es uns, dies zu erleben. „Tue nichts, doch das tue richtig.“ Wer sich dabei auf Beziehungen mit sich selbst einlässt, wer das In-sich-Hineinhören spürt, wird neue Kraft schöpfen können. Bei aktiven Entspannungstechniken, bei denen wir uns vergegenwärtigen, wie sich Konzentration auf das Wahrnehmen, auf das Beobachten, auf unser Befinden auswirkt. 64 erleben: beim Spazierengehen mit offenen Augen, im Erleben aller Sinne beim Schmecken und Riechen, beim Zuhören, beim Fühlen, Spüren, beim achtsamen Empfinden jedes einzelnen Atemzuges. Gelegenheiten dazu gibt es reichlich – überall und jederzeit im Leben. Für viele haben Entspannungsübungen gleich nach dem Wachwerden einen festen Platz in ihren täglichen Bewegungsabläufen eingenommen. Andere wenden ihre Methode immer dann an, wenn sie spüren, jetzt braucht mein Körper eine Entspannungsphase. Rund 20 Minuten täglich sind meist ausreichend. 65 ENTSPANNUNGSTECHNIKEN Wichtig ist, sich einen Raum zu schaffen, in den wir uns ungestört zurückziehen können – körperlich wie geistig. Ohne Geräuschkulisse, in legerer Kleidung, in einer „Wohlfühlatmosphäre“. Unabhängig von den individuell angewandten Entspannungstechniken gilt für alle gleich zu Beginn ihrer Übung: Die Augen schließen, mehrmals tief und ruhig über die Bauchmuskulatur ein- und ausatmen und sich dann ganz auf seinen Körper konzentrieren. Obwohl sie „aktive“ Entspannungsübungen heißen, kommt es auf unsere „passive“ innere Haltung an. Erst dann kann es zu einem kleinen Schritt in die richtige Entspannung werden: Lassen Sie alles geschehen, was kommt – in erster Linie die Ruhe. Die Suche nach dem richtigen Weg Entspannungstechniken gibt es viele, doch nicht alle sind immer gleich gut geeignet. Therapeuten helfen Ihnen gerne bei der Wahl der für Sie geeigneten Entspannungstechnik. Idealerweise sollten Sie durch ein intensives Üben zu Ihrer ganz persönlichen und spürbar Erfolg versprechenden Form der Entspannung kommen. Aus zahlreichen Gesprächen mit NET-Betroffenen wissen wir, dass es Techniken gibt, mit denen sie sehr gute Erfahrungen gemacht haben, die ihnen geholfen haben, wieder aus ihrer Krise herauszukommen, sie teilweise sogar zu bewältigen. Dazu zählen in erster Linie Yoga, Qi Gong und die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. ENTSPANNUNGSTECHNIKEN Yoga – Alte Wurzeln indischer Heilkunde Es ist ein starkes Gefühl, wenn sich die Grenzen zwischen Körper und Geist auflösen – wie es die Yoga-Lehre fördert. Körperbeherrschung, Geisteskonzentration und Atemtechnik sind die elementaren Kraft- und Harmoniefelder, die beim Yoga ineinandergreifen. Mentale und körperliche Entspannungsübungen bringen die Lebensenergie des Menschen wieder zum Fließen und fördern damit auch die geistige Konzentration auf das Wesentliche. So vielfältig auch die Übungen sind, führen sie alle zu einem Ziel: Körpergefühl und Atemtechniken werden harmonisch miteinander verbunden, um Verspannungen zu lösen, die inneren Organe zu kräftigen und den Geist zu wecken. Wer Yoga zu einer festen Größe in seinem Leben machen möchte, findet inzwischen eine Vielzahl von Kursen und Seminaren so gut wie an jedem Ort. Auch das Bücherangebot mit praktischen Ratgebern, teilweise mit CDs, ist fast schon nicht mehr überschaubar. abholt, wo sie gerade sind: bei Unruhe und Erschöpfung, bei Ängsten und Ungleichgewicht. Die Autorin und Diplompsychologin Evelyn Horsch-Ihle hat das in ihrem Buch beschriebene Yoga-Programm in sechsjähriger Arbeit gemeinsam mit Krebspatienten entwickelt. Sie zeigt damit auf, dass Betroffene ihrer inneren Heilkraft vertrauen dürfen und ihre wertvolle Lebensenergie wieder zurückgewinnen können. Evelyn Horsch-Ihle Yoga für Krebspatienten Paperback, 272 Seiten, 180 farbige Fotos, ISBN: 978-3-86616-174-0 € 19,95 (D) Verlag Via Nova Besonders hervorzuheben ist, dass im April 2011 ein Übungsbuch erschienen ist, das speziell für Krebspatienten entwickelt wurde. Erstmals gibt es hier ein YogaProgramm, mit dem NET-Betroffene durch Übungen zu sich selber finden können. Und das sie genau dort „Ein Professor hat mir mal gesagt: ‚Sie müssen zwar mit dieser Krankheit leben, aber nicht für die Krankheit.‘ Das fand ich gut!“ Herr T. H.*, 41 Jahre 66 67 ENTSPANNUNGSTECHNIKEN Qi Gong – Das freie Fließen von Energien Qi Gong, häufig auch Chi Gong, hat seinen Ursprung in der chinesischen Medizin und Philosophie. „Qi“ steht dabei für die sich bewegende Kraft des Körpers und hat die Bedeutung von Atem und Energie. „Gong“ wird übersetzt einerseits mit Arbeit, bedeutet aber auch Fähigkeit und Können. Der Ursprung des Qi Gong liegt Jahrtausende zurück und ist heute noch als Meditations-, Konzentrations- und Bewegungsform für Körper und Geist eine anerkannte und häufig praktizierte Therapie in China. Nach Überzeugung seiner Befürworter helfen die Übungen, die Lebensenergie zu stärken und zu einer ausgewogenen und stabilen geistigen Verfassung zu kommen. Chinesische Ärzte sehen Qi Gong als Gesundheitsübungen zur Förderung und Stabilisierung des Energiehaushalts im Körper. Seit rund 30 Jahren haben die Übungsformen des Qi Gong auch erfolgreichen Zugang im europäischen Raum gefunden. Es würde hier den Rahmen sprengen, ausführlich Übungen vorzustellen. Eine der wohl bewährtesten und am häufigsten praktizierten Techniken, im Qi Gong Systeme genannt, sind die Acht-Brokat-Übungen. Aus therapeutischer Sicht wird durch die Kräftigung der Muskulatur und die Dehnung von Sehnen und Bändern der Lymphfluss im gesamten Körper angeregt und damit die Blutzirkulation verbessert. Durch langsames und tiefes Atmen wird der gesamte Organismus optimal mit Sauerstoff versorgt. Aus philosophischer Sicht verhelfen die Körperübungssysteme durch ihre energetische und mentale Wirkung, einen inneren Rhythmus zu finden, der zu mehr Ausgeglichenheit und Entspannung führt. Kontaktadresse: Deutsche Qigong Gesellschaft e. V., Geschäftsstelle, Guttenbrunnweg 9, D-89165 Dietenheim, Tel.: +49 (0) 7347 / 34 39, Fax: +49 (0) 7347 / 92 18 06 Großmeister Qingshan Liu ist ein international hochgeschätzter Arzt und Qi GongExperte. Er stammt aus einer Familie, die seit mehr als zehn Generationen u. a. die sogenannten AMQ-Geheimtechniken nach der chinesischen Tradition kultiviert und als Begründer der Münchner Qi Gong-Akademie in Deutschland auch publik gemacht hat. In seinem Buch über Qi Gong gibt er fundiert seine Erkenntnisse, speziell auch für krebskranke Menschen, weiter und führt praxisorientiert in die Übungs-Systeme ein. Begleitend dazu gibt es auch Audio-CDs und DVDs, die jedem den Einstieg ins Qi Gong erleichtern. Liu Qingshan Qi Gong Der chinesische Weg für ein gesundes, langes Leben Gebundenes Buch, Pappband, 160 Seiten, ca. 300 Abbildungen in s/w ISBN: 978-3-517-08664-4 € 18,99 (D) Südwest Verlag „Qi Gong habe ich das erste Mal in der Reha-Klinik kennengelernt. Ich fand das richtig gut. Dann hab ich mir eine DVD gekauft. Die lege ich in den Fernseher ein und dann mache ich die Übungen. Es sieht vielleicht etwas ungewöhnlich aus, aber diese ruhigen Bewegungen, die ineinanderfließen und auf die man sich konzentriert, das ist schon toll zum Entspannen.“ Herr T. H.*, 41 Jahre ENTSPANNUNGSTECHNIKEN Progressive Muskelentspannung – Entspannte Reise ins Körperinnere Der amerikanische Arzt und Physiologe Edmund Jacobson entwickelte im Jahre 1938 die Progressive Muskelentspannung. In den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurde diese Entspannungstechnik auch in Deutschland populär und zählt heute zu den bekanntesten und mit am häufigsten angewandten Trainingsverfahren. Ganz allgemein zusammengefasst handelt es sich um die Verminderung und Prävention von Stress. Da das Prinzip der Progressiven Muskelentspannung oder auch Progressiven Muskelrelaxation (PMR) sehr einfach zu erlernen ist, finden die Menschen auch schnell Zugang zu den Übungen. In vielen Fällen – so berichten ausgebildete Therapeuten – wirkt die PMR bereits nach der ersten Anwendung sehr positiv. Mithilfe einer Audio-CD, die in systematisch geführter Form die Übungen bei gleichzeitiger Anwendung erklärt, kann die PMR jederzeit in so gut wie allen Situationen problemlos angewandt werden: ob zu Hause, auf Reisen zwischen Autofahrten, im Zug oder Flugzeug, während der Arbeit, vor dem Einschlafen oder gleich nach dem Aufwachen. Das einfache Prinzip ist Erfolg versprechend: Nacheinander werden verschiedene Muskelpartien für einige Sekunden angespannt und danach deutlich länger wieder losgelassen. Durch diesen permanenten Wechsel wird die eintretende Entspannung intensiv wahrgenommen. Dabei entsteht durch die Erweiterung der Hautgefäße in der Regel ein Wärmegefühl sowie eine Verlangsamung und Gleichmäßigkeit von Atmung und Herzschlag. Dank dieser physischen und psychischen Gelöstheit und Entspannung – so konnte nachgewiesen werden – können auch Angstzustände abgebaut werden. Ein empfehlenswertes Audio-Buch mit CD, da es die Übungen der PMR weiterentwickelt hat und somit für Jung und Alt sehr geeignet ist, haben Werner Unland und Cornelia Kramer-Unland herausgebracht. Im speziellen Arrangement und mit ansprechender Musikuntermalung werden die Übungsanleitungen mit integrierten Atemübungen einfach und dennoch wirkungsvoll in insgesamt 72 Minuten erklärt. Ein Beispiel für eine Vielzahl von Büchern und CDs, die die Tiefenentspannung nach Dr. Edmund Jacobson sehr praxisbezogen wiedergeben. Im Zweifelsfalle sollte auch hierzu der Arzt nach einem speziell geeigneten Übungsprogramm befragt werden. Werner Unland / Cornelia Kramer-Unland ProgressiveMuskelentspannung Edition 2, Booklet + CD ISBN: 3940922013 Unland Verlag „Progressive Muskelentspannung nach Jacobson kann ich sehr empfehlen. Da gibt es eine CD, die lege ich ein, höre zu und folge den Anleitungen. Da spannt man die Muskeln bewusst an, konzentriert sich und spürt dann wieder die Entspannung der Muskeln. Hinterher bin ich perfekt entspannt.“ Patient*, 52 Jahre Einige Krankenkassen bieten inzwischen kostenfreie Kurse an. Allerdings sollten Interessenten an der PMR unbedingt vorher ihren Arzt befragen, da nicht in allen Fällen eines Krankheitsbildes diese Entspannungstechnik geeignet ist. *Name ist der Redaktion bekannt 68 69 REISE KULTUR REISE Quedlinburg Quedlinburg – Begegnung mit der ersten Hauptstadt Deutschlands E Es sind weniger die Zahlen, die Zeugnis ablegen. Doch sie zeigen, warum Quedlinburg zur TausendJahr-Feier von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde: Mit 1.200 geschützten Fachwerkhäusern aus 600 Jahren Geschichte gehört die Stadt zu einem der größten Flächendenkmale Deutschlands. Klopstocks Geburtshaus ... man kann es gar nicht in Worte kleiden, man muss es mit eigenen Augen erleben. Jedenfalls sollte man sich einen Rundgang durch den schönsten Stadtteil, im Münzenberg, bei spannenden Anekdoten und Geschichten mit dem Nachtwächter Quedlinburgs nicht entgehen lassen. Wer mit dem Zug anreist, wird von dem ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Bahnhof bereits gebührend empfangen: Im neugotischen Empfangsgebäude zeigen Glasmalereien ein schönes Bild von Quedlinburgs Rathaus und Schlossberg. Doch wo fängt man an, wenn man angekommen ist? 80 Hektar Stadtkern, und in jede Gasse, zu jedem Winkel lohnt der Weg. Ob in die Stiftskirche, in der der erste deutsche König, Heinrich I., begraben liegt ... ob ins historische Rathaus oder auf den Schlossberg ... ob zum Ständerbau, dem ältesten deutschen Fachwerkhaus, oder zu Und wem Romantik, Gotik, Renaissance und Barock irgendwann zu viel werden, der kann vom Ausgangspunkt, dem wunderschönen Bahnhof, mit der Harzer Schmalspurbahn idyllisch bis auf den Brocken, den höchsten Berg Norddeutschlands, reisen. KUNST Farbenfroher Garten der Friedlichkeit – das Nolde-Museum in Neukirchen Nolde-Museum G Geboren als Hans Emil Hansen, schrieb er als einer der führenden Maler des Expressionismus Geschichte. Besser, er aquarellierte sie: Emil Nolde, der sich mit 35 Jahren nach seinem nordschleswigschen Geburtsort nannte, der große Magier der Farben. Überall, wo er sich niederließ, legte der Künstler Blumengärten an, um aus ihnen zu schöpfen. „Die blühenden Farben der Blumen und die Reinheit dieser Farben, ich liebe sie“, so sagte er, während er von 1927 bis zu seinem Tode in Seebüll lebte und malte. Anreise: Nolde-Shuttle-Bus von Dagebüll, Niebüll (Bhf.), Husum (Bhf.) und Tønder (DK) www.nvb-niebuell.de Anreise: Deutsche Bahn / HEX (HarzElbeEx- Dampflokfahrten mit der Informationen : press) von Magdeburg Hbf. (IC/ICE- Harzer Schmalspurbahn: Nolde Stiftung Seebüll Anschluss) – ca. stdl. von Quedlinburg – umsteigen in D-25927 Neukirchen www.bahn.de, www.hex-connex.de Eisfelder Talmühle und Drei Annen Tel. +49 (0) 4664 / 98 39 30 Hohne – zum Brocken (Fahrzeit www.nolde-stiftung.de einfach: ca. 5 Std.) [email protected] Informationen: Quedlinburg-Tourismus-Marketing, Markt 2, D-06484 Quedlinburg, www.hsb-wr.de Öffnungszeiten: Tel.: +49 (0) 3946 / 90 56 24, Ende Februar bis Ende www.quedlinburg.de, November Heute ist das ehemalige Wohnhaus Noldes ein Ausstellungshaus der Nolde Stiftung. Der Bildersaal, die Kabinette und natürlich der Garten zeugen in eindrücklicher Weise vom Wirken und Leben, vom Reichtum an Kunst und Natur, in der Nolde selber aufblühte. Und dennoch findet die Landschaft oben an der dänischen Grenze mehr am Himmel als auf Erden statt. Selbst in seinen Gartenbildern, fast versteckt hinter Blüten und Blättern, zeigt Nolde das unaufhörliche Schauspiel, dessen Kulisse die Wolken bilden. Der Besuch im historischen Noldehaus aus typisch rotem Ziegel, das Dach längst patiniertes Kupfer, lohnt zu jeder Jahreszeit. Wer über den sandigen Weg zur Pforte geht, erblickt das Grab Emil Noldes und seiner Frau Ada. Ein schmaler Wassergraben verhindert den Zutritt und die kleine Brücke ist mit einem Gitter versperrt. So schauen die beiden in ihrer wohlverdienten ewigen Ruhe wohl noch heute in den Garten und erfreuen sich wie die Besucher an der farbenfrohen Pracht. [email protected] 72 73 REISE REISE KONTUREN KONGRUENZEN Eintreten ohne anzuklopfen – Konstanz empfängt seine Gäste mit ofenen Armen Asolo im Veneto – überraschende Blickwinkel im Ort der tausend Horizonte Konstanz O Anreise: Deutsche Bahn •vonKarlsruheHbf./OffenburgHbf. (jew. IC/ICE-Anschluss) mit IRE/RE – stdl. •vonHamburg/Hannover/FrankfurtmitIC–1xtgl. •vonDortmund/Köln/MannheimmitIC–fr./sa. •vonUlm(IC/ICE-Anschluss)mitIREnach Friedrichshafen-Hafen – stdl. www.bahn.de Mit dem Schiff: •vonMeersburgmitAuto-/Personenfähre– alle 15 Min. •vonFriedrichshafenmitKatamaran–stdl. •Bodensee-Schifffahrtsbetriebewww.bsb-online.de Informationen: Stadt Konstanz / Rathaus, Kanzleistraße 15, D-78459 Konstanz, Tel. +49 (0) 7531 / 9 00-0, www.konstanz/tourismus.de mit direktem E-Mail-Kontakt Sea Life: www.sealife.de/konstanz Öffnungszeiten: tägl. von 10.00 bis 19.00 Uhr 74 Ob die Kelten, die Römer oder die Alemannen bereits die Schönheit des Bodensees zu schätzen wussten? Wir können es nur vermuten. Ihre sichtbaren Spuren haben sie uns allerdings in Konstanz hinterlassen. Doch wer heute mit einem Schiff der Bodenseeflotte anreist oder mit der Fähre von Meersburg übersetzt, wird zunächst mit der Gegenwart konfrontiert. Hoch über der Hafeneinfahrt erregt, sich drehend, die Imperia die Aufmerksamkeit. An der 1993 vom Bildhauer Peter Lenk geschaffenen „üppigen Kurtisane“, die die Doppelmoral des Konstanzer Konzils bespötteln soll, scheiden sich bis heute die Geister. Wer dann allerdings eintaucht in die Stadt, wird sich an der Harmonie der Konstanzer Vergangenheit und Gegenwart erfreuen: Das bereits erwähnte Konzil, auf dem 1417 Papst Martin V. gewählt wurde, das Renaissance-Rathaus, der mittelalterliche Rheintorturm und das Münster, seit dem 6. Jahrhundert Zentrum des Bistums, sie machen die Vergangenheit lebendig. Die faszinierende Aussicht vom Münsterturm auf die Dächer der Altstadt, über den See mit seinen Segelbooten, zum Panorama der schneebedeckten Alpen lohnt allemal den Aufstieg von 193 Stufen. Wer lieber in die Tiefe gehen möchte: Im Sea Life am Yachthafen tauchen Besucher in die Wunder der Unterwasserwelt ein. Das Meer- und Süßwasseraquarium gibt einen anschaulichen Einblick von den Quellen im Hochgebirge bis zu den Riffs in den Ozeanen. Und all denjenigen, die lieber auf dem Wasser bleiben möchten, bieten die Überfahrt und die Insel Mainau selbst unvergessliche Reize. W Warum sich nicht für einen Tag mal der Lieblichkeit des Gardasees entziehen? Warum nicht den Höhepunkt einer Opernaufführung in der Arena di Verona durch ein weiteres Schauspiel bereichern? Warum nicht nach den romantischen Impressionen der Serenissima auf der Rückreise noch eine Zugabe am „schönsten Flecken, den ich je sehen durfte“? So der englische Dramatiker Robert Browning, der Ende des 19. Jahrhunderts seine letzten Lebensjahre dort verbrachte. Von der Renaissancestadt Asolo inmitten der sanftgrünen Hügel des Veneto in einer Landschaft voller Obstgärten, Zypressen und Weinberge ist die Rede. Schon in römischer Zeit war der Ort, damals Acelum, wegen seines angenehmen Klimas von Bedeutung. Und später schätzten betuchte venezianische Patrizierfamilien Asolo als Asolo bevorzugten Rückzugsort, um der stickigen Hitze ihrer Lagunenstadt zu entfliehen. Im 15. Jahrhundert war es ein reicher Doge, der der in Venedig geborenen Königin von Zypern das Städtchen Asolo vererbte. Sie machte aus dem Ort auf dem Hügel eine Kulturoase – die Sammlung von Catarina Cornaro, mit Gemälden von Canova, Strozzi und Canaletto im heutigen Museo Civico, gehört zu den eindrucksvollsten kulturellen Zeugnissen der Renaissance. Mit der atemberaubenden Aussicht auf die abendlich rosa gefärbten, schneebedeckten Gipfel der Dolomiten wird jedem verständlich, warum sich viele Künstler und Intellektuelle bis heute von Asolo angezogen fühlen. Und Ihnen wird es auch nicht anders ergehen. Anreise: Bahnlinie Verona Porta Nuova – Padova – Venezia Santa Lucia / Trieste Bahnhof Castelfranco Veneto – umsteigen nach Cornuda, Buslinie von Cornuda – ca. 10x tägl. SP111/SS47/SP57 bis Bassano del Grappa, dann SS248 – ca. 120 km von Verona von Venezia A57/A27/SR89/SR53/SR515/SR348/ SR667 bis Via Monte Grappa, dann SS248 – ca. 85 km Mit dem Auto: von Lago di Garda über Trento SS47 bis Bassano del Grappa, dann SS248 – ca. 100 km von Trento von Lago di Garda über Verona A4/A31/SP50/SP248/ Informationen: Comune Asolo, Piazza d’Annunzio 1, I-31011 Asolo Tel. +39 (0) 423 / 52 45, www.comune.asolo.tv.it, [email protected] 75 GLOSSAR 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES) – Abbauprodukt von Serotonin; Messung im Urin bei Verdacht auf ein Karzinoid-Syndrom Analogon – synthetisch hergestellte Substanz, die eine ähnliche Struktur wie der körpereigene Stoff hat (z. B. Somatostatin-Analogon) Anamnese – Aufnahme der Krankengeschichte eines Patienten durch den Arzt Antikörper – Eiweiße, die vom Immunsystem als Reaktion auf bestimmte Stoffe gebildet werden und spezifisch an diese binden; spielen eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern Applikation – Verabreichung/Gabe eines Medikaments Benignität – Gutartigkeit (z. B. eines Tumors); Gegensatz: Malignität Bildgebende Verfahren – Ultraschall, Röntgen, Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT), Positronen-Emissions-Tomographie (PET), Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie Biopsie – Gewebeentnahme; entnommene Probe wird vom Pathologen mikroskopisch z. B. auf die Wachstumseigenschaften des Tumors untersucht Biotherapie – Einsatz körpereigener Stoffe oder Analoga zur Therapie von neuroendokrinen Tumoren; eingesetzt werden Somatostatin-Analoga oder Interferon alfa Calcitonin – Hormon, das in der Schilddrüse gebildet wird und eine Calcium-senkende Wirkung hat Calcitoninom – Calcitonin ausschüttender NET Chemotherapie – Medikamentöse Krebstherapie, die die Zellteilung blockiert und Zellen zum Absterben bringt Chromogranin A (CgA) – Tumormarker für neuroendokrine Tumoren, Bestandteil von neuroendokrinen Zellen Compliance – Therapietreue; Einhaltung der ärztlichen Ratschläge (z. B. regelmäßige Einnahme von Medikamenten) Computertomographie (CT) – computergestütztes bildgebendes Verfahren, bei dem Röntgenstrahlen eingesetzt werden 76 GLOSSAR Debulking – operative Tumorverkleinerung Diabetes mellitus – Zuckerkrankheit Diarrhö – Durchfall Embolisation – herbeigeführter Verschluss von Gefäßen, Ziel: Verringerung oder Unterbrechung der Blutversorgung des Tumors und Schädigung von Tumorzellen Endokrinologie – medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Diagnose und Behandlung von Störungen des hormonellen Systems befasst Endoskopie – Spiegelung; Verfahren zur Untersuchung von Körperhöhlen und Hohlorganen, z. B. Darmspiegelung Endosonografie – Kombination aus Endoskopie und Ultraschall; von innen durchgeführte Ultraschalluntersuchung zur Darstellung von inneren Organen Insulin – Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und eine wichtige Rolle bei der Regulation des Blutzuckers spielt; Gegenspieler vom Glukagon Insulinom – Insulin produzierender NET Neuroendokrine Zellen – aus dem Nervensystem stammende Zellen, die Hormone ausschütten Interferon alfa (INF-g) – körpereigener Stoff, der eine immunstimulierende und gegen die Tumorzellen gerichtete Wirkung besitzt Pathologie – medizinische Fachrichtung, die sich mit abnormen und krankhaften Veränderungen des menschlichen Organismus befasst InvasivesWachstum – Einwachsen von Tumorzellen in benachbartes Gewebe oder Organe; typisches Zeichen für Malignität Pektine – pflanzliche Mehrfachzucker, die für den Menschen ernährungsphysiologisch Ballaststoffe sind Karzinoid – bestimmte Gruppe von NET, die ein Karzinoid-Syndrom auslösen können (produzieren z. B. Serotonin) Karzinoid-Syndrom – Symptomkomplex eines Karzinoids; Hauptsymptome Flush und Diarrhö FunktionellaktiveNET – Hormon ausschüttende NET Kernspintomographie – Magnetresonanztomographie (MRT); bildgebendes Verfahren zur Darstellung von inneren Organen und Geweben; im Gegensatz zur CT ohne Strahlenbelastung, da basierend auf Magnetfeldern und Radiowellen FunktionellinaktiveNET – NET, die keine Hormone ausschütten Ki67 – Proliferationsmarker, gibt Aufschluss über die Wachstumsgeschwindigkeit eines Tumors Flush – anfallartige Hautrötung, ein Hauptsymptom des Karzinoid-Syndroms Gastrin – Hormon, das die Produktion von Magensäure stimuliert Gastrinom – Gastrin produzierender NET Glucose – Zucker Glukagon – Hormon, das den Blutzuckerspiegel reguliert; Gegenspieler von Insulin Glukagonom – Glukagon produzierender NET Histamin – Hormon, das u. a. bei allergischen Reaktionen ausgeschüttet wird Histopathologie – Teilgebiet der Pathologie, das sich mit der mikroskopischen Krankheitsdiagnostik befasst Hormone – Botenstoffe, die von speziellen Zellen gebildet und in die Blutbahn abgegeben werden Hypoglykämie – Unterzuckerung Hypophyse – Hirnanhangsdrüse; Hormondrüse im Gehirn; zentrale Rolle bei der Regulation des neuroendokrinen Systems im Körper Indikation – Grund für den Einsatz einer therapeutischen oder diagnostischen Maßnahme monproduzierenden) Zellen entstehen; häufigste Lokalisation: Magen-Darm-Trakt, Pankreas und Lunge Kontrastmittel – verbessert die Darstellung von Strukturen bei bildgebenden Verfahren wie CT oder MRT Kryotherapie – lokales Verfahren, das Tumorzellen mit Kälte zerstört Malignität – Bösartigkeit eines Tumors Medulläres Schilddrüsenkarzinom – Tumor der Schilddrüse (ausgehend von C-Zellen); kann im Rahmen von MEN-2 auftreten Metastase – Tochtergeschwür des Tumors; räumlich getrennte Absiedlung des Primärtumors in entferntem Gewebe, durch Verschleppung von Tumorzellen (Metastasierung) entstanden Multiple Endokrine Neoplasien (MEN) – seltene Erbkrankheit, bei der neben NET weitere Tumoren in endokrinen Organen auftreten können Neoplasie – Neubildung von Körpergewebe, z. B. bei der Wundheilung, aber auch von krankhaftem Gewebe bei einem Tumor Neuroendokrine Tumoren – seltene, meist langsam wachsende Tumoren, die aus neuroendokrinen (hor- Peptid – kleines Protein (Eiweiß) Peptid-Radiorezeptortherapie (PRRT) – Therapie, bei der Radionuklid-gekoppelte Somatostatin-Analoga an neuroendokrine Tumorzellen binden und diese bestrahlen Phäochromozytom – meist gutartiger Tumor der Nebenniere; kann im Rahmen einer MEN-2 auftreten Positronen-Emissions-Tomographie (PET) – bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin, bei dem Radionuklid-markierte Substanzen eingesetzt werden, um Tumoren darzustellen Prognose – Voraussage des Krankheitsverlaufs Progredient – fortschreitend Proliferierend – Zellen, bei denen sich Zellwachstum und Zellteilung fortwährend abwechseln Protonenpumpenhemmer – Medikamente, die die Bildung von Magensäure hemmen Psychoonkologie – interdisziplinäre Form der Psychologie, die sich mit den psychischen und sozialen Begleiterscheinungen einer Krebserkrankung befasst Radiofrequenz-Thermoablation (RFTA) – lokales Verfahren, bei dem der Tumor durch Erhitzung des Gewebes mittels Radiofrequenzströmen geschädigt wird Radionuklide – instabile Atomsorten, deren Kerne radioaktiv zerfallen; werden in der Medizin z. B. zur Lokalisation und Darstellung von Tumoren genutzt Randomisiert – nach dem Zufallsprinzip auf Gruppen verteilt Rehabilitation – Wiederherstellung von körperlichen Funktionen und gesellschaftlicher Teilhabe mit physiotherapeutischen und ergotherapeutischen Maßnahmen sowie Verfahren der klinischen Psychologie 77 GLOSSAR Rezidiv – Wiederauftreten einer Erkrankung nach einiger Zeit, z. B. durch unvollständige Entfernung des Tumors INFOSEITE Patientenorganisationen: Neuroendokrine Tumoren: Resektion – komplette oder teilweise Entfernung eines Gewebeabschnitts durch eine Operation Transarterielle Chemoembolisation (TACE) – lokales Embolisationsverfahren, bei dem mit Chemotherapeutika gekoppelte kleine Kügelchen über die Leberarterie zu Metastasen geleitet werden, deren Blutversorgung sie unterbinden • NetzwerkNeuroendokrineTumoren(NeT)e.V. Tel.: +49 (0) 911 / 25 28 999 Mail: [email protected] Web: www.netzwerk-net.de • DeutschesRegisterNeuroendokrine Gastrointestinale Tumoren (NET-Register) Tel.: +49 (0) 30 / 45 05 53 042 Web: www.net-register.org Remission – Rückbildung eines Tumors Vasoaktiv – die (Blut-)Gefäßweite beeinflussend Rezeptoren – Eiweiße, die sich an der Oberfläche oder im Inneren einer Zelle befinden und Bindungsstellen für bestimmte Signalmoleküle darstellen; bei Aktivierung werden Signalprozesse ausgelöst Verner-Morrison-Syndrom – Symptomkomplex des VIPoms; Hauptsymptom: wässrige Diarrhöen • BundesorganisationSelbsthilfeNeuroEndokrine Tumoren e. V. Tel.: +49 (0) 30 / 41 99 48 04 (Mo. – Fr. 10–15 Uhr) Mail: [email protected] Web: www.net-shg.de • DeutschesMEN1-Register Tel.: +49 (0) 89 / 30 62 24 54 Mail: [email protected] Web: www.men1.de SelektiveInterneRadiotherapie(SIRT)– lokales Verfahren, bei dem kleine radioaktiv markierte Kügelchen über die Leberarterie z. B. zu Metastasen geleitet werden und diese dort lokal bestrahlen Serotonin (5-HT) – Neurotransmitter und Gewebshormon, reguliert u. a. die Magen-Darm-Tätigkeit Somatostatin – Hormon, das ein wichtiger Regulator anderer gastrointestinaler Hormone ist, hemmt z. B. die Sekretion von Pankreasenzymen und Gastrin Somatostatinom – Somatostatin ausschüttender NET Somatostatin-Analoga – synthetische Varianten des natürlich vorkommenden Somatostatins; zur Biotherapie von NET eingesetzt VIP(vasoaktivesintestinalesPeptid)– Hormon, das in zu hoher Konzentration zu wässrigen Durchfällen führt VIPom – VIP ausschüttender NET Wachstumsgeschwindigkeit – biologische Eigenschaft eines Tumors; wichtiger Parameter für die Prognose Zollinger-Ellison-Syndrom – Symptomkomplex des Gastrinoms; Hauptsymptome: Diarrhöen und Geschwüre im Magen-Darm-Bereich Zwölffingerdarm – erster kurzer Abschnitt des Dünndarms • SelbsthilfegruppeMEN1 Tel.: +49 (0) 911 / 63 27 400 (ab 18 Uhr) Mail: [email protected] Web: www.glandula-online.de/men1_net/index.htm • CarcinoidCallPoint Tel.: +49 (0) 30 / 40 21 323 Mail: [email protected] Web: www.carcinoid-call-point.de • InformationsdienstfürKrebspatientenund Angehörige e. V. Tel.: +49 (0) 30 / 44 02 40 79 Web: www.inkanet.de Syndrom – Symptomkomplex, Gruppe von gleichzeitig auftretenden Krankheitszeichen Szintigraphie – bildgebendes Verfahren der nuklearmedizinischen Diagnostik, bei dem kurzlebige radioaktiv markierte Substanzen eingesetzt werden, um Tumoren zu lokalisieren • VereinHilfefürKinderkrebskrankerElterne.V. Tel.: +49 (0) 69 / 67 72 45 04 Mail: [email protected] Web: www.hilfe-fuer-kinder-krebskranker.de Targeted Therapies – zielgerichtete Therapien; greifen möglichst gezielt in die gestörten Regulationsprozesse von Krebszellen ein • UnabhängigePatientenberatungDeutschland Tel.: +49 (0) 800 / 0 11 77 22 (Mo. – Fr. 10–18 Uhr, kostenlos aus dem deutschen Festnetz) Web: www.unabhaengige–patientenberatung.de Symptom – Krankheitszeichen Thymus – Organ des Immunsystems; dient der Ausreifung und Entwicklung von weißen Blutkörperchen Tumormarker – Proteine, Peptide oder andere biologische Substanzen, deren erhöhte Konzentration auf einen Tumor hinweist 78 • ENETS(EuropeanNeuroendocrineTumorSociety) Web: www.enets.org http://www.enets.org/excellence.html (Englisch) (ENETS „Centers of Excellence“ (von der ENETS zertifizierte NET-Zentren)) http://www.enets.org/clinical_trials. html&OPEN=menu,16 (Englisch) (ENETS Übersicht von klinischen Studien) Patienten und Angehörige: • PsychosozialeBeratungsstellefürKrebskranke und Angehörige Selbsthilfe Krebs e. V. Tel. Betroffene: +49 (0) 30 / 89 40 90 41 Tel. Angehörige: +49 (0) 30 / 89 40 90 42 Web: www.krebsberatung-berlin.de Sonographie – Ultraschall • WorldwideNETCancerAwarenessDay www.netcancerday.org (englisch) • Washabich?MedizinstudentenübersetzenIhren medizinischen Befund in eine verständliche Sprache (kostenlos) Web: www.washabich.de Allgemeine Informationen: • DeutscheKrebsgesellschafte.V. Tel.: +49 (0) 30 / 32 29 32 90 Mail: [email protected] Web: www.krebsgesellschaft.de • DeutscheKrebshilfee.V. Tel.: +49 (0) 228 / 72 99 00 Mail: [email protected] Web: www.krebshilfe.de • KrebsinformationsdienstKID Tel.: +49 (0) 800 / 4 20 30 40 Mail: [email protected] Web: www.krebsinformation.de Ernährung: • DeutscheGesellschaftfürErnährunge.V. Tel.: +49 (0) 228 / 3 77 66 00 Mail: [email protected] Web: www.dge.de • DeutscheGesellschaftfürErnährungsmedizine.V. Tel.: +49 (0) 30 / 31 98 31 5007 Mail: [email protected] Web: www.dgem.de 79 NOTIZEN 80 NOTIZEN 81 IMPRESSUM Herausgeber: Ipsen Pharma GmbH Postfach 10 05 13 D-76259 Ettlingen www.ipsen-pharma.de Konzept: s&k GmbH healthcare communications Wilhelmstraße 6+8 D-79098 Freiburg www.sk-healthcare.de Gestaltung: s&k GmbH Gönül Pasinli; Monique Antonetti, Thorsten Säbele Redaktion: Dr. Christiane Funken, Katrin Holzinger, Bernd Lange, Claudia Limberger, Katharina Mellar, Heinz-Peter Mosebach, Leona Probst, Dr. Günter Springer, Lina Vasen Wissenschaftliche Experten: Prof. Dr. med. Peter E. Goretzki, Neuss Prof. Dr. med. Dieter Hörsch, Bad Berka Dr. med. Kai Horstschäfer, Freiburg Dr. med. Lothar Müller, Leer/Emden Prof. Dr. med. Marianne Pavel, Berlin Prof. Dr. med. Stephan Petersenn, Hamburg Dr. med. Anja Rinke, Marburg Prof. Dr. med. Matthias Volkenandt, München Prof. Dr. med. Matthias M. Weber, Mainz Weitere Experten: Jörg Blech, Berlin (Sachbuch-Autor) Jochen Hartmann, Freiburg (Rechtsanwalt, Kanzlei Dr. Flügler & Partner Freiburg) Christian Sallach, Waldkirch (Versicherungsfachmann, VPV Versicherungen) Druck: Kehler Druck GmbH & Co. KG, Kehl Copyright: Das Magazin „SOMAtIv – Das Magazin für Patienten mit neuroendokrinen Tumoren“ und alle darin enthaltenen Texte, Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Eine Verwertung, insbesondere die Vervielfältigung, Verbreitung (auch über virtuelle Medien) oder Verwendung bedarf der ausdrücklichen schriftlichen Genehmigung des Herausgebers. Ein herzlicher Dank gilt allen, die mit ihren Tipps, Erfahrungen und mit ihrem medizinischen Sachverstand einen wertvollen Beitrag zur Erstellung des Magazins geleistet haben: den Patienten und Angehörigen, die sich für Interviews zur Verfügung gestellt haben, einerseits und andererseits den genannten Experten. 82 Bildnachweise: Titel, Rückseite: ©istockphoto.com/spooh S. 3, 4, 27, 28, 29, 30, 32, 36 ©istockphoto.com/Pobytov S. 3, 4, 27, 28, 29, 30 ©istockphoto.com/4x6 S. 4, 46, 49 ©istockphoto.com/Creatista S. 4, 36 ©istockphoto.com/Gorfer S. 4, 40, 57, 69 ©istockphoto.com/monkeybusinessimages S. 5, 72 ©istockphoto.com/spxchrome S. 6 ©istockphoto.com/Eraxion S. 6, 56 ©istockphoto.com/Cimmerian S. 7 ©istockphoto.com/DNY59 S. 7 ©istockphoto.com/iLexx S. 8 ©istockphoto.com/Eraxion S. 8 visualphotos.com S. 9 ©B2M Productions/Gettyimages S. 9 ©Dorling Kindersley/Gettyimages S. 11 ©istockphoto.com/Tomml S. 11 ©SPL/Agentur Focus S. 12, 51, 52, 55, 58, 60, 67 ©Yuri Arcurs/Fotolia.com S. 13 ©Tom Le Goff/Gettyimages S. 14, 35, 39 ©istockphoto.com/Stevecoleccs S. 15 ©istockphoto.com/zululord S. 16 ©istockphoto.com/Sean S. 19 ©istockphoto.com/Claudiad S. 20 ©istockphoto.com/webphotographeer S. 21 ©istockphoto.com/Snowleopard1 S. 21 ©creativecommons.org S. 22 ©istockphoto.com/choja S. 22 ©Prof. Dr. med. 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