Entwicklung und Sozialisation in der Kindheit

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Entwicklung und Sozialisation
in der Kindheit
1 Psychosexuelle und psychosoziale Entwicklung im
Kindesalter nach Erik H. Erikson
Eriksons Modell zur psychosexuellen und psychosozialen Entwicklung von
Kindern und Jugendlichen basiert auf den tiefenpsychologischen Einsichten
Sigmund Freuds und ist nur bei grundlegenden Kenntnissen seiner Theorie
verständlich.
1.1 Sigmund Freuds Entdeckung des Unbewussten und seine
Beschreibung der psychosexuellen Entwicklung
Sigmund Freud (1856 –1939) arbeitete als Nervenarzt in Wien, später musste er als Jude nach England emigrieren. Bei der Zusammenarbeit mit dem
Nervenarzt Jean-Martin Charcot merkte er, dass
man Hysterie-Patienten oft durch Hypnose helfen
kann. So gewann er die Überzeugung, dass unbewusste belastende Erfahrungen, die „verdrängt“
wurden, Krankheitssymptome verursachen können.
Menschen handeln laut Freud nicht nur aufgrund
bewusster Entscheidungen, sondern folgen immer
auch unbewussten Antrieben. Er gelangte zu dieser
Einsicht, indem er Menschen ohne Hypnose behandelte und sie sich an verdrängte Erlebnisse – zumeist in der frühen Kindheit – erinnern ließ. Durch
seine Erfahrungen in solchen Therapiegesprächen
war er sicher, dass sich der menschliche Sexualtrieb, den er auch „Lebenstrieb“ nannte, nicht erst in der Pubertät ausbilde, sondern
schon im frühesten Kindesalter bestehe. Zunächst stieß Freud mit dieser These auf
Ablehnung und erheblichen Widerstand, fand aber dann zunehmend Zustimmung und
Anhänger für seine neue Lehre.
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Der Ansatz der Psychoanalyse
Freuds Behandlungsmethode war das Gespräch mit seinen Patienten, in dem
er anstrebte, gemeinsam mit ihnen ihre „Seele“ und ihr Seelenleben zu
„zergliedern“. Ziel der Gespräche war es, vergessene oder verdrängte Erfahrungen der Vergangenheit neu in das Bewusstsein zu rufen. Die Patienten sollten von den Erlebnissen aus ihrer Vergangenheit erzählen, dabei auch ihre
Gefühle äußern und sagen, was ihnen spontan in den Sinn kam. Freud versuchte dann, symbolische Muster oder symbolische Verschlüsselungen
aufzudecken. Er bemerkte, dass viele Äußerungen und Assoziationen Rückschlüsse auf Sexualsymbole nahelegten. Dies bewegte ihn dazu, von einem
Sexualtrieb als Grundtrieb des Menschen auszugehen, der all sein Handeln bestimmt.
Einer seiner bekanntesten Fälle ist die Patientin „Anna O.“, die nach dem
Tod ihres Vaters, den sie in den letzten Jahren liebevoll gepflegt hatte, unter
extremen Stimmungsschwankungen, Lähmungen, Halluzinationen und Ängsten litt. Im Rahmen einer langen Behandlungszeit behauptete Anna O., von
ihrem bisherigen Therapeuten Josef Breuer schwanger zu sein, mit dem sie ein
vertrautes Verhältnis verband. Freud befürchtete als Motiv für diese „Einbildung“ zunächst einen realen Kindesmissbrauch durch den Vater in ihrer frühen Kindheit, stellte aber dann seine Annahme auf den Kopf: Nicht der Vater
habe die Tochter real missbraucht, vielmehr habe die Tochter (sexuelles) Verlangen nach dem Vater empfunden. Anna O. habe so ihren
unbewussten Träumen und Wünschen – nämlich nach einer sexuellen Vereinigung mit dem Vater – Ausdruck verliehen. Freud fasste seine Entdeckung
später unter dem Begriff „Ödipus-Konflikt“ oder auch „Ödipus-Komplex“
zusammen. Diese Einsicht wurde zum Fundament seiner psychoanalytischen
Theorie: Das Mädchen, das sich eine erotische Beziehung zum Vater wünscht,
muss bald erkennen, dass diese unmöglich ist. Denn der Vater ist Partner der
Mutter und das Kind hat nicht die Macht, die Mutter zu verdrängen. Entsprechendes gilt für Jungen. Indes kommt ein weiteres Element hinzu. Nach Freud
wissen Kinder schon im Kindergartenalter, dass erotische Beziehungen zu den
Eltern tabu sind. Sie werden folglich schon früh mit dem Konflikt zwischen
eigenen Triebbedürfnissen und Normen bzw. Werten der Gesellschaft konfrontiert.
Laut Freud eignen sich Menschen die fundamentalen gesellschaftlichen Normen und Regeln durch Internalisierung – vermittelt über die Familie – an.
Diese prägen bald auch ihr (unbewusstes) Denken und Handeln. Daraus aber
entsteht der fortwährende Konflikt im Individuum, zwischen eigenen
Triebbedürfnissen einerseits und internalisierten Normen und Werten
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