Abteilung Molekulare Immunologie (D050)

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Forschungsschwerpunkt D
Tumorimmunologie
Abteilung D050
Molekulare Immunologie
Abteilung Molekulare Immunologie (D050)
Leiter: Prof. Dr.rer.nat. Günter J. Hämmerling
Arbeitsgruppenleiter
PD Dr. rer. nat. Bernd Arnold
Dr.rer.nat. Ruth Ganss
Dr. med. Gerhard Moldenhauer
PD Dr. med. Frank Momburg
Wissenschaftliche Mitarbeiter (DKFZ, Drittmittel)
Dr.rer.nat. Pascale Brocke ( - 9/02)
PhD Anne Forde, Irland
PhD Natalio Garbi, Spanien
PhD Mitsuko Furuya, Japan (- 11/02)
Dr.med. Steffen Heeger
Dipl.Biol. Gorana Hollmann
Dr.rer.nat. Birgit Liliensiek ( - 4/02)
Dr.med. Thilo Oelert
Dr.rer.nat. Thomas Schüler
PhD Satoshi Tanaka, Japan ( - 8/03)
Doktoranden und Diplomanden
cand.med. Jörn Albring
Dipl.Biol. Mario Berger
Dipl.Biol. Mostafa Jarahian
Dipl.Biol Sandra Lüttgau
Dipl.Biol. Cordula Rumig
Dipl.Biol. Karsten Tauber
M.Sc. Microbiol. Kishore Kunapuli
cand.med. Roland Reibke
Dipl.Biol. Simone Stahl
M.Sc. Biotechnol. Neeraj Tiwari
Technische Angestellte (DKFZ, Drittmittel)
Nadja Bulbuc
Kathrin Frank
Elvira Hallauer
Alexandra Klevenz
Günther Küblbeck
Nathalie Michel
Sanela Paljevic
Georg Pougialis
Esmail Rezavandi ( - 5/02)
Diana Saal
Christine Schmitt
Sabine Schmitt
Claudia Schumann ( - 3/02)
Ludmilla Umanska
Martin Wühl
Sekretariat
Birgit Vey
Ein wichtiges Ziel der immunologischen Forschung ist es, das körpereigene Immunsystem zur Abwehr von Tumoren einzusetzen.
Die für die Abwehr verantwortlichen T-Lymphozyten erkennen
Antigene nur nach deren Spaltung in Peptide, die im Zytosol und
in den Endosomen stattfindet. Diese Peptide binden an Haupthistokompatibilitätsmoleküle (MHC) der Klassen I und II und werden dadurch an die Zelloberfläche transportiert, wo sie von
T-Lymphozyten entdeckt werden können, die den Körper laufend
auf das Erscheinen von Fremdantigenen abtasten. Dementsprechend konzentrieren sich unsere Arbeiten auf die Prozessierung
und Präsentation von Antigenen und deren Erkennung, wobei für
MHC Klasse-I- und Klasse-II-Moleküle die Mechanismen und Hilfsmoleküle im Vordergrund stehen, die für die Peptidbeladung der
MHC-Moleküle unerlässlich sind. Tumoren scheinen relativ häufig
diese Erkennungsmechanismen abzuschalten, wodurch sie sich
der Immunabwehr entziehen können. Die genauen Kenntnisse
dieser Mechanismen sind für die Manipulation des Immunsystems
und die Entwicklung von Vakzinen von Bedeutung.
Die Erkennung des MHC/Peptidkomplexes kann nicht nur zur Aktivierung von T-Lymphozyten führen, sondern auch zu deren Inaktivierung (Toleranz). Dieses könnte erklären, warum Tumoren
häufig nicht vom Immunsystem abgestossen werden, obwohl sie
tumorspezifische Antigene besitzen. Deshalb sind weiterhin die
Fragen der Toleranzinduktion und die Brechung der Toleranz für
Tumoren zentrale Aspekte unserer Arbeit. Hierzu werden transgene Tumormäuse eingesetzt. Unsere Untersuchungen haben
gezeigt, dass Tumore häufig nicht von T-Killerzellen zerstört werden können, weil dieser Zugang in das Tumorgewebe blockiert
ist. Änderungen im Mikromilieu des Tumors erlauben aber Infiltration und Zerstörung. Vergleichbare Beobachtungen konnten wir
in transgenen Mausmodellen mit organspezifischer Autoimmunität
machen. Das Verständnis des Mikromilieus und der Mechanismen,
die den Killerzellen Zugang in ein Gewebe erlauben, kann zu neuen Therapiemassnahmen bei Autoimmunität und immunologischer
Tumorbehandlung führen.
Ein vielversprechender Ansatz zur immunologischen Tumorabwehr sind bispezifische Antikörper, die in vivo körpereigene Killerzellen direkt zu den Tumoren lenken und so deren Zerstörung
bewirken können. Nach erfolgreicher Austestung im Tiermodell an
menschlichen Tumoren werden diese bispezifischen Antikörper
zur Zeit in klinischen Studien erprobt.
DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003
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Forschungsschwerpunkt D
Tumorimmunologie
Antigenpräsentation durch MHC II Moleküle
Funktion von HLA-DM und HLA-DO und
Tetraspan-Komplexen
P. Brocke, K. Kunapuli, N. Garbi, M. Wühl, S. Schmidt,
G.J. Hämmerling
In Zusammenarbeit mit F. Batista, Cancer Research Institute,
London, UK; L. Leserman, INSERM Marseille-Luminy, Frankreich;
J. Neefjes, Netherlands Cancer Institue, Amsterdam,
Niederlande; H. Kropshofer, Roche Center for Medical Genomics,
Basel, Schweiz
244
Die vornehmliche Funktion von MHC Klasse II-Molekülen ist
es, körpereigene und fremde Antigene CD4-Zellen zu präsentieren. Sowohl endogene als auch von aussen aufgenommene Antigene werden in endosomalen Kompartimenten durch Proteasen in Peptide zerlegt und binden dort
an MHC-II-Moleküle. Die MHC-II-Peptidkomplexe weren an
die Zelloberfläche transportiert, wo sie von T-Helferzellen
erkannt werden. Während der Biosynthese im endoplasmatischen Retikulum (ER) assoziieren MHC-II-Moleküle mit
der invarianten Kette (Ii), die aufgrund eines Sortierungssignals den Transport von MHC-II-Ii-Komplexen in endosomale Kompartimente bewirkt. Ii bindet an MHC-II-Moleküle
vornehmlich durch ein Segment CLIP, welches die Peptidbindungsstelle blockiert. Nach proteolytischem Abbau von
Ii in endosomalen Beladungskompartimenten verbleibt CLIP
in der Bindungsgrube des Klasse-II-Moleküls und muss entfernt werden, bevor antigene Peptide binden können. Für
diesen Prozess ist das akzessorische Molekül HLA-DM essentiell (H2-M in der Maus) (Kropshofer, H. et al. Immunol.
Today 18: 77-82, 1997; Kropshofer, H. et al. Immunity 6:
293-302, 1997; Armandola, E.A. et al.. In: Frontiere della
Biologia. Enciclopedia Italiana. Eds.: R. Levi-Montalcin et al.
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Immunology 11, 394-403, 1999; Arndt, S.O. et al. EMBO
J. 19: 1241-1251, 2000; Kropshofer, H. et al. Immunol.
Rev. 172: 267-278, 1999]. Hierbei verändert DM die
Konformation von MHC-II, was sich auf Erkennung durch
T-Helferzellen auswirkt [1]. Ein Grossteil von HLA-DM ist
sehr fest mit einem weiteren Molekül assoziiert, HLA-DO
(in der Maus H2-O), dessen Funktion noch unklar und Gegenstand unserer Untersuchungen ist. MHC-Klasse-II, DMund DO-Komplexe sind wiederum in Superkomplexen
(Mikrodomänen) mit verschiedenen Tetraspan-Molekülen
wie CD82, CD53 und CD63 eingebunden, deren immunologische Funktion ebenfalls völlig unklar ist (Kropshofer, H.,
et al. Immunol. Rev. 172: 267-278, 1999 [2]).
HLA-DO: ein Regulator für HLA-DM.
HLA-DO ist ein MHC-II verwandtes Molekül, in MHC-kodiert,
und geht mit DM hochaffine Komplexe im ER ein. Im Gegensatz zu DM ist DO nahezu ausschliesslich in B-Zellen exprimiert. Seine biologische Rolle ist jedoch nicht klar. Unsere
in vitro-Untersuchungen mit gereinigten Molekülen haben
gezeigt, dass DO die Funktion bei DM in der Peptidbeladung
verstärkt, aber nur im sauren pH der späten endosomalen
Kompartimente [3]. Um die Funktion von H2-O in zellulären
Systemen zu untersuchen, haben wir B-Zelllinien generiert,
die H2-O überexprimieren, bzw. nach Transfektion mit AntiSense-Konstrukten stark reduziert exprimieren. Die Ergebnisse zeigen, dass H2-O in frühen endosomalen Kompartimenten die Präsentation verschiedener Antigene negativ
moduliert, aber nicht die Präsentation von Antigen in späten, sauren endosomalen Kompartimenten [4]. Vergleichbare Befunde wurden mit H2-O-transgenen und H2-Oknockout Mäusen gemacht [4]. Wir postulieren, dass H2-O
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Molekulare Immunologie
die Antigenpräsentation und damit Aktivierung der B-Zellen verhindert, die das Antigen über die Flüssigphase aufnehmen. Antigenpräsentation und Aktivierung mit Antikörperbildung würde dann wahrscheinlich für die Antigene erfolgen, die spezifisch über den B-Zellrezeptor BCR aufnehmen [2]. Diese Fragen werden z.Zt. mit Zelllinien untersucht, die das Antigen über spezifische BCR aufnehmen
und verschiedene Mengen von H2-O exprimieren, und auch
mit H2-O knockout und BCR transgenen Mäusen. Um den
Einfluss von Tetraspan Superkomplexen auf die Antigenpräsentation aufzuklären, haben wir erfolgreich CD82 und
CD53 knockout-Mäuse hergestellt, die gegenwärtig untersucht werden.
Publikationen (* = externer Koautor)
[1] Verreck F.A.W., Fargeas C.A, Hämmerling G.J., Conformational alterations during biosynthesis of HLA-DR3 molecules controlled by invariant chain and HLA-DM. Eur.J.Immunol 31: 10291036, 2001
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Periphere Toleranz im Immunsystem
B. Arnold, R. Ganss, G.J. Hämmerling, A. Forde,
G. Hollmann, G. Küblbeck, A. Klevenz, N. Michel,
T. Oelert, S. Paljevic, G. Pougialis, R. Reibke,
C. Rumig, T. Sacher, S. Schmitt, T. Schüler
In Zusammenarbeit mit G. Opdenakker, Leuven, Belgien;
D. Stern, New York, USA; G. Schütz, Heidelberg, D; T. Chavakis
und P. Nawroth, Heidelberg; A. Limmer und P. Knolle, Bonn; S.
Goerdt, Mannheim; G. Hoyne, Canberra, Australien
Zur Entwicklung therapeutischer Ansätze bei Autoimmunerkrankungen und in der Transplantation sowie zum Einsatz
des Immunsystems bei der Bekämpfung von Tumoren ist
die Kenntnis der Zusammenhänge essentiell, unter denen
Immunreaktionen in Toleranz bzw. Gewebezerstörung münden. Wir beschäftigen uns daher mit der Frage, wie periphere T-Zellen mit einer Spezifität für Antigene, die ausschliesslich in extralymphatischen Geweben unter physiologischen
Bedingungen exprimiert werden, ruhiggestellt werden und
welche Vorgänge zur Brechung dieser Toleranz führen können.
Während der neonatalen Phase tragen verschiedene Prozesse zum Aufbau eines T-Zellrepertoires bei, das uns einerseits gegen Pathogene schützt, aber andererseits körpereigenes Gewebe nicht angreift. So expandieren die im
Thymus gereiften T-Zellen in den peripheren lymphoiden
Organen auch ohne die Anwesenheit der entsprechenden
Pathogene, um den vorhandenen Platz zu füllen. Dabei
entwickeln sie sich zum Teil in Gedächtniszellen, die möglicherweise im Falle einer Infektion zu einer schnelleren und
damit effektiveren Bekämpfung des Erregers beitragen
könnten [1].
Andererseits ist diese frühe Entwicklungsphase von besonderer Bedeutung für die Ausprägung immunologischer Toleranz. So können z.B. naive T-Zellen während der neonatalen Phase in hoher Zahl in Gewebe wie z.B. die Haut
DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003
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Tumorimmunologie
einwandern. Ein direkter Kontakt mit einem Antigen, das
sich nur auf Keratinozyten befindet - in unserem Modell
das Kb Antigen, das unter dem Keratin-IV-Promotor in transgenen Mäusen exprimiert ist (2.4KerIV-Kb) - ist somit möglich
und induziert Toleranz in den entsprechenden T-Zellen,
ohne sie zu eliminieren [2-4]. Diese Toleranz bleibt auch im
Erwachsenenalter erhalten, obwohl die zu diesem Zeitpunkt
neu aus dem Thymus exportierten Zellen nicht mehr in die
Haut einwandern können und daher naiv bleiben. Wir
müssen daher eine Form von dominanter Toleranz postulieren, die diese naiven, Kb-reaktiven T-Zellen daran hindert,
Kb-positive Transplantate abzustossen. Da wir mit T-ZellRezeptor-transgenen Mäusen mit K b-Spezifität arbeiten,
können wir die entsprechenden T-Zellen mit Hilfe eines
anti-klonotypischen Antikörpers (Des-TCR) verfolgen. In
Zelltransferstudien konnte gezeigt werden, dass tolerante
CD8+, Des-TCR+ T-Zellen naive T-Zellen, die den gleichen
T-Zell-Rezeptor tragen, an der Abstossung von Kb-positiven Tumortransplantaten hindern können. Analysen der
differentiellen Genexpression zwischen toleranten und aktivierten/naiven T-Zellen mit Hilfe der “DNA micro array”Technologie von Affymetrix führten zur Identifizierung interessanter Kandidatengene, und haben damit die Grundlage zum Studium der molekularen Zusammenhänge dieser Form dominanter Toleranz gelegt.
Neben der Haut haben wir auch die Leber als Zielorgan für
unsere Toleranzstudien gewählt. Da die Kb-spezifischen TZellen in den toleranten Des-TCRxCRP-Kb-Mäusen (Kb-Expression nur auf Hepatozyten in der Leber) und DesTCRx2.4KerIV-Kb-Mäusen (Kb-Expression nur auf Keratinozyten in der Haut) noch immer vorhanden waren, stellten
wir uns die Frage, ob die beobachtete Toleranz in vivo
aufgehoben werden könnte, und ob dies Autoaggression
zur Folge hätte. Wurden diese Mäuse mit syngenen Tumorzellen konfrontiert, die gleichzeitig das Kb-Autoantigen und
Interleukin (IL)-2 exprimieren, so wurde tatsächlich die Aufhebung der Toleranz erreicht. Autoaggression in der Leber
der Des-TCRxCRP-Kb-Tiere wurde jedoch nur beobachtet,
wenn die Tiere zusätzlich zur Brechung von Toleranz mit
einem leberspezifischen Pathogen infiziert wurden, oder
wenn mit Hilfe eines CpG-Oligonukleotids eine Entzündungsreaktion in der Leber induziert wurde. Allerdings war die
Autoaggression nur transient und konnte auch durch wiederholte Gabe des Oligonukleotids nicht in eine chronische
Autoimmunerkrankung umgewandelt werden [5]. Die
Schlussfolgerung aus diesen Untersuchungen ist, dass mindestens zwei Schritte für die organspezifische Autoimmunattacke notwendig sind, nämlich 1. Aktivierung autoreaktiver T-Zellen, und 2. Konditionierung des Organs durch
eine Entzündungsreaktion, wodurch die Infiltration von
autoreaktiven T-Zellen ermöglicht wird. Dieses Konzept wird
auch unterstützt durch unsere tumorimmunologischen Studien.
Da die Aktivierung autoreaktiver T-Zellen nicht notwendigerweise der bestimmende Schritt bei einer Autoimmunerkrankung sein muss, haben wir begonnen, Faktoren, denen
eine grosse Bedeutung in chronischen Entzündungsprozessen zugedacht ist, in unsere Studien mit einzubeziehen. Es wurden daher knockout-Mäuse für folgende Moleküle etabliert: Gelatinase B (in Zusammenarbeit mit G.
Opdenakker, Leuven), “Receptor für advanced glycation
end products” (RAGE) (in Zusammenarbeit mit P. Nawroth,
Heidelberg), und Stabilin-1 sowie Stabilin-2 (in Zusammenarbeit mit S. Goerdt, Mannheim). Sowohl Gelatinase B- [6-8]
wie auch RAGE- [9-13]-defiziente Tiere sind gegen bakteriell
Abteilung D050
Molekulare Immunologie
induzierte Sepsis geschützt. In Zusammenarbeit mit T.
Chavakis konnten wir weiterhin beobachten, dass die Bindung zwischen RAGE auf Endothelzellen und dem β2-Integrin Mac-1 auf Leukozyten zur Extravasation von Leukozyten in Entzündungsherde beiträgt [9]. Diese Befunde unterstreichen die wichtige Rolle von Gelatinase B und RAGE in
Entzündungsprozessen. Die beiden Stabilin-knockout-Mäuse
werden z.Zt. charakterisiert.
Um den Einfluss von Proteinen auf Entzündungsprozesse
bzw. die Immunantwort im Detail studieren zu können, ist
es wünschenswert, die entsprechende Genexpression gewebsspezifisch induzierbar und reversibel regulieren zu können. Wir versuchen, diese Regulation über das Tetrazyklinsystem bzw. über Hormone im Cre/loxP-System aufzubauen. Wir haben daher eine neuartige “knockin-EGFP” (grün
fluoreszierendes Protein)-Rezeptormaus etabliert, deren Zellen nach Cre-Rekombination grün aufleuchten. Das An- bzw.
Ausschalten einer Genexpression kann auf diese Weise auf
Einzelzellebene z.B. in histologischen Schnitten sichtbar gemacht werden [14]. Ferner wurden transgene Tie2CreERT2-Mäuse etabliert, in denen Cre-Expression mit Hilfe
von Tamoxifen ausschliesslich in Endothelzellen induziert
werden kann. Diese Tiere ermöglichen nun das An-, bzw.
Abschalten einer Genexpression in Endothelzellen nach Kreuzung mit entsprechend “gefloxten” Mäusen [15].
Publikationen (* = externer Koautor)
[1] Schuler T, Hämmerling GJ, Arnold B. Cutting Edge: IL-7-dependent homeostatic proliferation of CD8+ T cells in neonatal
mice allows the generation of long-lived natural memory T cells.
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DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003
245
Forschungsschwerpunkt D
Tumorimmunologie
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246
Antigenpräsentation durch MHC-I-Moleküle
Die Rolle von Chaperon-Molekülen und
Aminopeptidasen im endoplasmatischen
Retikulum
F. Momburg, N. Garcia-Garbi, S. Tanaka, N. Tiwari,
M. Papadopoulos, J. Albring, N. Bulbuc,
G.J. Hämmerling
In Zusammenarbeit mit: H. Hengel, Robert-Koch-Institut, Berlin;
Y. Reiss, Tel Aviv University, Ramat Aviv, Israel; M. Lobigs, John
Curtin School of Medical Research, Canberra, Australien
Für eine erfolgreiche Immunantwort durch cytotoxische
T-Zellen ist die spezifische Erkennung eines Antigens notwendig. Cytotoxische T-Zellen erkennen jedoch keine intakten Proteinantigene, sondern Peptide aus intrazellulären
Molekülen (z.B. tumorassoziierte Antigene, virale Proteine), die von Haupthistokompatibilitätskomplex-Klasse-I-Molekülen (MHC-I) auf der Zelloberfläche präsentiert werden.
Hierzu werden intrazelluläre Proteine zunächst durch das
Proteasom, einem cytosolischen Proteasekomplex, in Peptidfragmente geschnitten. Aus dem Cytosol werden diese
Peptide dann vom TAP-Peptidtransporter in das endoplasmatische Retikulum (ER) transportiert, wo sie mit MHC-IMolekülen assoziieren und diese stabilisieren. Im Verlauf ihrer
Reifung im ER werden MHC-I-Moleküle von verschiedenen
Helfermolekülen (Chaperonen) begleitet, die die korrekte
Molekülfaltung sowie die Bindung von Peptiden unterstützen. Nach erfolgreicher Peptidbeladung verlassen MHC-IMoleküle das ER zur Zelloberfläche. In verschiedenen Projekten bearbeiten wir Teilaspekte des MHC-I-abhängigen Weges der Antigenpräsentation.
Verschiedene Viren haben Strategien entwickelt, den Peptidtransport ins ER zu unterbinden, um einer von MHC-IMolekülen abhängigen Immunantwort durch cytotoxische
CD8+ T-Zellen auszuweichen [1]. Zusammen mit Dr. Hengel
(RKI Berlin) haben wir das Cytomegalievirus-Protein gpUS6
charakterisiert, welches an TAP im ER-Lumen bindet und
den Peptidtransport inhibiert und dadurch eine verminderte
MHC-I-Zelloberflächenexpression und Antigenpräsentation
bewirkt [2, 3]. In einem laufenden Projekt bearbeiten wir
die molekularen Strukturen innerhalb der humanen TAP-
Abteilung D050
Molekulare Immunologie
Untereinheiten TAP1 und TAP2, die von gpUS6 im ER angegriffen werden. Andere Arten von Viren verfolgen die Strategie, die von NK(Natürliche Killer)-Zellen vermittelte Immunantwort zu unterlaufen. Zusammen mit unserem australischen Kooperationspartner Dr. Lobigs konnten wir zeigen,
daß es während einer Infektion mit Flaviviren zu einer Erhöhung des TAP-vermittelten Peptidtransports kommt. Als
Folge einer gesteigerten MHC-I-Zelloberflächenexpression
ist die Erkennung der virusinfizierten Zellen durch NK-Zellen blockiert, welche normalerweise MHC-I-defiziente Zellen attackieren [4].
Zusammen mit unserem israelischen Kooperationspartner
Dr. Reiss haben wir die Rolle des ATP-abhängigen 26S-Proteasoms beim Abbau von Modellantigenen in Peptide und
den anschließenden TAP-vermittelten Transport über die
ER-Membran untersucht. In einem In-Vitro-System ließ sich
der gesamte Vorgang mit gereinigten Proteasomen und
TAP-haltigen Membranen rekonstruieren. Proteasomen generierten aminoterminal verlängerte Vorläuferpeptide, die
nach TAP-vermitteltem Transport im ER von einer Metalloaminopeptidase verkürzt wurden [5]. In laufenden Untersuchungen befassen wir uns mit der Rolle der noch wenig
untersuchten Aminopeptidasen ERAP1 und L-RAP im ER.
Die Peptidprozessierung durch ER-Aminopeptidasen wird
nach unseren Befunden vom peptidbindenden MHC-I-Molekül innerhalb des so genannten TAP-abhängigen Peptidbeladungskomplexes gesteuert.
Viele Peptide, die durch TAP ins ER importiert werden,
finden dort aufgrund strenger Anforderungen an die Aminosäuresequenz kein geeignetes MHC-I-Molekül für eine
stabile Bindung. Wir haben herausgefunden, auf welchem
Weg solche Peptide schnell aus dem ER entfernt werden.
Nach vorübergehender Bindung an ER-Chaperone verlassen
überschüssige Peptide wieder das ER durch den Sec61Kanal in Richtung Cytoplasma, wo sie abgebaut werden
[5]. Auch fehlgefaltete Proteine verlassen das ER durch
den Sec61-Kanal, der hauptsächlich als Kanal zum Import
von Proteinen in das ER dient (Translokon-Funktion), um
anschließend im Cytosol von Proteasomen abgebaut zu werden. Wir haben den Mechanismus dieser Protein-Retrotranslokation ins Cytosol näher untersucht und herausgefunden, daß ATP-abhängige Konformationsänderungen von
ER-Chaperonen dabei eine wichtige Rolle spielen [7].
Das ER-residente Chaperon Tapasin ist zu einem zentralen
Forschungsgegenstand der Arbeitsgruppe geworden.
Tapasin ist ein Adaptormolekül, das es MHC-I-Molekülen
ermöglicht, vorübergehend mit dem Peptidtransporter zu
assoziieren. Von uns produzierte Tapasin-defiziente Mäuse
zeigen eine stark verminderte MHC-I-Zelloberflächenexpression und Antigenpräsentation sowie eine reduzierte
Anzahl von CD8+ cytotoxischen T-Zellen [8-10]. In Abwesenheit von Tapasin sind Immunantworten gegen verschiedene Pathogene beeinträchtigt, was auf eine wichtige Rolle
von Tapasin bei der Peptidbeladung von MHC-I hinweist.
Wir konnten zeigen, daß die Tapasin-vermittelte Einbindung
von MHC-I-Molekülen in molekulare Komplexe mit TAP für
die Optimierung des Peptidrepertoires und die Stabilisierung von MHC-I-Molekülen von großer Bedeutung ist [1113]. In laufenden Studien untersuchen wir, auf welche
Art und Weise Tapasin zur Selektion von optimierten Antigenpeptiden beiträgt und wie Tapasin an MHC-I-Moleküle
bindet. Darüberhinaus hat Tapasin eine Chaperon-Funktion für den TAP-Peptidtransporter, welcher in Abwesenheit von Tapasin nur eine sehr geringe Stabilität aufweist
DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003
Forschungsschwerpunkt D
Tumorimmunologie
[11-14]. Gegenwärtig untersuchen wir den molekularen
Mechanismus der Stabilisierung von TAP durch Tapasin.
Wir haben herausgefunden, daß MHC-I-Moleküle im ER mit
der thiolabhängigen Oxidoreduktase ER60 assoziiert sind,
wobei diese beiden Moleküle zeitweilig über eine Disulfidbrücke kovalent verknüpft sind [15, 16]. Die Proteinisomerase ER60 könnte die Funktion haben, intramolekulare
Disulfidbrücken in MHC-I-Molekülen korrekt auszubilden bzw.
diese im Verlauf einer Tapasin- und TAP-abhängigen Peptidbeladung vorübergehend wieder zu öffnen. Gegenwärtig studieren wir die Funktion dieses Chaperons in Bezug
auf die MHC-I-vermittelte Antigenpräsentation anhand von
In-Vitro-Modellen und ER60-defizienten Mäusen.
Publikationen (* = externer Koautor)
[1] Momburg, F., and *Hengel, H. 2002. Obstructing the bottleneck: the transporter associated with antigen processing (TAP)
as a target for immune subversion by viruses. Curr. Top.
Microbiol. Immunol. 269: 57-74.
[2] *Hengel, H. Koopmann, J.-O., *Muranyi, W., *Goulmy, E.,
Hämmerling, G.J., *Koszinowski, U.H., and Momburg, F. 1997. A
viral ER-resident glycoprotein inactivates the MHC-encoded peptide transporter. Immunity 6: 623-632.
[3] *Ulbrecht, M., *Hofmeister, V., *Yüksekdag, G., *Ellwart,
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Antikörper-gestützte Immuntherapie
menschlicher Karzinome und maligner
Lymphome (D0404)
G. Moldenhauer, E. Hallauer, S. Heeger, S. Lüttgau
In Zusammenarbeit mit: F. Breitling, U. Haberkorn und M. Little,
DKFZ; A. Marmé und M. Lindner, Frauenklinik der Universität
Heidelberg; G. Egerer, M. Kornacker und H. Goldschmidt, Medizinische Klinik und Poliklinik V der Universität Heidelberg; R. Haas,
Medizinische Klinik der Universität Düsseldorf; A. Pezzutto, MDC
Berlin-Buch; G. Strauß, Kinderklinik der Universität Ulm; P. Möller,
Pathologisches Institut der Universität Ulm; C. Apostolides und T.
Nikula, Institute for Transuranium Elements, Karlsruhe.
Seit über 100 Jahren, ausgehend Paul Ehrlichs Vorstellung
von Antikörpern als “Zauberkugeln”, sind Immunologen von
der Idee fasziniert, Tumorzellen mit Antikörpermolekülen
allein oder daraus gewonnenen Konjugaten zu zerstören.
Mit Einführung der monoklonalen Antikörper 1975 durch
Köhler und Milstein wurden hohe Erwartungen in eine neue
Immuntherapie von Tumorerkrankungen gesetzt, die sich
jedoch nur in bestimmten Fällen -vor allem bei Leukämien
und malignen Lymphomen- erfüllt haben. Die Probleme,
die bei der Antikörpertherapie auftraten, liegen auf verschiedenen Ebenen. Zum einen stellt die unzureichende Penetration monoklonaler Antikörper in das Tumorgewebe speziell bei soliden und wenig vaskularisierten Tumoren ein großes Hindernis dar. Eine zweite bedeutsame Ursache für
das geringe Ansprechen mit unkonjugierten Antikörpern
reflektiert die erkrankungsbedingte Beeinträchtigung der
körpereigenen humoralen und zellulären Effektormechanismen, das heißt die tumorinduzierte Immunsuppression.
Drittens reagiert die Mehrzahl der therapeutisch angewendeten Antikörper mit Differenzierungsantigenen, die (obgleich meist viel schwächer) auch auf Normalzellen exprimiert sind.
Historisch sind die ersten therapeutisch genutzten monoklonalen Antikörper als bloße Immunglobuline eingesetzt
worden. Später hat man die Spezifität der Antikörper dann
genutzt, um sie als Vehikel für Toxine, Zytostatika oder
radioaktive Substanzen einzusetzen. Einen Meilenstein in
der therapeutischen Anwendung monoklonaler Antikörper
stellte die Zulassung des chimären (Maus/Mensch) Antikörpers MabThera (Rituximab in den angloamerikanischen Ländern) dar, der gegen das CD20 Antigen gerichtet ist. Bei
Non-Hodgkin-Lymphomen der B-Zellreihe wurden durch die
Kombination von Mabtheraâ mit einer zystostatischen Therapie Ansprechraten von nahezu 100% erreicht. Trastuzumab
(Herceptin) stellt einen komplett humanisierten Antikörper
dar, der spezifisch an den HER2-Rezeptor (humaner epider-
DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003
247
Forschungsschwerpunkt D
Tumorimmunologie
maler Wachstumsfaktor Rezeptor 2) bindet. Eine Überexpression des Rezeptors tritt bei etwa 25-30% der Patientinnen mit Mammakarzinom auf und ist assoziiert mit einer
schlechteren Prognose des Krankheitsverlaufs. Die Firstline Therapie des metastasierten Mammakarzinoms mit
HER2 Überexpression erbrachte in 26% der Fälle ein objektives Ansprechen auf die Antikörperbehandlung.
248
Eine interessante neuere Therapiestategie basiert auf der
Zielrichtung zytotoxischer T-Lymphozyten (CTL) auf Tumorzellen mittels bispezifischer Antikörper. Bei den bispezifischen
Antikörpern handelt es sich um Hybridmoleküle, die zwei
unterschiedliche Antigenbindungsstellen besitzen. Sie können entweder durch chemische Verknüpfung von zwei
monovalenten Fab´-Antikörperfragmenten oder eleganter
durch Zellfusion zweier Hybridome zu einem HybridHybridom, welches bispezifische Antikörper sezerniert, erhalten werden. Die Spezifität zytotoxischer T-Zellen ist durch
ihren Antigenrezeptor bestimmt, der auf der Zellmembran
zusammen mit dem CD3 Molekül exprimiert wird. Physiologischerweise erkennen CTL Fremdantigene (genauer:
Peptidbruchstücke derselben) nur in Assoziation mit Strukturen des Haupthistokompatibilitäts-Komplexes (MHC). In
grundlegenden Untersuchungen konnte gezeigt werden,
daß sich CTL unter Umgehung ihrer genetisch determinierten Spezifität durch bispezifische Antikörper auf beliebige
Zielzellen lenken lassen. Dabei wird durch die eine Valenz
des Hybridantikörpers (zumeist anti-CD3) die T-Zelle aktiviert und durch die zweite Valenz die Zielzelle an die TZelle gebunden, von der sie nachfolgend lysiert wird. Die
Selektivität der zytotoxischen Reaktion wird ausschließlich
von der Spezifität des Antikörpers bestimmt und ist nicht
MHC-restringiert.
Bispezifische Antikörper zur Behandlung von
B-Zellneoplasien:
Wir haben Hybrid-Hybridome hergestellt, welche Antikörper der Spezifität CD19xCD3 sezernieren. Wir haben uns
auf das CD19 Molekül als Zielantigen konzentriert, da es
die breiteste Expression während der B-Zelldifferenzierung
aufweist und auf praktisch allen Leukämie und
Lymphomzellen vorkommt, die sich von den B-Lymphozyten herleiten. Der CD19xCD3 bispezifische Antikörper wurde einer umfassenden präklinischen Evaluation unterzogen,
um seine in vitro Wirksamkeit zu belegen. Insbesondere
konnten präaktivierte T-Lymphozyten nach Zugabe von
bispezifischem CD19xCD3 Antikörper sowohl auf allogene
als auch auf autologe Tumorzellen von Patienten mit cALL
(common acute lymphoblastic leukemia) und B-CLL (chronic
lymphocytic leukemia) gelenkt werden und diese effizient
lysieren.
In letzter Zeit haben wir uns auf die Erprobung einer neuen Art von Effektorzellen konzentriert, nämlich der Zytokininduzierten Killerzellen (CIK-Zellen). Hierbei handelt es sich
um T-Lymphozyten, die den natürlichen Killerzellen (NKZellen) sehr ähnlich sind, indem sie eine MHC unabhängige
spontane Zytotoxizität gegen verschiedene Tumorzellen
aufweisen. Eine Besonderheit dieser Zellpopulation, die
etwa 1% der peripheren weißen Blutzellen ausmacht, ist
die Fähigkeit, in Gegenwart eines Gemisches aus IFN-γ,
IL-2 und des Antikörpers OKT3 in Gewebekultur bis tausendfach zu expandieren. Die Kombination der CIK-Zellen
mit dem CD19xCD3 bispezifischen Antikörper erbrachte eine
dramatische Steigerung der Apoptoserate in autologen
B-CLL Proben. Die GMP-gemäße Vermehrung der CIK-Zellen von Patienten wurde inzwischen von unseren klinischen
Kooperationspartnern etabliert. Gegenwärtig bereiten wir
Abteilung D050
Molekulare Immunologie
eine Studie vor, welche die Wertigkeit mit Antikörpern
beladener CIK-Zellen bei CLL Patienten evaluieren soll.
Bispezifische Antikörper zur Behandlung von
Karzinomen:
In einem zweiten Projekt haben wir Hybrid-Hybridome der
Spezifitäten HEA125xCD3 und HEA125xCD264 hergestellt.
Der Antikörper HEA125 reagiert mit dem Membranglykoprotein Ep-CAM, das auf praktisch allen Karzinomzellen aber
auch auf normalen epithelialen Zellen des Menschen (allerdings in geringerer Konzentration) exprimiert ist. Eine besondere Eigenschaft dieses Antigens liegt darin, daß es auch
auf bösartig veränderten Tumorzellen niemals verloren geht,
während viele andere Membranmarker während der Krebsentwicklung nicht mehr nachweisbar sind.
Patientinnen mit Ovarialkarzinom entwickeln im Endstadium der Erkrankung häufig eine tumorbedingte Bauchwassersucht (maligner Aszites). Sie haben nicht nur eine begrenzte Lebenserwartung sondern auch eine stark eingeschränkte Lebensqualität. Der Aszites, der in der Regel ein
Volumen von mehreren Litern aufweist, führt häufig zu
schweren körperlichen Beeinträchtigungen wie Atemeinschränkung und Verlegung des Darmtrakts. Dies macht die
wiederholte Punktion mit Ablassen der Aszitesflüssigkeit
erforderlich, die allerdings oft binnen Tagen oder Wochen
nachgebildet wird. Immunologische Zusatzbehandlungen
scheinen eine geeignete palliative Möglichkeit für diese Gruppe von Patientinnen zu eröffnen, für die es kaum therapeutische Alternativen gibt.
Bisher wurden 11 Patientinnen mit fortgeschrittenem und
konventionell nicht mehr therapierbarem Ovarialkarzinom
und massiver Aszitesbildung in eine klinische Studie aufgenommen, die wir zusammen mit der Frauenklinik der Universität Heidelberg durchführen. Das Behandlungsprotokoll
schreibt die möglichst vollständige Abpunktion der Aszitesflüssigkeit und die nachfolgende Gabe von 1 Milligramm
bispezifischen Antikörper HEA125xOKT3 in die Bauchhöhle
vor. Die Behandlung wird viermal in wöchentlichem Abstand
wiederholt. Alle Patientinnen sprachen klinisch auf die Behandlung an. Bei 9 Patientinnen kam es zu einem völligen
Verschwinden der Aszitesproduktion, während 2 Patientinnen eine signifikante Rückbildung des Flüssigkeitsvolumens
aufwiesen. Bemerkenswerterweise zeigten 8 Patientinnen
eine Stabilisierung beziehungsweise einen Rückgang des
Tumormarkers CA125 im Serum. Die beobachteten Nebenwirkungen waren für die Patientinnen tolerabel und bestanden vor allem in Fieber, Schüttelfrost, Blutdruckabsenkung
und allergischen Hautreaktionen, die durch eine Begleitmedikation gut behandelbar waren. Als Ergebnis der Studie
können wir zusammenfassen, daß alle Patientinnen zumindest im Sinne einer Verbesserung der Lebensqualität von
der lokalen Antikörpertherapie profitiert haben, ohne belastende Nebenwirkungen in Kauf nehmen zu müssen.
In Spätstadien des Mammakarzinoms tritt häufig - ähnlich
wie beim Ovarialkarzinom - ein maligner Erguß auf, der in
der Pleurahöhle lokalisiert ist und die Atmung stark behindert. Nach bereits erteiltem positivem Votum der örtlichen
Ethik-Kommission steht der Beginn der klinischen Erprobung des HEA125xOKT3 Antikörpers als lokale Immuntherapie bei dieser Indikation unmittelbar bevor.
Alpha-Immuntherapie von Non-HodgkinLymphomen
Die Alpha-Immuntherapie stellt eine experimentelle Form
der Radioimmuntherapie dar, welche Antikörper als CarrierMoleküle einsetzt, um eine an den Antikörper konjugierte
DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003
Forschungsschwerpunkt D
Tumorimmunologie
radioaktive Substanz mit hoher Spezifität an die Tumorzellen zu bringen. Aufgrund ihrer besonderen physikalischen
Eigenschaften scheinen Alpha-Strahlen emittierende Radioisotope wie Bismuth-213 (213Bi) besonders geeignet zu sein.
Diese erlauben, bei einer geringen Eindringtiefe von nur
wenigen Zelldurchmessern (50-100 µm) aber hohem linearen Energietransfer (LET) von ca. 100 keV/µm, das selektive Applizieren von wesentlich höheren Strahlendosen als
beispielsweise bei einer Therapie mit Betastrahlern. Nachdem präklinische Experimente mit 213Bi-gekoppelten antiCD19- und anti-CD20-Antikörpern zur Behandlung des NonHodgkin Lymphoms (NHL) viel versprechende Resultate
zeigten, wurde eine Phase I-Studie im Rahmen einer Kooperation des DKFZ mit der Medizinischen Universitätsklinik
Heidelberg durchgeführt. Bisher wurden bei der Anwendung des mit einem Chelator versehenen und 213Bi-markierten MabThera Antikörpers keine relevanten Toxizitäten
bei den Patienten dieser Dosiseskalationsstudie beobachtet. Die Studie wird derzeit unter Einbeziehung des Universitätsklinkums Düsseldorf fortgesetzt.
Rekombinante Antikörperkonstrukte:
Um das therapeutische Potential von bispezifischen
CD19xCD3 Konstrukten zu erhöhen, haben wir neue rekombinante Moleküle generiert. Zu diesen gehört ein tetravalentes bispezifisches Dimer mit einem Molekulargewicht
von 114 kDa (“Tandem diabody“) sowie ein bivalentes und
bispezifisches Konstrukt mit 57 kDa (“Single-chain diabody“).
Verglichen mit einem konventionellen “Diabody“ wiesen
diese neuen, über einen Peptidlinker verbundenen, Reagenzien neben einer höheren Affinität und Stabilität in vivo
auch eine längere Retentionszeit im Blut auf. Durch die
Gabe des “Tandem diabody“ zusammen mit humanen peripheren Blutlymphozyten und einem CD28 monoklonalen
Antikörper konnten Lymphom-tragende SCID-Mäuse vollständig geheilt werden. Demgegenüber wurde mit dem
konventionellen “Diabody“ nur eine partielle Tumorregression erzielt. Diese Befunde deuten darauf hin, daß
sich der “Tandem diabody“ zu einem vielversprechenden
Konstrukt für die Behandlung von B-Zellneoplasien entwikkeln könnte.
Um die unerwünschten Nebenwirkungen von Antikörpertherapien zu umgehen, die auf der Reaktion gegen das
fremde Immunglobulin beruhen, befassen wir uns mit der
Chimärisierung/Humanisierung von Hybridomantikörpern. Am
Beispiel des von der Maus stammenden monoklonalen Antikörpers HEA125 (gerichtet gegen das Tumor assoziierte
Ep-CAM Antigen) haben wir eine Methode etabliert, durch
den die konstanten Domänen von Antikörpern direkt in
der sie produzierenden Hybridomzelle humanisiert werden
können. Er basiert auf homologer Rekombination im Genom der Hybridomzelle. Die Mausgene, die für den konstanten Teil der leichten Kette des Antikörpers kodieren, konnten bereits durch dieselben humanen Gene ersetzt werden. Die Humanisierung der schweren Kette soll nach dem
gleichen Prinzip geschehen. Neu bei der Durchführung der
homologen Rekombination in diesem Fall ist, dass kein Marker
zur Vorselektion mit eingebracht wird. Dieser wird normalerweise benötigt, um später die sehr wenigen homolog rekombinierten Zellen (etwa 1 Zelle in 10 Millionen) anreichern zu können. Jedoch verringert ein Selektionsmarker
meist die Expressionsstärke des Zielgens und damit die Antikörperproduktion der Hybridomzellen. Um das zu verhindern, geschieht die Isolierung der Zellen, die chimäre Antikörper produzieren, ohne Vorselektion direkt mittels FACSSortierer (Fluorescence Activated Cell Sorting). Die Isolie-
Abteilung D050
Molekulare Immunologie
rung per FACS ist möglich, weil die humanisierten Antikörper auch auf der Oberfläche der sie produzierenden Zellen
ausgeprägt werden und dort als Selektionsmerkmal dienen.
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Transgene Tumormäuse: Kontrolle der
Tumortoleranz und Immunität durch das
Mikromilieu
R. Ganss, N. Garbi, M. Berger, Y. Kawarada, M. Furuya,
S. Stahl, K. Tauber, L. Umansky, C. Schmitt, K. Frank,
B. Arnold, G.J. Hämmerling
In Zusammenarbeit mit E. Klar, R. Ryschich, Universitätsklink
Heidelberg; G. Bergers, UCSF, San Francisco, USA; P. Knolle,
Universität Bonn; A. Hamann, Experimentelle Rheumatologie,
Berlin; Siamon Gordon, Universität Oxford, UK.
In den letzten Jahren durchgeführte Untersuchungen am
Tiermodell und klinische Studien haben gezeigt, dass Tumo-
DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003
249
Forschungsschwerpunkt D
Tumorimmunologie
ren häufig trotz erfolgreicher Aktivierung von tumorspezifischen T Zellen weder eliminiert noch an ihrem Wachstum
gehindert werden. Viele Tumoren sind jedoch eindeutig
immunogen und tumorspezifische T Zellen sind in der Peripherie und in Tumor-infiltrierten Lymphknoten nachweisbar.
250
In eigenen Studien wurde der Effektor-Arm der Tumorabwehr mit Hilfe eines transgenen Tumormodells (RIPTag)
getestet, in dem die Expression von SV40 T Antigen im
endokrinen Pankreas zur schrittweisen Ausbildung von Insulinomen führt. In diesem autochthonen Tumormodell konnten wir zeigen, dass die Kombination eines potenten Tumorantigens (T Antigen) und aktivierter, selbstreaktiver T Zellen nicht ausreichend ist, um Tumortoleranz aufzuheben
(R. Ganss and D. Hanahan, Cancer Res. 58, 4673-4681,
1998). Allerdings führte die Kombination von Entzündungsreaktionen, z.B. ausgelöst durch Bestrahlung, und aktivierter tumorspezifischer Lymphozyten zur Extravasation der
Effektorzellen in das Tumorgewebe (R. Ganss and D.
Hanahan, Cancer Res. 58, 4673-4681, 1998). Diese Beobachtung führte zu der Arbeitshypothese, dass neben der
Tumor-Antigenpräsentation und erfolgreichen Aktivierung
von Effektorzellen das dem Tumor eigene Mikromilieu
massgeblich zur mangelhaften, immunologischen Tumorabwehr beiträgt (Ganss R. et al., Immunol. Rev. 169, 263272, 1999). Im RIPTag Mausmodell erfolgt das Tumorwachstum analog zur klinischen Situation sehr langsam und über
gut charakterisierte Zwischenstadien. Dabei spielt die Ausbildung neuer Blutgefässe (Angioneogenese) als Bestandteil des Tumor Stromas eine Schlüsselrolle in der Expansion
der Tumormasse und der Generierung des Tumor-Mikromilieus. Blutgefässe sind jedoch nicht nur ein wesentlicher
Bestandteil der Sauerstoff- und Nahrungsmittelversorgung,
sondern kontrollieren die Extravasation von Leukozyten in
das Gewebe. Im Prinzip sollte die Rekrutierung und
Extravasation antigenspezifischer T Zellen in Tumorgeweben den gleichen Gesetzmässigkeiten unterliegen wie in
normalen Geweben. Allerdings treffen Effektorzellen im
Tumor nicht auf ausdifferenzierte, der Gewebe-Funktion
angepasste Endothelzellen, sondern auf eine aberrante,
stark proliferierende und möglicherweise de-differenzierte
Blutgefässstruktur. Unser Ziel ist es aufzuklären, welche lokalen Veränderungen im Tumor notwendig sind, um Endothelien zu aktivieren und die Leukozytenextravasation zu
ermöglichen. In diesem Zusammenhang untersuchen wir
auch, welche molekularen Veränderungen während der
Angioneogenese zum Aufbau der beobachteten “Blut-Tumor-Barriere” führen.
Entzündungsreaktionen führen zur immunologischen Tumorabwehr
Solide Tumoren im RIPTag Modell sind nicht infiltriert. Durch
Bestrahlung ausgelöste Entzündungsreaktionen führen jedoch zur temporären Extravasation von Effektorzellen in
das Tumorgewebe. Um diese Beobachtung therapeutisch
zu nutzen, wurden tumortragende RIPTag Mäuse in Langzeitexperimenten mit einer Kombination aus Bestrahlung
und wiederholten Transfers mit Tag-spezifischen T Zellen
behandelt. Bestrahlung oder adoptive Transfers alleine haben keinen therapeutischen Effekt. Dahingegen bewirkt
die Kombinationstherapie die Abstossung bereits etablierter, autochthoner Tumoren und das Überleben von Tagtransgene Tieren, das bis zu einem Jahr verfolgt wurde
[1]. Beobachtet man den Verlauf der Tumorregression über
mehrere Wochen so wird deutlich, dass sich zurückbildende Tumoren makroskopisch verändern und der durch vergrösserte Blutgefässe und Hämorrhagie bedingte “rote”
Abteilung D050
Molekulare Immunologie
Phänotyp verschwindet. In der Intravitalmikroskopie wird
deutlich, dass sich während der Therapie die Tumorblutgefässe umbilden, sich dem Durchmesser normaler Gefässe
anpassen und wieder hierarchische Strukturen ausbilden.
Diese “Normalisierung” der Blutgefässe erfolgt zeitgleich mit
der Extravasation der Effektorzellen und geht der kompletten Tumorabstossung voraus [1]. Aufgrund dieser Ergebnisse postulieren wir, dass die Kombination aus Entzündungsreaktion und adoptiven Transfers die “Öffnung” der
Endothelbarriere für den Angriff der Effektorzellen ermöglicht.
Bestrahlung ist nur eine Möglichkeit, um eine Entzündungsreaktion auszulösen. Von bakterieller DNA abgeleitete, unmethylierte CpG Oligonukleotide aktivieren das Immunsystem indem sie die Ausschüttung entzündungsfördernder
Zytokine induzieren. In einer Reihe unterschiedlicher MausTransplantationstumoren konnten wir in der Tat zeigen,
dass die Injektion von CpG-ODN in direkter Nähe des Tumors
zur kompletten Regression bereits etablierter Tumoren führt.
(Kawarada et al., J. Immunol 167, 5247-5253, 2001). Diese Befunde wurden auf das autochthone RIPTag Model
übertragen. Systemische Applikation von CpG-ODN alleine
hat keinen Effekt auf die Überlebensrate transgener Tiere.
Allerdings konnten wir zeigen, dass intravenöse Injektion
von CpG-ODN zur Hochregulation der Adhäsionsmoleküle
ICAM-1 und VCAM-1 in den Blutgefässen des Pankreas und
der Insulinome führt. Diese Endothel-Aktivierung wird durch
die Aufnahme von CpG-ODN durch Gewebe-Makrophagen
bewirkt und die sehr wahrscheinlich mit der Ausschüttung
von Entzündungsfaktoren verbunden ist. Kombiniert man
nun CpG-ODN mit dem adoptiven Transfer tumor-spezifischer CD4+ und CD8+ Effektorzellen kommt es zur Abstossung bereits etablierter, solider Tumoren. Dieser überzeugende therapeutische Erfolg wird komplementiert durch
die erfolgreiche Behandlung von wachsdenden Transplantationstumoren, die durch peritumorale injection von CpGODN abgestossen werden, wobei NK und tumorspezifische
CD8+ T-Killerzellen induziert wurden [5]. Dieser Befund ist
somit unserem Autoimmun-Modell vergleichbar, wo CpGODN die Autoaggression Lebers-pezifischer Lympozyten gegen Hepatozyten auslöst [3].
Histologische und Molekulare Definition der “BlutTumor-Barriere”
Mit Hilfe intravitalmikroskopischer Untersuchungen konnten wir am RIPTag Mausmodell zum ersten Mal strukturelle
und funktionelle Veränderungen des Tumorendothels in
den verschiedenen Stadien des Tumorwachstums in vivo
verfolgen. Diese Studien haben gezeigt, dass erste morphologische Veränderungen der Blutgefässe schon in den Frühstadien der Tumorentwicklung sichtbar werden; diese ersten aberranten Gefässstrukturen korrelieren noch nicht,
wie allgemein angenommen wird, mit einem verstärkten
Versorgungsbedarf stark expandierender Tumoren [4].
Interessanterweise haben wir schon in den frühen, strukturell-veränderten Blutgefässen ein deutlich verringertes
“Rolling” und “Sticking” von Lymphozyten beobachtet, den
ersten für eine Extravasation notwendigen Schritten. Diese Funktionsstörung bleibt auch in allen nachfolgenden
Tumorstadien erhalten. Damit konnten wir zeigen, dass
die Blutgefässe im Prozess der malignen Transformation die
Infiltration bzw. die funktionelle Interaktion von T Zellen
mit dem Tumorgewebe behindern.
Um die in RIPTag Mäusen dokumentierten morphologischen
und funktionellen Veränderung der Tumorblutgefässe [4]
auch molekular zu charakterisieren, wurden Gefässe aus
DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003
Forschungsschwerpunkt D
Tumorimmunologie
Insulinomen und Langerhans’schen Inseln des Pankreas
aufgereinigt. Ca. 2500 Klone wurden in einer subtraktiven
Hybridisierungs-Studie analysiert. Eines der signfikant hochregulierten Gene ist das RGS-5 Molekül (Regulator of Gprotein Signaling-5), das speziell in den Tumorgefässen
überexprimiert ist (Berger et al. in Vorbe.). RGS Moleküle
inhibieren die Signalübertragung von G-Protein gekoppelten Rezeptoren, die physiologische Funktion in vivo ist aber
noch weitgehend ungeklärt. Ein sehr interessanter Befund
unserer Genexpressionsstudie war, dass die Hochregulation
von RGS-5 genau mit den ersten Gefässveränderungen in
den frühen Tumorstadien korreliert. In therapierten Tumoren, in denen wir eine “Normalisierung” der Gefässe
beschrieben haben [1], ist RGS-5 hingegen nur schwach
exprimiert. Damit ist RGS-5 ein Marker für aktive
Angioneogenese. Wir konnten auch feststellen, dass RGS5 in tumoralen perivaskulären Zellen angereichert ist und
dass sich diese Zellen, ebenso wie endotheliale Zellen,
qualitativ im Tumor Mikromilieu verändern. In weiterführenden Studien werden wir die Zelltyp-spezifische Interaktion von RGS-5 mit Rezeptoren studieren und die mögliche Auswirkungen auf die Funktion von Tumorblutgefässen.
Vergleichende Analysen der Gefässstruktur in Tumor und
Normalgewebe führen wir auch an einem weiteren
trangenen Tiermodell durch, in dem die Expression von T
Antigen in Hepatozyten zur Ausbildung von Leberkarzinomen führt (unveröffentlichte Ergebnisse).
Abteilung D050
Molekulare Immunologie
[5] Kawarada, Y., Ganss, R., Garbi, N., Sacher, T., Arnold, B.,
and Hämmerling, G.J., NK and CD8+ T cell mediated Eradication of
Established Tumors by Peritumoral Injection of CpG-oligodeoxynucleotides. J. Immunol. 2001, 167:5247-5253
Induzierbare Maus-Tumormodelle
Für die Erprobung neuer therapeutischer Ansätze sind
Tumormodelle wünschenswert, die der klinischen Situation
möglichst weitgehend entsprechen. Wir haben deshalb mit
Hilfe der Cre-loxP-Technologie induzierbare Hepatommäuse
entwickelt. Diese Mäuse tragen das Tag Onkogen unter
der Kontrolle des Albuminpromotors. Transkription ist jedoch durch eine floxStop-Kassette blockiert. Nach Injektion
von Cre-Adenovirus, welches das Gen für Cre-Rekombinase
trägt, schneidet diese die floxStop-Kassette heraus, sodass
das Onkogen exprimiert wird. Die Mäuse entwickeln innerhalb von drei Monaten Hepatome. Alternativ kann
Rekombination durch Injection durch Cre-Fusionsprotein
erreicht werden, welches durch eine Protein-Translokationsdomäne direkt von den Hepatozyten aufgenommen wird. Der Vorteil dieser Systeme ist, dass die CreRekombinase titriert werden kann, sodass nur wenige Zellen transformiert werden und wir somit über ein sporadisches und induzierbares Tumormodell verfügen.
Parallel dazu haben wir Mäuse hergestellt, die Tumoren in
verschiedenen Organen entwickeln.
Publikationen (* = externer Koautor)
[1] Ganss R., *Ryschich E., *Klar E., Arnold B., and Hämmerling
G.J. Combination of T-cell therapy and trigger of inflammation
induces remodeling of the vasculature and tumor eradication.
Cancer Res. 2002, 63: 1462-1470.
[2] Garbi N., Gordon S., Arnold B. Hämmerling G.J., and Ganss R.
CpG motifs as proinflammatory factors render autochthonous tumors permissive for infiltration and destruction. J. Immunol. Zur
Veröffentlichung eingereicht.
[3] Sacher T., *Knolle P., Arnold B., Hämmerling G.J., and *Limmer
A. CpG-ODN induced inflammation is sufficient to cause T cell mediated autoaggression against hepatocytes. Eur. J. Immunol.
2002, 32:3628-3637.
[4] *Ryschich E., *Schmidt J., Hämmerling G.J., *Klar E., and
Ganss R. Transformation of the microvascular system during multistage tumorigenesis. Int. J. Cancer 2002, 97: 719-725.
DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003
251
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