lukose-Abbauprodukte und ihre Eigenschaften Aminosäuren, Eiweiße und Zucker gehen leicht eine chemische Verbindung ein, die man mit einer Reihe von Nebenwirkungen bei Patienten in Verbindung bringen kann. Sie spielen besonders bei Diabetikern und nierenkranken Patienten eine Rolle. Beim Zusammengehen von Eiweißen und Zuckern entsteht eine Substanzklasse, die wir meist mit den englischen Begriffen „Advanced glycation end products“ (AGEs) oder im Spezialfall der Peritonealdialyse auch mit „Glucose degradation products“ (GDPs) bezeichnen. Diese Gruppe von Molekülen ist sehr vielfältig, denn alle Aminosäuren und Proteine mit ihren unterschiedlichen Molekulargewichten sind in der Lage solche Verbindungen mit einer großen Zahl von Zuckern einzugehen. Molekulargewicht in g/mol GDP Acetaldehyd 44,05 Formaldehyd 30,03 Furaldehyd 96,08 5-Hydroxymethylfuraldehyd 126,11 Methylglyoxal 72,06 Glyoxal 58,04 3-DeoxygluKoson 162,14 3,4-Dideoxyglukoson-3-en Spektrum der Dialyse & Apherese I 12/2014 Wir bezeichnen sie, je nachdem ob sie durch enzymatische Prozesse oder spontan entstanden sind, entweder als „glykolisiert“ oder „glykiert“. Die braune Farbe von gebratenem Fleisch oder die Färbung der Innenoberfläche von Blutgefäßen (Abb. 2) beruht auf einer solchen Karamellisierung. Der Chemiker bezeichnet die nicht-enzymatische Bräunung von Lebensmitteln oder von proteinhaltigen Geweben als Maillard-Reaktion. Sie ist nach seinem Entdecker, dem französischen Chemiker Louis Camille Maillard (1878-1936), benannt. Im Verlauf der Bindung von Zuckermolekülen, wie Glukose mit Aminosäuren oder Proteinen, können Glukose-Abbau-Produkte (GDPs) entstehen. Dazu gehören z. B. Glyoxal oder 3-Deoxyglukoson. Sie treten auch in Lösungen für die Peritonealdialyse auf, wenn diese mit Hitze sterilisiert worden sind. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine kontinuierliche Exposition des Peritoneums mit GDPs zu Veränderungen in der Ultrastruktur der Peritonealmembran führen kann. Eine vorzeitige Alterung der PD-Membran verbunden mit Änderungen in ihren Transporteigenschaften wird mit GDPs in Verbindung gebracht. Eine der Konsequenzen dieser Änderungen ist dann eine inadäquate Dialysedosis verbunden mit einer reduzierten Dialysequalität.1 Auch eine erhöhte pro-inflammatorische Aktivität kann in Gegenwart von GDPs beobachtet werden.2 Hintergrund 144,12 Abb. 1: Beispiele für typische GDPs. Auffallend sind die reaktiven Sauerstoffatome 24 Strukturformel Die Hitze bei der Sterilisation von Lösungen für die Peritonealdialyse, z. B. bei Autoklavierung, ist für den Abbau von Glukose-Addukten verantwortlich. Auch Glukose selbst verändert sich langsam, aber spontan selbst bei Zimmertemperatur. Der Lagerung von Lösungen für die Peritonealdialyse kommt daher eine große Bedeutung zu, denn auch bei Lagerung können GDPs entstehen.3 Die verschiedenen Abbauproduk- 140 Langzeit Exposition von PD-Lösungen balance 120 Niedriger pH, GDPs, osmotische Agentien Veränderungen in der Struktur des Peritoneums Vorzeitiges Altern des Peritoneums? Inadäquate Ultrafiltration 3-DG (µmol/L) 100 80 60 40 20 Erhöhter peritonealer Transport Ungenutzter osmotischer Gradient Abb. 2: Reduzierte Biokompatibilität von konventionellen PD-Lösungen te, die man nach Hitzesterilisation finden kann, sind in Abbildung 1 gezeigt. Sie können photometrisch unter UV-Licht bei einer Wellenlänge von 284 nm sichtbar gemacht werden.4 Alle Moleküle enthalten entweder hochreaktiven Sauerstoff oder reaktive Aldehyde, die einen Beitrag zum oxidativen Stress und damit zur Minderung von Zellfunktionen leisten. Dazu gehört zum Beispiel eine erhöhte Neigung zur Apoptose (programmierter Zelltod)5, ein gestörter Glutathion Stoffwechsel6 oder eine reduzierte Lebensfähigkeit von humanen peritonealen Mesothelzellen7. Wie kann man das Auftreten von GDPs vermeiden? Die oben genannten unvorteilhaften Eigenschaften von GDPs kann man drastisch reduzieren, indem man den pH-Wert von PD-Lösungen reduziert, denn der Abbau von Glukose hängt vom vorliegenden pHWert ab (Abb. 3). Zu diesem Zweck werden PD-Lösungen in Doppelkammerbeuteln sterilisiert, bei denen in einer Kammer die glukosehaltige Lösung über Puffer bei einem niedrigen pH-Wert (pH 2.8 – 3.0) gehalten wird und in der zweiten Kammer die alkalische Elektrolytlösung sterilisiert wird.8 Mischt man den Inhalt der beiden Beutel nach der Sterilisation, erhält man eine fast neutrale PD-Lösung mit extrem geringem GDP-Gehalt. 0 2 3 4 pH 5 6 Abb. 3: Ein niedriger pH-Wert in der glukosehaltigen Lösung reduziert das Auftreten von GDPs, z.B. von 3-deoxyglukoson (3-DG) Fazit Glukose-Abbau-Produkte entstehen besonders nach der Glyzierung von Aminosäuren und Proteinen, entweder wenn deren wässrige Lösungen durch Hitze sterilisiert werden oder in geringerem Ausmaß nach langen Lagerungszeiten dieser Lösungen. Mit in vitro und in vivo Studien konnte gezeigt werden, dass in Gegenwart von GDPs Zellfunktionen beeinträchtigt und Regelkreise von Signalfunktionen gestört werden. Durch den Einsatz von Doppelkammerbeuteln bei der Sterilisation von PD-Lösungen kann das Auftreten von GDPs verhindert werden, wenn die zuckerhaltige Teillösung bei niedrigem pH sterilisiert wird. Da durch das Vermischen der beiden Teillösungen vor der Dialyseanwendung eine pH-neutrale Lösung entsteht, erhält man so eine optimale fertige PD-Lösung. In einer Reihe von klinischen Studien konnte so die Verbesserung der Nierenfunktion und eine höhere Lebenserwartung von Patienten gezeigt werden.9, 10 Empfohlene Literatur: 1 Witkowski J et al.,: Glucose degradation products in peritoneal fluids. Do they harm? Kidney Int, 63 (Suppl 84):S148-151 (2003) 2 Opatrna S et al.,: Low glucose degradation product peritoneal dialysis regimen is associated with lower plasma EN-RAGE and HMGB-1 proinflammatory ligands of receptor for advanced glycation end products. Ther Apher Dial, 18: 309-316 (2014). 3 Thomally P et al.,: Formation of glyoxal, methylglyoxal and 3-deoxyglucoson in the glycation of proteins by glucose. Biochem J, 344:109-116 (1999). 4 Linden T et al.,: 3.4-Dideoxyglucoson degradation products in fluids for peritoneal dialysis. Kidney Int, 62:697-703 (2002). 5 Amore et al.,: Glucose degradation products increase apoptosis of human mesothelial cells. Nephrol Dial Transplant, 18:677-688 (2003). 6 Korybalska et al.,: The role of glyoxalase pathway in reducing mesothelial toxicity of GDPs. Perit Dial Int, 26:259-265 (2006) 7 Witkowski J et al.,: Prolonged exposure to GDPs impairs viability and function of human peritoneal mesothelial cells. J Am Soc Nephrol, 12:2434-2441 (2001). 8 Wisslander A & Linden T: Glucose degradation and cytotoxicity in PD-fluids. Perit Dial Int, 16 (Suppl 1) S114 – S118 (1996). 9 Kim et al.,: Benefits of biocompatible PD fluid for preservation of residual renal function. Nephrol Dial Transplant, 24:2899-2908 (2009). 10 Lee HY et al: Superior patient survival for continuous ambulatory peritoneal dialysis patients treated with a peritoneal dialysis fluid with neutral pH and low glucose degradation product concentration (Balance). Perit Dial Int, 25:248-255 (2005). 25