Programmheft_War_Requiem_RZ_Layout 1

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MUSiK 13
AM
8.11.2014, 19 Uhr, Lutherkirche Stuttgart-Bad Cannstatt
Gedenkstunde
9.11.2014, 19 Uhr, Liederhalle Stuttgart - Beethovensaal
Benjamin Britten War Requiem
DANK
GRUSSWORTE
Unser herzlicher Dank gilt all jenen, die die Arbeit unserer Ensembles
seit Jahren fördern und das Konzert in großzügiger Weise unterstützen.
Gefördert durch die
Fritz Kuhn,
Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart
und Schirmherr der Veranstaltung
Gibt es eine passendere Komposition als das War
Requiem von Benjamin Britten, um der sich jährenden Ereignisse heute zu gedenken? Wohl
kaum. Bringt es doch ein Artikel des Chefmusikkritikers der Londoner Times, William Mann, bereits fünf Tage vor der Uraufführung der am 30. Mai 1962 anlässlich des
Wiederaufbaus der – durch die deutschen Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstörten – Kathedrale von Coventry entstandenen Komposition
auf den Punkt: »Jede neue Requiem-Vertonung steht in Konkurrenz mit
den entsprechenden Stücken von Verdi, Fauré und Mozart. Britten hat
die Aufgabe in seiner eigenen frischen und tief empfundenen Art und
Weise gelöst. Dies ist kein Requiem zum Trost der Lebenden; manchmal
wird es den Toten nicht einmal helfen, in Frieden zu ruhen. Das Werk
wird aber jede lebende Seele aufrütteln, die mehr oder weniger verbreitete Barbarei der Menschheit zu verurteilen, mit all der Autorität, die ein
großartiger Komponist aufbringen kann.«
Und so ist dieses Werk heute, 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges, am 76. Jahrestag der Novemberpogrome, aber auch 25 Jahre
nach Ende der Stasi-Herrschaft, im Zeichen der Konflikte in der Ukraine,
in Syrien und im Irak aktuell wie zu Zeiten seiner Uraufführung.
Ich danke Herrn Professor Hahn und allen Mitwirkenden für ihr Engagement. Allen Besucherinnen und Besuchern des heutigen Abends wünsche ich ein eindrucksvolles Konzert.
Fritz Kuhn
Helmut Nanz
Stiftung
zur Förderung von Kunst und Kunsterziehung
02
Theresia Bauer,
Ministerin für Wissenschaft, Forschung
und Kunst Baden-Württemberg
Dr. h. c. Frank Otfried July,
Bischof der Evangelischen Landeskirche
in Württemberg
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Schwestern und Brüder,
die Aufführung von Benjamin Brittens War Requiem erinnert an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. Es will uns auch heute, 52
Jahre nach der Uraufführung in der Kathedrale in Coventry, unsere Sinne
schärfen. Es gilt, frühzeitig verhängnisvolle Entwicklungen, die ganze
Völker ins Verderben führen, wahrzunehmen. Es gilt, unsere Stimme für
den Frieden zu erheben und diejenigen zu unterstützen, die sich um gewaltlose Lösungen bemühen. Gerade in diesen Tagen und Wochen, in
denen in Syrien und im Irak die grausame Gewalt zu triumphieren scheint,
wollen wir die Stimme der Hoffnung und des Friedens erheben. Auch
das 100jährige Gedächtnis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges hat
viele von uns neu zum Nachdenken und Vordenken gebracht.
Die altkirchlichen Texte der Totenmesse erfahren in Brittens Werk durch
den modernen Protest des Dichters Wilfred Owens, der das reale und
moralische Grauen des Krieges selbst erlebt hat und benennt, eine
große und harte Spannung. Er wendet sich gegen den Krieg, gegen falsche Pietät und hohles Pathos. Owen spricht aber auch vom Mitleiden
mit dem Feind, der als Leidensgenosse zugleich Freund ist. Seine Texte
machen nicht Gott für das Grauen der Kriege verantwortlich, sondern
jene, die die Religion in den Dienst des Krieges stellen. Die Musik Benjamin Brittens setzt diese Überlegungen in eine eindrückliche und unvergessliche Musiksprache um.
Ganz im Sinn von Christoph Blumhardt aus Bad Boll treten wir Christen
als ebenso mutige wie unermüdliche Protestleute gegen Gewalt, Terror,
Krieg und Tod auf. Unser Gebet, unsere Fürbitte, unsere Klage vor Gott
begleitet diesen Protest. Hören wir nicht auf, gegen Gewalt und Tod in
dieser Welt zu protestieren, wo immer diese ihr Unwesen treiben! Und
beten wir! Aber hören wir auch nicht auf, uns zu fragen, wo unser Gebet
begleitet werden kann durch Worte und Taten gegen den Krieg.
Wir stellen uns dieser Aufgabe, so mühsam sie auch sein mag. Es ist der
einzige Weg, der aus den Schrecken des Großen Kriegs und aller anderen
kleinen und großen Kriege hin zum Leben führt.
Das War Requiem von Benjamin Britten ist nicht
nur musikalisch, sondern auch von seiner inhaltlichen Bedeutung her eines der herausragenden
Monumente der Musik des 20. Jahrhunderts. Der
9. November 2014 ist ein geeigneter Anlass, dieses Werk zum Gedenken an den Beginn des Ersten Weltkrieges und die
Reichspogromnacht zur Aufführung zu bringen. Die inhaltliche Aussage
des War Requiems ergänzt eine gemeinsam mit der Akademie für gesprochenes Wort veranstaltete Gedenkstunde, in der der im Krieg getöteten Menschen gedacht wird.
Die Aufführung ist sicher ein musikalischer Höhepunkt der kirchenmusikalischen Veranstaltungen innerhalb der anspruchsvollen und renommierten Konzertreihe »MUSIK AM 13.« im Jahr 2014. Mit dieser Reihe und
mit den Veranstaltungen des Bachchors Stuttgart leistet das Kirchenkreiskantorat Stuttgart unter der Leitung von Kirchenkreiskantor und Kirchenmusikdirektor Jörg-Hannes Hahn einen gewichtigen Beitrag zum
Ruf der Musikstadt Stuttgart.
Besonders freut es mich, dass für die Mitwirkung bei diesem besonderen
Konzert der Kinderchor des Teatr Wielki w Łodzi gewonnen werden
konnten. Mit der Teilnahme dieses Chores aus der Stuttgarter Partnerstadt in Polen trägt die Veranstaltung zum Verständnis und zu der Verständigung zwischen den Völkern bei. Das Land Baden-Württemberg
hat dieses Projekt deshalb gerne unterstützt.
Ich wünsche allen Mitwirkenden und allen Zuhörerinnen und Zuhörern
ein packendes und ergreifendes Erlebnis.
Theresia Bauer
Ihr Dr. Frank Otfried July
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PROGRAMM / AUSFÜHRENDE
8. November 2014 / 19 Uhr / Lutherkirche Stuttgart-Bad Cannstatt
I am the enemy you killed, my friend
Gedichte und Texte im Gedenken an die Opfer der Kriege
Auszüge aus Benjamin Brittens War Requiem op. 66
Elke Twiesselmann Sprecherin
Kamaldev Singh Sprecher
Oliver Dermann Sprecher
Timo Brunke Regie
Catriona Smith Sopran
Matthias Klink Tenor
Ronan Collett Bariton
Helge Aurich Klavier
Kinderchor des Teatr Wielki w Łodzi
Waldemar Sutryk Leitung
Bachchor Stuttgart
Jörg-Hannes Hahn Leitung
In Verbindung mit der Akademie für gesprochenes Wort
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9. November 2014 / 19 Uhr / Liederhalle Stuttgart Beethovensaal
Grußwort Stadtdekan Søren Schwesig
Benjamin Britten 1913–1976
War Requiem op. 66
Catriona Smith Sopran
Alexandra Taktikos Violine 1
Matthias Klink Tenor
Thomas Bilowitzki Violine 2
Ronan Collett Bariton
Madeleine Przybyl Viola
Michael Groß Violoncello
Kinderchor des Teatr Wielki w Łodzi
Waldemar Sutryk Einstudierung
Bachchor Bad Homburg
Stefan Koch-Roos Kontrabass
Susanne Rohn Leitung Kammerorchester
Jenaer Philharmonie
Susanne Rohn Einstudierung
Jörg-Hannes Hahn Leitung
Bachchor Stuttgart
Kammerorchester:
Das Konzert dauert etwa 85 Minuten,
Amanda Chominsky Flöte
kurze Stimmpause nach dem III. Teil.
Jörg Angerer Klarinette
Anne Angerer Oboe
Marc Engelhardt Fagott
Joachim Bänsch Horn
Sabrina von Lüdinghausen Harfe
Jürgen Spitschka Schlagzeug
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EINFÜHRUNG
»All a poet can do today is warn« –
Benjamin Brittens War Requiem
enjamin Britten wurde am 22.
November 1913 in Lowestoft,
einem kleinen Fischerdorf an der
Ostküste von Suffolk, geboren. Es
war sicher kein Zufall, dass sein
Geburtstag auf den Tag fiel, an
dem wir die Patronin der Kirchenmusik feiern. Denn es besteht (in
W. H. Audens unverfänglichen
Worten) kein Zweifel daran, dass
die heilige Cäcilie dieses Kind inspirierte, den ‚Benjamin‘ einer
sechsköpfigen Familie. Britten erhielt seinen ersten Musikunterricht von seiner Mutter und
brachte im Alter von fünf Jahren
bereits seine ersten musikalischen Gedanken zu Papier. Mit sieben Jahren
wurde er Klavierschüler eines ortsansässigen Lehrers, der ihn bald auch
Violaunterricht erteilte. Später stellte die Mutter ihn dem Komponisten
Frank Bridge vor, einem der progressivsten und »europäischsten« britischen Komponisten seiner Zeit, der dem gerade 14 Jahre alt gewordenen
Britten Privatunterricht gab. Zu jener Zeit hatte er schon über 100 Partituren vollendet, die er sorgfältig aufbewahrte und katalogisierte. Bridge
war Brittens großer Mentor, der ihn in die Musik Strawinskys und der
Zweiten Wiener Schule einführte. Bridges strenge Arbeitsmoral, sein
Streben nach Authentizität in all seinen Werken und seine persönlichen
Überzeugungen – vor allem als Pazifist – hinterließen einen nachhaltigen Eindruck auf Britten.
Nachdem Britten Ende 1933 sein Studium am Royal College of Music in
London absolviert hatte, verdiente er sich erste Sporen als Dirigent eines
Amateurorchesters im heimischen Suffolk, als Hausdirigent der GPO
Film Unit und des Group Theatre in London, und nebenbei durch verschiedene Auftragsarbeiten für die BBC. International reüssierte er bei
den Salzburger Festspielen mit der Premiere seiner Variationen on a
Theme of Frank Bridge im Jahr 1937, aber bereits im folgenden Jahr war
er zunehmend enttäuscht von der englischen Musikszene und – als
überzeugter Pazifist – höchst beunruhigt über das politische Geschehen
in Europa, das unübersehbar auf einen Krieg zusteuerte.
B
06
Britten beschloss, seinen beiden Freunden und Künstlerkollegen W.H.
Auden und Christopher Isherwood zu folgen und zusammen mit dem
Tenor Peter Pears einen Neuanfang in den Vereinigten Staaten zu wagen.
Dort sahen beide ihre eigentliche musikalische Zukunft, Britten als Komponist, Pears als Sänger. Die drei Jahre, die sie in Amerika verbrachten,
waren ausschlaggebend für die künstlerische Entwicklung der beiden
Männer und ihre gemeinsame Zukunft. Nachdem sie Großbritannien im
Mai 1939 als enge Freunde verlassen hatten, wurden sie nun, auf dem
Höhepunkt des Krieges, für den Rest ihres Lebens ein Paar, wobei Pears
darüber hinaus zu Brittens bedeutendstem Interpreten wurde.
Britten kehrte mit einem Großauftrag von Serge Koussevitzky für seine
erste Oper Peter Grimes nach Großbritannien zurück. Zum Kriegsende
markierte die inzwischen legendäre Uraufführung am Sadler’s Wells
Theatre am 7. Juni 1945 – mit Pears in der Titelrolle – den Wendepunkt
in der internationalen Karriere der beiden. Innerhalb von drei Jahren
wurde Peter Grimes weltweit in 17 verschiedenen Inszenierungen aufgeführt. Danach ging es mit Brittens Karriere steil nach oben. 1947 gründete
er seine eigene Operntruppe, die English Opera Group, und im folgenden Jahr hoben Britten und Pears zusammen mit dem Operndirektor und
Librettisten Eric Crozier das Aldeburgh Festival of Music aus der Taufe.
1971 gründeten die beiden eine Akademie für Meisterschüler in Snape
Maltings sowie die Britten-Pears School for Advanced Musical Studies
(das heutige Britten-Pears Young Artists Programme), eine florierende
Einrichtung und ein nationales Denkmal für Britten und Pears.
Britten wurde zu seinen Lebzeiten häufig mit Auszeichnungen geehrt,
vor allem auf internationaler Ebene. So erhielt er 1964 als Erster den
Aspen Award for the Humanities. Am meisten aber bedeuteten ihm die
Auszeichnungen, die er im eigenen Land verliehen bekam, der Lowestoft
Freedom of the Boroughs (1951) und der Aldeburgh Freedom of the Borough (1962), der Companion of Honour (1953), der Order of Merit (1965)
und schließlich der Adelstitel Baron Britten of Aldeburgh in the County
of Suffolk, der ihm im letzten Sommer seines Lebens verliehen wurde.
m November 1940, als der Zweite Weltkrieg in eine neue Phase trat,
war die Kathedrale von Coventry durch einen verheerenden Luftangriff zerstört worden. Zwanzig Jahre später entstand neben der alten
Ruine eine neue, von Sir Basil Spence entworfene Kathedrale mit einem
Hochaltargobelin von Graham Sutherland und einem Taufkirchenfenster
von John Piper. Das Bauwerk sollte als Symbol internationaler Versöhnung dienen; seine Einweihung feierte man im Mai 1962 mit einem dreiwöchigen Festival der Musik und der Künste, für das das War Requiem in
Auftrag gegeben wurde.
I
Britten, ein Leben lang vom Pazifismus geprägt, ergriff die Gelegenheit,
das Werk nicht nur als Requiem für die Verstorbenen, sondern auch als
Parabel für die Überlebenden zu schreiben. Als Parabeltexte wählte er
Gedichte von Wilfred Owen über den Ersten Weltkrieg. Nur wenige
Menschen hatten Anfang der sechziger Jahre von Owen gehört, kaum
jemand seine Gedichte gelesen. Es mag überraschen, dass Britten keine
Texte über den Zweiten Weltkrieg ausgewählte hatte – zumal die neue
Kathedrale als Symbol der Versöhnung eher mit diesem als mit dem Ersten Weltkrieg in Verbindung gebracht wurde. Aber der Zweite Weltkrieg
hat keine Kriegsdichter von Bedeutung eines Siegfried Sassoon, Robert
Graces oder Wilfred Owen hervorgebracht. Deren Erfahrung mit körperlichen Qualen erzeugt genau jene Art lebendiger, manchmal grauenhafter poetischer Eindrücke, die einen Komponisten inspirieren und als
Argument für den Pazifismus dienen. Nicht dass Wilfred Owen ein Pazi-
fist im Sinne Brittens gewesen war: Jener hatte als britischer Infanterieoffizier im Ersten Weltkrieg gekämpft und war mit dem Military Cross
ausgezeichnet worden, beschrieb sich selbst jedoch als »Kriegsdienstverweigerer mit einem furchtsamen Gewissen«. Seine Dichtung schildert
auf verstörende Weise das Entsetzen und die Qualen des Krieges aus
erster Hand. Abgesehen von Owens Lyrik fühlte sich Britten vielleicht
auch deshalb zu dem Dichter hingezogen, weil dieser 1918 in Frankreich
im Alter von nur 25 Jahren gefallen war – dem Alter, in dem Britten den
Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erlebte.
Das War Requiem wurde für die besondere Akustik einer großen Kathedrale und für einen großen Amateurchor komponiert. Der ursprüngliche
Festivalchor setzte sich aus nicht weniger als neun Chören der gesamten
Diözese Coventry zusammen. Für die Darstellung der internationalen
Versöhnung schwebten Britten drei internationale Solisten vor, von
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EINFÜHRUNG
denen jeder gewissermaßen seine eigene Nation vertreten sollte – die
Sopranistin Galina Wischnewskaja aus der UdSSR, der Tenor Peter Pears
aus Großbritannien und der deutsche Bariton Dietrich Fischer-Dieskau.
Die Gegebenheiten der ersten Aufführung waren jedoch alles andere als
ideal. Obwohl Wischnewskajas Name bereits im Festivalprogramm
stand, musste sie nur zehn Tage vor dem Konzert durch die britische Sopranistin Heather Harper ersetzt werden, einem führenden Ensemblemitglied von Brittens British Opera Group. In jener Zeit, lange vor
Glasnost, waren die sowjetischen Behörden noch wenig an internationaler Aussöhnung interessiert und verhinderten Wischnewskajas Teilnahme. Erschwerend kam hinzu, dass für den Chor nicht genug Probezeit
eingeplant worden war und Britten bei dem Gedanken, die Premiere wie
ursprünglich geplant selbst zu dirigieren, zu einem recht späten Zeitpunkt die Nerven verlor und schließlich Meredith Davies bat, die Uraufführung am 30. Mai 1962 mit ihm gemeinsam zu leiten. Davies hatte den
Chor einstudiert und sollte ohnehin die zweite Vorstellung in Coventry
dirigieren. So kam es zu dem Präzedenzfall, dass das Werk von zwei Dirigenten geleitet wurde, einem für die umfangreichere Totenmesse und
einem zweiten Dirigenten für das Kammerorchester, das Tenor und Bariton begleitet.
Von der Architektur der neuen Kathedrale inspiriert, nutzte Britten im
War Requiem die Möglichkeiten, die musikalischen Ebenen auch räumlich
voneinander abzugrenzen. Im Vordergrund stehen der Tenor- und Baritonsolist – also die Soldaten -, begleitet vom Kammerorchester. Hier
konfrontieren uns Owens Dichtungen mit der bitteren Realität des Krieges. Sie sind umrahmt von jenen musikalischen Kräften, die den lateinischen Messetext vortragen: der Sopransolistin, dem gemischten Chor
und dem großen Orchester. Sie stellen das traditionell in der Totenmesse enthaltene Ritual des Leidens und der Erlösung dar. Dahinter
steht, fern und abgetrennt, begleitet vom Orgelpositiv (das gleichzeitig
in einen Teil der lateinischen Messe eingebunden ist), der Knabenchor,
der in Brittens Augen vielleicht eine noch intakte Unschuld repräsentiert. Die Parallelität der musikalischen Ebenen innerhalb der Partitur,
die sich schließlich im Libera me überlagern, schafft eine außergewöhnliche Spannung. Dies ist vielleicht die größte Stärke des War Requiems.
Die Kritik nach der Uraufführung des Werkes war überschwänglich. William Mann sprach in der Times vom »größten, nobel inspirierten Meisterwerk«, das Britten bis dahin komponiert habe und wünschte sich,
»dass alle Menschen weltweit das Werk anhören, verinnerlichen und als
ultimativen Aufruf zur Nächstenliebe sehen, wie sie im Requiem verkündet wird. […] Praktisch jeder, der das Werk hörte, hat es auf der Stelle
als Meisterwerk erkannt.«
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In der BBC kam Hans Keller zu dem Schluss, dass das Werk »dem Zuhörer, wie von Britten bezweckt, unmittelbar unter die Haut geht. Dies ist
vielleicht das erste Mal in der Musik des 20. Jahrhunderts, dass die Kluft
zwischen Komponisten und Publikum nicht nur überbrückt, sondern geschlossen worden ist. Gleichzeitig hat Britten an keiner Stelle den Tiefgang dem Seichten geopfert, stattdessen hat er – für eineinhalb Stunden
– die Dauerkrise der zeitgenössischen Musik beendet.«
1963 nahm Britten das War Requiem für Decca auf, und innerhalb von fünf
Monaten waren fast eine Viertelmillion Platten verkauft – beispiellos in
der zeitgenössischen »ernsten« Musik. Obwohl Britten keinerlei Ambitionen hatte, durch sein Werk unsterblich zu werden, gab er einmal zu:
»Meiner Meinung nach ist das War Requiem das Werk, mit dem man sich
am längsten an mich erinnern wird. Aber nicht wegen der Musik, sondern
wegen der darin enthaltenen Botschaft, die hoffentlich noch viele Jahre
Gültigkeit hat.«
Es stimmt traurig, dass uns gut fünf Jahrzehnte nach der Uraufführung
des Werkes weitere blutige Konflikte im Nahen Osten, in Nordirland,
Viet nam, im Persischen Golf, in Afghanistan, Irak und nun auch in der
Ukraine und in Syrien ständig an die bleibende Bedeutung des War Requiems erinnern. Über das Geniale des Meisterwerkes hinaus bleibt seine
eigentliche Stärke die darin enthaltene Botschaft – eine Botschaft, die
im Vorwort der Kriegsgedichte Wilfred Owens zu finden ist:
»My subject is War, and the pity of War.
The Poetry is in the pity…
All a poet can do today is warn.«
(Mein Thema ist der Krieg, und das Leid des Krieges.
Die Poesie liegt im Leid…
Alles, was ein Dichter heute tun kann, ist: warnen.)
John Evans; aus dem Englischen von Elisabeth Kübler
Der Britten-Forscher John Evans hat lange Zeit an Universitäten in England und Nordamerika gelehrt, bevor er 2007 General Manager des
Oregon Bachfestivals (USA) wurde. Erschienen sind von ihm u.a. Benjamin
Britten: Pictures from a Life 1913–1976 (Faber & Faber); A Britten Source Book
(Britten-Pears Library Publications) sowie Beiträge zum Britten Companion (Faber & Faber). Er ist Herausgeber des Journeying Boy: The Diaries
of the Young Benjamin Britten.
Neuville-Saint-Vaast (Frankreich), Foto: Volksbund-Archiv
09
BENJAMIN BRITTEN / WAR REQUIEM
I. REQUIEM AETERNAM
Chor
Requiem aeternam dona eis, Domine;
et lux perpetua luceat eis.
Herr, gib ihnen die ewige Ruhe,
und das ewige Licht leuchte ihnen.
Knabenchor
Te decet hymnus, Deus in Sion:
et tibi reddetur votum in Jerusalem;
exaudi orationem meam,
ad te omnis caro veniet.
O Gott, Dir gebührt ein Loblied in Zion,
Dir erfülle man sein Gelübde in Jerusalem.
Erhöre mein Gebet;
Zu Dir kommt alles Fleisch.
Tenor solo
What passing bells for these who die as cattle?
Only the monstrous anger of the guns.
Only the stuttering rifles' rapid rattle
Can patter out their hasty orisons.
Welches Totengeläut gibt es für jene, die wie Vieh sterben?
Nur den ungeheuren Zorn der Kanonen.
Nur das rasche Geknatter der stotternden Gewehre
Kann ihr hastiges Gebet hervorstammeln.
No mockeries for them from prayers or bells,
Nor any voice of mourning save the choirs, –
The shrill, demented choirs of wailing shells;
And bugles calling for them from sad shires.
What candles may be held to speed them at all?
Not in the hands of boys, but in their eyes
Shall shine the holy glimmers of good-byes.
The pallor of girls' brows shall be their pall;
Their flowers the tenderness of silent minds,
And each slow dusk a drawing-down of blinds.
Chorus
Kyrie eleison
Christe eleison
Kyrie eleison
Kein Spott für sie durch Gebete und Glocken,
Auch keine Stimme des Klagens außer den Chören –
Den schrillen, wahnsinnigen Chören der heulenden Granaten;
Und Hörner, die nach ihnen
Aus der trauernden Heimat rufen.
Welche Kerzen kann man ihnen zum Abschied halten?
Nicht in den Händen der Knaben, aber in ihren Augen
Soll der heilige Schimmer des Lebewohls leuchten.
Die Blässe der Mädchenstirnen soll ihr Leichentuch sein;
Und die Zärtlichkeit stiller Gedanken ihre Blumen;
Und jede langsame Abenddämmerung
Ein Schließen der Vorhänge.
Herr, erbarme Dich.
Christus, erbarme Dich.
Herr, erbarme Dich.
II. DIES IRAE
Chor
Dies irae, dies illa,
Solvet saeclum in favilla:
Teste David cum Sibylla.
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Tag des Zornes, Tag der Zähren,
Wird die Welt in Asche kehren,
Wie Sibyll und David lehren.
Quantus tremor est futurus,
Quando Judex est venturus,
Cuncta stricte discussurus!
Welch ein Graus wird sein und Zagen,
Wenn der Richter kommt mit Fragen
Streng zu prüfen alle Klagen!
Tuba mirum spargens sonum
Per sepulchra regionum
Coget omnes ante thronum.
Laut wird die Posaune klingen,
Mächtig in die Gräber dringen,
Hin zum Throne alle zwingen.
Mors stupebit et natura,
Cum resurget creatura,
Judicanti responsura.
Schaudernd sehen Tod und Leben
Sich die Kreatur erheben,
Rechenschaft dem Herrn zu geben.
Bariton solo
Bugles sang, sadd’ning the evening air;
And bugles answered, sorrowful to hear.
Voices of boys were by the river-side.
Sleep mothered them; and left the twilight sad.
The shadow of the morrow weighed on men.
Voices of old despondency resigned,
Bowed by the shadow of the morrow, slept.
Hörner sangen und füllten die Abendluft mit Trauer;
Und Hörner antworteten mit klagendem Ton.
Knabenstimmen erklangen am Ufer des Flusses.
Schlaf hüllte sie behütend ein
Und ließ das Zwielicht traurig zurück.
Der Schatten des morgigen Tages
Lastete auf den Männern.
Die Stimmen alter Niedergeschlagenheit
Gaben sich geschlagen,
Niedergebeugt durch den Schatten des Morgen,
Und schliefen.
Sopran solo
Liber scriptus proferetur,
In quo totum continetur,
Unde mundus judicetur.
Ein Buch wird aufgeschlagen,
Treu ist darin eingetragen
Jede Schuld aus Erdentagen.
Judex ergo cum sedebit
Quidquid latet, apparebut:
Nil inultum remanebit.
Sitzt der Richter dann zu richten,
Wird sich das Verborgne lichten;
Nichts kann vor der Strafe flüchten.
Chor
Quid sum miser tunc dicturus?
Quem patronem rogaturus,
Cum vix justus sit securus?
Weh! Was werd’ ich Armer sagen,
Welchen Anwalt mir erfragen,
Wenn Gerechte selbst verzagen!
Sopran solo und Chor
Rex tremendae majestatis,
Qui salvandos salvas gratis,
Salva me, fons pietatis.
König schrecklicher Gewalten,
Frei ist deiner Güte Schalten,
Gnadenvoll, lass Gnade walten!
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BENJAMIN BRITTEN / WAR REQUIEM
Tenor und Bariton solo
Out there, we've walked quite friendly up to Death:
Sat down and eaten with him, cool and bland,Pardoned his spilling mess-tins in our hand.
We've sniffed the green thick odour of his breath,Our eyes wept, but our courage didn't writhe.
He's spat at us with bullets and he's coughed Shrapnel.
We chorused when he sang aloft;
We whistled while he shaved us with his scythe.
Oh, Death was never enemy of ours!
We laughed at him, we leagued with him, old chum.
No soldier's paid to kick against his powers.
We laughed, knowing that better men would come,
And greater wars; when each proud fighter brags.
He wars on Death – for Life; not men – for flags.
Dort draußen gingen wir dem Tod ganz freundlich entgegen:
Saßen nieder und aßen mit ihm, kühl und ruhig, –
Verziehen ihm, wenn er die Blechnäpfe in unserer Hand umkippte.
Wir hatten den grünen dicken Anhauch seines Atems gerochen, –
Unsere Augen weinten, aber unser Mut schrumpfte nicht.
Er bespuckte uns mit Kugeln und er hustete Granatsplitter.
Wir stimmten ein, wenn er in der Höhe über uns sang:
Wir pfiffen, während er uns mit seiner Sense rasierte.
O, der Tod war nie unser Feind!
Wir lachten ihn aus, wir verbündeten uns mit ihm, dem alten Kumpel.
Kein Soldat wird bezahlt dafür, sich gegen seine Macht aufzulehnen.
Wir lachten, weil wir wussten, dass bessere Männer kommen würden,
Und größere Kriege; wenn jeder stolze Kämpfer prahlt;
Er kämpfe gegen den Tod – für das Leben;
Nicht gegen Männer – für Flaggen.
Chor
Recordare Jesu pie,
Quod sum causa tuae viae:
Ne me perdas illa die.
Denk, o Jesu, der Beschwerden,
Die du trugst für uns auf Erden,
Lass mich nicht zuschanden werden.
Quaerens me, sedisti lassus:
Redemisti crucem passus:
Tantus labor non sit cassus:
Hast gesucht mich unverdrossen,
Hast am Kreuz dein Blut vergossen;
Sei es nicht umsonst geflossen!
Ingemisco, tamquam reus:
Culpa rubet vultus meus:
Supplicanti parce Deus.
Seufzend steh ich schuldbefangen,
Schamrot glühen meine Wangen,
Lass mein Bitten Gnad‘ erlangen.
Qui Mariam absolvisti,
Et latronem exaudisti,
Mihi quoque spem dedisti.
Hast der Sünderin verziehen,
Und dem Schächer Gnad‘ verliehen,
Sieh auch mich vertrauend knien.
Inter oves locum praesta,
Et ab haedis me sequestra,
Statuens in parte dextra.
Bei den Schafen gib mir Weide,
Von der Böcke Zahl mich scheide,
Stell mich auf die rechte Seite.
Confutatis maledictis,
Flammis acribus addictis,
Voca me cum benedictis.
Wenn verdammt zur Hölle fahren,
die im Leben böse waren,
Ruf mich zu den sel’gen Scharen.
12
Oro supplex et acclinis
Cor contritum quasi cinis
Gere curam mei finis.
Bariton solo
Be slowly lifted up, thou long black arm,
Great gun towering toward Heaven, about to curse;
Reach at that arrogance which needs thy harm,
And beat it down before its sins grow worse;
But when thy spell be cast complete and whole,
May God curse thee, and cut thee from our soul!
Mit zerknirschtem Herzen wende
Flehend ich zu dir die Hände
Steh mir bei an meinem Ende!
Erhebe dich langsam, du langer schwarzer Arm,
Große Kanone, die bis an den Himmel reicht
Und bald den Fluch aussprechen wird;
Greif nach dem Hochmut, welcher die Verwundung durch dich braucht,
Und schlag ihn nieder, bevor seine Sünden schlimmer werden.
Aber wenn dein Bann vollkommen und ganz gesprochen ist,
Soll Gott dich aus unserer Seele schneiden!
Chor
Dies irae, dies illa,
Solvet saeclum in favilla:
Teste David cum Sibylla.
Tag des Zornes, Tag der Zähren,
Wird die Welt in Asche kehren,
Wie Sibyll und David lehren.
Quantus tremor est futurus,
Quando Judex est venturus,
Cuncta stricte discussurus!
Welch ein Graus wird sein und Zagen,
Wenn der Richter kommt mit Fragen,
Streng zu prüfen alle Klagen!
Sopran solo und Chor
Lacrimosa dies illa,
Qua resurget ex favilla,
Judicandus homo reus:
Huic ergo parce Deus.
Tag der Tränen, Tag der Wehen,
Da vom Grabe wird erstehen:
Zum Gericht der Mensch voll Sünden;
Lass ihn, Gott, Erbarmen finden!
Tenor solo
Move him into the sun –
Gently its touch awoke him once,
At home, whispering of fields unsown.
Always it woke him, even in France,
Until this morning and this snow.
If anything might rouse him now
The kind old sun will know.
Tragt ihn in die Sonne –
Sanft weckte ihre Berührung ihn einst,
Zu Hause, und flüsterte von unbestellten Feldern.
Immer weckte sie ihn, weckte ihn sogar in Frankreich,
Bis zu diesem Morgen und zu diesem Schnee.
Wenn irgendetwas ihn noch wecken kann,
Weiß es die freundliche alte Sonne.
Think how it wakes the seeds Woke, once, the clays of a cold star.
Are limbs, so dear-acheived, are sides,
Full-nerved - still warm - too hard to stir?
Was it for this the clay grew tall?
– O what made fatuous sunbeams toil
To break earth's sleep at all?
Denn bedenke, wie sie die Saat erweckt –
Einst den Lehm eines kalten Sterns erweckte.
Sind Glieder, so teuer erlangt, sind Körper,
Voller Nerven – noch warm – zu schwierig zu regen?
War es dieses, wofür der Lehm heranwuchs?
Oh, was ließ dumme Sonnenstrahlen sich damit abplagen,
den Schlaf der Erde überhaupt zu unterbrechen?
13
BENJAMIN BRITTEN / WAR REQUIEM
Chor
Pie Jesu Domine, dona eis requiem.
Amen.
Milder Jesus, Heiland du,
Schenke ihnen ewige Ruh!
Amen.
I I I . O F F E RTO R I U M
Knabenchor
Domine Jesu Christe, Rex gloriae,
libera animas omnium fidelium
defunctorum de poenis inferni,
et de profundo lacu:
libera eas de ore leonis, ne absorbeat eas
tartarus, ne cadant in obscurum.
Herr Jesus Christus, König der Herrlichkeit
Bewahre die Seelen aller verstorbenen
Gläubigen vor den Qualen der Hölle
Und vor den Tiefen der Unterwelt.
Bewahre sie vor dem Rachen des Löwen,
dass die Hölle sie nicht verschlinge,
dass sie nicht hinausstürzen in die Finsternis.
Chor
Sed signifer sanctus Michael
repraesentet eas in lucem sanctam:
Quam olim Abrahae promisisti,
et semini ejus.
Vielmehr geleite sie Sankt Michael,
der Bannerträger, in das heilige Licht,
das Du einst dem Abraham verheißen und
seinen Nachkommen.
Tenor und Bariton solo
So Abram rose, and clave the wood, and went,
And took the fire with him, and a knife.
And as they sojourned both of them together,
Isaac the first-born spake and said, My Father,
Behold the preparations, fire and iron,
But where the lamb for this burnt-offering?
Then Abram bound the youth with belts and straps,
And builded parapets and trenched there,
And stretched forth the knife to slay his son.
When lo! an angel called him out of heaven,
Saying, Lay not thy hand upon the lad,
Neither do anything to him. Behold,
A ram, caught in a thicket by its horns;
Offer the Ram of Pride instead of him.
But the old man would not so, but slew his son, –
And half the seed of Europe, one by one.
So erhob sich Abraham und spaltete das Holz und ging,
Und nahm das Feuer mit und ein Messer.
Und als sie beide gemeinsam rasteten,
Sprach Isaak, der Erstgeborenen, und sagte: Mein Vater,
Siehe die Vorbereitungen, Feuer und Eisen,
Aber wo ist das Lamm für das Brandopfer?
Da band Abraham den Jungen mit Gurten und Riemen
Und baute Brüstungen und Schützengräben dorthin
Und streckte das Messer aus, um seinen Sohn zu schlachten.
Als – plötzlich – ein Engel ihn aus dem Himmel anrief
Und sprach: Lege nicht die Hand an den Knaben,
Und tu ihm nichts an. Siehe,
Ein Widder, der sich mit seinen Hörnern
Im Dickicht verfangen hat, opfere des Stolzes Widder an seiner Stelle.
Aber der alte Mann tat dieses nicht, sondern schlachtete seinen Sohn, –
Und die Hälfte der Nachkommenschaft Europas, einen um den anderen.
Knabenchor
Hostias et preced tibi Domine laudis offerimus:
tu suscipe pro animabus illis, quarum hodie memoriam facimus:
fac eas, Domine, de morte transire ad vitam.
Opfergaben und Gebete bringen wir Dir zum Lobe dar, o Herr;
Nimm sie an für jene Seelen, deren wir heute gedenken.
Herr lass sie vom Tode hinübergehen zum Leben.
14
Knabenchor und Chor
Quam olim Abrahae promisisti et semini ejus.
Das Du einst dem Abraham verheißen und seinen Nachkommen.
I V. S A N C T U S
Sopran solo und Chor
Sanctus, sanctus, sanctus
Dominus Deus Saboath.
Pleni sunt ceoli et terra gloria tua,
Hosanna in excelsis.
Benedictus qui venit in nomine Domini.
Hosanna in excelsis.
Heilig, heilig, heilig, Herr,
Gott der Heerscharen.
Himmel und Erde sind erfüllt
Von Deiner Herrlichkeit.
Hosianna in der Höhe.
Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.
Hosianna in der Höhe.
Bariton solo
After the blast of lightning from the East,
The flourish of loud clouds, the Chariot Throne;
After the drums of time have rolled and ceased,
And by the bronze west long retreat is blown,
Nach dem Trompetenstoß des Blitzes aus dem Osten,
Nach der Fanfare der niedrigen Wolken, dem Thron auf dem Streitwagen;
Nachdem die Trommeln der Zeit gedröhnt haben und verklungen sind,
Und im bronzenen Westen zum Rückzug geblasen wird,
Shall life renew these bodies? Of a truth
All death will He annul, all tears assuage? –
Fill the void veins of Life again with youth,
And wash, with an immortal water, Age?
Wird Leben diese Körper erneuern? Wahrhaftig:
Wird Er allen Tod nichtig machen, alle Tränen trocknen? –
Die leeren Adern des Lebens wieder mit Jugend füllen
Und das Alter mit dem Wasser der Unsterblichkeit waschen?
When I do ask white Age he saith not so:
»My head hangs weighed with snow.«
And when I hearken to the Earth, she saith:
»My fiery heart shrinks, aching. It is death.
Mine ancient scars shall not be glorified,
Nor my titanic tears, the sea, be dried.«
Als ich das weiße Alter frage, verneint es dieses:
»Mein Haupt ist beschwert vom Schnee.«
Und als ich der Erde lausche, sagt diese:
»Mein feuriges Herz schrumpft mit Schmerzen. Es ist der Tod.
Meine alten Narben sollen nicht gerühmt werden,
genauso wenig meine titanischen tränen, die Meere, getrocknet.«
V. A G N U S D E I
Tenor solo
One ever hangs where shelled roads part.
In this war He too lost a limb,
But His disciples hide apart;
And now the Soldiers bear with Him.
Es hängt immer Einer dort, wo bombardierte Straßen sich trennen.
In diesem Krieg hat auch Er Gliedmaßen verloren.
Aber seine Jünger verbergen sich abseits;
Und nun ertragen Ihn die Soldaten.
Chor
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi,
dona eis requiem.
Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt,
gib ihnen die Ruhe.
15
BENJAMIN BRITTEN / WAR REQUIEM
Tenor solo
Near Golgotha strolls many a priest,
And in their faces there is pride
That they were flesh-marked by the Beast
By whom the gentle Christ's denied.
Bei Golgotha schlendert mancher Priester,
Und in seinem Gesicht ist Stolz,
Dass sie gezeichnet sind von der Bestie,
Die den sanften Christus leugnete.
Chor
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi,
dona eis requiem.
Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt,
gib ihnen die Ruhe.
Tenor solo
The scribes on all the people shove
and bawl allegiance to the state,
But they who love the greater love
Lay down their life; they do not hate.
Die Schriftgelehrten bedrängen alle Menschen
Und brüllen den Fahneneid,
Aber jene, welche die größere Liebe lieben,
Geben ihr Leben; sie hassen nicht.
Chor
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi
Dona eis requiem sempiternam.
Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt.
Gib ihnen die ewige Ruhe.
Tenor solo
Dona nobis pacem.
Gib uns Frieden.
VI. LIBERA ME
Sopran solo und Chor
Libera me, Domine, de morte aeterna,
in die illa tremenda:
Quando coeli movendi sunt et terra:
Dum veneris judicare saeculum per ignem.
Tremens factus sum ego, et timeo
dum discussio venerit, atque ventura ira.
Quando coeli movendi sunt et terra.
Dies illa, dies irae, calamitatis
et miseriae, dies magna et amara valde.
Libera me, Domine…
Rette mich, Herr, vor dem ewigen Tod
An jenem Tage des Schreckens,
wo Himmel und Erde wanken,
da Du kommst, die Welt durch Feuer zu richten.
Zittern befällt mich und Angst;
denn die Rechenschaft naht und der drohende Zorn,
wo Himmel und Erde wanken.
O jener Tag! Tag des Zornes, des Unheils, des Elends! O Tag, so groß
und so bitter!
Rette mich, Herr…
Tenor solo
It seemed that out of battle I escaped
Down some profound dull tunnel, long since scooped
Through granites which titanic wars had groined.
Yet also there encumbered sleepers groaned,
Es schien, dass aus der Schlacht ich entfloh
In einen tiefen trüben Tunnel, vor langer Zeit
Durch Granit gebohrt, den titanische Kriege gewölbt hatten.
Doch auch hier stöhnten Schläfer voller Last,
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Too fast in thought or death to be bestirred.
Then, as I probed them, one sprang up, and stared
With piteous recognition in fixed eyes,
Lifting distressful hands as if to bless.
And no guns thumped, or down the flues made moan.
»Strange friend,« I said, »here is no cause to mourn.«
Bariton solo
»None«, said the other, »save the undone years,
The hopelessness. Whatever hope is yours,
Was my life also; I went hunting wild
After the wildest beauty in the world,
For by my glee might many men have laughed,
And of my weeping something had been left,
Which must die now. I mean the truth untold,
The pity of war, the pity war distilled.
Now men will go content with what we spoiled.
Or, discontent, boil bloody, and be spilled.
They will be swift with swiftness of the tigress,
None will break ranks, though nations trek from progress.
Miss we the march of this retreating world
Into vain citadels that are not walled.
Then, when much blood had clogged their chariot-wheels
I would go up and wash them from sweet wells,
Even from wells we sunk too deep for war,
Even from the sweetest wells that ever were.
I am the enemy you killed, my friend.
I knew you in this dark; for so you frowned
Yesterday through me as you jabbed and killed.
I parried; but my hands were loath and cold.«
Tenor und Bariton solo
»Let us sleep now.«
Zu sehr in Gedanken oder dem Tod verfangen, um sich zu regen.
Dann, als ich sie untersuchte, sprang einer auf und stierte
Mit kläglichem Erkennen in starren Augen,
Hob Hände schmerzlich wie zum Segen.
Und keine Kanonen dröhnten oder ließen ihr
Stöhnen durch die Rohre hören.
»Fremder Freund«, sagte ich, »hier gibt es keinen Grund zu trauern.«
»Keinen«, antwortete der andere, »außer den unvollendeten Jahren,
Der Hoffnungslosigkeit. Was auch immer
Deine Hoffnung ist,
War auch mein Leben: Ich jagte wild
Der wildesten Schönheit der Welt nach.
Durch mein Entzücken haben vielleicht
Vielen Männer gelacht, und von meinen Tränen blieb etwas zurück,
das nun sterben muss.
Ich meine die ungesagte Wahrheit, den Jammer des Krieges,
den Jammer, den der Kriegt erzeugte.
Nun werden Menschen sich
Mit dem zufrieden geben, das wir verdarben,
Oder, unzufrieden, blutig in Zorn geraten
Und verdorben werden.
Sie werden rasch sein mit der Raschheit der Tigerin,
Keiner wird aus dem Glied ausscheren, obwohl
Nationen vom Fortschritt wegmarschieren.
Versäumen wir den Marsch dieser Welt auf dem Rückzug
In eitle Zitadellen, die ohne Mauern sind.
Dann, wenn reichlich Blut
Ihre Wagenräder verklumpt hat,
Dann werde ich hinaufgehen und sie
Mit dem Wasser süßer Brunnen waschen,
Sogar aus Brunnen, die wir zu tief für den Krieg gruben,
Sogar aus den süßesten Brunnen, die es je gab.
Ich bin der Feind, den du getötet hast, mein Freund.
Ich erkannte dich in dieser Dunkelheit, denn so sahst du stirnrunzelnd
Gestern durch mich hindurch, als du zustießest und tötetest.
Ich wehrte mich, aber meine Hände
Waren widerwillig und kalt.«
»Lasst uns jetzt schlafen.«
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BENJAMIN BRITTEN / WAR REQUIEM
Sopran solo, Knabenchor und Chor
In paradisum deducant te Angeli;
in tuo adventu suscipiant te Martyres,
et perducant te in civitatem sanctam Jerusalem.
Chorus Angelorum te suscipiat,
et cum Lazaro quondam paupere aeternam
habeas requiem.
Requiem aeternam dona eis, Domine:
et lux perpetua luceat eis.
Requiescant in pace. Amen.
Mögen die Engel Dich im Paradies empfangen,
bei Deinem Kommen mögen Märtyrer Dich erwarten
und Dich geleiten in die heilige Stadt Jerusalem.
Der Chor der Engel möge Dich empfangen,
und mit Lazarus, dem einst Armen,
mögest du ewige Ruhe haben.
Ewige Ruhe schenke ihnen, o Herr;
Es leuchte ihnen das ewige Licht!
Sie mögen ruhen in Frieden. Amen.
Übertragung der Gedichte Wilfred Owens:
Wiepke Hafermann
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Foto: privat
Elke Twiesselmann (Sprecherin, Gedenkstunde) wurde in Hamburg geboren. Nach dem Abitur studierte sie an der dortigen
Universität Literatur und Kunstgeschichte und wechselte nach drei Semestern auf die Hochschule für Musik und Darstellende
Kunst. Die Liebe zur Dichtung führte sie zur Schauspielerei. Nach vielen Engagements an kleinen Bühnen fand sie ihre künstlerische Heimat in Bochum. 1972 wechselte sie an die Württembergischen Staatstheater, wo sie auch heute noch ständiger
Gast ist. Sie unterrichtete 24 Jahre an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart und ist Sprecherin bei „LiedKunst KunstLied Literatur“. Darüber hinaus tritt sie regelmäßig in eigenen Veranstaltungsreihen auf.
Foto: privat
MITWIRKENDE 8.11.
Kamaldev Singh (Sprecher, Gedenkstunde), 1987 in Hamburg geboren, machte 2008 am Sadhana Institut Mannheim bei
Martina Weickel eine Ausbildung in klassischem Yoga. 2013 folgte ein BA-Abschluss in Sprechkunst mit dem Schwerpunkt
Mediensprechen an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Er ist als freiberuflicher Sprecher,
Schauspieler und Performancekünstler tätig. Als Sprecherzieher unterrichtet er jugendliche Flüchtlinge und entwickelt mit
ihnen gemeinsam und zusammen mit anderen Fachbereichen Musiktheaterstücke. Kamaldev Singh ist Ensemblemitglied der
Akademie für gesprochenes Wort.
Foto: Atelier Hostrup
Oliver Dermann (Sprecher, Gedenkstunde) geboren 1979 in Stuttgart, absolvierte an der Staatlichen Hochschule für Musik
und Darstellende Kunst Stuttgart sein Schulmusikstudium bei Prof. Wolfgang Bloser mit Leistungsfach Klavier und studierte
zudem bei Uli Gutscher Jazz- und Popularmusik. Darüber hinaus absolvierte er bei Prof. Ulrike Maier-Hillenbrand sein Studium der Sprechkunst und Kommunikationspädagogik mit Abschluss zum Diplom-Sprecher/ Sprecherzieher. Neben seiner
Arbeit als Musiklehrer wirkt Oliver Dermann in verschiedenen Sprechtheaterstücken, Lesungen und Rezitationsprogrammen
mit und ist Mitglied des Sprecherensembles der Akademie für gesprochenes Wort.
Timo Brunke (Regie, Gedenkstunde) wurde 1972 in Stuttgart geboren, studierte in Tübingen Theologie und machte anschließend eine Theaterausbildung bei Frieder Nögge. Seit den 1990er Jahren ist er regelmäßig als Bühnenpoet mit eigenen Program men zu erleben. Er ist Gründer des Stuttgarter Peotry Slam und hat 2003 die Sprachwerkstatt Wort und Spiele am
Stuttgarter Literaturhaus ins Leben gerufen, die 2011 von der Robert Bosch Stiftung ausgezeichnet wurde. Er ist Autor mehrerer
Kinderbücher (Klett Verlag) und engagiert sich in vielfältigster Weise für den poetischen Nachwuchs. 2011 erhielt er den
Schubart-Literaturförderpreis der Stadt Aalen.
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MITWIRKENDE
Foto: Martin Sigmund
Die aus Schottland stammende Sopranistin Catriona Smith erhielt ihre musikalische Ausbildung an der Royal Academy of
Music and Drama in Glasgow. Im Anschluss war sie Mitglied des Opernstudios der Universität Toronto. 1990 feierte sie ihr
Debüt am Royal Opera House Covent Garden in London. Seit 1991 ist die Sopranistin Ensemblemitglied der Oper Stuttgart,
seit 2003 als Kammersängerin. Ihr Repertoire umfasst u.a. Gilda (Rigoletto), Nanetta (Falstaff), Gretel (Hänsel und Gretel), Najade (Ariadne auf Naxos), Fiordiligi (Così fan tutte) sowie Pamina und 1. Dame in Die Zauberflöte. In Stuttgart sang sie darüber
hinaus u.a. Cleopatra (Giulio Cesare in Egitto), Morgana (Alcina), Olympia (Hoffmanns Erzählungen), Sophie (Der Rosenkavalier),
Konstanze (Die Entführung aus dem Serail), Micaëla (Carmen) und Prinzessin Eudoxie (Die Jüdin). Gastengagements führten
sie an die Scottish Opera, die Staatsoper Berlin, die Semperoper Dresden sowie an die Opernhäuser in San Francisco und
Amsterdam. Aktuell singt sie Agathe in Der Freischütz und Clorinda in La Cenerentola. In der Stuttgarter Neuinszenierung von Chowanschtschina ist
sie als Susanna und von Berenike, Königin von Armenien als Flavio zu erleben. Im Konzertbereich hat Catriona Smith im verschiedenen Ländern gesungen u.a. Japan, Russland, USA, Kanada, UK, Ungarn und Deutschland.
Der Tenor Matthias Klink studierte an der Musikhochschule seiner Heimatstadt Stuttgart bei Luisa Bosabalian und Carl
Davis sowie an der Indiana School of Music in Bloomington/USA. 1995 wurde er Mitglied im Opernstudio der Oper Köln und
wechselte nach einem Jahr in deren Ensemble. Dort sang er Partien des lyrischen Fachs wie Mozarts Tamino (Die Zauberflöte)
und Ferrando (Così fan tutte) sowie den Fenton in Verdis Falstaff – Rollen, die er seitdem auch an den großen Opernhäusern
Europas übernahm. Matthias Klink gastierte unter anderem an den Staatsopern in Hamburg, Berlin, Wien und München, der
Semperoper in Dresden, der Deutschen Oper Berlin und Komischen Oper Berlin, dem Teatro Real Madrid, dem Teatro alla
Scala Mailand und am Gran Teatre del Liceu in Barcelona. Bei den Salzburger Festspielen 2010 übernahm er die Rolle des
Gastes/Apollon in der Uraufführung von Wolfgang Rihms Dionysos (unter Ingo Metzmacher), in der er auch an der Staatsoper
Berlin und beim Holland Festival in Amsterdam zu erleben war. Matthias Klink arbeitete mit Dirigenten wie Georges Prêtre, Kirill Petrenko,
Simone Young, Ulf Schirmer, Riccardo Muti, Franz Welser-Möst, Sylvain Cambreling und Manfred Honeck zusammen. Neben seinen Bühnenauftritten
ist Matthias Klink auch regelmäßig als Konzert- und Liedsänger hervorgetreten, u. a. in der Avery Fisher Hall in New York, in der Salle Pleyel Paris,
im Festspielhaus Baden-Baden, bei den Osterfestspielen Salzburg, im Musikverein Wien und in der Liederhalle Stuttgart.
Der Bariton Ronan Collett wurde in Norwich/Großbritannien geboren. Er machte seinen Master an der University of Cambridge
und ergänzte seine Ausbildung an der Royal Academy of Music in London sowie der Chapelle Musicale Reine Elisabeth in Brüssel. Sein Debüt gab er als Moralès (Carmen) an der English National Opera in London. 2004 gastierte er als Kilian im Freischütz
unter der Leitung von Sir Charles Mackerras beim Edinburgh International Festival, 2011 war er als Maurevert in Les Huguenots
unter Marc Minkowski am Théâtre La Monnaie in Brüssel zu hören. Nach einem Jahr im Opernstudio wurde Ronan Collett in der
Saison 2012/13 ins Ensemble der Oper Stuttgart übernommen, wo er seitdem als Marcello (La Bohème), Papageno (Die Zauberflöte), Harlekin (Ariadne auf Naxos), Kalchas (Iphigenie in Aulis) zu hören war. Zudem wird er in Stuttgart in der Saison 2014/15
in der Neuproduktion der Così fan tutte als Guglielmo zu erleben sein. Als Konzertsänger gab er 2010 mit Christopher Glynn
sein Debüt im Pariser Auditorium du Louvre. Weitere Konzertverpflichtungen führten ihn in die Berliner Philharmonie (mit Mitsuko Uchida), nach
München (Bernsteins Trouble in Tahiti mit dem Münchner Rundfunkorchester unter Ulf Schirmer) und nach Edinburgh mit dem Scottish Chamber
Orchestra unter Robin Ticciati. Außerdem war er beim Perth International Festival und am Opernhaus von Sydney in Brittens War Requiem zu hören.
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Der Kinderchor des Teatr Wielki w Łodzi wurde 2012 auf Initiative des Chefdirigenten,
Musikhochschullehrers und Organisten Waldemar Sutryk gegründet. Er besteht aus jungen
Sängerinnen und Sängern im Alter zwischen 5 und 15 Jahren. Erste Auftritte hatte der Chor
in Carl Orffs Carmina Burana (2012) und in Puccinis Tosca (2012) sowie in einem Weihnachtskonzert in der Philharmonie Łódź, bei dem der Chor Weihnachtslieder aus der ganzen Welt
sang. Seit 2013 wird der Chor vom polnischen Ministerium für Kultur und nationales Erbe
gefördert. Im Juni 2013 gab der Chor in der neu errichteten Konzerthalle des Theaters Łódź
zwei umjubelte Muttertagskonzerte, in denen berühmte Lieder, Opernarien und Musicalnummern in der jeweiligen Originalsprache (Französisch, Englisch, Italienisch und Polnisch) zur Aufführung kamen. Zurzeit bereiten sich die Kinder auf die anstehenden
Theaterproduktionen vor, in denen sie u.a. in Puccinis La Bohème und Bizets Carmen zu
erleben sein werden.
Der Bachchor Bad Homburg, dem etwa 125 Sängerinnen und Sänger angehören, gehört
zu den angesehensten und leistungsfähigsten Chören im Rhein-Main-Gebiet. Einen Schwerpunkt der Arbeit bildet dabei die kontinuierliche Pflege des Chorwerks von Johann Sebastian
Bach, das nahezu vollständig aufgeführt wurde. Daneben stehen Aufführungen von großen
Chorwerken anderer Meister bis hin zu bedeutenden Stücken des 20. und 21. Jahrhunderts
(u.a. Brittens War Requiem, Hindemiths Apparebit repentina dies; Duruflés Requiem; Poulencs
Stabat Mater und Gloria; Strawinskys Psalmensinfonie). Konzertreisen führten den Bachchor
nach St. Petersburg, Dubrovnik, Berlin (Gedächtniskirche), England (Kathedrale von Exeter),
Tschechien und 2013 zum Choriner Musiksommer. Eines der größten Projekte des Bachchors war die dreimalige konzertante Aufführung von Richard Wagners Oper Parsifal in der
Erlöserkirche Bad Homburg zum 200. Geburtstag des Kom ponis ten 2013. Regelmäßig
arbeitet der Bachchor mit dem HR-Sinfonieorchester Frankfurt, der Sinfonietta Frankfurt (Musikhochschule), mit dem Barockorchester L’arpa festante
und mit international bekannten Vokalsolisten zusammen.
Der Bachchor Stuttgart wurde im Bachjahr 2000 von KMD Prof. Jörg-Hannes Hahn gegründet, der ihn seither künstlerisch leitet. Er widmet sich einem breit gefächerten Repertoire mit Musik J. S. Bachs, mit klassischer Oratorienliteratur und geistlicher A-cappellaMusik für Gottesdienst und Konzert. Konzertreisen führten den Chor u.a. 2001 nach Prag
und Brünn, 2002 nach Wien und im Juli 2004 zum Festival Europäische Kirchenmusik Schwäbisch Gmünd. Im gleichen Jahr konzertierte der Bachchor Stuttgart in London. Im Juni 2006
trat der Chor in Berlin und Potsdam auf, im gleichen Jahr wurde ihm der Förderpreis des
Forums Region Stuttgart verliehen. Im Jahr 2007 stand u. a. die Uraufführung von Sidney
Corbetts Maria Magdalena auf dem Programm. 2008 gastierte der Chor mit Mozarts c-MollMesse in Rom und war im August 2010 erneut beim Festival Europäische Kirchenmusik Schwäbisch Gmünd mit Bernsteins Chichester Psalms und Strawinskys Psalmensinfonie zu hören.
Im Juni 2014 konzertierte der Bachchor Stuttgart auf Einladung der Stiftung Fundación Excelentia in Madrid und Alcalá de Henares. Rundfunkaufnahmen (SWR) dokumentieren die Arbeit des Chores. 2005 erschien beim Label CANTATE eine CD mit Saint-Saents Oratorio de Noel.
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MITWIRKENDE
Bachchor Stuttgart
Die Jenaer Philharmonie, Thüringens größtes Konzertorchester, feiert in diesem Jahr ihr
80-jähriges Bestehen. 1934 als Städtisches Sinfonieorchester Jena anlässlich der 700-JahrFeier der Stadt gegründet, gewann der Klangkörper schnell an Bedeutung im kulturellen
Leben der Region. Mit der Grenzöffnung 1989 gelang der Durchbruch auf nationalem und
internationalem Parkett. Seitdem bestreiten die Philharmoniker Gastspiele in ganz Deutschland, aber auch in vielen Ländern Europas und in Asien. Internationale Erfolge feierte das
Orchester mit Konzerten bei Radio France im Rahmen des Festivals Printemps Musical in
Paris, beim Eröffnungskonzert zum 38. Internationalen Festival Wratislava Cantans in Polen
und beim Festival Sagra Musicala Malatestiana in Rimini. Weitere Konzertreisen führte das
Orchester in die französische Partnerregion Picardie (Frankreich), nach Ljubljana (Slowenien), Katowice (Polen) nach Zürich (Schweiz), Bregenz (Österreich) sowie jüngst nach
Žilina (Slowakei) und nach Panyu (China). Gemeinsam mit dem Deutschen Musikrat fördert es den internationalen Dirigentennachwuchs in Seminaren unter Leitung von namhaften Dirigenten. Seit der Spielzeit 2012/2013 ist Marc Tardue Generalmusikdirektor der Jenaer Philharmonie.
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Foto: Dawid Misiak
Waldemar Sutryk ist Dirigent, Komponist, Chorleiter, Lehrer und Organist. Seine Ausbildung erhielt er an den Musikakademien in Poznań und Wrocław. Von 2004 bis 2009 war er künstlerischer Leiter des schlesischen Philharmonischen Chors und
wurde darüber hinaus von zahlreichen Chöre und Orchester seines Heimatlandes Polen als Gastdirigent eingeladen. Von
1991 bis 2007 unterrichtete er an der Musikakadmie Poznań und ist heute Professor an der Universität in Cieszyn (Schlesien).
2012 gründete er den Kinderchor des Teatr Wielki w Łodzi.
Susanne Rohn studierte evangelische Kirchenmusik in Freiburg im Breisgau sowie Orgel und Cembalo als Stipendiatin des
DAAD in Toulouse und Lyon. 1997 schloss sie ihr Aufbaustudium im Fach Orgel bei Guy Bovert (Basel) und im Fach Dirigieren
bei Hans Michael Beuerle und Peter Gülke (Freiburg i.B.) jeweils mit Auszeichnung ab. Während des Studiums war sie an verschiedenen süddeutschen Gemeinden als Kirchenmusikerin tätig, bevor sie im November 1997 zur Kantorin der Erlösergemeinde in Bad Homburg gewählt wurde. Von 1997 bis 1998 war Susanne Rohn Lehrbeauftragte für Dirigieren an der Freiburger
Musikhochschule; zurzeit unterrichtet sie Orgel an der Hochschule für Musik der Gutenberg-Universität Mainz. Sie nahm erfolgreich an nationalen und internationalen Orgelwettbewerben teil (z.B. 1991, 1.Preis in Toulouse, 1994, 3.Preis in Calgary).
1993 erhielt sie beim deutschen Musikwettbewerb den Preis der ZONTA-Stiftung für die beste weibliche Teilnehmerin. Susanne
Rohn gibt regelmäßig Orgelkonzerte und wirkt in professionellen Kammerchören und Ensembles für Alte Musik mit. Rundfunkproduktionen, u.a.
für Schweizer Radio DRS, den Südwestfunk und den Hessischen Rundfunk sowie CD-Einspielungen runden das Bild ihrer künstlerischen Tätigkeit ab.
Jörg-Hannes Hahn ist künstlerischer Leiter der Reihe MUSIK AM 13. und des Bachchors und Bachorchesters Stuttgart. Er
studierte Kirchenmusik, Orgel, Klavier und Dirigieren u.a. bei Werner Jacob, Ludger Lohmann (Stuttgart) und Marie-Claire
Alain (Paris) und war Preisträger u.a. der Orgelwoche Nürnberg 1992. 1997 konzertierte er mit dem gesamten Orgelwerk Max
Regers, zum Ende des Bach-Gedenkjahres 2000 folgte das Orgelwerk Johann Sebastian Bachs. Seine Liebe gilt der Alten
Musik, deren Werke er sich in zunehmendem Maße aus der historisch-informierten Aufführungspraxis heraus erschließt,
sowie der Musik der deutschen Romantik. Mit zahlreichen Ur- und Erstaufführungen hat er sich um die Musik des 20. und 21.
Jahrhunderts verdient gemacht. (u.a. 2004 Adriana Hölszkys Das Licht, 2007 Sidney Corbetts Maria Magdalena und 2011
Anno Schreiers Er ist nicht…). Verpflichtungen als Solist, Gastprofessor, Wettbewerbsjuror und als Dirigent führten ihn in
die meisten europäischen Länder, nach Russland, Israel, Südamerika und nach Japan, Korea und Singapur. Er unterrichtete u.a. am Conservatorio
Verdi Mailand, am Tschaikowsky-Konservatorium Moskau und an der Korea National University of Arts, Seoul. Zahlreiche CD-und Rundfunkproduktionen dokumentieren seine künstlerische Arbeit. So nahm er für das Label CANTATE die Chorwerke von Camille Saint-Saens sowie – erstmals
überhaupt – die Orgelwerke von Carl Philipp Emanuel Bach auf der historischen Marx-Migendt-Orgel in Berlin-Karlshorst auf. Im Mai 2005 wurde
Jörg-Hannes Hahn der Titel »Kirchenmusikdirektor« verliehen, Ende 2007 wurde er zum Professor an der Staatlichen Hochschule für Musik und
Darstellende Kunst Stuttgart und Anfang 2008 zum Kirchenkreiskantor für Stuttgart ernannt.
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D I E N Ä C H ST E N KO NZ E RT E
> Do, 13. November 2014, 20 Uhr, Spätgotische Stadtkirche Stuttgart-Bad Cannstatt
Chormusik aus Frankreich
Kammerchor der Stuttgarter Musikhochschule, Godefroy Viola da Gamba, Castagnet Orgel, Rouger Leitung
> Sa, 13. Dezember 2014, 18 Uhr, Spätgotische Stadtkirche Stuttgart-Bad Cannstatt
Quempas-Singen
Werke u.a. von Praetorius, Schütz und Bach
Bartels Psalterium, Ökumenischer Kinderchor Heslach, Bachchor Stuttgart, Hahn Leitung
> Sa 20. Dezember 2014, 19 Uhr & So, 21. Dezember 2014, 17 Uhr, Spätgotische Stadtkirche Stuttgart-Bad Cannstatt
Weihnachtskonzert I & II
Britten Saint Nicolas-Kantate op. 42
Bach Weihnachtsoratorium BWV 248
Klußmann, Rempp Sopran, Jänicke Alt, Szigetvary Tenor, Loges Bass, Frauenchor Tübingen, Cantus Stuttgart Bachchor
Stuttgart, Bachorchester Stuttgart, Hahn Leitung
Karten 10-38 Euro, Vorverkauf 0711 2555555 oder www.easyticket.de sowie Kron-Apotheke 0711 565502
> Di, 31. Dezember 2014, 22 Uhr, Lutherkirche Stuttgart-Bad Cannstatt
Festliches Konzert zum Jahresschluss
Werke von Torelli, Telemann, Hielscher
Lichdi Trompete, Hahn Orgel
Kirchenkreiskantorat Stuttgart
KMD Prof. Jörg-Hannes Hahn
Wilhelmstraße 8, 70372 Stuttgart
Telefon 0711/54 99 73-75, Telefax 0711/54 99 73-78
[email protected], www.musik-am-13.de
Dramaturgie und Programmheftredaktion:
Ellen Freyberg, [email protected]
Grafik-Design: Albrecht Hahn, [email protected]
Stadtkirche
Lutherkirche
Stuttgart – Bad Cannstatt
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