Version: 27. Juli 2004 O12 O12 Linsenfehler Stichworte Geometrische Optik, dünne und dicke Linsen, Linsensysteme, Abbildungsgleichungen, Bildkonstruktion, Vergrößerung, reelles und virtuelles Bild, Linsenfehler (Koma, Astigmatismus, Verzeichnung, sphärische und chromatische Aberration), Hauptebene Literaturempfehlung: Walcher Grundlagen Eine ideale optische Abbildung führt Punkte wieder in Punkte, Geraden in Geraden und Ebenen in Ebenen über. Diese sogenannte kollineare Abbildung läßt sich durch Einführen von Hauptpunkten, Hauptebenen, Brennpunkten und Brennebenen eindeutig kennzeichnen und theoretisch berechnen. Die Abbildungseigenschaften von Linsen haben mit der Herleitung dieser Begriffe nichts zu tun, jedoch lassen sich kollineare Abbildungen mit Linsen näherungsweise realisieren. Für dünne Linsen und achsennahe Strahlen beschreibt die Abbildungsgleichung (Linsenformel) 1 1 1 = + f g b (O12- 1) f : Brennweite; g: Gegenstandsweite; b: Bildweite die Geometrie der Abbildung, wenn auf Gegenstands- und Bildseite dasselbe Medium vorhanden ist. Zur Bestimmung der Abbildungsverhältnisse ist es oft am einfachsten, den Strahlengang geometrisch zu konstruieren. Dies ist besonders dann von Vorteil, wenn man komplizierte Linsensysteme vorliegen hat. Dabei verfährt man so, daß man von einem Punkt des Gegenstandes zwei verschiedene Strahlen ausgehen läßt und deren Wege verfolgt, bis sie sich wieder schneiden. Der Schnittpunkt gibt dann den Bildpunkt des entsprechenden Gegenstandspunktes an. Zur Konstruktion benutzt man i.a. 2 ausgewählte Strahlen, deren Eigenschaften bekannt sind, z.B.: ein Strahl durch den Mittelpunkt der Linse wird nicht gebrochen, ein Strahl durch einen Brennpunkt der Linse geht in einen Parallelstrahl über und umgekehrt. Bei dicken Linsen muß man für die geometrische Konstruktion sog. Hauptebenen einführen (Abb. (O12- 1)). Anstelle des tatsächlichen Strahlenverlaufs durch die Linse zeichnet man den Parallelstrahl bis zur gegenüberliegenden Hauptebene und dann durch den Brennpunkt. Ein Mittelpunktsstrahl“ wird parallel ” verschoben. Auf diese Weise kann auch ein Linsensystem aus mehreren Einzel-Linsen als eine dicke Linse mit entsprechenden Hauptebenen aufgefaßt werden. 321 Optik Version: 27. Juli 2004 Abb. O12- 1: linke Abb.: bikonvexe Linse, rechte Abb.: bikonkave Linse. Bildkonstruktion mit Hilfe der Hauptebenen und Hauptpunkte (aus Bergmann-Schaefer, Bd. III) Optische Abbildungen sind praktisch immer fehlerhaft. Die häufigsten Abbildungsfehler sind: 1. Verzeichnung Wenn das Bild dem Gegenstand nicht ähnlich ist, spricht man von einer Verzeichnung. Ursache der Verzeichnung ist die sphärische Aberration. Die Art der Verzeichnung hängt von der Pupillenlage ab. Pupillen oder Blenden sind Flächen, zu denen alle abbildenden Lichtbündel einen gemeinsamen, für alle gleich grossen Querschnitt besitzen. So erhält man z.B. eine kissenförmige“ ” Verzeichnung, wenn die Pupille im Bildraum, eine tonnenförmige“ Verzeichnung, wenn Sie ” im Gegenstandsraum liegt. Die Abbildung wird praktisch verzeichnungsfrei, wenn die Pupille in der Linsenebene liegt. 2. Sphärische Aberration (Zonenfehler) Achsennahe und achsenferne Strahlen, die parallel zur optischen Achse auf eine Linse Abb. O12- 2: Kissen- und tonnenförmige Verfallen, werden unterschiedlich gebrochen. zeichnung durch eine hinter der Linse (a) Als Folge davon liegt der ”Brennpunkt” für und vor der Linse (b) gesetzte Blende (aus achsenferne Strahlen näher an der Linse als Bergmann-Schaefer). der für achsennahe Strahlen. 322 O12 Version: 27. Juli 2004 3. Chromatische Aberration (Farbfehler) Die chromatische Aberration wird durch die Dispersion des Lichts bewirkt: der Brechungsindex hängt von der Wellenlänge des Lichts ab; das bedeutet, daß für blaues Licht der Brennpunkt näher an der Linse liegt als für rotes. 4. Astigmatismus Ist die Begrenzungsfläche der Linse keine exakte Kugelfläche, sondern eine Fläche mit unterschiedlichen Krümmungsradien in zwei zueinander senkrechten Meridianschnitten (hier xz zu yz), so schneiden sich achsenparallele Strahlen in diesen zueinander senkrechten Ebenen in zwei verschiedenen Brennpunkten F1 und F2 . Abb. O12- 3: Zur Erläuterung des Astigmatismus Messung der Brennweite von Linsen Abb. O12- 4: Bessel-Verfahren Zur Messung der Brennweite einer Linse kann man das Bessel-Verfahren benutzen (Abb. (O12- 4)): Ist die gegebene feste Entfernung d zwischen Gegenstand und Bild größer als 4f , so erhält man für zwei verschiedene Stellungen der Linse ein scharfes Bild. Diese beiden Linsenorte I und II liegen symmetrisch zur Mitte von d. Die Differenz zwischen den beiden Linsenstellungen sei e (Abb. (O12- 4)). Wegen der Symmetrie ist mit den Bezeichnungen der Linsenformel (O12- 1): gII = bI = d+e 2 und bII = gI = d−e 2 323 Optik Version: 27. Juli 2004 Dies in Gl. (O12- 1) eingesetzt liefert die gesuchte Brennweite der Linse zu f= d2 − e2 4d (O12- 2) Ist deren Hauptebenen-Abstand h nicht zu vernachlässigen, so muß man ihn von d abziehen, da die Strecke zwischen den Hauptebenen definitionsgemäß weder zur Bild- noch zur Gegenstandsweite gehört. Es ergibt sich damit die gesuchte Brennweite: (d − h)2 − e2 f= ; 4 (d − h) nach Abb. (O12- 4) (O12- 3) Umgekehrt kann aus Gl. (O12- 3) bei bekannter Brennweite der Hauptebenen-Abstand ermittelt werden. Autokollimation Die Bestimmung der Brennweite f einer Linse kann durch Autokollimation erfolgen (Abb. (O12- 5)). Darunter versteht man eine solche Abbildung, bei der ein Gegenstand wieder in der Gegenstandsebene abgebildet wird. Man bringt dazu hinter der Linse einen ebenen Spiegel senkrecht zur optischen Achse an und verschiebt den Gegenstand solange, bis das Bild des GeAbb. O12- 5: Autokollimation genstands in der Gegenstandsebene scharf und gleich groß erscheint. Dann befindet sich der Gegenstand in der Brennebene der Linse. Alle von einem Punkt des Gegenstandes ausgehenden Lichtstrahlen verlaufen nach der Linse parallel, werden reflektiert und in der Brennebene wieder zu einem Punkt vereinigt. Als Gegenstand dient ein Dia, dessen eine Hälfte mit weißer Pappe abgedeckt ist. Befindet sich dieses Dia genau im Abstand der Brennweite f von der Linse, dann erhält man nach Reflexion der Strahlen am Spiegel auf der unteren abgedeckten Diahälfte ein scharfes, mit dem Raster des oberen Dias identisches Bild. Zur direkten Ermittlung der Hauptpunkte (Schnittpunkte der Hauptebenen mit der optischen Achse) bildet man einen unendlich fernen Punkt ab. Bei Drehung der Linse um eine Achse durch den bildseitigen Hauptpunkt darf sich das Bild nicht bewegen. Das lässt sich zeigen, indem man den Strahlengang rückwärts verfolgt (Abb. (O12324 Abb. O12- 6: Zur Bestimmung des Hauptebenen-Abstandes Version: 27. Juli 2004 O12 6)). Der Strahl erfährt bei Drehung der Linse lediglich eine Parallelverschiebung. Das bedeutet aber, daß Strahlen von einem unendlich fernen Gegenstand (Parallelstrahlen) sich in einem Punkt der Brennebene schneiden. Fragen 1. Warum wird paralleles Licht nach Durchlaufen einer Bikonvexlinse fokussiert? 2. Wie hängt die Brennweite einer Linse vom Krümmungsradius ihrer brechenden Kugelflächen und vom Brechungsindex ab? 3. Als Lichtquelle diene eine Lampenwendel, die im Brennpunkt einer Sammellinse stehe. Hat das Strahlenbündel nach Durchlaufen der Linse konstanten Querschnitt ( Parallelstrahl“)? ” Messprogramm Linsenfehler 1. Messung der sphärischen Aberration einer dünnen Linse nach dem BesselVerfahren (Abb. (O12- 4)). Mit drei Kreisringblenden zwischen Dia und Linse werden die verschiedenen Zonen einer Bikonvexlinse zur Abbildung eines Dias verwendet. Pro Linsenzone drei Messungen mit drei Wertepaaren d und e. Danach Brennweitenbestimmung nach Gl. (O12- 2) bzw. (O12- 3). Hinweis: Zwischen Lampe und Dia ist eine Streuscheibe einzuschalten! 2. Messung der chromatischen Aberration ∆f /fmittel für das Zentrum der Linse mit verschiedenen Farben. Benutzen Sie dazu die kleinste Ringblende. Abb. O12- 7: Anordnung zur Messung der chromatischen Aberration 325 Optik Version: 27. Juli 2004 Zunächst wird mittels Autokollimation paralleles Licht erzeugt (Abb. O12- 5). Dann wird die Lochblende gegen das Dia vertauscht, das Farbfilter mit Wärmeschutzfilter in den Strahlengang eingefügt und der Schirm gegen das Mikroskop ausgewechselt (Abb. (O12- 7)). Für jedes der Farbfilter erfolgen 5 Messungen (Ablesung an der Mikroskopskala) zur Lage der Brennebene der mittleren Linsenzone (scharfes Bild des Dias) bei farbigem Licht. Aus den Mittelwerten wird die Verschiebung ∆f /fmittel gegen die Wellenlänge graphisch aufgetragen. fmittel ist die Brennweite der mittleren Linsenzone, die unter a) bestimmt wurde. Die Angabe der Wellenlängen für die Farbfilter finden Sie am Arbeitsplatz. 3. Zeichnen Sie den Strahlengang des in Abb. (O12- 7) dargestellten Aufbaus. 326