Der Mensch, der Geist und die Aufklärung Originalm - PH

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Wolfgang Robitza
MENSCH, GEIST UND DIE AUFKLÄRUNG
ODER VOM KONSTRUKTIVEN REALISMUS VERSUS SPIRITUALITÄT
Vorwort
Die Landeskonferenzen des Niederösterreichischen Jugendrotkreuzes befassen sich
jährlich mit einem Schwerpunktthema. So wurde im Jahre 2005 das Thema
„Spiritualität und Schule“ im Zusammenhang mit der Frage einer allfälligen
Unterstützung und Förderung der Ferienaktion „FIBS“ (siehe dazu die gleichnamige
Homepage) behandelt., Ein Jahr später wurde versucht, sich dieses Themas
neuerlich mit dem Anspruch einer gewissen Redlichkeit anzunehmen. Leider ist die
dafür vorgesehene Zeitspanne nicht ausreichend gewesen, um diesem selbst
gestellten Anspruch gerecht werden zu können. Mit diesem Aufsatz ist mir nun daran
gelegen, die einzelnen Wortmeldungen gepaart mit Grundsätzlichem als Anregung
für die Teilnehmer darzustellen. Das dafür gewählte Thema möge Sie nicht
abschrecken, weiter zu lesen, und sich Gedanken über die Leitmotive des
Jugendrotkreuzes zu machen. Mein damit vorgestelltes Ziel sollte zum einen dazu
führen, über Grundsätze und Prinzipien nachzudenken und will zum anderen auf
dieser Grundlage Projektionen für die Bestimmung unserer zukünftigen Arbeits- und
Erziehungsprogramme eröffnen helfen.
Die Befassung damit scheint auch deshalb in dieser Form notwendig und geboten,
weil in der kurzen Diskussionszeit der Landeskonferenzen Positionen nicht
ausführlich und tiefer gehend als Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen
abgewogen werden konnten und allen Beteiligten durch diese so entstandenen
Verkürzungen Nachteile erwachsen könnten. Die im Folgenden dargestellten
Bemerkungen erheben nicht den Anspruch einer Pflichtlektüre für Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im NÖJRK, sondern sollen vielmehr zum Nachdenken über unsere
Erziehungsgemeinschaft anregen helfen, können aber jederzeit auch ungelesen
thermisch entsorgt werden. Aus diesem Grund habe ich dieser ausführlichen
Darstellung eine Kurzfassung in zwei Varianten vorangestellt.
2
MENSCH, GEIST UND DIE AUFKLÄRUNG
ODER VOM KONSTRUKTIVEN REALISMUS VERSUS SPIRITUALITÄT
Kommentiertes Inhaltsverzeichnis:
Darin bin ich bemüht, pro Kapitel in möglichst kurzen aber prägnanten Hinweisen auf den
Inhalt einzugehen.
Grundsätzliches
4/5
Der oberste Rotkreuz-Grundsatz der Humanität verpflichtet zum Nachdenken über diesen
Begriff und die daraus für uns ableitbaren Bestimmungen mitmenschlicher Handlungen. Erst
dadurch kann über das Sein und Wesen als bereits im Resultat des Begriffs enthaltene
Momente der „Grundsatz“ zum Begriff werden
Anleihen in einer falsch verstandenen Aufklärungsphilosophie
5/6
Die Aufklärung, die Metaphysik und der Personenbegriff; Empirismus, Rationalismus,
Reduktionismus und Relativismus als Spätfolgen der „Aufklärer“.
Der Anspruch der Aufklärungsphilosophie – zwei Fragen
6/8
1) Ist die säkulare Aufklärungskultur wirklich die endlich gefundene universale Kultur der
allgemeinen Vernunft des Menschen?
2) Ist sie wirklich in sich so vollständig, dass sie keiner Wurzeln außerhalb ihrer selbst bedarf?
Die Gleichsetzung von Verstand und Vernunft
8/9
Leider werden im herkömmlichen Sprachgebrauch gerne die Begriffe Vernunft und Verstand
willkürlich verwendet. Die Englische Sprache, von der wir sehr viele Wörter in unsere Sprache,
weil schicklich, manchmal aber unpassend, aufnehmen, kennt diese Differenzierung nicht.
Die Unterschiede zwischen Verstand und Vernunft werden hier ausgebreitet.
Von der willkürlichen Vertauschung von Sein und Bewusstsein
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In diesem Abschnitt soll die Frage vor dem Begriff des Menschen erörtert werden, ob denn
das Sein das Bewusstsein, oder das Bewusstsein das Sein bestimmen soll.
Drei Beispiele zum moralischen Relativismus und Reduktionismus
11/13
An den Beispielen „Europa“, dem „Christentum, seiner Tradition und Europa“ und auch dem
„Österreichischen Roten Kreuz“ werden „moderne“ Auswüchse des Relativismus dargestellt.
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Der Mensch und die Spiritualität
14/17
Die Kunst, die Religion und die Philosophie und der Begriff des Menschen. Was besonders
Kunst und Religion nie sein dürfen, aber welche wichtigen Formen der Darstellung des
absoluten Geists sie für die Entwicklung des Menschen bedeuten. Metaphysik und
Transzendenz als keine „außer“ uns gesetzten Momente im Sinne einer Fremdbestimmung.
Von der Verbannung der Spiritualität aus allen Lebensbereichen
Ist die Spiritualität bloß Okkultes oder ist der Mensch Spiritualität an sich?
18
Freiheit, Illusion und Determinismus
18/20
Am Beispiel der Psychologie soll gezeigt werden, dass eben Einzelwissenschaften die
vorausgesetzte Einheit von Leib und Seele wie Körper und Geist nicht denken können, und
sich die Frage in der Gebrochenheit „ab wann denkt der Mensch?“ darstellt. Von Freiheit
und einem verbindlichen Bildungsbegriff vor dem Hintergrund des Werterelativismus.
Spiritualität und Spiritismus
21
In diesem Kapitel sollen die Unterschiede zwischen Spiritualität und Spiritismus hergeleitet
werden.
Wie hängen Spiritualität und Philosophie zusammen?
21/26
Gibt es denn überhaupt einen Zusammenhang von Spiritualität und Philosophie?
Daraus ableitbar auch alle Befunde zur „Spiritualität“.
Zur Semantik des Wortes „Spiritualität“ mit Anleihen aus den Wissenschaften.
Der Wahrheitsbegriff im Konstruktiven Realismus und in der Philosophie.
Spiritualität und Schule – ein Beitrag zum Bildungsprinzip der Schule.
Im Sinne einer „lebendigen“ Befassung mit diesem Thema, welches uns nicht nur im NÖJRK
auch in Zukunft wird begleiten müssen, so wir Humanität nicht nur als bloßen Grundsatz neben
anderen, sondern als Prinzip erkennen wollen, bin ich Ihnen für Kommentare und auch Kritik
an meinen Ausführungen schon jetzt dankbar.
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Grundsätzliches
Das Rotkreuz-Prinzip der Humanität und seine Auslegung
Wenn wir uns uneingeschränkt, und davon kann ausgegangen werden, zu den
Prinzipien des Jugendrotkreuzes in unserer Erziehungsarbeit bekennen, so steht im
Mittelpunkt unserer Angebote an Schülerinnen und Schüler wie auch an Lehrerinnen
und Lehrer die Orientierung am wichtigsten Grundsatz der Bewegung - dem der
Humanität.
Indem wir diesen Grundsatz als Leitmotiv unseres Handelns anerkennen, muss aber
unmittelbar damit die Differenzierung zwischen dem zugrunde liegenden Begriff des
Menschen und unseren Angeboten an „mit-menschlichen Handlungen“ in Reflexion
auf diesen Begriff gesetzt werden. Anders ausgedrückt heißt das, dass wir nur dann
unsere Arbeits- und Erziehungsprogramme als „humanitär“ bezeichnen können,
wenn sie zum einen von einem allgemeinen (verbindlichen) Menschenbegriff
ausgehen und zum anderen dazu führen sollen, dieses teleologisch vorausgesetzte
Ziel in mitmenschlichen Handlungen erreichen zu können.
Spätestens jetzt werden manche Leser einwenden, dass Begriffsbestimmungen mit
einher gehenden Wertekategorien den Menschen in seinem „modernen“
Freiheitsbegriff einengen. Dann sind wir aber schon - egal ob bewusst oder
unbewusst - beim moralischen Relativismus angelangt und erklären indirekt, dass
„jeder Mensch auf seine eigene Weise glücklich werden“ soll. Abgesehen davon,
dass durch dieses Postulat die Beliebigkeit der Bestimmung gesetzt ist, bleibt
festzuhalten, dass Glück nicht mit der Glückseligkeit des Menschen bei Platon in
dessen Staatsphilosophie verwechselt werden darf. Bei Letzterem zielt Glückseligkeit
auf größtmögliche Entwicklung von objektiver Freiheit im staatlichen Gemeinwesen
ab, Glück in unserem relativierenden Gebrauch ist quantifizierendes Moment im
Sinne des Hedonismus. So schränken alle Forderungen nach „glücklichen
Menschen“ den Menschen ein und lassen ihn daher nicht zu dem kommen, was
seiner Bestimmung nach zu verwirklichen ist oder verwirklicht werden soll.
Wir können dies auch anders ausdrücken: Wenn sich die Forderung Descartes
„Cogito, ergo sum“ heute in der Reduktion so darstellt, dass „Ich konsumiere, also bin
ich“, oder „Ich habe, also bin ich“ oder „Ich lebe meine Triebe, also bin ich“ zum
Leitmotiv menschlichen Handelns wird, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn
viele in diesem unerreichbaren Anspruch auf der Strecke bleiben und Institutionen,
wie auch das Jugendrotkreuz, vornehmlich mitmenschliche Pannen zu beheben
haben.
Ähnlich wie beim Nachdenken über den Begriff des Menschen verhält sich dies auch
in der so genannten Bildungsdebatte. Heute wird jegliches Ansinnen zum
Nachdenken über einen allgemeinen Bildungsbegriff (davon gibt es viele und
grundlegende Ansätze, man muss sie nur nachlesen) mit dem Argument vom Tisch
gewischt, dass dies ein „Fass ohne Boden“ wäre und dass es viele Zugänge von den
verschiedensten Fachdisziplinen und ideologischen Standpunkten her gäbe. Daher
hat diese Reduktion für mich den Anschein, es jedem/jeder oder auch keinem/keiner
mit dem Argument Recht machen zu wollen, dass „Bildung“ für jeden Menschen
etwas anderes sei. Indem aber „Bildung“ für jeden/jede etwas anderes sein und
gelten kann, ist sie eigentlich nichts, weil ihr das allgemeine Moment der Bestimmung
abhanden gekommen ist. So werden Kompromisse gesetzt, die sich im kleinsten
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gemeinsamen Nenner aller beliebig gewählten Zugänge wieder finden. Dass dabei in
Ermangelung der Begriffsbestimmung von Bildung einfach Inhalte des bloßen
Wissens oder der Organisation von Wissensvermittlung zur „Bildung“ hoch stilisiert
werden, kümmert eigentlich – wie die Bildungsdebatten der letzten Zeit zeigen –
niemanden mehr. Viele reden nur von Bildung und sprechen dabei das Wesentliche
von Bildung (= die Bildung an und für sich) nicht an. (Anleihen zum Sprechen im
Gegensatz zum Reden können bei Liebrucks: „Sprache und Bewusstsein“
genommen werden)
Anleihen in einer falsch verstandenen Aufklärungsphilosophie oder:
Wem eigentlich haben wir diesen Zustand zu verdanken?
Ohne Zweifel hat die Philosophie der Aufklärung die kosmologisch-metaphysische
Einkerkerung des Menschen durch den Personenbegriff und den frei sich selbst
bestimmenden Willen aufgebrochen und daher wesentlichen Anteil am
vernunftbestimmten Begriff des Menschen gehabt. Der dieser Philosophie zugrunde
liegende Entwicklungsgedanke im Gegensatz zur heute oft gebrauchten
Fortschrittsgläubigkeit erkennt die gesamte Wirklichkeit als Verwirklichung der
Vernunft als oberstes Prinzip an. Heißt also, dass es etwas aus Vernunft zu
verwirklichen gilt, das bereits als Vernünftiges verwirklicht – also schon „da“ ist. Jede
Erscheinung deutet vermöge ihrer Eingegrenztheit notwendigerweise über sich selbst
hinaus, ist nur ein Moment in dem großen Zusammenhang und Entwicklungsgang
der Dinge, die Hegel als „Selbsterscheinung des absoluten Geistes“ bezeichnet.
Nur ist (kann) dieses Absolute keine ruhende Einheit, ein totes Sein, sondern Leben,
Entwicklung, Denken, Geist (sein). Das Absolute, der Grund der Welt ist die Vernunft,
sie ist die Substanz des Denkens, Freiheit. Die Vernunft nicht in irgendwelcher
konkreten und daher bestimmten Gestalt, sondern als zeit- und raumloses Prinzip,
als von Ewigkeit her vorhandene Idee gedacht. Sie allein existiert immer und
wahrhaft, alles Unvernünftige und Begriffslose ist nur vorübergehendes und
scheinbares Moment in ihrer Verwirklichung. Nur im Absoluten der Vernunft ist
Entwicklung des Vernünftigen (des Menschen) möglich. So wird Freiheit zur
Substanz des Menschen durch das Denken. Würden wir das Vernünftige bestimmen,
käme das der Reduktion des Menschen gleich, weil er dann durch die Erreichung
dieser so bestimmten Vernunft keine Möglichkeit der Entwicklung (also darüber
hinaus) mehr hätte.
Diese Bestimmungen sind im Zuge der falsch verstandenen Aufklärungsphilosophie
leider oft zum Verhängnis für die Menschen geworden. Wie viele Ideologien sind
unter dem Anspruch der Verwirklichung der Forderungen der Französischen
Revolution (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) zum „Wohl“ der Menschen angetreten
und haben durch die Bestimmung dieser Begriffe eine Blutspur in der Geschichte
hinterlassen. Belege dafür finden sich in der Herstellung (=Erzeugung) von
„Gleichheit“ durch die Guillotine bis hin zu Massenhinrichtungen von Klassen und
Rassen in der Neuzeit bis herauf in die Gegenwart. Weil sich nämlich Freiheit,
Gleichheit und Brüderlichkeit ausschließlich im anderen und nicht durch den
anderen verwirklichen können, kann daher die quantifizierte Freiheit nicht zum
Moment der Selbstbestimmung des Menschen, sondern nur zum Machtinstrument
durch andere werden.
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Nur drückt sich diese falsch verstandene Aufklärungstheorie nicht allein in oben
genannten und für die Betroffenen als dramatisch zu bezeichnenden Phänomenen
aus, sie kommt uns in der heutigen Zeit unter der Verbrämung eines allgemeinen
Geltungsanspruchs von „Wissenschaftlichkeit“ in vielschichtiger Form entgegen.
Längst haben die Repräsentanten und Repräsentantinnen der modernen
Aufklärungstheorie erkannt, dass es vorteilhaft sein muss, die seit dem 17. und 18.
Jahrhundert durch die so genannten Verstandeswissenschaften um Metaphysik,
Traditionsgebundenheit und Spiritualität reduzierten Individuen mit neuen Inhalten
wie dem Empirismus, dem Rationalismus, dem Reduktionismus und
Relativismus zu be-“geistern“.
Zwei grundlegende Fragen zum Anspruch der Aufklärungsphilosophie
1) „Ist die säkulare Aufklärungskultur wirklich die endlich gefundene universale Kultur
der gemeinsamen (= allgemeinen, Ergänzung von mir) Vernunft aller Menschen, die
(dann; Ergänzung von mir) überall Einzug halten müsste, wenn auch auf
unterschiedlichem historischen und kulturellen Humus?“
2) „Ist sie (= die säkulare Aufklärungskultur, Anm. von mir) wirklich in sich so
vollständig, so dass sie keiner Wurzeln außerhalb ihrer selbst bedarf?“
(aus: Marcello Peira, Joseph Ratzinger in: Ohne Wurzeln, Der Relativismus und die Krise der
europäischen Kultur; Arnoldo Mondadori Ed. Mailand 2004; Marcello Peira ist Präsident des
italienischen Senats und bekennender Atheist, Joseph Ratzinger ist Papst Benedikt XVI; in diesem
interessanten und lesenswerten Buch kommen beide Autoren in einem Briefwechsel zwar aus
verschiedenen Standpunkten zu einheitlichen Erkenntnissen)
ad 1) In Beantwortung der ersten Frage können wir sagen, dass unbestritten wichtige
Einsichten erreicht worden sind und werden, die allgemeine Geltung beanspruchen
können. Dazu zählen zum Beispiel die Achtung vor den gleichen Grundrechten aller
Menschen, die Gewaltentrennung und Machtkontrolle, etc. Nur wissen wir längst
auch aus der Geschichte, dass die zwar von uns Europäern als gültig anerkannten
Grundwerte einem historischen Kontext unterliegen und daher nicht überall auf
der Welt in gleicher Weise gestaltet (verwirklicht) werden können.
Ebenso verhält sich das mit dem Verhältnis von Religion und Staat, der
Geschlechtlichkeit von Frau und Mann, den „Befreiungsinitiativen“ von Frauen in der
Dritten Welt, der so genannten Demokratisierung aller Lebensbereiche, usf. So
erleiden in der Gegenwart alle Bemühungen um eine Demokratisierung nach
erfolgter gewaltsamer Systemniederschlagung eine herbe Niederlage, weil
Demokratie und deren Wertekanon erst durch die gelebte Praxis als „vernünftig“
erkannt werden und nicht durch von außen auferlegte Machtmechanismen installiert
werden können. (soviel zum Beispiel des Irak und in Afghanistan; wobei anzumerken
wäre, dass der Begriff „Demokratisierung“ im Unterschied zur „Demokratie“ ein
Passivum, also Mittel der Heteronomie nicht „für“ sondern „gegen“ andere ist).
Die Forderung nach „Demokratisierung aller Lebensbereiche“ ist in die gleiche
Kategorie des Nonsens einzuordnen, da es im mitmenschlichen Zusammenleben
eben Entscheidungsprinzipien geben muss, die sich nicht ausschließlich auf so
genannte „Erkenntnisse“ (weil es eben die Mehrheit so macht, tun wir es auch) der
empirischen Sozialforschung beziehen können und dürfen.
Ebenso kann sich ernst gelebte Demokratie nicht an der bloßen Mehrheitserzeugung
von 51% erschöpfen, sondern kann sich erfolgreich nur am Prinzip der Wahrheit
orientieren und verwirklichen. So reduziert sich Demokratie heute auf den Wandel
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von der Wahrheitssuche der menschlichen demokratischen Gemeinschaften hin zur
konstruierten Mehrheitsbeschaffung. Dies wäre an sich nicht bedenklich, könnte
eindeutig bewiesen werden, dass sich generell die Mehrheit nicht irren kann und
daher immer Recht haben und so Gerechtigkeit hervorbringen müsse. Die
Erfahrungen der Vergangenheit zeigen jedoch, dass auch Mehrheiten schon
Despoten an die Macht gespült haben oder dass andererseits verordnete und in
Folge
demokratisch
herbeigeführte
Wahlen
in
ihren
eindeutigen
Mehrheitsergebnissen nicht anerkannt worden sind (z.B. Palästinenser-Vertretung).
Weil nämlich Wahrheit und Mehrheit keine gleichwertigen Prinzipien sind (siehe dazu
Abhandlungen über Qualität und Quantität), aber die Mehrheitsbeschaffung zum
wesentlichen Moment der Demokratie mit einhergehendem Machterhalt geworden
ist, sind viele, vor allem junge Menschen enttäuscht, gehen nicht mehr zur Wahl oder
verweigern ihre Teilnahme an gesellschaftspolitischen Entscheidungsprozessen.
Sich diesem Thema zu stellen, wäre neben anderen ein wesentlicher Anspruch für
eine ernst gemeinte Debatte über das Unterrichtsprinzip „Politische Bildung“.
ad 2) In Beantwortung der zweiten Frage können wir zur Ansicht kommen, dass
diese Philosophien in ihren Merkmalen allesamt positivistisch und daher
antimetaphysisch orientiert sind. Sie beruhen auf einer Selbstbegrenzung der
Vernunft, des Geistes, die zwar in manch technischen Bereichen erfolgreich und
zum Teil angemessen ist, aber in ihrem Verallgemeinerungsanspruch den Menschen
seinem Begriff nach amputieren. Das bringt die böse Folge mit sich, dass der
Mensch keine moralische Instanz außerhalb seiner Berechnungen (und daher seiner
Berechenbarkeit) kennt und dadurch auch das scheinbar grenzenlose
Freiheitswachstum zur Selbstzerstörung von Freiheit führt.
Trotz
ihrer
scheinbar
vorgestellten
totalen
Vernünftigkeit
sind
die
Einzelwissenschaften (=Verstandeswissenschaften) eben nicht die Stimme der
Vernunft selbst, weil sie sich in der Verkündigung der positivistischen Lehre ihre
eigenen historischen Wurzeln selbst beschneiden und sich der Quellkräfte berauben,
aus denen sie selbst als Vernünftige (zumindest dem Begriffe nach) gekommen sind.
Diese historischen Wurzeln sind jene grundlegenden Erinnerungen der Menschheit,
ohne welche die Vernunft orientierungslos wird.
Denn nun gilt, dass das Können des Menschen zum Maßstab seines Tuns unter dem
Motto „Was wir können, das dürfen wir auch“ wird. Ein am Dürfen orientiertes
Können gibt es nicht mehr, denn das wäre gegen diese so bestimmte, aber falsch
verstandene Freiheit in Form von Freizügigkeit und Willkür, die zum obersten Wert
überhaupt wird. Aber der Mensch kann viel und kann immer mehr; wenn dieses
Können, diese Freizügigkeit nicht sein/ihr Maß in einem Dürfen findet, dann wird
es/sie zur Macht der Zerstörung. Moralität und die daraus ableitbare sittliche
Handlung werden als grundlegende Prinzipien abgeschafft und sind längst zur
Selbstermächtigung des Menschen geworden.
Keine Angst: Moralität und Sittlichkeit sind keine Forderungen eines außer uns
lebenden Wesens im Sinne von kosmologischen Gesetzen. Moralität ist nichts
anderes als die gewissenhafte Bestimmung des menschlichen Willens
(=gewissenhafte Entscheidung unter Einbeziehung aller Möglichkeiten im Sinne des
„Könnens“ und „Dürfens“) als Grundlage einer Handlung. Sittlichkeit ist die
mitmenschliche Handlung aus Vernunft. Beide Begriffe sind tragende Säulen
jeglicher Staatsphilosophie.
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So wird die radikale Loslösung der „modernen“ Aufklärungsphilosophie von ihren
Wurzeln – der Mensch als Person (als solcher hat er Rechte, aber auch die Pflicht,
sich zu dem zu bestimmen, was er seinem Begriff nach ist oder sein soll;
Augustinus drückt dies so aus: „Traurig grüße ich den, der ich sein will!“) – zur
Strategie der Abschaffung des Menschen. Er ist eigentlich nicht mehr frei (im
Denken) und hat sein wichtigstes Moment – das der Freiheit – den
Einzelwissenschaften und deren Bestimmung überlassen. Die durch die Aufklärung
zu recht kritisierte rein kosmologisch-metaphysische Bestimmung ist dem Diktat der
Einzelwissenschaften gewichen. Der Kategorische Imperativ Kants, wonach jeder
so „handle, dass die Maxime seines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer
allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“ drückt ja nichts anderes aus, als die
Bestimmung des Menschen aus Vernunft. Eben weil der Mensch ein Vernünftiges ist,
wird daher die „Aufklärung zum Ausgang des Menschen aus seiner selbst
verschuldeten Unmündigkeit“. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines
Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese
Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes,
sondern der Erschließung und des Mutes liegt, sich seiner (=Vernunft, Zusatz von
mir) ohne Leitung eines anderen zu bedienen“ (Kant: „Was ist Aufklärung“)
Die Gleichsetzung von Verstand und Vernunft
„Zu aller Erfahrung und deren Möglichkeit gehört Verstand, und das erste was er
dazu tut, ist, dass er die Vorstellungen eines Gegenstandes erst möglich macht. Alle
unsere Erkenntnis hebt von den Sinnen an, geht von da zum Verstande, und endigt
bei der Vernunft, über welche nichts Höheres in uns angetroffen wird, den Stoff der
Anschauung zu bearbeiten und unter die höchste Einheit des Denkens zu bringen.“
(Hegel: Logik)
Die Vernunft hingegen ist „das Vermögen der Einheit der Verstandesregeln unter
Prinzipien. Sie geht also niemals zunächst auf Erfahrung, oder auf irgendeinen
Gegenstand, sondern auf den Verstand, um den mannigfaltigen Erkenntnissen
desselben eine Einheit a priori (= erfahrungsfrei, nicht empirisch) durch Begriffe zu
geben, welche Vernunfteinheit heißen mag, aber von ganz anderer Art ist, als sie von
dem Verstande geleistet werden kann.“ (Hegel: „Logik“)
Kurz gesagt: Die Vernunft dient der Ideenerkenntnis und der Bildung metaphysischer
Begriffe, sie zeigt also über das „Handfeste“, Positivistische hinaus; sie bringt die
Verstandesinhalte zu einem geschlossenen Ganzen, das Subjektive zum Objektiven
(oder das Besondere zum Allgemeinen) – jedoch nicht in Form der „Vernichtung“
sondern des „Aufhebens“ (aufheben = bewahren; im Moment des Objektiven wird
das Subjektive bewahrt)
Daher heißt „vernünftiges Handeln“ nichts anderes, als die mannigfaltigen
Verstandes-Erkenntnissen in eine Einheit zu bringen. Diese Bildung der Einheit setzt
aber voraus, alle Verstandeserkenntnisse und nicht nur eine oder einige bestimmte
davon über das Denken in seine Handlung mit ein zu beziehen.
Diese Differenzierung ist zugleich das Kriterium der Wissenschaftlichkeit an sich.
Jene Wissenschaft, die (absichtlich) auf der Verstandesebene verbleibt und nicht alle
Möglichkeiten des Denkens in sich aufnimmt, kann daher notwendige metaphysische
Erkenntnisse nicht gewinnen. Im Gegenzug darf sie jedoch nicht den
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Allgemeinheitsanspruch für sich behaupten. Wenn sie dies dennoch tut, ist sie
manipulativ, weil sie die metaphysische Dimension verneint und daher den
Menschen um seine ursächliche Substanz, nämlich um das Denken, allgemeine
Freiheit, um das „Sich-Ausweiten des Geistes“ bringt. Die Bezeichnung dafür ist der
Reduktionismus bzw. der Positivismus.
Reduktionismus und Positivismus setzen die Grenzen menschlicher Vernunft fest, sie
verneinen die Grundlagen metaphysischer Erkenntnisse durch die Verdinglichung
der Sachen. Nicht mehr „alles Vernünftige ist wirklich“, sondern nur alles empirisch
Erfasste, das aus der bloß sinnlichen Wahrnehmung Gewonnene ist „wirklich“.
Das führt zur Frage über, wo denn eigentlich die Grenzen der menschlichen
Vernunft, wo die Grundlagen der menschlichen Erkenntnis lägen – oder woraus der
Geist, das Denken seine Substanz schöpft?
Wir können uns entscheiden:
1) Behauptet John Locke und dessen Empirismus, dass der sich setzende
Geist ein Unbestimmtes in Form einer „tabula rasa“ oder einer
„unbeschriebenen Tafel“ wäre, die erst durch menschliche Erfahrung, also die
Empirie, mit Substanz gefüllt werden müsse.
2) Stellt dem Kant in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ gegenüber, dass es
Erkenntnisse geben müsse, die nicht aus der Erfahrung stammten; es müsse
Erkenntnisse geben, die „vorangelegt“ sind, durch die Erfahrung erst möglich
wird oder möglich werden kann. Es muss also Erkenntnisse im menschlichen
Geist geben, die vor jeder Erfahrung stehen, die bereits Substanz des Geistes
sind, wenn er „zur Welt kommt“.
Nachsatz: Nur dürfen wir uns das „zur Welt-Kommen“ des Geistes nicht in Form
eines Biologismus, einer quasi Geburt vorstellen; wir können dazu einfach sagen
„wenn sich der Geist im Menschen Gestalt gibt“. Da niemand da sein kann, der den
Schalter umlegt und damit den Geist in die Welt setzt, können wir davon ausgehen,
dass sich der Geist in „die Geistwesen (=Menschen) dirimiert“ (Hegel), um dann über
das Denken wieder zur ursächlichen Einheit gebracht zu werden.
Wir können dies auch anders ausdrücken: Es ist die „List der Vernunft“, dass sie sich
durch das Denken des Menschen zur Vernunft (also sich selbst) bestimmt, um
wieder zu ihrer vorausgesetzten Einheit zurückkehren zu können. Dadurch ist der
unendliche Progress, die Entwicklung des Menschen angesprochen.
In religionsphilosophischer Hinsicht – ein kleiner Exkurs - ist damit auch das
Geheimnis der „Erlösung“ des Menschen ausgedrückt. Erlöst ist die Menschheit erst
dann, wenn alle Menschen die Vernunft, in diesem Fall den Geist Gottes, nicht nur
als ihre durch den Glauben vermutete Bestimmung erkennen, sondern in der
mitmenschlichen Handlung diesen konkretisieren und zu seiner ursächlichen Einheit
zurückführen. Die Erlösung des Menschen ist daher ureigenste Selbsttätigkeit des
Geistes, die sich neben anderen vor allem im Begriff der Nächstenliebe konkretisiert.
(Bergpredigt; aber auch das Pfingstwunder, welches keineswegs einen biblischen Vorgriff
auf die „Weltsprache des Esperanto“ darstellt, sondern die Ebenbildlichkeit Gottes – des
Geistes ausrückt. Sie konnten sich deshalb alle „verstehen“, weil sie alle im /unter
demselben Geist handeln, heißt: sich als Mensch im anderen Menschen wieder erkennen
konnten)
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Von der willkürlichen Vertauschung von Sein- und Bewusstsein
Die ehemalige Unterrichtsministerin, Frau Havlitschek, war anlässlich eines ÖJRKFestakts zu einem Referat geladen, in welchem sie auch den Bezug zwischen den
beiden sprachlichen Begriffen hergestellt hat. So stand am Ende ihrer Ausführungen
der Satz: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“.
In der sich anschließenden Diskussion, die von ihr ausdrücklich erwünscht war, war
auch dieser oben zitierte Satz Gegenstand. Nur dürfen wir es uns in der
Argumentation nicht so leicht machen und „Sein“ und „Bewusstsein“ an der Frage
nach „Ei“ und „Henne“ orientieren, sie sich einmal so oder so erklären lässt (Ei vor
Henne oder Henne vor dem Ei).
Beim Sein und Bewusstsein ist dieser Vergleich nicht passend, weil sich ansonsten
katastrophale Konsequenzen für den Begriff des Menschen ergeben würden.
Würde das Sein das Bewusstsein bestimmen, so kann dies nie zum Begriff der
Bestimmung führen, da das Sein selbst ein Unbestimmtes, Zufälliges, Willkürliches
oder Beliebiges ist. Hieße auch andernfalls, dass die Lebensumstände der
Menschen in den verschiedensten Sozietäten deren Bewusstsein als Menschen
bestimmten. Dann wiederum wäre ich einmal marxistisch, dann wieder
materialistisch, dann wieder sexistisch, usf. bestimmt und könnte daraus nie den
Anspruch des Allgemeinen erreichen. Weil manche oder gar viele so „sind“ bin ich es
auch - nur bloßes Sein, selbst gewählte Sklaverei.
Das Sein hingegen kann sich nur durch ein Vorausgesetztes, aus dem Bewusstsein
bestimmen. Aus jener vernünftigen Substanz, die den Menschen seinem Begriff nach
ausmacht. Das Bewusstsein ist also weder Sein noch Wesen, diese beiden sind nur
Momente des Werdens des Begriffs, sind in ihm bereits als Resultat enthalten und
haben diese Bestimmung nur, solange sie nicht in die Einheit des Bewusstseins
übergegangen sind.
Entweder der „Mensch ist das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse“ (Marx),
also Seins-bestimmt oder er gestaltet das „Sein“ auf dem festen Fundament des
Bewusstseins als Mensch. Wäre er nur das Ensemble gesellschaftlicher
Verhältnisse, dann hätten wir auch schon längst die Prinzipien der Aufklärung
(=Mündigkeit) verlassen und müssten nicht mehr über den Begriff des Menschen
nachdenken, weil dieser eben durch die Gesellschaft bestimmt wäre. Was die
Gesellschaft dann an sich wäre, unterläge einem willkürlichen Befund. Wir kennen
solche Etikettierungen in Form der „Konsumgesellschaft – Mensch ist
konsumierendes Wesen“, der liberalen „Zivilgesellschaft – Mensch ist reine
Privatperson, sich selbst Zweck“, und so fort.
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Beispiele zum moralischen Relativismus und Reduktionismus
Aber wir relativieren, vertauschen beliebig und reduzieren unbesorgt immer weiter
und verachten dadurch Prinzipien des Menschseins an sich. Dazu möchte ich Ihnen
drei Beispiele anbieten:
1) So hören wir im heutigen Europa, dass die Kulturen gleichwertig wären. Wir
weigern uns, sie zu beurteilen und nehmen im gleichen Atemzug an, dass
eine davon, nämlich die eigene, zu akzeptieren und zu verteidigen ein Akt der
Hegemonie, eine Geste der Intoleranz, zumindest aber ein undemokratisches,
nicht liberales Verhalten bedeutete, was der Autonomie der Völker und
Personen gegenüber respektlos wäre.
Zum anderen beklagen die überzeugten Konstrukteure eines gemeinsamen
Europa aber die fehlende ideelle Teilhabe der Menschen, die in diesem Europa
leben. Sie haben in ihren Klagen darüber übersehen, dass eben durch diesen
Relativismus den so genannten Europäern ihre Wurzeln im Denken
abgeschnitten worden sind und dieses konstruierte, nicht gewusste Europa nur
an „Freiheiten“ (Reise, derzeit mit Einschränkungen bei Flügen; Güterverkehr;
Handel; etc.) angenommen wird. Europa in konkreter Beschreibung in
Anlehnung an Bert Brecht: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“.
2) Ebenso verhält sich dies bei allen krampfhaften Versuchen der Formulierung
der Präambel zur Europäischen Verfassung. Wir finden einen faulen
Kompromiss und bezeichnen die Wurzeln Europas bloß als „religiös“, weil
undeutlich, unverbindlich und daher geistig verdaulich, selbstverständlich und
unstrittig als kleinsten gemeinsamen Nenner. „Christlich“ hingegen ist
unakzeptabel, weil identifizierend, eigentümlich, präzise und darum der
Anmaßung verdächtig. Deshalb entfernen wir bereitwillig die Kruzifixe aus den
Schulklassen und berufen uns als Grundlage dafür auf die falsch verstandene
Ringparabel Lessings (=Nathan der Weise). Dadurch ist die Wertewelt
Europas, seine Kultur, seine Tradition, sein Geist und sein Glaube, worauf
seine Identität beruht, am Ende und bis auf einige Ausnahmen schon
abgetreten und von innen her leer geworden. Es ist eigentlich überflüssig,
daran zu erinnern, wie sehr Europa sein Entstehen und auch seine Gegenwart
dem Christentum und dessen fundamentalen Werten verdankt. Wir dürfen
uns, so sagen viele, nicht dieser Wurzeln besinnen. Diese Pathologie ist
überall spürbar, weil wir längst in einen Käfig von Unaufrichtigkeit und
Heuchelei gesperrt worden sind, deren Merkmal die „politisch korrekte
Sprachweise“ bildet. Durch sie hat sich Europa schlicht aus Angst
eingesperrt, Dinge zu sagen bzw. sagen zu dürfen, die keineswegs unkorrekt,
sondern schlicht wahr sind. Gibt es dennoch welche, die im Sinne der
Wahrheit argumentieren, werden sie von einem kulturellen Bannstrahl
getroffen; sie werden aus Gesprächskreisen, Diskussionen, Akademien und
auch dem Fernsehen als selig-machendem Medium verbannt, sie gewinnen
keine Literaturpreise und werden auch zu keinen Konferenzen geladen – die
Wahrheit hat keine Öffentlichkeit mehr. (siehe dazu den „Historikerstreit“ in
Deutschland)
Zum anderen beklagen die überzeugten Konstrukteure eines gemeinsamen
Europa aber die fehlende ideelle Teilhabe der Menschen, die in diesem Europa
leben. Die Idee „Europa“ ist etwas nämlich etwas grundlegendes Anderes als das
aus Materien des positiven Rechts konstruierte Europa in derzeitiger Form. Unter
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dem Begriff der „Gleichwertigkeit“, der aber schon voraussetzte, dass wirklich
verglichen worden wäre, entstehen multikulturelle Gesellschaften ohne
identitätsstiftende Momente. Wir strapazieren in diesem Zusammenhang Kant
und verstehen aber dessen Schrift „Zum ewigen Frieden“ nicht, brauchen und
fordern den so genannten „Weltbürger“, der zwischen den Kontinenten hin- und
herjettet, dieses Europa nur mehr zum Skifahren und für sonstige
Annehmlichkeiten braucht und die Gewinne seiner Unternehmen, die längst nicht
mehr in Europa produzieren, im Ausland realisiert.
3) Auch wir im Österreichischen Roten Kreuz und Jugendrotkreuz fahren bereits
auf dieser Schiene. Sind zwar einerseits in unserer Substanz, dem
Humanitären Völkerrecht, der Begriff des Flüchtlings eindeutig definiert und
eindeutige völkerrechtlich-verbindliche Maßnahmen gesetzt, die präzise auf
diese Bestimmung mit allen notwendigen Schutzmaßnahmen abzielen, so
reden andererseits höchste Repräsentanten nur mehr von den so genannten
„Migranten“. Durch diese Relativierung erhält der eigentlich von uns zu
schützende Flüchtling keine Wertigkeit mehr, sondern findet sich als Migrant
neben anderen Migranten, die aus verschiedensten Gründen, nur nicht aus
denen, auf die das Humanitäre Völkerrecht repliziert, zu uns nach Österreich
kommen. Wenn wir diese Differenzierung nicht bewusst setzen, erweisen wir
den Migranten an sich vielleicht einen guten Dienst, verzichten dadurch aber
auf das Wesensmerkmal des Flüchtlings. Vielleicht sind wir auch schon vom
Multikulturalismus vereinnahmt worden oder haben uns absichtlich dorthin
begeben. Sollte zweit genannte Vermutung stimmen, müsste aber damit
unmittelbar folgendes bedacht werden:
Wir können darin übereinstimmen, dass Europa aufgrund seines Wohlstands und
seines Rechtssystems immer mehr zu einem Anziehungspunkt für Einwanderung
geworden ist. Auf diesem Wege dorthin wurden vorschnelle Erklärungsmuster
gefunden, die sich zum einen in Argumenten, wonach Europa ein „melting-pot“
(=Schmelztiegel) amerikanischen Vorbilds sein müsse, und zum anderen in
Platitüden (auch in Rotkreuz-Publikationen), wonach wir alle Flüchtlinge wären
(mit einer kühnen pseudo-wissenschaftlichen Herleitung der Stammes- und
Völkerschaften beginnend im 5. Jahrhundert), ausdrücken. Um diese
Lächerlichkeiten zu „verwissenschaftlichen“, wird vorgeschlagen, einmal im
österreichischen Telefonbuch nachzublättern. Darin findet sich neben anderen
auch der Name Robitza – also auch ein Migrant. Stimmt nicht, meine Urahnen
sind ob ihrer Glaubenstreue zur Grenzsicherung der damaligen Militärgrenze
gegen die Ungarn (entlang der Leitha) von Maria Theresia in Österreich
angesiedelt worden, dafür findet sich ein historisches Dokument, welches die
Herleitung der Robitzas nach Österreich erklärt. Dies gilt wahrscheinlich auch für
viele andere Aspekte eines „Nicht-Migrantentums“ der Nemec, Pospischils, etc. in
unserer Republik.
Wir reden von Migration und scheren uns längst nicht mehr um die
begrifflichen Unterschiede zwischen Integration und einem „Hinzugesellen“.
Die Integration setzt einen Dialog voraus, der von unserer Position ausgehen
muss, sie impliziert daher keine Gleichheit der Ausgangspositionen, sie
impliziert aber die beiderseitige Bereitschaft, ein eventuell gemeinsames
Ergebnis unter Vorgaben zu akzeptieren. Zum anderen vergessen wir in
unseren Vergleichen mit Amerika, dass jeder Einwanderer den Gesetzen des
Gastgebers untersteht und der Gastgeber bei allem Respekt vor dem
Einwanderer auf nichts Eigenes verzichtet, weder auf Gesetze, noch auf
13
Flagge, Tradition, Brauchtum und Geschichte noch auf die Verfassung. Die
Verfassung ist nämlich kein beliebiges und willkürlich entstandenes Dokument
für das schlichte Zusammenleben verschiedener Kulturen, sondern nur, wie
John Adams, einer der Gründerväter Amerikas schreibt, „für ein moralisches
und religiöses Volk geschaffen“ (Anmerkung von mir: „Religiös“ nicht in Form
einer Staatsreligion, sondern als Moment des Staates als „sittliche Idee“).
Hegel sagt dazu: „Die Verfassung ist die Organisation des Staates“, also mehr
als die Summe seiner Bürger und noch so differenziert ausgearbeitete
Gesetze es auszudrücken vermögen, weil die Idee des Staates sittliche (siehe
oben) Gemeinschaft ist.
Längst haben wir auch vergessen, welcher Herausbildung des Menschen es
bedarf, um als Staatsbürger gelten zu können. Die Netrebko singt zwar sehr
schön. Hat sie sich allein deshalb die österreichische Staatsbürgerschaft
erarbeitet, um im gleichen Zug der Verleihung zu erklären, dass sie weiterhin ihre
Interviews nur in englischer Sprache geben würde? Ähnlich ist dies auch mit
Sportlern verschiedenster Disziplinen. Denken Sie dabei an die Beispiele
mancher Hand- und Fußballer in Österreich. Wenn die Staatsbürgerschaft nur auf
einer willkürlich bestimmten Nützlichkeit beruht und nicht mehr Ausdruck eines
zum Bürger eines Staates gebildeten Menschen wird, dann sollten sie eigentlich
alle bekommen, die in dieser Republik leben, arbeiten und so eine Steuerleistung
erbringen. Vielleicht hätte andernfalls Frau Netrebko die Prüfungserfordernisse für
die Erlangung der Staatsbürgerschaft gar nicht geschafft.
Auf Grundlage der Theorien des Relativismus gäbe es noch genügend
anführenswerte Beispiele, die ich Ihnen aber ersparen möchte. Vielleicht stoßen Sie
beim Nachdenken selbst darauf.
Habe ich im ersten Teil meiner Ausführungen zum Grundsätzlichen als Bestimmung
des Denkens und somit des Menschen hinführen wollen, so soll nun im zweiten Teil
dieses Grundsätzliche ausgehend am RK-Prinzip der Humanität, dem Begriff des
Menschen, auch an eingangs erwähnter Diskussion zum Thema „Spiritualität“
ausgebreitet werden.
14
Der Mensch und die Spiritualität
(oder eigentlich: Der Mensch ist Spiritualität)
Dass wir erst jetzt zum ursächlichen Thema unserer Befassung zurückkehren
können, hat seinen Grund in der unerlässlichen Fragebeantwortung „Was ist der
Mensch?“, die wir vorab zu klären hatten. Wäre nämlich der Begriff des Menschen
der beliebigen Bestimmung ausgesetzt, könnten wir davon ausgehend natürlich auch
Beliebiges zum Thema Spiritualität als Befund abgeben oder gar nicht darüber
nachdenken müssen. Im Folgenden soll aber geklärt werden, dass einerseits
Spiritualität nicht mit Spiritismus verwechselt werden darf und andererseits die Frage
nach Spiritualität und deren Aufgehobenheit im Begriff des Menschen gestellt und
beantwortet werden muss. Dazu müssen wir aber all unsere positivistisch-empirisch
erzeugten Menschen“bilder“ verlassen und in metaphysisch-transzendentale
Dimensionen vorstoßen. Dass es dabei aber nicht um die Möglichkeit der Herleitung
eines Gottesbeweises, sondern rein um die Bestimmung des Denkens gehen kann,
mag vielleicht vorerst nicht nachvollziehbar sein. Wenn heute Begriffe wie
Metaphysik und Transzendenz gebraucht werden, sehen (oder fürchten) sich bereits
viele in „überirdische“ Welten entrückt. Keine Angst; es geht dabei rein um die
notwendige Ausweitung des Geistes hin vom Subjektiven und Objektiven zum
absoluten Geist. Der absolute Geist, der die Gegensätze von Subjekt und Objekt,
Denken und Sein aufhebt und das Wesen des Unendlichen im Endlichen erkennt.
Er stellt sich in drei Formen dar: a) in der Kunst
b) in der Religion und
c) in der Philosophie
In der Kunst wird er (der absolute Geist) in voller Freiheit „angeschaut“, betrachtet. =
das Schöne
In der Religion stellt er sich andächtig vor. = das Innere des Gemüts
In der Philosophie begreift er sich denkend. = die Wahrheit
Nur müssen spätestens jetzt Einschränkungen getroffen werden:
Dass Kunst dann nicht „Kunst“ ist, wenn sie nur das bestimmte „Schöne“ an sich
hervorzubringen imstande ist, zeigen uns die vielen „Künstler“ um uns herum.
Beginnend bei den Aktionisten bis hin zu den “selbst ernannten Künstlern“ oder der
sogar verordneten „Auftragskunst“ fehlt diesen „Künsten“ das wesentliche Ideal – das
Kunstschöne, welches die Einheit von Idee und Erscheinung, Gedanken und
sinnlicher Existenz, Form und Inhalt setzt. Im klassischen Kunstbegriff durchdringen
sich Form und Inhalt zu einer Einheit, sie bestimmt sich in dieser Einheit selbst, bringt
das Schöne selbst hervor und wird nicht – wie heute leider oft der Fall – von anderen
als solche bestimmt. Kunst kann daher nie Erzeugen, bloßes Herstellen sein,
sondern findet ihr Kriterium ausschließlich im Ideal ihrer selbst. Nur der
Relativismus möchte uns erklären, dass Kunst eigentlich alles sein kann, was dem
Produzierenden (dem „Künstler“) halt als solches gilt.
Das schon in der romantischen Kunst beginnende „Sichzurückziehen“ in das Innere
des Gemüts, als Antwort auf die Leere der Aufklärung, vollendet sich in der Religion
– als theoretisches Verhalten dargestellt. Sie erfasst das Absolute nicht bloß mit dem
frommen Gefühl, sondern vor allem mit der Vorstellung. Damit ist kein Götzendienst
im Sinne von Religion als Zauberei ausgedrückt, sondern die Suche nach Wahrheit
und der Freiheit des Geistes – eben als vorgestellte Momente. Es geht dabei also um
15
die spekulative Deutung der Dogmen (im Sinne des Christentums: die Dreieinigkeit,
der Gottmensch, der Sündenfall und der Versöhnungstod) in Form der Ausweitung
und Ausrichtung des Geistes auf das Absolute.
Die Philosophie als die sich selbst begreifende (wissende) Vernunft. Ihrer Aufgabe
kann sie nur durch die Erkenntnis ihres eigenen Prozesses nachkommen – „das
Denken des Denkens“ als höchste Form der Identität des Ich. Das Wesentliche im
Unterschied zu anderen Wissenschaften liegt auch darin, dass die Philosophie als
Wissenschaft nicht die einzelnen Philosophen“meinungen“ zu erzählen, zu erklären
oder zu beurteilen, sondern die ideelle Notwendigkeit ihrer Entwicklung selbst zu
begreifen hat. Dies ist der aufgezeigte Weg des Fortschritts im Denken vom
Abstraktesten über das Wesen, den Begriff, das Bewusstsein und dem
Selbstbewusstsein hin zur mit der Substanz identischen Idee (das reine Denken).
Die Frage ist nur, ob denn der Mensch zum Absoluten, also der Identität des Ich, das
reine Denken ohne Kunst und Religion vordringen kann. Als glücklich seien alle jene
zu bezeichnen, die der Anschauung und Vorstellung als Momente des Absoluten
nicht bedürfen. Da aber angenommen werden muss, dass Kunst und Religion (nicht
die bestimmte Kunst und die bestimmte Religion) Möglichkeiten des Begreifens des
Absoluten darstellen (denken Sie zum Beispiel an eine Symphonie Mozarts,
Michelangelos Pieta oder an ein Gedicht Hölderlins, oder auch an das Geheimnis
von Weihnachten und Ostern), können sie nicht positivistischen Bewertungskriterien
unterliegen.
So werden diese oben genannten Darstellungen des Absoluten, vornehmlich dabei
die Kunst und die Religion zu wichtigen Säulen der menschlichen Erkenntnis in Form
der Anschauung (Kunst) und der Vorstellung (Religion), die ihre Einheit in der
Philosophie haben. Wir können sie auch als Krücken, Bestimmungshilfen auf dem
Weg der Ausweitung des Geistes, des Denkens bezeichnen. Daher sind sie aber
gleichsam wesentliche Momente des Absoluten und können so nicht ohne weiteres
im Sinne von Bewertung nach „Nützlichkeit“ weg-“rationalisiert“ werden. Es ist auch
nicht passend, den Religionsunterricht abzuschaffen und an seiner Stelle den
Ethikunterricht mit handlungsanleitenden (und so einschränkenden, weil
bestimmenden) Positionen anzubieten. Solange sich aber ein Religionsunterricht nur
mit Fragen der Institutionalisierung von Religion in Form der Kirchen, also einem
falsch verstandenen Basis-Christentum („Wir sind Kirche“) befasst und von
positivistischen Momenten ausgeht, um diese als Grundlage für Argumente gegen
die Kirche zu nehmen (Zölibat, Empfängnisverhütung, Ehescheidung und
Sakramentenempfang, Jungfräulichkeit Marias, etc.) gehört dieser auch abgeschafft.
Nur bleibt die Frage, ob in dieser Vakanz der von uns vorgestellte Ethikunterricht die
ursächlichen Leistungen eines richtig verstandenen Religionsunterrichts würde
erbringen können. Heute sind längst die Desillusionisten am Werk, das beginnt bei
der Abschaffung des Nikolaus im Kindergarten, das Christkind wird durch den
Weihnachtsmann ersetzt und endet bei der Umschreibung des Neuen Testaments in
eine „Frauenbibel“, die unter großem Mediengetöse vorgestellt wird, weil gemäß der
Feminismustheorie Jesus weiblichen Geschlechts sein müsse. Weil eben zum
anderen Religions- und/oder Ethikunterricht keine Unterrichts-“gegenstände“ wie
andere sind/oder sein können, sondern in ihrem ernsten Anspruch weit über bloße
Wissensvermittlung zur Herausbildung des Menschenbegriffs beizutragen haben,
dürfen wir deren Inhalte nicht verdinglichen.
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Indem wir das tun, setzen wir den umgekehrten Schritt: Weil wir eben so sind,
müssten sich Religion und Ethik unseren Vorstellungen vom menschlichen
Zusammenleben anpassen, wir schreiben oder interpretieren ganz einfach die
Gebote um, weil wir keine Werte mehr kennen und sie als solche anerkennen wollen.
Wenn dieser Anpassungsprozess nicht stattfindet, schaffen wir ganz einfach die
Religion ab und bedienen uns dazu ganz einfach „demokratisierender“ Mechanismen
über Kirchenvolksbegehren, wobei wir uns selbst vorbehalten, worüber abzustimmen
wäre. Dabei kümmert es uns nicht, wer denn eigentlich abstimmt – die Beliebigkeit ist
gesetzt. Dieser Prozess ist aber viel dramatischer als die Feststellung „Die Religion
ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der
Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes“ (Marx). Wir hören
jedoch von so genannten „aktiven“ Christen Seufzer nach einem „neuen“ Papst,
einer „modernen“ Sexualmoral und einer angepassten Exegese. Wir relativieren und
setzen Kirche mit Religion in eins. Dabei wird die Form (wir fordern Ministrantinnen,
Priesterinnen, verheiratete Priester und andere laizistische Positionen) absichtlich
vom Inhalt getrennt, um danach erst die Form und in Folge den Inhalt eliminieren zu
können.
Was stört uns denn eigentlich an Religion, Metaphysik und Transzendenz?
Sind es die in Form des Kategorischen Imperativs gebrachten Formulierungen der
Zehn Gebote, oder behagt uns das „Sollen“ dabei in Reflexion auf uns als
gebrochene Einheiten nicht? Wir vergessen dabei, dass alle Forderungen, die auf
einem „Sollen“ beruhen, das wesentliche Moment der freien Willensbestimmung
einschließen, ja sogar voraussetzen. Das Sollen ist keine Maxime einer außer uns
lebenden Macht, sondern Ausdruck von Freiheitsermöglichung in höchster Form.
Dasselbe gilt auch für die Bestimmungen dieses „Sollens“. Wir scheinen eher zur
Forderung eines fremd auferlegten „Müssens“ zu tendieren, wobei die Substanz
dieses Müssens aber keine Möglichkeiten der Willensentscheidung gibt. Wir müssen,
weil es auch die anderen tun, oder weil die Gesellschaft dies von uns verlangt. Wir
müssen uns verwirklichen, indem wir uns im Positivismus verlieren und gar nicht
merken, dass wir darin eigentlich verloren sind.
Wo bleibt dann unsere Konsequenz?
Weg mit Religion, Metaphysik und Transzendenz hieße dann aber auch
konsequenter Weise jegliches Mysterium aus unserem Sein zu verbannen. Die
Mysterien-Spektakel des „Künstlers“ Nitsch und andere ähnlich „verzaubernde“
Angebote von Scheinwelten bis hin zu „Helloween“ verfolgen wir aber nicht mit jenem
Argwohn, den wir ansonsten dem Metaphysischen gegenüber haben. Ja es ist sogar
schicklich, sich aktiv daran zu beteiligen, weil der Lustgewinn des Menschen höchste
Zier scheint. Der Aktionismus ist heute gefragt, die Contemplatio wird zum
unnützen Beiwerk des Menschen erklärt. Wenn er nämlich „contempliert“ könnte die
Gesellschaft seiner nicht habhaft werden.
Die Begründung jeder Ethik und ernst gemeinter Religion besteht jedoch darin, den
Nachweis zu erbringen, dass es für den Menschen als vernünftiges Wesen ethische
Normen gibt, die nicht aus der Erfahrung abgeleitet sind, sondern a priori vor aller
Erfahrung allgemeine Gültigkeit beanspruchen und somit gleichermaßen für alle
Menschen verbindlich sind (Kant). Das ist einfach am Begriff des „Guten“ erklärt:
Haben die Aufklärer (und das ist deren verwerfliche Dimension) behauptet, sie
müssten das „Gute“ erst in die Welt bringen, so steht dabei zuvorderst das
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„bestimmte Gute“ und nicht das Gute an sich. Indem ich aber das Gute womöglich
durch Mehrheitsentscheidung bestimme, und sich dieses nicht in den auf freier
Willensentscheidung gegründeten menschlichen Handlungen verwirklicht, ist es nicht
mehr „das Gute“ an sich, sondern eben nur ein Bestimmtes. Natürlich werden Sie
jetzt einwenden, dass dies im Sinne von Erziehung der Kinder und Jugendlichen
nicht möglich wäre. Ist richtig, hierin ist nämlich der mündige Mensch angesprochen
und keine Entwicklungsphase davor. Nur ist auch der mündige Mensch längst noch
nicht am Ziel, in Identität mit dem Guten, sondern er hat sich die Bestimmungen des
Guten über die Bildung mitunter schwer zu erarbeiten. Daher wird Bildung zu keinem
zeitlich eingegrenzten Prozess, sondern zu einem lebenslangen Anspruch an den
Menschen, weil er eben Mensch ist.
Praktische Vernunft erbringt diejenigen praktischen Gesetze, die sagen, was
geschehen soll. Theoretische Vernunft ist darauf gerichtet, zu begreifen, was
geschieht. Das heißt also nichts anderes, als dass wir in der theoretischen Vernunft
„über uns hinausgehen“ müssen.
Wir befinden uns derzeit zwar (immer noch) in einer Krise der Metaphysik, die durch
Religionskritik, den Positivismus und andere einzelwissenschaftliche Erkenntnisse
gefördert wird, was jedoch aber nicht heißen kann, sich nicht auch in diesem
Zusammenhang damit befassen zu müssen. Wenn nämlich der „Gang zum Grunde
als der Fortgang der Selbstbegründung - das Bewegungsprinzip des neuzeitlichen
Denkens“ (Rombach) ist, so geht es dabei längst nicht mehr um einen sachlich
bestimmten „Inhalt“ des Denkens, sondern um das „Wesen“ des Denkens als das
„Sich-Selbst-Begreifen“.
War nämlich das Denken der Antike und des Mittelalters noch (nur) mit dem Suchen
nach dem „Anfang der Dinge“ befasst, so sucht das Denken der Philosophie der
Aufklärung nach einem methodisch durchreflektierten reinen „Anfang des Denkens“
selbst. „Der Himmel des Geistes klärt sich für die Menschheit auf“ (Hegel).
Das ist der wesentliche Unterschied zur landläufig interpretierten Metaphysik:
Wir haben oben festgestellt, dass die Vernunft nicht unmittelbar ihr Richteramt auf
Dinge, sondern nur auf das Erkenntnisvermögen selbst richten kann, also auf die
Erkenntnisart von Gegenständen, sofern diese erfahrungsfrei möglich sein kann.
(Vergleich Vernunft – Verstand).
Nun der springende Punkt: Diese Erfahrung, die die Vernunft mit ihrer eigenen
Möglichkeit macht, ist das „Transzendentale“. Darin richtet sich die menschliche
Vernunft in der Verwerfung der blind umher-tappenden Metaphysik und doch
zugleich auf der Suche nach einer ihr selbst angemessenen Metaphysik kritisch auf
sich selbst.
Dies ist jedoch nicht der pure Skeptizismus, der generell die Grundlagen aller
Erkenntnis untergräbt, sondern die skeptische Methode, die auf eine vor Fehltritten
bewahrende Gewissheit geht. So ist die Transzendentalphilosophie nichts anderes,
„als ein ständiges Potenzieren des Ich (=des Denkens); ihre ganze Methode besteht
darin, das Ich von einer Stufe der Selbstanschauung zur anderen bis dahin zu
führen, wo sie mit all den Bestimmungen gesetzt wird, die im freien und bewussten
Akt des Selbstbewusstseins enthalten sind“ (Hegel, Phänomenologie des Geistes).
Das Transzendentale ist daher nicht außer uns, sondern in uns. Transzendenz heißt
eigentlich, die im Universum (also in uns) anwesende Realität zu begreifen, sie ist
Überwindung der Engstirnigkeit der menschlichen Gesellschaften.
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Von der Verbannung der „Spiritualität“
Wenn manche Menschen den Gebrauch des Begriffs „Spiritualität“ fürchten und ihn
daher nicht in die Begriffsbestimmung des Menschen aufnehmen wollen, so kann es
dafür mehrere Gründe geben.
Einerseits in einer missverstandenen Bedeutung von Spiritualität selbst und somit
einer vorschnellen Verbannung in das Okkulte, Spiritistische oder auch
andererseits als hinderlichen Begriff am Weg
zur Konditionierung des
menschlichen Geistes durch das herrschende Interesse derer, die Macht und
vermeintliche Autorität besitzen.
Wir wissen genau, dass der menschliche Geist, das Denken, leider auch die
Fähigkeit besitzt, sich in der Form zu konditionieren, indem er/es seine angeborene
Sensibilität durch die von der Gesellschaft hergestellten Objekte abtötet oder
zumindest verändert. Je umfassender die Gesellschaft und deren Institutionen das
menschliche Bewusstsein beherrschen, umso mehr wird dieses von der ihm zu
eigenen, für seine Entwicklung aber notwendigen Bestimmung entfremdet. Die
fremden Faktoren, die den menschlichen Geist von seiner angestammten Sensibilität
entfernen, sind die von uns entwickelten Ideologien, wie auch unsere materiellen
Errungenschaften und die zahlreichen Pseudo-Systeme, die sich in unserer
Gesellschaft zu einer Pseudo-Kultur summieren. Das Resultat ist eine überall
zunehmende Unberechenbarkeit des menschlichen Wesens. Wenn kommerzielle
Werte das Leben durchdringen, verschwinden sehr bald Kultur und Weisheit aus
allen Lebensbereichen. C.G. Jung spricht vom „seelenlosen Geist, der total vom
Verstand beherrscht wird“ und weiters: „Wir sollten uns nie mit dem Verstand
identifizieren, denn der Mensch ist nicht ausschließlich Geschöpf des Verstandes,
…………wenn der Mensch zum Verstandestier wird, geht ihm die menschliche Natur
(nicht im biologischen Sinne zu verstehen) verloren“ und „Die transzendentale
Funktion schreitet ohne Ziel und Zweck nicht fort, aber sie führt zur Offenbarung des
Wesentlichen des Menschen“ (Jung).
Exkurs: Freiheit, Illusion und Determinismus
Nur müssen wir auf dem Weg zur „Offenbarung des Wesentlichen des Menschen“
alle Hemmnisse beseitigen, die sich uns in den Weg stellen bzw. als Hürden dazu
von anderen aufgebaut werden.
Dazu zählt zum Beispiel die Psychologie, die sich derzeit noch immer mit dem
Binarismus auseinandersetzt. In den gegenwärtigen Debatten, die sich am Thema
„Metaphysischer Determinismus und naturgeschichtliche Freiheit oder Willensfreiheit
und Gehirndeterminismus“ entzünden, wird die von ihr nicht (noch nicht)
überwundene Gespaltenheit von Leib und Seele oder von Körper und Geist am
Kochen gehalten. In dieser Diskussion möchte man die in ihrer Idee bereits
vorausgesetzte Einheit absichtlich unter Einbeziehung eines falsch verstandenen
Metaphysikbegriffs vorsätzlich spalten und ihn zerlegen und somit materialisieren.
Dass dieser Versuch ebenso kläglich scheitern muss wie die absurde Theorie eines
russischen Neurologen, der vorgibt, dass es den Geist deshalb nicht geben könne,
weil er nach unzähligen Hirnoperationen noch nie den Geist des Menschen
„gefunden“ hätte, ist für alle, die denken wollen, nur logische Konsequenz.
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Wenn nämlich Metaphysik und mit ihr die Spiritualität mit dem Determinismus
substanziell gleichgesetzt werden, so könnte ich, was den Menschen betrifft, nur von
Fremdbestimmung eines Wesens außer mir reden. Hat zur Folge, dass keine
Macht der Welt mich für eine auf freier Willensentscheidung gesetzte Handlung
verantwortlich machen könnte, weil ich immer die determinierte Ursache als
Grund anführen könnte. Abgesehen davon, dass in diesem Falle nicht von Freiheit
gesprochen werden könnte, wären wir aber wiederum weit hinter die Aufklärung und
die Postulate ihrer Ideale zurückgefallen. Der „Determinismus“, also die Substanz
des Menschen ist allein Freiheit, Denken, die/das in den menschlichen Handlungen
hervorgebracht, also verwirklicht werden soll. Das „Ich“ als Personenbegriff der
richtig verstandenen Aufklärung trägt diese Größe in sich. Freiheit und Denken sind
keine material- und fremdbestimmten Größen, sondern stellen die unendliche
Möglichkeit der Ausweitung des Menschen dar. So ist also der Satz, „alle neuronalen
Vorgänge sind determinierte Vorgänge, also sind freie Entscheidungen, die auf
solchen Vorgängen beruhen, notwendigerweise eine Illusion“ Anlass für die
Manipulanten, dem Menschen seine Willensbestimmungen zu nehmen, ohne vorher
nachgedacht zu haben, was denn eigentlich Willensfreiheit bedeutet.
Das muss aber gleich zur Frage überführen: Wenn der Gedanke der Freiheit im
Sinne der Neurologen eine Illusion wäre, wie wäre aber diese Illusion neuronal
implementiert oder repräsentiert, bzw. welche neuronalen Korrelate würden ihr
entsprechen?
Offenbar kann es sich beim Freiheitsbegriff, dem Denken nicht um eine jener vielen
Täuschungen handeln, denen unser Gehirn täglich unterliegt bzw. denen unser
Gehirn durch massive äußere Angriffe täglich ausgesetzt ist.
Freiheit, Denken sind keine kulturgeschichtlichen Konzepte, die den Menschen
irgendwann einmal zugeflogen sind – nur die Darwinisten und die vergleichenden
Verhaltensforscher müssen sich noch mit quälenden Fragen „ab wann denn der
Mensch denkt“ auseinandersetzen oder krampfhaft Systeme zimmern, wonach
unsere Sozietät an Graugänsen zu messen wäre. Sie sind zu sehr in der
Evolutionstheorie verstrickt, um nicht erkennen zu können, dass Menschsein nicht
durch reine Biologismen und physikalisch-chemische Reaktionen erklärt werden
kann. Wir brauchen aber eine Evolutionstheorie im Sinne der Entwicklung des
Denkens und nicht eine der bloßen Materie an sich, weil all diesen mitunter
abstrusen Theorien das Denken selbst vorausgesetzt ist – so wird eine Graugans
erst durch das zwar in dem Fall reduzierte Denken zum Leitbild für menschliche
Gemeinschaften stilisiert und nicht umgekehrt. Ebenso verhält sich dies mit allen
Erscheinungsformen der einzelwissenschaftlichen Welt an sich. Erklärt eine
Gesellschaft von sich aus, sie wäre gänzlich frei, so ist dies nicht Freiheit, sondern in
dieser wäre der Mensch lediglich Produkt ihrer Freizügigkeit. In solchen
Gesellschaften verliert der Geist seine Orientierung. In dieser Orientierungslosigkeit
steigern wir uns selbst zu einem neuen Höhepunkt und antworten mit den
Kohlberg´schen Dilemmageschichten. Dadurch wird das Leben erst zum
Dilemma, weil der desorientierte Mensch (das im Denken verstümmelte Individuum)
über den so genannten Werterelativismus, also ohne festes Fundament, sich seiner
ureigensten Bestimmung beraubt. Wenn der Mensch durch das von der Gesellschaft
konditionierte Denken dominiert wird, wird der Geist zum Sklaven. Der menschliche
Geist ist aber befähigt, sich von diesem konditionierten Denken (=Unfreiheit) zu
befreien und seine inhärente Sensibilität über das Denken selbst wieder zu
gewinnen. Daher kann Bildung nie die Einschränkung des Denkens, sondern nur die
Ausweitung desselben sein.
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Einige Textstellen zum Bildungsbegriff zum Nachdenken:
„Bildung ist Bestätigung der Form des Allgemeinen und das ist das Denken
überhaupt.“(Hegel: Phänomenologie des Geistes)
„Das Erzittern der Einzelheit des Willens, das Gefühl der Nichtigkeit, die Gewohnheit
des Gehorsams ist ein notwendiges Moment in der Bildung jedes Menschen.“
(Hegel: Das anerkennende Selbstbewusstsein)
„Der Nutzen der Logik betrifft das Verhältnis zum Subjekt, inwiefern es sich eine
gewisse Bildung zu anderen Zwecken (nicht zum Selbstzweck) gibt. Die Bildung des
Subjekts durch die Logik besteht darin, dass es im Denken geübt wird, weil die reine
Wissenschaft Denken des Denkens ist. Das Logische also die absolute Form der
Wahrheit.“ (Hegel: Die Wissenschaft der Logik)
Werterelativismus und somit kein festes Fundament im Denken, also die fehlende
Bestimmung des menschlichen Bewusstseins führen den Menschen nie und nimmer
zur Erreichung seines angelegten und vorausgesetzten Begriffs (= der wissenden
Sehnsucht nach Identität) sondern zu den so genannten Ersatzreligionen – den
Drogen, dem Okkult-Spiritistischem, der „No-Future-Bewegung“ und anderen
vorgestellten Systemen der Glückseligkeit. All diesen Systemen ist aber zu eigen,
den Menschen nicht als Freiheit, Denken anzuerkennen, sondern ihn vorerst zu
reduzieren, um ihn danach leichter manipulieren zu können.
Wir können auch sagen, dass der Mensch empirisch zur Freiheit verurteilt ist, ob
diese nun als eine Illusion oder ein Determinismus bezeichnet wird oder nicht. Wir
müssen nämlich Freiheit gegenüber dem Determinismus nicht dadurch legitimieren,
indem wir schon wieder zerlegen und reduzieren und zwischen Ursachen und
Gründen unterscheiden. Vielmehr können wir mit einer gewissen dialektischen Ironie,
ohne die Gründe zu erwägen, die für die Annahme der Willensfreiheit als einer
sinnvollen Idee sprechen, geradezu nach dem empirischen Grund, der Ursache
dieser Idee selbst fragen. Das heißt, selbst wenn wir am Determinismus als einer
notwendigen regulativen Idee festhielten und von daher Freiheit zu einer Illusion
erklärten, könnten wir auf die Idee der Freiheit aus empirischen Gründen gar nicht
verzichten. Das Wesentliche dabei ist, dass wir uns als freie Individuen in unserer
Freiheit zwar selbst nicht (noch nicht) erkennen, aber doch zumindest anerkennen.
Freiheit wäre, wenn sie eine empirisch begründete Illusion wäre, eine notwendige
Illusion. Das heißt: Erkennen und Anerkennen verhalten sich hier wie Realität und
Notwendigkeit zueinander. Wenn ich als Neurologe oder Psychologe aus der
Perspektive des Erkennens nach der Realität der Freiheit suche, diese aber unter
einzelwissenschaftlich-neurologischen und auch -psychologischen Gesichtspunkten
nicht finden kann, heißt das nicht, dass ich „nichts“ auffände, sondern zumindest die
behauptete Illusion der Freiheit.
Freiheit gründet auf der Einsicht in die Notwendigkeit ihrer selbst. Wenn wir Freiheit
nicht erkennen, sondern nur anerkennen können, aber andererseits Freiheit auch
anerkennen müssen, weil wir, wie oben ausgeführt, empirisch zur Freiheit verurteilt
sind, dann ergibt sich, neben der Spannung von Realität und Notwendigkeit im
Freiheitsbegriff selbst noch einmal die Spannung von Notwendigkeit(AnerkennenMüssen) und Möglichkeit(Anerkennen-Können). Die Idee der Freiheit verbietet es
zunächst, dass wir im strikten Sinne etwas müssen, das hieße im Falle der Freiheit,
dass wir uns entweder für die Freiheit oder gegen sie entscheiden könnten. Wie
wir uns auch entscheiden würden, jede Entscheidung ginge aber auf die Bestätigung,
das Dasein von Freiheit zurück.
21
Spiritualität und Spiritismus
Ebenso wie beim Verstand und der Vernunft, dem Sein und dem Bewusstsein
müssen wir auch den Begriff der Spiritualität deutlich von dem des Spiritismus
trennen.
Oben habe ich herzuleiten versucht, welche Antworten auf den Begriff des Menschen
die Philosophie zu geben im Stande sein kann. In einem Satz zusammengefasst
könnte sich das so ausdrücken:
„Die Philosophie ist das Verwirklichen der Vernunft auf die Fragen des Lebens“, also
ein alles umfassender Anspruch.
„Spiritualität ist das innere Bewusstsein, vermittels unsere Seele/unser Geist das
Transzendentale in sich entdecken kann“. Daher ist sie ein innerer
Entwicklungsprozess, in dem der Mensch seinen inneren Quellen immer näher
kommt und schließlich ganz aus ihnen lebt. So verstanden ist Spiritualität nicht
unbedingt an eine bestimmte Religion oder Konfession gebunden, sie kann einen
eigenständigen Weg zu innerer Freiheit und Sinnerfüllung darstellen. Nur kann
Freiheit und Sinnerfüllung keine reine Innerlichkeit bleiben, ansonsten wären diese
Begriffe leer. Freiheit und Sinn des Lebens können sich immer nur in ihrer
Entäußerung konkretisieren. Freiheit im anderen und Sinn des Lebens im Leben der
menschlichen Gemeinschaft.
Wie hängen nun Spiritualität und Philosophie zusammen?
Ich gehe davon aus, dass die reine Vernunft, das logische Denken der Seele, die
aktive Seele, welche absolute Wahrheit erkennt und Wahrheit manifestiert den Geist
auf allen Ebenen leiten soll. Weil dies nicht immer so ist, sucht die Sensibilität der
Seele heute Ausdruck als Reaktion gegen jene Systeme, die die Unsensibilität
fördern. Sie ist deshalb auf der Suche, weil auf Grund der Verwirrung der ganzen
Welt durch die verstandesorientierten Systeme ein gewisser Widerstand gegen das
Akzeptieren dieser Gedankengänge wächst. So erwächst Idealismus in neuer
Gestalt, also jene philosophische Richtung, die das Wirkliche (Absolute) als geistig
annimmt und so für das Denken voraussetzt, hingegen das Körperliche als Produkt
oder Erscheinungsweise des Geistes, oder auch als bloße Vorstellung im Gegensatz
zum Materialismus erkennt. Nur ist das Tragische dabei, dass der „Geist“ der
Bevölkerungsmehrheit von den Herrschenden kontrolliert, ja sogar bestimmt wird und
sich daher nicht in idealistische Positionen entfalten bzw. ausbreiten kann.
Wenn „alle Philosophie dem Wesen nach Theologie ist“ (Marx), wird eine klare
Unterscheidung zwischen Philosophie und Spiritualität schwierig und erscheint
vorerst nicht sinnvoll. Es geht nämlich bei den letzten Fragen des Lebens vielmehr
um ein Spannungsfeld zwischen einem eher philosophischen und einem eher
spirituellen Zugang. Das Grundthema ist hier, eine Überzeugung zu finden zwischen
einer atheistischen Gesellschaftstheorie, die dem Unbegreiflichen keinen Ort lässt
und der Verabsolutierung von Spiritualität in Form einer Staatsreligion, die
keinen Ansatz für Gesellschaftsveränderung ermöglicht. Als Europäer stehen wir vor
allem in der Tradition der Forderungen der Aufklärung, das heißt vorerst noch im
Kampf gegen das Irrationale, in Absetzung gegen das düstere Mittelalter. Weil wir
aber nicht permanent auf diesem Kampf, der längst entschieden ist, beharren
können, müssen wir die „Gegenwart“, das Denken in Bezug zur Aufklärungstradition
22
bringen. Tun wir das nicht, bleiben wir darin so lange gefangen, bis wir uns der Frage
nach einem emanzipativen Umgang der Aufklärung mit dem Irrationalen stellen, weil
ansonsten der Mensch auf der Strecke bleibt. Durch die besondere Entwicklung der
westlichen Welt seit dem Mittelalter und insbesondere seit der Französischen
Revolution ist dem „modernen“ Menschen die empiristische Betrachtungsweise zur
„zweiten Natur“ geworden. Daraus folgt aber, dass der Mensch, wenn er von so
genannten „Fakten“ und „Tatsachen“ spricht, sich zunächst darüber klar werden
muss, ob denn diese Fakten und Tatsachen überhaupt als solche existieren oder ob
sie nur dann in dem Maße zur Existenz kommen können, wenn sie eine jenseitige
Wirklichkeit widerspiegeln. Diese jenseitige oder höchste Wirklichkeit ist diejenige,
die letztendlich etwas bedeutet, denn alles, auch „Fakten“ und „Tatsachen“ sind in ihr
aufgehoben und umschlossen. Das bedeutet aber auch, dass die „Wahrheit oder
Unwahrheit einer Weltanschauung in dieser Sichtweise allein davon abhängt, ob sie
sinnbildlich das Transzendente auszudrücken im Stande sein kann“ (René Guénon)
Kann sie das nicht, ist sie positivistisch, flach oder eindimensional, denn sie wird so
zur Abstraktion vom Wesen des Wesentlichen. Es sollte aber vielmehr darum gehen,
die Menschen ihr Weltbild so eingeordnet in das metaphysische Ganze sehen zu
lassen, wie es wirklich ist. Der Empirismus unterliegt von Grund auf einer
Selbsttäuschung, weil er glaubt, bezüglich seiner vom individuellen Forscher
scheinbar unabhängigen Methoden frei von subjektiver Willkür zu sein. Dass diese
Vorgangsweise eine wirkliche Illusion darstellt, erkennen wir spätestens dann, wenn
„empirisch gesicherte Daten“ auf dem Tisch liegen. So wird unter Vortäuschung
einer „Wirklichkeit“ alles untersucht und erhoben, was der Willkür der Forschenden
zum Untersuchungsgegenstand in den Sinn kommt. Denken Sie in dem
Zusammenhang an die jüngst vorgestellte „Studie“ zum Sexualverhalten der
Österreicherinnen und Österreicher mit dem Satz: „Herr und Frau Österreicher haben
durchschnittlich zweimal die Woche Sex“. Was bringt diese unter dem Anspruch von
„Wissenschaftlichkeit“ hereingeholte Erkenntnis für jene, die in der Norm, für jene, die
unter der Norm, oder für jene, die sogar über der Norm liegen, also im Sinne des
Positivismus ein „Guthaben“ erwirtschaftet hätten? Als arm sind im Sinne einer falsch
verstandenen Wissenschaftsgläubigkeit jene zu bezeichnen, die dieses „Plansoll“
nicht erfüllen. Sie können oder wollen es vielleicht aber auch deshalb nicht, weil sich
das ursächliche Moment ihrer Lebensgemeinschaft eben nicht allein in der
Sexualität, sondern in anderen, höheren, weil ideellen Werten konkretisiert.
Wir können dies auch so ausdrücken: Weil der Mensch an sich nicht allein durch
positivistische Akzente zu seinem Begriff werden kann, braucht es notwendiger
Weise auch der Hereinholung des Irrationalen in seine Bestimmung, weil das
Wirkliche, Absolute auch das vorerst unbestimmte Irrationale mit einschließt. Heißt
also, dass ich dem Menschen seine Sehnsüchte, Gefühle, Hoffnungen auf dem Weg
zu seiner Bestimmung nicht nehmen darf, heißt aber auch, dass sich das Fundament
des Menschen nicht ausschließlich auf Sehnsüchten, Gefühlen und Hoffnungen
bauen darf.
Spiritualität hat auch eine Kehrseite: Nämlich die Tendenz, in Irrationalität und
Aberglauben – den Spiritismus - abzugleiten. Davor kann die Spiritualität durch das
Korrektiv der Philosophie bewahrt werden. Weil Philosophie die Hüterin der
Rationalität ist und so als entmythologisierende Macht zur Spiritualität auftritt. Eines
der größten Probleme auf einem rein spirituellen Weg ist die Integration der
spirituellen Erfahrung in das bestehende Alltagsbewusstsein und die vorhandene
Weltanschauung. Spiritistische Erfahrungen werden zwar meist als beglückend
erfahren, sie können allerdings auch dann zum Verhängnis für den Menschen
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werden, wenn sie ausschließlich als ursächlicher Grund des Menschseins anerkannt
werden und der Mensch nur darin seine Bestimmung zu finden sucht.
In der Beantwortung der Frage nach der Sinnhaftigkeit des Vereinszieles von „FIBS“
wäre bezüglich des spirituellen Anspruchs die Frage nach der so hervorgebrachten
Gestalt des Geistes nicht über ein bloßes „Ja“ oder „Nein“ zu stellen, sondern
präziser zu fassen. Sind die Ansprüche an die von „FIBS“ gestellte Spiritualität der
Wandlung des Bewusstseins junger Menschen vom bloßen Sein zum bewussten
Sein förderlich, oder schaden diese Ansätze im Sinne eines spiritistischen
Vorhabens.
Können wir nach sorgsamer Prüfung zum Befund kommen, dass zweite Möglichkeit
stimmt, müsste mit dieser Erkenntnis jegliche weitere Befassung mit „FIBS“ sofort
enden.
Wenn aber im Rahmen dieser Ferienwochen Jugendliche zum Nachdenken über den
Ursprung, das Leben und ihre Existenz angeregt werden, um daraus vernünftige
Erkenntnisse gewinnen zu können, so ist durch diese Art der Spiritualität der
Bewusstseinsbildung junger Menschen ein großer Dienst erwiesen.
Daher müsste „Spiritualität“ operational definiert werden. Operational heißt hier, dass
ein Verfahren angegeben werden muss, wie festgestellt wird, ob und gegebenen
Falls wie sehr „Spiritualität“ im gegenständlichen Diskursfall vorliegt. Dass dies auf
verschiedene Arten geschehen kann, hängt neben anderen auch davon ab, welche
Ziele und Zwecke mit dieser Definition verfolgt werden sollen oder nicht. Nur sind
Definitionen im Unterschied zu speziellen Sachverhalten nicht als „wahr“ oder
„falsch“ zu bezeichnen, sondern ziel- und zweckabhängig. Wenn wir mit unserer
Definition ein allgemein Anerkanntes von Spiritualität wollen, dann müssen wir uns im
Vorhinein einerseits von allen Urteilen vor dem Urteil, also allen Vorurteilen
freimachen und andererseits jene Bestimmungen in das Denken von Spiritualität
aufnehmen, die sie semantisch dazu macht und in Folge zu ihrem Begriff werden
lässt. Nun werden manche Leser einwenden, dass es eigentlich in dem
Zusammenhang, weil metaphysisch, transzendent keine „ordentlichen Definitionen“
geben könne, weil eben nicht real – also nicht „wirklich“.
Es kann vieles „ordentlich“ definiert werden, was es gar nicht gibt: Zum Beispiel die
mythologische Figur des Pegasus, das ist ein Pferd mit Flügeln, das fliegen kann.
Das ist eine einwandfreie und nahezu allgemein verständliche Definition, obwohl wir
alle wissen, dass es Pegasus in der wirklichen Welt bislang nicht gibt.
Im Falle der Spiritualität muss dies daher ebenso möglich sein. Die Definition kann
von zwei Seiten über das Denken herbeigeholt werden:
1) Die reale Komponente von Spiritualität muss existieren und dieser empirische
Existenzbeweis muss geführt werden können, wenn auch nicht unbedingt zu
einem positiven Urteil führen.
2) Die willkürlich-nominale (=imaginäre) Seite einer Definition besteht in der freien
Wahl der realen Elemente (Spiritualität äußert sich im Fühlen, Denken, Handeln
und befasst sich mit Sinn, Wert, Bewältigung der Existenz, des Lebens Anfang,
Ende, Sinn, und Wert der Welt, des Lebens)
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Nun zur Semantik des Wortes aus verschiedensten Betrachtungsweisen:
„Spiritualität verneint das äußere Leben nicht. Das äußere Leben sollte die Manifestation des
„göttlichen Lebens“ in unserem Inneren sein“. (Karl Kardinal Lehmann)
„Spiritualität bedeutet im weitesten Sinne eine Form von Geistigkeit als Gegensatz zum rein
rationalen Denken und einer materiellen Körperlichkeit. Sie steht für die gelebte Verbindung
zum Transzendenten“. (Wikipedia)
„Spiritualität ist die Fähigkeit, das Reich Gottes (= den absoluten Geist, Anmerkung von mir)
zu vermissen“. (Fulbert Steffensky)
„Die Geistigkeit oder Spiritualität ist jene Dimension oder jenes Organ der menschlichen
Person, durch welche ein Verhältnis zu Gott (=absoluten Geist) möglich ist. Dazu gehören
auch die Ideen des Universellen, der absoluten, transzendenten höchsten Wahrheit und der
höchsten Wirklichkeit“. (René Guénon)
„Jeder Mensch ist seiner Natur nach spirituell (geistig), sofern er Sinn und Wert sucht.
Spiritualität ist weder eine eigentlich esoterische noch religiöse Praktik, sondern eine
grundlegende Dimension des Menschseins“. (Kurt Almquist)
„Niemand kann euch etwas eröffnen, was nicht schon im Dämmern eures Wissens
schlummert“ (Kant)
Längst geht es in oben hergeleiteter Fragebeantwortung nicht mehr um die Frage
nach „Spiritualität oder Spiritismus“, sondern um die grundlegende
Auseinandersetzung des Konstruktiven Realismus mit der Philosophie an sich.
Der Konstruktive Realismus ist ein wissenschaftstheoretischer Ansatz, der die Idee
einer absoluten Wahrheit aufgegeben hat, diese absolute Wahrheit verneint und
dennoch versucht, seine Verbindlichkeit als Wissenschaft beizubehalten. Auf diese
Weise ergibt sich so die Möglichkeit eines interdisziplinären und multikulturellen
Dialogs, dessen Teilnehmende nicht (mehr) darüber diskutieren müssen, wer denn
eigentlich bezüglich des Wahrheitsbegriffs „recht“ hat oder nicht, weil dessen Ziel
vielmehr darin liegt, die einzelnen Wissensformen zur Selbstreflexion zu motivieren.
Abgesehen davon, dass der Konstruktive Realismus derart die vorausgesetzte
Einheit der Bestimmung des Denkens – die Wahrheit - ablehnt, fällt über den so
hergestellten Pluralismus eigentlich diese Bestimmung weg. Dadurch ist aber auch
fest geschrieben, dass das Wahre in seiner Bestimmung einer gewissen Zufälligkeit
unterworfen ist. Wenn aber Denken ein Unbestimmtes ist, wohin entwickelte es sich
dann?
Im schlimmsten aller Fälle hätten wir dann innerhalb mehrerer „Wahrheiten“ hin- und
her zu pendeln. In diesem oszillierenden bestimmungslosen Geist geht eigentlich
jeglicher Weltbezug des Individuums verloren. Ursache dafür ist an sich nicht die
Pluralität der Systeme, sondern dass diese pluralen Systeme sich längst nicht mehr
der Legitimitätsfrage stellen.
Welthaftigkeit kann aber vom Subjekt offenbar nur wieder gewonnen werden, wenn
an die Stelle einer konstitutiven genealogischen Ordnung eine innerweltlich ethische
Ordnung tritt. Das bloß gefühlt Transzendente erfüllt sich in der Immanenz
symbolischer Ordnung – dies ist mit dem Satz „Gott (=Geist) nicht außer uns,
sondern in uns“ zu umschreiben.
Wird dieses Transzendente in der Notwendigkeit des absoluten Geistes legitimiert,
verharrt das Transzendente nicht in sich, sondern äußert sich in der Immanenz des
Geistes, des Menschen; das ist die Spiritualität.
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Wird aber andererseits das Außerweltliche, das die Ordnung Überschreitende
subjektiv und damit kontingent legitimiert, tritt an die Stelle der Hierarchie die
Tendenz zur Anarchie und an die Stelle des Allgemeinen das Gesetz des Einzelnen;
das ist der Spiritismus.
Um eine objektive Erkenntnis der Dinge zu ermöglichen und zu einer Ganzheit der
Erkenntnis zu gelangen, muss unsere Erkenntnis daher in das ontologische Sein
eingehen, das durch ein unendliches Transzendieren aller Sinnesobjekte der
Inbegriff von ihnen allen ist – es ist das „absolute Objekt“. (Meister Eckhart;
Predigten und Traktate)
Der menschliche Verstand kann das Verborgene nicht erkennen, jene eigentlich
verborgene, überirdische Eigenschaft des Wesens der Dinge, ihren Kern. Notwendig
dazu ist die intellektuelle Intuition, um das Wesen der Dinge auf diese objektive Art
und Weise erkennen zu können. Diese intellektuelle Intuition ist eine unmittelbare
Erkenntnis des unsichtbaren Kerns, den Verstand übersteigend – die Vernunft, und
dieses Vermögen heißt Geist oder Intellekt.
Wir können das auch anders ausdrücken: Nur von unserem begrenzten Standpunkt
aus, also einem relativ wahren Standpunkt kann das Absolute einerseits als „Subjekt“
und andererseits als „Objekt“ des Menschen angesehen werden, als Objekt in
seinem Streben zurück zum Unerschaffenen. Denn letztendlich hat diese Dualität
ihre Aufgehobenheit im Absoluten. „Spiritualität wird so zur Möglichkeit, zur Fähigkeit,
das Absolute zu vermissen.“ (Steffensky)
Daher sind Spiritualität, Humanität mit dem Begriff des Menschen unmittelbar
verbunden, sie sind mit ihm ident, also dessen Substanz. Sie stellen daher keine
Konditionierung des menschlichen Geistes dar, sondern sind Garanten für die
Ausweitung des Denkens, Freiheit, die wiederum Substanz des Menschen an und für
sich sind. Ernstgemeinte Spiritualität ist dann wirklich, wenn sie „als Leben aus dem
Geist“(Karl Rahner) sich einerseits auf die nach innen gerichtete Beziehung des
Menschen zum Absoluten und sich andererseits durch die nach außen gerichtete
und gelebte Beziehung des Menschen zu seinen Mitmenschen Wirklichkeit, Wahrheit
gibt.
Spiritualität auch als Interesse, als Kennzeichen für die Konstitution des Menschen,
der nicht als Fertiger geboren wird, sondern sich Schritt für Schritt in die Welt
hineinfragt, sich seine Lebenswelt erschließt - nicht jedoch hinterfragt, wie wir leider
so oft hören. Sein Interesse daran kann also gefördert oder auch gelähmt werden.
So können sich Qualität und Schule nicht in erster Linie am Design, an der Überfülle
an Medien und Methoden messen, die Schülerinnen und Schüler „abholen“,
motivieren oder gar verführen. Qualität der Schule ist daran erkennbar, „wie viel und
welchen Raum sie für Begegnungen eröffnet“(Jochen Hilberath, Matthias Scharer);
gemeint sind jene Gegenstände, die den Menschen zu bilden imstande sind mit all
den vergangenen und gegenwärtigen Erfahrungen von Mensch und Gesellschaft,
somit der Reflexion nach innen und nach außen. Ein Raum gebender Unterricht
achtet die implizite spirituelle Dimension, nimmt darauf Bedacht, dass das Interesse
der Schülerinnen und Schüler nicht beliebig produzierbar ist, sondern bei allen
notwendigen Überlegungen der Unterrichtsplanung die Bedingungen für die
Möglichkeit solcher Begegnungen zu optimieren, „ein „geschenkter Rest“ bleibt, in
dem sich gerade das Wesentliche von Bildung als Erschließung der Sinndimension
der Lerngegenstände in Freiheit und Verantwortung, aber auch als „geschenktes Wir“
der Lerngruppe zeigt“ (Mattias Scharer).
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Erst wenn wir uns vom didaktischen Machbarkeitsanspruch frei zu spielen vermögen,
indem wir loslassen und dem „Nicht-Produzierbaren“ Raum geben, können wir für die
geschenkte Dimension, die jedem Bildungsgeschehen eigen ist, sensibel werden.
Erst wenn wir erkennen, dass die virtuelle Wirklichkeit - eine Wirklichkeit aus zweiter
Hand - also eine von Produzenten und geschäftstüchtigen Menschen erzeugte
Wirklichkeit, nur in die schnelle Vertröstung führt, zeigt sich die spirituelle Kultur einer
Schule dann, wenn sie über diese gebrochenen „Wirklichkeiten“ (Täuschungen)
hinaus führen kann und über die Bildung dem Menschen ermöglicht, zu sich kommen
zu können.
Legen wir daher der Bestimmung von Spiritualität jene Kategorien zu Grunde, die ich
oben ausgebreitet habe. Wir können so zum Schluss kommen, dass jede Form des
Spiritismus in unseren Überlegungen und Prinzipien keinen Platz haben darf,
Spiritualität jedoch wesentliches Moment, also Ausdruck der Sehnsucht des
Menschen nach seiner Bestimmung ist, die das immanent Absolute erkennen lassen
kann. Spiritualität also keine bloße Frömmigkeit, sondern die Möglichkeit für
geisterfülltes Leben und Streben nach Vollkommenheit.
Wien, im Jänner 2007
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