4 Thorax (Pleura, Lunge)

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4.2 Pathologien der Pleura
4 Thorax (Pleura, Lunge)
R. J. Elfeldt
Der Thorax besteht aus dem knöchernen Brustkorb, der Muskulatur, den beiden Pleurahöhlen
mit den Lungen und dem dazwischen liegenden
Mediastinum mit der Speiseröhre, dem Herzen
und den Gefäßen und Nerven.
●● Die vordere, seitliche und hintere Begrenzung
der Brusthöhle wird durch den Brustkorb, die
mediale Begrenzung durch die Wirbelsäule und
das Mediastinum, der kaudale Abschluss durch
das Zwerchfell und der kraniale durch die obere
Thoraxapertur gebildet.
●● Die Lungen sind von der Pleura visceralis (pulmonalis) überzogen. Der Lungenhilus ist als Eintrittsstelle des Hauptbronchus, der Gefäße und
der Nerven von dem serösen Überzug ausgespart, da die Pleura pulmonalis hier in die Pleura parietalis umschlägt. Diese kleidet die Brustwand von innen aus.
●● Die zwischen den Pleurablättern gebildete Pleurahöhle ist im Normalzustand ein kapillarer Verschiebespalt. In ihm herrscht ein negativer Druck
von – 5 cm H2O bei Exspiration, der bei tiefer Inspiration auf Werte von – 10 cm H2O absinkt.
●●
Ätiologie
●●
●●
Eine vermehrte Flüssigkeitsansammlung im
Pleuraspalt wird als Pleuraerguss bezeichnet. Je
nach Eiweißgehalt und spezifischem Gewicht
des Ergusses unterscheidet man zwischen einem
Transsudat und einem Exsudat.
●● Transsudate: Eiweißgehalt von < 3 g/100 ml und
ein spezifisches Gewicht von < 1015, meistens
stauungsbedingt, z. B. bei Herzinsuffizienz oder
infolge Dys- oder Hyperproteinämie
●● Exsudate: Eiweißgehalt > 3 g/100 ml und ein spezifisches Gewicht > 1015, meistens entzündlich
bedingt, z. B. bei Pneumonien oder neoplastisch
(z. B. bei Pleurakarzinose)
●●
Die Symptome eines Ergusses sind abhängig
von seiner Ausprägung und seinen Druck auf
den rechten Vorhof. Sie reichen von geringen
Schmerzen bei einer Begleitpleuritis bis zur Dyspnoe und Atemnot mit Verdrängung der Lunge
durch große Flüssigkeitsmengen.
Diagnostisches Vorgehen
Klinische Untersuchung
4.2 Pathologien der Pleura
Definition
4
Symptomatik
●●
4.2.1 Pleuraerguss
Das Gleichgewicht zwischen Resorption und Sekretion in der Pleura wird durch die ausgeprägt
vorhandenen Lymphgefäße, das Kapillarnetz
und die dünne Serosa der beiden Pleurablätter
aufrecht erhalten. Abflussbehinderungen des
Gefäßsystems, der Lymphbahnen oder ein zu geringer onkotischer Druck durch Dysproteinämie
oder eine erhöhte Permeabilität der Serosa sind
mögliche Ursachen des Pleuraergusses.
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4.1 Anatomie
Perkutorisch findet sich eine Klopfschalldämpfung, auskultatorisch ein abgeschwächtes Atemgeräusch.
Bildgebende Diagnostik
Das p. –a. Röntgenbild zeigt eine an der lateralen Thoraxwand ansteigende Verschattung
ab 400 ml Erguss, geringere Mengen (ab 100 ml
Flüssigkeit) lassen sich in der seitlichen Liegendaufnahme erkennen.
●● Mithilfe der Sonografie lässt sich ein Pleuraerguss nicht nur diagnostizieren, sondern auch die
optimale Punktionsstelle markieren. Darüber
hinaus können beginnende Kammerbildungen
des Ergusses dargestellt werden.
●● Mithilfe des Thorax-CTs lassen sich auch kleinste Ergussmengen darstellen. Die Dichtemessungen ergeben Hinweise auf die Beschaffenheit des
Ergusses (serös, blutig, eitrig etc.). Beginnende
Kammerbildungen des Ergusses sind ebenfalls
darstellbar.
●●
55
Thorax (Pleura, Lunge)
○○ beim
Pneumothorax von ventral im 2. ICR in
der Medioklavikularlinie (Cave: Subklavikulargefäße, A. mammaria).
Operative Therapie
▶▶Pleurapunktion
●● Indiziert bei größerer Ergussmenge und entsprechender Symptomatik (Dyspnoe, Atemnot),
um eine sofortige Entlastung herbeizuführen.
Gelegentlich ist sie auch aus rein diagnostischen
Zwecken indiziert, um die Beschaffenheit eines
unklaren Pleuraergusses zu klären.
●● Das gewonnene Punktat muss auf Eiweißgehalt,
Leukozytenzahl, Lipase und Amylase, LDH, Bakterien (Mykobakterium, Tuberkulosis), Pilze und
maligne Zellen untersucht werden. Bei einem
überwiegend Lymphozyten enthaltenden Erguss
kommt differenzialdiagnostisch neben der Tuberkulose eine Pilzinfektion in Betracht. Finden
sich im Pleurapunktat maligne Zellen, ist dies ein
Hinweis auf eine Pleurakarzinose, d. h. auf ein
fortgeschrittenes Tumorwachstum.
●● Voraussetzung für die Punktion sind eine strenge Asepsis und eine Assistenz. Der Patient sitzt
leicht nach vorne gebeugt (eine Hilfsperson
stützt den Patienten nach vorne). Die Punktionsstelle wird nach vorheriger Diagnostik (z. B. perkutorisch oder sonografisch) festgelegt. In der
Regel ist das der 7. oder 8. Interkostalraum (ICR)
beim sitzenden Patienten. Die Punktion erfolgt
in der hinteren Axillarlinie:
○○ Setzen der Lokalanästhesie (nach allergischen
Reaktionen fragen!)
○○ Eingehen in den Pleuraraum am Oberrand der
Rippe (Gefäße und Nerven liegen am Unterrand!)
●● Bei diagnostischen und therapeutischen Punktionen haben sich 3-Wege-Rotanderspritzen bewährt, mit denen der Erguss luftdicht abgesaugt
werden kann. Um einen Pneumothorax zu vermeiden, kann die Punktion mit einer Verres-Nadel durchgeführt werden.
4
▶▶Thoraxdrainage
●● Ist u. a. dann indiziert, wenn ein Nachlaufen des
Ergusses zu erwarten ist oder es sich um einen
Begleiterguss im Rahmen einer länger dauernden
Erkrankung (z. B. bei akuter Pankreatitis mit septischem Verlauf) handelt. Sie wird beim liegenden, evtl. seitlich gelagerten Patienten, gelegt.
●● Der Punktionsort ist abhängig von der Ursache
der Beschwerden:
○○ beim Hämatothorax oder Pleuraerguss im 4.
ICR in der hinteren Axillarlinie nach dorsal,
56
OP-Technik
●●
●●
●●
●●
●●
Nach lokaler Anästhesie der Haut, des subkutanen Gewebes und der Interkostalmuskulatur
wird der Trokar nach Hautinzision mit einem
Drainageschlauch zunächst subkutan parallel
zum Thorax über mindestens eine ICR-Breite
nach kranial geschoben, damit ein luftdichter
Tunnel entsteht.
Nach Erreichen des zu punktierenden ICR muss
die Spitze fast senkrecht auf die Thoraxwand
zeigen, und der Trokar wird unter die Interkostalmuskulatur geführt.
Nach Durchtritt durch die Interkostalmuskulatur und die parietale Pleura wird die Drainage
in die gewünschte Richtung vorgeschoben
und in dieser Position mittels Hautnaht fixiert
(▶ Abb. 4.1).
Der Drainageschlauch wird mit einem Wasserschloss verbunden, und es wird mit einem Sog
von minus 20 cm H2O gesaugt. Das Drainagesystem muss luftdicht sein, damit sich kein
Pneumothorax entwickelt.
Je visköser und eiweißreicher der Pleuraerguss
ist (Hämatothorax, Pleuraempyem) desto
größer sollte der Durchmesser des Drainageschlauchs sein, damit es nicht durch Fibrinausfällungen zur Okklusion kommt.
▶▶Pleurodese
●● Ist im Allgemeinen bei malignen Pleuraergüssen indiziert. Hierbei sollen die Pleurablätter
durch eine induzierte Entzündungsreaktion miteinander verkleben.
●● Das Pleurodesemittel (z. B. Talkum) wird in NaCl
aufgelöst, (z. B. 2 g Talkum auf 50 ml NaCl). Zusätzlich wird ein Lokalanästhetikum beigefügt,
um eine lokale Anästhesie der Pleurablätter zu
erreichen. Dieses Gemisch wird durch die liegende Thoraxdrainage nach Entleerung der Pleurahöhle instilliert.
●● Abklemmen der Drainage für 1 Stunde, der Patient wird alle 15 Minuten um 90 ° gedreht, damit die Pleuraoberflächen gleichmäßig benetzt
werden. Die Drainage kann dann geöffnet werden. Je nach weiterer Ergussproduktion (mehr
als 100 ml/24 h), kann die Behandlung nach 24
Stunden wiederholt werden.
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Therapeutisches Vorgehen
4.2 Pathologien der Pleura
b
c
d
Nach jeder Punktion, Drainage oder Pleurodese
wird ein Röntgenthoraxbild angefertigt, um Fehllagen oder die Reduktion des Ergusses zu kontrollieren. Inkorrekt liegende oder ungenügend drainierende Drainagen sind häufige Ursache für Verklebungen (Kammerungen) und damit für spätere
Komplikationen.
4
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a
Abb. 4.1 Arbeitsschritte
beim Legen einer Thoraxdrainage.
a.Nach Setzen einer
Lokalanästhesie und
Anlage eines Hautschnitts Vorschieben
der Thoraxdrainage
zunächst senkrecht zur
Thoraxwand.
b.Nach Erreichen der
Rippen Abwinkeln der
Drainage um 90 ° und
subkutanes Vorschieben der Drainage parallel zur Thoraxwand.
c. Nach Erreichen des
nächsthöheren Interkostalraums Durch­
stoßen der Interkostalmuskulatur.
d.Nach Durchstoßen der
Thoraxwand Vorschieben der Drainage in die
Thoraxhöhle.
○○ subkutane
Lage bei adipösen Patienten ohne
Drainagewirkung
○○ intrapulmonale Lage mit Fistelung der Saugung oder Blutung
○○ intraabdominelle Lage mit Verletzung von
Leber, Milz oder Zwerchfell
○○ mediastinale Fehllage mit Verletzung des Herzens oder der großen Gefäße
Komplikationen
●●
Typische Komplikationen bei Thoraxdrainagen
sind Infektionen, Verletzungen der Interkostalgefäße mit stärkerer Blutung oder Verletzungen
der interkostalen Nerven. Weiterhin kann es zu
Fehlpunktionen und Fehllagen der Drainagen
kommen:
4.2.2 Pleuraempyem
Definition
●●
Beim Pleuraempyem (Synonym: Pyothorax)
handelt es sich um eine Eiteransammlung in der
Pleurahöhle.
57
Thorax (Pleura, Lunge)
Die häufigsten Ursachen sind fortgeleitete entzündliche Prozesse des Thorax (z. B. Pneumonie,
Bronchiektasen, Mediastinitis oder Lungenabszesse.
●● Auch bei intraabdominellen bakteriellen Entzündungen, z. B. subphrenischen oder subhepatischen Abszessen, Ösophagusruptur, hämatogenen Prozessen des Pleuraspalts, kann es zu Pleuraempyemen kommen.
●● Postoperativ können Pleuraempyeme als Wundinfektion nach Eingriffen an der Lunge oder am
Mediastinum (Ösophagusresektion, Lungenteilresektion) auftreten.
●● Posttraumatisch sind Pleuraempyeme selten.
Durchbricht der Pleuraabszess die Thoraxwand,
spricht man von einem Empyema nessesitatis
(Empyema perforans). Bei traumatisch bedingten Pleuraempyemen ist die direkte Kontamination der Thoraxwunde ursächlich.
●●
4
Klassifikation
Man unterscheidet 3 Stadien des Pleuraempyems:
1. exsudative Phase
2. fibrinös-purulente Phase
3. Phase der Verschwielung/Vernarbung
Symptomatik
●●
Typische Zeichen sind Dyspnoe mit atemabhängigen Schmerzen, Leukozytose, hohes Fieber und
schweres Krankheitsgefühl. Abgekapselte Prozesse können symptomarm sein.
Diagnostisches Vorgehen
In der a. – p. Röntgenthoraxaufnahme findet
sich eine Verschattung.
●● Im Thorax-CT lassen sich das Ausmaß sowie ggf.
eine Kammerung des Empyems feststellen.
●●
Therapeutisches Vorgehen
Indikationsstellung
Stadium 1: reine Spültherapie
Stadium 2: Lysetherapie, bzw. VAT-Débridement
●● Stadium 3: Dekortikation bzw. Resektion des
Empyemsacks
●●
●●
58
Eine antibiotische Behandlung nach Resistenzbestimmung und die Drainage des Pleuraempyems
sind obligat. Weiterhin ist die Therapie des Pleuraempyems stadienadaptiert.
Operative Therapie
▶▶Stadium 1 (exsudative Phase)
●● Einlage einer weitlumigen Saug-/Spüldrainage
(CH 28 – 32) als Einlumen- oder Doppellumendrainage) und diskontinuierliche Spülung mit
physiologischer NaCl-Lösung (ca. 4-mal täglich
mit 600 – 1000 ml, Abklemmen für ca. 30 Minuten.
Cave

Bei bronchopulmonalen Fisteln darf nicht abgeklemmt werden!
▶▶Stadium 2 (fibrinös-purulente Phase)
●● Einlage einer Thoraxdrainage als Saug-/Spüldrainage mit diskontinuierlicher Spülung wie im
Stadium 1, zusätzlich Lysetherapie, entweder
mit Streptokinase pro Tag 100 000 iU in 100 ml
physiologischer NaCl-Lösung, Einwirkdauer ca.
1 h, oder mit Urokinase pro Tag 150 000 iU in
100 ml physiologischer NaCl-Lösung, Einwirkdauer ca. 1 h. Bei bronchopulmonalen Fisteln
nicht abklemmen.
●● Bei zunehmender Kammerbildung ist dem videoassistierten thorakoskopischen (VAT-)Débridement mit abschließender Saug-/Spüldrainagebehandlung der Vorzug zu geben. Im Rahmen des thorakoskopischen Eingriffs können
hierbei sämtliche Kammern geöffnet und eine
kommunizierende Höhle hergestellt werden, die
dann in gleicher Weise wie oben angegeben gespült werden kann.
▶▶Stadium 3 (Vernarbung/Verschwartung)
In diesem Stadium bleibt nur die Dekortikation
über eine Thorakotomie. Im Idealfall als Exstirpation des gesamten geschlossenen Empyemsacks mit Mobilisation des Zwerchfells.
●● Der günstigste Zeitpunkt hierfür ist nach 4 – 6
Wochen. Wegen der häufig bestehenden kräftigen Verwachsungen zwischen der Pleura und der
Schwarte ist eine sorgfältige Präparation erforderlich, da bei Verletzung der Lunge Fisteln resultieren, die einen erneuten Infekt unterhalten können.
●●
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Ätiologie
4.3 Thoraxtrauma: stumpfe Thoraxverletzungen
können sich dennoch Prellmarken an der Haut
abzeichnen.
Komplikationen
Akute Komplikationen des Pleuraempyems sind
Sepsis oder die Ausbildung einer bronchopulmonalen Fistel durch Arrosion eines Bronchus.
●● Die Thorakotomie mit Dekortikation der Lunge
hat auch heute noch eine Operationsletalität
von 3 – 10 %.
●●
Die mit dem Thoraxtrauma verbundenen Gefahren für den Verletzten lassen sich bis auf wenige
Ausnahmen auf eine Störung der Respiration und
Hämodynamik zurückführen. Auch wenn Herz und
Lunge nicht unmittelbar verletzt sind, werden sie
durch Beeinträchtigung des Gastaustausches und
Strömungsvolumens funktionell in Mitleidenschaft gezogen. Oberstes Ziel muss daher immer
die Normalisierung der kardiopulmonalen Funktion sein.

Oberstes Therapieziel bei Thoraxtraumen ist die
Normalisierung der kardiopulmonalen Funktion.
4.3.1 Thoraxprellung
(Commotio thoracis)
Definition
stumpfe Verletzung des Thorax ohne knöcherne
Beteiligung
Ätiologie
●●
Die Patienten klagen über Druckschmerz über
dem betroffenen Areal, atemabhängige Schmerzen und Schonatmung.
4
Ursache einer Thoraxprellung ist ein stumpfes
Trauma durch Schlag oder Anprall. Bei 79 % aller
Thoraxverletzungen finden sich initial keine äußeren Verletzungszeichen, im weiteren Verlauf
In erster Linie handelt es sich um eine klinische
Diagnose; bei jeder Thoraxverletzung muss zwingend eine Röntgenaufnahme des Thorax in 2
Ebenen durchgeführt werden. Ergeben diese
Röntgenbilder Verletzungen, müssen unter Umständen spezielle Aufnahmen angefertigt werden.
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●●
Definition: Bei stumpfen Thoraxverletzungen
handelt es sich um eine Verletzung des Brustkorbs
und/oder der darin enthaltenen Organe ohne Verbindung des Pleuraraums mit der Außenluft.
●●
●●
Diagnostisches Vorgehen
4.3 Thoraxtrauma:
stumpfe
Thoraxverletzungen
Merke
Symptomatik
Therapeutisches Vorgehen
●●
Bei der Behandlung steht die symptomatische,
d. h. analgetische Behandlung im Vordergrund,
da es sonst durch schmerzbedingte Schonatmung zu einer Pneumonie kommen kann. Bei
unklarem Befund sollte die stationäre Überwachung erfolgen, um im Verlauf sich manifestierende Begleitverletzungen (z. B. Lungenkontusion usw.) zu erfassen.
4.3.2 Thoraxquetschung
(Contusio thoracis)
Definition
●●
Thoraxwandverletzung unter Mitbeteiligung
intrathorakaler Organe, wobei Rippenfrakturen
in Kombination mit einer Lungenkontusion am
häufigsten vorkommen.
Ätiologie
Wie bei der Thoraxprellung entsteht die Thoraxquetschung durch Schlag oder Anprall, jedoch
mit deutlich stärkerer Gewalteinwirkung.
●● Die Lungenkontusion ist die häufigste Begleitverletzung des stumpfen Thoraxtraumas. Es
kommt hierbei zu Läsionen des Lungenparenchyms mit nachfolgendem interstitiellem Lungenödem. Als Folge von Einblutungen in das
Lungenparenchym mit lokalem Ödem tritt im
Verlauf häufig eine Pneumonie auf. Je nach Aus●●
59
Thorax (Pleura, Lunge)
4
Symptomatik
●●
Die Röntgenthoraxaufnahme in 2 Ebenen ist
obligat, bei Verdacht auf Rippenfraktur (deutlich
lokalisierter Druckschmerz) sollte zusätzlich
eine knöcherne Zielaufnahme bzw. knöcherner
Hemithorax durchgeführt werden. Radiologische Verlaufskontrollen erfassen das gesamte
Ausmaß der Lungenverletzung häufig erst nach
Stunden.
●● Grundsätzlich ist auch, wie bei jeder anderen
thorakalen Verletzung, die Durchführung eines
Thorax-CTs möglich, da hier insbesondere auch
kontusionelle Veränderungen der Lunge früher
erkannt werden können als mittels eines normalen Röntgenthoraxbildes.
●●
Therapeutisches Vorgehen
60
Definition
Man unterscheidet Frakturen der oberen und
unteren Rippen.
●● Rippenserienfrakturen (mindestens 3 Rippen
einer Seite sind frakturiert)
●● Rippenstückbrüche (eine Rippe ist mehrfach gebrochen), sog. Separationen sind Frakturen des
Knorpelknochenübergangs.
●●
Ätiologie
●●
Wie bei der Brustkorbprellung kommt es zu
atemabhängigen Schmerzen und Schonatmung
der betroffenen Seite. Bei der Compressio thoracis (Perthes-Syndrom) finden sich petechiale
Einblutungen in der oberen Körperhälfte und im
Bereich der Augen (Retina, Glaskörper).
Diagnostisches Vorgehen
●●
4.3.3 Rippenfrakturen
Stationäre Aufnahme, analgetische Behandlung
und intensive Atemtherapie sind notwendig,
um einer Pneumonie vorzubeugen. In schwerwiegenden Fällen mit Ateminsuffizienz ist eine
Intubation und intensivmedizinische Behandlung notwendig. Kommt es als Folge der Lungenkontusion zu einer Pneumonie, muss nach mikrobiologischer Testung antibiotisch behandelt
werden.
Direkte oder auch indirekte Gewalteinwirkung auf den Brustkorb. Die Verletzungsschwere reicht von der unkomplizierten Fraktur einer
Rippe ohne wesentliche Störung der Atemmechanik bis hin zur Rippenserienfraktur mit instabilem Thorax und Ateminsuffizienz, die eine
sofortige Intubation notwendig macht.
Symptomatik
Zeichen der Rippenfraktur sind atemabhängige Schmerzen und nachschleppende Atembewegungen der betroffenen Seite. Charakteristischerweise findet sich bei der Fraktur ein deutlicher Druckschmerz, evtl. eine Krepitation.
●● Eine instabile Thoraxwand mit paradoxer Atmung ist Folge einer Rippenserienfraktur und
kann durch Rippenstückbrüche verursacht sein.
Typisch sind inspiratorische Einziehungen und
exspiratorische Auswärtsbewegungen der betroffenen Brustkorbseite. Durch die Pendelluft
zwischen beiden Lungen mit mangelndem Austausch (Totraumventilation) kommt es zu einer
Ateminsuffizienz.
●●
Diagnostisches Vorgehen
Wie bei allen Thoraxverletzungen sollte zunächst eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs
in 2 Ebenen und zusätzlich ein knöcherner Hemithorax mit zentralem Strahl im Bereich des
größten Schmerzes durchgeführt werden.
●● Entsprechend dem Verletzungsmuster muss nach
Begleitverletzungen gesucht bzw. müssen radiologische Verlaufskontrollen durchgeführt werden.
○○ Frakturen der oberen Rippen (1.– 3. Rippe) werden durch erhebliche Gewalteinwirkung hervorgerufen, da der Schultergürtel
●●
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maß der Verletzungen kann es nach Stunden
oder Tagen zur Dyspnoe bis hin zur Ateminsuffizienz kommen.
●● Bei Kindern tritt die Lungenkontusion aufgrund
des elastischen Brustkorbs häufig ohne Rippenfraktur auf.
●● Eine Sonderform der Thoraxquetschung ist das
Perthes-Syndrom (Compressio thoracis). Infolge eines Glottisverschlusses kommt es zu einer
intrathorakalen Druckerhöhung. Durch die
klappenlosen Venen von Hals und Kopf wird der
Druck nach kranial fortgeleitet, sodass es zu petechialen Einblutungen in diesem Bereich kommt.
4.3 Thoraxtrauma: stumpfe Thoraxverletzungen
Therapeutisches Vorgehen
Einfache Rippenfrakturen werden analgetisch
behandelt. Liegt eine Rippenserienfraktur vor, ist
die stationäre Überwachung mit radiologischer
Verlaufskontrolle obligat. Beim Auftreten eines
Hämato- oder Pneumothorax muss eine Thoraxdrainage gelegt werden.
●● Bei instabiler Thoraxwand (ausgedehnte Rippenserienfraktur) mit Ateminsuffizienz muss
der Patient intubiert und mit endexspiratorischem Überdruck (PEEP) beatmet werden. Ob
die Behandlung mit der inneren Schienung fortgeführt wird oder ob eine operative Stabilisierung der Rippen notwendig ist, kann später entschieden werden. In der Regel ist die maschinelle
Beatmung die Therapie der Wahl. Nur in seltenen Fällen erfolgt eine Stabilisierung der Thoraxwand durch eine Osteosynthese.
●●
4.3.4 Sternumfraktur
Ätiologie
●●
Die häufigsten Komplikationen der Rippenfrakturen sind Hämatothorax, Pneumothorax und
Lungenkontusion. Auch an intraabdominelle
oder retroperitoneale Verletzungen ist zu denken. Die Patienten müssen zur analgetischen
Behandlung und zur Überwachung stationär
aufgenommen werden. Bei Auftreten der o. g.
Begleitverletzungen (Gefäßabriss, Milz-, Leber-,
Nierenverletzungen) ist die operative Behandlung indiziert.
4
Symptomatik
●●
Es besteht ein heftiger Druckschmerz über der
Fraktur, gleichzeitig atemabhängige Schmerzen.
Bei Sternumfrakturen können begleitende Rippenfrakturen und Knorpelsprengungen auftreten.
Diagnostisches Vorgehen
Obligat ist die Röntgenthoraxübersichtsaufnahme und eine seitliche Aufnahme des Sternums.
●● Bei unklaren Befunden können eine Ultraschalluntersuchung, ggf. eine konventionelle Tomografie des Sternums durchgeführt werden, da
hier erst der Frakturspalt sichtbar wird.
●● Zwingend erforderlich sind ein EKG und die Bestimmung der Herzenzyme (CK-MB, GOT, LDH),
um eine Contusio cordis auszuschließen. Wichtig ist der zeitliche Verlauf des Enzymmusters,
ergänzend kann ggf. auch eine Herzechografie
durchgeführt werden.
●●
Therapeutisches Vorgehen
●●
Komplikationen
●●
Ein direktes Trauma auf das Brustbein ist meistens die Ursache dieser Verletzung (typische
Autounfallverletzung), bei der sich das Sternum
nach dorsal verformt; es kann dabei zu einer
Contusio cordis kommen. In der Regel handelt
es sich um Querfrakturen zwischen Corpus und
Manubrium sterni.
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die obere Thoraxregion wie ein Wall schützt.
Begleitverletzungen wie Plexusschäden, Gefäßverletzungen oder Rupturen des Tracheobronchialraums sind auszuschließen.
Die Indikation zur Angiografie ist gegeben bei
fehlendem Puls der oberen Extremität, Auftreten eines Hämatothorax sowie sensiblen oder
motorischen Ausfällen der Hand.
○○ Bei Frakturen der unteren Rippen können
durch die fehlende stabilisierende Wirkung
mit dem Sternum intraabdominelle (Leber,
Milz) oder retroperitoneale Organe (Nieren)
mitverletzt werden. Eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens und ein Urinsediment
gehören zur Primärdiagnostik. Die Untersuchungen sollten nach einigen Stunden wiederholt werden, um zeitlich verzögerte Komplikationen (z. B. zweitzeitige Milzruptur) rechtzeitig erkennen zu können.
Patienten mit einer Sternumfraktur müssen stationär überwacht werden. Bei unkompliziertem
Verlauf ist eine analgetische Behandlung ausreichend.
Komplikationen
●●
Bei einer Contusio cordis kann es zu Herzrhythmusstörungen mit entsprechenden hämodynamischen Veränderungen kommen.
61
Thorax (Pleura, Lunge)
●●
Definition
●●
Die Lungenkontusion ist eine Schädigung des
Lungenparenchyms als Folge einer Gewalteinwirkung.
Ätiologie
4
Nach stumpfen, aber auch bei spitzen Thoraxverletzungen mit Übertragung der Gewalt auf die
Lunge kommt es zur hämorrhagischen Durchsetzung des Parenchyms.
●● Gleichzeitig auftretende Permeabilitätsveränderungen verursachen ein interstitielles alveoläres
Ödem mit Mikroatelektasen. Diese Veränderungen können zu einem intrapulmonalen Rechtslinks-Shunt und dadurch zur arteriellen Hypoxie (respiratorische Insuffizienz) führen.
●●
Für die arterielle Blutgasanalyse gilt das gleiche
Vorgehen, da nur so der Zeitpunkt zur Intervention rechtzeitig erkannt werden kann.
Therapeutisches Vorgehen
aktive, intensive Atemtherapie bei Lungenkontusion ohne respiratorische Insuffizienz
●● Wichtiger ist die ausreichende Analgesie bei bestehenden Begleitverletzungen (z. B. Rippenfrakturen).
●● Bei respiratorischer Insuffizienz ist die maschinelle Beatmung mit endexspiratorischem Überdruck (PEEP) die Therapie der Wahl.
●●
Komplikationen
Häufig entwickelt sich eine Pneumonie bei den
Patienten.
●● Ein Übergang in eine Schocklunge bzw. ein Acut
Respiratory Distress Syndrom (ARDS) ist möglich.
●●
Klassifikation
●●
Stellt sich die Lungenverletzung nur radiologisch
dar, handelt es sich um eine einfache Lungenkontusion; liegt die arterielle Sauerstoffsättigung
unter der Norm, handelt es sich um eine Lungenkontusion mit respiratorischer Insuffizienz.
Symptomatik
Die Beschwerden sind abhängig vom Ausmaß
der Lungenverletzung und werden von den Begleitverletzungen (Rippenfrakturen, Pneumothorax), die häufig symptomatisch im Vordergrund stehen, überdeckt.
●● Da sich Lungenkontusionen erst nach einem gewissen Zeitintervall entwickeln, können sie klinisch und radiologisch zunächst „stumm“ sein.
●●
Diagnostisches Vorgehen
Das Thoraxröntgenbild kann zunächst unauffällig sein, meistens sieht man aber schon auf
der ersten Thoraxaufnahme das volle Ausmaß
der Kontusion. Die Röntgenbefunde reichen von
diffusen, weichen, abgegrenzten kleinfleckigen
Verschattungen über großflächige Infiltrate bis
zur Verschattung ganzer Lungenlappen.
●● Wichtig sind wiederholte Röntgenaufnahmen
der Lunge im zeitlichen Verlauf, um die Diagnose
einer Lungenkontusion stellen zu können.
●●
62
4.4 Thoraxtrauma:
penetrierende
Thoraxverletzungen
4.4.1 Traumatischer
Pneumothorax
Definition
●●
Bei einem traumatischen Pneumothorax gelangt
aufgrund einer Verletzung Luft in die Pleurahöhle.
Ätiologie
Perforierende Verletzungen der Thoraxwand
können ebenso wie stumpfe Thoraxtraumen
mit Verletzung der Lunge einen Pneumothorax
verursachen.
●● Bei Leckagen der Pleura visceralis handelt es sich
um einen inneren, bei Leckagen der Pleura parietalis um einen äußeren Pneumothorax. Ein
äußerer Pneumothorax tritt nach Stich-, Schussund Pfählungsverletzungen auf, ein innerer nach
Rippenfrakturen oder stumpfen Thoraxtraumen
mit Verletzung der Lunge. Der Defekt kann sich
spontan verschließen, dauernd offen bleiben
●●
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4.3.5 Lungenkontusion
4.4 Thoraxtrauma: penetrierende Thoraxverletzungen
Klassifikation
▶▶Geschlossener Pneumothorax
●● keine Verbindung mehr zur Außenluft
●● Je nach Lokalisation kann es sich um einen inneren oder äußeren geschlossenen Pneumothorax
handeln.
●● Die Lunge kann je nach Luftdauer und Größe der
Öffnung mehr oder weniger kollabiert, und damit atelektatisch sein.
●● Die Durchblutung besteht weiterhin, jedoch
fehlt, wenigstens zum Teil, die Oxygenierung,
und es kommt zur venösen Beimischung im Bereich dieser Lunge (Rechts-links-Shunt).
●● Ist die Lungenoberfläche ca. 3 cm von der Thoraxwand entfernt, besteht eine Verminderung
des Lungenvolumens um 50 %.
▶▶Offener Pneumothorax
●● dauernde Verbindung von Pleurahöhle und Außenluft, kann in Form einer Lungenverletzung
als Erstpneumothorax vorliegen
●● Die Lunge kollabiert meistens komplett. Hierzu
kommt, dass die betroffene Lunge den Atemexkursionen der Thoraxwand nicht folgen kann,
dadurch entsteht „Pendelluft“ mit mangelndem
Gasaustausch.
●● Durch die Bewegungen der gesunden Seite kann
es zum Mediastinalpendeln (Mediastinalflattern) mit Abknickung der unteren Hohlvene und
Behinderung des venösen Rückstroms zum Herzen kommen. Als Folge entsteht eine Herz-Kreislauf-Insuffizienz.
▶▶Spannungspneumothorax
●● Ventilmechanismus, bei dem Luft während der
Inspiration in die betroffene Pleurahöhle gesaugt
wird. Bei der Exspiration schließt sich der Defekt,
und die angesaugte Luft kann nicht entweichen.
●● Dadurch Überdruck in der Pleurahöhle mit Mediastinalverschiebung zur gesunden Seite. Die Folge ist eine Kompression des Herzens mit Behinderung des venösen Stromes bis hin zum Schock.
Symptomatik
●●
Beim einfachen Pneumothorax finden sich Dyspnoe und atemabhängige Schmerzen der betroffenen Seite.
Beim offenen Pneumothorax kommt es durch
den weitgehenden Lungenkollaps zusätzlich zur
Ateminsuffizienz.
●● Beim Spannungspneumothorax kommt es als
klinisches Zeichen der venösen Abflussbehinderung zu einer zunehmenden Zyanose, Tachykardie und Einflussstauung. Insgesamt resultiert
ein akut lebensbedrohlicher Zustand als Folge
einer Atem- und Kreislaufinsuffizienz.
●●
Merke
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
Ein Spannungspneumothorax führt durch
Atem- und Kreislaufinsuffizienz zu einem akut
lebensbedrohlichen Zustand.
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oder sich wie ein Ventil verhalten, das nur Luft
bei Inspiration atmen lässt.
Diagnostisches Vorgehen
Abgeschwächtes bis aufgehobenes Atemgeräusch und hypersonorer Klopfschall sind die
physikalischen Zeichen des einfachen Pneumothorax.
●● Im Röntgenbild ist die fehlende Lungenzeichnung charakteristisch. Je nach Ausmaß des
Lungenkollaps unterscheidet man radiologisch
einen Spitzenpneumothorax über der Lungenspitze, einen Mantelpneumothorax mit einem
1 – 2 cm breiten lateralen Saum und einen Totalkollaps der Lunge. Beim Spannungsthorax findet
sich zusätzlich eine Mediastinalverschiebung zur
gesunden Seite.
●●
Therapeutisches Vorgehen
Beim Spitzen- oder Mantelpneumothorax kann
der Spontanverlauf unter radiologischer und klinischer Kontrolle abgewartet werden, da geringere Luftmengen resorbiert werden.
●● Bei ausgedehnten Pneumothoraces muss zur
Erhaltung der Lunge der Unterdruck im Pleuraspalt durch eine Drainage mit Saugung wieder
hergestellt werden. Beim reinen Pneumothorax
sollte sie im 2. ICR in der vorderen Medioklavikularlinie gelegt werden, da die Luft nach oben
steigt (liegender Patient). Es kann sich dabei um
eine dünnlumige Drainage handeln, die an einen
Sog von –20 cm H2O angeschlossen wird. Nach
Einlage der Drainage und Saugung ist eine radiologische Lage- und Erfolgskontrolle obligat.
Bei einem äußeren, offenen Pneumothorax mit
Verletzung der Thoraxwand muss zunächst ein
●●
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Thorax (Pleura, Lunge)
4
●●
Therapeutisches Vorgehen
Es muss eine Thoraxdrainage zur Entlastung der
Pleurahöhle und zur Kontrolle der Blutungsmenge eingelegt werden. Die komplette Entleerung
der Pleurahöhle verhindert eine Schwartenbildung mit späterer Fistelung der Lunge.
●● Eine operative Therapie ist bei länger dauernder Blutung von mehr als 100 ml/h über mehrere
Stunden hinweg indiziert.
●●
4.4.3 Chylothorax
Definition
●●
4.4.2 Hämatothorax
Definition
●●
Blutungen in die Pleurahöhle werden als Hämatothorax bezeichnet.
Ätiologie
●●
Ein Hämatothorax ist die Folge von Verletzungen
der Lunge, der Pleura und der Thoraxwand. Ursachen können sein: Punktionen (Pleurapunktionen,
zentrale Venenwege), Verletzungen im Bereich
des Tracheobronchialsystems, Rippenfrakturen,
Aortenrupturen und in seltenen Fällen Spontanrupturen von Lungenzysten oder Lungentumoren.
Symptomatik
●●
Die Patienten klagen über Dyspnoe und atemabhängige Schmerzen. Bei der Untersuchung finden sich ein abgeschwächtes Atemgeräusch, eine
Klopfschalldämpfung und je nach Schwere der
Blutung ein Hb-Abfall und Schocksymptome.
Diagnostisches Vorgehen
●●
64
Im Thoraxröntgenbild findet sich eine homogene Transparenzminderung der betroffenen Seite.
Bei Aufnahmen im Stehen zeigen sich erst Flüssigkeitsmengen von mehr als 400 – 500 ml.
Ein ergänzendes Thorax-CT kann die Blutmengen besser darstellen.
Es handelt sich um eine Chylusansammlung im
Pleuraraum.
Ätiologie
Ein Chylothorax ist fast immer Folge einer Verletzung des Ductus thoracicus oder der Zysterna
chyli nach Traumen.
●● Häufiger jedoch verursachen iatrogene Verletzungen im Rahmen von Thoraxeingriffen z. B.
Ösophagusresektion oder Eingriffe an der Aorta
einen Chylothorax.
●● Andere seltene Ursachen sind Verlegungen des
Lymphabflusses durch Tumoren oder Entzündungen (z. B. Tuberkulose).
●● Eine Rarität ist eine kongenitale Fehlanlage, die
immer mit einem Chylaskos (Chylus im Abdomen) einhergeht.
●●
Symptomatik
●●
Die Symptome sind immer wie bei einem Pleuraerguss Klopfschallverkürzung und abgeschwächtes Atemgeräusch. Bei großen Chylusmengen hat der Patient Dyspnoe.
Diagnostisches Vorgehen
●●
Die Punktion trüber Flüssigkeit mit einem Fettgehalt von 0,4 – 4 %, einem Eiweißgehalt von bis
zu 30 % und Lymphozyten ist beweisend.
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lockerer luftdurchlässiger (Cave: Ventilmechanismus!) Verband angelegt werden. Nach Einlage
einer Bülau-Drainage kann die Wunde verschlossen und ein Sog an die Drainage angelegt werden.
●● Der lebensbedrohliche Zustand beim Spannungspneumothorax erfordert eine sofortige
Entlastung des Überdrucks in der Pleurahöhle
durch Einlage einer Thoraxdrainage (4. ICR, hintere Axillarlinie). Im Notfall muss eine Punktion
mit einer dicklumigen Kanüle im 2. ICR medioklavikular erfolgen. Die Kanüle sollte mit einem
Fingerling, der wie ein Überdruckventil wirkt,
versorgt werden (Tiegel-Kanüle). Anschließend
erfolgt die Einlage einer Thoraxdrainage.
●● Eine Beatmung darf vor Behebung des Spannungspneumothorax und Einlage einer Drainage
nicht durchgeführt werden. Ist die Atemmechanik wieder hergestellt, kann die Ursache der Störung behandelt werden.
4.4 Thoraxtrauma: penetrierende Thoraxverletzungen
Therapeutisches Vorgehen
Die Behandlung ist zunächst konservativ. Die
Einlage einer Drainage und Abwarten des Spontanverlaufs unter fettarmer Diät, um die Chylusproduktion zu drosseln.
●● Sistiert die Chylusproduktion nicht, ist eine operative Ligatur des Ductus thoracicus indiziert.
●●
Diagnostisches Vorgehen
Radiologische Befunde wie beim Explosionstrauma.
●● Wichtig ist die Bronchoskopie, um das Ausmaß
und die Lokalisation der Verletzungen vor der
Operation festzustellen.
●●
Therapeutisches Vorgehen
Definition
●●
Rupturen des Tracheobronchialsystems sind
meistens Folge von sehr schweren stumpfen
Thoraxtraumen, insbesondere bei Kindern mit
elastischem Thorax.
Symptomatik
●●
Da die Tracheal- und Bronchusverletzungen selten isoliert auftreten, finden sich fast alle Symptome möglicher Thoraxverletzungen. Hämato-,
Pneumothorax, Atelektase und Haut- bzw. Mediastinalemphysem sind Folgen der Bronchusruptur. Besonders bei einem Pneumothorax, der
trotz adäquater Drainage nicht behoben werden
kann, muss nach Bronchusverletzungen gesucht
werden.
●●
4
Zunächst erfolgt die Drainage der betroffenen
Thoraxseite, bei Einreißen des Bronchus oder
der Trachea erfolgt die Naht des Defekts, beim
Abriss die Reanastomosierung, bei kleineren
Trachealverletzungen, insbesondere im Bereich
des Paries membranaceus, kann die endoskopische Einlage eines gecoateten Trachealstents
ausreichend sein.
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4.4.4 Trachea- und
­Bronchusverletzungen
Literatur
[1] Aul A, Klose R. Invasive Notfälle in der Notfallmedizin – Präklinische Thoraxdrainage.
Indikationen und Technik. Anaesthesist
2004; 53: 1203 – 1210
[2] Boffa DJ, Sands MJ, Rice TW et al. A critical
evaluation of a percutaneous diagnostic and
treatment strategy for chylothorax after thoracic surgery. Eur J Cardiothorac Surg 2008;
33: 435 – 439
[3] Heineck J, Jacobi TH, Saeger HD et al. Thoraxtrauma. Trauma und Berufskrankheit
2004; 7: 202 – 206
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