Universitätsklinikum Ulm Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Leiter: Prof. Dr. T. Hoffmann Prognosefaktoren und Überlebensraten von Parotiskarzinomen nach primär chirurgischer Tumortherapie Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm Michaela Kristin Lempenauer Memmingen 2016 Amtierender Dekan: Prof. Dr. Tobias M. Böckers 1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. T. Hoffmann 2. Berichterstatter: Prof. Dr. Dr. Alexander Schramm Tag der Promotion: 13.07.2017 Teile dieser Dissertation wurden bereits in folgendem Fachartikel veröffentlicht: Lempenauer M, Thierauf J, Scheithauer M, Hoffmann T K, Veit J: Primäre Parotiskarzinome: Einfluss einer zweizeitigen Operation auf das onkologische Outcome. Laryngo-Rhino-Otologie (2015) Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................... III 1 Einleitung ......................................................................................................... 1 1.1 ANATOMIE ........................................................................................................ 1 1.2 EPIDEMIOLOGIE ................................................................................................. 1 1.3 PROGNOSE ....................................................................................................... 2 1.4 TUMORENTITÄTEN ............................................................................................. 2 1.5 KLINISCHE BESCHWERDEN ................................................................................ 4 1.6 DIAGNOSTIK ..................................................................................................... 5 1.7 THERAPIE ......................................................................................................... 7 1.8 OPERATIONSTECHNIKEN .................................................................................... 9 1.9 ZIELSETZUNG .................................................................................................. 11 2 Material und Methoden ................................................................................. 12 2.1 DATENERHEBUNG ........................................................................................... 12 2.2 PARAMETER ................................................................................................... 12 2.3 STATISTISCHE AUSWERTUNG ........................................................................... 13 2.4 TUMORKLASSIFIKATION ................................................................................... 13 2.5 PATIENTENKOLLEKTIV ..................................................................................... 16 3 Ergebnisse ..................................................................................................... 17 3.1 ALTERS- UND GESCHLECHTSVERTEILUNG ......................................................... 17 3.2 SYMPTOME ..................................................................................................... 18 3.3 TUMORENTITÄTEN ........................................................................................... 19 3.4 TUMORSTADIUM .............................................................................................. 20 3.5 GRADING ........................................................................................................ 22 3.6 PERINEURALSCHEIDENINFILTRATION ................................................................. 23 3.7 OPERATION .................................................................................................... 24 3.8 POSTOPERATIVE BESCHWERDEN ..................................................................... 28 3.9 ADJUVANTE THERAPIE .................................................................................... 31 I 3.10 SENSITIVITÄTEN VON TUMORBIOPSIEN ............................................................ 34 3.11 REZIDIVE....................................................................................................... 37 3.12 ANALYSE DER REZIDIVFREIEN ÜBERLEBENSZEIT .............................................. 38 3.13 GESAMTÜBERLEBEN ...................................................................................... 52 4 Diskussion ..................................................................................................... 54 4.1 HÄUFIGKEITSVERTEILUNGEN UND ZUSAMMENHÄNGE VON VARIABLEN ................ 54 4.2 SENSITIVITÄTEN VON TUMORBIOPSIEN .............................................................. 61 4.3 REZIDIVFREIE ÜBERLEBENSZEIT ....................................................................... 63 4.4 GESAMTÜBERLEBEN ....................................................................................... 67 4.5 SCHLUSSFOLGERUNGEN .................................................................................. 68 5 Zusammenfassung ........................................................................................ 70 6 Literaturverzeichnis ...................................................................................... 72 Lebenslauf .......................................................................................................... 77 II Abkürzungsverzeichnis CCCU Comprehensive Cancer Center Ulm (Integratives Tumorzentrum des Universitätsklinikums und der Medizinischen Fakultät) ePA elektronische Patientenakte FNAC Feinnadelaspirationszytologie GNP Grobnadelpunktion / Stanzbiopsie HB House-Brackmann (Einteilung des Schweregrades der Facialisparese) IBM International Business Machines Corporation (US-amerikanisches IT- und Beratungsunternehmen) ICD International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (Internationale Klassifikation von Krankheiten) M. Musculus N. Nervus NOS not otherwise specified OP Operation OS Overall survival (Gesamtüberleben) RFS Recurrence free survival (Rezidivfreies Überleben) SAP Systeme, Anwendungen, Produkte in der Datenverarbeitung (Patientendatenmanagementsystem) SPSS Statistical Package for the Social Sciences (Marke der Softwarefirma IBM; Entwicklung und Vertrieb von Statistikund Analyse-Software) UICC Union internationale contre le cancer (Internationale Vereinigung gegen Krebs) V. Vena WHO World Health Organisation (Weltgesundheitsorganisation) III 1 1.1 Einleitung Anatomie Die Glandula parotis zählt neben der Glandula submandibularis und der Glandula sublingualis zu den drei, jeweils paarig angelegten, großen Speicheldrüsen des Kopfes. Sie ist eine rein seröse Drüse und macht ca. ein Viertel der gesamten Speichelproduktion aus. Die Drüse liegt präauriculär, ist von der Fascia parotidea umgeben und liegt vorwiegend in der Fossa retromandibularis. Sie besteht aus einem medialen Innenlappen und einem lateralen Außenlappen, zwischen denen der N. facialis verläuft. Dieser teilt sich innerhalb der Drüse fächerförmig in 5 Äste auf. Die Glandula parotis liegt anterior dem M. masseter auf, kaudal dem M. sternocleidomastoideus und erstreckt sich nach kranial bis zum Os zygomaticum. Ihr Hauptausführungsgang (Stenon-Gang) überquert den M. masseter, tritt durch den M. buccinator hindurch und mündet schließlich in der Mundhöhle gegenüber dem 2. oberen Molaren. [7, 25, 27, 39] 1.2 Epidemiologie Mit einer jährlichen Inzidenz von 0,4 bis 1,2 Neuerkrankungen pro 100.000 Personen zählt das Parotiskarzinom zu den seltenen Formen des Kopf-HalsKarzinoms. Es stellt nur 3 % aller Karzinome in dieser Region dar. [57] Der prozentuale Anteil der Speicheldrüsenkarzinome an allen Karzinomen des Menschen liegt bei unter 1 % [40]. Hiervon entstehen 50 - 70 % in der Glandula parotis [46]. Männer sind häufiger von Parotiskarzinomen betroffen als Frauen. Die Inzidenz in Deutschland wird bei ihnen mit 0,7 pro 100.000 Personen angegeben, wohingegen sie bei Frauen etwa 0,4 pro 100.000 beträgt. Das mediane Erkrankungsalter liegt in Deutschland bei ca. 70 Jahren, dennoch kann die Erkrankung auch im jungen oder mittleren Erwachsenenalter auftreten. [59] Histologisch werden nach der WHO (World Health Organisation) bei den Speicheldrüsenkarzinomen aktuell 24 Subtypen unterschieden [19]. Die häufigsten Subtypen sind hierbei das Mukoepidermoidkarzinom (21 - 50 %) gefolgt vom Adenokarzinom NOS (not otherweise specified) (10 - 22 %), dem Azinuszellkarzinom (12 - 17 %) und dem adenoidzystischen Karzinom (11,9 - 16 %) 1 [36, 46, 54, 66]. Je nach Quellenangabe variiert jedoch die Inzidenz etwas, so dass andere Quellen das zweit- bzw. drittgenannte Karzinom als häufigstes angeben [22, 57]. Aufgrund der geringen Inzidenz sind definitive Angaben zur Häufigkeitsverteilung kaum möglich. 1.3 Prognose Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Patienten mit Parotiskarzinomen liegt bei 46 - 83 %, das rezidivfreie 5-Jahres-Überleben bei 47 - 79,7 % [12, 19, 33, 55]. Diese Zahlen können stark variieren, da die Prognose von vielen Parametern beeinflusst wird. Als negative Prognosefaktoren haben sich ein hohes Tumorstadium, das Vorhandensein von Fernmetastasen und eine präoperative Facialisparese herausgestellt. Ein weiterer sehr wichtiger Einflussfaktor ist die Tumorentität. Plattenepithel- und undifferenzierte Karzinome haben hierbei die ungünstigste Prognose hinsichtlich Gesamt- und rezidivfreier Überlebenszeit. Bezüglich der lokoregionären Kontrolle ist die komplette Tumorentfernung mit Sicherheitsabstand, in Form einer totalen oder wenn nötig radikalen Parotidektomie, entscheidend. Auch eine adjuvante Radiotherapie wirkt sich positiv auf das lokoregionäre rezidivfreie Überleben aus. [46, 57] 1.4 Tumorentitäten 1.4.1 Mukoepidermoidkarzinom Das Mukoepidermoidkarzinom ist die am häufigsten vorkommende Form des Parotiskarzinoms. Es besteht aus muzinösen, plattenepithelialen und undifferenzierten Zellen. Je nach Zusammensetzung der Zellen kann eine Zellart dominieren. Das Mukoepidermoidkarzinom mit vorwiegend plattenepithelialen Anteilen hat darunter die schlechteste Prognose. Die Einteilung des Mukoepidermoidkarzinoms erfolgt über die Differenzierung der Zellen, hierbei unterscheidet man hochdifferenziert, mäßig differenziert und niedrigdifferenziert. Hochdifferenzierte Karzinome bestehen überwiegend aus zystischen Anteilen und metastasieren nur selten. Diese Patienten, mit sogenannten „low-grade“ Tumoren, haben eine hohe Heilungschance von bis zu 100 % bzw. 88,4 % 5- bzw. 10Jahresüberlebensraten [16, 45]. Die niedrig oder gering differenzierten Karzinome, 2 sogenannte „high-grade“ Tumoren, haben weniger zystische Anteile und beinhalten oft Nekrosen. Häufig infiltrieren sie die Perineuralscheide und die Lymphknoten. Nach chirurgischer Tumorentfernung wird meist eine adjuvante Radiotherapie empfohlen. Die Prognose ist mit bis zu 52 % bzw. 37 % 5- bzw. 10Jahresüberlebensraten [8, 13] ungünstiger. [4, 19] 1.4.2 Adenokarzinom NOS Die Adenokarzinome NOS (not otherwise specified) lassen sich keiner spezifischen Entität zuordnen. Sie sind unterschiedlich aufgebaut, besitzen aber alle eine glandulär-duktale Struktur. Sie machen eine große Gruppe der Speicheldrüsenmalignome aus. Charakteristischer Weise sind diese Karzinome aggressiv und gering differenziert, mit invasivem Wachstumsmuster. Die Prognose ist ungünstig. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. [35, 59] 1.4.3 Azinuszellkarzinom Die Azinuszellkarzinome sind meist gut differenzierte, langsam wachsende Tumoren, mit einer guten Prognose. Aufgrund des langsamen Wachstums ist der Tumor relativ wenig strahlensensibel und Rezidive können auch noch Jahrzehnte nach der Primärbehandlung auftreten. Zudem erweist sich das Karzinom bei einzelnen Patienten als lokal sehr aggressiv und hochmaligne. Die Therapie des Azinuszellkarzinoms besteht aus der chirurgischen Tumorentfernung. Ob eine zusätzliche adjuvante Strahlentherapie sinnvoll ist, ist umstritten. [6, 44] 1.4.4 Adenoidzystisches Karzinom Das adenoidzystische Karzinom ist ein maligner, aggressiver Tumor, der häufig in die Umgebung einwächst und die Perineuralscheide infiltriert. Die Unterteilung erfolgt nach der Histologie in drei Subtypen, glandulär, tubulär und solide. Der solide Typ hat die schlechteste Prognose. Durch die Infiltration umliegender Nerven ist das adenoidzystische Karzinom oft mit Schmerzen und Paresen verbunden. Es besteht eine frühzeitige Neigung zur hämatogenen Fernmetastasen-Bildung, vor allem pulmonal, die auch erst nach einigen Jahren auftreten können und häufig prognoselimitierend sind. Lymphknotenmetastasen treten relativ selten auf. Der Tumor hat eine relativ gute 5- und 10-Jahresüberlebenswahrscheinlichkeit, danach fällt die Überlebenswahrscheinlichkeit jedoch deutlich ab. [50, 51] 3 1.4.5 Plattenepithelkarzinom Es wird davon ausgegangen, dass sich das Plattenepithelkarzinom auf der Grundlage einer chronischen Entzündung aus dem Gangepithel der Speicheldrüsen bildet. Es ist meist mäßig bis gut differenziert und zeichnet sich durch Keratinisierung und fehlende Schleimbildung aus. Häufig ist es mit einer Facialisparese und hoher Mortalität assoziiert. Bei der Diagnostik des primären Plattenepithelkarzinoms der Glandula parotis ist darauf zu achten, eine differentialdiagnostisch infrage kommende Metastase eines extraglandulären Primärtumors, z.B. ein spinozelluläres Karzinom der Kopfhaut, auszuschließen, bzw. mit zu behandeln. Die Differenzierung kann sich aufgrund der ähnlichen Histologie jedoch als schwierig erweisen. Die Therapie des Plattenepithelkarzinoms setzt sich aus einer chirurgischen Entfernung des Tumors und der betroffenen Facialisanteile sowie einer Neck Dissection und einer postoperativen Radiotherapie zusammen. [20, 52] 1.4.6 Karzinom im pleomorphen Adenom Bildet sich in einem bereits vorhandenen pleomorphen Adenom ein Karzinom, so wird dies als Karzinom im pleomorphen Adenom bezeichnet. Eine solche Transformation findet in ca. 3 - 4 % der pleomorphen Adenome statt. Häufige Karzinome sind hierbei undifferenzierte Karzinome oder gering differenzierte mukoepidermoide Karzinome. Sie neigen zu Rezidiven und Metastasen. Je nach Infiltration der Umgebung werden die Karzinome in intrakapsulär und extrakapsulär eingeteilt. Die intrakapsulären Karzinome stellen nicht-invasive Tumoren mit besserer Prognose dar. Bei den extrakapsulären Tumoren variiert die Prognose je nach Infiltrationstiefe. Sowohl die Perineuralscheide als auch angrenzende Gefäße und Knochen können betroffen sein. Das Ausmaß der Operation und die adjuvante Therapie sind von Histologie und Infiltrationstiefe abhängig. [19, 50, 51] 1.5 Klinische Beschwerden Häufig stellen sich betroffene Patienten aufgrund einer schmerzlosen, tastbaren Raumforderung im Bereich der Glandula parotis vor. Neben diesen Symptomen, die auch denen eines benignen Tumors entsprechen, deuten Schmerzen, ein schnelles Wachstum, eine schlechte Verschieblichkeit gegenüber der Umgebung, eine derbe 4 Konsistenz und eine Facialisparese sowie eine eingeschränkte Mundöffnung auf ein bösartiges Geschehen hin. Diese auf Malignität hinweisenden Symptome sind allerdings nur bei 30 - 40 % der Patienten mit Parotiskarzinom vorhanden und nicht spezifisch. Bei weit fortgeschrittenen Tumorstadien mit deutlicher Parotisschwellung und ggf. Hautulzeration sowie Facialisparese ist ein Malignom der Drüse sehr wahrscheinlich. Andererseits können Tumoren im Frühstadium zum Teil klinisch kaum von einem Adenom unterschieden werden. [19, 70] 1.6 Diagnostik 1.6.1 Anamnese und klinische Untersuchung Die Grundlage der Diagnostik eines Parotistumors bilden Anamnese, Inspektion und Palpation. Sie können Hinweise zu Wachstumsgeschwindigkeit, Konsistenz, Tumorverschieblichkeit, Lymphknotenbefall und einer Beteiligung des N. facialis liefern. 1.6.2 Bildgebung Bei der Bildgebung steht die Sonografie als einfache und kostengünstige Methode an erster Stelle. Mit ihrer Hilfe können Aussagen über die Echogenität und die Beschaffenheit der Tumorränder getroffen und befallene Lymphknoten erkannt werden. Malignitätskriterien sind hier eine unscharfe Begrenzung, ein inhomogenes Binnenecho, eine verstärkte Durchblutung, sowie vermehrte und vergrößerte oder rundliche Halslymphknoten. Der Kontrastmittel-Ultraschall und die Elastographie können weitere Hinweise auf die Dignität liefern, sind jedoch noch nicht in der klinischen Routine etabliert. [2, 19, 58] Bei Verdacht auf Malignität kann eine Computertomographie oder aufgrund der besseren Weichteilauflösung eine Magnetresonanztomographie durchgeführt werden. Hierdurch kann eine Infiltration des umliegenden Gewebes erkannt und sowohl Tumorränder als auch Tumorausdehnung genauer beurteilt werden, wodurch eine bessere Planung der Operation möglich ist. Als kritisch für die Durchführung einer in sano Resektion ist hierbei insbesondere die Schädelbasisinfiltration, eine Ummauerung der A. carotis interna, sowie Infiltrationen der Pterigoidmuskulatur oder des Kiefergelenks zu werten. Das 5 diffusionsgewichtete MRT kann zudem beispielsweise zwischen pleomorphem Adenom und Mukoepidermoidkarzinom unterscheiden, der Whartin-Tumor jedoch ist anhand der Diffusionswerte nicht von verschiedenen Malignomen abgrenzbar. Die Positronen-Emissions-Tomographie, das PET/CT, die Sialographie und Szintigraphie sind weitere bildgebende Verfahren, die zur Diagnosefindung hilfreich sein können, jedoch keine Standarddiagnostik darstellen. [19, 30, 43, 58] 1.6.3 Feinnadelaspirationszytologie Neben den oben genannten technischen Untersuchungen wird auch die Feinnadelaspirationszytologie (FNAC) häufig zur Diagnostik von Parotistumoren eingesetzt. Dabei kann diese sowohl mit als auch ohne Ultraschall-Kontrolle durchgeführt werden. Sie stellt eine komplikationsarme, wenig invasive Methode dar, die einfach durchzuführen ist, allerdings in 5 - 15 % zu keinem verwertbaren Ergebnis führt. Zu den möglichen Fehlerquellen hierbei zählen Nekrosen, zystische Tumoranteile und das Verfehlen des Tumors. Zudem wird für die Auswertung der Proben ein erfahrener Zytologe bzw. Zytopathologe benötigt, da die Zellen aus ihrem Verband aspiriert werden und die Gewebearchitektur kaum vorhanden ist. Was die Unterscheidung von malignem und benignem Gewebe betrifft, kann die FNAC in der Hand eines erfahrenen Untersuchers und Zytologen eine Spezifität von 98 % erreichen, die falsch-negative Rate ist bei einer Sensitivität von ca. 80 % jedoch relativ hoch. Die Einordnung in eine spezifische Tumorentität ist ebenfalls aufgrund der Zell-Aspiration nur eingeschränkt möglich. [19, 49, 63, 71] 1.6.4 Grobnadelpunktion Ebenfalls kann bei Verdacht auf Malignität eine präoperative Grobnadelpunktion oder Stanzbiopsie (GNP), die meist Ultraschall-gesteuert durchgeführt wird, vorangestellt werden. Im Vergleich zur FNAC besteht sowohl eine höhere Spezifität (in Studien bis zu 100 %) als auch eine höhere Sensitivität (in Studien bis zu 92 %). Die entnommene Probe ist größer und die histologische Struktur bleibt zum Teil erhalten, wodurch die Fehlerquote bei der Entnahme und der Auswertung der Proben reduziert werden kann. Des Weiteren können zusätzliche Parameter, beispielsweise ein Befall der Kapsel oder die Invasionsfront des Tumors, beurteilt werden und Erkrankungen wie zum Beispiel ein Lymphom besser erkannt bzw. 6 klassifiziert werden. Aufgrund der größeren Nadel ist die Probeentnahme für die Patienten jedoch etwas belastender bzw. schmerzhafter. [18, 47, 49] 1.7 Therapie 1.7.1 Operation Als Therapie der Wahl zählt bei den Parotiskarzinomen die chirurgische, komplette Tumorentfernung mit ausreichendem Sicherheitsabstand zum gesunden Gewebe (R0) und ggf. eine Lymphknotendissektion (Neck Dissection). Meist wird dabei die totale Parotidektomie angewandt, Resektionen des Gesichtsnerven stellen heutzutage eher die Ausnahme dar, sind jedoch in fortgeschrittenen Tumorstadien kaum vermeidbar. Wird eine Ohrspeicheldrüsen-Operation jedoch unter dem Aspekt einer gutartigen Erkrankung durchgeführt und die Glandula parotis daher lediglich partiell reseziert, ist ein zweiter Eingriff in der Folge meist unumgänglich. Hierbei werden in der Regel die restlichen Drüsenanteile, eventuell mit Teilen des N. facialis, komplett entfernt, sowie eine zumindest ipsilaterale Neck Dissection vorgenommen. [3, 19, 58] Wird präoperativ, aufgrund einer Gesichtsnervenlähmung, eine Infiltration des N. facialis vermutet, so besteht die Operation aus einer radikalen Parotidektomie. Der Nerv kann hierbei einzeitig mithilfe eines mikrochirurgischen Nerveninterponats aus dem N. auricularis magnus oder dem N. suralis rekonstruiert werden. Alternativ kann eine sogenannte statische Gesichtsrehabilitation mit Gold- oder PlatinImplantat im Bereich des Oberlids, sowie eine Zügelplastik des Mundwinkels mit Anteilen des M. temporalis, einem Faszien-Transplantat oder einem GoretexImplantat durchgeführt werden. [3, 58] Bei einem sonographischen oder CT-graphischen Befall der angrenzenden Lymphknoten wird zusätzlich zur Parotidektomie eine ipsilaterale Neck Dissection durchgeführt. Nicht ganz eindeutig ist die Vorgehensweise hingegen, wenn präoperativ in der Bildgebung keine Lymphknotenabsiedlungen vermutet werden, sogenannter cN0-Hals, da die Gefahr von okkulten Lymphknotenmetastasen bei Karzinomen der Speicheldrüsen mit 10 - 20 % angegeben wird. Ein besonders hohes Risiko besteht bei Adenokarzinomen und schlecht differenzierten Mukoepidermoidkarzinomen, sowie Plattenepithelkarzinomen. Bei 7 adenoidzystischen Karzinomen ist das Risiko für zervikale Lymphknotenmetastasen dagegen eher gering. Je nach Tumorentität und Tumorgröße kann daher eine selektive Neck Dissection ergänzend zur Parotidektomie sinnvoll sein und wird in der klinischen Praxis aufgrund ihrer geringen Morbidität und des geringen Mehraufwandes auch beim cN0-Hals häufig über die Tumorkonferenz zum „chirurgischen Staging“ empfohlen. [33] 1.7.2 Strahlentherapie Um das lokale Rezidivrisiko zu senken, wird bei gering- und undifferenzierten Karzinomen, einem hohen Tumorstadium, einer Infiltration der Perineuralscheide und befallenen Resektionsrändern eine adjuvante Bestrahlung des Operationsfeldes empfohlen. Es werden hierbei Dosen von ca. 60 Gray Kumulativdosis eingesetzt, die auf mehrere Sitzungen verteilt werden. Bei einem pathologisch-positiven Lymphknotenstatus werden zusätzlich die betroffenen Level der Halslymphknoten adjuvant bestrahlt. Auch hier werden ca. 60 Gray Kumulativdosis empfohlen. Eine elektive Bestrahlung der Halslymphknoten sollte bei einem hohen Risiko für okkulte Metastasen in Betracht gezogen werden. In diesem Fall werden niedrigere Dosen verwendet. [41, 61] Ist der Tumor nicht operabel, kann eine primäre Radio- bzw. Radiochemotherapie indiziert sein. Dies kann auch in Erwägung gezogen werden, wenn bereits bei Diagnosestellung Fernmetastasen vorhanden sind. Bei einer primären Strahlentherapie werden Dosen von 65 - 70 Gray empfohlen, bei geringeren Dosen sowie hohen Tumorvolumina ist eine effektive Heilung nicht sonderlich wahrscheinlich. [41, 61] 1.7.3 Systemische Therapie Zu systemischen Therapien bei Parotiskarzinomen gibt es relativ wenig Erfahrungen aus prospektiven Studien. Chemotherapien werden als palliativer Ansatz bei nicht operablen Karzinomen eingesetzt, die symptomatisch in Erscheinung treten oder schnell wachsen. Es werden vorwiegend Platine, Anthrazykline und 5-Fluorouracil entweder als Mono- oder als Kombinationstherapie verwendet. Ihr Einsatz sollte jedoch abhängig von der 8 Histologie des Tumors, den Komorbiditäten des jeweiligen Patienten und der Toxizität des Wirkstoffes gut überdacht werden. [32] In einzelnen Fällen kann bei einer Expression von Hormonrezeptoren eine Hormontherapie angewandt werden. Aufgrund geringer Datenlage ist es jedoch kaum möglich eine Aussage bezüglich der Erfolgschancen zu treffen, in Einzelfällen kann jedoch beispielsweise eine Antiöstrogen-Therapie bei entsprechender Proteinexpression durchaus erfolgsversprechend sein. [11, 32] Zielgerichtete Therapien mit beispielsweise Antikörpern, Tyrosinkinasehemmern oder Proteaseinhibitoren wurden zum Teil in Studien erprobt, zeigen im Moment jedoch nur ein geringes Ansprechen. [10, 32] Bei Hochrisikopatienten kann ergänzend zur adjuvanten Strahlentherapie eine postoperative Chemotherapie durchgeführt werden. Ob das Überleben und die lokoregionäre Kontrolle dadurch verbessert werden, ist allerdings umstritten und bisher nicht mit Studien belegt. [17] 1.8 Operationstechniken 1.8.1 Parotidektomie Die Operation findet unter Neuromonitoring statt, d.h. die einzelnen Hauptäste des N. facialis werden über Elektroden in den Mm. orbicularis oris, oculis, Mm. buccalis, zygomaticus bzw. M. frontalis abgeleitet. Intraoperativ können die einzelnen Äste über eine Reizsonde stimuliert werden und somit das Risiko für eine Nervenverletzung minimiert werden. Die Operation findet unter einer Lupenbrille (ca. 2,5-fache Vergrößerung) oder einem Operationsmikroskop (Vergrößerung bis 20-fach) statt. Für die Parotidektomie wird meist ein s-förmiger Hautschnitt durchgeführt, der präauriculär vom Os zygomaticum bis unter das Ohrläppchen reicht, von hier in einem Bogen nach dorsokaudal weitergeführt wird und anschließend nach ventral in eine submandibuläre Falte läuft. Zu den chirurgischen Landmarken, die dargestellt werden müssen um die Glandula parotis sowie den Hauptstamm des N. facialis freilegen zu können, zählt der M. sternocleidomastoideus, das Mastoid, der Venter posterior des M. digastricus und die Spitze des knorpeligen Gehörgangs („Pointer“). Anschließend wird der seitliche 9 Wangenhautlappen nach ventral, kaudal und kranial abpräpariert, um die peripheren Begrenzungen der Drüse einsehen zu können. Der FacialisHauptstamm wird wenige Millimeter kaudal des Pointers nach Austritt aus der Schädelbasis aufgesucht, die einzelnen Äste werden von proximal nach distal verfolgt. Bei der lateralen Parotidektomie wird lediglich der Außenlappen der Drüse entfernt. Wird eine totale Parotidektomie durchgeführt, so wird im Anschluss an die laterale Parotidektomie der N. facialis mit seinen Ästen vom Innenlappen abpräpariert, sodass der mediale Drüsenanteil zusätzlich entfernt werden kann. Die radikale Parotidektomie beinhaltet neben der totalen Parotidektomie eine Entfernung der betroffenen Anteile des N. facialis und ist oft mit einer Neck Dissection, einer Ausräumung der Halslymphknoten, Nervenäste geopfert werden, sollte die einzeitige verbunden. Müssen Interposition von Nerventransplantaten zur Rekonstruktion angestrebt werden. Alternativ kann die statische Gesichtsrehabilitation, wie oben beschrieben, durchgeführt werden. [3, 5, 58] 1.8.2 Neck Dissection Die Neck Dissection wird hinsichtlich ihrer Ausdehnung unterschieden. Eine radikale Neck Dissection beinhaltet neben der Entfernung der Lymphknoten auch die Entfernung einiger nicht-lymphatischer Strukturen. Darunter fallen M. sternocleidomastoideus, V. jugularis interna, N. accessorius, N. vagus, A. carotis externa und N. hypoglossus. Es werden hierbei die Level I bis V inklusive der Glandula submandibularis ausgeräumt. Bei der modifiziert radikalen Neck Dissection, die bei makroskopischen Lymphknotenmetastasen durchgeführt wird, bleibt mindestens eine der nicht-lymphatischen Halsweichteilstrukturen erhalten. Werden nicht alle 5 Level ausgeräumt, sondern nur die befallenen Level, unter Schonung der nicht-lymphatischen Strukturen, wird dies als selektive Neck Dissection bezeichnet. [21] 10 Abbildung 1: Einteilung der Level und Sublevel am Hals nach der Robbins-Klassifikation. [21] (Springer, Der MKG-Chirurg, Volume 3, 2011, S. 19, Standardtherapie von Plattenepithelkarzinomen der Mundhöhle gemäß Leitlinien, Frerich B, Abb. 1, mit freundlicher Genehmigung von Springer Science und Business Media) 1.9 Zielsetzung „Das frühzeitige Erkennen und die erfolgreiche Behandlung des primären Parotiskarzinoms stellt nach wie vor eine Herausforderung dar.“ [34] Um die Therapie von Patienten mit primären Parotiskarzinomen zu optimieren, sollen in der vorliegenden Studie Prognosefaktoren hinsichtlich der rezidivfreien Überlebenszeit überprüft, und mit den in der Literatur beschriebenen Faktoren verglichen werden. Neben Tumorstadium, Lymphknotenstatus, Differenzierungsgrad und Facialisparese, wird ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, ob die Operation ein- oder „ungeplant“ zweizeitig durchgeführt wurde, da sich Parotiskarzinome präoperativ nicht immer zwingend von einem benignen Tumor unterscheiden lassen. Fortgeschrittene Malignome werden meist als solche erkannt, wohingegen frühe Tumorstadien aufgrund fehlender Begleitsymptomatik oft erst nach erfolgter partieller Primäroperation diagnostiziert werden. In solchen Fällen ergibt sich in der Regel die Notwendigkeit einer Nachresektion. In dieser Studie soll untersucht werden, ob dieses ungeplante mehrzeitige Vorgehen einen negativen Einfluss auf das rezidivfreie Überleben und das klinische Outcome ausübt. [34] Einen weiteren Aspekt der Arbeit stellt die Untersuchung der Sensitivität der präoperativen Feinnadelaspirationszytologie und Grobnadelpunktion dar. Es wird überprüft, in wie vielen Fällen, in denen eine Biopsie durchgeführt wurde, das Karzinom mithilfe der jeweiligen Punktion diagnostiziert werden konnte. Dabei wird sowohl auf das Erkennen der Malignität, als auch auf eine korrekte Diagnosestellung hinsichtlich der Histologie geachtet. 11 2 Material und Methoden 2.1 Datenerhebung In die Studie aufgenommen wurden Patienten, die zwischen 2004 und 2014 an der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums Ulm aufgrund eines primären malignen Tumors der Glandula parotis operiert wurden oder zur Nachsorge nach besagter Operation kamen. Die Suche nach Patienten, auf die diese Kriterien zutrafen, erfolgte über die ICD-10Diagnose C07 (bösartige Neubildung der Parotis) in der Elektronischen Patientenakte (ePA®) der HNO-Klinik Ulm sowie dem Tumorregister des Comprehensive Cancer Center Ulm (CCCU). Nachdem die Diagnosen digital auf ihre Korrektheit überprüft wurden, wurden die klinischen und historischen Patienteninformationen sowie die gesuchten Parameter der Datenbank der HNOKlinik Ulm (ePA®, SAP) entnommen. Bei einer Nachsorge außerhalb der HNOKlinik Ulm wurden die betroffenen Patienten, nach erfolgter schriftlicher Aufklärung und Einwilligung, telefonisch kontaktiert und bezüglich des Follow-ups befragt. Nach Prüfung über das CCCU, das seine Daten regelmäßig mit den Einwohnermeldeämtern abgleicht, wurden die Daten bereits verstorbener Patienten lediglich retrospektiv erhoben. [34] „Die Patientendaten wurden pseudonymisiert ausgewertet, sowie anonymisiert ausgearbeitet. Die Studie (Ethikantragsnummer 145/14) wurde von der Ethikkommission Ulm begutachtet und genehmigt.“ [34] 2.2 Parameter Zu den Parametern, die erhoben wurden, zählen Alter bei Erstdiagnose, Geschlecht der Patienten, präoperative und postoperative Beschwerden, das Tumorstadium nach der TNM-Klassifikation sowie der Differenzierungsgrad des Tumors, der Status der Resektionsränder nach der Operation, Perineuralscheideninfiltrationen, adjuvante Therapien, durchgeführte Punktionen und die Operationstechniken. Bei diesen wurde sowohl die Art der Parotidektomie und der Neck Dissection als auch die Unterscheidung zwischen ein- und zweizeitiger Operation dokumentiert. 12 Die rezidivfreie Überlebenszeit wurde hinsichtlich Alter, Geschlecht, Tumorstadium, Lymphknotenstatus, Differenzierungsgrad, Status der Resektionsränder und Operationstechnik sowie Facialisparese und Perineuralscheideninfiltration analysiert. Bei der Operationstechnik wurde das Augenmerk auf den Unterschied zwischen einzeitiger und zweizeitiger Operation gelegt. Die Untersuchung der FNAC und GNP fand ausschließlich bezogen auf die Sensitivität und die falsch-negative-Rate statt, da bei allen Patienten aus der Studie die Diagnose eines malignen Parotistumors vorlag und somit Spezifität oder positiv/negativ prädiktiver Wert nicht errechnet werden konnten. 2.3 Statistische Auswertung Es erfolgte eine statistische Beratung durch das Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm. Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe der Statistik-Software IBM SPSS Statistics 21 für Windows-Betriebssysteme. „Um Zusammenhänge zwischen Parametern zu untersuchen wurde der exakte Test nach Fisher angewandt. Die rezidivfreien Überlebenszeiten wurden mithilfe des Kaplan-Meier-Verfahrens [dargestellt und] analysiert, dabei wurde der Einfluss der Variablen auf das Überleben mit dem Log-Rank-Test [und der multivariaten CoxRegressions-Analyse] untersucht. Das Signifikanzniveau wurde auf 5 % festgelegt.“ [34] 2.4 Tumorklassifikation 2.4.1 TNM-Klassifikation Die Klassifikation der Tumoren fand nach der UICC (Union Internationale Contre le Cancer) TNM-Klassifikation, Version 7 von 2010, [42] statt. Wenn vorhanden wurde die pathologische Bewertung übernommen, bei der Einteilung der Fernmetastasen wurde teilweise auf die klinische Klassifikation zurückgegriffen. Die TNMKlassifikation wurde von der Union Internationale Contre le Cancer und dem American Joint Committee on Cancer erstellt. Die aktuellste Auflage erschien 2010 mit der 7. Auflage. Im Abstand von 5 - 10 Jahren findet eine Überarbeitung des Klassifikationssystems statt. [6] 13 Tabelle 1: Klassifikation des Primärtumors von Karzinomen der Glandula parotis nach der UICC TNMKlassifikation 7. Auflage. [42] T - Ausdehnung des Primärtumors TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0 Kein Anhalt für Primärtumor T1 Tumor ≤ 2 cm, ohne extraparenchymale Ausbreitung T2 Tumor > 2 cm, aber ≤ 4 cm, ohne extraparenchymale Ausbreitung T3 Tumor > 4 cm und/oder extraparenchymale Ausbreitung T4a Tumor infiltriert Haut, Unterkiefer, äußeren Gehörgang oder N. facialis T4b Tumor infiltriert Schädelbasis, Processus Pterygoideus oder umschließt A. carotis interna Extraparenchymatöse Ausbreitung: Klinische oder makroskopische Infiltration von Weichteilen oder Nerven, ausgenommen die unter T4a und T4b aufgelisteten. Tabelle 2: Klassifikation der regionären Lymphknotenmetastasierung primärer Parotiskarzinome nach der UICC TNM-Klassifikation 7. Auflage. [42] N - Regionäre Lymphknoten NX Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werde N0 Keine regionären Lymphknotenmetastasen N1 Metastase(n) in solitärem, ipsilateralen Lymphknoten, ≤ 3 cm N2a Metastase(n) in solitärem, ipsilateralen Lymphknoten, > 3 cm, aber ≤ 6 cm N2b Metastasen in multiplen ipsilateralen Lymphknoten, > 3 cm, aber ≤ 6 cm N2c Metastasen in bilateralen oder kontralateralen Lymphknoten, ≤ 6 cm N3 Metastase(n) in Lymphknoten, > 6 cm Tabelle 3: Klassifikation von Fernmetastasen primärer Parotiskarzinome nach der UICC TNM-Klassifikation 7. Auflage. [42] M - Fernmetastasen M0 Keine Fernmetastasen M1 Fernmetastasen 14 Tabelle 4: Klinische Stadieneinteilung primärer Parotiskarzinome nach der UICC TNM-Klassifikation 7. Auflage. [42] Stadieneinteilung Primärtumor regionäre Lymphknoten Fernmetastasen I T1 N0 M0 II T2 N0 M0 III T3 N0 M0 T1, T2, T3 N1 M0 T1, T2, T3 N2 M0 T4a N0, N1, N2 M0 T4b Jedes N M0 Jedes T N3 M0 Jedes T Jedes N M1 IVa IVb IVc 2.4.2 Grading Eine weitere Tumoreinteilung wurde über den Differenzierungsgrad vorgenommen. Es wurde hierbei zwischen gut bis mäßig differenzierten Karzinomen (G1/2), sogenannten low-grade Tumoren, und schlecht- bzw. undifferenzierten Karzinomen (G3/4), sogenannten high-grade Tumoren, unterschieden. Tabelle 5: Einteilung der Karzinome der Glandula parotis nach ihrem Differenzierungsgrad. [53] Histopathologisches Grading GX Differenzierungsgrad kann nicht bestimmt werden G1 Gut differenziert G2 Mäßig differenziert G3 Schlecht differenziert G4 Undifferenziert 15 2.5 Patientenkollektiv Zu den Einschlusskriterien für die Studie zählten eine Operation an der Glandula parotis aufgrund eines primären Parotiskarzinoms und eine Behandlung an der HNO-Klinik Ulm zwischen 2004 und 2014. Patienten, die an einem Parotiskarzinom erkrankt waren, jedoch nicht operiert wurden, beispielsweise aufgrund eines palliativen Behandlungsansatzes, wurden aus der Studie ausgeschlossen. Ebenfalls ausgeschlossen wurden Patienten, bei denen von einer Metastasierung in die Glandula parotis durch einen Primärtumor anderen Ursprungs ausgegangen wurde. „Es konnten 66 Patienten mit der Diagnose eines Parotiskarzinoms identifiziert werden. 42 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen, 24 Patienten wurden von der Studie ausgeschlossen. In 14 Fällen erfolgte der Ausschluss, da kein operativer Eingriff stattfand, in 10 Fällen lag die Metastasierung eines anderen Primärtumors vor bzw. konnte nicht sicher ausgeschlossen werden. Die Nachbeobachtungszeit [der Patienten, die in der Studie erfasst wurden,] lag zwischen 6 Monaten und 18 Jahren, der Medianwert bei 38 Monaten.“ [34] 16 3 3.1 Ergebnisse Alters- und Geschlechtsverteilung Das Patientenkollektiv setzte sich aus 29 männlichen und 13 weiblichen Personen zusammen. [34] Das Alter bei Erstdiagnose reichte von 21 bis 86 Jahren mit einem mittleren Erkrankungsalter von 60,7 Jahren. Der Medianwert lag sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen bei 64 Jahren [34]. Tabelle 6: Alters- und Geschlechtsverteilung bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Geschlecht männlich weiblich <30 3 1 Alter bei 30-59 8 5 Erstdiagnose 60-89 18 7 0 0 >89 Hinsichtlich der Tumorentität zeigten sich im Durchschnittsalter große Unterschiede. Das Mukoepidermoidkarzinom und das Azinuszellkarzinom waren mit 40 bzw. 47 Jahren hierbei die Entitäten mit dem niedrigsten Durchschnittsalter, während die Patienten mit Plattenepithelkarzinom und Basalzelladenokarzinom mit 75 und 74 Jahren das höchste mittlere Erkrankungsalter aufwiesen. Abbildung 2: Durchschnittsalter bei Erstdiagnose bezogen auf die Tumorentität bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). 17 3.2 Symptome Gab es zur präoperativen Anamnese keine Angaben, so wurden die Symptome bei diesen Patienten als unbekannt gewertet. Diese 4 Patienten wurden bei den folgenden Berechnungen zur Häufigkeit der Symptome aus der Wertung herausgenommen. Bei fast allen Patienten war eine palpable Raumforderung im Bereich der Glandula parotis anzutreffen, lediglich in einem Fall war diese nur sonographisch nachweisbar. 24/38 Patienten (63,2 %) wiesen daneben noch weitere Symptome auf. Das Hauptsymptom waren hierbei Schmerzen (47,4 %) gefolgt von der Facialisparese (26,3 %) [34]. 60,5 % (23/38) der Patienten klagten entweder über Schmerzen oder litten an einer Facialisparese. Drei Patienten berichteten zudem von Sensibilitätsstörungen im Bereich des Kieferwinkels, bei einer Person traten an dieser Stelle Faszikulationen auf. In vier Fällen kam es zu rezidivierenden Schwellungen, in einem davon wurde eine Entzündung der Glandula parotis festgestellt. Tabelle 7: Häufigkeiten der präoperativen Symptome bei Pateinten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014. 4 Patienten, bei denen keine Angaben zu präoperativen Symptomen vorlagen, wurden aus den Berechnungen ausgeschlossen. Ein gemeinsames Auftreten unterschiedlicher Symptome war möglich (n=38). Patienten mit Angaben zu präoperativen Symptomen n=38 (100 %) Anzahl Prozent präoperative Symptome palpable Raumforderung 37 97,4 Schmerzen 18 47,4 Facialisparese 10 26,3 rezidivierende Schwellungen 4 10,5 Sensibilitätsstörungen 3 7,9 Faszikulationen 1 2,6 3.2.1 Facialisparese Wie in Tabelle 7 dargestellt, litten 10 der 38 Patienten (26,3 %) an einer präoperativen peripheren Facialisparese, wobei diese in einem Fall, aufgrund eines Zoster oticus, schon vorbestehend war. In der untenstehenden Tabelle sind die Ausprägungen nach der House-Brackmann-Einteilung aufgelistet. 18 Tabelle 8: Häufigkeiten der präoperativ aufgetretenen Ausprägungen der Facialisparese bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 eingeteilt nach House-Brackmann [28] (n=38, 4 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). Häufigkeit I Normalbefund 28 II leichte Parese 3 III Lidschluss noch möglich 2 IV Lidschluss nicht mehr möglich 1 V hochgradige Parese 3 VI keinerlei Restbewegung 0 Parese bereits vorher vorhanden 1 3.2.2 Tumorbeschaffenheit In 23/38 Fällen wurden Angaben zur Tumorbeschaffenheit in die Krankenakte aufgenommen. Zu diesen Beschreibungen zählten eine Größenprogredienz, eine schlechte Verschieblichkeit und eine derbe Tumorkonsistenz. Bei den einzelnen Patienten waren dabei Mehrfachnennungen möglich. Am häufigsten war die Größenprogredienz des Tumors, diese wurde in 14 Fällen dokumentiert. In 5 Fällen war der Tumor schlecht oder gar nicht verschieblich, wiederum in 5 Fällen lag eine derbe Tumorkonsistenz vor. 3.3 Tumorentitäten Mit 12/42 Fällen (28,6 %) war das Adenokarzinom am häufigsten vertreten. Ihm folgten das Mukoepidermoidkarzinom mit 6/42 Fällen (14,3 %) und das Azinuszellkarzinom sowie das adenoidzystische Karzinom mit jeweils 5 Fällen (11,9 %). Das Karzinom in pleomorphem Adenom und das Basalzelladenokarzinom wurden jeweils viermal diagnostiziert, das Plattenepithelkarzinom dreimal. Unter die Rubrik „sonstige Karzinome“ fielen ein lymphoepitheliales Karzinom, ein gemischtzelliges Karzinom und ein malignes fibröses Histiozytom. 19 Abbildung 3: Prozentuale Verteilung der Tumorentitäten bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). (Erstveröffentlichung in: Lempenauer M, Thierauf J, Scheithauer M, Hoffmann T K, Veit J: Primäre Parotiskarzinome: Einfluss einer zweizeitigen Operation auf das onkologisches Outcome. Laryngo-Rhino-Otologie (2015)) © Georg Thieme Verlag KG [34] 3.4 Tumorstadium Im untersuchten Patientenkollektiv waren alle Ausprägungen zur Ausdehnung des Primärtumors (T1-T4b) vertreten. In 28,6 % (12/42) der Fälle hatte der Tumor bei Diagnosestellung bereits umliegende Strukturen infiltriert (pT4a/b). Tabelle 9: Häufigkeiten und prozentuale Anteile der T-Stadien bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Anzahl Prozent pT1 7 16,7 pT2 12 28,6 pT3 11 26,2 pT4a 11 26,2 pT4b 1 2,4 42 100,0 T-Stadium Gesamt 20 Zum histologischen Lymphknotenstatus wurde in einem Fall keine Angabe gemacht. Unter den übrigen Patienten waren die regionären Lymphknoten histologisch in 10/41 Fällen (24,4 %) befallen. In 3 Fällen betraf dies einen ipsilateralen Lymphknoten mit Metastasengröße kleiner 3 cm (pN1). Bei 7 Patienten waren mehrere ipsilaterale Lymphknoten betroffen, jedoch alle mit Metastasen kleiner 6 cm (pN2b). Eine kontralaterale Metastasierung (pN2c) oder Metastasenbildung von mehr als 6 cm Durchmesser (pN3) lag nicht vor. Fernmetastasen bei Erstdiagnose wurden in einem Fall gefunden. In zwei Fällen war der Status der Fernmetastasen unbekannt. Aus diesen Angaben ergibt sich die Einteilung in die Tumorstadien. Aufgrund fehlender Angaben konnte das Tumorstadium bei einem Patienten nicht angegeben werden. Mit 31,7 % (13/41) war das Stadium IVa am häufigsten vertreten. 26,8 % (11/41) der Parotiskarzinome wurden in das Tumorstadium II eingestuft, 19,0 % (8/41) zeigten sich im Tumorstadium III und 16,7 % (7/41) im Stadium I. Die Tumorstadien IVb und IVc traten jeweils einmal auf. [34] Abbildung 4: Anzahl der Tumorstadien bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=41, 1 Fall wurde aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). 21 Neben einer palpablen Raumforderung, die fast immer vorlag, zeigten sich weitere Symptome vorwiegend in den höheren Tumorstadien. Patienten mit den Tumorstadien I/II klagten zu 43,8 % (7/16) über Beschwerden wie Schmerzen, Facialisparese, rezidivierende präaurikuläre Schwellungen, Sensibilitätsstörungen oder Faszikulationen. In der Gruppe der Stadien III/IV waren es 76,2 % (16/21). Betrachtet man nur die Patienten mit Stadium IV, so zeigten sich in fast allen Fällen (13/14) präoperative Symptome. Dieser Zusammenhang zwischen Tumorstadien und auftretenden Symptomen war signifikant (p=0,015). Abbildung 5: Häufigkeit von präoperativen Symptomen (Schmerzen, Facialisparese, rezidivierende präaurikuläre Schwellungen, Sensibilitätsstörungen, Faszikulationen) bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 im Hinblick auf das Tumorstadium (n=37, 5 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). 3.5 Grading Hinsichtlich der Differenzierung traten im untersuchten Kollektiv vorwiegend gut bis mäßig differenzierte Karzinome auf. Sie machten 59,5 % (25/42) aus. 21,4 % (9/42) der Tumoren waren gering- oder undifferenziert. [34] Bei 8 Patienten war der Differenzierungsgrad unbekannt. Unter den Adenokarzinomen waren 6/12 (50,0 %) der Karzinome gering- oder undifferenziert, bei den Karzinomen ex pleomorphes Adenom kamen die schlecht differenzierten Karzinome mit 1/4 auf 25,0 %. In der Gruppe der sonstigen Karzinome waren die gering- bzw. undifferenzierten Karzinome mit 2/3 vertreten. Die Mukoepidermoidkarzinome und Plattenepithelkarzinome zeigten sich alle mäßig- bis hochdifferenziert, also lowgrade. 22 Abbildung 6: Differenzierung der Karzinome bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 eingeteilt nach Tumorentitäten; G1/2 = gut-/ mäßig differenziert; G3/4 = gering-/ undifferenziert (n=42). 3.6 Perineuralscheideninfiltration Die Perineuralscheide war in 15/40 Fällen (37,5 %) infiltriert [34]. Bei zwei Patienten war der Status der Perineuralscheideninfiltration unbekannt. Die Fälle, bei denen die Infiltration nicht erwähnt wurde, wurden als negativ gewertet. Litten die Patienten präoperativ an einer Facialisparese, so war die Perineuralscheide zu 87,5 % (7/8) infiltriert. Zwischen den beiden Variablen bestand ein signifikanter Zusammenhang (p=0,001). Dennoch lag auch bei 6/28 (21,4 %) der Patienten ohne Facialisparese eine Perineuralscheideninfiltration vor. 23 3.7 Operation Bei 18 von 42 Patienten (42,9 %) wurde eine zweizeitige Operation durchgeführt. In 11/18 Fällen fand dabei vorausgehend eine Biopsie statt, die jedoch negativ ausfiel. 24 von 42 Patienten (57,1%) wurden einer primären, einzeitigen onkologischen Operation unterzogen. Unter den einzeitig operierten Patienten konnte die Malignität in 14/24 Fällen präoperativ durch eine Biopsie gesichert werden, in weiteren 10 Fällen wurde aufgrund des klinischen Verdachts auf ein malignes Geschehen eine einzeitige Operation durchgeführt. [34] „[Wie aus Tabelle 10 hervorgeht, lagen] in der einzeitigen Gruppe […] vermehrt höhere Tumorstadien mit Facialisparese bzw. Hautinfiltration vor. Folglich ergab sich in dieser Gruppe auch ein höherer Anteil mikroskopisch positiver Absetzungsränder […]. Zusätzlich lagen in der einzeitig operierten Gruppe schlechter differenzierte Tumoren, sowie ein [signifikant] höheres medianes Lebensalter der Patienten vor. Des Weiteren wies die 2-zeitige Gruppe einen höheren Anteil an low-grade Mukoepidermoidkarzinomen mit exzellenter Prognose auf, im Gegensatz zu vermehrten gering-differenzierten Adenokarzinomen mit onkologisch schlechtem Outcome in der einzeitig operierten Gruppe. Signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Parametern ergaben sich für das mediane Erkrankungsalter und den Anteil an Neck Dissections in dem Sinne, dass alle 2zeitig operierten Patienten im zweiten Operationsschritt eine Neck Dissection erhielten, wohingegen 7/24 Patienten der einzeitigen Operationsgruppe aufgrund des hohen Patientenalters und eines sonographisch unauffälligen Halsstatus keiner Neck Dissection unterzogen wurden.“ [34] 24 Tabelle 10: Gegenüberstellung der Häufigkeiten von ein- und zweizeitigen Operationen bezogen auf unterschiedliche Parameter bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). In Klammern befinden sich die Prozentzahlen bezogen auf die jeweilige Gruppe. Aufgrund fehlender Werte werden nicht immer 100 % erreicht. Signifikante Unterschiede sind mit einem Stern markiert. (Erstveröffentlichung in: Lempenauer M, Thierauf J, Scheithauer M, Hoffmann T K, Veit J: Primäre Parotiskarzinome: Einfluss einer zweizeitigen Operation auf das onkologisches Outcome. Laryngo-RhinoOtologie (2015)) © Georg Thieme Verlag KG [34] Operation medianes Alter (Jahre) Geschlecht Tumorstadium Parotidektomie adjuvante Strahlentherapie Facialisparese 6 Monate postoperativ 0,033* 1,000 weiblich 7 (29,2 %) 6 (33,3 %) I/II 9 (37,5 %) 9 (50,0 %) 15 (62,5 %) 9 (50,0 %) 8 (33,3 %) 4 (22,2 %) Mukoepidermoidkarzinom 1 (4,2 %) 5 (27,8 %) Azinuszellkarzinom 2 (8,3 %) 3 (16,7 %) Adenoidzystisches Karzinom Karzinom ex pleomorphes Adenom 2 (8,3 %) 3 (16,7 %) 4 (16,7 %) - Basalzelladenokarzinom 3 (12,5 %) 1 (5,6 %) Plattenepithelkarzinom 2 (8,3 %) 1 (5,6 %) Sonstige 2 (8,3 %) 1 (5,6 %) partiell 2 (8,3 %) 1 (5,6 %) 9 (37,5 %) 10 (55,6 %) 12 (50,0 %) 7 (38,9 %) 7 (29,2 %) - 12 (50,0 %) 15 (83,3 %) 5 (20,8 %) 3 (16,7 %) R0 13 (54,2 %) 15 (83,3 %) R+ 6 (25,0 %) 3 (16,7 %) negativ (pN0) 17 (70,8 %) 14 (77,8 %) positiv (pN+) 6 (25,0 %) 4 (22,2 %) G 1/2 14 (58,3 %) 11 (61,1 %) G 3/4 6 (25,0 %) 3 (16,7 %) nein 7 (29,2 %) 8 (44,4 %) ja 17 (70,8 %) 10 (55,6 %) House-Brackmann-Score I-III 14 (58,3 %) 13 (72,2 %) 7 (29,2 %) 4 (22,2 %) 8 (33,3 %) 3 (16,7 %) 0,299 6 (25,0 %) 2 (11,1 %) 0,431 Adenokarzinom keine modifiziert radikal Differenzierungsgrad 57 12 (66,7 %) selektiv Lymphknotenstatus 18 (100 %) 17 (70,8 %) radikal Schnittränder 24 (100 %) männlich total Neck Dissection zweizeitig 67 III/IV Tumorentität p einzeitig House-Brackmann-Score IV-VI Rezidiv Lokal-/ lokoregionäres Rezidiv 0,533 0,236 0,708 0,026* 0,447 1,000 0,704 0,347 0,721 25 Eine vollständige Resektion mit mikroskopisch freien Resektionsrändern (R0) konnte in 75,7 % (28/37) der Fälle erreicht werden. 18,9 % (7/37) wiesen an den Resektionsrändern noch einen mikroskopischen Residualtumor auf (R1), in 2/37 Fällen (5,4 %) war der Residualtumor makroskopisch sichtbar (R2). Bei einer Person war der Status der Resektionsränder unklar, bei 4 Personen unbekannt. Insano Resektionen zeigten sich vermehrt bei geringer Ausdehnung des Primärtumors. Bei 17 von 18 Tumoren (94,4 %) der T-Stadien pT1 und pT2 gelang eine R0-Resektion, dagegen war die Resektion bei 33,3 % (8/24) der Karzinome in den T-Stadien pT3 und pT4 unvollständig (R1 oder R2). Dieser Zusammenhang verfehlte jedoch das Signifikanzniveau (p=0,063). 3.7.1 Parotidektomie Abbildung 7: Prozentualer Anteil der jeweiligen Art und Radikalität der Parotidektomie bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=41, 1 Fall wurde aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). 26 Unterschieden wurden die totale Parotidektomie, die radikale Parotidektomie mit und ohne Rekonstruktion des N. facialis mithilfe eines Nerveninterponats, sowie die partielle Parotidektomie, zu der sowohl die laterale als auch die subtotale Entfernung der Glandula parotis gezählt wurde. Ein Fall wurde aufgrund der unbekannten Ausdehnung der Operation von den Berechnungen ausgeschlossen. Eine totale Parotidektomie fand in 19/41 Fällen statt. Weitere 19/41 Patienten erhielten eine radikale Parotidektomie, darunter 11 ohne Nerveninterponat und 8 modifiziert radikal mit Nerveninterponat. Die Rekonstruktion des N. facialis wurde hierbei jeweils in 4 Fällen mit Hilfe des N. suralis und des N. auricularis durchgeführt. Bei 3/41 Patienten wurde lediglich eine laterale bzw. partielle Parotidektomie durchgeführt. Alle diese Patienten waren in fortgeschrittenem Lebensalter und wurden anschließend einer adjuvanten Strahlentherapie unterzogen. Die radikale Parotidektomie wurde vorwiegend in höheren Tumorstadien angewandt. Die totale Parotidektomie dagegen fand auch bei niedrigeren Stadien statt. Es konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Ausdehnung der Parotidektomie und den Tumorstadien I-IV festgestellt werden (p=0,007). 3.7.2 Neck Dissection Bei 83,3 % der Patienten (35/42) wurde eine Neck Dissection durchgeführt. Darunter waren 27 selektive Neck Dissections und 8 modifiziert radikale Neck Dissections. [34] Die modifiziert radikale Neck Dissection wurde überwiegend bei Karzinomen in höheren Tumorstadien angewandt, bei der selektiven Neck Dissection konnte keine Tendenz erkannt werden, sie kam bei allen Tumorstadien vor. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Tumorstadien und der Neck Dissection bestand nicht (p=0,334). Dennoch konnte ein starker Trend zum radikalen Vorgehen bei höheren Stadien festgestellt werden, d.h. in Stadium I/II wurde lediglich bei einem Patienten eine modifiziert radikale Neck Dissection durchgeführt, wohingegen diese bei 7/24 Patienten mit Stadium III/IV eingesetzt wurde. 27 Tabelle 11: Anzahl der durchgeführten Neck Dissections in Abhängigkeit vom Tumorstadium bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Tumorstadium I keine Neck Dissection selektiv modifiziert radikal Gesamt II Gesamt III IV 2 1 2 2 7 5 9 5 8 27 0 1 1 6 8 7 11 8 16 42 Betrachtet man den Zusammenhang zwischen Neck Dissection und histologischem Lymphknotenstatus, so erweist sich dieser als signifikant (p=0,010). In höheren NStadien (pN2) wurde vorwiegend die modifiziert radikale Neck Dissection angewandt, sie fand in 5/7 Fällen statt. Bei niedrigeren N-Stadien (pN0, pN1) wurde sie nur bei 3/34 Patienten durchgeführt, dort kam vorwiegend die selektive Neck Dissection mit Schonung aller nicht-lymphatischen Strukturen zum Einsatz (25/34). 3.8 Postoperative Beschwerden 83,3 % (35/42) der Patienten klagten über postoperative Beschwerden. 6 Patienten litten an Schmerzen im Bereich des Operationsfeldes. In 3 Fällen entwickelte sich eine Speichelfistel, bei 7 Patienten trat ein symptomatisches Frey-Syndrom, also Kauschwitzen, auf. Den betroffenen Patienten wurde eine intrakutane BotulinumToxin A Therapie angeboten. Diese wurde von 2 Patienten wahrgenommen, die übrigen 5 Patienten lehnten die Therapie bei geringem Leidensdruck ab. Eine temporäre Facialisparese war in 82,1 % (32/39) der Fälle zu beobachten, in 23/32 Fällen bildete sie sich zurück. Somit lag 6 Monaten postoperativ bei 27/38 (71,1 %) Patienten eine Normalfunktion oder eine leicht- bis mittelgradige Parese des N. facialis vor (HB I-III). [34] In 25,0 % (9/36) der Fälle blieb auch 12 Monate nach der Operation eine höhergradige Parese (HB IV-VI) bestehen. Es war ein Anstieg des Anteils an Normalbefunden des N. facialis von 17,9 % direkt nach der Operation auf 44,7 % nach 6 Monaten und 55,6 % nach 12 Monaten zu beobachten. 28 Abbildung 8: Prozentualer Anteil an Facialisparesen im Anschluss an die Operation und 6 Monate postoperativ bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=38, 4 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). (In Anlehnung an den House-Brackmann-Score 1=Normalbefund, 2=leichte Parese, 3=Lidschluss noch möglich, 4=Lidschluss nicht mehr möglich, 5=hochgradige Parese, 6= keinerlei Restbewegung [28]). Es bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen postoperativen Beschwerden und der durchgeführten Parotidektomie (p=0,007). Alle Patienten, bei denen eine radikale Parotidektomie angewandt worden war, klagten anschließend über Beschwerden (19/19). Bei der totalen Parotidektomie lag die Zahl bei 15/19 (78,9 %). Abbildung 9: Häufigkeit von postoperativen Beschwerden (Facialisparese, Schmerzen, Frey-Syndrom, Speichelfistel) in Abhängigkeit von der Ausdehnung der Parotidektomie bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=41, 1 Fall wurde aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). 29 Abbildung 10: Befund des N. facialis 6 Monate nach der Operation in Abhängigkeit von der Ausdehnung der Parotidektomie bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=38, 4 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). Eine bleibende höhergradiger Facialisparese (HB IV-VI) bestand ausschließlich bei Patienten, die zuvor eine radikale Parotidektomie erhalten hatten. Nach 6 Monaten lag der Anteil an höhergradigen Facialisparesen in dieser Gruppe bei 68,8 %. 4/7 der Patienten mit Nerveninterponat wiesen nach 12 Monaten eine Parese Grad III oder weniger auf. Bei 81,8 % der Patienten mit nervenerhaltender Operation (partielle oder totale Parotidektomie) lag 12 Monate postoperativ ein Normalbefund des N. facialis vor. Tabelle 12: Prozentualer Anteil an Patienten mit postoperativer Facialisparese nach nervenerhaltender Operation (partielle oder totale Parotidektomie), radikaler Parotidektomie oder radikaler Operation mit Nerveninterponat, unmittelbar nach der Operation, nach 6 Monaten und nach 12 Monaten bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=38, 4 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). House-Brackmann-Score: I: Normalbefund, II: leichte Parese, III: Lidschluss noch möglich, IV: Lidschluss nicht mehr möglich, V: hochgradige Parese, VI: keinerlei Restbewegung [29]. postoperativer Befund des N. facialis (House-Brackmann-Score) direkt nach OP nach 6 Monaten nervennervenerhaltend radikal Interponat erhaltend radikal nach 12 Monaten nervenInterponat erhaltend radikal Interponat I 28,6% 0,0% 0,0% 76,2% 0,0% 0,0% 81,8% 0,0% 16,7% II 38,1% 0,0% 28,6% 14,3% 0,0% 42,9% 9,1% 0,0% 16,7% III 14,3% 10,0% 14,3% 9,5% 11,1% 14,3% 9,1% 0,0% 33,3% IV 14,3% 0,0% 14,3% 0,0% 11,1% 14,3% 0,0% 42,9% 16,7% V 4,8% 40,0% 28,6% 0,0% 33,3% 14,3% 0,0% 14,3% 0,0% VI 0,0% 50,0% 14,3% 0,0% 44,4% 14,3% 0,0% 42,9% 16,7% 30 Beim Vergleich der einzeitig- und zweizeitig-operierten Patienten hinsichtlich der postoperativen Facialisfunktion zeigt sich, gemäß den niedrigeren Tumorstadien und einer daraus resultierenden höheren Anzahl an nervenschonenden Parotidektomien auf Seiten der zweizeitigen Gruppe im Gegensatz zu vermehrt radikalerem Vorgehen in der einzeitigen Gruppe (Tabelle 10), ein besseres Outcome der Gruppe der zweizeitig operierten Patienten. Nach 6 Monaten lagen in der einzeitigen Gruppe 33,3 % (7/21) höhergradige Paresen vor, während der Wert bei den zweizeitig Operierten bei 23,5 % (4/17) lag. Nach 12 Monaten wurden Anteile von 33,3 % und 13,3 % festgestellt. [34] Tabelle 13: Prozentualer Anteil an Patienten mit postoperativer Facialisparese nach ein- oder zweizeitiger Operation, unmittelbar nach der Operation, nach 6 Monaten und nach 12 Monaten bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=38, 4 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). House-Brackmann-Score: I: Normalbefund, II: leichte Parese, III: Lidschluss noch möglich, IV: Lidschluss nicht mehr möglich, V: hochgradige Parese, VI: keinerlei Restbewegung. (Erstveröffentlichung in: Lempenauer M, Thierauf J, Scheithauer M, Hoffmann T K, Veit J: Primäre Parotiskarzinome: Einfluss einer zweizeitigen Operation auf das onkologisches Outcome. Laryngo-RhinoOtologie (2015)) © Georg Thieme Verlag KG [34] postoperativer Befund des N. facialis (House-Brackmann-Score) direkt nach OP einzeitig zweizeitig nach 6 Monaten einzeitig zweizeitig nach 12 Monaten einzeitig zweizeitig I 13,6% 23,5% 38,1% 52,9% 52,4% 60,0% II 27,3% 23,5% 14,3% 17,6% 4,8% 13,3% III 13,6% 11,8% 14,3% 5,9% 9,5% 13,3% IV 4,5% 17,6% 4,8% 5,9% 19,0% 0,0% V 22,7% 11,8% 14,3% 5,9% 4,8% 0,0% VI 18,2% 11,8% 14,3% 11,8% 9,5% 13,3% 3.9 Adjuvante Therapie 27/42 Patienten (64,3 %) erhielten im Anschluss an ihre Operation eine adjuvante Strahlentherapie. Bei zwei Patienten wurde ergänzend dazu eine systemische Chemotherapie oder Antikörpertherapie durchgeführt. Vergleicht man die Tumorstadien I und II mit den Stadien III und IV so wurde die adjuvante Therapie in den höheren Stadien mit einem Prozentsatz von 83,3 % signifikant (p=0,006) häufiger eingesetzt als in den niedrigeren Stadien mit 38,9 %. Die zusätzliche Chemo-/Antikörpertherapie kam nur bei Karzinomen im Stadium IV zum Einsatz. 31 Tabelle 14: Anzahl der durchgeführten adjuvanten Therapien bezogen auf das Tumorstadium bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Tumorstadium I adjuvante Strahlentherapie Gesamt II Gesamt III IV nein 6 5 2 2 15 ja 1 6 6 12 25 + Chemo-/Antikörpertherapie 0 0 0 2 2 7 11 8 16 42 Im Hinblick auf den Differenzierungsgrad der Karzinome wurde bei 8/9 gering- bzw. undifferenzierten Karzinomen (88,9 %) eine Strahlentherapie durchgeführt. Bei den gut bis mäßig differenzierten Karzinomen fand diese in 60,0 % (15/25) der Fälle statt. Eine ergänzende Chemo- oder Antikörpertherapie wurde ausschließlich bei schlecht- oder undifferenzierten Karzinomen angewandt. Ein signifikanter Zusammenhang konnte nicht festgestellt werden. Abbildung 11: Durchgeführte adjuvante Therapien in Abhängigkeit vom Differenzierungsgrad der Karzinome bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42); G1/2 = gut-/ mäßig differenziert; G3/4 = gering-/ undifferenziert. (AK = Antikörper) 32 Des Weiteren zeigte sich, dass bei positiven Resektionsrändern immer eine adjuvante Strahlentherapie durchgeführt wurde. Bei negativem Status der Resektionsränder wurde dagegen lediglich in 42,9 % (12/28) der Fälle nachbestrahlt. Es bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Status der Resektionsränder und der Durchführung einer adjuvanten Strahlentherapie (p=0,018). Tabelle 15: Anzahl der durchgeführten adjuvanten Strahlentherapien im Zusammenhang mit dem Status der Resektionsränder bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=37, 5 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). Resektionsränder negativ adjuvante Strahlentherapie Gesamt positiv nein 12 0 12 ja 15 8 23 1 1 2 28 9 37 + Chemo-/Antikörpertherapie Gesamt Auch der Zusammenhang zwischen Perineuralscheideninfiltration und adjuvanter Strahlentherapie erwies sich als signifikant (p=0,005). Nur eine Person mit infiltrierter Perineuralscheide wurde postoperativ nicht bestrahlt, die übrigen 93,3 % (14/15) erhielten eine adjuvante Strahlentherapie. Von den Patienten ohne Infiltration der Perineuralscheide unterzog sich knapp die Hälfte (12/25) einer postoperativen Bestrahlung. Abbildung 12: Durchgeführte adjuvante Therapien eingeteilt nach dem Status der Perineuralscheide bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=40, 2 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). (AK = Antikörper) 33 3.10 Sensitivitäten von Tumorbiopsien In 30 von 42 Fällen (71,4 %) wurde zur Diagnoseabklärung präoperativ eine Biopsie durchgeführt. In 15 Fällen entsprach diese einer Stanzbiopsie oder Grobnadelpunktion (GNP), in 14 Fällen einer Feinnadelaspirationszytologie (FNAC) [34]. In einem Fall fand eine offene Probeentnahme statt. Die FNAC war bezogen auf die Malignität in 3 von 14 Fällen positiv. Bei zwei der 14 Patienten war eine Festlegung zwischen benigne und maligne nicht möglich. Eine exakte Diagnose bezüglich der Histologie konnte in keinem der Fälle gestellt werden. Die GNP zeigte mit 8 von 15 als maligne erkannten Entnahmen eine bessere aber immer noch geringe Erfolgsquote. Bei 6/8 dieser positiven Biopsien wurde zudem die Tumorentität richtig diagnostiziert, in den übrigen 2 Fällen wurde keine Aussage zur Tumorentität getroffen. Bei 1/15 Grobnadelpunktionen enthielt die Stanze nur negatives Hautgewebe. 2 negative Fälle wurden durch eine offene Probeentnahme ergänzt, bei der die Malignität festgestellt werden konnte. Tabelle 16: Anzahl der durchgeführten Biopsien und deren Ergebnissen bezüglich der Malignität bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=30, es wurden nur Fälle mit durchgeführter Biopsie beachtet). (FNAC = Feinnadelaspirationszytologie; GNP = Grobnadelpunktion) Biopsie-Ergebnis nicht-maligne Biopsie Gesamt maligne Gesamt keine Aussage FNAC 9 3 2 14 GNP 6 8 1 15 offene Probeentnahme 0 1 0 1 15 12 3 30 34 Die Analyse der Biopsie-Ergebnisse hinsichtlich der Tumorentität ergab, dass die FNAC ein Azinuszellkarzinom, ein Basalzelladenokarzinom und ein Karzinom der Gruppe der sonstigen Karzinome als maligne identifizieren konnte. Die übrigen Tumoren wurden entweder als nicht-maligne eingestuft oder es konnte keine Aussage zur Dignität getroffen werden. Abbildung 13: Biopsie-Ergebnisse der Feinnadelaspirationszytologie (FNAC) eingeteilt nach den Tumorentitäten bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=14, es wurden nur Fälle mit durchgeführter FNAC beachtet). Die GNP hatte bei den Adenokarzinomen in Bezug auf die Dignität eine Erfolgsquote von 83,3 % (5/6). Plattenepithel- und Azinuszellkarzinome hingegen konnten nicht als maligne erkannt werden. Beim Karzinom im pleomorphen Adenom konnte durch die GNP die Malignität in beiden Fällen richtig erkannt werden, eine korrekte Diagnosestellung fand jedoch nur in einem Fall statt. Auch bei einem Adenokarzinom konnte die Malignität zwar erkannt, eine spezifische Diagnose jedoch nicht gestellt werden. 35 Abbildung 14: Biopsie-Ergebnisse der Grobnadelpunktionen (GNP) eingeteilt nach Tumorentitäten bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=15, es wurden nur Fälle mit durchgeführter GNP beachtet). Unter Ausschluss der beiden Punktionen, zu denen keine Aussage getroffen werden konnte, ergab sich aus den erhobenen Werten für die FNAC in diesem Patientenkollektiv eine Sensitivität bezogen auf die Erkennung der Malignität von 25,0 % (3/12), bei der GNP entsprach die Sensitivität 57,1 % (8/14). Hinsichtlich der richtigen Diagnosestellung konnte die FNAC bei diesen Fällen keine richtige Aussage treffen. Die GNP hatte eine Erfolgsquote von 42,9 % (6/14). Die falschnegative Rate lag für die FNAC bei 75,0 % (9/12), für die GNP betrug sie 42,9 % (6/14). 36 3.11 Rezidive „Im untersuchten Patientenkollektiv trat in 11/42 Fällen [(26,2 %)] während des Follow-ups ein Rezidiv der Erkrankung auf. Bei 4 Patienten bestand dieses aus einem Lokalrezidiv, in 3 Fällen bildeten sich Fernmetastasen, bei 2 Patienten entwickelten sich sowohl ein Lokalrezidiv als auch Fernmetastasen. 2 weitere Patienten litten an Fern- und Halslymphknotenmetastasen.“ [34] In einem Fall hatte das Karzinom schon bei Diagnosestellung fernmetastasiert. Die Fernmetastasierung der Karzinome erfolgte vorwiegend ossär und pulmonal, des Weiteren traten adrenale und cerebrale Metastasen auf. Abbildung 15: Prozentualer Anteil der Rezidive am Patientenkollektiv bei Abschluss der Datenerhebung bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). 37 3.12 Analyse der rezidivfreien Überlebenszeit Abbildung 16: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit innerhalb von 10 Jahren nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der früheste Zeitpunkt eines Rezidivs betrug im untersuchten Kollektiv 2 Monate, der späteste Zeitpunkt 10 ½ Jahre. Der Medianwert lag bei 19,5 Monaten. 72,7 % (8/11) der Rezidive traten innerhalb der ersten 3 Jahre auf, innerhalb von 5 Jahren waren es 81,8 % (9/11). Die rezidivfreie 1-Jahres-Überlebensrate liegt nach dem Kaplan-Meier-Schätzer bei 89,3 %. Betrachtet man die rezidivfreie 3-JahresÜberlebensrate so ergibt sich ein Wert von 73,5 %, die rezidivfreie 5-JahresÜberlebensrate beträgt 68,6 % [34]. 38 3.12.1 Alter In der Gruppe der Patienten unter 65 Jahren litten 27,3 % (6/22) der Patienten an einem Rezidiv des Parotiskarzinoms. Unter den Patienten ab 65 Jahren lag der Wert bei 25,0 % (5/20). Es war zu beobachten, dass die Rezidive in der Gruppe der Patienten ab 65 Jahren früher eintraten, ein signifikanter Unterschied konnte jedoch nicht festgestellt werden. Die rezidivfreien 1- und 3-Jahres-Überlebensraten betragen nach dem Kaplan-Meier-Schätzer bei den Patienten unter 65 Jahren 95,2 % und 76,9 %, ab 65 Jahren liegen sie bei 83,5 % und 73,0 %. p=0,719 Abbildung 17: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit bezogen auf das Alter bei Diagnosestellung innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im Log-Rank-Test war nicht signifikant (p=0,719). 39 3.12.2 Geschlecht p=0,112 Abbildung 18: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit bezogen auf das Geschlecht innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im Log-Rank-Test war nicht signifikant (p=0,112). Bei 10/29 (34,5 %) Männern und 1/13 (7,7 %) Frauen trat ein Rezidiv des Karzinoms auf. Dennoch ergab sich hinsichtlich der rezidivfreien Überlebenszeit kein signifikanter Unterschied (p=0,112). Die rezidivfreien 1-Jahres-Überlebensraten sind mit 88,4 % bei den Männern und 91,7 % bei den Frauen fast identisch. Danach zeigen die Männer jedoch eine schlechtere rezidivfreie Überlebensrate. Die rezidivfreie 3-Jahres-Überlebensrate ist mit 56,6 % deutlich niedriger als die der Frauen, die bei 91,7 % bleibt. 40 3.12.3 Präoperative Facialisparese Patienten mit einer präoperativen Facialisparese entwickelten zu 33,3 % (3/9) ein Rezidiv, bei den Patienten ohne Parese lag die Rezidivrate bei 21,4 % (6/28). Es konnte keine signifikante Verkürzung der rezidivfreien Überlebenszeit durch eine präoperative Facialisparese festgestellt werden. Dennoch zeigte sich ein Trend: Im untersuchten Kollektiv lag die rezidivfreie 3-Jahres-Überlebensrate der Patienten mit präoperativer Facialisparese mit 65,6 % unterhalb derer ohne Parese (80,8 %). p=0,639 Abbildung 19: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit bezogen auf den präoperativen Befund des N. facialis innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=37, 5 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im LogRank-Test war nicht signifikant (p=0,639). 41 3.12.4 Tumorentitäten Abbildung 20: Aufgetretene Rezidive eingeteilt nach Tumorentitäten bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Sowohl unter den Mukoepidermoidkarzinomen, mit einer medianen Follow-up-Zeit von 68,5 Monaten, als auch unter den Plattenepithelkarzinomen (mediane Followup-Zeit von 12 Monaten) trat kein Rezidiv auf. Die Rezidivquote der Azinuszellkarzinome lag bei 20,0 % (1/5). Neben den Mukoepidermoidkarzinomen wiesen auch diese eine rezidivfreie 3-Jahres-Überlebensrate von 100 % auf. Die adenoidzystischen Karzinome entwickelten in 3/5 Fällen (60,0 %) ein Rezidiv, darunter ein Lokalrezidiv, in einem Fall Fernmetastasen und in einem Fall Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen. Mit 126 Monaten lag bei dieser Entität das am spätesten beobachtete Rezidiv des untersuchten Kollektivs vor. Die Patienten mit Adenokarzinom erlitten zu 25,0 % (3/12) ein Rezidiv. Dabei zeigte sich das Früheste nach 11 Monaten, das Späteste nach 35 Monaten. Das früheste Rezidiv gehörte zu den Karzinomen in pleomorphem Adenom, die eine Rezidivrate von 25,0 % (1/4) aufwiesen. Es wurde 2 Monate nach chirurgischer Entfernung des Primärtumors diagnostiziert, in diesem Fall muss von einer Tumorpersistenz gesprochen werden. Die höchste Rezidivquote hatte die Gruppe der sonstigen Karzinome, diese betrug 66,7 % (2/3). 42 Abbildung 21: Zeitpunkt der aufgetretenen Rezidive (+) nach chirurgischer Entfernung des Primärtumors bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 eingeteilt nach Tumorentität (n=42). Das mediane rezidivfreie Überleben der einzelnen Tumorentitäten wird in Tabelle 17 angegeben. Aufgrund der z.T. geringen Fallzahlen wird auf die graphische Abbildung von Kaplan-Meier-Kurven verzichtet. Die höchste mediane rezidivfreie Überlebenszeit wiesen die adenoidzystischen Karzinome auf. Die Geringste fand sich bei der Gruppe der sonstigen Karzinome. Bei einigen Tumorentitäten konnte die mediane rezidivfreie Überlebenszeit angesichts zu weniger Ereignisse nicht bestimmt werden. Tabelle 17: Mediane rezidivfreie Überlebenszeiten der einzelnen Tumorentitäten nach dem Kaplan-MeierSchätzer und Rezidivzeitpunkt bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Werte, die aufgrund zu weniger Ereignisse nicht bestimmt werden konnten, wurden mit einem Stern markiert. Tumorentität mediane rezidivfreie Überlebenszeit (Monate) Rezidivzeitpunkt (Monate) Adenokarzinom * 11 - 35 Plattenepithelkarzinom * - Mukoepidermoidkarzinom * - 41 41 * 19 78 12 - 126 * 2 20 7 - 20 Azinuszellkarzinom Basalzelladenokarzinom Adenoidzystisches Karzinom Karzinom in pleomorphem Adenom Sonstige 43 3.12.5 Tumorstadium Zur Analyse der rezidivfreien Überlebenszeit wurden die Tumorstadien in zwei Gruppen, Stadium I/II und Stadium III/IV, eingeteilt. In den niedrigeren Stadien (I/II) war in 16,7 % (3/18) der Fälle ein Rezidiv zu beobachten. Die Rezidivrate der höheren Stadien (III/IV) betrug 33,3 % (8/24). Beschränkt man die Betrachtung der Ereignisse auf 5 Jahre, so erhält man einen deutlichen Vorteil der niedrigeren Stadien, der jedoch keine Signifikanz aufweist (p=0,104). Die rezidivfreien 1- und 3Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeiten der Stadien I/II betragen 100 % und 83,3 %, die der Stadien III/IV 80,7 % und 65,2 %. p=0,104 Abbildung 22: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit aufgeteilt nach Tumorstadien innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im Log-Rank-Test erwies sich nicht als signifikant (p=0,104). 44 3.12.6 Lymphknotenstatus Einen signifikanten Einfluss auf das rezidivfreie Überleben hatte der Lymphknotenstatus der Patienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose (p=0,001) [34]. Patienten mit histologisch befallenen Lymphknoten entwickelten zu 33,3 % (3/9) ein Rezidiv. Bei negativem Lymphknotenstatus trat in 10,7 % (3/28) der Fälle ein Rezidiv auf. Betrachtet man die rezidivfreien 1- und 3-Jahres-Überlebensraten, so betragen diese nach dem Kaplan-Meier-Schätzer bei einem negativen Lymphknotenstatus 96,0 % und 90,0 %. Bei positivem Status verändern sich die Werte zu 76,2 % bei 1 Jahr und 38,1 % bei 3 Jahren. p=0,001 Abbildung 23: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit eingeteilt nach Lymphknotenstatus bei Diagnosestellung innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=37, 5 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im Log-Rank-Test erwies sich als signifikant (p=0,001). 45 3.12.7 Grading Der Differenzierungsgrad der Karzinome stellt einen weiteren Parameter dar, der einen Einfluss auf das rezidivfreie Überleben aufweist. Der Unterschied zwischen gut bis mäßig differenzierten Karzinomen, und gering- oder undifferenzierten Karzinomen erwies sich im Log-Rank-Test als signifikant (p<0,001) [34]. 5/9 (55,6 %) Patienten mit einem schlecht- oder undifferenzierten Karzinom litten an einem Rezidiv. Bei den gut bis mittelgradig differenzierten Karzinomen waren es 12,0 % (3/25). Unter den Patienten mit unbekanntem Differenzierungsgrad lag die Rezidivquote bei 37,5 % (3/8). Die rezidivfreien Überlebensraten liegen bei den gut bis mäßig differenzierten Karzinomen bei 100 % und 87,4 % (1 und 3 Jahre), bei den gering- / undifferenzierten Karzinomen entsprechen sie 66,7 % und 22,2 %. P<0,001 Abbildung 24: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit hinsichtlich der Differenzierungsgrade innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=34, 8 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen); G1/2 = gut-/ mäßig differenziert; G3/4 = gering-/ undifferenziert. Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im Log-Rank-Test erwies sich als signifikant (p<0,001). 46 3.12.8 Perineuralscheideninfiltration Zwischen den Patienten mit Infiltration der Perineuralscheide durch das Karzinom und denen ohne Infiltration konnte hinsichtlich der rezidivfreien Überlebenszeit kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Patienten mit infiltrierter Perineuralscheide entwickelten in 4/15 Fällen (26,7 %) ein Rezidiv des Karzinoms, unter den Patienten ohne Perineuralscheideninfiltration betrug die Rezidivrate 20,0 % (5/25). Die rezidivfreie 1-Jahres-Überlebensrate ist in beiden Gruppen, 95,8 % ohne Infiltration und 90,0 % mit Infiltration, etwa gleich. Mit 84,9 % im Gegensatz zu 56,3 % ist die rezidivfreie 3-Jahres-Überlebensrate bei den Patienten ohne Perineuralscheideninfiltration jedoch höher. p=0,339 Abbildung 25: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit abhängig vom Status der Perineuralscheideninfiltration innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=40, 2 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen). Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im Log-Rank-Test war nicht signifikant (p=0,339). 47 3.12.9 Ein-/zweizeitige Operation Bei der Unterscheidung zwischen ein- und zweizeitiger Operation zeigte die zweite Operation - bei initial klinisch inapparenten primären Parotiskarzinomen - keinen negativen Einfluss auf die rezidivfreie Überlebenszeit. Die Patienten mit zweizeitigem Vorgehen wiesen, entsprechend der günstigeren Verteilung der Tumorstadien und Entitäten, sogar eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit auf. 8/24 Patienten (33,3 %) mit einer einzeitigen Operation litten an einem Rezidiv. Bei den Patienten mit einer zweizeitigen Operation waren es lediglich 3/18 (16,7 %). Das rezidivfreie 1-Jahres-Überleben der Patienten mit einer zweiten Operation liegt nach dem Kaplan-Meier-Schätzer bei 92,9 %, die rezidivfreie 3- und 5- JahresÜberlebenswahrscheinlichkeit bei 84,4 %, wohingegen die Werte der einzeitigen Operationen 86,5 % (1 Jahr), 64,5 % (3 Jahre) und 56,5 % (5 Jahre) betragen. Der Unterschied zwischen den rezidivfreien Überlebenszeiten war nicht signifikant (p=0,163). [34] p=0,163 Abbildung 26: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit mit der Unterscheidung zwischen einzeitiger und zweizeitiger Operation innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im Log-Rank-Test war nicht signifikant (p=0,163). (Erstveröffentlichung in: Lempenauer M, Thierauf J, Scheithauer M, Hoffmann T K, Veit J: Primäre Parotiskarzinome: Einfluss einer zweizeitigen Operation auf das onkologisches Outcome. Laryngo-RhinoOtologie (2015)) © Georg Thieme Verlag KG [34] 48 Abbildung 27 stellt das rezidivfreie Überleben bezogen auf die lokale und lokoregionäre Kontrolle dar, ohne Berücksichtigung der Fernmetastasen. Die Gruppe der zweizeitig Operierten, in der 2/18 (11,1 %) Lokalrezidive auftraten, wies dabei weiterhin eine bessere Prognose auf. In der Gruppe der Patienten mit einer einzeitigen Operation betrug die Rate an lokalen und lokoregionären Rezidiven 25,0 % (6/24). Der Unterschied war nicht signifikant (p=0,220). p=0,220 Abbildung 27: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit mit der Unterscheidung zwischen einzeitiger und zweizeitiger Operation innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Berücksichtigt wurden nur lokale und lokoregionäre Rezidive. Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im Log-Rank-Test war nicht signifikant (p=0,220). Betrachtet man nur die Patienten, bei denen lokale und lokoregionäre Rezidive auftraten, so fällt auf, dass sich 83,3 % (5/6) der einzeitig Operierten bei Erstdiagnose bereits in einem hohen Tumorstadium (III/IV) befanden. 49 3.12.10 Resektionsränder p=0,029 Abbildung 28: Kaplan-Meier-Kurve der rezidivfreien Überlebenszeit bezogen auf den Status der Resektionsränder innerhalb der ersten 5 Jahre nach Tumoroperation bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=37, 5 Fälle wurden aufgrund fehlender Angaben ausgeschlossen); R0 = freie Resektionsränder, R+ = befallene Resektionsränder. Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Follow-up vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Der Unterschied im Log-Rank-Test erwies sich als signifikant (p=0,029). Die Analyse der rezidivfreien Überlebenszeit hinsichtlich des Status der Resektionsränder nach der Operation ergab in der Gruppe der Patienten mit freien Resektionsrändern höhere rezidivfreie Überlebensraten. Lag eine komplette Resektion mit freien Resektionsrändern vor (R0), so entwickelten die Patienten in 10,7 % (3/28) der Fälle ein Rezidiv. Bei befallenen Resektionsrändern (R+, bestehend aus R1 und R2) trat bei 3/9 (33,3 %) Patienten ein Rezidiv auf. Im Vergleich dieser beiden Gruppen zeigte sich ein signifikanter Unterschied in der rezidivfreien Überlebenszeit (p=0,029). Unter den Patienten mit R0-Status betragen die rezidivfreien 1- und 3-Jahres-Überlebensraten 96,0 % und 90,0 %. Bei positiven Resektionsrändern belaufen sich beide Werte auf 76,2 %. 50 3.12.11 Rezidivfreie Überlebensraten Die untenstehende Tabelle 18 liefert einen Überblick über die rezidivfreien 1-, 3und 5-Jahres-Überlebensraten im Hinblick auf die untersuchten Parameter. Tabelle 18: Rezidivfreie 1-, 3- und 5-Jahres-Überlebensraten im Hinblick auf die untersuchten Parameter bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Signifikante Werte sind mit einem Stern markiert. Rezidivfreie Überlebenszeit 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Gesamtes Patientenkollektiv 89,3 % 73,5 % 68,6 % Geschlecht weiblich 91,7 % 91,7 % 91,7 % männlich 88,4 % 63,6 % 56,6 % unter 65 95,2 % 76,9 % 69,2 % ab 65 83,5 % 73,0 % 73,0 % nein 92,0 % 80,8 % 73,4 % ja 87,5 % 65,6 % 65,6 % I/II 100,0 % 91,7 % 91,7 % III/IV 80,7 % 65,2 % 57,0 % negativ 100,0 % 85,9 % 80,2 % positiv 67,5 % 0,0 % 0,0 % G1/2 100,0 % 87,4 % 87,4 % G3/4 66,7 % 22,2 % 22,2 % nicht infiltriert 95,8 % 84,9 % 77,8 % infiltriert 90,0 % 56,3 % 56,3 % einzeitig 86,5 % 64,5 % 56,5 % zweizeitig 92,9 % 84,4 % 84,4 % R0 96,0 % 90,0 % 90,0 % R+ 76,2 % 76,2 % 38,1 % Alter (Jahre) präoperative Facialisparese Tumorstadium Lymphknotenstatus Differenzierungsgrad Perineuralscheide Operation Status der Resektionsränder p-Wert 0,112 0,719 0,639 0,104 0,001* < 0,001* 0,339 0,163 0,029* 3.12.12 Multivariate Analyse In die multivariate Analyse wurden der Status der Resektionsränder, der Lymphknotenstatus und der Differenzierungsgrad der Karzinome aufgenommen, da diese Faktoren im Log-Rank-Test einen signifikanten Einfluss auf die rezidivfreie Überlebenszeit aufwiesen. In der multivariaten Cox-Regressions-Analyse blieb dabei der Einfluss keiner Variablen durchgängig signifikant. 51 3.13 Gesamtüberleben Abbildung 29: Kaplan-Meier-Kurve des Gesamtüberlebens innerhalb von 10 Jahren nach Tumoroperation und Adjuvanz bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). Bei Zensierung wurden die Patienten der weiteren statistischen Berechnung entzogen, wenn kein weiteres Followup vorlag und bis zum Auswertungszeitpunkt kein Rezidiv auftrat. Innerhalb der beobachteten 10 Jahre, von 2004 bis 2014, verstarben 6 der 42 Patienten (14,3 %). Alle 6 verstarben innerhalb von 5 Jahren nach Diagnosestellung, dabei trat der früheste Todesfall nach einem Jahr auf, der späteste nach knapp 4 Jahren. Betroffen waren 1/13 (7,7 %) der Frauen und 5/29 (17,2 %) der Männer. Nach dem Kaplan-Meier-Verfahren erhält man für die 1Jahres-Gesamtüberlebensrate im untersuchten Kollektiv einen Wert von 94,7 %, die 3-Jahres-Gesamtüberlebensrate beträgt 88,5 % und die 5-Jahres- Gesamtüberlebensrate 80,1 % [34]. 3 der Verstorbenen hatten Fernmetastasen, in einem weiteren Fall lagen schon bei Diagnosestellung Fernmetastasen vor. In 3 der Todesfälle litten die Patienten an einem Adenokarzinom, die weiteren Verstorbenen litten an einem Karzinom in pleomorphem Adenom, einem Plattenepithelkarzinom und einem gemischtzelligen Karzinom. 52 Abbildung 30: Todesfälle im untersuchten Kollektiv eingeteilt nach Tumorentitäten bei Patienten mit primärem Parotiskarzinom der Universitätsklinik Ulm von 2004 bis 2014 (n=42). 53 4 Diskussion Das Parotiskarzinom gehört zu den seltenen Formen des Kopf-Hals-Malignoms. In den letzten zehn Jahren (2004-2014) wurden lediglich 59 Fälle von Parotiskarzinomen an der HNO-Klinik der Universität Ulm diagnostiziert und therapiert. Für das hier untersuchte Patientenkollektiv kamen zusätzlich noch 7 Patienten in Frage, bei denen das Karzinom schon früher diagnostiziert wurde, die aber in den besagten Jahren zur Nachsorge kamen. Nach dem Ausschluss von Patienten ohne Operation und Patienten mit einem Primärtumor anderer Genese verblieben 42 Patienten, die in die Studie eingeschlossen werden konnten. [34] Trotz der Spanne von 10 Jahren bezieht sich diese Studie mit 42 Patienten auf ein relativ kleines Patientenkollektiv. Neben der Überprüfung bekannter Prognosefaktoren wie Tumorstadium und Resektionsränder soll vor allem die Frage, ob ein „ungeplantes“ zweizeitiges operatives Vorgehen einen negativen Einfluss auf den klinischen und onkologischen Verlauf aufweist, erörtert werden. Diese Frage ist von nicht unwesentlicher Bedeutung, da ein nicht unerheblicher Anteil der Parotiskarzinome primär nicht als maligne eingestuft wird. Dies betrifft insbesondere frühe Tumorstadien und junge Patienten. Neben weiteren Parametern, die einen möglichen Einfluss auf die rezidivfreie Überlebenszeit aufweisen, wurden zusätzlich prä- und postoperative Beschwerden dokumentiert und die Sensitivität der präoperativen Biopsien untersucht. 4.1 Häufigkeitsverteilungen und Zusammenhänge von Variablen 4.1.1 Alters- und Geschlechtsverteilung Im untersuchten Patientenkollektiv waren mit 72,3 % deutlich mehr Männer vom Parotiskarzinom betroffen als Frauen (27,7 %). Dieser Trend, auch wenn nicht in so deutlicher Weise, wird auch in der Literatur beschrieben. Männer weisen dort mit 0,7 Neuerkrankungen pro 100000 Personen eine höhere jährliche Inzidenz auf als Frauen mit 0,4 pro 100000 [59]. Auf die Karzinome der großen Speicheldrüsen ausgeweitet findet sich in der Literatur, dass Männer ca. 1,5 Mal so häufig betroffen sind wie Frauen [9]. 54 Sowohl das mittlere Erkrankungsalter von 63,7 Jahren als auch der Medianwert von 67 Jahren liegen im oberen Bereich der in der Literatur angegebenen Werte. Dort findet man ein Durchschnittsalter von 53 - 64 Jahren [12, 57, 66, 69] und ein medianes Erkrankungsalter von 53 - 70 Jahren [38, 54, 59, 64]. Ähnlich unserem Kollektiv entspricht auch dort das Erkrankungsalter der Männer in etwa dem der Frauen [9]. Das Mukoepidermoidkarzinom wies mit 40 Jahren, gefolgt vom Azinuszellkarzinom (47 Jahre), das niedrigste mittlere Erkrankungsalter auf. Ebenso lag das adenoidzystische Karzinom mit einem Durchschnittswert von 59 Jahren unter dem Durchschnittsalter im untersuchten Kollektiv. Zu den Erkrankungen mit dem höchsten mittleren Erkrankungsalter gehörten hier das Plattenepithelkarzinom (75 Jahre) und das Basalzelladenokarzinom (74 Jahre). Auch in der Literatur wird beschrieben, dass das Alter bei Erstdiagnose bei Mukoepidermoid-, Azinuszell- und adenoidzystischen Karzinomen niedriger ist als das der Adeno- und Plattenepithelkarzinome, sowie der Karzinome in pleomorphem Adenom [9]. 4.1.2 Symptome Bei lediglich 63,2 % der Patienten waren neben dem Tasten einer Raumforderung noch weitere Symptome vorhanden. Unter den Symptomen waren Schmerzen mit 47,4 % am häufigsten vertreten. Etwas niedrigere Angaben werden in der Literatur mit 21 - 34 % [46, 67] gemacht. Eine Facialisparese trat in 26,3 % der Fälle auf. Dies entspricht in etwa der Häufigkeit, die auch in anderen Studien mit 18 - 20 % [46, 67] festgestellt wurde. Unter dem Aspekt, dass 60,5 % der Patienten entweder über Schmerzen klagten oder an einer Facialisparese litten, scheinen diese beiden Parameter somit relativ sensitiv und wichtig in der klinischen Beurteilung von Patienten zu sein. Die Tumorbeschaffenheit im untersuchten Kollektiv war relativ schlecht dokumentiert. Nur in 60,5 % der Fälle wurden Angaben dazu gemacht. Die Größenprogredienz des Tumors wurde hierbei am häufigsten beschrieben. Daneben wurde von schlecht verschieblichen Tumoren und einer derben Tumorkonsistenz berichtet. Diese Tumorbeschaffenheiten sind auch in der Literatur zu finden. Dort taucht jedoch die derbe Tumorkonsistenz häufiger auf als die Größenprogredienz und die schlechte Verschieblichkeit des Tumors [37, 67]. 55 4.1.3 Tumorentitäten Das Adenokarzinom war mit 28,6 % das Karzinom, das am häufigsten diagnostiziert wurde. Mit 14,3 % entsprach das Mukoepidermoidkarzinom dem zweithäufigsten Karzinom gefolgt vom Azinuszellkarzinom und dem adenoidzystischen Karzinom mit jeweils 11,9 % sowie dem Karzinom in pleomorphem Adenom und Basalzelladenokarzinom (jeweils 9,5 %). Betrachtet man andere Studien, so führt meist das Mukoepidermoidkarzinom, mit Werten zwischen 21 % und 50 %, die Häufigkeitslisten an [9, 36, 54, 66]. Jedoch gibt es auch Studien, in denen das Adenokarzinom gemäß unserer Studie am häufigsten vorkam [46, 57]. Es erreicht in der Literatur prozentuale Anteile von 10 22 % [46, 54]. Das Plattenepithelkarzinom, das hier mit 7,1 % vertreten war, variiert von der Häufigkeit her in den verschiedenen Studien sehr stark. Teilweise erreicht es nur Werte zwischen 0,8 % und 7 % [36, 54, 57], in anderen Studien wiederum taucht es mit 16 - 18,7 % [9, 46] recht häufig auf. Eine Erklärung könnte darin liegen, dass es sich bei den Plattenepithelkarzinomen häufig um Metastasen anderer Primärtumoren v.a. der Gesichts- und Kopfhaut handelt, die jedoch nicht als solche erkannt werden. Demnach sollte in diesen Fällen besonders darauf geachtet werden, ob ein anderer Primärtumor vorliegt. Aus diesem Grund wurden mehrere Plattenepithelkarzinome aus unserer Studie ausgeschlossen. 4.1.4 Tumorstadium Im untersuchten Kollektiv dominierten die höheren Tumorstadien (III/IV) mit einem Anteil von 57,1 %, ähnlich der Häufigkeitsverteilung von Stenner et al. [57] mit 62,7 %. Die Mehrheit der Karzinome erwies sich bereits als fortgeschritten, wenn sich neben der tastbaren Raumforderung weitere Symptome zeigten. Hierbei befand sich das Karzinom in 69,6 % der Fälle bereits in den UICC-Stadien III/IV. Allerdings hingen die Symptome und das Tumorstadium schon allein dahingehend zusammen, dass die Primärausdehnung der Karzinome in einigen Fällen trotz relativ kleiner Tumorgröße von wenigen Zentimetern vom Pathologen aufgrund einer vorhandenen Facialisparese nach oben gestuft wurde (T4a) und somit auch das Tumorstadium anstieg (IVa). 56 4.1.5 Grading 59,5 % der Patienten unseres Kollektivs präsentierten sich mit gut und mittelgradig differenzierten Karzinomen. Dabei waren vor allem die Mukoepidermoid- und Azinuszellkarzinome sowie die Plattenepithelkarzinome gut bis mäßig differenziert. Bezüglich des Azinuszellkarzinoms findet sich die meist gut bis mittelgradige Differenzierung der Karzinome mit niedriger Malignität auch in der Literatur wieder. [6, 19, 59]. Beim Mukoepidermoidkarzinom wird in der Literatur zwischen low-grade (gut differenziert), intermediate-grade (mäßig differenziert) und high-grade (gering- oder undifferenziert) unterschieden. Nimmt man diese Einteilung im hier untersuchten Patientenkollektiv vor, so erhält man 66,7 % Low-grade- und 33,3 % Intermediategrade-Mukoepidermoidkarzinome. High-grade-Karzinome waren nicht vertreten. In anderen Studien machen unter den Mukoepidermoidkarzinomen die Intermediategrade-Karzinome mit 43,5 - 47,4 % den größten Anteil aus, gefolgt von den Highgrade-Karzinomen mit 30,9 - 32,3 % [14, 40]. Der Unterschied in der Häufigkeitsverteilung könnte in der in unserer Studie geringeren Fallzahl an Mukoepidermoidkarzinomen begründet sein. Die höchste Rate an gering- oder undifferenzierten Karzinomen zeigte nach der Gruppe der sonstigen Karzinome das Adenokarzinom. Dies deckt sich mit der Studie von Li et al. [35], in der das Adenokarzinom als aggressiv und oft schlecht differenziert beschrieben wird. Unter den Plattenepithelkarzinomen befanden sich ausschließlich gut bis mäßig differenzierte Karzinome. Dies entspricht den Angaben der Literatur, dass fast alle Plattenepithelkarzinome gut oder mäßig differenziert seien [20]. Bei den adenoidzystischen Karzinomen war das Grading in vier Fällen unbekannt, in einem Fall lag ein mittelgradig differenziertes Karzinom vor. Aufgrund der geringen Fallzahl fällt ein Vergleich mit der Literatur schwer, dort wird von einem höheren Anteil an gut bis mäßig differenzierten Karzinomen berichtet [56]. Die Karzinome in pleomorphem Adenom zeigten hier ein variables Bild, was angesichts der Tatsache, dass sich im Adenom unterschiedliche Karzinome bilden können, nicht verwundert. 57 4.1.6 Perineuralscheideninfiltration Bei 37,5 % der Patienten ergab die histo-pathologische Untersuchung eine Perineuralscheideninfiltration. Zeigten sich bei den Patienten initial Symptome einer Facialisparese, so lag sogar in 87,5 % eine Perineuralscheideninfiltration vor. Es bestand ein signifikanter Zusammenhang. Die Facialisparese erscheint demnach als valider Indikator für eine Infiltration der Perineuralscheide, sowie ein höheres Tumorstadium. Dennoch zeigte nicht jede Perineuralscheideninfiltration diese Symptome. In 21,4 % der Fälle war die Perineuralscheide trotz eines Normalbefundes des N. facialis befallen. 4.1.7 Operation 36,2 % (18/42) der Patienten wurden – ungeplant - zweizeitig operiert, da ursprünglich von einem gutartigen Geschehen ausgegangen wurde. Die Entscheidung zu einer ersten, kleineren Operation basierte in 11/18 Fällen auf der Grundlage einer negativen Biopsie, während bei 7/18 Patienten eine unauffällige klinische Erscheinung ohne Malignitätsverdacht vorlag. Unter den einzeitig operierten Patienten wurde die Malignität in 14/24 Fällen präoperativ bioptisch gesichert oder ein hochgradiger Verdacht auf Malignität festgestellt. In weiteren 10 Fällen ging man aufgrund der klinischen Erscheinung von einem malignen Geschehen aus. Ein wesentlicher Unterschied der beiden Gruppen scheint das vermehrte Auftreten höherer Tumorstadien unter den Patienten mit einzeitiger Operation zu sein, was nachvollziehbar ist, da diese Tumoren vermehrt bereits präoperativ durch eine Facialisparese, Hautinfiltration oder vergrößerte Lymphknoten malignitätsverdächtig erscheinen. Weitere Unterschiede lagen in einem häufigeren Auftreten niedrig- bis undifferenzierter Karzinome in der einzeitigen Gruppe und, vermutlich aufgrund der niedrigeren Tumorstadien, einem höheren Anteil mikroskopisch-negativer Resektionsränder in der zweizeitigen Gruppe verglichen mit den einzeitig operierten Patienten. Zudem zeigte sich in der einzeitigen Gruppe eine höhere Anzahl Adenokarzinome, während die prognostisch günstigeren Mukoepidermoid- und Azinuszellkarzinome vermehrt bei Patienten mit zweizeitigen Operationen zu finden waren. [34] 58 Bei 75,7 % der Patienten war das Ergebnis der Operation eine in-sano Resektion (R0). Die Rate an non-in-sano Resektionen (R+) lag mit 24,3 % sogar unterhalb der Werte anderer Studien, bei denen diese Rate mit 25,5 - 41 % [57, 60] angegeben wurde. Sowohl die totale als auch die radikale Parotidektomie wurde bei 46,3 % der Patienten durchgeführt. Dabei fand eine Rekonstruktion des N. facialis mithilfe eines Nerveninterponats in 42,1 % der radikalen Operationen statt. Eine laterale oder subtotale Parotidektomie wurde in 7,3 % der Fälle eingesetzt. Mit prozentualen Anteilen von 32 - 67,7 % ist die totale Parotidektomie auch in der Literatur unter den Operationen bei malignen Parotistumoren sehr häufig vertreten. Die radikalen Parotidektomien machen dort dagegen nur 9,7 - 29 % aus. [26, 41, 57]. Da im untersuchten Patientenkollektiv ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Ausdehnung der Operation und dem Tumorstadium bestand, ist der große Anteil an radikalen Parotidektomien vermutlich mit dem hier vermehrten Auftreten von höheren Tumorstadien zu begründen. Des Weiteren wurde die radikale Parotidektomie fast immer angewandt, wenn eine präoperative Facialisparese vorlag, was bei 26,3 % der Patienten der Fall war. 83,3 % der Patienten erhielten eine Neck Dissection, in anderen Studien belief sich der Anteil auf 26,2 - 84,3 % [31, 36, 57]. Obwohl der Zusammenhang zwischen Tumorstadien und Neck Dissection nicht signifikant war, ist das häufigere Vorkommen der Tumorstadien III und IV im vorliegenden Kollektiv ein möglicher Erklärungsansatz für den hohen Prozentsatz an durchgeführten Neck Dissections. 77,1 % der durchgeführten Neck Dissections waren selektiv, die übrigen 22,9 % modifiziert radikal. Diese Aufteilung liegt innerhalb der Werte in der Literatur, wo der Anteil an selektiven Neck Dissections mit 53,2 - 87,2 % [36, 38, 57] angegeben wird. Zwischen histologischem Lymphknotenstatus und Neck Dissection konnte ein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden. Je nach Patientenkollektiv kann die Verteilung demnach sehr variieren. In unserem Kollektiv lag vorwiegend das pN0-Stadium vor, weswegen die selektive Neck Dissection, die in diesen Fällen als elektive (prophylaktische) Therapie durchgeführt werden kann, dominierte. 59 4.1.8 Postoperative Beschwerden Postoperativen Beschwerden, zu denen die Facialisparese, Schmerzen (14,3 %), das symptomatische Frey-Syndrom (16,7 %) und Speichelfisteln (7,1%) zählten, traten in 83,3 % der Fälle auf. Dabei erwies sich der Zusammenhang zwischen postoperativen Beschwerden und der Ausdehnung der Operation als signifikant. Nach einer radikalen Parotidektomie traten sie, wie zu erwarten, zu 100 % auf, nach der totalen Parotidektomie zu 78,9 %. Eine postoperative Facialisparese bestand bei 82,1 % der Patienten, 6 Monate nach der Operation waren es noch 55,3 %, die übrigen Paresen hatten sich wieder zurückgebildet. Neben der vollständigen Rückbildung der Parese waren auch Verbesserungen der Gesichtsnervenfunktion zu beobachten. Der Anteil an höhergradigen Facialisparesen (HB IV-VI) sank dabei von 43,6 % auf 25,0 %. Eine Studie von Guntinas-Lichius et al. [23] ergab mit 27 % nach 6 Monaten und Werten unter 10 % nach 12 Monaten noch weit niedrigere Raten an partiellen Facialisparesen nach onkologischer Operation der Glandula parotis. Bei der Unterscheidung zwischen Patienten mit ein- und zweizeitiger Operation zeigte sich in der Gruppe der einzeitig Operierten mit 33,3 % (7/21) höhergradigen Paresen nach 6 und 12 Monaten, im Gegensatz zu 23,5 % (4/17) bzw. 13,3 % in der zweizeitigen Gruppe, eine höhere Rate an postoperativen Facialisparesen. [34] Das hier bessere Outcome der Patienten mit zweizeitigem Vorgehen ist im niedrigeren Anteil an radikalen Parotidektomien von 38,9 % (7/18) verglichen mit 50 % (12/24) bei den einzeitig operierten Patienten begründet. Nach nervenerhaltender Operation zeigten sich 12 Monate postoperativ keine höhergradigen Paresen mehr, weder in der Gruppe der ein- noch der zweizeitig Operierten. Demnach scheint im untersuchten Patientenkollektiv weniger die Anzahl der Operationen, als vielmehr die Radikalität der Operation einen Einfluss auf die postoperative Funktion des N. facialis zu haben. [34] 60 4.1.9 Adjuvante Therapie Eine adjuvante Strahlentherapie wurde im untersuchten Patientenkollektiv bei 64,3 % der Patienten durchgeführt. In zwei Fällen wurde diese durch eine Chemo- oder Antikörpertherapie ergänzt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Entscheidung zur adjuvanten Therapie vom Tumorstadium, dem Status der Perineuralscheide und dem Status der Resektionsränder abhängig war. Zudem wurden fast alle Patienten mit gering- oder undifferenzierten Karzinomen nachbestrahlt. Ebenso verhielt es sich bei den Patienten mit infiltrierter Resektionsrändern. Auch Perineuralscheide Karzinome in und denen höheren mit befallenen Tumorstadien wurden verhältnismäßig häufiger nachbestrahlt. Die Entscheidung hierzu wurde gemeinsam durch Strahlentherapeuten und Kopf-Hals-Chirurgen sowie medizinische Onkologen in einer Tumorkonferenz gefällt. Diese Zusammenhänge entsprechen den Empfehlungen in der Literatur, wann eine adjuvante Strahlentherapie erfolgen sollte. Auch dort wird v.a. das Tumorstadium sowie die R-Situation als wichtig erachtet [61]. 4.2 Sensitivitäten von Tumorbiopsien Da sich in diesem Patientenkollektiv ausschließlich Patienten mit der Diagnose eines malignen Parotistumors befanden, konnten die Feinnadelaspirationszytologie und die Grobnadelpunktion nur auf ihre Sensitivität und die falsch-negative Rate hin analysiert werden. Die Ermittlung der Spezifität und der falsch-positiven Rate war nicht möglich. Eine FNAC wurde in 14 Fällen durchgeführt. Die Sensitivität der FNAC lag mit 25,0 % deutlich unter den in der Literatur angegebenen Werten von meist 80 % [18, 48, 49]. Es wird jedoch auch von starken Unterschieden zwischen den Ergebnissen verschiedener Studien berichtet. Dabei werden Sensitivitäten von 27 % bis 100 % beschrieben [1, 48]. Bezüglich der genauen Tumorentität konnte die FNAC keine richtige Diagnose stellen. Ein ausschlaggebender Punkt für die Erfolgsquote der FNAC ist die Erfahrung des Untersuchers, der die Proben entnimmt, und des ZytoPathologen, der die Proben untersucht. Drei der hier durchgeführten negativen FNACs wurden in auswärtigen Praxen durchgeführt, weshalb hier keine Aussage 61 zur Erfahrung der Untersucher getroffen werden kann. Trotzdem verwundert die niedrige Sensitivität, da die übrigen FNACs von Zytologen mit langjähriger Berufserfahrung durchgeführt wurden. Die Diagnostik der Parotiskarzinome mithilfe der FNAC scheint demnach, auch aufgrund der Vielzahl an Differenzialdiagnosen, besonders schwierig zu sein. Ein Erklärungsansatz könnte die fehlende Gewebsarchitektur der Parotistumoren und die hohe Anzahl an unterschiedlichen Histologien sein. Auch bei der Grobnadelpunktion reichte die Sensitivität mit 57,1 % nicht an die in der Literatur beschriebenen Werte von bis zu 93 % [18, 24, 49] heran. Ein möglicher Grund für eine geringe Sensitivität liegt im Verfehlen des Tumors. Die GNP wird von der ärztlichen Person durchgeführt, die sie anordnet. Dementsprechend kann diese Aufgabe in Lehrkrankenhäusern auch auf junge Assistenzärzte zurückfallen, die noch keine ausreichende Erfahrung diesbezüglich besitzen. Die Erfolgsquote für eine richtige Diagnosestellung lag im Gegensatz zur FNAC bei 42,9 %. Dies lässt vermuten, dass die Diagnostik durch die größere Probe mit erhaltener Gewebsarchitektur vereinfacht wird. Im hier untersuchten Patientenkollektiv weist die Grobnadelpunktion im Vergleich zur Feinnadelaspirationszytologie sowohl in Bezug auf die Dignität als auch hinsichtlich der korrekten Diagnosestellung bessere Erfolgsquoten auf. Bezogen auf das Studienkollektiv muss postuliert werden, dass weder GNP noch FNAC in ausreichendem Maße verlässliche Verfahren zur Diagnosesicherung bei Verdacht auf ein Parotiskarzinom darstellen. Das Hauptproblem liegt vermutlich in der Fehlpunktion, die vor allem bei tiefer Lage oder kleiner Größe des Tumors auftreten kann, und in einer falsch negativen Gewebeprobe mündet („sample error“). Sowohl für die Interpretation der Bildgebung, als auch für die präoperativen Biopsien, stellt ein weiteres Problem die Vielzahl möglicher benigner und insbesondere maligner Differenzialdiagnosen dar. Um Fehlpunktionen zu reduzieren empfiehlt es sich Ultraschall-gesteuerte Methoden zu verwenden und erfahrenes Personal einzusetzen. [34] 62 4.3 Rezidivfreie Überlebenszeit Bei 26,2 % der Patienten trat ein Rezidiv des Karzinoms auf. Dieser Wert entspricht den Ergebnissen anderer Studien mit Rezidivraten von 22,1 - 40,9 % [36, 41, 55, 57]. Fernmetastasen traten in 16,7 % der Fälle auf, ebenso Lokalrezidive. Darunter befanden sich zwei Patienten, die sowohl Fernmetastasen als auch ein Lokalrezidiv aufwiesen. Der Anteil der Fernmetastasen in dieser Studie liegt im oberen Bereich der Ergebnisse anderer Studien (6,9 - 17,0 %) [36, 41, 55, 57]. Die Metastasierung fand, entsprechend den Angaben in der Literatur [36, 41], hauptsächlich ossär und pulmonal statt. Der früheste Krankheitsrückfall wurde nach 2 Monaten festgestellt – hier muss man von Tumorpersistenz sprechen, während der späteste nach 126 Monaten beobachtet wurde, typischerweise bei einem adenoidzystischen Karzinom. Die mediane rezidivfreie Überlebenszeit lag bei 19,5 Monaten. Der Großteil der Rezidive trat innerhalb von 3 Jahren auf, dennoch gab es auch späte Rezidive. Die rezidivfreie 5-Jahres-Überlebensrate liegt mit 68,6 % im Bereich der Angaben anderer Studien, die diese mit 47 - 79,7 % angeben [12, 33, 49, 52]. Auch eine Studie von Guntinas-Lichius et al. [23], die 108 Patienten mit einem Karzinom der Glandula parotis einschloss, ergab mit einer rezidivfreien 5-Jahres-Überlebensrate von 65 % einen fast identischen Wert zum vorliegenden Kollektiv. Um eine genauere Prognose für die lokale rezidivfreie 5-Jahres-Überlebenszeit zu erheben, haben Vander Poorten et al. [65] einen Prognose-Index erstellt, der präoperative Symptome wie Facialisparese und Schmerz, den Status der Perineuralscheide, das Tumorstadium sowie den Status der Resektionsränder beinhaltet. Die Werte des lokalen 5-Jahres-RFS liegen dabei zwischen 42 % und 92 %. Interessanterweise werden weder ein- oder zweizeitiges operatives Vorgehen berücksichtigt, noch die genaue Tumorentität. [34] Die Kaplan-Meier-Kurven der rezidivfreien Überlebenszeiten wurden zur Analyse der Einflüsse der unterschiedlichen Parameter auf 5 Jahre beschränkt, da die Aussagekraft für spätere Zeitpunkte aufgrund der geringen Anzahl an Ereignissen (2 Rezidive) nicht mehr gegeben war. Hinsichtlich des Alters zeigte sich eine leichte Tendenz dahingehend, dass die Rezidive bei älteren Patienten etwas früher auftraten. Ein signifikanter Einfluss, den 63 andere Studien feststellten [46, 64], ergab sich hier jedoch nicht. Auch das Geschlecht stellte keinen signifikanten Einflussfaktor dar. Ein Unterschied bezüglich der rezidivfreien Überlebenszeit bei vorhandener und nicht vorhandener präoperativer Facialisparese konnte nicht festgestellt werden. Dagegen zeigten Patienten mit Perineuralscheideninfiltration eine Tendenz zu kürzeren rezidivfreien Überlebensraten, es bestand jedoch kein signifikanter Unterschied. In anderen Studien zeigten sich diese Einflüsse teilweise als signifikant [26, 57, 64]. Die Analyse der rezidivfreien Überlebenszeit hinsichtlich der Tumorentitäten wurde durch die geringe Fallzahl der einzelnen Entitäten erschwert, weshalb auf die Darstellung mithilfe der Kaplan-Meier-Kurven verzichtet wurde. Die bessere Prognose der Mukoepidermoidkarzinome, die keine Rezidive aufwiesen, im Gegensatz zu den anderen Karzinomen findet sich jedoch auch in anderen Studien wieder [41, 45, 46]. Infolge zu weniger Ereignisse konnte die mediane rezidivfreie Überlebenszeit nicht bei allen Tumorentitäten bestimmt werden. Der höchste Wert ergab sich mit 78 Monaten für das adenoidzystische Karzinom. In einer Studie von Carillo et al. [12] wird der Wert mit 51,6 Monaten etwas niedriger angegeben. Das späte Auftreten von Metastasen bei den adenoidzystischen Karzinomen, hier bis zu 126 Monate nach chirurgischer Entfernung des Primärtumors, ist auch in der Literatur beschrieben [50, 51]. Die niedrigste mediane rezidivfreie Überlebensrate wies die Gruppe der sonstigen Karzinome auf (20 Monate). Die mediane rezidivfreie Überlebenszeit der Azinuszellkarzinome lag bei 41 Monaten. Der Einfluss der Tumorentitäten auf die rezidivfreie Überlebenszeit wird unter anderem auch in der Studie von Spiro et al. [54] an 288 Patienten deutlich. Dort zeigte sich ein großer Unterschied zwischen der rezidivfreien 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit der mäßig- bis gering differenzierten Adenokarzinome von nur 19 %, und den low-grade Mukoepidermoidkarzinomen mit 75,2 %. Eine Untersuchung von Carillo et al. [12], die 127 Patienten umfasste, ergab ein RFS von 63 %. Dabei zeigten die low-grade Mukoepidermoidkarzinome mit einer medianen rezidivfreien Überlebenszeit von 104,1 Monaten wiederum eine deutlich bessere Prognose auf, als die Adenokarzinome mit 33,7 Monaten. Stenner et al. [57] erfassten in ihrer Arbeit, in der 231 Karzinome untersucht wurden, eine rezidivfreie Überlebenszeit von 70 % 64 unter den Adenokarzinomen, während die Mukoepidermoidkarzinome 87,1 % erreichten. [34] In der Studie von Stenner et al. [57] stellt das Tumorstadium sowohl einen signifikanten prognostischen Faktor des Gesamtüberlebens als auch des rezidivfreien Überlebens dar. Dieser signifikante Einfluss auf die rezidivfreie Überlebenszeit spiegelt sich in den Ergebnissen anderer Studien wieder [22, 46, 64]. Auch im hier untersuchten Patientenkollektiv zeigte sich ein deutlicher Unterschied in der rezidivfreien Überlebenszeit zwischen Patienten mit Karzinomen der Stadien I/II und denen der Stadien III/IV, dieser war jedoch nicht signifikant (p=0,104). Die rezidivfreien 1- und 3- Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeiten der Patienten mit höheren Tumorstadien betrugen 80,7 % und 65,2 %. Im Gegensatz dazu wiesen die niedrigeren Stadien rezidivfreie Überlebenswahrscheinlichkeiten von 100 % (1 Jahr) und 83,3 % (3 Jahre) auf. Ein Parameter, zu dem in der Literatur hinsichtlich der rezidivfreien Überlebenszeit keine Untersuchungen zu finden waren, ist die ungeplante Mehrzeitigkeit der Operation. Diese Fragestellung stellt die Kernhypothese dieser Arbeit dar. In der Annahme, dass sich eine zweite Operation aufgrund von Tumorzellstreuung oder allein wegen des zweiten Eingriffes negativ auf die rezidivfreie Überlebenszeit auswirken könnte, überraschen die Ergebnisse, die diese Studie liefert, zunächst. Mit 16,7 % zeigten sich hier in der zweizeitigen Gruppe, im Gegensatz zu 33,3 % bei den einzeitigen Operationen, weniger Rezidive und bessere rezidivfreie Überlebenswahrscheinlichkeiten (p=0,163). Diese lagen bei den zweizeitigen Operationen bei 92,9 % (1 Jahr) und 84,4 % (3 Jahre) wohingegen die Werte der einzeitig operierten Patienten 86,5 % und 64,5 % betrugen. Eine Erklärung für diese Ergebnisse liefert unter anderem die unterschiedliche Verteilung der Tumorstadien. Während in der zweizeitigen Gruppe höhere und niedrigere Stadien zu gleichen Teilen vorlagen, waren in der einzeitigen Gruppe zu 62,5 % höhere Tumorstadien vertreten. Bei Betrachtung der Patienten mit lokalen und lokoregionären Rezidiven zeigte sich, dass 83,3 % der Gruppe der einzeitig Operierten ein hohes Tumorstadium aufwiesen. Wie oben bereits beschrieben, stellt das Tumorstadium einen wichtigen Einflussfaktor auf das rezidivfreie Überleben dar. Auch beim Differenzierungsgrad und R-Status, beides Parameter mit einem signifikanten Einfluss auf die rezidivfreie Überlebenszeit, wiesen die Patienten der zweizeitigen 65 Gruppe bessere Ausgangssituationen auf. Zudem lag eine höhere Anzahl geringdifferenzierter Adenokarzinome mit onkologisch schlechtem Outcome in der einzeitigen Gruppe und eine höhere Anzahl Mukoepidermoid- und Azinuszellkarzinome in der zweizeitigen Gruppe, welche kaum Rezidive aufwiesen, vor. Die beiden Operationsgruppen sind demnach aufgrund der genannten Heterogenität der Patienten hinsichtlich Tumortyp und Tumorstadium nur begrenzt direkt miteinander vergleichbar. Dennoch ist bemerkenswert, dass in der zweizeitigen Gruppe keine Tumorzellverschleppung in den Narbenbereich auftrat und, dass „nur“ 3/18 Patienten unter Tumorrezidiven litten, darunter 2 Lokalrezidive. Zudem wiesen die zweizeitig-operierten Patienten mit einem rezidivfreien 5-JahresÜberleben von 84,4 % ein exzellentes Outcome auf, das am oberen Ende der in der Literatur angegeben Werte von 47 - 79,7 % [15, 23, 38] liegt. Informationen, ob ein ein- oder zweizeitiges operatives Vorgehen gewählt wurde, finden sich hierbei nicht. Die Hypothese eines negativen Einflusses einer zweiten Operation bei klinisch inapparenten primären Karzinomen der Glandula parotis wurde nicht bestätigt. Um aussagekräftigere Ergebnisse zu erhalten, müssten jedoch weitere Studien mit einem größeren Patientenkollektiv und längeren Beobachtungszeiträumen durchgeführt werden. Der Lymphknotenstatus der Patienten stellte im untersuchten Kollektiv einen signifikanten Einflussfaktor auf die rezidivfreie Überlebenszeit dar, der auch in anderen Studien festgestellt wurde [26, 29, 46, 57]. Bei befallenen Lymphknoten entwickelten 33,3 % der Patienten ein Rezidiv, während der Wert bei negativem Lymphknotenstatus 10,7 % betrug. Ein weiterer Faktor, der einen Einfluss auf die Prognose ausübt [12, 57, 64], ist der Status der Resektionsränder. War dieser positiv, so traten gehäuft Rezidive auf. Auch im hier untersuchten Patientenkollektiv erwies sich dieser Einfluss auf die rezidivfreie Überlebenszeit als signifikant. Der Unterschied in der rezidivfreien 5Jahres-Überlebensrate fällt mit 90,0 % (R0) zu 38,1 % (R+) noch deutlicher aus als in der Literatur (72 % zu 52 %) [29]. Ebenso zeigte sich der Differenzierungsgrad der Karzinome als prognostischer Indikator für die rezidivfreie Überlebenszeit. Bei Patienten mit gut bis mittelgradig differenzierten Karzinomen liegen die rezidivfreien 1- und 3-Jahres- Überlebensraten bei 100 % und 87,4 % wohingegen sie bei gering- oder 66 undifferenzierten Karzinomen mit 66,7 % und 22,2 % wesentlich niedriger sind. Der Einfluss war, wie auch in der Literatur beschrieben [22, 29, 64], signifikant. Aufgrund der geringen Anzahl an Rezidiven wurden in der multivariaten CoxRegressions-Analyse jeweils nur zwei Faktoren zusammen untersucht. Dabei zeigte sich keiner der Einflussfaktoren durchgängig als signifikanter prognostischer Faktor. Die multivariaten Analysen anderer Studien ergaben signifikante Einflüsse durch den Differenzierungsgrad [12, 29], den Lymphknotenstatus [26, 29, 57] und die Resektionsränder [12]. 4.4 Gesamtüberleben Die Information bezüglich der Todesfälle wurde aus dem Tumorregister des Comprehensive Cancer Center Ulm entnommen, die ihre Daten regelmäßig mit den Einwohnermeldeämtern abgleichen. In allen Fällen wurde die Todesursache dort als unbekannt dokumentiert. Da nicht sicher davon auszugehen war, dass die in diesem untersuchten Parotiskarzinoms Kollektiv gestorben sind, verstorbenen wurde auf Patienten eine weitere aufgrund Analyse des der Gesamtüberlebenszeit hinsichtlich der erhobenen Parameter verzichtet. Mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 80,1 % liegt das Patientenkollektiv am oberen Ende der in der Literatur angegebenen Überlebensraten von 46 - 83 % [23, 46, 57, 64]. Auch die 3-Jahres-Überlebensrate von 88,5 % weicht nicht weit von der in der Literatur beschriebenen Rate von 79,6 % [68] ab. Die Mukoepidermoid-, Azinuszell- und adenoidzystischen Karzinome wiesen bessere Überlebensraten auf als die Adeno- und Plattenepithelkarzinome sowie die Karzinome in pleomorphem Adenom. Die Plattenepithelkarzinome hatten darunter zusammen mit der Gruppe der sonstigen Karzinome die höchste Sterberate. Diese Ergebnisse entsprechen denen anderer Studien, die ähnliche Unterschiede bezüglich der Überlebensraten der jeweiligen Tumorentitäten zeigen. [57, 66] 67 4.5 Schlussfolgerungen Insgesamt stehen die präsentierten Ergebnisse im Einklang mit denen internationaler Studien. Der Unterschied in der rezidivfreien Überlebenszeit zwischen niedrigeren und höheren Tumorstadien macht die Wichtigkeit einer frühen Diagnostik deutlich, selbst wenn ausschließlich eine tastbare Raumforderung besteht und noch keine weiteren Symptome vorliegen. Trotz der in der vorliegenden Studie geringen Sensitivitäten der Punktionen in diesem Patientenkollektiv, können die FNAC und die GNP zu dieser Früherkennung der Karzinome beisteuern. Der klinische Eindruck und die Beachtung der Hauptsymptome, Schmerzen, Facialisparese, schnelles Tumorwachstum und schlechte Verschieblichkeit, sind jedoch von entscheidender Bedeutung. Die GNP scheint der FNAC bei der Diagnostik des Parotiskarzinoms überlegen zu sein, eine Steigerung der Sensitivität in der klinischen Routine ist jedoch dringend erforderlich. Die Bedeutung der kompletten in-sano Tumorresektion wird durch den negativen Einfluss befallener Resektionsränder auf die Prognose aufgezeigt. Es erscheint daher notwendig im Einzelfall auch eine radikalere Operation mit entsprechender Morbidität in Kauf zu nehmen. Da dadurch jedoch das Risiko postoperativer Beschwerden ansteigt, muss diese Entscheidung bei jedem Patienten individuell getroffen werden, ebenso die Möglichkeiten der statischen und dynamischen Rekonstruktion des Gesichtsnerven und dessen Rehabilitation. Bisher noch wenig untersucht ist die Auswirkung einer zweiten Operation auf die rezidivfreie und die gesamte Überlebenszeit. In unserem Kollektiv konnte kein wesentlicher negativer Einfluss auf das rezidivfreie Überleben oder die Facialisfunktion durch ungeplante zweizeitige Operationsverfahren bei klinisch inapparenten malignen primären Parotistumoren detektiert werden. [34] „In Übereinstimmung mit der Literatur lässt sich postulieren, dass das Tumorstadium, aber auch die Tumorentität, einen wesentlich höheren Einfluss auf das Outcome zu haben scheinen, als die ein- oder 2-zeitige Operation.“ [34] Diese Beobachtungen sollten in multizentrischen Untersuchungen auf ihre externe Validität geprüft werden. „Dennoch gilt es, die präoperative Analytik weiter zu verbessern und ggf. zu vereinfachen, um Malignome der Glandula parotis bei Patienten mit niedrigeren 68 Tumorstadien und fehlenden klinischen Malignitätszeichen besser zu erkennen, alleine um mehrzeitige Operationen und Vollnarkosen zu vermeiden.“ [34] Hier stellt das diffusionsgewichtete MRT und natürlich die Sonographie-gesteuerte Grobnadel-, oder Stanzbiopsie durch einen erfahrenen Untersucher sensitive Verfahren dar. Obwohl der Großteil der Krankheitsrückfälle innerhalb von 3 Jahren auftrat, zeigt die Studie auf, dass sich ein Rezidiv auch noch nach 10 Jahren entwickeln kann. Daher sollte beim Parotiskarzinom eine langjährige Nachsorge empfohlen werden. 69 5 Zusammenfassung Parotiskarzinome stellen eine seltene Form der Kopf-Hals-Malignome dar, für die in der Diagnostik und Therapie international noch keine klar festgelegten Standards, sondern lediglich Empfehlungen existieren. Es sind daher Anstrengungen notwendig, um eine bessere Charakterisierung dieser Untergruppe von Kopf-HalsKarzinomen vorzunehmen. In der vorliegenden retrospektiven Studie wurden verschiedene klinische und histologische Parameter hinsichtlich einer möglichen prognostischen Relevanz für die rezidivfreie Überlebenszeit untersucht. Da sich das Parotiskarzinom in einigen Fällen präoperativ nicht zwingend von einem benignen Tumor unterscheiden lässt, ergibt sich in solchen Fällen die Notwendigkeit einer mehrzeitigen Operation. Es stellt sich die Frage, ob ein zweiter Eingriff negative Auswirkungen auf den klinischen Verlauf und insbesondere das (rezidivfreie) Überleben hat. Zudem wurden die Sensitivitäten der präoperativen Gewebebiopsien untersucht, die zu einer Verbesserung der Diagnostik beitragen sollen. Die Studie umfasst die Daten der Patienten, die in der Zeit von 2004 bis 2014 an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität Ulm aufgrund eines primären Parotiskarzinoms operiert wurden oder sich dort innerhalb dieses Zeitraums zur Nachsorge nach besagter Operation einfanden. Die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen klinischen Parametern wie auch die Überlebenszeitanalysen wurden mit verschiedenen statistischen Verfahren analysiert. Das untersuchte Kollektiv umfasste 42 Patienten mit einer medianen Beobachtungszeit von 38 Monaten. Die häufigsten und klinisch sensitivsten Symptome von betroffenen Patienten waren Schmerzen im Parotisbereich, eine präoperative Facialisparese und ein schnelles Wachstum des Tumors. Die Feinnadelaspirationszytologie schnitt hinsichtlich der Sensitivität relativ schlecht ab. Die Schwierigkeit einer erfolgreichen Punktion und anschließender richtigen Interpretation der Biopsien wird deutlich. Daher ist es wichtig erfahrene Untersucher und Zytopathologen mit einzubeziehen. Auch die Erfolgsquote der Grobnadelpunktion war geringer als in anderen Studien, sie scheint jedoch für die Diagnostik des Parotiskarzinoms besser geeignet zu sein als die Feinnadelaspirationszytologie. 70 Die Gesamt-Rezidivrate im untersuchten Kollektiv belief sich auf 26,2 %. Der Zeitpunkt des Auftretens lag zwischen 2 und 126 Monaten mit einem Medianwert von 19,5 Monaten. Der Kaplan-Meier-Schätzer ergab eine rezidivfreie 5-JahresÜberlebenswahrscheinlichkeit von 68,6 % und eine 5-Jahres- Gesamtüberlebenswahrscheinlichkeit von 80,1 %, Werte, die denen der Literatur entsprechen. Aufgrund der auch in dieser Studie aufgetretenen späten Rezidive, sollte beim Parotiskarzinom, insbesondere bei adenoidzystischen Karzinomen oder einer geringen Differenzierung, eine langjährige Nachsorge erfolgen. Als signifikante prognostische Faktoren der rezidivfreien Überlebenszeit stellten sich der Status der Resektionsränder, der Lymphknotenstatus bei Diagnosestellung und der Differenzierungsgrad der Karzinome heraus. Wichtig für die Prognose des Parotiskarzinoms scheinen somit eine frühzeitige Erkennung des Karzinoms und eine komplette Entfernung mit freien Resektionsrändern zu sein. Ein ungeplantes 2-zeitiges operatives Vorgehen scheint bei klinisch inapparenten malignen Parotistumoren nach der vorliegenden Datenlage und im Vergleich zur verfügbaren Literatur nicht zwingend einen wesentlichen negativen Einfluss auf die rezidivfreie Überlebenszeit und die postoperative Facialisfunktion zu haben. Die 2zeitig-operierten Patienten wiesen mit 5-Jahres RFS von 84,4 % ein, der Literatur entsprechendes, exzellentes Outcome auf. Aufgrund des retrospektiven Charakters dieser Studie und der relativ geringen Fallzahl muss die Validität dieser Studie in größeren Kollektiven geprüft werden. Um Patienten vor mehrzeitigen Operationen zu schützen, scheint eine wichtige Herausforderung darin zu liegen, weiter an der präoperativen Diagnostik zu arbeiten. 71 6 Literaturverzeichnis 1. Ali N S, Akhtar S, Junaid M, Awan S, Aftab K: Diagnostic accuracy of fine needle aspiration cytology in parotid lesions. ISRN surgery 2011 (2011) 2. Badea A F, Bran S, Tamas-Szora A, Floareş A, Badea R, Baciut G: Solid parotid tumors: an individual and integrative analysis of various ultrasonographic criteria. A prospective and observational study. Medical ultrasonography 15: 289–298 (2013) 3. 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