WS 2008/09 Diskrete Strukturen Prof. Dr. J. Esparza Lehrstuhl für Grundlagen der Softwarezuverlässigkeit und theoretische Informatik Fakultät für Informatik Technische Universität München http://www7.in.tum.de/um/courses/ds/ws0809 Kapitel II - Kombinatorik • Kombinatorische Strukturen und Algorithmen – Ziehen von Elementen aus einer Menge – Kombinatorische Beweisprinzipien – Fundamentale Zählkoeffizienten – Bälle und Urnen 2 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Kombinatorische Beweisprinzipien Grundlegenden Abzählprinzipien zu, die zur Lösung zahlreicher Abzählprobleme verwendet werden. 3 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Die Produktregel Die Anzahl der Elemente des kartesischen Produkts zwischen endlichen Mengen Si ist gleich dem Produkt der Anzahl der Elemente der Mengen Si. 4 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Die Produktregel Die Anzahl der Elemente des kartesischen Produkts endlicher Mengen Si ist gleich dem Produkt der Anzahl der Elemente der Mengen Si. • Als Formel: S i I Si S 5 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München i I Si Kapitel II– Kombinatorik • Die Produktregel Beispiel: Wieviele 4-stelligen Zahlen gibt es, deren i-te Ziffer eine durch i teilbare Zahl ist? Gegeben sind die Mengen Si {0,…,9}, i {1,…,4}, die alle durch i teilbaren Zahlen aus {0,…,9} enthalten. Dann lassen sich die gesuchten Zahlen als Elemente der Relation R = S1 S2 S3 S4 darstellen. 6 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Die Produktregel Beispiel: Wieviele 4-stelligen Zahlen gibt es, deren i-te Ziffer eine durch i teilbare Zahl ist? S1 = {0,1,2,3,4,5,6,7,8,9} S2 = {0,2,4,6,8} S3 = {0,3,6,9} S4 = {0,4,8} Nach der Produktregel gibt es 10 5 4 3 = 600 solche Zahlen. 7 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Produktregel als Baumdiagramm Angenommen, wir können auf drei Wegen von Köln nach Düsseldorf und auf 5 Wegen von Düsseldorf nach München fahren. Wieviele Wege gibt es von Köln nach München? Köln Düsseldorf München 8 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Die Regel des getrennten Abzählens (Summenregel) Die Anzahl der Elemente einer Menge S, die als disjunkte Vereinigung von Mengen Si geschrieben werden kann, ist gleich der Summe der Anzahl der Elemente der Mengen Si. 9 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Die Regel des getrennten Abzählens (Summenregel) Die Anzahl der Elemente einer Menge S, die als disjunkte Vereinigung von Mengen Si geschrieben werden kann, ist gleich der Summe der Anzahl der Elemente der Mengen Si. • Als Formel: S 10 S i I i S Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München i I Si Kapitel II– Kombinatorik • Die Regel des getrennten Abzählens (Summenregel) Auf wie viele Arten können 6 Mädchen und 8 Jungen in eine Reihe von 5 Stühlen setzen, wenn Mädchen und Jungen abwechselnd sitzen müssen? Es werden getrennt die Anzahl von Sitzreihen, die mit einem Mädchen beginnen und die mit einem Jungen beginnen gezählt. 11 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Die Regel des getrennten Abzählens (Summenregel) Mit Mädchen beginnende Reihen: M = 6 ¢ 8 ¢ 5 ¢ 7 ¢ 4 = 6720 Mit Jungen beginnenden Reihen: J = 8 ¢ 6 ¢ 7 ¢ 5 ¢ 6 = 10080 Insgesamt M+J = 16800 Reihen. 12 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik Typischer Fehler: Man nimmt irrtümlich an, dass die Mengen S1, …, Sn Disjunkt sind. Beispiel : zwei Speiler spielen Poker. Der erste Spieler bekommt die Hand A| A~ A 2Ä 3| Mit welcher W‘keit gewinnt er? Wir müssen die Anzahl der Hände berechnen, die gegen diese Hand verlieren. 13 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik 14 Gegen die Hand verliert man: – mit einer Hand der Gestalt XXXYZ. Sei T die Anzahl dieser Hände. – mit einer Hand der Gestalt XXYYZ. Sei DP die Anzahl dieser Hände. – mit einer Hand der Gestalt XXYZW. Sei P die Anzahl dieser Hände. – mit einer Hand XYZUW, die kein straight, flush, oder straight flush sind (d.h., die Karten sind nicht konsekutiv). Sei KP (kein Paar) die Anzahl dieser Hände. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik Damit ist die Gesamtzahl T+DP+P+KP. Richtig? Ja, aber nur wenn beim Zählen der Möglichkeiten darauf geachtet wird, dass X,Y,Z,W,U verschiedene Augenzahlen sein müssen. Sonst werden einige Hände mehrmals gezählt!, und es werden Hände gezählt, die gegen die Hand gewinnen. 15 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Die Gleichheitsregel Existiert eine Bijektion f: S T dann haben die Mengen S und T gleich viele Elemente. • Wird häufig verwendet, wenn eine der beteiligten Mengen einfacher abzuzählen ist. 16 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Anwendung der Gleichheitsregel Beispiel: Wieviele Elemente hat P({1,…,n})? Sei W = {0,1}n die Menge aller n-stelligen Zeichenreihen bestehend aus den Zahlen 0 u. 1. Nach der Produktregel is |W|= 2n. Für A µ {1,…,n} sei f(A) = w1w2…wn W mit wk = 1 falls k A und 0 sonst. Beispiel mit n=5: f({1,3}) = 10100 17 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Anwendung der Gleichheitsregel Beispiel: Wieviele Elemente hat P({1,…,n})? Da es sich bei f um eine bijektive Abbildung handelt gilt nach der Gleichheitsregel |P({1,…,n})| = |W| = 2n. 18 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Noch eine Anwendung der Gleichheitsregel Beispiel: Wie viele Möglichkeiten gibt es, n Euro unter m Kinder zu verteilen? Für n=5 und m=3 gibt es 21 Möglichkeiten: 500 410 401 320 311 320 230 221 212 203 140 131 122 113 104 050 041 032 023 014 005 19 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Anwendung der Gleichheitsregel Beispiel: Wieviele Möglichkeiten gibt es, n Euro unter m Kinder zu verteilen? Sei K={k1, …, km} die Menge der Kinder. Wir ordnen jeder Verteilung (a,b,c) die Multimenge f((a,b,c)) über K, die so oft ein Kind enthält, wie die Anzahl der Euro, die es bekommt. Beispiel: f((1,3,1)) = { k1, k2 , k2 , k2 , k3 } 20 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Anwendung der Gleichheitsregel Beispiel: Wieviele Möglichkeiten gibt es, n Euro unter m Kinder zu verteilen? Die Funktion f ist eine Bijektion zwischen der Menge der Verteilungen und der Menge der nMultimengen einer m-elementigen Menge. Damit ist die Anzahl der Verteilungen µ ¶ m+n¡1 m¡1 21 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Annahme: eine Relation zwischen zwei Mengen S = {s1,…,sn} und T = {t1,…,tm} sei durch eine Matrix mit n Zeilen und m Spalten und Einträgen mij beschrieben. 22 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Annahme: eine Relation zwischen zwei Mengen S = {s1,…,sn} und T = {t1,…,tm} sei durch eine Matrix mit n Zeilen und m Spalten und Einträgen mij beschrieben. Es gelte: 1 wenn s Rt mij 0 i j sonst 23 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Annahme: eine Relation zwischen zwei Mengen S = {s1,…,sn} und T = {t1,…,tm} sei durch eine Matrix mit n Zeilen und m Spalten und Einträgen mij beschrieben. Es gelte: 1 wenn s Rt mij 0 i j sonst Eine solche Matrix wird Inzidenzmatrix genannt. 24 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Was ist eine Matrix Eine n x m Matrix ist ein zweidimensionales Feld mit n Zeilen und m Spalten, deren Einträge Zahlen sind. a11 a1m an1 anm 25 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Beispiel: Relation und Inzidenzmatrix Lemma: In jeder Matrix ist die Summe der Zeilensummen gleich der Summe der Spaltensummen. Beweis: Beide Summen ergeben die Summe aller Einträge. 26 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Für die Summe der Zeilen- bzw. Spaltensummen (Mr bzw. Mc) einer Inzidenzmatrix gilt: n Mr t T i 1 m si Rt Mc 27 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München s S i 1 sRt j Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Für die Summe der Zeilen- bzw. Spaltensummen (Mr bzw. Mc) einer Inzidenzmatrix gilt: n Mr t T i 1 m si Rt Mc s S i 1 sRt j Aus dem Lemma folgt dann das Prinzip der doppelten Abzählung: Mr = Mc 28 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Sei S = T = {1,…,8}. Wir betrachten die Relation i|j (i ist Teiler von j). 1 2 3 4 5 6 7 8 Die Inzidenzmatrix ist: 1 1 1 1 1 1 1 1 1 29 2 0 1 0 1 0 1 0 1 3 0 0 1 0 0 1 0 0 4 0 0 0 1 0 0 0 1 5 0 0 0 0 1 0 0 0 6 0 0 0 0 0 1 0 0 7 0 0 0 0 0 0 1 0 8 0 0 0 0 0 0 0 1 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Sei t(j) = Anzahl von 1’en in Spalte j = Anzahl der Teiler von j. Frage: Wieviele Teiler hat eine Zahl von 1 bis 8 im Durchschnitt? Antwort: P8 1 avg(8) = 8 i=1 t(j) = 1+2+2+3+2+4+2+4 8 30 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München = 2; 75 Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Wie groß ist avg(n) für beliebiges n? Schwer wenn wir die Spalten addieren. In der i-ten Zeile stehen jedoch die Vielfachen von i, nämlich 1i, 2i,…, n/i i, und damit Mr(i) = n/i (Anzahl der 1en in der i-ten Zeile) 31 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Wie groß ist avg(n) für beliebiges n? Aus Mr(i) = n/i folgt unter Berücksichtigung des Prinzips des doppelten Abzählens: avg(n) 1 n n j 1 t( j) 1 n n ni 1 i 32 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Wie groß ist avg(n) für beliebiges n? Aus Mr(i) = n/i folgt unter Berücksichtigung des Prinzips des doppelten Abzählens: avg(n) 1 n n j 1 t( j ) 1 n n ni 1 i 1 n 33 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München n 1 i n i 1 1 i n i Kapitel II– Kombinatorik • Doppeltes Abzählen Wie groß ist avg(n) für beliebiges n? Aus Mr(i) = n/i folgt unter Berücksichtigung des Prinzips des doppelten Abzählens: avg(n) 1 n n j 1 t( j ) 1 n n ni 1 i 1 n n 1 i n i 1 ln n 1 i n i http://de.wikipedia.org/wiki/Harmonische_Reihe 34 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Prinzip der Inklusion/Exklusion Bei der Summenregel müssen die zu vereinigenden Teilmengen disjunkt sein. Das Prinzip der Inklusion/Exklusion erlaubt uns, die Kardinalität der Vereinigung zu beschreiben, wenn die zu vereinigenden Mengen nicht disjunkt sind. • Seien S1 und S2 zwei nicht disjunkte Mengen. Dann gilt: S1 S2 = S1 + S2 S1 S2 35 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Prinzip der Inklusion/Exklusion Beispiel: Wieviele durch 7 oder 11 teilbare natürliche Zahlen kleiner gleich 1000 gibt es? 36 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Prinzip der Inklusion/Exklusion Beispiel: Wieviele durch 7 oder 11 teilbare natürliche Zahlen kleiner gleich 1000 gibt es? Lösung: S1 S 2 S1 S 2 S1 S 2 37 1000 1000 1000 7 11 7 11 142 90 12 220 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Prinzip der Inklusion/Exklusion 38 – Bei der Erweiterung auf die Vereinigung von drei Mengen (A,B,C) ist zu berücksichtigen, dass |A|+|B|+|C| jedes Element in genau einer der Mengen einmal zählt, Elemente in genau zwei der Mengen zweimal zählt und Elemente in genau drei der Mengen dreimal zählt. – Folgt daraus A B C = A + B + C A B A C B C ? Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Prinzip der Inklusion/Exklusion Die grafische Darstellung der Vereinigung von drei nicht disjunkten Mengen: 39 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Prinzip der Inklusion/Exklusion Aus der grafische Darstellung der Vereinigung von drei nicht disjunkten Mengen folgt: A B C = A + B + C A A B B A C 40 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München C B C + Kapitel II – Kombinatorik • Prinzip der Inklusion/Exklusion Beispiel: An den Vorlesungen Inf1, LA und DS nehmen jeweils 1232, 879 und 114 Studierende teil. 103 nehmen an InfI und LA teil, 23 an InfI und DSI und 14 an LA und DSI. 2092 Studierende nehmen an mindestens einer der Vorlesungen teil. 41 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Prinzip der Inklusion/Exklusion Wieviele Studierende nehmen an allen drei Vorlesungen teil? Inf1 = 1232, LA = 879, DS = 114. Inf1 LA = 103, Inf1 DS = 23, LA DS = 14, Inf1 LA DS = 2092. Daraus folgt: Inf1 LA DS = 2092 – 1232 – 879 – 114 + 103 + 23 + 14 = 7 42 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Prinzip der Inklusion/Exklusion – Die Verallgemeinerung auf n Mengen 43 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Prinzip der Inklusion/Exklusion – Die Verallgemeinerung auf n Mengen • Satz: Seien n endliche Mengen S1,…,Sn gegeben. Dann gilt: S1 ... S n Si Si S j 1 i n 1 i j n Si Sj Sk ... 1 i j k n ( 1) n 1 44 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München S1 S2 ... Sn Kapitel II – Kombinatorik • Das Prinzip der Inklusion/Exklusion – Die Kardinalität der Vereinigung von vier Mengen S1,…,S4: 4 S i 1 45 i S1 S2 S3 S4 ( S1 S2 S1 S3 S1 S4 S2 S3 S2 S4 S3 S4 ) ( S1 S2 S3 S1 S2 S3 S4 ) ( S1 S2 S2 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München S4 S3 S1 S3 S4 ) S4 Kapitel II – Kombinatorik • Das Schubfachprinzip Satz: Ist f: X Y eine Abbildung und gilt |X| > |Y|, so gibt es ein y Y mit |f-1(y)| 2. “Wenn man n Elemente auf m Fächer verteilt und n>m ist, dann gibt es mindestens ein Fach, das 2 Elemente enthält.” 46 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Schubfachprinzip Beispiel: In jeder Menge von 13 Personen befinden sich zwei, die im selben Monat Geburtstag haben. Beispiel: Wenn 42 Studenten an einer Klausur teilnehmen, bei der es bis zu 40 Punkte gibt, so gibt es mindestens zwei Studenten, die die gleiche Punktzahl haben. 47 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Schubfachprinzip Satz: In jeder Menge von P Personen gibt es mindestens 2 Personen, die die gleiche Anzahl Personen aus P kennen. (Annahme: die Relation “kennen” ist symmetrisch.) 48 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Schubfachprinzip Beweis des Satzes auf der letzten Seite: Sei P = {p1,…,pn}, f: P {0,…,n-1} die Abbildung, die jeder Person pi P die Anzahl f(pi) zuordnet, die pi kennt. 49 – Da |P| = n = |{0,…,n-1}| kann das Prinzip nicht direkt angewendet werden! – Beachte jedoch, dass entweder pi P: f(pi) = 0 pi: f(pi) {0,…,n-2} oder pi P: f(pi) = 0 pi: f(pi) {1,…,n-1} Daraus folgt: |f(P)|<|P| und mit dem Prinzip der Beweis. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Schubfachprinzip Satz: In jeder (n+1)-elementigen Teilmenge von M = {1,2,...,2n} gibt es mindestens zwei Zahlen, die zueinander teilerfremd sind. Beweis: Unter je n+1 Zahlen der Menge M gibt es stets zwei aufeinanderfolgende; diese Zahlen sind sicher teilerfremd. □ 50 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Schubfachprinzip Satz: In jeder Menge M bestehend aus sechs natürlichen Zahlen (M = {a1, …, a6}) gibt es stets zwei, deren Differenz durch 5 teilbar ist. Beweis: Wir bilden Teilmengen Ki M mit Ki = {ai M: bei Division durch 5 bleibt Rest i}. Nach dem Schubfachprinzip gibt es eine Teilmenge, die zwei Zahlen enthält, die also denselben Rest ergeben. Das bedeutet: deren Differenz ist durch 5 teilbar. □ 51 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Schubfachprinzip Behauptung: Sei A {1, 2, …, 2n} mit |A| = n+1. Dann gibt es immer zwei Zahlen in A, von denen die eine die andere teilt. 52 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das Schubfachprinzip Beweis: Schreibe jedes Element a A in der Form a = 2km (k ℕ0) wobei m eine ungerade Zahl zwischen 0 und 2n sei. Eine solche Darstellung finden wir, da jede Zahl von der Form 2km mit m > 2n - 1 ebenfalls > 2n wäre. Da |A| = 1 + n, es aber bloß n ungerade Zahlen in dem Intervall von 0 bis 2n gibt, müssen zwei Zahlen denselben ungeraden Anteil m haben, somit eine ein Vielfaches der anderen sein. □ 53 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das verallgemeinerte Schubfachprinzip Satz: Ist f: X Y eine Abbildung, so gibt es ein y mit |f-1(y)| |X|/|Y| . Y “Wenn man n Elemente auf m Fächer verteilt, dann gibt es mindestens ein Fach, das mindestens n/m Elemente enthält.” 54 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Widerspruchsbeweis des verallgemeinerten Schubfachprinzip Angenommen keines der Fächer enthält mehr als |X|/|Y| - 1 Elemente. 55 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Widerspruchsbeweis des verallgemeinerten Schubfachprinzip Angenommen keines der Fächer enthält mehr als |X|/|Y| - 1 Elemente. Dann ist die Anzahl aller Elemente höchstens Y X Y 1 Y X Y 1 56 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München 1 X. Kapitel II – Kombinatorik • Widerspruchsbeweis des verallgemeinerten Schubfachprinzip Angenommen keines der Fächer enthält mehr als |X|/|Y| - 1 Elemente. Dann ist die Anzahl aller Elemente höchstens Y X Y 1 Y X Y 1 1 X. Dies ist ein Widerspruch zur Annahme. 57 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München □ Kapitel II – Kombinatorik • Das verallgemeinerte Schubfachprinzip Beispiel: Wenn es N = 380 Studierende in dieser Vorlesung gibt und es gibt 52 Wochen in einem Jahr, dann muss es mindestens eine Woche geben, in der mindestens 380/52 = 7.31 = 8 Studierende der Vorlesung Geburtstag haben. 58 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das verallgemeinerte Schubfachprinzip Satz: In jeder Menge von 6 Personen gibt es 3, die sich alle untereinander kennen oder 3, die sich alle nicht kennen (wobei die Relation “kennen” symmetrisch sei). 59 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • Das verallgemeinerte Schubfachprinzip 1. Beweis: Sei A eine der 6 Personen. Von den verbleibenden 5 Personen kennt A drei oder mehr, oder A kennt drei oder mehr nicht. Dies folgt direkt aus dem verallgemeinerten Schubfachprinzip! (Forts. n. Seite) 60 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • 1. Beweis (Fortsetzung): Im ersten Fall (zweiter Fall analog) nehmen wir an, dass B,C und D die Person A kennen. Wenn sich zwei Personen aus B,C,D kennen, dann erhalten wir mit A die drei Personen, die sich kennen. Wenn sich keine zwei Personen aus B,C,D kennen, dann sind B,C,D die drei Personen, die sich nicht kennen. □ 61 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • 2. Beweis (etwas formaler): Sei P p1,..., p6 . Betrachte die Abbildung 1 "p1 kennt pi " 2,...,6 0,1 mit i 2,...,6 0 "p1 kennt pi nicht " 62 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • 2. Beweis (etwas formaler): Sei P p1,..., p6 . Betrachte die Abbildung 1 "p1 kennt pi " 2,...,6 0,1 mit i 2,...,6 0 "p1 kennt pi nicht " – Aus dem verallgem. Schubfachprinzip folgt: Es gibt mindestens 3 Leute {p2,…, p6}, die p1 kennen, oder es gibt mindestens 3 Leute, die p1 nicht kennen. Wir betrachten die erste Alternative, die zweite ist analog. O.B.d.A. kennt p1 p2, p3 und p4. 63 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel II – Kombinatorik • 2. Beweis (etwas formaler): – 1. Fall: pi,pj {p2,p3,p4}: i j und pi kennt pj. Dann erfüllen {p1,pi,pj} den ersten Teil der Behauptung. – 2. Fall: (Komplement des 1. Falls!) pi,pj {p2,p3,p4}: (i j pi kennt pj nicht). Dann erfüllen {p2,p3,p4} den zweiten Teil der Bahauptung. 64 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München □ Kapitel II – Kombinatorik • Das verallgemeinerte Schubfachprinzip – Hinweis: Die sog. Ramsey-Zahlen R(m,n), mit m,n ℕ und m,n 2, geben die minimale Anzahl von Personen aus einer Gruppe an, so dass sich entweder m Personen kennen oder n Personen nicht kennen. Wir haben also gezeigt, dass R(3,3) ≤ 6. Frage: Warum ist R(3,3) = 6? 65 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 08/09 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München