Bd. 315 (1959) 109 Die Einwirkung von Perjodsäure auf Prokollagen, II 1 Aminosäurenanalysen Von Helmut Hörmann, Kurt Hannig und Gerhard Fries Aus dem Max-Planck-Institut für Eiweiß- und Lederforschung, München (Der Schriftleitung zugegangen am 15. Januar 1959) Graßmann und Kühn hatten 1955 darüber berichtet2, daß Kollagen unter der Einwirkung von Perjodsäure bei 40° in Lösung geht. Diese Tatsache hat uns veranlaßt, die Reaktion von Perjodsäure mit Kollagen näher zu untersuchen. Wir wählten dazu lösliches Kollagen (Prokollagen), das man durch Extraktion von kollagenem Material mit Citratpuffer erhalten kann und das sich in der Zusammensetzung und Reihenfolge der Aminosäuren von ausgereiftem Kollagen praktisch nicht unterscheidet3'5, höchstens daß Quervernetzungen fehlen, die die Unlöslichkeit von ausgereiftem Kollagen verursachen6 (vgl. dagegen Lc. 7 ). In einer T. Mitteilung1 berichteten wir bereits darüber, daß bei der Einwirkung von Perjodsäure auf essigsaure Lösungen von Prokollagen bei Zimmertemperatur der geringe Hexosenanteil dieses Faserproteins innerhalb einer Stunde bis zu einem End wert von etwa 80% zerstört wird und daß weiterhin in einer wesentlich langsameren Reaktion, die erst nach 150—200 Stdn. zu Ende kommt, die Seitenkette des Hydroxylysins abgebaut wird, wobei Formaldehyd und Ammoniak entstehen. Die Oxydation dieser beiden Kollagenbestandteile war besonders interessant, da aus ihnen Aldehydgruppen entstehen, die Anlaß zu der bekannten Perjodat-Schiff-Reaktion des Kollagens geben. Die Frage, in welchem Maße auch die anderen Aminosäuren des KoUagens von Perjodsäure angegriffen werden, soll in der vorliegenden Arbeit an Hand von Aminosäurenanalysen untersucht werden. 1 2 3 I. Mitteil.: H. Hörmann u. G. Fries, diese Z. 811, 19 [1958]. W. G r a ß m a n n u. K. Kühn, diesa Z. 301, l [1955]. J. H. Bowes, R. G. Elliott u. J. A. Moss in J. T. Randall, Nature and Structure of Collagen, S. 199, Colloid and Biophysics Commitee of the Faraday Society at Kings College, London 1953; Biochem. J. 61, 143 [1955]. 4 W. Graßmann, K. Hannig u. M. Plöckl, diese Z. 299, 258 [1955]. 5 D. S. Jackson, A. A. Leach u. S. Jacobs, Biochim. biophysica Acta [Amsterdam] 27, 418 [1958]. 6 K. H. Gustavson, Sve. ehem. Tidskr. 67, 116 [1955]; J. Amer. Leather Chemists Assoc. 50, 239 [1955]; W. Graßmann, Leder 6, 241 [1955]. 7 A. A. Tustanowsky, A. L. Saides, G. W. Orlowskaja u. A. N. Mikhailov, Ber. Acad.'Wiss. UdSSR 97, 121 [1954]; A.Mikhailov, Leder 8, 254 [1957]. SteUungnahme zu diesen Arbeiten: W. Graßmann, Leder 9, 121 [1958], Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:41 HO H. Hörmann, K. Hannig und G. Fries, Bd. 315 (1959) \ Zahn und Zürn 8 hatten bei der Oxydation von Kollagen mit Perjodat bei 40° einen weitgehenden Abbau von Hydroxylysin festgestellt. Sie fanden weiterhin, daß die geringe Menge Tyrosin, die im Kollagen vorkommt, praktisch vollkommen verschwindet und daß Methionin abnimmt. Der Gehalt an Hydroxyprolin soll nach Angaben von Maekawa und Kushibe 9 bei der Oxydation von Gelatine mit Perjodat nicht nennenswert abnehmen. G r a ß m a n n und K ü h n 2 haben bei der Oxydation von Kollagen mit Phenyljodosoacetat, das in vieler Hinsicht ähnliche Oxydationseigenschaften wie Per j öd säure aufweist, jedoch zu einer Spaltung der Kollagenkette führt 1 ' 2 , gefunden, daß Tyrosin und Methionin oxydiert werden, während die anderen Aminosäuren nur geringfügige Veränderungen erleiden. Bei der Oxydation von Prokollagen mit Per jodsäure beobachtet man, wie bereits in der ersten Mitteilung erwähnt, zu Beginn der Reaktion einen schnelleren Verbrauch des Oxydationsmittels, entsprechend etwa 2,8 Mol pro 100 Mol Aminosäuren (2,3 Mol pro 100 Mol Protein-Stickstoff*). Nach etwa 5 Stdn. nimmt dieser anfänglich stärkere Verbrauch ab, ohne allerdings zum Stillstand zu kommen. Vielmehr geht die PerJodsäureabnahme in einer etwa linear verlaufenden Reaktion stetig weiter (I.e.1, Abb. 1). Nach 150 Stdn. beträgt die Abnahme bei 20° beispielsweise etwa 7,2 Mol J04Ö pro 100 Mol Aminosäuren des Prokollagens. Um die Vorgänge bei der Oxydation einigermaßen in ihrem zeitlichen Verlauf zu erfassen, wurden Prokollagenproben nach einer kurzen Oxydation von 5 Stdn., also am Ende der rascher verlaufenden Per Jodsäureaufnahme, und nach 150 Stdn. untersucht. Die betreffenden Proben wurden nach Zerstören des Oxydationsmittels mit Sulfit durch Dialyse von Salzen befreit, wobei kein Verlust an stickstoffhaltiger Substanz zu beobachten war (vgl. I.e. 1 ). Nach dem Gefrier trocknen hatte der Rückstand allerdings trotzdem einen geringeren Stickstoffgehalt als das Ausgangsmaterial, was auf eine Adsorption der verwendeten anorganischen Reagenzien, vornehmlich Jodid und Sulfit, zurückgeführt werden muß. Die Proben wurden hydrolysiert und die Aminosäuren durch Chromatographie an einer lonenaiistauschersäule nach Moore und Stein 10 mit automatischer Registrierung der Ergebnisse in der Anordnung von K. Hannig 11 aufgetrennt. Die erhaltenen Werte zeigt Tab. 1. Die Angaben sind in Prozent vom Gesamtstickstoff (A) und in Mol pro 100 Mol Aminosäuren (B) angegeben, um einen Ver* In der I. Mitteil, war fälschlicherweise ein Wert von 3,4 Mol Perjadsäure pro 100 Mol Proteinstickstoff angegeben worden. 8 H. Zahn u. L. Zürn, Z. Naturforsch. 12b, 788 [1957]. 9 K. Maekawa u. M. Kushibe, Bull. ehem. Soc. Japan 27, 277 [1954]. 10 St. Moore u. W. H. Stein, J. biol. Chemistry 192, 663 [1951]; 211, 893 [1954]. 11 K. Hannig, Vortrag 6. Elektrophoresekolloquium, Brügge, Mai 1958; (!lin. chim. Acta 4, 51 [1959]. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:41 Die Einwirkung von Perjodsäure auf Prokollagen, II 111 gleich mit den früher wiedergegebenen Analysenergebnissenl zu gestatten, welche zum Teil auch stickstofffreie Verbindungen (Hexosen, Formaldehyd) beinhalten. Tab. 1. Aminosäurenanalysen von Prokollagen nach Oxydation mit Perjodsäure. Angaben in % vom Gesamt-N (A) und in Mol/100 Mol Aminosäuren (B). A Asparaginsäure Glutaminsäure . Glycin Alanin Serin Threonin Tyrosin Valin Methionin Isoleu ein Leucin Phenylalanin . . Prolin . Hydroxyprolin . Histidin . . . . Lysin Hydroxylysin . Arginin Methioninsulfon Unbekannt (basisch) .... Ammoniak . . . . Summe Stickstoffgehalt % O Stdn. B Oxydationsdauer 5 S tdn. A B A 150 Stdn. B 3,91 6,17 27,62 9,15 2,48 1,50 0,35 1,60 0,36 1,15 2,07 1,03 11,57 6,91 1,28 5,09 1,35 17,22 4,67 7,37 32,99 10,83 2,96 1,79 0,42 1,91 0,43 1,37 2,47 1,23 13,80 8,25 0,51 3,05 0,81 5,14 3,73 6,03 26,78 8,96 2,78 1,51 0,11 1,54 0,18 1,20 1,87 1,02 11,22 8,11 0,50 5,00 0,62 16,89 4,54 7,35 32,58 10,81 3,38 1,84 0,13 1,88 0,22 1,46 2,28 1,24 13,66 9,87 0,21 3,04 0,38 5,13 3,92 6,10 27,08 9,18 2,72 1,39 <0,05 1,82 <0,05 1,25 1,97 1,11 11,73 6,15 1,08 5,08 <0,05 17,38 0,52 4,76 7,40 32,82 11,13 3,30 1,69 3,93 (4,68) 4,12 (5,01) 0,57 4,46 0,35 (5,42) 104,74 100,00* 14,i)!** 102,17 100,00* 16 ,15 2,21 1,52 2,39 1,35 14,22 7,46 0,43 3,08 5,26 0,63 103,51 | 100,00* 14,72 * NH 3 nicht mitgezählt. ** Nach Vorbehandlung mit jodidhaltiger schwefliger Säure und Dialyse. Zum Vergleich wurde auch eine nicht oxydierte Probe untersucht. Um dieselbe den oxydierten Proben anzugleichen, welche stets anorganische Ionen adsorbiert hatten, wurde sie vorher in essigsaurer Lösung mit jodidiialtiger schwefliger Säure behandelt und anorganische Salze anschließend durch Dialyse wieder ertfernt. Nach dem Gefriertrocknen hatte dieses nicht oxydierte Vergleichsmaterial einen Stickstoffgehalt von 14,91%, während das Ausgangsmaterial 17,4% N besaß. Beim Veraschen hinterblieb ein Rückstand von 2,57%. Die Aminosäureanalyse deckt 104,74% vom Gesamtstickstoff des eingesetzten Prokcllagens. Entsprechend dem Gehalt an anorganischer Substanz bestreitet sie nur 84,4% des Gewichtes der Einwaage. Berechnet man jedoch unter Zugrundelegung des ursprünglichen Stickstoffgehaltes von 17,4% auf die reine Kollagensubstanz der Einwaage, so findet man eine Gewichtsausbeute der Analyse von 98,3%. Die4 ermittelte Zusammensetzung stimmt mit älteren Angaben aus unserem Institut und von Bowes, Elliott und Moss 3 befriedigend überein. Auch eine vor kurzem erschienene Analyse von D. S. Jackson, Leach und Jacobs 5 ist ohne nennens- Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:41 112 H. Hörmann, K. Hannig und G. Fries, Bd. 315 (1959) werte Abweichungen. Gegenüber den fremden Autoren finden wir etwas höhere Werte für Prolin, Lysin und Arginin und etwas niedrigere für Serin und Hydroxyprolin. Durch die Oxydation treten nur bei wenigen Aminosäuren charakteristische Änderungen auf. Die meisten bleiben in verhältnismäßig engen Grenzen konstant. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der I. Mitteilung1 verschwindet Hydroxylysin nach 150 stdg. Oxydation vollständig; nach 5 Stdn. ist es noch etwa zur Hälfte vorhanden. Diese langsame Reaktionsweise der Aminolgruppierung mit Per] öd säure dürfte zum Teil ihre Ursache im sauren Reaktionsmedium haben, wodurch die Aminogruppe ionisiert und der Reaktion schwer zugänglich ist. Weiterhin fehlen nach 150 Stdn. Tyrosin und Methionin, aber nach 5 Stdn. ist ihre Oxydation noch nicht abgeschlossen. Methioninsulfon, das in Übereinstimmung mit Angaben von Moore, Spack m an und Stein 12 zwischen Asparaginsäure und Threonin aus der Säule tritt, wurde in einer dem ursprünglichen Methionin äquivalenten Menge nach 150 stdg. Oxydation wiedergefunden. Für Histidin sind unsere Ergebnisse noch etwas unklar. Nach 5 Stdn. beobachteten wir eine Abnahme, nach 150 Stdn. dagegen keine. Die Hydroxyaminosäuren Serin, Threonin und Hydroxyprolin erleiden keine bedeutenden Veränderungen. Die etwas höher gefundenen Werte für Serin und Hydroxyprolin nach 5 Stdn. Abbau dürften eher auf methodischen Fehlern oder auf der Tatsache beruhen, daß die betreffende Aminosäure zusammen mit ninhydrinpositiven Abbauprodukten wandert. Die gleichbleibenden Werte der betreffenden Hydroxyaminosäuren waren bereits auf Grund von Arbeiten von Nie o let und S h in n13 sowie von anderen Autoren14'15 zu erwarten, die gezeigt hatten, daß Serin und Threonin zwar als freie Aminosäuren durch Per jodsäure oxydiert werden, im Peptidverband aber keinen Angriff erleiden, es sei denn, sie stehen am Aminoende. Die Hydrolysate der oxydierten Kollagenproben weisen einen geringen Zuwachs an Ammoniak auf, der etwa der Zerstörung der Seitenkette des Hydroxylysins äquivalent ist (5 Stdn. 0,33 Mol, 150 Stdn. l 0,74 Mol/100 Mol Aminosäuren; vgl. dazu I.e.1). Der bei der Oxydation l abgespaltene Ammoniak wird also offenbar bei der Dialyse nicht entfernt, ' sondern befindet sich noch in einer gewissen Bindung an das Prokollagen. Weiterhin findet man im Hydrolysat des 150 Stdn. oxydierten \ Prokollagens 0,35 Mol einer unbekannten basischen Aminosäure/100 Mol -] Aminosäuren, die offenbar ein Abbauprodukt darstellt. Bei der Berechnung wurde angenommen, daß sie zwei Stickstoffatome im Molekül 12 [1958]. 13 14 [1947]. 15 St. Moore, D. H. Spackman u. W. H. Stein, Analytic. Chem. 30, 1185 ' B. H. Nicolet u. L. A. Shinn, J. Amer. ehem. Soc. 61, 1615 [1939]. P. Desnuelle, S. Antonin u. A. Casal, Bull. Soc. chim. biol. 29, 694 S. Fujii, K. Arakawa u. N. Aoyagi, J. Biochemistry [Tokyo] 44, 471 [1957]; S. F u j i i u. K. A r a k a w a , ebenda 45, 779 [1958]. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:41 Bd. 315 (1959) Die Einwirkung von Perjodsäure auf Prokollagen, II 113 2 ^enthält. Ein ähnliches Ergebnis hatten Graßmann und Kühn bei der Aminosäurenanalyse von Kollagen erhalten, das mit Phenyljodosoacetat oxydiert worden war. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß diese basische Aminosäure von Hydroxylysin stammt, vielmehr ist zu erwarten, daß der bei der Oxydation von Hydroxylysin entstehende Glutaminsäurehalbaldehyd bei der Hydrolyse eine Umwandlung in Glutaminsäure oder Prolin bzw. Hydroxyprolin erfährt. Vielleicht sind die verhältnismäßig stark schwankenden Zahlen für Prolin und Hydroxyprolin dadurch zu erklären. Nach 5 Stdn. hat die durch die Analyse der Abbauprodukte bestimmte Oxydation der Aminosäuren Hydroxylysin, Tyrosin und Methionin sowie der Hexosen einen Wert erreicht, der einer Perjodsäureaufnahme von 2,60 Mol pro 100 Mol Aminosäure (2,15 Mol pro 100 Mol Proteinstickstoff) entspricht (Tab. 2). Dabei wird angenommen, daß die Hexosen pro Mol nur ein Mol Perjodsäure aufnehmen, welcher Wert von der Bindungsform der Hexosen abhängig und wahrscheinlich zu niedrig ist. Für den Verbrauch von 4 Mol Perjodsäure bei der Oxydation von Tyrosin werden weiter unten Belege angeführt. Tab. 2. Perjodsäurebilanz nach 5stdg. Oxydation von Prokollagen. Oxydierte Komponente Hexosen Hydroxylysin . Tyrosin Methionin HJ04-Verbrauch pro Mol 1 1 4 2 Summe Oxyd. Menge* HJ04-Verbrauch (B)** (B)** 0 59 043 029 0.21 1,52 0 59 043 1,16 0.42 2,60 Gemäß Bausteinanalyse (Tab. 1). Mol/100 Mol Aminosäuren des Prokollagens. Die beobachtete Oxydation der Aminosäuren und Hexosen deckt nach 5 Stdn. den gefundenen Per jodsäure verbrauch (2,8 Mol/100 Mol Aminosäuren) mindestens zu etwa 90%. Die Oxydation ist also offenbar sehr spezifisch. Tm weiteren Verlauf der Reaktion beobachtet man eine gleichmäßig weiterschreitende Abnahme von Perjodsäure, die auch nach 200 Stdn. nicht zu Ende gekommen ist. Die AbnaJime wird nur zu einem kleinen Bruchteil (1,35 Mol/100 Mol Aminosäuren) durch die Oxydation der nach 5 Stdn. noch nicht vollständig zerstörten Aminosäuren Hydroxylysin, Tyrosin und Methionin erklärt. Da auch keine nennenswerten Veränderungen bei anderen Aminosäuren auftreten, muß man annehmen, daß es sich entweder um einen gleichmäßigen Angriff auf alle Aminosäuren im Eiweißverband oder um einen katalytischen Zerfall von Perjodsäure unter der Wirkung der Oxydationsprodukte handelt. Die angeführten Ergebnisse bei der Einwirkung von Perjodsäure auf Prokollagen haben uns veranlaßt, die Wirkung von Perjodsäure Hoppe-Seylers Zeitschrift f. physiol. Chemie. 315 8 Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:41 114 H. Hörmann, K. Hannig und G. Fries, Bd. 315 (1959) Tab. 3. Perjodsäureverbrauch von Aminosäuren und Peptiden. 0,125 mMol Aminosäure bzw. Peptid. 20 cm3 5proz. Essigsäure, 2,5 cm3 0,2w Na-Perjodat, 20°, 140 Stdn. Aminosäure G 1vein Alanin Valin Leucin Phenylalanin. Tyrosin * Prolin Hydroxyprolin . . . Asparaginsäure Glutaminsäure . . . Lysin Histidin Arginin . . . . Verbrauch Mol HJ04/Mol 0 050 0,127 0 122 0 527 0 563 3,600 1,570 2,655 0,720 0,210 1,160 1,880 0,584 Verbrauch Mol HJ04/Mol Peptid Gly-phe Gly-leu Glv-ast) . . . . . Glv-Dro Val-elv Glv-tvr** Cbz-pro-hypro*** . Gly-phe-ser . . . Leu-fflv-lvs Pro-gly-phe . . . . . . . 0 004 0,000 0021 0 012 0021 4 730 0,010 0,035 0052 0,023 * 0,06 mMol; ** 0,03 mMol; *** 0,11 mMol, Cbz = Carbobenzoxy- auf Aminosäuren und Peptide unter den gleichen Versuchsbedingungen zu untersuchen. Die in Tab. 3 dargestellten Ergebnisse zeigen, daß freie Aminosäuren ohne perjodatempfindliche -Aminolgruppierung bei Zimmertemperatur innerhalb von 140 Stdn. verhältnismäßig große Mengen Perjodsäure verbrauchen. Nach Angaben von Arakawa 1 6 , der besonders bei erhöhter Temperatur (60°) eine deutliche Oxydation von ocAminosäuren beobachtete, sollen dabei Kohlendioxyd, Ammoniak und der nächst niedrige Aldehyd entstehen. Als Aminosäure ohne besondere funktionelle Gruppe zeigt Prolin eine ausnehmend große Aufnahme von Perjodsäure, worüber bereits Desnuell, Antonin und Casal 14 berichtet haben. Hydroxyprolin nimmt um 1,6 Mol mehr Perjodsäure auf, als für die Spaltung der Iminolgruppierung notwendig ist. Mehr als ein Mol werden auch von Lysin und Histidin verbratacht. Von Tyrosin wird die phenolische Gruppierung oxydiert, wobei 3,6 Mol aufgenommen werden. Im Gegensatz zu den freien Aminosäuren werden Peptide von Perjodsäure nur sehr wenig angegriffen. Diese Tatsache ist besonders augenfällig bei Prolinpeptiden, die nur eine sehr geringe Aufnahme zeigen, gleichgültig, ob Prolin am Amino- oder Carboxylende steht, während die freie Aminosäure ziemlich stark oxydiert wird. Auch Carbobenzoxy-prolyl-hydroxyprolin zeigte, allerdings wegen seiner geringeren Löslichkeit in etwas verdünnterer Lösung, innerhalb von 20 Stdn. einen Perjodsäureverbrauch von höchstens 0,01 Mol/Mol Peptid. Hydroxyprolin wird also ebenfalls im Peptidverband nur unwesentlich oxydiert. Genau so wenig wurde Glycyl-phenylalanyl-serin an seiner carboxylend ständigen Hydroxyaminosäure angegriffen, was bereits nach 16 K. A r a k a w a , J. Biochemistry [Tokyo] 44, 217 [1957]. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:41 Bd. 315 (1959) Die Einwirkung von Perjodsäure auf Prokollagen, II 115 ^Befunden von Fujii, Arakawa und Aoyagi 15 zu erwarten war. Glycyltyrosin hatte dagegen nach 140 Stdn. pro Mol 4,73 Mol Perjodsäure verbraucht, welche Menge offensichtlich zur Oxydation der phenolischen Gruppierung aufgewendet wurde. Wegen der geringen Löslichkeit mußte die Bestimmung bei Tyrosin und Glycyl-tyrosin bei geringerer Konzentration vorgenommen werden. Die Oxydation von Eiweißverbindungen mit Perjodsäure, die in vorliegender Arbeit am Beispiel des Prokollagens und an einigen Modellpeptiden untersucht worden war, stellt also offensichtlich eine ziemlich spezifisch verlaufende Reaktion dar, bei der nur wenige Aminosäuren, Tyrosin, Methionin, Hydroxylysin, eventuell Histidin und nach Angaben in der Literatur8'14»17 Tryptophan, Cystein und Cystin in ihrer Seitenkette in verhältnismäßig langsamer Reaktion erfaßt werden. Rasch werden dagegen nach unseren früheren Befunden1 Kohlenhydratkomponenten zerstört, so daß diese Reaktion sich besonders gut zur Untersuchung von Glykoproteiden eignen dürfte. Beschreibung der Versuche Das verwendete Prokollagen war aus Kalbshaut nach einer Vorschrift von Orechowitsch und Mitarbb.18 dargestellt. Nach zweimaligem Auflösen in 0,5m Citratpuffer, pjj 3,3, und Wiederabscheiden durch Dialyse gegen 0,005m Na2HPO4 hatte es nach scharfem Trocknen über P205 einen Stickstoffgehalt von 17,4o/0. Oxydation mit Perjodsäure: 700mg Prokollagen wurden in 80 cm8 103 proz. Essigsäure gelöst, mit 10 cm 0,2m NaJ04 versetzt und mit Wasser auf 100 cm3 aufgefüllt. Die Oxydation wurde im Dunkeln bei 20° in einem Thermostatenbad durchgeführt. Nach 5- bzw. 150stdg. Oxydation wurde überschüssige Perjodsäure mit Sulfit zerstört, die Lösung gegen Wasser dialysiert und gefrieretrocknet. Eine Vergleichsprobe wurde in essigsaurer Lösung mit derselben Menge ulfit versetzt, der die gleiche Menge Perjodat wie oben zugesetzt war, und dialysiert. Die Gewichtsausbeute an gefriergetrockneter Substanz betrug bei der nicht oxydierten Probe 101,2%, nach östdg. Oxydation 98,9% und nach 150 Stdn. 98,8% der ursprünglichen Einwaage. Nach Trocknen über P205 besaßen die Präparate den in Tab. l angegebenen N-Gehalt. Aminosäurenanalysen: Von den zu untersuchenden Proben wurden 3—6 mg mit 2 cm3 6n HC1 im zugeschmolzenen Kölbchen unter N2-Atmosphäre 24 Stdn. bei 105° hydrolysiert. Nach Eindampfen im Exsikkator über P205 wurde das Hydrolysat durch lonenaustauschchromatographie nach Moore uüd Stein10 aufgetrennt, wobei Farbentwicklung und Registrierung der Extinktionswerte in einer Anordnung von Hannig 11 automatisch durchgeführt wurden. Die Analysenergebnisse stellen Mittelwerte von 3- bzw. beim 150-Stdn.-Abbau von 2 Gesamtanalysen dar. Perjodsäureoxydation von Aminosäuren und Peptiden: 0,125 mMol Aminosäure bzw. Peptid (Glycyltyrosin 0,06 mMol, Tyrosin 0,03 mMol) wurden in 20 cm3 5proz. Essigsäure gelöst, 2,5 cm3 0,2m Natriumperjodat zugesetzt und unter Lichtausschluß bei 20° 140 Stdn. oxydiert. Der Perjodsäureverbrauch wurde durch Titration des nicht verbrauchten Oxydationsmittels nach der Arsenitmethode von Fleury und Lange 19 bestimmt. Bei Carbobenzoxyprolyl-hydroxy- f 17 18 W. F. Goebel u. G. E. Perlraann, J. exp. Medicine 87, 479 [1949]. V. N. Orechowitsch, A. A. Tustanowsky, K. D. Orechowitsch u. N. E. Plotnikowa, Biochimia 13, 55 [1948], 19 P. F. Fleury u. J. Lange, J. Pharmac. Chim. 17, 107 [1933]. 8* Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:41 116 Die Einwirkung von Perjodsäure auf Prokollagen, II Bd. 315 (1959) prolin (4,88· 10 ~3 Mol/Z) wurde der Perjodsäureverbrauch spektralphotometrisch an der Abnahme der Extinktion bei 310 nach Marinetti und Rouser 20 ermittelt. Herrn Prof. Dr. W. Graßmann sind wir für Diskussionen zu dieser Arbeit sehr zu Dank verpflichtet. Frl. R. Scharf danken wir für ihre Arbeit bei der Ausführung der quantitativen Analysen, Herrn Dr. E. Wünsch für die Überlassung von Peptiden. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wir für die Unterstützung der vorliegenden Arbeit. Zusammenfassung Die Veränderungen, die Prokollagen bei der Oxydation mit Perjodsäure erleidet, wurden an Hand von Aminosäurenanalysen nach 5 und 150 Stdn. Oxydation bestimmt. Hydroxylysin, Tyrosin und Methionin werden in langsamer Reaktion oxydiert. Die anderen Aminosäuren erfahren praktisch keine Veränderung. Vergleichende Untersuchungen ergaben, daß freie Aminosäuren unter denselben Bedingungen deutlich Perjodsäure verbrauchen, Peptide dagegen aber fast keine Aufnahme von Perjodsäure zeigen. Summary The change which procollagen undergoes during oxidation with periodic acid was determined by amino acid analyses after 5 and 150 hrs. oxidation. Hydroxylysine, tyrosine and methionine are oxidised slowly. The other amino acids undergoe practically no change. Comparative studies have shown, that under the same conditions the consumption of periodic acid by free amino acids is significant, whereas peptides show almost no uptake of periodic acid. 20 G. V. Marinetti u. G. Rouser, J. Araer. chem. Soc. 77, 5345 [1955]. Unauthenticated Download Date | 5/12/16 3:41