© A. John - Gk 12 ev. Rel. 2001 Einführung in die Unterrichtseinheit Religion - Gottesvorstellung und „Freud“ ? Wir präsentieren einige Beiträge aus oben genannter Unterrichtseinheit der Grundkurses 12 Evangelische Religion, die im Zusammenhang mit anderen Fächern am Theodor-Heuss-Gymnasium Essen-Kettwig zum „WienProjekt“ erarbeitet worden sind . Hilfreich für den Einstieg war die Freud-Biographie aus der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft. Einen Einblick in den Bereich der Psychoanalyse zu gewinnen war uns wichtig. So wurde uns dort z.B. der Hintergrund der uns allgegenwärtigen Briefmarke erleuchtet, Die Marke zeigt Bertha von Pappenheim, die unter dem Pseudonym „Anna O.“ in die Geschichte der Psychoanalyse einging. Die Studien an dieser Patientin, die der Wiener Freud zusammen mit seinem Kollegen Breuer untersucht hatte, waren neben anderen Grundlage für seine weiteren Theorien. Die Vielschichtigkeit seiner Person wird versucht aufzublättern. Sein Name wurde nach der Geburt in der Familienbibel verzeichnet, aber danach genoss er keine orthodox jüdische Erziehung, Obgleich sich Freud nicht als gläubig sah, beeinflusste ihn die Bibel. In seinen Schriften „Die Zukunft einer Illusion“ und „Der Mann Moses und die monotheistische Religion“ nimmt er als Wissenschaftler radikale Distanz zur Religion. Er respektierte jüdische Sitten und Festtage und war Mitgied in einem jüdischen Kulturverein, In der Zeitschrift werden auch die „Vorläufer“ Freuds, der „Magnetiseur“ Messmer aus Wien und der Franzose Charcot eindrucksvoll illustriert. Autoren: Matjes und Antje Sigmund Freud Neurosenforscher! Atheist? Die legendäre Couch Auf dieser Couch behandelte Sigmund Freud seine Patienten. Dabei handelte es sich zumeist um Damen der feinen Wiener Gesellschaft, die bei ihm Hilfe und Rat suchten. Der selbst unreligiöse Freud machte häufig den streng praktizierten Katholizismus für deren Beschwerden verantwortlich. Doch er unterzog sich nie einer solchen tiefenpsychologischen Behandlung, z.B.durch einen Kollegen. Freud stammte selber aus einer jüdischen, aber nicht streng gläubigen Familie und musste deswegen 1938 ins Exil emigrieren. Freud sieht Religion als eine Form der Illusion an und macht zwangsneurotische Züge an ihr fest. Z.B. behauptet er, im christlichen Abendmahl seien Elemente des Totemismus verborgen. Die Menschen hätten nämlich in Wirklichkeit das alte Totemtier, den "primitiven" Gott selbst, als Opfer getötet und verzehrt, um so ihre Gottähnlichkeit aufzufrischen und sich ihrer zu versichern. Aus dieser "Urschuld" sei das Abendmahl als Zwangsritual hervorgegangen. An diesem Beispiel lassen sich viele Parallelen zum Atheisten Ludwig Feuerbach herstellen, der die These aufstellte, dass die Menschen unbewusst sich selbst nur negative Eigenschaften zuordnen würden und alles Positive auf ihren Gott projezierten. Den Menschen ginge es besser, wenn sie sich nicht ihrem Glauben hingäben. Der Atheismus Freuds hat einen anderen Ansatz: - Er ist nicht positivistisch, wenn auch an die Stelle der Religion die Wissenschaft treten soll. - Er wird auf dem Wege einer umfassenden Kulturkritik gewonnen. Autoren:Friederike, Mareen Paul Tillich Die verlorene Dimension - Thesen über die Tiefenpsychologie Tiefe in der Mitte des Lebens Tillich vertritt die These, dass die Dimension der Tiefe wesentlich bedeutsamer ist als die der Höhe. Er sagt: "Das Wort 'tief' hat, wenn wir es im geistigen Sinne gebrauchen, zwei Bedeutungen. Es bedeutet entweder das Gegenteil von 'flach' oder das Gegenteil von 'hoch'. Wahrheit ist tief und nicht flach. Leiden ist Tiefe, aber nicht Höhe. Das Licht der Wahrheit und die Dunkelheit des Leidens sind beide tief. Es gibt eine Tiefe in Gott, und es gibt eine Tiefe, aus der der Psalmist nach Gott ruft." Der Gegensatz zwischen Tiefe und Höhe ist, dass Tiefe für uns gegenwärtiger erscheint und Höhe oft den Eindruck von Ferne erweckt. Früher prägte der Begriff der Höhe die Theologie: Man hatte die Vorstellung von einem Gott im Himmel und von einer fernen Kraft, die unser Leben bestimmt. Mittlerweile hat sich diese Ansicht jedoch geändert. Man assoziiert mit dem Begriff 'Tiefe' eher den Grund allen Seins und deshalb können sich auch mehr Menschen damit identifizieren als mit einem vielleicht zu perfekt erscheinenden Himmelreich. Tillich sagt weiter: "Der Name dieses unendlichen und unerschöpflichen Grundes der Geschichte ist Gott. Das ist es, was das Wort Gott bedeutet und worauf die Worte 'Reich Gottes' und 'göttliche Vorsehung' hindeuten. Und wenn diese Worte euch nicht mehr viel bedeuten, so übersetzt sie und sprecht von der Tiefe der Geschichte, vom Grund und Ziel unseres sozialen Lebens und vor allem, was ihr ohne Vorbehalt in eurem politischen und moralischen Handeln ernst nehmt. Vielleicht solltet ihr diese Tiefe Hoffnung - einfach Hoffnung - nennen. Denn wenn ihr im Grund der Geschichte Hoffnung findet, seid ihr einig mit den großen Propheten, die in die Tiefe ihrer Zeit schauen konnten. Ihre Zeitgenossen konnten es nicht, sie konnten es nicht ertragen, was die Propheten in der Tiefe sahen. Die Propheten aber hatten die Kraft, in eine tiefere Schicht zu blicken und Hoffnung in ihr zu finden." (Paul Tillich, Die verloreme Dimension, Stuttgart 1962) Tillich kann sich aufgrund dieser Thesen über die Tiefenpsychologie gut mit Freud identifizieren. Denn er erkennt die Tiefenpsychologie zwar als einen guten Weg an, um zur Tiefe des Lebens zu gelangen, sieht sie jedoch nicht als letzte Tür zur Wahrheit. Er sagt vielmehr, dass 'die Tiefe des Leidens die einzige Tür zur Tiefe der Wahrheit' ist. Freud gelangte zu Tiefe, indem er sich mit dem Leid seiner kranken Patienten beschäftigte. Er stellte die These auf, dass das Unterbewusstsein ein wichtiger Teil der menschlichen Psyche sei. Im Unterbewusstsein sammeln sich verdrängte Gedanken und Erlebnisse, so dass es zu Neurosen kommen kann. Diese Neurosen hat auch Tillich thematisiert und in verschiedene Kategorien unterteilt. Autor: Jutta Hahn Ist Religion neurotisch? Sigmund Freud sagt, dass religiöse Riten Ähnlichkeit mit neurotischen Zwangshandlungen haben. Zum Beispiel werden seiner Meinung nach beide nur durchgeführt, weil man bei Unterlassung ein schlechtes Gewissen bekommt. Er sieht zwar auch Unterschiede, zum Beispiel, dass religiöse Handlungen in der Regel öffentlich sind, wohingegen man die neurotischen Handlungen alleine durchführt, doch da dies die Neurose zu einer Privatreligion macht führt der Unterschied zu einer Ähnlichkeit. Außerdem liegen Gemeinsamkeiten darin, dass beide, der Neurotiker und der religiöse Mensch oft nicht wissen, warum sie die Handlungen durchführen, und, dass beide bei Institutionen oder anderen Menschen Schutz suchen. "Dem Schuldbewußtsein der Zwangsneurotiker entspricht die Beteuerung der Frommen, sie wüßten, dass sie im Herzen arge Sünder seien." Er sagt also, man könne die Zwangsneurose als pathologisches Gegenstück auffassen, die Neurose als individuelle Religiosität und die Religion als universelle Zwangsneurose bezeichnen. Die wesentliche Übereinstimmung läge in dem zugrunde liegenden Verzicht auf auf die Betätigung von konstitutionell gegebenen trieben; der entscheidende Unterschied in der Natur der Triebe, die bei der Neurose ausschließlich sexueller, bei der Religion egoistischer Herkunft sind. Kann man aber Religion als neurotisch bezeichnen, wenn Jesus, der Inhalt der Religion, alles andere als neurotisch ist? Zu diesem Ergebnis kommt nämlich der Theologe Franz Alt in "Der erste neue Mann". Für ihn ist Jesus der erste Mann der Geschichte, der seine männlichen und weiblichen Seelenanteile lebte., und somit entgegen der damaligen Haltung in der Gesellschaft Frauen als gleichwertige Mitmenschen sah und genauso liebte. Im Gegensatz zu Jesus gab und gibt es aber viele Menschen, die das weibliche auf das Mütterliche begrenzen und somit in allen Frauen Ersatzmütter sehen. Diese Infantilität ist es, die zu Neurosen führt. Da viele Kirchen mit ihrem Jesus-Kind immer noch ein infantiles Jesusbild haben und viele Christen diesen als ihr Vorbild sehen wird die eigene Infantilität nicht erkannt und der Bezug von der infantilen Neurose zur Religion ist gegeben. Jesus war aber nicht das infantile Jesuskind, als das er oft dargestellt wird. Er war ein Mensch dem das Tun wichtiger war als das Reden. Auch zeigte er Ungehorsam gegenüber Institutionen, wie den Priestern, suchte also nicht bei anderen Schutz. Hermann Hesse drückt diesen Gedanken in "Narziß und Goldmund" so aus: "Du kannst bei den Geboten stehen und kannst weit weg von Gott sein.". Diese gleichen Eigenschaften wie Jesus zeigte auch Dietrich Bonhoeffer: Das Handeln stand im Vordergrund. Er war aktiv im Widerstand tätig anstatt nur von guten Taten zu predigen. Wenn also auch dieser "Vorzeigechrist" aufgrund seiner praktischen Taten keinerlei Anzeichen einer Neurose zeigte, wieso sollte Religion dann neurotisch sein? Autor :Martin Pfarrer Oskar Pfister Zeitgenosse und Briefpartner Freuds Bezug auf Freud und Tiefenpsychologie Freud <----( hat sich um Religionspsychologie einen großen Verdienst erworben) > neurotischer Zug (kollektiv): Vorteil für das Ganze im ersten Stadium der Religionsbildung? Im Gegensatz zu primitiven Religionen oder Orthodoxien schafft das "genuine"Christentum keine Zwänge. --> von Jesus überwunden, durch: ---> EINFÜHRUNG DER VOLLENDENTEN LIEBE IN DAS LEBENSZENTRUM In Jesu "Ich aber sage euch...-Worten" zeigen sich neue Autorität, Freiheit und Erlösung. Jesu Vaterbindung (neurosenfrei und ohne Ödipusbindung) ist fern jeglicher Fesselung zu verstehen. Sein Gebot der Nächstenliebe hat keinen Gesetzescharakter, ist in Freiheit zu verwirklichen. Die Zumutung dieser Weisung dient der Gesundheit des Einzelnen und der Gemeinschaft. Religion: Grausamkeiten in der Geschichte sind durch gerade präreligiöse Einstellungen entstanden. Leider haben Christen auch in Konkurrenz mit anderen "Barbaren" neurotische Züge entwickelt, wenn sie das wichtigste Gebot Jesu außer Acht gelassen haben. Autoren: Sebastian, Almut Im Gespräch mit Freud – Ideen Gottes Wirklichkeit (Transzendenzebene) ist von menschlichem Wunschdenken unabhängig und empirisch nicht erfassbar. - Freuds Menschenbild ist determiniert (zwei Triebe, Lebens- und Todestrieb). Es ist schade, dass er aufgrund dessen dem biblischen Doppelgebot (Gottesliebe, Menschenliebe) nicht vieleChancen einräumt. - Freud hilft, von einem beschränkten "Gott-Vater-Bild" loszukommen. -Moderne Theologie sieht Sexualität (ein Forschungsgebiet Freuds) als Gabe Gottes an, die durchaus konstruktiv wirken kann. -Realutopien sind nötig, aber nicht „Illusionen“, die Infantilität statt Reifung, Bedürfnisbefriedigung statt Kritikbewusstsein beinhalten. -Selbstanalyse, nicht Verdrängung führt zu persönlicher „Buße“. -Mehrschichtig Tiefe erfahren, weg vom oberflächlich „Lauen“! Freuds Haus in der Berggasse 19 in Wien, wo er wohnte und arbeitete, wurde von den Nazis mit einem Hakenkreuz gebrandmarkt. So ereilte ihn das Schicksal vieler Juden, so dass er 1938 nach England emigrierte. Er durchlitt dort tapfer das Ende eines Kehlkopfkrebsleidens, das sich schon 1923 bemerkbar gemacht hatte und 1939 sein Leben beendete. “ Literaturangaben zum Kontext “Freud“ -Biografie „Sigmund Freud“, Roberto Speziale-Bagliacca, Spektrum der Wissenschaft Verlag, Heidelberg 2000 -Theologisches Forum, „Gespräch mit dem Atheismus“, Patmos- Verlag Düsseldorf 1970, Hrsg. Werner Trutwin, -dazu Arbeitsheft „Gespräch mit dem Atheismus“ Analysen und Projekte zum RU, Vandenhoeck Ruprecht, Göttingen1972, Hrsg. Reimar Kakuschke -“Der Mut zum Sein“, Paul Tillich, Furche Verlag, Hamburg 1965 -„Jesus, der erste Mann“, Franz Alt, Piper Verlag, München 1989 -Religion im Sekundarbereich II, Schroedel Schulbuchverlag, Hannover 1974