Falk Gastro-Kolleg Oberer GI-Trakt

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Falk
Gastro-Kolleg
Oberer
GI-Trakt
Diagnose und Therapie des
Ösophaguskarzinoms
Dr. J. Knoblich
PD Dr. R. Fischer*
Onkologie Dreiländereck
Senser Platz 
 Lörrach
Zusammenfassung
* Lehrbeauftragter Universitätsklinikum Freiburg
Ösophaguskarzinome gehören zu den gastrointestinalen Tumoren mit einer sehr
schlechten Prognose. Während Hauptrisikofaktoren für die Entstehung des eher proximal
lokalisierten Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus Nikotin­ und Alkoholabusus
darstellen, entsteht das Adenokarzinom des Ösophagus aus Barrett­Epithel des gastro­
ösophagealen Übergangs und wird durch Reflux und Adipositas begünstigt. Die Inzidenz
des Plattenepithelkarzinoms ist in den westlichen Industrienationen rückläufig, wohin­
gegen die Zunahme des Barrett­Karzinoms mit die höchsten Steigerungsraten unter den
soliden Tumoren aufweist. Chemo­ und strahlentherapeutische Strategien beim Platten­
epithelkarzinom unterscheiden sich von den Therapiestrategien des Barrett­Karzinoms,
welches auch in klinischen Studien häufig analog dem Magenkarzinom behandelt wird.
Fortgeschrittene Plattenepithelkarzinome werden i. d. R. nach neoadjuvanter Radio­
chemotherapie operiert, wohingegen beim Barrett­Karzinom die perioperative Chemo­
therapie den aktuellen Therapiestandard in Europa darstellt. Beim fortgeschrittenen
Ösophaguskarzinom sind die palliative (Radio­)Chemotherapie und endoluminale
Stents etablierte Therapieverfahren.
Schlüsselwörter
Ösophaguskarzinom | Barrett-Karzinom | Plattenepithelkarzinom
Fragebeantwortung unter
www.falkfoundation.de
Falk Gastro-Kolleg
Titelbild: Stenosierendes Ösophaguskarzinom im mittleren Ösophagus vor (links) und nach (rechts)
Einlage einer selbstexpandierenden Endoprothese.
12
Diagnose und Therapie des Ösophaguskarzinoms
Epidemiologie und histologische Subtypen von Ösophaguskarzinomen
Der Anteil des Ösophaguskarzinoms an den Malignomen beträgt in Deutschland
etwa 1% mit einer Inzidenz von 4,5/100.000. Die häufigsten histologischen Malignome
des Ösophagus stellen das Plattenepithelkarzinom und das Adenokarzinom dar;
kleinzellige Karzinome, Stromatumoren und andere Entitäten haben einen Anteil von
weniger als 3%. Die Häufigkeit des Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus ist in den
westlichen Industrienationen abnehmend, der Anteil der Barrett-Karzinome an den
Ösophaguskarzinomen beträgt in Deutschland etwa 50% und ist stark ansteigend.
P Plattenepithelkarzinome des
Ösophagus sind seltener als die zunehmend häufigeren Adenokarzinome.
Das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus ist zu 90% im mittleren und distalen Öso­
phagus lokalisiert, wohingegen das Adenokarzinom praktisch ausschließlich auf dem
Boden einer Barrett-Epitheldysplasie im distalen Ösophagus im Bereich des ösopha­
gogastralen Übergangs auftritt. Die wichtigsten Risikofaktoren des Plattenepithelkar­
zinoms stellen Nikotin- und Alkoholabusus (insbesondere hochprozentiger A
­ lkohol)
dar, und beim proximalen Ösophaguskarzinom liegen in ca. 15% synchrone Hypo-/
Oropharynxkarzinome oder Bronchialkarzinome vor. Das Plattenepithelkarzinom
wächst z. T. unterminierend in der Submukosa und kann endoskopisch daher in der
Ausdehnung unterschätzt werden. Die Patienten sind häufig multimorbide, stammen
aus unterprivilegierten Bevölkerungsschichten, und das Durchschnittsalter b
­ eträgt
55 Jahre. Das Plattenepithelkarzinom metastasiert am häufigsten in die regionären
Lymphknoten; bei auf die Mukosa begrenzten Karzinomen beträgt die lymphogene
Metastasierungsrate etwa 5%, bei Infiltration der Submukosa bereits etwa 30%. Karzi­
nome des oberen Ösophagusdrittels metastasieren in zervikale und mediastinale
Lymphknoten, ab dem mittleren Drittel sind zunehmend mediastinale und obere gas­
trische Lymphknoten betroffen. Die häufigsten hämatogenen Metastasen erfolgen in
die Lunge und in die Leber, seltener in die Nebennieren, das Gehirn und die Knochen.
P Risikofaktoren für Plattenepithel­
karzinome sind Nikotin und Alkohol,
für Adenokarzinome Reflux.
Beim Barrett-Karzinom stellen Adipositas und Reflux die wichtigsten Risikofaktoren
dar, und möglicherweise aufgrund der deutlich ansteigenden Inzidenz von Adipositas
in der westlichen Welt gehört das Barrett-Karzinom zu den Tumorentitäten mit der
deutlichsten Inzidenzsteigerung von 5–10% pro Jahr. Männer sind deutlich häufiger
betroffen als Frauen, das durchschnittliche Alter bei Erstdiagnose beträgt 63 Jahre. Das
Adenokarzinom des Ösophagus entsteht aus Barrett-Schleimhaut (intestinaler Meta­
plasie) und ist überwiegend mäßig bis hochdifferenziert mit papillärem oder tubulä­
rem Wachstumsmuster; Siegelringkarzinome oder Karzinome vom diffusen Typ sind
eher selten. Die Ausbreitung ist ähnlich dem Plattenepithelkarzinom häufig submu­
kös proximal, jedoch auch mit möglicher Ausbreitung in den Magen. Die Metastasie­
rung erfolgt kleinkurvaturseitig in die paragastrischen Lymphknoten und paraöso­
phageal, z. T. auch zervikal. Die Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs
metastasieren lymphogen bevorzugt im ösophagogastrischen Winkel und entlang
der Arteria gastrica sinistra sowie z. T. parazervikal und paraaortal. Hämatogene Meta­
stasen treten deutlich später auf als beim Plattenepithelkarzinom.
P Ösophaguskarzinome metastasieren
sehr frühzeitig lymphogen und werden
daher häufig im fortgeschrittenen
Stadium diagnostiziert.
P Plattenepithelkarzinome sind
vor allem im mittleren/distalen
Ösophagus, Adenokarzinome fast
ausschließlich distal zu finden.
13
Klinik
Symptome treten häufig erst im fortgeschrittenen Tumorstadium auf. Dysphagie und
retrosternale Schmerzen werden oft erst bei einer Verlegung des Ösophaguslumens
von mehr als 50% angegeben. Fortgeschrittene Erkrankungen werden durch Allge­
meinsymptome wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Vomitus und Anämie sym­
ptomatisch.
P Symptome treten erst spät auf.
Diagnose
Endoskopie und bildgebende Verfahren
Die Diagnose wird histologisch gestellt und die wichtigste nicht-invasive Methode zur
Histologiegewinnung ist die endoskopische Untersuchung, verbunden mit der Endo­
sonografie. Es sollten etwa 10 Biopsien aus tumorverdächtigen Arealen entnommen
werden. Das Ausmaß der maximalen bzw. primären Tumorformation in Beziehung zur
Z-Linie muss nach der Siewert-Klassifikation angegeben werden: Etwa 1–5 cm proxi­
mal der Z-Linie liegende Tumoren werden als „AEG I/Siewert I“ bezeichnet und ent­
sprechen den typischen Barrett-Karzinomen. Karzinome im Bereich der Z-Linie ent­
sprechen AEG II (auch „Kardiakarzinom“) und AEG III sind Tumoren ab 2 cm distal der
Z-Linie (auch „subkardiale/Funduskarzinome“). Je nach Siewert-Klassifikation unter­
scheidet sich das operative Vorgehen. Die AEG-Tumoren wurden in der neuen TNMKlassifikation als „Tumoren des gastroösophagealen Übergangs“ zu einer von den
Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus unabhängigen Entität zusammengefasst
(Tab. 1 und 2).
Der Barrett-Ösophagus sollte regelmäßig leitlinienkonform kontrolliert werden. Für
das T-Stadium und das lokoregionäre Lymphknotenstadium ist die Endosonografie
den CT- und MRT-Bildgebungen in Sensitivität und Spezifität überlegen, vor allem für
die Entscheidung für lokal-ablative Verfahren bei Frühkarzinomen ist die Endosono­
grafie unabdingbar. Sollte eine Lymphknotenmetastasierung entscheidend für das
Therapieverfahren sein, ist die endosonografische Punktion das Verfahren der ersten
Wahl. Für die Detektion von Metastasen ist die Computertomografie (CT) von Thorax
und Abdomen notwendig, für die Leber kontrastverstärkt. Die MRT-Untersuchung
­ergibt i. d. R. keinen höheren Benefit und ist für fragliche Läsionen evtl. sinnvoll, in die­
sen Fällen ist jedoch oft das PET-CT sensitiver.
P Beim lokalen Lymphknotenstaging
und T-Stadium ist die Endosonografie
dem CT und MRT überlegen.
Das PET-CT ist auch signifikant sensitiver als EUS und konventionelles CT bei der
­ etektion nicht-regionärer Lymphknoten- und Fernmetastasen, und das histologi­
D
sche Ansprechen auf neoadjuvante Radiochemotherapie kann mit 80% diagnosti­
scher Präzision angegeben werden. Patienten mit Plattenepithelkarzinom und NichtAnsprechen auf eine neoadjuvante Radiochemotherapie weisen auch eine sehr
schlechte Prognose nach Operation auf. Die Laparoskopie hat vor allem beim fortge­
schrittenen distalen Karzinom des gastroösophagealen Übergangs einen möglichen
Stellenwert als die sensitivste Methode zum Nachweis einer Peritonealkarzinose, die
der konventionellen Bildgebung häufig entgehen kann. Tumormarker sind nur für
Verlaufsbeobachtungen sinnvoll. Bei Erstdiagnose sind die Tumormarker CEA und CA
19-9 beim Adenokarzinom bzw. CEA und SCC beim Plattenepithelkarzinom nur in ca.
10–15% der Fälle erhöht.
P Mittels diagnostischer Laparoskopie
kann beim fortgeschrittenen distalen
Adenokarzinom eine Peritoneal­
karzinose ausgeschlossen werden.
P Für das Staging vor allem von
Fernmetastasen ist ein CT von Thorax
und Abdomen sinnvoll.
14
TNM-Klassifikation
TNM-Klassifikation von Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus
Tab. 1
15
TNM-Klassifikation von Adenokarzinomen des gastroösophagealen Übergangs
Tab. 2
16
Prognose des Ösophaguskarzinoms
Aufgrund der frühen lymphogenen Metastasierung und späten Klinik werden mehr
als 50% der Patienten in lokal fortgeschrittenen (N+)-Stadien diagnostiziert.
Beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus sind die wichtigsten unabhängigen Pro­
gnoseparameter die T-Klassifikation und Metastasen, insbesondere das Ausmaß der
Lymphknotenmetastasierung, ferner Lymphangiosis und Hämangiosis carcinomato­
sa. Hingegen ist in den meisten Studien das Tumorgrading oder der Proliferations­
index (MIB-1/Ki-67-Index) ohne Einfluss auf das Gesamtüberleben. Insgesamt beträgt
die 5-Jahres-Überlebensrate des Plattenepithelkarzinoms etwa 10%.
P Die Prognose des Plattenepithel­
karzinoms ist deutlich schlechter als
die des Adenokarzinoms und hängt
nicht vom Tumorgrading ab.
Die Prognose des Adenokarzinoms ist deutlich besser als beim Plattenepithelkarzi­
nom mit 5-Jahres-Überlebensraten von bis zu 20%. Die wichtigsten Prognoseparame­
ter sind auch hier Lymphknoten- und Fernmetastasen, im Gegensatz zum Plattenepi­
thelkarzinom ist jedoch auch das Grading ein unabhängiger Prognosemarker. Bei
einem G3-Karzinom beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate etwa 17% im Vergleich zu 31%
bei G1/G2-Karzinomen. Sowohl für das Plattenepithel- als auch das Adenokarzinom
des Ösophagus wurden molekulare Prognosemarker beschrieben, die jedoch in der
klinischen Routine noch nicht verwendet werden.
Stadiengerechte Therapie der Ösophaguskarzinome
Lokalisierte Erkrankung
Läsionen, die auf die Mukosa beschränkt sind (oder allenfalls auf das obere Drittel der
Submukosa [sm1], < 2 cm, weniger als ein Drittel der Zirkumferenz), können kurativ
mittels endoskopischer Mukosaresektion (EMR) behandelt werden, mit der gleichen
Sicherheit wie bei einer Operation, aber weniger Komplikationen. Tumoren mit der
Tiefenausdehnung m3 weisen allerdings in ca. 5% der Fälle bereits Lymphknoten­
metastasen auf, bei Infiltration sm1 ist bereits in 8–19% der Fälle mit Lymphknoten­
metastasen zu rechnen. Diese sollten daher nur beim Grading G1/G2 ohne Lymph­
gefäß- oder vaskuläre Invasion mittels EMR therapiert werden. Allerdings tritt das
Barrett-Karzinom häufig multifokal auf, sodass hier sehr engmaschige endoskopische
Kontrollen unabdingbar sind.
P Auf die Mukosa beschränkte
Karzinome (sm1–3) können
lokal-ablativ statt operativ
behandelt werden.
Fortgeschrittene Erkrankung
Plattenepithelkarzinome proximal der Trachealbifurkation haben nach Operation eine
hohe Rate an Anastomoseninsuffizienzen und eine enge embryogenetische und ana­
tomische Beziehung zum Trachealsystem, daher werden diese i. d. R. nur in Ausnah­
mefällen und im T1 N0-Stadium operiert. Plattenepithelkarzinome des mittleren und
distalen Ösophagus können im Stadium T1–2 N0 primär operiert werden, allerdings ist
im histologischen Präparat häufig eine Lymphknoteninvasion nachzuweisen. Im Sta­
dium T3 (T4) N+ wird überwiegend neoadjuvant eine Radiochemotherapie durchge­
führt. Vor allem auch aufgrund der häufigen Begleiterkrankungen der Patienten be­
trägt die Morbidität der Operation des Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus bis zu
30% mit z. T. nicht unerheblicher Mortalität.
P Proximale Ösophaguskarzinome
werden i. d. R. nur in frühen Stadien
operiert. Bei fortgeschrittenen
Plattenepithelkarzinomen wird eine
neoadjuvante Radiochemotherapie
durchgeführt.
Der Stellenwert einer neoadjuvanten Radiochemotherapie beim Plattenepithelkarzi­
nom des Ösophagus wurde in 2 Metaanalysen aus mehreren randomisierten Phase-IIIStudien belegt, der Überlebensvorteil nach 2 Jahren betrug ca. 13–18%, wobei Plat­
tenepithel- und Adenokarzinome in den Studien gemeinsam untersucht wurden.
2 randomisierte Phase-II-Studien zeigten außerdem ein gleiches Überleben von Ope­
rationen nach neoadjuvanter Radiochemotherapie vs. definitiver Radiochemothera­
pie. Den wichtigsten Prognosefaktor stellte das Ansprechen auf die neoadjuvante
Therapie dar. Wesentlich für das Gesamtüberleben der Patienten ist jedoch vor allem
die Erfahrung des operativen Zentrums.
17
Mehrere randomisierte prospektive Phase-III-Studien zeigten einen deutlichen Über­
lebensvorteil der Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Radiotherapie von
etwa 20%, i. d. R. wurde eine Cisplatin- und 5-FU-haltige Chemotherapie parallel zur
Bestrahlung verwandt, z. T. nach Induktionschemotherapie. Die Bestrahlungsdosis be­
trägt dabei neoadjuvant etwa 40 Gy, bei definitiver Radiochemotherapie etwa 50 Gy,
z. T. mit zusätzlicher Boost-Bestrahlung von 10 Gy.
Für das Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs zeigten mehrere rando­
misierte prospektive Phase-III-Studien einen Überlebensvorteil von etwa 13–15% nach
5 Jahren für eine perioperative, Cisplatin/5-FU-haltige Chemotherapie. In den Studien
wurden die distalen Adenokarzinome des Ösophagus und Magenkarzinome gemein­
sam untersucht. In einem japanischen Patientengut wurde in einer Phase-III-Studie
ferner ein deutlicher Überlebensvorteil für eine Oxaliplatin/5-FU-haltige adjuvante
Therapie gezeigt. Als Standard hat sich in den europäischen Ländern eine periopera­
tive Cisplatin/5-FU-haltige Chemotherapie für Tumorstadien ab uT3 oder N+ etabliert.
Neoadjuvante Kombinationschemotherapien mit Docetaxel, 5-Fluorouracil (5-FU) und
Oxaliplatin („FLOT“) zeigten beim Adenokarzinom bisher unerreichte Raten an patho­
logischen Komplettremissionen und werden in Phase-III-Studien untersucht.
P Adenokarzinome AEG II–III werden in
Europa analog den Magenkarzinomen
perioperativ chemotherapiert, z. T.
(v. a. AEG I) auch neoadjuvant mit
Radiochemotherapie behandelt.
Valide Daten aus randomisierten Studien, die die neoadjuvante Radiochemotherapie
mit einer alleinigen perioperativen Chemotherapie vergleichen, liegen aktuell nicht
vor.
Palliative Therapie
Grundlegendes Ziel der palliativen Therapie ist die Verbesserung oder Erhaltung der
Lebensqualität noch vor der möglichen Lebenszeitverlängerung. Dabei ist der Stel­
lenwert der Erhaltung einer oralen Nahrungsaufnahme auch als Grundlage für Sozial­
funktionen sehr hoch. Ein endoskopisch platzierter ösophagealer Stent führt zu einer
raschen Wiederherstellung der Nahrungspassage. Die Anlage der heute verfügbaren
selbstexpandierenden Metallendoprothesen ist einfach, ambulant in Analgosedie­
rung möglich und wird von den Patienten sehr gut toleriert, Ausnahme hiervon sind
hochproximale Ösophagusstenosen. Auch für ösophagotracheale tumorbedingte Fis­
teln sind Endoprothesen sinnvoll. Bougierungen führen nur zu inakzeptabel kurz an­
dauernden Besserungen. Für die regelmäßige Nahrungszufuhr kann dennoch – oder
im Verlauf der Erkrankung – die Anlage einer PEG sinnvoll sein. Im Vergleich zur endo­
luminalen Protheseneinlage führt die transluminale Brachytherapie zu einer verzöger­
ten Beschwerdebesserung, jedoch wahrscheinlich für eine längere Zeitdauer. Die
transkutane Radiochemotherapie, evtl. in Kombination mit einer Brachytherapie, er­
laubt z. T. über Jahre eine effektive ösophageale Tumorkontrolle.
P Ambulant endoskopisch implantierte
Ösophagusstents erlauben bei Tumor­
stenosen eine rasche Wiederherstellung
der oralen Nahrungspassage. Endo­
luminale und transkutane Bestrahlung,
z. T. kombiniert mit Chemotherapie,
führt teilweise zu lang andauernder
lokaler Tumorkontrolle.
Der Stellenwert der alleinigen Chemotherapie ist beim metastasierten Plattenepithelund beim Adenokarzinom des Ösophagus unterschiedlich. Für die palliative Chemo­
therapie beim metastasierten oder fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom ist kein
Überlebensvorteil belegt worden, wohingegen beim Adenokarzinom durch eine
Kombinationschemotherapie die mittlere Überlebenszeit von 4–5 Monaten auf fast 11
Monate verlängert werden konnte. Beim fortgeschrittenen Adenokarzinom des Öso­
phagus ist auch für eine Zweitlinienchemotherapie ein Überlebensvorteil gezeigt
worden. Beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus werden durch Einzelsubstan­
zen Ansprechraten um 20% erzielt und mit Kombinationstherapien bis zu etwa 45%,
jedoch betrug das mittlere Überleben selten mehr als 6–7 Monate bei Remissionsdau­
ern von 3–6 Monaten (Tab. 3 und 4).
P Die palliative Chemotherapie führt
beim Plattenepithelkarzinom im
Gegensatz zum Adenokarzinom nicht
zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens. Beim metastasierten Adeno­
karzinom ist auch die Zweitlinien­
therapie etabliert.
18
Wirksamkeit von Einzelsubstanzen beim Ösophaguskarzinom
Substanz
Verabreichung
Patientenzahl
Ansprechrate
5-Fluorouracil (5-FU)
500 mg/m2 d1–5
119
22%
Mitomycin
20 mg/m2 d1 q35
31
35%
Cisplatin
100 mg/m2 d1 q21
75
19%
Paclitaxel
250 mg/m2 24h
92
25%
Docetaxel
75–100 mg/m2 q21
96
21%
Irinotecan
125 mg/m2 d1,8,15,21 q36
55
15%
Vinorelbin
25 mg/m2 q8
30
20%
Bleomycin
10–20 mg/m2 2 x/Woche
80
15%
Wirksamkeit von Kombinationstherapien beim Ösophaguskarzinom
Substanzen
Patientenzahl
Ansprechrate
Medianes Überleben
(Monate)
Cisplatin/5-FU
34
35%
7,6
Cisplatin/5-FU/
Folsäure (FA)
30
27%
6
Cisplatin/5-FU/
Paclitaxel
118
55%
7–13
Cisplatin/Paclitaxel
167
47%
7
Cisplatin/Etoposid
73
48%
7
Cisplatin/Irinotecan
35
57%
14
Cisplatin/Vinorelbin
71
34%
6,8
Cisplatin/Bleomycin
99
24%
4–7
Tab. 3
Tab. 4
19
Therapiekonzepte mit Kombinationschemotherapien analog zum Plattenepithelkar­
zinom des Oro-/Hypopharynx mit den EGF-Rezeptorantikörpern Cetuximab/Panitu­
mumab und Taxanen zeigen höhere Ansprechraten und ein deutlich verlängertes
progressionsfreies Überleben, Ergebnisse aus randomisierten prospektiven Phase-IIIStudien stehen jedoch aus (Tab. 5).
Mögliche Kombinationschemotherapien beim Plattenepithelkarzinom des
Ösophagus
Substanzen
Verabreichung
Wiederholung
Referenz
Cisplatin/
5-FU
100 mg/m2 d1
1000 mg/m2 d1–5
d29
Bleiberg 1997
Cisplatin/
5-FU/
50 mg/m2 d1,15,29
2000 mg/m2
d1,8,15,22,29,36
500 mg/m2
d1,8,15,22,29,36
d50
Lutz 2007
Cisplatin/
5-FU/
Paclitaxel
20 mg/m2 d1–5
750–1000 mg/m2 d1–5
175 mg/m2 d1
d29
Ilson 1998
Cisplatin/
Irinotecan
30 mg/m2 d1–4
65 mg/m2 d1–4
d42
Ilson 1999
Cisplatin/
Vinorelbin
80 mg/m2 d1
25 mg/m2 d1,8
d21
Conroy 2002
1000 mg/m2 d1–14
75 mg/m2 d1
d21
Lutz 2007
Docetaxel mono
35 mg/m2 d1,8,15,22,29,36
d50
Abbrederis 2008
Vinorelbin mono
25 mg/m2 wöchentlich
kont.
Conroy 1996
AUC 5–6
80 mg/m2 wöchentlich
d21
Fury 2011
Cisplatin/
5-FU/
Cetuximab
50 mg/m2 d1+2
1000 mg/m2 d1–5
400/250 mg/m2
wöchentlich
d21
Andreadis 2003,
Vermorken 2008
Carboplatin/
5-FU
AUC 5–6
1000 mg/m2 d1–5
d21
Jassem 1993,
Kaasa 1991
75 mg/m2
75 mg/m2
d21
Dreyfuss 1996
FA
Capecitabin/
Docetaxel
Tab. 5
Analog HNO-SCC:
Carboplatin/
Paclitaxel
Docetaxel/
Cisplatin
20
Auch beim Adenokarzinom wurde in Phase-II-Studien eine Wirksamkeit von Cetu­
ximab belegt, jedoch wurde bisher im Gegensatz zu kolorektalen Karzinomen keine
klinisch relevante Korrelation des Ansprechens auf Cetuximab mit dem k-Ras-Mutati­
onsstatus belegt. Hingegen werden beim Adenokarzinom des Ösophagus länger an­
haltende Remissionen beobachtet und die Verlängerung des Gesamtüberlebens
durch Trastuzumab wurde bei Her2-überexprimierenden Adenokarzinomen des gast­
roösophagealen Übergangs in einer großen Phase-III-Studie gezeigt. Kombinations­
chemotherapien mit Docetaxel, 5-FU und Oxaliplatin zeigten beim Adenokarzinom
bei guter Verträglichkeit hohe pathologische Remissionsraten und werden in weite­
ren Phase-III-Studien untersucht (Tab. 6).
Mögliche Kombinationschemotherapien beim Adenokarzinom des
Ösophagus analog dem Magenkarzinom
Substanzen
Verabreichung
Wiederholung
Referenz
Epirubicin/
Cisplatin/
5-FU
50 mg/m2 d1
60 mg/m2 d1
1400 mg/m2 kont./Woche
d21
Cunningham 2006
Epirubicin/
Oxaliplatin/
Capecitabin
50 mg/m2 d1
130 mg/m2 d1
1250 mg/m2 kont.
d21
Cunningham 2006
Docetaxel/
Oxaliplatin/
5-FU/
FA
50 mg/m2 d1
85 mg/m2 d1
2600 mg/m2 24h
200 mg/m2
d14
Al-Batran 2008
2400 mg/m2 48h,
400 mg/m2 Bolus d1
200 mg/m2 d1
180 mg/m2 d1
d14
Lorizzo 2009
d14
Kim 2011
FA/
Oxaliplatin
1200 mg/m2 48h,
400 mg/m2 Bolus d1+2
200 mg/m2 d1+2
85 mg/m2 d1
Trastuzumab/
Capecitabin/
Cisplatin*
8/6 mg/kg d1
1000 mg/m2 tid d1–14
80 mg/m2 d1
d21
Bang 2010
5-FU/
FA/
Irinotecan
5-FU/
P Gut wirksame Substanzen beim
Adenokarzinom sind 5-FU, Cisplatin,
Oxaliplatin, Docetaxel, Irinotecan und
bei Her2-überexprimierenden Adeno­
karzinomen Trastuzumab.
Tab. 6
* nur histologisch Her2/Neu 3+ Magenkarzinome
21
Zu empfehlende Literatur
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22
Fragen zur Diagnose und Therapie
des Ösophaguskarzinoms
Frage 1:
Welche Aussage ist richtig? Das Plattenepithelkarzinom des
Ösophagus
EE
EE
EE
EE
EE
Oberer
GI-Trakt
hat eine steigende Inzidenz in Deutschland
ist ein sehr chemosensibler Tumor
ist am häufigsten hochproximal
metastasiert sehr früh lymphogen
weist eine enge Korrelation mit dem Body­Mass­Index (BMI) auf
Frage 2:
Welche Aussage ist richtig? Das Adenokarzinom des Ösophagus
EE
EE
EE
EE
EE
Falk
Gastro-Kolleg
ist der solide Tumor mit dem stärksten Inzidenzanstieg in Europa
hat in den USA (noch) eine niedrigere Inzidenz als das Ösophaguskarzinom
entsteht häufig auf dem Boden einer gastralen Heterotopie des Ösophagus
hat als Risikofaktoren vor allem Nikotin­ und Alkoholabusus
wird in der aktuellen TNM­Klassifikation gemeinsam mit dem Plattenepithel­
karzinom aufgeführt
Frage 3:
Welche Aussage ist richtig? Fortgeschrittene (lymphogen
metastasierte) Plattenepithelkarzinome des Ösophagus
Bitte beachten Sie:
Bei der Beantwortung der Fragen
ist immer nur 1 Antwort möglich.
Die Beantwortung der Fragen und
Erlangung des Fortbildungszertifikats
ist nur online möglich.
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www.falkfoundation.de.
Unter dem Menüpunkt Falk Gastro­Kolleg
können Sie sich anmelden und die Fragen
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EE werden mit einer neoadjuvanten Therapie mit Cisplatin/Cetuximab und
Bestrahlung behandelt
EE sind mit niedriger Morbidität und Mortalität zu operieren, wenn sie hochproximal
liegen
EE werden i. d. R. primär operiert
EE weisen eine z. T. Jahre anhaltende lokale Tumorkontrolle nach definitiver
Radiochemotherapie auf
EE weisen bei Frauen im Vergleich zu Männern eine höhere Inzidenz auf
Frage 4:
Welche Aussage ist richtig? Patienten mit metastasiertem
Plattenepithelkarzinom des Ösophagus
EE werden in Abhängigkeit vom k­Ras­Mutationsstatus mit Cetuximab und
Kombinationschemotherapien behandelt
EE überleben durch Kombinationschemotherapien fast doppelt so lang
EE sind chemotherapierefraktär
EE werden z. T. analog Chemotherapieprotokollen von Plattenepithelkarzinomen
des Oro­ und Hypopharynx behandelt
EE sollten in jedem Fall eine Kombinationschemotherapie statt Einzelsubstanzen
erhalten
Wichtig:
Fragebeantwortung unter
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Falk Gastro-Kolleg
Frage 5:
Welche Aussage ist richtig? Für die Diagnose und das Staging des
Ösophaguskarzinoms
EE sind ein Röntgen­Thorax mit Abdomensonografie und eine Ösophago­Gastro­
Duodenoskopie ausreichend
EE ist eine Endosonografie immer notwendig
EE führt eine PET­CT nicht selten zu einer Veränderung der Therapiestrategie
EE ist bei bildmorphologisch eindeutigem Befund keine bioptische Sicherung
notwendig
EE ist beim Barrett­Karzinom die diagnostische Laparoskopie fester Bestandteil
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Frage 6:
Welche Aussage ist falsch? Effektive Kombinationschemotherapien
beim Plattenepithelkarzinom beinhalten
EE
EE
EE
EE
EE
5-FU und Cisplatin
5-FU und Carboplatin
Cetuximab und Cisplatin
Paclitaxel
Pemetrexed
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Oberer
GI-Trakt
Frage 7:
Welche Aussage ist falsch? Patienten mit metastasiertem
Adenokarzinom des Ösophagus
EE werden häufig analog dem Magenkarzinom behandelt
EE erreichen durch Kombinationschemotherapien eine deutliche Überlebens­
verlängerung
EE profitieren im Gesamtüberleben von einer Zweitlinienchemotherapie
EE werden beim k-Ras-Wildtyp des Tumors mit Cetuximab-Kombinationschemo­
therapien behandelt
EE weisen mit optimaler Therapie ein durchschnittliches Überleben von weniger
als 1 Jahr auf
Frage 8:
Welche Aussage ist falsch? Die Prognose des Plattenepithel­
karzinoms des Ösophagus
EE
EE
EE
EE
EE
hängt stark vom Grading des Tumors ab
wird deutlich von den Grunderkrankungen des Patienten bestimmt
ist abhängig von der betroffenen Höhe des Ösophagus
ist schlechter als beim Adenokarzinom
wird vor allem durch die Metastasierung bestimmt
Frage 9:
Welche Aussage ist falsch? Risikofaktoren beim Ösophagus­
karzinom sind
EE für die Pathogenese des Adenokarzinoms Reflux und BMI
EE für die Pathogenese des Plattenepithelkarzinoms Nikotinabusus
EE für die Operation des Plattenepithelkarzinoms häufiger Begleiterkrankungen als
beim Adenokarzinom
EE molekulargenetisch keine bekannt
EE das Ausmaß der Lymphknotenmetastasierung
Frage 10:
Welche Aussage ist falsch? Für das Staging des Ösophagus­
karzinoms
EE ist die Endosonografie für die Detektion des T-Stadiums sensitiver als eine
Computertomografie (CT)
EE führt eine PET-CT im Vergleich zur CT und MRT zu signifikanten Veränderungen
von Therapieentscheidungen
EE ist die CT für die Detektion von Fernmetastasen das Verfahren der ersten Wahl
EE ist bei fortgeschrittenen und tief sitzenden Barrett-Karzinomen für die Detektion
einer Peritonealkarzinose die Laparoskopie das sensitivste Verfahren
EE ist ein Barium-Breischluck fester Bestandteil der Diagnostik
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