Diagnostik und Therapie von Kopf-Hals-Tumoren - biomed

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biomed_Heft_0703
16.11.2007
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schwerpunkt onkologie
Diagnostik und Therapie von
Kopf-Hals-Tumoren
Unter dem Sammelbegriff „Kopf-Hals-Tumoren“ versteht man im
allgemeinen Sprachgebrauch Tumoren des oberen Aero-Digestivtraktes. Meist wird dieser Terminus mit Plattenepithelkarzinomen
gleichgesetzt, da sie mit über 90 % aller Karzinome dieser Region
das weitaus häufigste Malignom der oberen Atem- und Schluckwege darstellen.
Allgemeines
Die nachstehenden Ausführungen beziehen sich auf die Plattenepithelkarzinome der
Mundhöhle, des Oro- und Hypopharynx sowie des Larynx. Als Risikofaktoren für die Entstehung von
Plattenepithelkarzinomen des oberen Atem- und Schlucktraktes sind hoher Tabak- und Alkoholkonsum zu nennen.
Gerade die Kombination beider Faktoren potenziert deren
Einzelwirkung. Einen weiteren Risikofaktor stellt die ungenügende oder fehlende Mundpflege, ebenfalls in Kombination mit übermäßigem Alkohol- und Zigarettenkonsum,
dar. Mechanische Irritationen der Schleimhaut durch einen
schlechten und nicht sanierten Zahnstatus oder durch Zahnprothesen können im Einzelfall zu Schleimhautveränderungen führen, die das Risiko einer Karzinomentstehung erhöhen (Abb. 1).
Schwerpunkt
Diagnostik
Die Untersuchungen im Rahmen einer
Abklärung eines KopfHals-Tumors sollten einem gewissen Schema
folgen. Im Wesentlichen
stützt sich die prätherapeutische Diagnostik
auf vier Säulen:
1.) Klinische HNO-Untersuchung:
Die Erhebung des
genauen HNO-Status
hat vor allem den Sinn,
einen Eindruck über die
Größe des Tumors am wachen Patienten und über eventuelle tumorbedingte Funktionseinschränkungen (z.B. Stimmbandbeweglichkeitsstörungen bei Larynx- oder Hypopharynxkarzinomen) zu bekommen. Ist der Tumor gut zugänglich, kann zur gleichen Zeit eine Probebiopsie entnommen werden.
2.) Endoskopie der oberen Schluck und Atemwege in Allgemeinnarkose:
Die Panendoskopie dient einerseits der exakten Lokalisation und Größenbestimmung des Tumors und andererseits
dem Ausschluss von Zweitkarzinomen, die immerhin in bis
zu 15 % der Fälle vorkommen können. Die Panendoskopie
sollte eine Pharyngo-, Laryngo-, Tracheo-, Broncho- sowie eine Ösophagoskopie umfassen. Die Randbereiche des Tumors
müssen biopsiert werden, um die Tumorgrenzen auch histologisch absichern zu können. Spätestens zu diesem Zeitpunkt
sollte das prätherapeutische T-Stadium festgelegt werden.
3.) Bildgebende Verfahren:
Abb. 1: Leukoplakie des Mundbodens
Betrachtet man die letzten 20 Jahre, so kann man in Österreich eine Veränderung in der Inzidenz von Krebsfällen verschiedener Sublokalisationen erkennen. Am deutlichsten ist
daraus das Ansteigen der Oro- und Hypopharynxkarzinome
zu ersehen, wohingegen die Kehlkopfkarzinome leicht rückläufig sind. Die relativ gesehen stärkere Zunahme des Zigarettenkonsums bei Frauen erklärt auch das schnellere Ansteigen der Inzidenz beim weiblichen Geschlecht in nationalen und internationalen Statistiken.
Als bildgebende Diagnostik für die Darstellung des Primärherdes ist eine CT oder eine MRT zu fordern. Für die Beurteilung der Lymphknotenpathologie kann eine zusätzliche
Sonographie hilfreiche Zusatzinformationen liefern. Prinzipiell wird man in den meisten Fällen mit einer CT auskommen. Die MRT bietet dann Vorteile, wenn eine genaue Abgrenzung im Weichteilgewebe notwendig ist (z.B. bei Zungengrundtumoren oder bei unklarem Wachstumsverhalten
des Tumors in Bezug auf die tiefe Halsfaszie oder aber auch
in der Rezidivdiagnostik), oder wenn durch Zahnplomben eine Beurteilung der Mundhöhle durch Artefaktbildungen nicht
möglich ist. Weiters obligat ist ein Lungenröntgen. Besteht
auch nur der geringste Zweifel an der Metastasenfreiheit der
Lunge, ist eine CT der Lunge zu veranlassen. Weiters hat es
sich bewährt, vor ausgedehnten Eingriffen im Rezidivfall
(„salvage surgery“) eine genaue Abklärung der Lunge auf
Metastasen durchzuführen.
Die weitere radiologische Diagnostik richtet sich nach
Ausdehnung und Sitz des Primärherdes. So sind z.B. bei Tumoren der Mundhöhle, die einen engen Kontakt zur Mandibula haben, Zielaufnahmen zur Beurteilung der Kortikalis
oder auch ein Knochenscan sinnvoll. Bei Eingriffen, die einen
mikrovaskulären Gewebstransfer zur Defektdeckung benötigen, ist prätherapeutisch eine Duplex-Sonographie der Halsgefäße angezeigt.
Eine neue Methode in der Diagnostik von Tumoren stellt
die Positronen-Emissionstomographie (PET) dar. Auf Grund
der fehlenden Detailauflösung kann sie nur in Verbindung mit
anderen bildgebenden Verfahren (CT oder MRT) eingesetzt
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werden. Das Haupteinsatzgebiet liegt momentan noch in der
Rezidivdiagnostik oder bei Halslymphknotenmetastasen bei
fehlendem Primärherd (CUP). Unterschiedliche Ergebnisse
in der Literatur bei einer noch zu geringen Patientenanzahl im
Rahmen der Primärtumordiagnostik sowie die noch hohen
Kosten lassen derzeit eine Anwendung der PET in der Routinediagnostik als nicht sinnvoll erscheinen.
Eine weitere diagnostische Neuigkeit bei Kopf-Hals-Malignomen stellt die Suche nach einem Sentinel-Lymphknoten
dar, wie dies aus der Dermatologie (Melanom) oder der Gynäkologie (Mammakarzinom) bekannt ist. Wenn es auch erste, interessante Daten dazu gibt, ist diese Methode ebenfalls
noch nicht in der Routinediagnostik anwendbar.
4.) Eine internistische Durchuntersuchung sollte immer Teil
der Gesamtdiagnostik von Kopf-Hals-Tumoren sein. Zum
einen sollten andere Tumoren ausgeschlossen werden, zum anderen sollte bei einer Therapieplanung auf den Allgemeinzustand der PatientInnen Rücksicht genommen werden.
Defekten im Mundbodenbereich der gefäßgestielte, voluminösere Musculus pectoralis maior-Lappen zum Einsatz
kommt. Sind Knochenresektionen im Bereich des Unter- oder
Oberkiefers notwendig, ist durch Verwendung von „composite grafts“, wie z.B. eines musculo-cutanen Beckenkammtransplantates, ein funktionell und kosmetisch deutlich besseres Ergebnis zu erzielen, als dies früher möglich war. Aus onkologischer Sicht hat die Tatsache der verbesserten Defektdeckungen letztlich zu einer radikaleren Chirurgie und damit
verbunden zu einer verbesserten Kontrolle des Primärherdes
geführt. Dieser Umstand brachte wiederum mit sich, dass
der Behandlung der lokoregionären Metastasierung mitunter
eine prognoseentscheidende Bedeutung zukommt. Der Stellenwert einer dem Lymphknotenbefall angepassten chirurgischen Sanierung der Halsweichteile (elektive, selektive oder
radikale Neck Dissection) ist daher nicht zu unterschätzen.
Die Einführung des CO2-Lasers in die Otorhinolaryngo-
Therapie
a) Chirurgische Therapie
Im Wesentlichen basiert die Therapie von Kopf-Hals-Malignomen auf drei Säulen: Chirurgie, Radiotherapie und Chemotherapie. Während im vorigen Jahrhundert die Chirurgie
und die Strahlentherapie Therapien der Wahl waren, so hat
sich in den letzten zehn Jahren die Chemotherapie als drittes
wichtiges Standbein etabliert.
Nach wie vor gilt aber, dass operable Tumoren (siehe
Abb. 3: Stimmbandkarzinom auf Boden einer Larynxpapillomatose,
beide Stimmbänder betreffend
Abb. 2: T2-Zungenrandkarzinom
Abb. 2) einer Resektion zugeführt werden und je nach Ausdehnung und Lymphknotenbefall eine adjuvante Strahlentherapie erfolgen sollte. Weiterentwicklungen in der Mikrochirurgie und die Einführung des chirurgischen Lasers
haben deutliche Verbesserungen in der Funktionserhaltung gebracht. Die Technik des mikrovaskulär anastomosierten Gewebetransfers hat die Möglichkeit geschaffen, auch große
Defekte nach Tumorresektionen zu decken. Die Wahl unter
einer Vielzahl von Lappenplastiken lässt in vielen Fällen ein
zumindest akzeptables funktionelles Ergebnis zu. So eignet
sich z.B. der frei transplantierte Unterarm-Radialislappen
sehr gut zur Defektdeckung im Bereich des weichen Gaumens und der Pharynxseitenwand, wohingegen bei großen
logie war die Grundlage für gewebe- und funktionsschonende Laserresektionen, wie sie heute durchgeführt werden. Der
Einsatz der transoralen Lasermikrochirurgie hat die Anzahl
der organerhaltenden Eingriffe bei vergleichbarem onkologischem Resultat erhöht und die postoperativen funktionellen Ergebnisse verbessert (siehe z.B. Abb. 3, Stimmbandkarzinom).
Der Verlust der Stimme nach Laryngektomie gehört zu den
einschneidensten Folgen im Rahmen der Behandlung von
HNO-Tumoren. Aus diesem Grund wurde seit jeher ein besonderes Augenmerk auf die Stimmrehabilitation nach Kehlkopfentfernungen gerichtet. Viele Versuche wurden unternommen, um auf chirurgischem Wege eine tracheo-ösophageale oder tracheo-hypopharyngeale Shuntbildung herzustellen. Die verschiedenen Operationsmethoden waren teilweise chirurgisch aufwändig und haben wechselnde Erfolge
gezeigt. Innerhalb der letzten Jahre hat sich nun die Verwendung von Stimmprothesen durchgesetzt, die vergleichsweise
einfach einzusetzen sind und in vielen Fällen eine rasche und
befriedigende Stimmrehabilitation zulassen.
An neuen Therapieansätzen, die dem/der HNO-ChirurgIn
zur Verfügung stehen, seien hier die Photodynamische Therapie und die Elektroporation erwähnt. Bei der Photodynamischen Therapie handelt es sich um eine photochemische Re-
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aktion, die das Vorhandensein eines Photosensitizers, von
Sauerstoff und von Licht erfordert. Durch Anregung mit
Licht, dessen Wellenlänge dem Anregungsmaximum des Photosensitizers entsprechen muss, kommt es zu einer photodynamischen Reaktion, die zur Bildung freier Sauerstoffradikale
führt, die letztlich den Zelltod herbeiführen. In größeren klinischen Studien wurden bisher hauptsächlich Porfimer sodium (Photofrin?) und Temoporfin (Foscan?) getestet. Letzteres hat vor kurzem die Zulassung in Europa für die Behandlung von Kopf-Hals-Malignomen erhalten und wird
nun in multizentrischen Studien auf seine genaue therapeutische Wertigkeit hin untersucht.
Die Elektroporation basiert auf der Beobachtung, dass
Zellen in einem elektrischen Feld Membranporen reversibel
öffnen und dadurch die Einschleusung einer Wirksubstanz in
die Zelle in sehr hoher Konzentration möglich ist. So lässt sich
nach lokaler Applikation von z.B. zytotoxischen Substanzen
ein wesentlich höherer intrazellulärer Wirkungsquotient erreichen, als dies nach systemischer Gabe möglich ist. Derzeit
laufende Untersuchungen mit intratumoral appliziertem
Bleomycin und Elektroporation des Tumorareals zeigen
äußerst interessante und ermutigende Ergebnisse. Beiden erwähnten, derzeit noch experimentellen Therapieansätzen ist
das organsparende und funktionserhaltende Potenzial gemein, weswegen eine weitere Verfolgung dieser Techniken
sinnvoll erscheint.
Bestrahlung die Standardtherapie dar. An dieser Stelle soll
aber erwähnt werden, dass auf Grund des erhöhten Nebenwirkungsprofils heute übliche konkomitante Therapieschemata nicht in allen Fällen die Funktionstüchtigkeit des Organs
(z.B. aspirationsfreies Schlucken oder suffiziente Atmung ohne Tracheostoma) gewährleisten.
Im Rezidivfall nach erfolgter chirurgischer Therapie kann
entweder eine weitere Resektion angestrebt werden oder eine Radiotherapie, kombiniert mit einer Chemotherapie, angeboten werden. Sollte bereits eine Strahlentherapie erfolgt
sein, so kann (je nach zeitlichem Abstand zur Ersttherapie) eine weitere Radiatio oder aber auch die Rettungschirurgie
(„salvage surgery“) zum Einsatz kommen. Einen gänzlich
neuen Behandlungsaspekt bei bereits mehrfach therapierten
PatientInnen bieten die gegen bestimmte molekulare Tumorzellstrukturen gerichteten Therapeutika („targeted therapies“). Als Ziel bieten sich hier z.B. Wachstumsrezeptoren
(EGF-, VEGF-Rezeptor) an. Wenn auch einige Substanzen
bei Kopf-Hals-Tumoren in klinischen Studien interessante
Ergebnisse liefern, so ist derzeit (Anfang 2006) in Österreich
nur Cetuximab (Erbitux®, EGF-Rezeptor-Antikörper) für
die Behandlung von Kopf-Hals-Tumoren zugelassen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch Weiterentwicklung konservativer als auch chirurgischer Therapieformen dem von PatientInnen oftmals gehegten Wunsch
nach Organ- bzw. Funktionserhalt immer mehr Rechnung
getragen werden kann. ■
b) Konservative Therapiemöglichkeiten
Nicht-chirurgische Therapieoptionen kommen immer
dann zum Einsatz, wenn entweder eine Operabilität aus Gründen der Tumorausdehnung oder dem Vorliegen von multiplen
Fernmetastasen nicht gegeben ist, oder aber ein/e PatientIn einen operativen Eingriff ablehnt. Gerade in diesem Therapiebereich ließen sich die Therapieerfolge durch Verwendung
neuer Chemotherapeutika und durch gezielte Kombinationen
mit der Strahlentherapie steigern.
So stellt heute bei inoperablen Tumoren oder bei Ablehnung einer operativen Therapie (Wunsch nach Organerhalt)
die konkomitante Radiochemotherapie anstelle der alleinigen
Ao. Univ. Prof. Dr. Martin Burian
Univ.Klinik für Hals-NasenOhrenheilkunde, AKH Wien
Unter Mitarbeit von Univ. Prof. Dr. Gabriela Kornek
(Univ.Klinik Innere Medizin I) und Univ. Prof. Dr. Edgar Selzer
(Univ.Klinik f. Strahlentherapie und Strahlentherapie)
Adipositas stellt einen Risikofaktor für Brustkrebs bei
postmenopausalen Frauen dar
– weniger bekannt ist, dass in
der Prämenopause schlanke
Frauen häufiger betroffen
Brustkrebs ist mit steigender Inzidenz die häufigste Krebsersind.
krankung der Frauen. Die steigende Zahl an Brustkrebsfällen
Etwa 60 % der Tumoren
werden auch heute noch von
hängt auch mit der immer höheren Lebenserwartung zusamder Patientin selber ertastet.
men, da die Erkrankungswahrscheinlichkeit mit dem Alter
Durch eine regelmäßige Mamstark zunimmt.
mografie kann ein Tumor allerdings schon bei einem viel
geringeren Durchmesser als bei
Die hormonelle Verhütung hat im Gegensatz der Eigenuntersuchung entdeckt werden, was sich stark auf
zur postmenopausalen Hormonersatztherapie die Überlebenswahrscheinlichkeit auswirkt. Äußere Anzeichen
keinen entscheidenden Einfluss auf das Brust- für einen Tumor können Einziehungen und Schwellungen
krebsrisiko. Durch eine hormonelle Er- sein. Entzündungszeichen im Bereich der Brust deuten mögSchwerpunkt
satztherapie zur Behandlung von Wechselbe- licherweise auf eine besonders aggressive Form von Brustschwerden steigt das Risiko für Brustkrebs von 1 auf 1,3. krebs hin. Bei einem hartnäckigen Ekzem, das von der BeDieser geringe Anstieg sollte bei ausgeprägten Wechselbe- troffenen häufig über lange Zeit mit diversen Cremes beschwerden kein Grund sein, auf eine Hormonbehandlung zu handelt wird, sollte man immer an die Möglichkeit eines
verzichten.
Morbus Paget denken.
Das Mammakarzinom
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