Migräne Ihre neurologischen und genetischen Ursachen Orhan Özüak & Waldemar Wojciech Überblick I. II. III. IV. V. VI. Kopfschmerzarten Definition Migräne und Statistik Auslöser von Migräne Genetische Ursachen Serotonin Behandlung Kopfschmerz = Kopfschmerz? • Primärer Kopfschmerz Kopfschmerz selbst ist die Erkrankung Spannungskopfschmerz „normaler Kopfschmerz“ Cluster-Kopfschmerz Migräne • Sekundärer Kopfschmerz Folge von Erkrankungen z.B. Grippe • Erst 1988 erste einheitliche Definition von Kopfschmerzen von der IHS! Was ist Migräne? • Vom griechischen „hemikrania“ (Hemi = halb und Kranion = Schädel) • Oder vom lateinischen „migrare“ (wandern) • Hirnfunktionsstörung mit halbseitig auftretendem Kopfschmerz u. Nebensymtomen • Mit oder ohne Aura (Von Aurora der griechischen Göttin der Morgenröte) • Ca. 15% der Weltbevölkerung betroffen • Frauen häufiger betroffen als Männer • Bei Kindern noch kein Unterschied • Nimmt im Alter ab Vorkommen (%) (%) Statistiken 30 25 20 15 10 5 0 <19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 Alter Männer Frauen >80 Migräne ohne Aura • • • • • „Einfache“ Migräne Pulsierender seitenbetonter Schmerz Mäßig bis starke Schmerzen Schmerzdauer: 4 – 72 Stunden Begleitsymptome Übelkeit, Licht- und Lärmempfindlichkeit, Müdigkeit, Epilepsie, Koordinationsstörung usw. Migräne mit Aura • „Klassische“ Migräne • Dem Schmerz vorausgehendes Phänomen • Gekennzeichnet von mehreren Neurologischen Störungen: Skotom Spektrale Erscheinung Visuelle Aura – ZickZack Migräne mit Aura • „Klassische“ Migräne • Dem Schmerz vorausgehendes Phänomen • Gekennzeichnet von mehreren Neurologischen Störungen: Visuell: Skotom Spektrale Erscheinung Kribbelgefühl im Arm, Taubheit, Sprachstörung, • Dauer der Aura 4 – 60 Minuten • Ist kein Vorbote, sondern Migräne selbst! Wodurch wird Migräne ausgelöst? • Ausgelöst von Reizen (Triggerfaktoren) • Mehrere 100 Trigger bekannt z.B. Lärm, Lichtblitze, Stress, Schlafstörung, Nahrung usw. Auslöser der Migräne jedoch nicht die Ursache Zwei mögliche Theorien zur Ursache 1. Vaskuläre Konstriktion/Dilatation d.h Durchblutungsstörung 2. Überempfindlichkeit des Gehirns Migräne als Durchblutungsstörung • Erstmals erkannt im 17. Jahrhundert von Thomas Willis • Pro: Pochender Kopfschmerz Gehirn unempfindlich gegen Schmerz, aber Blutgefäße nicht Durchblutungsstörung könnte Aura verursachen • Contra: Nicht bei jeder Migräne Durchblutungsstörungen Durchblutungsstörung lediglich Begleitsymptom Wie „tickt“ das Hirn des Migränikers? • 1873 Theorie über „Nervengewitter“ von Edward Levings • Angeborene Besonderheit der Reizverarbeitung Wie „tickt“ das Hirn des Migränikers? • Geringere Selektivität der Wahrnehmung Höherer Energieverbrauch Triggerfaktoren bringen das Fass zum Überlaufen Hohe Ausschüttung von Neurotransmitter Cortical Spreading Depression Cortical Spreading Depression • Ort: Region des Großhirns • Übererregung der Hirnzellen Verfall in einen Zustand geringerer Aktivität • Spezifische Verbreitungsgeschwindigkeit • Beispiel: Kribbeln im Arm und darauf folgende Taubheit FHM • Familiäre Hemiplegische Migräne • Sonderform der Migräne mit Aura • Nebensymptome: Epilepsie, Fieberanfälle, Koordinationsstörungen • Ein oder mehrere Verwandte ersten Grades auch betroffen Genetische Ursache? Genetische Ursachen • Autosomal dominanter Erbgang • Mutationen in 3 verschiedenen Genen FHM1 – CACNA1A FHM2 – ATP1A2 FHM3 – SCN1A • 4. Gen? • Bio Marker für eine molekulare Diagnose Genetische Ursachen • FHM1: Chromosom 19p13 17 missense Mutationen „gain of function“ Effekt Erhöhte synaptische Glutamat Ausschüttung • FHM2: Chromosom 1q23 22 missense Mutationen „loss of function“ Effekt Glutamatabbau im synaptischen Spalt verlangsamt Genetische Ursachen • FHM3: Chromosom 2q24 Eine missense Mutation „gain of function“? Natrium Einstrom → hohe Feuerrate der Neuronen • Konsequenz aller 3 Mutationen: Glutamat und Kalium Konz. Depolarisierung CSD • Wie sieht es bei Migräne ohne Aura aus? Serotonin • 5-Hydroxytryptamin (5-HT) • Neurotransmitter und Gewebshormon • Synthese aus L-Tryptophan • 5-Hydroxy-indolylessigsäure (5-HIAA) Welche Rolle spielt Serotonin bei der Migräne? • Vor ca. 40 Jahren Beteiligung von Serotonin an Migräne vermutet Beobachtungen: 1.Nach Anfall 5-HIAA im Urin 2.Während Attacke sinkt 5-HT-Spiegel 3.Injektion von 5-HT stoppt Attacke Problem: Serotonin hat zahlreiche Wirkungen 5-HT-Rezeptoren • 14 Rezeptoren in 7 Familien (5-HT1 – 5HT7) • Alle metabotrop (Nur 5-HT3 ionotrop) • Bsp: 5-HT in fast allen Organen (Blutgerinnung) 2 5-HT in periphären neuronen (Brechreiz) 3 5-HT reguliert Darmperistaltik 4 5-HT im ZNS Tag/Nacht-Rhytmus und am 7 Herz Gefäßdilatation 5-HT fast nur im ZNS → 5-HT 1 1B/1D bei migräne wichtige Rolle Problem: Serotonin „Neben“-Wirkungen 5-HT1B/1D-Rezeptor 5-HT1B/1D-Rezeptor 5-HT1B/1D-Rezeptor Depolarisation Migräneattacke Gehirn unter „Hochspannung“ Triggerfaktor Ausschüttung von Nervenbotenstoffe CSD Schmerzrezeptoren werden erregt Migräneattacke Entzündungsbotenstoffe werden freigesetzt z.B. CGRP, SP, NO durch den Nervus Trigeminus Neurogene Entzündung Nervus Trigeminus Behandlung • • Migräne ist nicht heilbar!!! Verhinderung der Attacken und Linderung der Schmerzen 1. Prophylaktische – präventive Therapie medikamentös nicht medikamentös 2. Akuttherapie medikamentös Prophylaktische – präventive Therapie • Medikamentös: Betablocker Antiallergika Antidepressiva Vitamin B, Magnesium • Nicht medikamentös Entspannungstraining, Stressmanagement Rauchen, Trinken, Beleuchtung, starke Gerüche… Regelmäßigkeit von Schlaf und Mahlzeiten Akuttherapie • Bestehende Symptome einer Migräneattacke lindern • Analgetika (Schmerzmittel) z.B. Acetylsalizylsäure und Paracetamol • NSAIDs – Nicht-steroidale Entzündungshemmer z.B. Ibuprofen, Indomethazin und Diclofenac • Antiemetika – gegen Übelkeit und Erbrechen z.B. Metoclopramid, Chlorpromazin und Dompiridon • Triptane Triptane Serotonin Sumatriptan Triptane • Alle Triptane chemische Ähnlichkeit mit Serotonin z.B: Almotriptan, Eletriptan, Frovatriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Zolmitriptan • Agonisten der 5-HT1B/1D Rezeptoren Vasokonstiktion, Hemmung Entzündungsmediatoren • Sehr spezifisch → wenig Nebenwirkungen • Können die Blut/Hirnschranke Überbrücken • Nicht bei allen Patienten wirksam! Literatur • • • • • • • • • • • www.wikipedia.de www.neurohelp.ch www.migraene-schule.de www.medizinfo.de www.neuro24.de www.migraene-aktuell.de www.miginfo.de The pharmacology of headache, Peter J. Goadsby (2000) Biomarkers in Migraine, De Vries (2006) New insights into migraine pathophysiology, Sanchez (2006) Genetics of Migraine: An Update, Gardner (2006)