Physikalisch-chemische und biologische Eigenschaften des gereinigten ,,löslichen Antigens" der klassischen Geflügelpest Von WERNER SCHÄFER, KLAUS M Ü N K * u n d M A N F R E D MUSSGAY * * Aus dem Max-Planck-Institut für Virusforschung, Tübingen (Z. Naturforschg. 11 b. 330—338 [1956]; e i n g e g a n g e n am 10. April 1956) Herrn Professor Dr. M a x H a r t ma n n zum 80. Geburtstag gewidmet Das „lösliche Antigen" der klassischen Geflügelpest ist ein kugelförmiges Teilchen mit einem Durchmesser von 10—15 mu, das kettenförmige Aggregate bildet und nach seinem spektrophotometrischen Verhalten Nueleoproteid-Charakter hat. Es ist physikalisch-chemisch nicht von dem „gebundenen Antigen" des Virus-Elementarteilchens zu unterscheiden. Auch serologisch bestehen enge Beziehungen zwischen den beiden Partikeln. Das „lösliche Antigen" reagiert nur mit den virus-spezifischen Seren, mit denen auch das „gebundene Antigen" eine Reaktion eingeht. Von Kaninchen-Serum gegen intakte Elementarteilchen werden beide nicht präzipitiert. Eine Immunität gegen eine Infektion mit KP-Virus vermag das gereinigte „lösliche Antigen" beim Huhn nicht zu erzeugen. B ei der klassischen Geflügelpest (KP) kommt ebenso wie bei einer Reihe anderer Virusinfektionen eine antigen-wirksame Einheit vor, die nicht an die infektiösen Elementarteilchen gebunden ist und als „lösliches Antigen" bezeichnet wird 1 . Um genauere Kenntnisse über die Natur dieser Einheit gewinnen zu können, war es notwendig, sie in weitgehend reiner Form darzustellen. Ein dafür geeignetes Verfahren wurde bereits in früheren Veröffentlichungen beschrieben 2 ' 3 . Inzwischen konnten größere Mengen von gereinigtem „löslichen Antigen" bereitgestellt werden. Dadurch wurde es möglich, sein physikalisch-chemisches und biologisches Verhalten eingehender zu studieren. Es ist geplant, diese Untersuchungen später noch durch chemische Analysen zu ergänzen. A. Material und Methoden I. V i r u s Als KP-Virus wurde ausschließlich der Stamm „Rostock" verwendet, von dem wir einen Zweig in embryonierten Hühnereiern, einen anderen in intracerebralen Passagen bei weißen Mäusen weiterführen. II. R e i n i g u n g d e s „ l ö s l i c h e n A n t i g e n s " Das „lösliche Antigen" wurde auch für die hier beschriebenen Untersuchungen wieder aus Homogenaten von Eihäuten KP-infizierter Hühnerembryonen gewonGegenwärtige Anschriften: * II. Med. Klinik, München. ** Bundesforschungsanstalt f. Viruskrankheiten cl. Tiere, Tübingen. 1 W. S c h ä f e r , Z. Naturforschg. 6b, 207 [1951], 2 W. S c h ä f e r u. K. M u n k , Z. Naturforschg. 7 b, 573 [1952], nen, aus denen die Elementarteilchen sowie andere an Erythrocyten adsorbierbare Partikel vorher weitgehend entfernt waren. Zur Infektion der Hühnerembryonen wurden 102—10:i MLD- 0 des KP-Eipassage-Stammes verwendet. Näheres über das Antigen-Reinigungsverfahren kann aus Tab. 1 entnommen werden, die den Verlauf einer unserer Aufarbeitungen wiedergibt. Wie kürzlich festgestellt wurde, läßt sich eine dem „löslichen Antigen" ähnliche Einheit, die als „gebundenes Antigen" bezeichnet wird, aus den infektiösen Elementarteilehen der KP durch Ausschütteln mit Äther in Freiheit setzen 4 . Da die Elementarteilchen aus unserem Ausgangsmaterial weitgehend entfernt wurden, war nicht damit zu rechnen, daß es sich bei dem von uns isolierten Antigen um diesen Bestandteil der Elementarpartikel handelte. Außerdem ging das auch noch aus zwei Kontroll-Versuchen hervor, in denen wir einmal ein gereinigtes Konzentrat von Elementarpartikeln und weiterhin ein Homogenat von normalen Eihäuten, welchem eine größere Menge von infektiösen Virusteilchen zugesetzt wurde, den auch sonst angewendeten chemischen Reinigungsschritten (Säurefällung, Ausschütteln mit Butanol und Äther, Fällung mit Ammonsulfat) unterwarfen. Teilchen mit virus-spezifiseher antigener Aktivität waren danach in beiden Fällen nicht mehr nachzuweisen. Durch das angewendete Reinigungsverfahren wird demnach nicht das „gebundene Antigen" des Elementarteilchens, sondern das in freier Form in der infizierten Zelle vorliegende „lösliche Antigen" isoliert. III. P h y s i k a l i s c h - c h e mis c h e U n t e r such un g sm e t h o d en Für die elektrophoretischen Untersuchungen wurde eine Apparatur nach Tiselius benutzt. Die Präparate wurden 3 W. Sc h ä f e r u. K. M ü n k , Atti VI. Congr. int. Microbiol. 3, 138 [1953]. 4 W. S c h ä f e r u. W. Z i 11 i g , Z. Naturforschg. 9 b, 779 [1954], Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM Material und Behandlung Eihauthomogenat, gereinigt: 5' 3000 U/Min., 60' 15000 U/Min. 3-mal je 100 ccm gewaschene, gepackte Hühnererythrocyten zugefügt, jeweils nach 10' durch Zentrifugation entfernt Ansäuern mit HCl auf pH 4,5. Sediment abzentrifugiert und gelöst in NaClLösung, pH 8,5 Gereinigt 30' 15000 U/Min. Ausgeschüttelt mit /i-Butanol, ILO-Phase anschließend 2-mal mit Äther kurz geschüttelt, Äther unter vermindertem Druck abgedampft 4 0 % Ammonsulfat, Sediment gelöst in gepufferter 0,9-proz. NaCl-Lösung pH 7,2, Dialyse gegen das gleidie Lösungsmittel Gereinigt 10' 12500 U/Min. Zentrifugierung 1 Stde. 30000 U/Min. Sediment in gepufferter NaCl-Lösung gelöst Wie vorher Gereinigt 12' 3000 U/Min. 30' 12000 U/Min. Men^e N/cm3 [cm3] [mg] K. B . > ( + + ) AntigenVerdiinnung N/ + + K.B. [".'] MLD,o2 — log- HA-Titer 1:1000 Anreicherung theor. prakt. -fach -fach 1100 3,22 1/128 6,3 9,75 1100 3,36 1 128 6,56 6,82 290 3,1 1/500 1,55 250 135 1,24 0,76 1/500 <1/256 0,62 <0,75 0 0 0 0 12 1,86 <1/1000 <0,46 0 0 11 12 0 2,0 0 1/1000 0 0,5 0 0 0 0 0 — — — — 0,68 0,20 1/1000 1/1000 0,17 0,05 0 0 0 0 3,4 3,4 K.B. mit KP-Maus-Serum. Berechnet nach L. J . R e e cl u. H. M u e n c h . Amer. J . Hvg. 27, 493 [1935]. 1 2 — — — — 4 0 4 — — 1 4 1 3,5 — — Nach Bebrütung mit R D E bestimmt. 0 = Nicht bestimmt. :1 Tab. 1. Reinigung des „lösliehen Antigens" der klassischen Geflügelpest. vor Ansatz der Versuche 24—48 Stdn. gegen 4 / Pufferlösung dialysiert. Sie bestand aus einem Phosphatpuffer von pn 7,2, der durch Zugabe von NaCl (etwa 0,5%) auf eine Ionenstärke von 0,1 gebracht wurde. Die analytische Ultrazentrifugierung führten wir in einer Phvwe-Ultrazentrifuge durch, in der die Sichtbarmachung der Sedimentationsgradienten mit dem Skalenverfahren nach Lamm erfolgt 5 . Als Elektronenmikroskop stand ein elektrostatisches Gerät der Firmen AEG/Zeiss zur Verfügung. Die Präparate wurden im Osmiumdampf fixiert, nach dem Eintrocknen mit H.,0 gewaschen und mit Platin-Rhodium unter einem Winkel von 25° bedampft. Die spektropliotometrische Untersuchung im ultravioletten Licht erfolgte mit einer Beckman-Apparatur. Der Stickstoff-Gehalt wurde mit der Kjeldahl-Methode bestimmt. IV. B i o l o g i s c h e Untersuchungsmethoden Die Technik der in bebrüteten Hühnereiern durchgeführten Infektiositäts-Bestimmungen, der Hämagglutinations-Proben sowie der serologischen Reaktionen (Komplementbindungs- [K.B.-] und Präzipitations-Probe) ist 5 G. B e r g o l d , Z. Naturforschg. 1, 100 [1946], an anderer Stelle 4 bereits ausführlich beschrieben worden. Die K.B.-Probe wurde auch dieses Mal mit zwei 100proz. lösenden Komplement-Einheiten angesetzt. Die komplement-bindenden Anti-Seren gewannen wir von Mäusen bzw. Hamstern, die eine Infektion mit dem für die Immunisierung benutzten Virusstamm überstanden hatten. Die präzipitierenden Antiseren stammten von Kaninchen, welche wir mit verhältnismäßig großen Mengen Antigen immunisierten, ohne daß sie irgendwelche Krankheitserscheinungen zeigten. Komplement bind ende 1. Antiseren KP-Mäuse-Serum Die Spendertiere wurden mit dem der Maus adaptierten KP-Stamm insgesamt viermal in Abständen von 10 Tagen subcutan und intraperitoneal geimpft und das Serum 8 Tage nach der letzten Impfung durch Herzpunktion gewonnen. Es reagiert — wie in anderen Untersuchungen gezeigt werden konnte — mit den VirusElementarteilchen der KP dem aus diesen gewonnenen „Hämagglutinin" und „gebundenen Antigen" 4 sowie mit den „Inkompletten Formen" 6 in der Komplementbindungs-Reaktion. e W. S c h ä f e r , W. Z i 11 i g u. K. M u n k , Z. Naturforschg. 9 b, 329 [1954], Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM 2. FMI ^-Mäuse-Serum Die Tiere wurden mit einem in Mäuse-Lungen fortgeführten Influenza-FM/j-Virus zweimal im Abstand von 14 Tagen intranasal infiziert und 8 Tage nach der letzten Infektion entblutet. Von den Spaltprodukten des VirusElementarteilchens der KP reagiert nur das nucleinsäurehaltige „gebundene Antigen", nicht aber das „Hämagglutinin" mit dem so gewonnenen Serum 3. AP-Hamster-Serum Zur Erzeugung eines gegen die atypische Geflügelpest (AP) eingestellten Antiserums wurde ein AP-Virus verwendet (Stamm „Italien"), das drei intracerebrale Passagen im Goldhamster durchlaufen hatte. Mit dem frisch gewonnenen virushaltigen Gehirnmaterial wurden die Spendertiere im Abstand von 15 Tagen zweimal subcutan infiziert; danach starben von 17 Tieren 5 an APInfektion. Von den überlebenden Tieren wurde das Serum 17 Tage nach der letzten Impfung gewonnen. Sämtliche für die K.B. benutzten Seren wurden 30 Min. bei 56° C inaktiviert und durch Zugabe von 0.5% Phenol konserviert. Präzipitierende Antiseren 1. KP-Kaninchen-Serum Immunisierungs-Versuch Die Prüfung des „löslichen Antigens" auf immunisierende Eigenschaften erfolgte an 10—12 Wochen alten Leghornhähnen. Die Tiere wurden mit fallenden Mengen (Verdünnungen nach Potenzen von 4) einer aus gereinigtem „löslichen Antigen" hergestellten Formolvakzine (Formaldehyd-Gehalt etwa 0,4%) intramuscular geimpft, wobei je Verdünnung drei Tiere eingesetzt waren. Jeder Hahn erhielt im Abstand von 12 Tagen zwei Injektionen einer jeweils gleich großen Dosis Impfstoff. Die Prüfung auf Immunität erfolgte 7 Tage nach der letzten Impfung durdi intramusculäre Injektion von etwa 10" MLD_0 (Eitest) des KP-Virus. B. Ergebnisse I. P h y s i k a l i s c h - c h e m i s c h e s c h a f t e n des „ l ö s l i c h e n EigenAntigens" In unseren gereinigten Präparaten wurde bei fünf elektrophoretischen Untersuchungen stets nur ein Gradient gefunden, der sich auch bei Wanderungszeiten bis zu 94 Min. nicht auflöste (s. Abb. 1). Eine genaue Bestimmung der Wanderungsgeschwindigkeit war nicht möglich, weil die Versudie wegen Material- Das für die Erzeugung dieses Antiserums herangezogene Kaninchen wurde mit hochgradig gereinigten Konzentraten von Virus-Elementarteildien der KP immunisiert, die aus infizierter Eiflüssigkeit gewonnen waren. ~Da das Antiserum neben den virus-spezifisdien Antikörpern nodi solche gegen normales Wirtsantigen (NK) aus Eiflüssigkeit enthielt, wurde es mit der entspredienden aus nonnaler Eiflüssigkeit gewonnenen Komponente abgesättigt 8. Nähere Angaben über die Herstellung dieses Serums s. 1. c. 8. 2. „Gebundenes Antigen'-Kaninchen-Serum Als Antigen für die Immunisierung des Serum-Spenders wurde das aus dem Virus-Elementarteilchen der KP in weitgehend reiner Form isolierte „gebundene Antigen" benutzt 4 . Dem Tier wurden bei einer subcutanen und neun intravenösen Injektionen (Abstand je 1 Tag) insgesamt ~ 10 mg Protein injiziert, das größtenteils zur Verstärkung des Immunisierungs-Effektes an frischgefälltes Aluminiumhydroxyd adsorbiert war. 8 Tage nach der letzten Injektion wurde das Serum gewonnen. Nach Zugabe von NK zu diesem Serum bildete sich kein Präzipitat, ein Zeichen, daß es keine gegen NK gerichteten Antikörper enthielt. 3. NK (Normalkomponente)- Kaninchen-Serum Genauere Angaben über die Herstellung dieses Serums finden sich an anderer Stelle 8 . Die zur Immunisierung benutzte NK stammte wiederum aus normaler Eiflüssigkeit. Sämtliche für die Präzipitation benutzten Antiseren wurden durch Zugabe von 0,5% Phenol konserviert. 7 W. S c h ä f e r , Z. Naturforschg. 10b, 81 [1955]. K. M u n k u. W. S c h ä f e r , Z. Naturforsdig. 6 b, 372 [1951]. 8 Abb. 1. Elektrophorese-Diagramm von „löslichem Antigen". Wanderungszeit: 34 Minuten. Anodischer und kathodischer Schenkel. mangels aussdiließlich in einer kleinen, nur 2 cm 3 fassenden Tiselius-Zelle durchgeführt wurden. Der am besten gesidierte Wert liegt bei 6,2 • 10" 5 cm 2 Volt' 1 sec -1 . Obwohl die Präparate elektrophoretisdi homogen erschienen, enthielten sie nach den Ergebnissen der analytischen Ultrazentrifugierung Teilchen mit verschiedenen Sedimentations-Eigenschaften. Es bildeten sich teilweise bis zu drei Gradienten aus (s. Abb. 2, 3 a), deren Sedimentations-Konstanten zwischen ~ 20 und 60 S lagen. Die Hauptmasse des Materials sedimentierte in der Regel mit Konstanten von 30 bis 50 S. In Präparaten mit niedrigeren Antigenkonzentrationen setzten sich die einzelnen Gradienten nicht voneinander ab. Man beobachtete dann, Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM wie es auch in früher beschriebenen Versudien geschah nur einen Gradienten, der jedodi verhältnismäßig breit ist und schnell verflacht (s. Abb. 3 b). Die bei der Elektrophorese und Ultrazentrifugierung erhobenen Befunde lassen sich miteinander vereinbaren, wenn man annimmt, daß in den Präparaten Teilchen gleidier chemischer Besdiaffenheit vorhanden sind, welche zu Aggregaten untersdiiedlicher Größe und damit unterschiedlicher SedimentationsEigenschaften zusammentreten. Entsprechende Aggregate wurden elektronenoptisch tatsächlich nadigewiesen. Wie die in den Abb. 4 * und 5 wiedergegebenen Aufnahmen zeigen, findet man kleinste, offenbar kugelförmige Grundeinheiten mit einem Durdimesser von 10—15 mp, die zumeist zu kettenförmigen Gebilden mit Längen bis zu etwa 150 mp aneinandergereiht sind. Ein Durchmesser von ~ 10 mp für die Grundeinheit ergibt sich auch aus den Sedimentations-Versuchen, wenn man dem Teilchen die niedrigste ermittelte s 20 von etwa 20 S zuordnet und von der Annahme ausgeht, daß es bei einem V 0 von 0,74 kugelförmig und nicht hydratisiert ist. Die elektronenoptisdi untersuchten Proben enthielten neben den beschriebenen Partikeln nur verhältnismäßig selten Gebilde anderer Form und Größe. Es war nunmehr noch nachzuweisen, daß die physikalisch-chemisch erfaßten Teilchen tatsächlich die Träger der spezifischen antigenen Wirksamkeit sind. Dies war schon deshalb anzunehmen, weil — wie bereits früher mitgeteilt 2 — bei der Aufarbeitung normaler Eihäute keine entspredienden Partikel gefunden wurden. Außerdem ließ sich aber audi zeigen, daß das antigen wirksame Prinzip im elektrischen Feld mit dem sich hier ausbildenden Gradienten wandert. Der Versuch wurde in der Weise durchgeführt, daß wir den Gradienten in einen verschiebbaren Abschnitt der Elektrophorese-Zelle hineinwandern ließen, präparativ abtrennten und dann die serologische Aktivität sowie den N-Gehalt des abgetrennten und des Ausgangsmaterials miteinander verglichen. Wie aus Tab. 2 hervorgeht, besaß das abgetrennte Material eine hohe antigene Wirksamkeit. Sie lag trotz Verdünnung durch die Pufferlösung nur etwa 5 0 % unter der des Ausgangsmaterials. Die spezifischen Aktivitäten (bezogen auf N) der beiden Proben waren nahezu gleich hodi. Bei der Ultrazentrifugierung konnte ein entsprediender Nachweis nicht ohne weiteres geführt werden, weil sich hier — wie vorher besdirieben — zu* Abb. 4 u. 5 s. Tafel S. 336 c. Geprüftes Material K. B.* Antigen-Verdünnung 1/512 + + + 1/1024 Ausgang Abgetrennter Gradient 1/256 +++ 1/512 1/768 + + 1/1536 1/384 +++ 1/768 3 N/cm * * N/K.B. [7] (+ ) ["/] 396 0,09 160 0,08 * Mit KP-Maus-Serum. ** Mittelwert aus zwei Bestimmungen. Tab. 2. Wanderung des antigen-wirksamen Prinzips in der Elektrophorese. meist mehrere Gradienten ausbildeten. Trotzdem wurde wenigstens zu zeigen versucht, daß auch hier der größte Teil des Antigens mit dem optisch festgestellten Hauptgradienten absinkt. 160 ß e -Ü .5 «vi m 120 100 80 60 HO 20 0 77 20 25 Z in Komparatorteilen 30 Abb. 2. Sedimentationsdiagramm des „löslichen Antigens". Skalenabstand: 5 cm; Drehzahl: 18 000 U/Min.; N-Gehalt des Präparates: 3,3 mg/cm3. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM SO 30 10 15 20 30 20 Z in Komparatorteilen 30 Abb. 3. a) Sedimentationsdiagramm des „löslichen Antigens". Skalenabstand: 10 cm; Drehzahl: 20 000 U/Min. N-Gehalt des Präparates: 0,830 mg/cm», b) Wie a). Skalenabstand: 17,5 cm; Drehzahl: 30 000 U/Min.; N-Gehalt des Präparates: 0,544 mg/cm3. Dabei gingen wir so vor, daß wir den Gradienten unter optischer Kontrolle bis zur Mitte der analytischen Zelle abzentrifugierten und dann nach vorsichtigem Bremsen des Rotors den Inhalt der Zelle bis auf eine ~ 2 mm über dem Boden liegende Schicht abpipettierten. Aus dem Rückgang der antigenen Aktivität des Überstandes gegenüber der des Ausgangspräparates wurde s.,0 (K.B.), aus der Abnahme des N-Gehaltes s.,0 (N) und aus den optischen Messungen s.,0 (opt.) bestimmt 9 . Wenn die im Hauptgradienten enthaltenen Teilchen mit dem Träger der antigenen Aktivität identisch sind, sollten s.,0 (opt.), s.,0 (K.B.) und s.,0 (N) annähernd übereinstimmen. Wie Tab. 3 zeigt, traf das in zwei unabhängigen Experimenten zu. Da sowohl bei den beschriebenen Elektrophoresewie bei den Ultrazentrifugen-Versuchen neben der antigenen Aktivität gleichzeitig der N-Gehalt der Lösungen bestimmt wurde, können die Ergebnisse dieser Experimente auch für die Beurteilung der Reinheit der Präparate herangezogen werden. Sie lassen erkennen (s. Tab. 2 und 3), daß die stickstoffhaltigen Bestandteile bei beiden Verfahren im wesentlichen mit dem antigenen Prinzip wanderten. Es können demnach neben den Teilchen, die die physikalischdiemischen Eigenschaften der Antigen-Träger besit9 W. S c h ä f e r , G. S c h r a m m Naturforschg. 4 b, 157 [1949], u. E. T r a u b , Z. zen, nur noch geringe Mengen anderer N-haltiger Bestandteile in den Proben vorgelegen haben. Weitere Beweise für eine weitgehende Reinheit unserer Präparate lieferten die schon oben besprochenen analytisch-elektrophoretischen und elektronenoptischen Untersuchungen. Bei der spektrophotometrischen Untersuchung der gereinigten Konzentrate im ultravioletten Licht wurde ein ausgeprägtes Absorptionsmaximum bei einer Wellenlänge von 260 mp gefunden (s. Abb. 6), woraus geschlossen werden kann, daß das isolierte Material Nucleoproteid-Charakter hat. Die bisher ermittelten physikalisch-chemischen Eigenschaften des „löslichen Antigens" sind in Tab. 4 noch einmal kurz zusammengefaßt und denen des „gebundenen Antigens" gegenübergestellt, welches sich durch Behandlung mit Äther aus Elementarteilchen herauslösen läßt und früher schon eingehender untersucht wurde 4 . Wie man aus der Gegenüberstellung ersehen kann, stimmen die beiden Einheiten so weitgehend miteinander überein, daß ihre Differenzierung auf physikalisch-chemischem Wege nicht möglich erscheint. Die weitere Untersuchung ergab, daß sie sich auch in biologischer Hinsicht sehr ähnlich verhalten. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM Versuch Nr. Dauer der Zentrifugation [Min.] U/Min. 20000 1 1/1000 1/2000 + + + + ++ 85 20000 85 1 '4000 — 1 500 1/1000 1 3000 + + + 1/8000 1/4000 1/6000 ++ + 1/12000 1/1000 1/1500 1/3000 1/6000 ++++ 2 KBN Aktivität [7/cm3] [%] K. B. mit KP-Serum Antigen-Verdünnung +++ ++ 1/2000 — 100 780 50 380 100 1660 N [%] 100 48,6 100 yN / K.B. (++) 0,10 + — 35 486 29,3 •9,>o (N) [S] 31,2 41 43 52 55 59 0,10 0,10 1/2000 ++ (opt) (K.~B.) [S] [S] 0,08 Tab. 3. Vergleich von s20 (opt.), s2o (K.B.) und s2o (N). ^•0,900 und zeigte sich auch jetzt wieder bei der Prüfung hochgereinigter Konzentrate in den entsprechenden Testen. In der Komplementhindungs-Prohe hemmte das „lösliche Antigen" nicht nur in Gegenwart von KP-, sondern auch von FM/j-Maus-Serum die Hämolyse. Das letztgenannte Serum reagierte — wie sdion eingangs erwähnt — bei der Untersuchung der VirusSpaltprodukte nicht mit dem „Hämagglutinin", wohl aber mit dem „gebundenen Antigen" der K.P. Die virus-spezifische antigene Aktivität des „löslichen Antigens" war in den Ansätzen mit beiden Seren sehr hoch und entsprach etwa der des „gebundenen Antigens" 4. Mit KP-Serum gaben in unserer Versuchsanordnung, wenn wir die in Vorversuchen ermittelte, am besten geeignete Serum-Verdünnung (gewöhnlidi 1 : 5) benutzten, noch 0,07 ± 0,03 y * Antigen-Stickstoff (Mittel aus 12 Versuchen) eine eindeutig positive K.B.-Reaktion. - 0,800 0,100 0,600 0,500 0,100 0,300 - 0,200 0,100 200 Bei Verwendung von FM/j-Serum reichten — wie der in Tab. 5 wiedergegebene Versuch zeigt — schon 0,04 y N für eine vollständige Ablenkung des Komplementes aus. In Kontrollansätzen mit AP-HamsterSerum und normalem Mäuse-Serum hemmte das „löslidie Antigen" die Hämolyse nicht. ( 1 20 1 HO 1 60 1 80 300 20 X (mju) Abb. 6. UV-Spektrum des „löslichen Antigens". II. B i o l o g i s c h e „löslichen Eigenschaften des Antigens" Ebenso wie das „gebundene Antigen" besitzt auch das „lösliche Antigen" weder infektiöse agglutinierende noch häm- Eigenschaften. Dies wurde schon bei der früher durchgeführten Untersuchung ungereinigter Präparate von „löslichem Antigen" festgestellt 2 Neben der K.B. wurde als weiterer serologischer Test nodi die Präzipitations-Probe herangezogen. Audi hier reagierte das „lösliche Antigen" wieder nur mit dem virus-spezifischen Serum, das audi gegen das „gebundene Antigen" eingestellt ist („gebundenes Antigen"-Kaninchen-Serum, s. Abb. 7). KP-Kanin* = o (mittlere Abweichung). Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM Elektrophoretische Wanderungs-Gesdiwindigkeit in 0,5ü/o NaCl, ml 100-Phosphatpuffer, pH 7,2 cm- V—1 sec 1 Art des Antigens •S'20 „Lösliches Antigen" ~ 20—60 6,2 • 10-5 (?) „Gebundenes Antigen" ~ 20—60 6,1 • 10-5 [S] UV-Spektrophotometrie Elektronenoptisches Aussehen Grundeinheit: kugelförmig, 10—15 m/' Durchmesser. Bildung kettenförmiger Aggregate starke Absorplion bei 260 mp Tab. 4. Physikaliseh-ehemisehe Eigenschaften des „löslichen" und „gebundenen Antigens" der KP. Eingesetzte AntigenMenge [7 N] Antigen „Löslidies Antigen" Kontroll-Antigen [gereinigte „Inkomplette Formen" der KP (6).11] Serum-Verdünnung 1/5 1 10 +++ + ++++ + + ++++ + + ++ — + + 1,6 0,8 0,04 0,02 0,01 — — 10 5 2,5 1,25 Serum-Kontrollen 1/20 1/40 — — — — AK* — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — AKOK** + ++ + ++++ ++++ + +++ + ++ + + ++ + ++++ ++++ ++++ * AK = Antigen-Kontrolle ohne Serum mit Komplement. ** AKOK = Antigen-Kontrolle ohne Serum und ohne Komplement. Tab. 5. Komplementbindungs-Versuch mit FM/i-Serum. chen-Serum, welches durch Immunisierung eines Kaninchens mit intakten KP-Elementarteilchen erzeugt wurde und mit Elementarpartikeln sowie ihrem „Hämagglutinin" eindeutige Präzipitate bildete, vermochte dagegen das „lösliche" ebensowenig wie das „gebundene Antigen" 4 zu präzipitieren (s. Abb. 7). Ein abweichendes Verhalten zeigten unsere Präparate aus „gebundenem" und „löslichem Antigen" lediglich in den Präzipitations-Versuchen, die mit NK-spezißschem Kaninchen-Serum angesetzt wurden. Dabei ließen sich bei dem erstgenannten Antigen keine oder nur sehr geringe 10, in den Präparaten mit „löslichem Antigen" aber verhältnismäßig starke Präzipitate feststellen (s. Abb. 8). Die dadurch nachgewiesene Normale-Komponente kann entweder in irgendeiner Weise mit den Teilchen des „löslichen Antigens" verbunden sein oder aber in freier Form in den Konzentraten vorgelegen haben. Das letztere ist weniger wahrscheinlich. Die entstandenen Präzipi10 W. S c h ä f e r , unveröffentlichte Versuche. täte sind nämlich so groß, daß man, wenn sie nur aus NK und dem entsprechenden Antikörper bestehen würden, mit dem Vorliegen größerer Mengen von freier NK in den Präparaten rechnen müßte. Ein derartig starker Gehalt von freiem Wirtsantigen wäre aber bei der physikalisch-chemischen Reinheitsprüfung wohl kaum dem Nachweis entgangen. Es ist deshalb eher anzunehmen, daß die Flocken aus NK-Antikörpern sowie „löslichen Antigen"-Partikeln, an welche NK gebunden ist, bestehen. Der NK-Anteil der einzelnen Partikel ist offenbar so gering, daß er die physikalisch-chemischen Eigenschaften des „löslichen Antigens" gegenüber denen des „gebundenen Antigens" nicht wesentlich verändert. Inwieweit sich das immunologische Verhalten der beiden virus-spezifischen Antigene deckt, kann auf Grund der bisher durchgeführten Experimente noch nicht entschieden werden. Weitgehend gesichert ist, daß das gereinigte, mit Formol behandelte „lösliche ii W. S c h ä f e r , Arcli. exp. Vet. Med. 9, 218 [1955], Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM Abb. 3. Tropfen einer hochmolekularen RNS-Lösung. Vergrößerung 1 : 20 000. WrMBWÜr '//A '/vl&T*'* U-.Z7 •VAAbb. 4. Hochmolekulare RNS, Vergrößerung 1 : 90 000. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM :fJr<; WM Abb. 5. Hochmolekulare DNS aus Thymus, mit ?n/1000-Essigsäure gewaschen, Vergrößerung 1 : 9 0 000. Abb. 6. RNS-Fäden und TMV-Partikel, mit m/1000-Essigsäure gewaschen, Vergrößerung 1 : 90 000. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM Abb. 7. RNS-Fäden, mit m/1000-Essigsäure gewaschen. W.Schäfer, K. Münk und M. Muss gay, Physikalisch-chemische „löslichen Antigens" der klassischen Gefiiigelpest (S. 330) Abb. 4. Elektronenoptische Aufnahme des „löslichen Antigens". Vergrößerung: 30 000-fach. unci biologisdie Eigenschaften des gereinigten Abb. 5. Wie Abb. 4. Vergrößerung: 60 000-fach. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM H. Förster, L. Wiese eugametos (S. 315) und G. Braunitzer, Über das agglutinierend wirkende Gynogamon von Chlamydomonas Abb. 2. Normale Gruppenbildung beim Zusammengeben männlicher und weiblicher Zellen. Vergr. 89 : 1. Abb. 3. a) Suspension kopulationsbereiter männlicher Zellen, b) dieselben Zellen nach Zugabe des konzentrierten Gynogamons. Hellfeld, Elektronenblitz. Lebendaufnahme. Neofluar 10/0.30, Okular K 6,3-fach, Contax, Vergr. 89 : 1. 5 4 Abb. 4 und Abb. 5. Isoagglutination von männlichen Zellen nach Zugabe von konzentriertem Gynogamon. Die Geißeln sind deutlich sichtbar, sie zeigen alle nach dem Zentrum der Gruppe und sind mit den Enden seitlich verklebt. Phasenkontrast, Elektronenblitz, Lebendaufnahme. Neofluar Ph 100/1.30 Ölimm., Okular K 6,3-fach, Contax. Vergr. 1000: 1. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM .'io? Antigen" keine Immunität gegen eine Infektion mit Antikörper vor allem gegen die KP-Virus bei Hühnern auszulösen vermag. Es reichte Komponente des Virusteilchens geriditet sind 4 . im angesetzten Immunisierungs-Versuch selbst eine Komplementbindungs-Versuch zweimalige Impfung mit je 80 • 10~(i g Antigen-Stick- Antigen" nicht nur im Ansatz mit KP-, sondern auch stoff nicht aus, um die Tiere gegen etwa 10° tödliche in dem mit FM/ t -Maus-Serum das Komplement ab, Virusdosen zu schützen, während bei gleichartigen Vakzinen aus Virus-Elementarteilchen bzw. „Hämagglutinin"- lenkte das Im „lösliche 0,75 „Häm- agglutinin" schon eine einmalige Injektion von < 2 • 10~6 g N 4 - 1 0 genügte, um 5 0 % der Hühner gegen eine gleichstarke Testinfektion zu immunisieren. Die 0,10 Prüfung des „gebundenen Antigens" auf Immunisierungs-Vermögen ist nodi nicht abgesdilossen. In einem bisher durchgeführten Experiment, über das in einer früheren Veröffentlidiung berichtet wurde 4 , / / / besaß das verwendete Präparat zwar eine gewisse 0,05 / X KP-E lementarfeilchen ' l-Antigen / l r ... / / / / / / / / X . / / immunisierende Fähigkeit, die aber geringer war als die der Vakzinen aus Elementarteilchen und „Häm- /KP-Eiemer tar-T. 1-Antigen agglutinin". Es ist nicht ausgeschlossen, daß das betreffende Präparat noch geringe Mengen von ande- 0.05 konzentrates, aus welchem es gewonnen war, ent- hielt und daß diese und nicht das „gebundene Antig e n " für die schützende Wirkung der betreffenden versucht, in umfangreicheren 0,15 Abb. 7. Präzipitation mit KP-Kaninchen- und „gebundenem Antigen"-Kaninchen-Serum. — KP-Kan.-Serum. geb. Antigen-Kan.-Serum. 0,15 Vakzine verantwortlich zu machen sind. Gegenwärtig wird 0,10 mg Antigen-N ren immunisierungs-fähigen Bestandteilen des Virus- Versuchsreihen eine Klärung dieser F r a g e herbeizuführen. C. Besprechung der Ergebnisse D i e Grundeinheit des isolierten £0,10 -9- „löslichen Anti- gens" ist ein kugelförmiges Gebilde mit einem Durdimesser von etwa 1 0 — 1 5 m f x . Sie lagert sich zu kettenförmigen Aggregaten aneinander, die Längen .N £ 0,05 bis zu 150 m// erreichen können. Dies hat zur Folge, daß das Material — obwohl es elektrophoretisch einheitlich wandert — im Sdiwerefeld der Ultrazentrifuge in verschiedenen Gradienten, die den verschiedenen Aggregationsstufen entsprechen, sedimentiert. Die ermittelten Sedimentations-Konstanten liegen zwisdien ~ 20 und 60 S. Nach dem UV-Absorptions- 0,05 0,10 0,15 mg Antigen-N Abb. 8. Präzipitation mit NK-Kaninchen-Serum. — NK-Kan.-Serum. Norm. Kan.-Serum. Spektrum ist das „lösliche Antigen" ein Nucleoproteid. wozu von den Spaltprodukten des Elementarteilchens In den beschriebenen physikalisch-chemischen Eigen- wiederum lediglich das „gebundene Antigen" in der sdiaften Lage ist 7 . hend entspricht dem das „lösliche A n t i g e n " „gebundenen Antigen", weitge- das aus infek- Ein untersdiiedliches Verhalten zeigten unsere Prä- tiösen Elementarteilchen durch Behandlung mit Äther parate von „gebundenem Antigen" und „löslidiem herausgelöst werden kann. Antigen" bisher nur im Immunisierungs-Versuch so- Die serologische Untersuchung ergab, daß sich die wie in der Präzipitations-Probe auf Normale-Kompo- Ähnlichkeit der beiden Teilchen auch auf eine Reihe nente. Während eine Formol-Vakzine antigener Eigenschaften erstreckt. So wird das „lös- triertem „gebundenem Antigen" Hühner gegen eine liche Antigen" in der Präzipitations-Reaktion ledig- nachfolgende Infektion mit KP-Virus zu immunisie- lich vom Antiserum gegen ren vermochte 4 , war dies mit einer entspredienden „gebundenes nicht aber vom KP-Antiserum Antigen", präzipitiert, dessen aus konzen- Vakzine aus „löslichem Antigen" nicht möglich. Von Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM dem NK-Kaninchen-Serum wurde das „lösliche Antigen", nicht aber das „gebundene Antigen" 10 präzipitiert. Es fragt sich jedoch, inwieweit diese Unterschiede als gesidiert bzw. entscheidend angesehen werden können. Die Immunisierungs-Fähigkeit der Vakzine aus einem Konzentrat von „gebundenem Antigen" könnte u. U. darauf zurückzuführen sein, daß diese als Verunreinigung nodi geringe Mengen anderer immunisatorisch wirksamer Bestandteile der Elementarteilchen, wie z. B. das „Hämagglutinin", enthielt. Für eine solche Annahme spricht die Feststellung, daß die spezifische immunisatorische Wirksamkeit (bezogen auf Vakzine N) bei dem Impfstoff aus „gebundenem Antigen" geringer ist als die der Impfstoffe aus Virus-Elementarteilchen bzw. aus deren „Hämagglutinin" 4 ' 1 0 . Das normale Wirtsantigen, das serologisdi beim „löslichen Antigen" festgestellt wurde, ist möglicherweise kein eigentlicher Bestandteil desselben, sondern lediglidi aus dem Gewebehomogenat an seine Oberflädie adsorbiert*. Das „gebundene Antigen" hat hierzu keine Gelegenheit, weil es aus gereinigten Virus-Elementarteilchen herausgelöst wurde. Zu prüfen bleibt noch, inwieweit die NK an dem spektrophotometrisch festgestellten Nucleinsäure-Gehalt des „löslichen Antigens" beteiligt ist. Es wird erwartet, daß sidi aus der eingehenden chemisdien Untersuchung des „löslichen Antigens", über die in einer nächsten Mitteilung berichtet wird, weitere Aufschlüsse über seine Beziehungen zum „gebundenen Antigen" und damit zum Virus-Elementarteilchen ergeben. Gegenwärtig werden drei verschiedene Möglichkeiten hinsichtlich der Bedeutung des „löslichen Antigens" in Erwägung gezogen (vgl. 1. c. 12 ): Es könnte sich bei ihm einmal um ein bei der Virusvermehrung auftretendes Nebenprodukt oder um das Erzeugnis einer abnormalen Virus-Svnthese handeln. Weiterhin könnte es eine Komponente sein, die bei der intracellulären Freilegung der eigentlichen reproduktionsfähigen Viruseinheit vom infizierenden Elementarteil- chen abgelöst wird, und schließlich ist damit zu rechnen, daß es selbst die freigelegte vermehrungsfähige Untereinheit des Virus darstellt. Unsere bisher bei der klassischen Geflügelpest gewonnenen Ergebnisse sprechen bei diesem Virus am ehesten für eine Deutung im letztgenannten Sinne. Es wurde nicht nur wahrscheinlidi gemacht, daß das „lösliche Antigen" der KP wie alle übrigen selbstvermehrungs-fähigen Einheiten Nucleinsäure enthält und mit dem nucleinsäure-haltigen Bestandteil des Virus-Elementarteildiens weitgehend übereinstimmt, sondern auch der Nachweis erbracht, daß dieses Antigen bei der Vermehrung des Virus vor den infektiösen Elementarpartikeln in Erscheinung tritt 1 3 . * Anm. b. d. Korr.: Inzwischen wurde ein Präparat gewonnen, in dem sich serologisch keine NK mehr nachweisen ließ. 12 R. D u l b e c c o , Physiol. Rev. 35, 301 [1955], 13 W. S c h ä f e r u. K. M ü n k , Z. Naturforschg. 7 b, 608 [1952], 14 M. W i e n e r , W. H e n l e u. G. H e n 1 e , J. exp. Medicine 83, 259 [1946]. is G. L. A d a , M. D o n e 11 y u. J. P y e , Austral. \ exp. Biol. med. Sei. 29, 137 [1952], iß G. L. A d a u. B. T. P e r r v , Austral. J. exp. Biol. med. Sei. 32, 177 [1954], * Nach neueren Untersuchungen von A d a [mitgeteilt auf dem Symposium über Biophysik und Biochemie der Viren, London (1956)] soll der RNS-Gehalt des „löslichen Antigens" der Influenza wesentlich geringer sein als ursprünglidi angenommen. Außerdem soll sich das Basenverhältnis der RNS des „löslichen Antigens" von dem der Elementarteilchen-RNS unterscheiden. 1- G. L. A d a , B. T. P e r r y u. J. P y e , Austral. J. exp. Biol. med. Sei. 31, 391 [1953]. is J. E. S m a d e 1, Ch. W. H o a g 1 a n d u. Th. S h e d l o v s k y , J. exp. Medicine 77, 165 [1943], Ähnliche Eigenschaften wie das „lösliche Antigen" der KP besitzt nach den bisher vorliegenden Untersuchungen das der Influenza, dessen Erreger mit dem KP-Virus nahe verwandt ist 7 . Es hat etwa die gleiche Größe 1 4 ' 1 5 und enthält Nucleinsäure 16 *. Bei den Präzipitations-Versuchen in Agar, die A d a und Mitarbb. 17 mit einem angereicherten „löslichen Antigen" von Influenza und spezifischem Antiserum durchführten, wurden bis zu neun Trübungsringe gefunden. Dieses Ergebnis deutet auf eine Heterogenität des Antigenpräparates hin, die u. E. ebenso wie beim „löslichen Antigen" der KP ihre Ursache in der Aggregation der Teilchen haben kann. D a ß auch „lösliche Antigene" anderer Art als die bei Influenza und KP beschriebenen vorkommen können, zeigten die Untersuchungen am Vakzine-Virus, bei dem das in freier Form im infizierten Gewebe auftretende LSAntigen keine Nucleinsäure enthalten soll 1 8 . Unter dem Begriff „lösliches Antigen" werden demnach in der Virusforsdiung Teilchen recht unterschiedlicher Beschaffenheit und Bedeutung zusammengefaßt. G. B e r g e r , I. B r o c k s , P. G i e b l e r , I. K l o e t z e l , U. L i l j e und L. P i s t e r danken wir für ihre Mitarbeit. Die Untersuchungen wurden durdi das B u n desministerium für E r n ä h r u n g , Landw i r t s c h a f t u n d F o r s t e n und die D e u t s c h e F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t gefördert. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:57 AM