Arbeitspapier Nr. 28 Customer Relationship Management im Mittelstand Leif-Erik Wollenweber Arbeitspapiere der FOM Wollenweber, Leif-Erik Customer Relationship Management im Mittelstand Arbeitspapier der FOM, Nr. 28 Essen 2012 ISSN 1865-5610 © 2012 by MA Akademie Verlagsund Druck-Gesellschaft mbH Leimkugelstraße 6, 45141 Essen Tel.0201 81004-351 Fax0201 81004-610 Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung der MA Akademie Verlags- und DruckGesellschaft mbH unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Oft handelt es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Warenzeichen, auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind. ISSN 1865-5610 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Vorwort Kundennähe gilt als einer der herausragenden Erfolgsfaktoren von KMU (klein- und mittelständischen Unternehmen). Differenzierte Informationen über Kundenbedürfnisse und jeweilige Anforderungen können bei engem Kontakt der Geschäftspartner direkt erfasst und umgesetzt werden. Großunternehmen bedienen sich zu diesem Zweck vorwiegend IT-gestützter Kundeninformationssysteme als Basis für ihr jeweiliges CRM (Customer Relationship Management). Hier werden relevante Kundeninformationen aufgezeichnet und in Hinblick auf eine effektive Marktdurchdringung ausgewertet. So können Kundenwerte sowie Cross- und Up Selling-Potentiale erfolgswirksam gesteuert werden. Auch wenn die Umsetzung dieser CRM-Systeme im Mittelstand noch nicht flächendeckend erfolgt ist, und häufig der Erfolg auch nicht umfassend eintritt1, stellen CRMSysteme doch eine zukunftsorientierte Herausforderung im globalen Wettbewerb auch für KMU dar. Vor diesem Hintergrund befasst sich der vorliegende Beitrag mit der Frage, welche Chancen und Risiken CRM für den Mittelstand bietet. Besonderer Fokus wird dabei auf die Anforderungen und Hindernisse zur Einführung von CRM-Systemen in KMU gelegt. Auf der Basis der Auswertung des aktuellen Forschungsstandes zum CRM werden dazu anhand eines Fallbeispiels aus der kunststoffverarbeitenden Industrie – gestützt auf Experteninterviews – wesentliche Erfolgsfaktoren für den Einsatz von CRM im Mittelstand identifiziert und hinsichtlich ihrer Operationalisierung erörtert. Prof. Dr. Sabine Fichtner-Rosada FOM Hochschule für Oekonomie & Management Wissenschaftliche Schriftenleitung Essen, Januar 2013 1 Vgl. Deutsche Bank Research (2009): S. 6 f., (letzter Zugriff: 31.08.2012) FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Danksagung Bedanken möchte ich mich bei Mexhid Rexhi, Geschäftsführer und Mitinhaber der Rexhi Faserverbundtechnik GmbH für die enge Kooperation, die Zurverfügungstellung aller notwendigen Informationen und seine Bereitschaft zur Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse zur Einführung in sein mittelständisches Unternehmen. Weiterhin danke ich herzlich dem Team der Schriftenleitung der FOM, mit deren geduldiger und sorgfältiger Unterstützung die vorliegende Veröffentlichung erfolgreich entstehen konnte. Dr. Leif Erik Wollenweber FOM Hochschule für Oekonomie & Management Essen, Januar 2013 II FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................... IV Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ V Tabellenverzeichnis ........................................................................................................... VI 1 Kundenorientierte Unternehmensführung im Mittelstand ................................................. 1 2 Customer Relationship Management (CRM) – geeignet für den Mittelstand? ................. 5 2.1 Problemdarstellung .................................................................................................... 5 2.2 Abgrenzung Großunternehmen und Mittelstand ...................................................... 11 2.3 CRM im Mittelstand .................................................................................................. 13 3 Customer Relationship Management ............................................................................. 16 3.1 Definitionsansätze von CRM .................................................................................... 16 3.2 Zielsetzung des CRM ............................................................................................... 20 3.3 Aufbau von CRM-Systemen..................................................................................... 23 3.3.1 Operatives CRM .............................................................................................. 25 3.3.2 Analytisches CRM ........................................................................................... 28 3.4 Zur Implementierung von CRM-Systemen ............................................................... 31 3.4.1 Projektmanagement zur Implementierung....................................................... 32 3.4.2 Kosten und Aufwand der Implementierung von CRM ..................................... 35 3.5 Vor- und Nachteile der Einführung von CRM ........................................................... 39 4 Einsatz von CRM - KMU und Großunternehmen im Vergleich....................................... 48 4.1 Unterschiede zwischen Großunternehmen und KMU .............................................. 48 4.2 Großunternehmen und CRM.................................................................................... 52 4.3 KMU und CRM ......................................................................................................... 53 4.4 Anforderungen an KMU zur Implementierung von CRM-Systemen ........................ 54 4.5 Anforderungen an CRM für KMU ............................................................................. 59 4.6 Anpassungsbedarfe des CRM ................................................................................. 62 4.7 Change Management zur Einführung von CRM ...................................................... 62 5 Fazit: CRM als Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg von KMU ........................................ 64 Anhangsverzeichnis.......................................................................................................... VII Literaturverzeichnis............................................................................................................ 67 III FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Abkürzungsverzeichnis B2B Business to Business B2C Business to Consumer CAS Computer Aided Selling CCRM Collaborative Customer Relationship Management CIC Customer Interaction Center CIO Chief Information Officer CRM Customer Relationship Management CTI Computer-Telefon-Integration CTP Customer Touch Points DDV Deutscher Dialogmarketing Verband ERP Enterprise Resource Planning FIT Fraunhofer Instituts für Angewandte Informationstechnik HBR Harvard Business Review HR Human Resources IfM Institut für Mittelstandsforschung ISS Interactive Selling Systeme KLM Koninklijke Luchtvaart Maatschappij N.V. MIT Massachusetts Institute of Technology ÖBB Österreichische Bundesbahnen OLAP Online Analytical Processing PWC Price Waterhouse Coopers RDF Rexhi Duroplast Faserverbundtechnik RWTH Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Saas Software as a Service SAP Systeme Anwendungen Produkte in der Datenverarbeitung SCM Supply Chain Management SID Software-Initiative Deutschland SoW Share of Wallet IV FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Entwicklung zum kundenorientierten Marketing ........................................ 5 Abbildung 2: Entwicklung von CRM................................................................................ 9 Abbildung 3: Modell einer ABC-Analyse ....................................................................... 21 Abbildung 4: Ziele des CRM ......................................................................................... 23 Abbildung 5: OLAP-Datenwürfel ................................................................................... 30 Abbildung 6: Einsatz von CRM-Software bei Großunternehmen ................................. 52 Abbildung 7: CRM-Umsetzung bei KMU ...................................................................... 54 Abbildung 8: Nutzung der Instrumente des strategischen CRM ................................... 58 V FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Marketing-Verständnis ........................................................................................ 6 Tabelle 2: EU-Einteilung KMU und Großunternehmen...................................................... 12 Tabelle 3: Faktoren zur Beurteilung des Kundenwerts ...................................................... 22 Tabelle 4: Monatliche Nutzungsgebühren für Cloud-CRM-Lösungen ............................... 36 Tabelle 5: Positive und negative Effekte durch CRM ........................................................ 44 Tabelle 6: Unterschiede zwischen KMU und Großunternehmen ....................................... 48 Tabelle 7: Unterschiede bei Forschung & Entwicklung ..................................................... 49 Tabelle 8: Modul-Optionen von CRM-Systemen ............................................................... 60 VI FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 1 Kundenorientierte Unternehmensführung im Mittelstand Durch moderne Kommunikationsmittel, Online-Marktplätze und E-Commerce können Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen weltweit anbieten. Jedoch nimmt auch die Konkurrenz auf dem Heimatmarkt zu, da Handelsbarrieren weiter fallen und die internationale Konkurrenz weitgehend freien Marktzugang hat. Für Endverbraucher, wie das betriebliche Beschaffungswesen, bietet sich deshalb vielfach das Ideal nahezu vollständig transparenter Märkte. Das gilt für den B2B (Business to Business)-Bereich ebenso wie für den Endverbraucher, sprich dem B2C (Business to Consumer)-Bereich, der via Preissuchmaschine im Internet vergleicht. Logistikkosten spielen dabei häufig eine nur marginale Rolle, so dass entweder die Differenzierung über die Qualität oder der Produktpreis entscheiden. Auch dies fällt jedoch immer schwerer. Durch immer schnellere Imitation oder Substitution sinken die Halbwertzeiten der Alleinstellungsmerkmale vieler Anbieter dramatisch.2 Nicht selten wird zudem das beste Produkt zugleich zum günstigsten Preis gefordert.3 Für Kunden bietet sich deshalb die Chance, bei jeder Kaufentscheidung zum jeweils günstigsten Anbieter zu wechseln - die Loyalität sinkt.4 Allerdings ist die nahezu vollständige Vergleichbarkeit von Preisen und Leistungsangeboten nur eine Seite der Medaille. Durch den schnellen Austausch von Zulieferern gehen Vertrauensbeziehungen verloren oder werden gar nicht erst ausgebaut. Die Folge ist der sogenannte hybride Käufer: simple, homogene Güter, bei denen geringe bis keine Qualitätsunterschiede zu vermuten sind, werden möglichst günstig eingekauft. Bei hochwertigen, spezialisierten Gütern hingegen fallen die vorökonomischen Ziele Sympathie, Image, Loyalität und eben Vertrauen immer noch stark ins Gewicht. Für Unternehmen, gerade in Hochlohnländern wie Deutschland, ist es deshalb wichtig, ruinöse Preiswettkämpfe zu vermeiden und anstelle dessen, hybride Einkäufer in treue Kunden zu verwandeln. Dies gelingt am besten, so die zentrale These des Kundenbeziehungsmanagements und damit dieses Beitrages, indem man seine Kunden, ihre Bedürfnisse, ihre Entscheider bzw. deren Motive und ihre Prozesse bestmöglich kennt. Das ist offensichtlich keine neue Erkenntnis, nur sind sowohl die Ansprüche der Kunden als auch ihre Produkt-, Konditionen- und Kommunikationsstrategien der Kunden heute so komplex, dass es nicht mehr möglich ist, alle relevanten Daten ohne systematische Erfassung und Speicherung abrufbereit zu haben und verarbeiten zu können. Bereits kleinste Unternehmen profitieren zweifelsohne von engen Kundenbeziehungen und möglichst detaillierten Kenntnissen über Kunden, Interessenten und Markt. Deshalb sollte sich bereits für sie, so die These, der Einsatz von Kundenbeziehungsmanagement, im Folgenden als CRM (Customer Relationship Management) bezeichnet, rentieren. 2 3 4 Vgl. Helmke, S. / Uebel, M. F. / Dangelmaier, W. (2008): S. 5; Morschett, D. (2002): S. 246. Vgl. Runia, P. / Wahl, F. / Geyer, O. / Thewißen, C. (2011): S. 125; Schumacher, J. / Meyer, M. (2004): S. 12 ff.; Stark, J. (2010): o. S., (letzter Zugriff: 18.08.21012). Schüller, A. M. (2010): S. 20 f.; Stark, J. (2010): o. S., (letzter Zugriff: 18.08.21012); Deloitte (2008): S. 5, (letzter Zugriff: 20.08.2012). 1 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Dies gilt dann erst recht für Großunternehmen. Ob sich für KMU (Kleine und mittlere Unternehmen) die Implementierung und Nutzung von CRM jedoch tatsächlich lohnt und inwieweit sie sich hierbei von Großunternehmen unterscheiden, soll im Folgenden thematisiert werden. Ausgangspunkt dieser Untersuchung war das 2011 durchgeführte Beratungsprojekt zur Reorganisation des Vertriebs im Zusammenhang mit der Einführung eines CRM-Systems bei der mittelständischen RDF (Rexhi Duroplast Faserverbundtechnik) GmbH. Der Geschäftsführer Mexhid Rexhi unterstützte die wissenschaftliche Vorgehensweise, engagierte sich aktiv und befürwortete die Verwendung der Ergebnisse im Rahmen einer Publikation.5 Der RDF GmbH war klar, dass ihre Neukundenakquise, ihre Vertriebsorganisation und ihr Kundenmanagement antiquiert waren und nicht mit dem Unternehmenswachstum der letzten Jahre mitgehalten hatten. Eine Schwäche, die nicht untypisch für Mittelständler ist., denn obwohl die Vorteile eines systematischen, IT-gestützten Kundenbeziehungsmanagement auf der Hand liegen, vernachlässigen gerade Kleinunternehmen die Chancen, die sich durch eine Professionalisierung im Vertrieb bieten.6 Während 2007 in der EU-15 nahezu 60 % der Großunternehmen CRM-Systeme nutzten, waren es nur knapp 20 % der KMU.7 Deshalb sollte die Marketing- und Vertriebsorganisation modernisiert und die passende CRM-Software gefunden werden. Keinesfalls soll CRM hier nur auf dessen technische Komponente reduziert werden.8 Diese sind eine zur Beherrschung großer Datenmengen notwendige, aber nicht allein ausreichende Komponente von CRM. CRM soll hier als Philosophie der kundenorientierten Unternehmensführung verstanden werden, die auf die einzelnen strategischen und operativen Ziele herunter gebrochen wird. Ein weiterer zentraler Aspekt der vorliegenden Untersuchung ist es, die Bedeutung der Organisation, der Einbindung aller Unternehmensfunktionen und die Motivierung des betroffenen Mitarbeiters für den Erfolg von CRM zu betrachten.9 Vor allem die Vertriebsmitarbeiter müssen vom Nutzen für das Unternehmen und für sie selbst überzeugt werden. CRM-Einführungen scheitern nicht selten gerade wegen fehlender Akzeptanz und in der Folge mangelhafter Datenpflege durch den Vertrieb. Immerhin bedeutet die Einführung eines CRM-Systems für langjährige Vertriebsmitarbeiter, dass sie ihr Expertenwissen im Unternehmen frei verfügbar machen. Dabei geht es nicht nur um den Verlust von „Herrschaftswissen“, sondern auch um die Angst, ersetzbar durch jüngere oder billigere Arbeitskräfte zu werden. Solchen Befürchtungen gilt es vorzubeugen, denn, wenn auch nur ein Teil der Vertriebsmitarbeiter das CRM ablehnen würde, könnte dieses durch unzureichende oder sogar unzutreffende Daten 5 6 7 8 9 2 Sensible Unternehmensdaten werden nicht in der Studie veröffentlicht. Es wurde zugleich darauf geachtet, dass hierdurch deren wissenschaftliche Aussagefähigkeit nicht beeinträchtigt wird. Vgl. Brendel, M. (2003): S. 27 ff. Vgl. Stobbe, A. (2009): S. 1, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Daten basierend auf Eurostat. Leußer, W. / Hippner, H. / Wilde, K. D. (2011a), S. 17. Vgl. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, XXVIII. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand eingaben sabotiert werden, so dass auch die Datenqualität insbesondere für das analytische CRM unbrauchbar werden könnte. Ein solches Fehlverhalten wäre jedoch oft nur schwer und mit großem Aufwand nachweisbar. Für Vertriebsmitarbeiter, die den CRM-Einsatz nicht als vorteilhaft ansehen, bedeutet die Dateneingabe jedenfalls zumindest einen zusätzlichen Aufwand, der bei mangelnder Akzeptanz so gering wie möglich gehalten wird. Den zumeist weitgehend autark arbeitenden Vertriebsmitarbeitern wird dies ein leichtes sein. Nicht zuletzt könnten diese die Einführung des CRM auch als Versuch der Unternehmensleitung sehen, sie stärker zu kontrollieren. Umso mehr sollte also ein möglichst großer Anteil speziell der Außendienstmitarbeiter den Einsatz des CRM nicht (vorrangig) als Belastung und Eingriff in die individuelle Arbeitsweise, sondern vor allem als Chance zur Erfolgssteigerung und damit als persönlichen Vorteil begreifen. Eine Hypothese, der im Folgenden nachgegangen wird, ist deshalb, ob die Implementierung eines CRM-Systems in eine bestehende Organisation deshalb auch des Change Management und der Organisations- und Personalentwicklung bedarf. Die generell positive Wirkung von CRM auf die Faktoren Kundenbindung, Kosteneffizienz und damit Umsatz und Ertrag wurde bereits in zahlreichen Studien nachgewiesen.10 Für Großunternehmen ist der Nutzen von CRM weitgehend unbestritten und ausreichend untersucht (wenngleich es auch hier Umsetzungsschwierigkeiten und Optimierungsbedarfe gibt). Für KMU11 gilt dies jedoch nicht in gleichem Maße, obwohl viele Industriezweige direkte Zulieferer von Großunternehmen sind und damit eine enge Einbindung in deren Supply Chain sowie Qualitätsmanagement aufweisen. Deshalb kann die RDF als Beispielunternehmen für die Zulieferer von Großunternehmen betrachtet werden. Den zentralen Hypothesen kann nicht allein anhand vorhandener wissenschaftlicher Literaturquellen und Untersuchungen nachgegangen werden. Da die hier zu erhebenden Daten in großen Teilen auf „weiche Faktoren“ abstellen und interne Prozesse in KMU abgefragt werden, wurden offene, leitfadengestützte Experteninterviews zu den qualitativen Aspekten des Kundenbeziehungsmanagements bei KMU eingesetzt. Der Vorteil beim Einsatz von Experteninterviews liegt in der Möglichkeit, Kausalzusammenhänge zu erkennen und vertiefte Kenntnisse des Forschungsgegenstandes zu gewinnen. Ferner kann durch die Auswahl von Interviewpartnern mit komplementären Kenntnissen eine ausgewogenere Analyse erfolgen. Dies war auch hier das Ziel, weshalb die verschiedenen Aspekte von CRM durch folgende Experten abgedeckt wurden: 10 11 Götz, O. / Krafft, M. (2011): S. 543 f.; Bruhn, M. (2009a): S. 67; Huber, F. / Herrmann, A. / Braunstein, C. (2009), S., 79; Bauer, H. H. / Stokburger, G. / Hammerschmidt, M. (2006): S. 134. KMU und Mittelstand werden im Folgenden synonym gebraucht. Maximal 5 % aller Betriebe in Deutschland werden zu den Großunternehmen und Konzernen gezählt. Vgl. Günterberg, B. (2012): S. 1 ff. (letzter Zugriff: 24.11.2012). 3 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 1. Wissenschaftliche Expertise zum Thema CRM in KMU: Prof. Dr. Florian Siems Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere B2B-Marketing RWTH Aachen Templergraben 64 52056 Aachen 2. Kommerzielle Anbieter von CRM-Systemen: Guido Sander Sander CRM Software Inhaber, Beratung und Vertrieb Oppenweher Straße 14-16 D-49419 Wagenfeld 3. KMU der kunststoffverarbeitenden Industrie - mit CRM: Wolfram Sultze Gaugler & Lutz OHG Habsburger Straße 12 D-73432 Aalen-Ebnat 4. KMU der kunststoffverarbeitenden Industrie - ohne CRM Georg Kötter BÜFA Composites GmbH & Co. KG Hohe Looge 2-8 26180 Rastede Die Interviews wurden als offene, leitfadengestützte Experteninterviews geführt. Die Erstellung eines Leitfadens war notwendig, um die Vergleichbarkeit der Interviews sicherzustellen. Zugleich sollten die offenen Fragen Raum geben, im Leitfaden nicht berücksichtigte Zusammenhänge zu identifizieren und so neue Erkenntnisse zu erhalten. Zunächst wurde nach dem Aufgabengebiet, der beruflichen Qualifikation und dem Erfahrungshintergrund des CRM-Experten gefragt. Der Grundregel „vom Einfachen zum Komplexen, vom Allgemeinen zum Speziellen“ folgend, wurden dann die Fragen zu Vor- und Nachteilen von CRM-Systemen, darauf aufbauend zur Implementierung, insbesondere in KMU und zuletzt zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen durch den Einsatz von CRM in KMU gestellt.12 12 4 In Anhang 1 werden die Experteninterviewprotokolle zur Verfügung gestellt. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 2 Customer Relationship Management (CRM) – geeignet für den Mittelstand? 2.1 Problemdarstellung Durch die zunehmende Globalisierung sowie den steigenden Preiskampf auf nationalen und internationalen Märkten für Produkte und Dienstleistungen sind Unternehmen mit einer stark ausgeprägten abnehmerseitigen Verhandlungsmacht konfrontiert.13 Um sich gegenüber dem Wettbewerb zu differenzieren und bestehende Kunden zu binden, ist es notwendig, dass die Unternehmen ein neues Marketingverständnis schaffen, welches den Kunden in den Mittelpunkt aller Unternehmensaktivitäten stellt.14 Das Primat der marktorientierten Unternehmensführung fordert eine strategische Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten an den Bedürfnissen der Kunden und dem Verhalten der Wettbewerber. Das Marketing nimmt deshalb eine duale Funktion wahr: Es dient als Leitbild und strategische Ausrichtung der Unternehmensführung und stellt deshalb die Vorgabe für alle primären Funktionen (s. dazu Abb. 1) der Wertkette dar.15 Fertigung Fertigung Fertigung Marketing Marketing Personal Personal Einkauf Fertigung Personal Finanzen Personal Finanzen Einkauf Forschung Forschung Quelle: Vgl. Fisch, J. H. / Roß, J. M. (2009): S. 91. Abbildung 1: Entwicklung zum kundenorientierten Marketing Innerhalb dieser bleibt es zugleich die verbindende Unternehmensaktivität zwischen Forschung & Entwicklung, Beschaffung und Produktion in den Vorstufen und dann dem Vertrieb, der Ausgangslogistik und dem Aftersales-Service.16 Das Verständnis des Marketingbegriffs hat sich von den 80er Jahren zu den 2010ern vom produkt- und leistungsbezogenen Verkauf und einer massenorientierten Kommunikation (one-to-many) hin zur individuellen Kundenkommunikation entwickelt (one-toone). Gerade aus dieser Perspektive bedeutet marktorientierte Unternehmensführung 13 14 15 16 Vgl. Helmke, S. / Uebel, M. F. / Dangelmaier, W. (2008): S. 5 ff. Vgl. Bruhn, M. (2009a), S. 35; Gerdes, J. (2010), S. 475 ff. Vgl. Porter, M. E. (2004): S. 127 ff. Vgl. Meffert, H. / Burmann, C. / Kirchgeorg, M. (2008): S. 12 ff. 5 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand kundenorientierte Unternehmensführung.17 Diese inhaltliche Fortentwicklung lässt sich gut an der nachfolgenden Gegenüberstellung ersehen: Tabelle 1: Marketing-Verständnis Bisheriges Marketing Verständnis Zukünftiges Marketing-Verständnis (klassisches Marketing) (Customer Relationship) • Ziel: to make a sale • Ziel: to create a customer • Verkauf ist Abschluss einer Kundenbeziehung • Verkauf ist der Beginn einer Kundenbeziehung • Käufer und Verkäufer sind un- • Käufer und Verkäufer sind vonei- abhängig nander abhängig • Ausrichtung: Produkt (mass production) • Ausrichtung: Service (mass customization) • Produkte und Ressourcen bestimmen die Marketing- • Beziehungen (relationship) bestimmen die Marketing- Aktivitäten Aktivitäten • Kunde kauft Werte • Kunde schafft Werte • Kosten + Gewinn = Preis • Preis - Gewinn= Kosten • Einseitige Kommunikation • Zweiseitige Kommunikation • Anonymer Kunde • Bekannter Kunde: Name, Adresse, Lebensstil, Produktlebenszyklus Quelle: Vgl. Thommen, J. / Achleitner, A. K. (2009): S. 13 ff. Mit Hilfe des neuen Marketingverständnisses soll nun der Kunde im Mittelpunkt stehen. Doch im Gegensatz dazu, lebt das bis in die 70er Jahre hinein herrschende Paradigma der Produktorientierung noch in einigen mittelständischen Unternehmen fort, die bislang durch günstige Faktoren, wie eine hohe Produktqualität und Innovationskraft oder einen besonderen stabilen Kundenstamm relativ wenig Anpassungsdruck gespürt hatten. Doch auch diese letzten „Reservate“ werden durch das dynamische Fortschreiten der Globalisierung bald verschwunden sein.18 So sind jahrzehntealte Kundenbeziehun 17 18 6 Vgl. Zerres, M. / Zerres, C. (2003): S. 205. Vgl. Zerres, M. / Zerres, C. (2003): S. 125. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand gen gerade in Deutschland nicht selten durch die persönliche Bekanntschaft mit dem Unternehmensgründer geprägt. Doch diese Gründergeneration aus den 1950er und 1960er Jahren und ihre angestammten Kunden gehen irgendwann in den Ruhestand. Einige regional ausgerichtete und ehemals florierende KMU erleben deshalb, wie ihre Kundschaft regelrecht ausstirbt – zuerst kaum merklich, dann mit dramatischer Geschwindigkeit. Steht der Generationswechsel an und ein Nachfolger bereit – was längst nicht immer der Fall ist – werden die Karten neu gemischt. Während in Großunternehmen die angestellte Geschäftsführung für (eine gewisse) Kontinuität steht, stellt der Inhaberwechsel bei KMU für das Unternehmen und seine Kunden eine kritische Phase dar. Mit dem alten Inhaber scheidet die Identifikationsfigur nach außen und innen aus, ohne CRM fehlt auf einen Schlag der meist größte „Datenspeicher“ mit Kundeninformationen, verhandelten Konditionen und Agreements. Je intensiver bis dahin die Kundenbeziehungen waren, desto stärker wirkt sich dann ein möglicher Wandel in der Firmenpolitik auf den Kunden und seine Bindung aus. Nicht zuletzt stellt die Übergangsphase vom alten zum neuen Chef angesichts des herrschenden Wettbewerbsdruck auf dem Gros der Märkte eine Einladung für die Konkurrenz dar, Kundschaft abzuwerben. Ohne die persönliche Bindung sind viele Kunden deutlich schneller bereit, die Geschäftsbeziehungen zu beenden und den Anbieter zu wechseln. Verfügt das Unternehmen allerdings schon im Vorfeld über ein funktionierendes CRM, können die Kunden aktiv und individuell von der neuen Unternehmensleitung angesprochen werden, um die bestehende Bindung zu bewahren und zu erneuern. Im Wettbewerb sind oft nicht mehr nur der Preis oder die Qualität des Produktes allein ausschlaggebend, sondern das gesamte Leistungsbündel einschließlich des AfterSales-Services wird betrachtet. Die Leistungsfähigkeit und Anpassungsgeschwindigkeit ganzer Wertschöpfungsketten entscheiden – gerade im B2B-Bereich – angesichts der immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen über die Wettbewerbsfähigkeit. Hier kann das CRM wertvolle Dienste für die Koordination der Leistungserstellung im Unternehmensnetzwerk und mit dem Kunden leisten. Wohl selten in der Geschichte war es leichter und ging es schneller, Kunden an den Wettbewerb zu verlieren. Neue Kunden zu gewinnen, bedeutet bis zu fünf Mal höhere Werbe- und Vertriebskosten, als bestehende Kunden zu binden.19 Verlorene Kunden zurückzugewinnen kann sogar bis zu 10fache höhere Kosten bedingen.20 Unternehmen muss deshalb daran gelegen sein, zuvorderst die Kundenzufriedenheit und damit -loyalität zu stärken, um die Umsätze mit bestehenden Kunden zu steigern.21 Selbstverständlich kommt kaum ein Unternehmen ohne Neukundenakquise aus, da eine ge 19 20 21 Vgl. Scharnbacher, K. / Kiefer, G. (2003): S. 15 f. Vgl. Duffner, A. / Henn, H. (2001): S. 41. Vgl. Götz, O. / Krafft, M. (2011): S. 213 ff.; Scharnbacher, K. / Kiefer, G. (2003): S. 16; Griffin A. / Gleason, G. / Preiss, R. / Shevenaugh, D. (1995): S. 65. 7 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand wisse Fluktuation immer angenommen werden muss, die die Kundenbasis erodieren würde. Der Widerstand bei KMU gegen die Einführung eines CRM basiert oft auf dem Argument, viele der Informationen, die erfasst und verarbeitet werden sollen, wären schon zuvor im Unternehmen vorhanden. Außerdem habe der Vertrieb sein Handwerk ja bislang auch verstanden, sonst hätte das Unternehmen nie wettbewerbsfähig werden können. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Wissen um die Kunden und die Prozesse in der Tat auch ohne CRM vorhanden ist, jedoch nur implizit - in den Köpfen der erfahrenen Mitarbeiter, vor allem des Vertriebsaußendienstes. Ein systematisches Management von Kundenbeziehungen ist so nicht möglich. Hier muss deshalb die Überzeugungsarbeit ansetzen, dass es zum Nutzen auch der Außendienstmitarbeiter wie eben des Gesamtunternehmens ist, ein systematisches Wissensmanagement zu betreiben. Dazu bedarf es einer bestimmten, unterstützenden Unternehmenskultur, die oft erst noch entwickelt werden muss. Zudem müssen die Rüstkosten eines CRM betrachtet werden. Diese fallen grundsätzlich auch in Großunternehmen an, in Relation zu dem Umsatz und den übrigen Kostenstellen können sie aber vor allen Dingen bei KMU absolut wie relativ betrachtet von höherem Gewicht und damit kostenintensiv sein. Vereinfacht ausgedrückt, kann es sich ein KMU überhaupt finanziell wie personell leisten, ein CRM einzuführen? Und zugleich, kann es nachhaltige Erfolge erzielen ohne ein softwaregestütztes CRM? Denn zusätzlich zu den Einführungs-, Rüst- und Change Management-Kosten muss der möglicherweise erhöhte administrative Aufwand betrachtet werden. Gerade KMU müssen äußerst genau darauf achten, dass der Detaillierungs- und Komplexitätsgrad des CRM durch dessen Nutzen gerechtfertigt wird. Selbst bei optimaler technischer Integration eines CRM-Systems bedarf es der Einbindung und auch der Akzeptanz in der gesamten Organisation des Unternehmens. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Einführung von CRM bei KMU oft an diesen Faktoren scheitert.22 Notwendig sind deshalb Maßnahmen der Organisationsentwicklung und eine Anpassung der personellen Ressourcen. Dies gilt insbesondere für kleine KMU, bei denen in der Regel weder die Qualifikation noch die Stelle eines CRMBetreuers vorhanden ist. Für eine optimale Integration von CRM wäre es für KMU mit einem Vertriebsaußendienst wünschenswert, wenn die Aufgaben der Datenpflege und –analyse an mindestens einen Mitarbeiter zuzüglich Stellvertreter vergeben werden 22 8 Vgl. Duscha, A. (2007): S. 29 ff., (letzter Zugriff: 23.11.2012). FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand kann.23 Gerade für die sensible Einführungsphase kann die Heranziehung externer Berater sinnvoll sein.24 Die Verwendung von CRM-Systemen gewinnt kontinuierlich an Bedeutung, da die Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen austauschbar werden. Damit besteht ein wichtiges Wettbewerbsinstrument und Differenzierungskriterium zur Steigerung der Kundenzufriedenheit und damit der Kundenbindung und -gewinnung.25 Letztlich kann es dazu dienen, entscheidende Wettbewerbsvorteile zu generieren (s. Abb. 2). CRM als strategischer Wettbewerbsvorteil Ausschöpfung von Kundenpotenzialen Kundenfreundliche Beziehungspflege IT-Orientierung Vertriebsorientierung Führungsphilosophie Quelle: nach Weißenberger, B. (2004): S. 20. Abbildung 2: Entwicklung von CRM Zur Verdeutlichung: Allein die Verhinderung der Abwanderung von Kunden kann sich dramatisch auf den Gewinn auswirken. US-Studien zufolge kann eine Reduzierung der Kundenabwanderung um 5 % eine Gewinnsteigerung je Kunde von bis zu 85 % bewir 23 24 25 Hier ist eine Verknüpfung mit den Anforderungen von Qualitätsmanagementsystemen sinnvoll, die i.d.R. eine Doppelverantwortung für alle wichtigen Mitarbeiteraufgaben im Unternehmen fordern. Hier wäre es eine interessante Frage für die betriebswirtschaftliche Forschung, inwieweit deren Einsatz den Erfolg von CRM-Systemen erhöhen kann. Der positive Effekt der Kundenzufriedenheit auf die Kundenbindung wurde bereits in Studien nachgewiesen. Allerdings ist diese nicht allein erklärend, da bspw. im Fall der Automobilindustrie Untersuchungen zufolge bei bis zu 95 % der zufriedenen Kunden teils nur 40 % tatsächlich loyal bleiben. Vgl. Homburg, C. / Becker, A. / Hentschel, F. (2010): S. 123. 9 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand ken.26 Da die Anbieter immer härter um die Gesamtkaufkraft (Share of Wallet27) der Kunden konkurrieren, gewinnt CRM auch bei KMU aus strategischer wie operativer Perspektive an Relevanz.28 Die hierfür notwendige bestmögliche Kenntnis des Kunden, seine Bindung und Loyalität lassen sich nur mit einer systematischen Kunden- und Marktbearbeitung verwirklichen.29 Hierfür entwickelte CRM-Systeme sind inzwischen so komplex, dass ihr Einsatz zunächst mit Großunternehmen in Zusammenhang gebracht wird. Jedoch sind die Stärken persönlicher Kundenbeziehungen und genauer Kundenkenntnis eigentlich die Domäne der KMU gewesen.30 CRM wird heute hingegen, so die These, weniger mit KMU assoziiert, da ihnen zwar keinesfalls die Sensibilität für die Bedeutung möglichst große Kundennähe fehlt, es ihnen jedoch an der planvollen Erfassung und Analyse der Kundendaten sowie an einer eben solchen Kundenkommunikation und –behandlung mangelt. Die möglichst effektive und effiziente Kundengewinnung und -bindung erfolgt deshalb idealerweise – in Großunternehmen wie in KMU - in systematischer und aktueller Form. Dies zu verwirklichen ist das Ziel des modernen CRM.31 Eine wichtige, aber eben nicht alleinige Rolle spielt dabei der Einsatz von spezieller Unternehmenssoftware. Mit wie viel Aufwand, auf welche Weise und wie erfolgreich gerade KMU diese einsetzen können, ist die im Mittelpunkt der folgenden Untersuchung stehende Fragestellung, deren Untersuchung auf den folgenden Hypothesen basiert: 1. Der Einsatz von CRM-Systemen ist nicht allein auf eine IT-Prozesssteuerung beschränkt, sondern eine Nutzenfunktion für das Gesamtunternehmen. 2. KMU unterscheiden sich in ihren Voraussetzungen hinsichtlich der Einführung und Nutzung von CRM-Systemen. 3. KMU fehlen Ressourcen und Management-Strukturen zur erfolgreichen Implementierung von vollständigen CRM-Systemen. 4. Es bedarf: a. der Anpassung von CRM-Systemen an KMU-spezifische Anforderungen, b. der Organisationsentwicklung von KMU im Sinne eines Change Management zur Einführung des CRM und einer entsprechend offenen Unternehmenskultur. 5. Im Erfolgsfall erzielen KMU spürbare Wettbewerbsvorteile durch CRM. 26 27 28 29 30 31 10 Vgl. Bruhn, M. (2007): S. 11 ff. Vgl. Buck-Emden, R. / Saddei, D. (2008), S. 509. Vgl. Weißenberger, B. (2004): S. 20. Vgl. Meffert, H. / Burmann, C. / Kirchgeorg, M. (2008): S. 16 ff. Manhart vergleicht die Stärke von KMU mit dem „Tante-Emma-Prinzip“, bei dem die Ladenbesitzerin ihre Kundschaft genau kannte und deshalb eine hohe Loyalität gewann: „CRM ist deshalb heute im Geschäftsleben unabdingbar. Dabei ist der Grundansatz alles andere als neu. Wie erfolgreiche Kundenpflege und -bindung funktioniert, zeigte früher jeder kleine Tante-Emma-Laden. Tante Emma war eine exzellente Expertin auf diesem Gebiet. Sie kannte viele ihrer Kunden beim Namen, wusste über deren Vorlieben Bescheid und konnte so auf deren individuelle Wünsche besser reagieren. Man fühlte sich dort als Kunde verstanden, geschätzt und gut beraten – und kam gerne wieder.“ Manhart, D. (2008): o. S., (letzter Zugriff: 14.08.2012). Vgl. Rageth, J. C. / Hafner, N. / Stadelmann, M. (2006): S. 4 ff. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Zur Prüfung der Hypothesen wird zunächst ein idealtypisches CRM beschrieben. Dann werden typische, für die Betrachtung von CRM relevante, Unterschiede zwischen Großunternehmen und KMU herausgearbeitet. Anschließend gilt es, die Faktoren zu identifizieren, die eine nachhaltig erfolgreiche Integration von CRM in KMU bedingen. Besonders betrachtet wird, inwiefern die Organisationsstruktur und die Leistungsprozesse von KMU zur Einführung von CRM angepasst werden müssen und wie die Akzeptanz der Mitarbeiter zu gewinnen ist. Denn ob Groß- oder Kleinunternehmen, unmotivierte Mitarbeiter stellen vermutlich eine der größten Hürden für die Implementierung von CRM-System dar. Die weiter ausdifferenzierten Fragen lauten deshalb: 1. Was sind die Unterschiede zwischen Großunternehmen und KMU zur Einführung von CRM? 2. Was sind die Anforderungen für ein KMU-taugliches CRM? 3. Wie kann die Zusammensetzung der Komponenten von CRM-Systemen mit KMUspezifischen Anforderungen erfolgreich angepasst werden? 4. Welche personellen und finanziellen Ressourcen werden durch ein effektives und effizientes CRM beansprucht? 5. Wie kann CRM erfolgreich bei KMU implementiert werden? Welche Risiken gilt es dabei zu beachten? 6. Welche Wettbewerbsvorteile können KMU durch CRM zu erzielen? Die aufgestellten Hypothesen gilt es, mit Hilfe dieser zur Präzisierung formulierten Fragestellungen im Folgenden zu untersuchen. 2.2 Abgrenzung Großunternehmen und Mittelstand Der Begriff Mittelstand wird meist im Zusammenhang mit der Abkürzung „KMU“ verwendet und steht für kleinste, kleine und mittlere Unternehmen“.32 In der Literatur und Praxis findet man verschiedene Abgrenzungsmethoden. So kann entweder nach Anzahl Beschäftigter, nach der Größe des Umsatzes oder der Bilanzsumme differenziert werden. Nach einer Empfehlung der EU-Kommission gelten seit 2003 die in Tabelle 2 genannten Abgrenzungen, welche auf die Merkmale ‚Beschäftigte‘ und ‚Umsatz‘ abstellen: 32 Vgl. IfM (2012a): o. S., (letzter Zugriff: 15.08.2012). 11 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Tabelle 2: EU-Einteilung KMU und Großunternehmen Größenklasse Beschäftigte Jahresumsatz Kleinstunternehmen bis 9 und bis 2 Mill. Kleine Unternehmen¹ bis 49 und bis 10 Mill. Mittlere Unternehmen² bis 249 und bis 50 Mill. Großunternehmen über 249 oder über 50 Mill. Quelle: EU-Kommission (2003), o. S. (letzter Zugriff 25.11.2012). Die Kommission verwendet den Begriff KMU folglich als Oberbegriff für Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen. Alle Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten und höchstens 50 Millionen Euro Jahresumsatz gelten als KMU. Das Institut für Mittelstandsforschung zieht quantitativ ähnliche Grenzen wie die EUKommission und bezeichnet Betriebe mit einem Umsatz von bis zu 50 Millionen Euro und einer Mitarbeiterzahl von bis zu 500 als KMU. Es betrachtet jedoch zusätzlich, ob Unternehmen jenseits dieser Grenzen zu mindestens 50 % in der Hand von bis zu zwei natürlichen Personen sind und ob diese oder deren Familienangehörige Teil der Geschäftsführung sind.33 Weitere qualitative Abgrenzungen zwischen KMU und Großunternehmen lassen sich anhand der folgenden Kriterien festmachen: • Eigentümerunternehmer leitet und finanziert das Unternehmen und ist im Gegensatz zu Großunternehmen schwer auszutauschen • Enges Spektrum an Produkten oder Dienstleistungen, dafür oftmals in einer Marktnische spezialisiert • Schnelleres Eingehen auf Kundenwünsche • Flexibilität bei Marktveränderungen • Persönliche Kontakte der Geschäftsführung zu Kunden und Lieferanten • Informeller Kontakt zwischen Unternehmer und Mitarbeiter 33 12 Vgl. IfM (2012b): o. S., (letzter Zugriff: 15.08.2012). FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand • Oftmals werden eher intuitive als analytisch herausgearbeitete Entscheidungen getroffen • Einbettung der Familie in möglichst vielen Bereichen • Ausbildung ist oftmals technisch orientiert, so dass die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse vernachlässigt werden. • Es gibt bei KMU eine hohe Zahl von Nebenerwerbsbetrieben.34 Bei KMU dominiert häufig in auf den Unternehmer spezialisiertes Einliniensystem, welches von ihm eigenhändig oder unter Zuhilfenahme einer anderen Führungsperson bis in die Feinheiten überschaubar ist. Bei vielen KMU besteht nicht die Möglichkeit, jede Managementfunktion mit einem Experten zu belegen. Die Führungsperson in KMU sollte demzufolge ein Generalist sein, dessen Fähigkeiten betriebswirtschaftliche und fachliche Aufgabenfelder umfassen.35 Gut 95 % der Unternehmen in Deutschland gehören der Definition des Instituts für Mittelstandsforschung zufolge zu den KMU.36 Dies ist ein deutlicher Fingerzeig, welch wichtige Rolle der Mittelstand für die deutsche Volkswirtschaft spielt. 2.3 CRM im Mittelstand Veröffentlichungen zu CRM-Systemen gibt es meterweise. In der Praxis verzichten jedoch gerade Mittelständler, die oft in besonderem Maße auf Kundennähe angewiesen sind, auf eine systematische Bearbeitung ihrer Kundenbeziehungen. Deshalb werden in dieser Arbeit zwar alle wesentlichen Aspekte des Kundenbeziehungsmanagements vorgestellt, im Mittelpunkt steht jedoch die Frage des Nutzens und der Praktikabilität gerade für KMU, sei es in der Industrie oder im Handwerk. Diese, so die zentrale These, müssen einen überdurchschnittlich hohen Teil ihrer finanziellen, personellen und administrativen Ressourcen aufwenden, um ein CRM-System erfolgreich zu implementieren. Für sie stellt sich in besonderem Maße die Frage nach der Kosten– Nutzen-Relation. So war es auch in der Fallstudie der RDF GmbH, die in den Jahren 2010 bis 2011 Gegenstand des wissenschaftlichen Beratungsprojektes zur CRMEinführung war. Im Rahmen dessen wurden qualitative Daten durch Interviews mit CRM-Experten, CRM-Dienstleistungsanbietern und Partnerunternehmen der RDF GmbH erhoben. Ziel war es, inhaltliche Zusammenhänge zu erkennen und eine umfassendere Sichtweise zum Einsatz von CRM insbesondere bei KMU zu erhalten. Als greifbares Ergebnis sollten die Faktoren identifiziert werden, die in Hinblick auf KMU für oder gegen den Einsatz von CRM sprechen und die für dessen erfolgreichen Einsatz entscheidend sind. Die Relevanz dieser Fragestellung wird beispielhaft anhand der bundesweit angelegten, vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Studie zum ganzheitlichen „Einsatz 34 35 36 Vgl. Fueglistaller, U. / Müller, C. / Volery, T. (2004): S. 92 ff. Vgl. Schauf, M. (2009): S. 5. Vgl. Günterberg, B. (2012): S. 11 ff., (letzter Zugriff: 24.11.2012). 13 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand von CRM-Systemen in KMU“ aus dem Jahr 2007 deutlich. Im Rahmen ihrer Erhebung kommen die Autoren Duscha und Hudetz zu dem Ergebnis, dass lediglich rund 50 % der 232 befragten KMU ein CRM-System einsetzen. Von diesen geben immerhin 70 % an, überwiegend positive Erfahrungen zu machen und die meisten der mit dem CRM verbundenen Ziele zu erreichen. Wiederum 50 % der KMU ohne CRM wollten innerhalb der nächsten zwei Jahre ein CRM implementieren. Bei den meisten Unternehmen – rund 75 % - ist die Geschäftsführung der wesentliche Nutzer des CRM. In der Untersuchung wird deutlich, dass großes Interesse und ein ebensolcher Informationsbedarf zum Thema CRM-Systemen herrscht. Vor allem bei den Unternehmen, die CRM noch nicht einsetzen, bestehen dabei erhebliche Wissensdefizite. Es kann deshalb vermutet werden, dass die bisherige Entscheidung gegen CRM-Systeme oft weniger auf strategischen Erwägungen als auf Unkenntnis beruht.37 Die Autoren konzedieren, dass KMU trotz ihres großen Interesses an CRM nur zu einem „geringen Teil ein wirklich ganzheitliches Kundenbeziehungsmanagement betreiben.“38 Vielmehr handele es sich oft um „rudimentäre Systeme zur Kundenerfassung“ 39 , mit denen nur einzelne Marketingmaßnahmen durchgeführt würden, ohne diese kundenspezifisch abzustimmen.40 Obwohl die Autoren in ihrer Studie zu einem recht positiven Fazit zum CRM-Einsatz bei KMU kommen, steht dieses nicht in Widerspruch zu anderweitigen Untersuchungen, die bis dahin zu dem negativen Ergebnis gekommen sind, dass bis zu 50 % der CRM-Einführungen scheitern, „da vor deren Implementierung die Ziele nicht exakt definiert sind, die Kundenbedürfnisse nicht genau berücksichtigt werden und organisatorische Anpassung sowie Mitarbeiterschulung fehlen.“41 Um valide Aussagen über den Erfolg von CRM-Systemen treffen zu können, fehlt gerade kleineren Mittelständlern oft auch das systematische Controlling. Ohne wissenschaftliche Methodik besteht zudem die Gefahr, dass die Einführung von CRMSystemen unkritisch und übertrieben positiv beurteilt wird, da die Verantwortlichen dazu neigen, die eigene Anschaffungsentscheidung ohne kritische Reflektion gut zu heißen. Dieser Effekt könnte sogar umso stärker ausfallen, je höher die Investitions- und Implementierungskosten ausgefallen sind. Der quantitative Forschungsansatz von Duscha und Hudetz sollte deshalb in einer weiteren, branchenübergreifenden aktuellen Untersuchung bei KMU weitergeführt werden. Besonders interessant dabei wäre, den gleichen Kreis von Unternehmen einzuschließen, der in der ersten Studie befragt wurde. Es könnte dann überprüft werden, welche Erfahrungen die rund 25 % der Unternehmen zwischenzeitlich gemacht haben, die 2007 noch kein CRM hatten und es bis 2009 einführen wollten. Um der angesproche 37 38 39 40 41 14 Vgl. Duscha, A. (2007): passim, (letzter Zugriff: 10.08.2012). Duscha, A. (2007): S. 10, (letzter Zugriff: 10.08.2012). Duscha, A. (2007): S. 10, (letzter Zugriff: 10.08.2012). Vgl. Duscha, A. (2007): S. 10, (letzter Zugriff: 10.08.2012). Duscha, A. (2007): S. 10, (letzter Zugriff: 10.08.2012). FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand nen Verzerrungsgefahr bei der Beantwortung vorzubeugen, sollte zudem geprüft werden, welche Ziele die Unternehmen mit ihren CRM-Systemen verfolgen, wie sie den Erfolg des CRM definieren und welche Controlling-Instrumente sie zur Messung verwenden. So könnten dann auch insgesamt verlässliche Daten dazu gewonnen werden, wie stark und nachhaltig sich der Einsatz von CRM-Systemen auf den Unternehmenserfolg bei KMU auswirkt. 15 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 3 Customer Relationship Management 3.1 Definitionsansätze von CRM Der Begriff des CRM, der sich Ende der 1990er Jahre entwickelte, gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Verantwortliche Faktoren sind der hohe Wettbewerbsdruck für Unternehmen mit teils globaler Konkurrenz, in den Industriestaaten oftmals gesättigte Märkte, immer kürzere Produktlebenszyklen bis hin zu technologischen Umbrüchen. Hinzu kommt die durch das Internet erreichte große Transparenz von Leistungen und Konditionen. Für Endverbrauchermärkte kommt die steigende Komplexität durch zunehmend heterogene Kundengruppen und hybride Käufer mit hohem Anspruch und geringer Loyalität hinzu. Das erhöht den Managementaufwand und schmälert die Margen. Der transaktions-, produkt- und ressourcenorientierte Marketingansatz sei deshalb laut Bruhn auf dem Rückzug.42 Gefordert ist die langfristige und nachhaltige Zufriedenstellung und damit Gewinnung und Bindung des Kunden. Dies gilt für Endverbraucher wie Industriegütermärkte.43 Die Kundenbeziehungen sollen deshalb systematisch analysiert und gestaltet werden. Dies ist Aufgabe des Kundenbeziehungsmanagements. Da gerade durch die kritische Öffentlichkeit in den Industriestaaten die Bedeutung der Stakeholder an die der Kunden heranreicht, wäre der Ansatz des Kundenbeziehungsmanagements auf diese auszudehnen. In der Literatur mit dem Kundenbeziehungsmanagement gleichgesetzt ist der Begriff des CRM, wie im Folgenden weiter verwandt. Eine einheitliche wissenschaftliche Definition ist noch nicht anzutreffen. Das Verständnis von CRM reicht in der Wissenschaft und vor allem in der betrieblichen Praxis von der Bezeichnung eines IT-Systems über die Begrenzung auf die Vertriebsfunktion bis hin zu einem umfassenden Ansatz der Unternehmensführung.44 Für Winkelmann bedeutet CRM kurz und prägnant „integriertes Kundenmanagement“.45 Wessling stellt ebenfalls den Kunden in den Mittelpunkt, bezieht in seiner Definition jedoch noch die Stakeholder mit ein: „Customer Relationship Management (CRM) ist der aktive Aufbau und Erhalt langfristiger profitabler Kundenbeziehungen durch Interaktion mit dem Kunden. Die Interaktion erfolgt dabei durch den Einsatz geeigneter Technologien, wertsteigernder Geschäftsprozesse für alle Stakeholder und zufriedenen Kunden.“46 42 43 44 45 46 16 Vgl. Bruhn, M. (2009b): S. 9. Zur Bedeutung und Abgrenzung des Industriegütermarketing vom Konsumgütermarketing s. Backhaus, K. / Voeth, M. (2010): S. 3 ff. Vgl. stellvertretend Bruhn, M. (2011): S. 12 f. Winkelmann, P. (2008): S. 301. Wessling, H. (2001): S. 11. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Stokburger und Pufahl sehen die IT-Systeme als zusätzliche Unterstützung des CRM, um z.B. die Identifizierung von Kundenbedürfnissen zu erleichtern.47 Bei vielen Definitionen wird der Einsatz von zweckdienlichen Technologien, Datenbanken und Software zur Erreichung von Mehrwerten und Wertsteigerungen für das Unternehmen durch den Aufbau von vorteilhaften Kundenbeziehungen genannt.48 Zu beachten ist hierbei jedoch, dass das CRM im Unternehmen gelebt werden muss. Der Ansatz des CRM darf sich nicht allein auf die Sichtweise der Software und IT-Systeme beschränken.49 Das unterstreicht sogar der Vorstandsvorsitzende des für mittelständische CRMLösungen marktführenden Softwareanbieters CAS Software AG, Hubschneider, der CRM als „Teil einer Unternehmensstrategie“50 betrachtet, die dauerhaft im Unternehmen zu verankern sei. Für ihn ist Kundenbeziehungsmanagement mehr als Software: „Wer seine Wettbewerbsposition durch CRM verbessern will, muss zunächst eine CRM-Strategie entwickeln, seine Geschäftsprozesse auf den Grad der Kundenorientierung überprüfen und gegebenenfalls optimieren.“51 Im Vordergrund steht deshalb auch bei Stokburger Pufahl der neue Ansatz des CRM als „ganzheitliche, vernetzte Sicht und Pflege von Kundenbeziehungen entsprechend ihrer Kundenwertigkeit.“52 Dyché sieht CRM dabei sogar nicht nur ausschließlich als eine Disziplin des Marketings, sondern als einen ganzheitlichen Ansatz der Kundenkommunikation. Demzufolge greife CRM auch in die Bereiche Marketing, Kundenservice und Vertrieb ein.53 Für Bruhn wäre das bei CRM zu weit gegriffen, erst das „Relationship Marketing im weiteren Sinne“54 umfasse seiner Meinung nach auch die Betrachtung der Unternehmensbeziehungen zu allen Anspruchsgruppen.55 Er geht einen eigenen Weg und betrachtet das CRM als „Informationstechnologie“ und grenzt es damit von dem aus seiner Sicht umfassenderen Begriff des „Relationship Marketing“ ab. Dieses sei durch seine Managementorientierung der integrierte Ansatz, unter dessen Dach sämtliche Marketingmaßnahmen eines Unternehmens zusammenzufassen seien.56 Da das Relationship Marketing im „engeren Sinne“ Bruhns zufolge aber ausschließlich die Kundenbeziehungen betreffe, ist ein Erkenntnisgewinn durch die Unterscheidung zwischen diesem Begriff und CRM nicht feststellbar. Auch Hofbauer und Hellwig sehen es als die Aufgabe des Relationship Marketing an, die langfristigen Kundenbeziehungen zu steuern.57 Im Ergebnis geht Bruhn mit der herrschenden Meinung konform, dass 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 Vgl. Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 34. Vgl. Hippner, H. / Hubrich, B. / Wilde, K. K. (Hrsg.) (2011): S. 17. Vgl. Homburg, C. / Schäfer, H. / Schneider, J. (2008): S. 231. Hubschneider, M. (2007): S. 14. Hubschneider, M. (2007): S. 14. Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 34. Vgl. Dyché, J. (2001): S. 4. Bruhn, M. (2009b): S. 12. Vgl. Bruhn, M. (2009b): S. 11 f. Vgl. Bruhn, M. (2009b): S. 12 f. Vgl. Hofbauer, G. / Hellwig, C. (2009): S. 26. 17 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand eine kundenorientierte Unternehmensphilosophie durch beziehungsorientierte Informationssysteme umzusetzen sei.58 Aufgrund der weiten Sichtweise von CRM wird in der Literatur häufig die Definition des CRM-Councils des DDV (Deutscher Dialogmarketing Verband) e.V. herangezogen:59 „CRM ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Unternehmensführung. Er integriert und optimiert abteilungsübergreifend alle kundenbezogenen Prozesse in Marketing, Vertrieb, Kundendienst sowie Forschung & Entwicklung. Dies geschieht auf der Grundlage einer Datenbank mit einer entsprechenden Software zur Marktbearbeitung und anhand eines vorher definierten Verkaufsprozesses. Zielsetzung des CRM ist dabei die Schaffung von Mehrwerten auf Kunden- und Lieferantenseite im Rahmen der Geschäftsbeziehungen.“60 Hippner und Wilde sehen CRM als einen integrierten Ansatz der Unternehmensführung an. Sie schlagen deshalb die folgende Sichtweise vor: „Customer Relationship Management umfasst den Aufbau und die Festigung langfristig profitabler Kundenbeziehungen durch abgestimmte und kundenindividuelle Marketing-, Sales- und Servicekonzepte mit Hilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologien.“61 Diese Idee der Führung individueller Kundenbeziehungen wird als Paradigmenwechsel gegenüber dem Marketingverständnis des vergangenen Jahrhunderts bezeichnet.62 Für viele Unternehmen, deren Strukturen und Prozesse noch in dieser Zeit begründet sind, erfordert dies eine Umkehr im Denken. In zunehmend vom Verdrängungswettbewerb gekennzeichneten Märkten wird die Kompetenz, die attraktivsten Kunden mit genau auf deren Bedürfnisse zugeschnittenen Produkten zu versorgen zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Grundlegend dafür ist, dass sie ihre kundenzentrierten Geschäftsprozesse auf den Kunden ausrichten und in einen kontinuierlichen Dialog mit ihm eintreten. Rentable und loyale Kunden sind zentrale Größen für den langfristigen Unternehmenserfolg.63 In diesem Zusammenhang definieren Hippner und Wilde zwei maßgebliche Gestaltungsbereiche für den Einsatz von CRM. Erstens müsse zur Einführung von CRM laut Leußer, Hippner und Wilde eine „Neuausrichtung aller Geschäftsprozesse und Verantwortlichkeiten auf den Kunden hin erfolgen“64 und zweitens müssten möglichst umfassend und detailliert die Daten der Kunden erhoben werden, um diese zu segmentieren, Kampagnen zu steuern, Produkte zu positionieren und ein systematisches Controlling durchführen zu können.65 Die Komplexität der Zusammenführung aller kundenbezogenen Daten erfordert die Synchronisation aller Interaktionskanäle für eine ganzheitliche 58 59 60 61 62 63 64 65 18 Vgl. Bruhn, M. (2009b): S. 13. Kramer, J. W, / Neumann-Szyszka, J. (Hrsg.) (2009): S. 229. Deutscher Dialogmarketing Verband, (o. J.), o. S. (letzter Zugriff 22.08.2012). Hippner, H. / Hubrich, B. / Wilde, K. D. (2011 ): S. 18. Vgl. Brodie, R. J. / Coviello, N. / Brookes, R. / Little, V. (1997): S. 382 f. Hippner, H. / Wilde, K. D. (2006): S. 18. Leußer, W. / Hippner, H. / Wilde, K. D. (2011b): S. 18. Vgl. Leußer, W. / Hippner, H. / Wilde, K. D. (2011b): S. 733 f. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Sicht auf den Kunden („One Face of the Customer“) und somit auch eine abgestimmte Kundenansprache („One Face to the Customer“).66 In diesem Zusammenhang ist Kundenorientierung die Ausrichtung der Aktivitäten des Unternehmens an den Bedürfnissen der Kunden, die sich in der Beachtung der Kundenperspektive auf sämtlichen Stufen des Wertschöpfungsprozesses positiv niederschlagen soll. Leitgedanke ist es, marktorientierte Unternehmensführung zu verwirklichen, mit dem Ziel, langfristige und profitable Kundenbeziehungen aufzubauen. CRM stellt also einen ganzheitlichen Ansatz dar. Es umfasst alle Maßnahmen, die das Unternehmen mit seinen Mitarbeitern ergreift, um mit Kunden zu kommunizieren, diese zufriedenzustellen und an das Unternehmen zu binden. Vor allem geht es darum, Kundeninformationen zu sammeln, zu verwalten und diese dann zu verwerten. Diese Daten beschreiben den Kunden bei der Kundenansprache, Akquisition und Kundenpflege und unterstützen Marketing, Vertrieb und Kundenservice. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Rahmen von CRM ist die Kundenzufriedenheit, die ein Anzeichen für Kundenbindung und damit letztendlich für den langfristigen Unternehmenswert darstellt.67 In der Studie von PWC zu den Treibern des Shareholder Values aus dem Jahr 2002 wurde die Kundenzufriedenheit und –loyalität mit 83 % als zweitwichtigster Faktor hinter der Produkt- und Servicequalität (89 %) und noch vor Betriebseffizienz (75 %) genannt.68 CRM wird dennoch häufig auf seine technologische Dimension reduziert.69 Kundenbeziehungsmanagement soll jedoch von der Philosophie der markt- und kundenorientierten Unternehmensführung abgeleitet verstanden werden als: eine Frage der Denkweise und Einstellung gegenüber Kunden, also der Kultur der Kundenorientierung und Kundenpflege, die Kenntnis um die Selektierbarkeit von Kunden (Kundensparte und Kundenwert) und um den Nutzen, welcher mit dem einzelnen Kunden verbunden ist, die Gestaltung und Verbesserung von Kommunikations- und Verkaufsprozessen. Erst nachdem die strategische Planung und die unternehmensspezifische Konzeption des CRM geklärt sind, sollen die Gestaltung der CRM-Prozesse und die Auswahl der geeigneten CRM-Software erfolgen.70 66 67 68 69 70 Leußer, W. / Rühl, D. / Wilde, K. D. (2011): S. 604 ff.; Neckel, P. / Knobloch, B. (2005): S. 42; Schulze, J. (2002): S. 43. Vgl. Helmke, S. / Brinker, D. / Wessoly, H. (2002): S. 312 f.; Uebel, M. F. / Dangelmaier, W. (2008): S. 7 f. Vgl. Kröner, R. (2007), S. 21, (letzter Zugriff: 24.11.2012). Vgl. Bruhn, M. (2009b): S. 11 f.; Hippner, H. / Wilde, K. D. (2006): S. 17 ff. Vgl. Helmke, S. / Brinker, D. / Wessoly, H. (2002): S. 312; Uebel, M. F., / Dangelmaier, W. (2008): S. 20 f. 19 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 3.2 Zielsetzung des CRM Zentral für ein jedes Unternehmen ist es, Kunden zu gewinnen, ihre Loyalität zu stärken und verlorene, attraktive Kunden zurückzuerobern.71 Das Kundenbeziehungsmanagement bildet die Grundlage, um die kundenorientierten Prozesse in Vertrieb und Marketing effektiv und effizient zu gestalten.72 Auf diese Aufgaben und Bedürfnisse zugeschnittene CRM-Systeme unterstützen Unternehmen bei dieser Aufgabe. Vereinfacht dargestellt, gründet das CRM eine „Erfolgskette“, bei der durch erhöhte Kundenzufriedenheit eine höhere Kundenbindung entsteht und dadurch der ökonomische Erfolg gesteigert werden kann.73 Als Ziele des CRM können mithin die Neukundengewinnung, die Kundenzufriedenheit, die Kundenbindung, eine verbesserte Effizienz und letztendlich Steigerung von Marktanteilen, Umsatz und Gewinn durch Up- und Cross-Selling gelten.74 Die Rolle des CRM besteht mithin in dem systematischen Aufbau und der Pflege von Kundenbeziehungen. Es umfasst die Phasen Ansprechen, Gewinnen, Informieren, Bedienen und Pflegen eines Kundenstamms. Oftmals wird dieser Prozess auch mit den „3 R“ Recruitment, Retention und Recovery beschrieben, wodurch der Aspekt der Kundenrückgewinnung stärker betont wird.75 Wichtig ist es, dass alle in Kundenprozesse eingebundenen Mitarbeiter bei der Einführung des CRM berücksichtigt werden. Oft ist es nicht das Management, sondern es sind die Mitarbeiter, die in Kontakt zum Kunden stehen. Deswegen müssen die Mitarbeiter von den Vorteilen des CRM überzeugt und in seiner Anwendung geschult sein. Es reicht nicht aus, wenn der Mitarbeiter nur um die Kundenbedürfnisse und den Kundenwert weiß, sondern er muss auch willens und in der Lage sein, dieses Wissen in konkretes, kundenorientiertes Handeln umzusetzen.76 Außerdem kommt es darauf an, dass die Mitarbeiter ihre Kenntnisse in auswertbarer Form zur Unternehmensplanung zur Verfügung stellen. Für den Kunden geht es hierbei zugleich um eine spürbare Verbesserung des Services und der Austauschbeziehungen. Der Kunde kann erkennen, dass er individuell bedient wird und Unterstützung bei seinem Beschaffungsprozess erhält. Dadurch wird der allgemeinen Erfahrung nach seine Loyalität erhöht, was seinen Kundenwert steigert und sich positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt.77 71 72 73 74 75 76 77 20 Vgl. Matzler, K. / Stahl, H. K. / Hinterhuber, H. H. (2009): S. 3 ff.; S. 452 f.; Stührenberg, L. / Meiners, N. / Behrens, J. H. (2008): S. 21. Grabner-Kräuter, S. / Schwarz-Musch, A. (2009): S. 183. Bruhn, M. (2009a): S. 67. Vgl. zur positiven ökonomischen Beziehung zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Markterfolg auch: Kotler, P. / Armstrong, G. / Wong, V. et al. (2011): S. 430 ff. Vgl. Grabner-Kräuter, S. / Schwarz-Musch, A. (2009): S. 184; May, U. / Asal, R. / Hilmer, M. (2010): S. 92 f.; Bruhn, M. (2009b): S. 193. Vgl. Bruhn, M. (2009b): S. 10 f. Vgl. Rageth, J. C. / Hafner, N. / Stadelmann, M. (2006): S. 17 ff. Vgl. Weis, H. C. (2010): S. 425. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Zu den Zielen des Kundenbeziehungsmanagement gehört es auch, die Kunden zu identifizieren, welche für das Unternehmen auf lange Sicht am profitabelsten sind. Dies zu ermitteln erfordert eine Kundenwertanalyse. In deren Rahmen werden typischerweise die folgenden Kriterien untersucht und im nächsten Schritt nach unternehmensspezifischen Gesichtspunkten nach einem bestimmten Scoring-Modell gewichtet: Umsatz (Umsatzpotential), Deckungsbeitrag (Deckungsbeitragspotential), Cross-SellingPotential, Referenzpotential, Dauer der Geschäftsbeziehung, Informationspotential und Zahlungsverhalten respektive Bonität. Für die Kategorisierung der Kunden nach ihren Kundenwerten bietet sich die ABCAnalyse an (vgl. dazu auch Abb. 3).78 Unter Verwendung der ABC-Analyse macht sich der erzielte Beitrag der einzelnen bestehenden Kunden am Unternehmenserfolg bemerkbar. Hierzu werden dann die Kunden in die Gruppen A, B und C aufgeteilt. Gruppe A repräsentiert die wichtigsten Kunden, die also anteilsmäßig den größten Umsatz erbringen, Gruppe B zählen zu denjenigen, die einen positiven Deckungsbeitrag bewirken, aber nicht nachhaltig zur Ertragssteigerung beitragen. C-Kunden beanspruchen dagegen einen größeren Teil der Unternehmensressourcen, ohne dabei erheblich zum Unternehmenserfolg beizutragen. Quelle: in Anlehnung an Schulte, G. (2001): S. 62. Abbildung 3: Modell einer ABC-Analyse Hier ist in der Regel angezeigt, diese zu identifizieren, um den Betreuungsaufwand zu reduzieren oder sich von ihnen zu trennen. Die frei werdenden Kapazitäten können dann zur Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung oder Diversifikation des Unternehmens eingesetzt werden.79 78 79 Vgl. Weis, H. C. (2010): S. 90 f. Hippner, H. / Wilde, K. D. / (2006): S. 361 ff. 21 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Neben der Segmentierung der Kunden nach der ABC-Analyse kann eine Aufteilung auch mittels eines Kundenportfolios80 oder nach der Methode des SoW („Share of Wallet“) erfolgen.81 Eine weitere, einfache Methode ist die Anwendung des Pareto-Prinzips, auch 80/20-Regel genannt.82 Der SoW, auch „Share of Customer“ genannt, gibt den Anteil des Unternehmens am individuellen Einkaufsvolumen des Kunden an. Die Vorteile der SoW-Betrachtung liegen darin, dass Kunden, die ein hohes Einkaufsvolumen haben, länger gebunden werden können und höhere Renditen ermöglichen. Wichtige Faktoren, welche zur Beurteilung des Kundenwerts betrachtet werden sollten, werden in der folgenden Übersicht dargestellt. Tabelle 3: Faktoren zur Beurteilung des Kundenwerts Faktoren zur Beurteilung des Kundenwerts (abgeleitet aus den relevanten Unternehmens- und Marketingzielen) Quantitativ: monetärer Kundenwert Ist Potenzial Umsatzerlöse mit dem Kunden: pro Jahr/ Monat pro Produktgruppe Kosten durch den Kunden: Kundengewinnung Kundenpflege Reklamationen, Änderungen Kundenbindung Ausscheiden des Kunden Qualitativ Cross-Selling-/ Up-Selling-Wert: Diese Produkte sind für den Kunden interessant Kommunikations- und Akquisitionswert: So oft empfiehlt uns der Kunde Kunde ist Referenz für … Informationswert: Kunde liefert Informationen über Markt Produktanforderungen Sonstige Quelle: In Anlehnung an: Brendel, M. (2003): S. 136 ff.; Günter, B. / Helm, S. (2011): S. 271 ff. Durch die gewonnenen Erkenntnisse sollen die Grundlagen für ein erfolgreiches Multilevel-Marketing gelegt werden.83 Nicht nur im B2C, sondern eben selbst im Industriegüterbereich ist es wichtig, dass eine persönliche Kundenbindung84 erfolgt, indem Kun 80 81 82 83 84 22 Vgl. Weis, H. C. (2010): S. 94. Vgl. Bruhn, M. (1999): S. 157. Vgl. Weis, H. C. (2010): S. 151. Vgl. Meffert, H. / Burmann, C. / Kirchgeorg, M. (2008): S. 314. Vgl. Haehnel, C. (2011): S. 172 ff. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand denbedürfnisse auf für sie nachvollziehbare Weise ernst und wichtig genommen werden.85 Neben der psychologischen und sozialen Bindung gibt es die Möglichkeit der vertraglich institutionellen und der ökonomisch sowie technisch-funktionalen Bindung.86 Höhere Qualität der Kundenbearbeitung - Differenzierung und One-to-One Marketing - Mehrwertservices Ziele des CRM Verbesserung des internen Bearbeitungsprozess - Workflows - Prozesskennzahlen Verbessertes Kundenmanagement - Datenintegration - Anwendungsorientierte Auswertung Verbesserung der Schnittstellen zum Kunden - Reklamationsbearbeitung - Kundenhistorie, Kundenprofile Steigerung des Unternehmenswertes durch höhere Kundenzufriedenheit und - bindung Marketing, Vertrieb und Kundenservice sind an diesen Zielen ganzheitlich auszurichten Quelle: nach Helmke, S. / Uebel, M. F. / Dangelmaier, W. (2008): S. 8. Abbildung 4: Ziele des CRM Die weiteren Subziele des Kundenbeziehungsmanagement - Verbesserung der Schnittstellen zum Kunden, verbessertes Kundendatenmanagement, Verbesserung der internen Bearbeitungsprozesse und höhere Qualität der Kundenbearbeitung - veranschaulicht Abb. 4. Alle zusammen dienen der Steigerung des Unternehmenswertes durch höhere Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. 3.3 Aufbau von CRM-Systemen Der Ausgangspunkt des CRM ist der strategische Planungsprozess mit den Schritten der Zielsetzung, Analyse, Planung und des Controllings. Dieser stellt die Schnittstelle von Unternehmensleitung und der Marketing- und Vertriebsfunktion dar. Dem CRM im engeren Sinne obliegt es, die strategischen Vorgaben durch die operativen Prozesse umzusetzen. Die Informationsbasis für die strategische Ebene und das operative CRM 85 86 Vgl. Winkelmann, P. (2000): S. 19. Vgl. Backhaus, K. / Voeth, M. (2010): S. 605. 23 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand liefern die Analyseprozesse.87 CRM-Systeme verfügen über viele Funktionen mit unterschiedlichen Einsatzfeldern, die dennoch vier Hauptziele fokussieren: 1. 2. 3. 4. Verbesserte Kundendatenanalyse Geschäftsprozessoptimierung im Kundenmanagement Erstellung innovativer Leistungsangebote für den Kunden Kampagnensteuerung und Unterstützung neuer Marketing- und Vertriebsinstrumente.88 Die vielfältigen Funktionalitäten von CRM-Systemen lassen sich in die drei Komponenten kommunikatives, operatives und analytisches CRM unterteilen. Der kommunikative CRM-Bereich kann dabei auch als Teilbereich des operativen CRM aufgefasst werden. Zu unterscheiden sind auch die Kundentypen, dabei könnte nach gewerbliche Kunden, Handelskunden und Endverbraucher unterteilt werden. Typische Daten, die den Kunden charakterisieren, können zum Beispiel sein:89 Personengebundene Daten, zum einzelnen Kunden (Kontaktadresse etc.) soziodemografische Daten Bonität des Kunden Zusammensetzung des Buying Centers im B2B-Bereich Daten zum Kundenwert: erworbene Produkte, welcher Umsatz ist mit dem Kunden erreicht, in welcher Zeitperiode, Nachlässe oder alternative Vergünstigungen Daten, aller bislang gemachten Kundenkontakte zusätzliche bezogene Serviceleistungen (Kundenbindung) Ursachen für verlorene Aufträge (Kundenrückgewinnung). Nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für KMU hat ein Kundenbeziehungsmanagement deshalb bereits komplexe Anforderungen zu erfüllen. IT-seitig ist deshalb schon für einfachere Analysen eine eindimensionale Darstellung der Kundendaten nicht ausreichend, sondern es muss die Möglichkeit bestehen, Daten zu aggregieren und in Kreuzrelationen bringen zu können. Außerdem ist es wiederum erforderlich, die Dateneingaben aus verschiedenen Abteilungen zu harmonisieren und auf schnell erfassbare Weise wiederzugeben. 87 88 89 24 Leußer, W. / Hippner, H. / Wilde, K. D. (2011a): S. 38 f. Vgl. Helmke, S. / Uebel, M. F. / Dangelmaier, W. (2008): S. 11 f. Vgl. Hippner, H. / Wilde, K. D. (2006): S. 405 ff. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 3.3.1 Operatives CRM Das operative CRM stellt die Verbesserung der Abläufe im Unternehmen mittels Softwaremodulen dar. Die Softwaremodule schaffen Möglichkeiten zur Nachbereitung von Kundenkontakten, Marketing-Kampagnen, Vertriebsautomation und das Management von Beschwerden. Das operative CRM wird auch als CAS (Computer Aided Selling) bezeichnet.90 Die Funktion des operativen CRM besteht darin, das unmittelbare Verhältnis zwischen Unternehmen und Kunden anzupassen und zu verbessern.91 Hinzu kommt die Aufgabe, die optimalen Hintergrundinformationen bezüglich eines Kunden zur Verfügung zu stellen. So ist es beispielsweise mittels der Lost Order Analyse möglich, aus den Angeboten, auf die kein Auftrag folgt, zu lernen, um die längerfristig ausgerichtete Handlungsweise des Unternehmens zu modifizieren.92 Die Funktion der Marketing-Automation ist die Regulierung und Hilfestellung der auf Kunden ausgerichteten Abläufe im Unternehmen, um den Datentransfer sowohl im Unternehmen als auch in der Wechselbeziehung mit dem Kunden zu sichern. Im Fokus steht hierbei der allumfassende und logisch aufgebaute gegenseitig förderliche Austausch der Kundeninformationen zwischen den einzelnen Unternehmensfunktionen. Der Schwerpunkt der Marketing-Automation ist somit das Kampagnenmanagement (Campaign Management), das • dem passenden Abnehmer • das richtige Informations- und Leistungsangebot • im richtigen Kommunikationsstil • über den richtigen Kommunikationskanal • zum richtigen Zeitpunkt vermittelt. An diesem Punkt werden entsprechend eines am Kunden orientierten Konzeptes, mit vorausgesetzten Kauf- und Kontakthistorien, für sämtliche Kunden die beste Maßnahme und der beste Zeitpunkt ausgewählt.93 Innerhalb des operativen CRM sind das interaktive, das kommunikative und das kollaborative CRM zu unterscheiden. Im Bereich des interaktiven CRM sollten alle Funktionalitäten eingeführt werden, die im unmittelbaren Kontakt zum vorhandenen oder potentiellen Kunden erforderlich sind. In diesem Zusammenhang werden Daten und Informationen benötigt, welche zur Erläuterung des Verhältnisses zum Kunden relevant sind. 90 91 92 93 Vgl. Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 11 sowie Homburg, C. / Schäfer, H. / Schneider, J. (2008): S. 232. Vgl. Meffert, H. / Burmann, C. / Kirchgeorg, M. (2008): S. 61. Vgl. Hippner, H. / Wilde, K. D. (2001): S. 59. Vgl. Hippner, H. / Wilde, K. D. (2006): S. 54. 25 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Das kommunikative CRM umfasst die Koordination sämtlicher Kommunikationskanäle zum Kunden.94 Zu nennen sind vorrangig die folgenden CTP (Customer Touch Points): • Email • Post • Fax • Telefon • Automated Call Distribution • Interactive Voice Response • Voice-over-Internet-Protokoll • Internet o Webseiten o Webformulare o Chats o FAQs o E-Newsletter o Datenbankabruf o Datenbankpflege o Terminmanagement o Projektmanagement o Social Media o Links • SMS/MMS • Mail to Mail.95 Unternehmen erhalten durch die Integration der zuvor isolierten Kommunikationskanäle einen umfassenden Überblick über die Kommunikation mit dem Kunden. Dieser sollte bei einem gut funktionierenden kommunikativen CRM den Vorteil haben, dass die Leistungen und Informationen seines Lieferanten aus einer Hand kommen. Eine schnelle, fachkundige und kanalunabhängige Antwort auf seine Kontaktaufnahme ist damit technisch möglich. Zunehmende Bedeutung für das kommunikative CRM haben in den Kommunikationskanälen Internet und Multimedia-Telefonie insbesondere die Sozialen Medien (Social Media) mit Netzwerk- und Kommunikationsplattformen wie Xing, Twitter oder Facebook gewonnen.96 Social Media-Marketing wird in der Öffentlichkeit meist im Zusammenhang als neue Werbeform betrachtet, beginnt aber auch das Channel Management 94 95 96 26 Vgl. May, U. / Asal, R. / Hilmer, M. (2010): S. 92 f. Vgl. auch Hippner, H. / Wilde, K. D. (2006): S. 65 ff. Böttcher, D. / Kerst, V. / Prinz, W. et. al. (2010): passim, (letzter Zugriff: 23.11.2012). FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand von CRM-Systemen grundlegend zu verändern. Dies erhöht die Anforderungen an das CRM, wird aber in der Praxis bereits als Notwendigkeit begriffen: "Soziale Netzwerke sind mittlerweile zu einem festen Bestandteil in der Kommunikation von Unternehmen mit Mitarbeitern, Partnern und Kunden geworden, Unternehmen haben erkannt, dass ein reiner „Me−too“ Ansatz nicht zielführend ist, und bauen strategisch eigene Netzwerke auf. Der Einsatz eigener Plattformen bietet Geschäftskunden einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil." 97 Laut dem Social Media Report 2010/11 der SID (Software-Initiative Deutschland) und des FIT (Fraunhofer Instituts für Angewandte Informationstechnik) gehen sogar 80% der Unternehmen von einer weiterhin steigenden Bedeutung dieses Kommunikationskanals aus.98 Der Studie zufolge hat bereits die überwiegende Mehrheit deutscher Unternehmen die Bedeutung von sozialen Netzwerken erkannt und berücksichtigt diese auch in Bezug auf Kommunikation und Kundenmanagement. Zu den wichtigsten Beweggründen gehören der rasche Informationsaustausch und zielgruppenorientiertes Marketing für die Kommunikation über soziale Online-Netzwerke.99 Die fortschreitende Digitalisierung führt zu einer Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit von Kunden-, Unternehmens- und Marktinformationen und zwar global. Für Unternehmen, die eine offensive Online-Strategie verfolgen, bieten sich dadurch große Chancen. Selbst KMU stehen angesichts der zugleich marginalen Reise- oder Transportkosten der Weltmarkt nicht weniger offen als Großunternehmen. Zugleich hat aber die Angebots- und Preistransparenz, die bis hin zur vollständigen Information des Kunden reicht, sprunghaft zugenommen. Dies gilt im Übrigen nicht nur für den deutschen Export, sondern in dem Maße, wie sich internationale Märkte öffnen, nimmt auch die Konkurrenz aus anderen Ländern zu. Kommt diese aus Entwicklungs- oder Schwellenländern, können die Anbieter aus Industriestaaten nur selten mit Kostenvorteilen punkten und müssen dementsprechend im Rahmen einer Differenzierungsstrategie Wettbewerbsvorteile generieren. Diese fortschreitende Entwicklung erhöht kontinuierlich den Wettbewerbsdruck und den Anspruch an das Management. Sie ist vorteilhaft für die bestgeführten Anbieter, führt aber zu einem harten Ausleseprozess unter den mediokren und rückständigen Wettbewerbern. Es wäre ein Missverständnis, davon auszugehen, Social Media-Marketing und ECommerce-Anwendungen könnten CRM-Systeme ersetzen. Vielmehr geht es um die Integration der verschiedenen Module. Im engeren Sinne betrifft dies zunächst die technische Verknüpfung der IT-Lösungen und ein einheitliches Channel Management. Im weiteren Sinne bedeutet die Social Media-Kommunikation, dass das Unternehmen in der Lage sein muss, mit den Kunden und allen seinen Shareholdern in Echtzeit zu kommunizieren. E-Commerce führt dabei zu einer beschleunigten Globalisierung der (potentiellen) Absatzmärkte ebenso wie der Vermehrung der (potentiellen) Konkurrenz. 97 98 99 Sassen, P. van, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Kerst, V. / Böttcher, D. / Prinz, W. et. al. (2011): passim (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Kerst, V. / Böttcher, D. / Prinz, W. et. al. (2011): passim (letzter Zugriff: 23.11.2012). 27 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Insgesamt führen E-Commerce und die Social Media-Kommunikation so vor allem zu einem sprunghaft steigenden Anspruch an die Reaktionsgeschwindigkeit und das multiperspektivische Denken des Top Management im Sinne der ganzheitlichen kundenorientierten Unternehmensführung. Aufgabe des CRM ist es, dem Management die notwendigen Informationen und Prozesse zur Verfügung zu stellen, um diese Komplexität zu meistern.100 Da Unternehmen zunehmend in Netzwerken agieren, Kunden wie Zulieferer in Wertschöpfungsprozesse integrieren und Leistungsprozesse outsourcen, gewinnt kollaborative CRM an Bedeutung.101 Es optimiert die Schnittstellen zwischen den ternehmen, um gemeinsam eine möglichst effiziente Wertschöpfung zu erhalten gleichzeitig den Kundennutzen maximieren zu können.102 ihre das Unund 3.3.2 Analytisches CRM Um Umsatz und Gewinn zu erzielen, sind Unternehmen auf Kunden angewiesen. Ebenso banal wie zentral: Kunden, Kundenbeziehungen und Kundeninformationen sind deshalb das wichtigste „Kapital“ der Marketing- und Vertriebsfunktion.103 Diese Kundeninformationen zusammenzutragen, zu archivieren und auszuwerten ist das Ziel des analytischen CRM. Es gilt somit, ein möglichst umfassendes Wissen über die Kunden zu gewinnen, aufzubereiten und potentiell allen Unternehmensbereichen zur Verfügung zu stellen. Die effiziente und effektive Nutzung des vorhandenen Wissens erfordert somit eine unternehmensweite Datenbasis. Kundenbeziehungsmanagement schließt deshalb Aspekte des Wissensmanagements mit ein, um Informationen in der erforderlichen Breite und Tiefe zur Verfügung stellen zu können.104 Basis für das Kundenbeziehungsmanagement sind folglich Daten, welche den Kunden und seine Bedürfnisse so umfangreich und zugleich zielgerichtet wie möglich beschreiben und charakterisieren. Diese müssen ständig gepflegt, gesichert und für alle relevanten Wertschöpfungsaktivitäten im Unternehmen aktuell verfügbar sein. Dabei ist zu beachten, dass die Zusammensetzung der Informationen je nach Branche, Unternehmen und Funktionsbereich variieren kann.105 Das analytische CRM dient der Effizienzsteigerung im Marketing und Vertrieb. Hierbei werden Analysen vorgenommen, mittels derer sich auf Kunden bezogene oder kundenübergreifende Kennzahlen untersuchen lassen. Diese können zur Beurteilung beispielsweise vom Umsatzvolumen in schwebenden Angeboten, zum Absatzpotential in 100 101 102 103 104 105 28 Vgl. Helmke, S. / Uebel, M. F. / Dangelmaier, W. (2008): S. 329. Vgl. Buck-Emden, R. / Saddei, D. (2008): S. 509; Kracklauer, A. H. / Quinn Mills, D. / Seifert, D. (2010): S. 26 f.; Angeli, S. / Kundler, W. (2011), S. 659; Portmann, C. (2011), S. 20; Schwede, S. / Spies, R. (2001): S. 23. Vgl. Portmann, C. (2011), S. 20; Buck-Emden, R. / Saddei, D. (2008): S. 509; Kracklauer, A. H. / Quinn Mills, D. / Seifert, D. (2010): S. 26 f.; Schnauffer, R. / Jung, H. H. (2004): S. 27. Vgl. Capon, N. (2003): S. 14. Vgl. Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 118 ff. Vgl. Hippner, H. / Wilde, K. D. (2006): S. 404. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand einer festgelegten Altersgruppe oder zur Kampagnensteuerung mit Verkaufspromotions, Mailing-Aktionen etc. dienen. Das analytische CRM bildet damit das Fundament für das kommunikative und operative CRM.106 Sämtliche den Kunden betreffende Informationen über Kundenhistorien, Kundenwerte und Kundenentwicklung sowie Erkenntnisse aus der regelmäßigen Kundenbetreuung werden in einer zentralen Datenbank, dem Data Warehouse, gesammelt. Es stellt damit die umfassende zentrale Sammlung aller kunden- und leistungsbezogenen Unternehmensdaten dar. Informationen, welche in einem Data Warehouse gesichert sind, müssen gegenseitig kompatibel sein. Aufgrund der Herkunft der Informationen aus diversen Quellen müssen diese oft umformatiert werden, um sie analysieren zu können. 107 Auf der Grundlage des Data Warehouses können durch analytische Verfahren gezielte Auswertungen über einzelne Kunden, Kundengruppen und Geschäftsprozesse generiert und für die operative Umsetzung in Marketing und Vertrieb genutzt werden. Es ist damit der Ausgangspunkt für die nachfolgend aufgeführten Analyseinstrumente: • Analyse der Markt-Kunden-Beziehungen • Analyse des Kundenwerte • Kunden-/Markt-Segmentierungen • Prognosen und Szenario-Analysen • Datamining • OLAP (On-line Analytical Processing).108 106 107 108 Grabner-Kräuter, S. / Schwarz-Musch, A. (2009): S. 185. Vgl. Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 49 ff. Vgl. Holderied, C. (2005): S. 284 ff. 29 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Sicht des Controllings Produkte Sicht des Regionalvertriebs Sicht des Produktmanagements Monate Quelle: in Anlehnung an Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 56. Abbildung 5: OLAP-Datenwürfel Das analytische CRM beschäftigt sich auch mit der Kundensegmentierung, Berechnung von Kaufwahrscheinlichkeiten und der Vorhersage des zukünftigen Kaufverhaltens. Deshalb werden die beiden oben zuletzt genannten Komponenten eingehender vorgestellt:109 • Data Mining - Durch das Data Mining ist es möglich, komplexe Beziehungen, neue Modelle, Zusammenhänge und Trends in den Kundenbeziehungen aufzufinden, um die zur Entscheidung beisteuernden Modelle zu erstellen.110 Nach Winkelmann schließt Data Mining auch das Auffinden ungeläufiger Beziehungen, Modelle und Profile im Verhalten beim Kauf durch Untersuchung großer Datensätze ein.111 • OLAP - Der Anwender besitzt durch dieses Tool komplexe und mehrdimensionale Analysen innerhalb von kurzen Zeitabschnitten und ohne eigene Anstrengung in der Programmierung. Die erhaltenen Informationen werden in mehrdimensionaler, mittels der sogenannten Cubebildung veranschaulicht. Auf diese Weise erhält man die Möglichkeit, Abfragen über Artikel a in der Verkaufsregion b in dem Monat c 109 110 111 30 Vgl. Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 10. Vgl. Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 59 ff. Vgl. Winkelmann, P. (2000): S. 181. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand durchzuführen, wie die unten dargestellte Abbildung exemplarisch veranschaulicht.112 Wichtige Kennzahlen, die aus dem analytischen CRM gewonnen werden, sind: • Marktanteil /-penetration • SoW: Der Anteil des Unternehmens am relevanten Einkaufsbudget des Kunden • Kundenwert und Customer-Lifetime-Value: Der Kundenwert über den gesamten Kundenlebenszyklus hinweg betrachtet • Retention Rate: Der Anteil der Kunden, der Wiederkäufe tätigt. • Response Rate: Reaktion bestimmter Zielgruppen auf Kommunikationskampagnen. • Abschlussquote.113 Darüber hinaus können Unternehmen, die über die Balanced Scorecard verfügen, das CRM zur Betrachtung und Steuerung der Kundenperspektive einsetzen.114 3.4 Zur Implementierung von CRM-Systemen Zur erfolgreichen Einführung des CRM muss ein Unternehmen nach Hippners Definition seine Strategie, seine Prozesse und auch seine Informationssysteme auf die Kundenbeziehungen ausrichten.115 Alle drei Bereiche sind wichtig für die erfolgreiche Implementierung. Zuerst muss deshalb ein strategisches Konzept entwickelt werden, das beschreibt, „was mit welchem Kunden, durch welche Maßnahmen über welchen Zeitraum erreicht werden soll.“116 Die Unternehmensorganisation, ihre Kultur, ihre Wertschöpfungs- und IT-Prozesse müssen dann an die Strategie angepasst und zu einem Gesamtsystem zusammengeführt werden. Bereits bei Kleinunternehmen gibt es in Bezug auf die IT bereits häufig – in Teilen veraltete – Insellösungen, die das Funktionieren eines umfassenden CRM-Systems beeinträchtigen. Hier kann die CRM-Software den Anstoß geben, die Unternehmens-IT zu modernisieren und eine integrierte Lösung zu finden. Da es gerade das Ziel des CRM ist, einheitliche, auf den Kunden gerichtete Prozesse zu gewährleisten, muss die Unternehmens-IT diese auch abbilden und einen gemeinsamen Zugang aller Unternehmensfunktionen auf die Kundendatenbank ermöglichen.117 Zur erfolgreichen Implementierung eines CRM-Systems ist es besonders wichtig, die Ängste und Widerstände der Mitarbeiter zu überwinden. Zunächst stellt jede Verände 112 113 114 115 116 117 Vgl. Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 55 ff. Vgl. auch Winkelmann, P. (2000): S. 180. Vgl. Buck-Emden, R. / Saddei, D. (2008): S. 509; Brendel, M. (2003): S. 148 ff. Vgl. Bruhn, M. (2009b): S. 340. Vgl. Hippner, H. / Wilde, K. D. (2011 a): S. 18. Merzenich, M. (2005): S. 12. Vgl. Merzenich, M. (2005): S. 14 f. 31 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand rung einen möglichen Auslöser von Ängsten dar.118 Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass durch ein CRM-IT-System nicht nur die Kunden, sondern potentiell auch die Arbeitsleistung im Vertrieb besser analysiert werden können.119 Betrachten Mitarbeiter das CRM jedoch als Kontrolle anstatt als Hilfe, kann dies zu Reaktanz führen. Auch können Mitarbeiter die zusätzlich notwendige Eingabe und Pflege von CRM-Daten als erschwerend empfinden. Vermieden werden kann das durch ein begleitendes Change Management bei der Einführung des CRM.120 So erfahren Mitarbeiter frühzeitig und offen von den Nachteilen des CRM, die vor allem in dem punktuell erhöhten Verwaltungsaufwand liegen dürften. Allerdings können dann auch die Vorteile für jeden einzelnen Mitarbeiter verdeutlicht werden. So stehen der zusätzlichen Datenverarbeitung kürzere Planungsprozesse und eine erheblich bessere Datenqualität – mithin ein spürbar effizienteres Arbeiten gegenüber. Von dem größeren Unternehmenserfolg profitieren die Mitarbeiter zudem durch sicherere Arbeitsplätze und höhere Gehälter. Mitarbeiter, die zukünftig mit dem CRM-System arbeiten müssen, sollen im Projektteam, welches das CRM-System auswählt und konfiguriert, vertreten sein. Diese können aus Anwendersicht zur Bedienbarkeit und Funktion des CRM-Systems einen wichtigen Beitrag leisten. Bei Einführung des CRM-Systems ist es wichtig, die Mitarbeiter durch Training mit dem Umgang des Systems vertraut zu machen. In diesem Training sollte auch aufgezeigt werden, welche Vorteile das System für die Mitarbeiter bereitstellt. Weiterhin muss das Unternehmen den Mitarbeitern die Möglichkeit geben, Verbesserungsvorschläge zum System machen zu können.121 3.4.1 Projektmanagement zur Implementierung Die Einführung eines CRM-Systems ist eine längerfristige und komplexe betriebliche Aufgabe, die als eigenständiges Projekt zu betrachten ist. Am Anfang steht die Analyse, welche unternehmerischen Ziele mit dem CRM verfolgt werden sollen, wie leistungsfähig das CRM sein muss und welche Kosten, respektive welcher Aufwand damit verbunden sein wird. Wie festgestellt, besteht die Einführung eines CRM zumeist aus den zwei Komponenten der Kundenorientierung der betrieblichen Wertkette und der Integration einer unterstützenden CRM-Software. Hiervon ausgehend wird festgestellt, welche Maßnahmen der Organisations- und Personalentwicklung notwendig sind, um das CRM erfolgreich umzusetzen und welches CRM-System eingesetzt werden soll. Letzteres führt noch einmal zu der Überlegung, welche technischen Änderungen – Neuanschaffung von 118 119 120 121 32 Vgl. Homburg, C. / Schäfer, H. / Schneider, J. (2008): S. 178. In Unternehmen mit Betriebsrat ist die Einführung bestimmter Komponenten von CRM-Systemen deshalb mit diesem zu besprechen. Diese arbeitsrechtlichen Aspekte werden im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter betrachtet. Vgl. Homburg, C. / Schäfer, H. / Schneider, J. (2008): S. 178. Vgl. Homburg, C. / Schäfer, H. / Schneider, J. (2008): S. 179. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Hardware, mobile Kommunikation etc. – und welche IT-Schulungsmaßnahmen notwendig werden. Schnauffer und Jung schlagen hierfür die folgenden Instrumente vor: 1. „Strategische CRM-Lücken-Analyse. Diese dient zur Ermittlung des Status Quo von CRM sowie zur Identifikation von Störfeldern (z.B. unsystematisches Bearbeiten von Kundenbeschwerden). Anhand von Potentialbetrachtungen kann darauf aufbauend eine erste Priorisierung einzelner CRM-Handlungsfelder abgeleitet werden. 2. Auswahl von CRM-Maßnahmen und –Systemkomponenten. Vorgestellt wird eine Checkliste, welche die Auswahl von relevanten CRM-Maßnahmen und – Systemkomponenten unterstützt, um die im ersten Schritt identifizierten Potenziale zu heben (z.B. mehrstufiger Beschwerdeprozess und DV-gestütztes Managen von Kundenbeschwerden). 3. Konsistenzanalyse. Hier werden die Ergebnisse der CRM-Lücken-Analyse und der Auswahl der CRM-Maßnahmen bzw. –Systemkomponenten gegenübergestellt, auf inhaltliche Plausibilität sowie Vollständigkeit geprüft und bewertet. Damit soll sichergestellt werden, dass die ausgewählten CRM-Maßnahmen und – Systemkomponenten ausreichend aufeinander abgestimmt sind und so dazu beitragen, die identifizierte strategische Lücke zu schließen. 4. Interdependenzanalyse. Zur Bestimmung der CRM-Maßnahmen und – Systemkomponenten ist es zudem erforderlich, mögliche Interdependenzen prozessualer und technischer Art zu identifizieren (z.B. Verknüpfung des Adressdatenmanagements für Beschwerdedaten mit dem Adressdatenmanagement für allgemeine Kundendaten). 5. Bewertung von CRM-Lösungen. Abschließend soll es dem Unternehmen ermöglicht werden, verschiedene Lösungen von CRM-Softwareanbietern anhand der spezifizierten Anforderungen zu bewerten.“122 122 Schnauffer, R. / Jung, H. H. (2004): S. 162. 33 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Während der Projektdurchführung erfolgt die Überwachung und Steuerung des Projektes. Diese bezieht sich hauptsächlich auf folgende Aktivitäten: • Feinplanung der Teilprojekte • Überwachung von Zeit, Leistung, Qualität und Budget • Identifizierung von Abweichungen und Risiken • Auftragsvergaben • Information und Kommunikation • Betreuung des Auftraggebers • Regelmäßige Stakeholder-Analyse • Änderungsmanagement • Projektdokumentation • (Inhaltliches) Coaching123 Zur Steuerung und Überwachung des Projektes mit seinen Teilprojekten und Meilensteinen bieten sich verschiedene Methoden und Tools an. Die Durchführung komplexer CRM-Projekte kann über ein Gantt-Diagramm124 geplant werden. Je nach Projekt wird das komplette Know-how der Firma beansprucht, losgelöst von dem hierarchischen Aufbau. Deshalb bietet sich für die CRM-Implementierung die Matrix-Organisation des Projektes an. Aufgrund der teils deutlichen Veränderungen in den Arbeitsabläufen und den insbesondere für Vertriebsmitarbeiter steigenden Anforderungen bei Dokumentation, Analyse und Planung ihrer Aktivitäten ist es angezeigt, auch organisationspsychologische Prozesse zu beachten. Hierdurch ist eine stetige und transparente Kommunikation während des gesamten Projektes wichtig. Der Erfolg bei der Implementierung eines CRM-Systems könnte deshalb nicht unwesentlich durch ein begleitendes Change Management gefördert werden. Da die Einführung eines CRM-Systems Projektcharakter hat und einen einmaligen, zeitlich befristeten, mit einem deutlich über das Tagesgeschäft hinaus gehenden, Aufwand mit hoher Komplexität bedeutet, überfordert dieser häufig die in KMU zur Verfügung stehenden Ressourcen. Je kleiner ein KMU ist, d.h. vor allem, je kleiner Vertrieb, Verwaltung und Management dimensioniert sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass die zeitlichen Möglichkeiten ebenso fehlen wie das erforderliche CRM, Projekt- und Change Management-Know How. Es empfiehlt sich in diesem Fall, für die abgegrenzte Implementierungsphase auf die externe Unterstützung von Beratungsunternehmen zurückzugreifen, die eine entsprechende Expertise zum Thema „CRM im Mittelstand“ 123 Vgl. Hippner, H. / Rühl, D. / Wilde, K. D. (2010b): S. 57 ff. (letzter Zugriff: 23.11.2012). Ebenfalls eine sehr gute und praktische Übersicht zur Einführung von CRM-Systemen findet sich im CRM-Leitfaden des Bundeswirtschaftsministeriums: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2009): passim. 124 Gantt- oder Balkendiagramme sind wichtige Hilfsmittel zur Planung und Kontrolle von Projekt- und Auftragsabläufen. Auf der Abszisse wird die Zeit und auf der Ordinate werden dabei die Projektschritte abgetragen. Vgl. vertiefend dazu bspw. Kiener, S. / Maier-Scheubeck, N. / Obermaier, R. (2009): S. 252 und Vahrenkamp, R. (2008): S. 201 f. 34 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand vorweisen können. Eine Crux bei KMU an diesem Punkt ist, dass vor allem Familienunternehmer Vorbehalte gegenüber Unternehmensberatern haben und deren Dienste prinzipiell ablehnen.125 Einer Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach zufolge haben 43 % der Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern noch nie externe Beratung in Anspruch genommen.126 Auch gegenüber größeren Softwarehäusern besteht Skepsis, diese seien, ähnlich wie Unternehmensberatungen, zu standardisiert, zu groß und zu teuer.127 Dabei ist zumindest das Investitionsrisiko in eine Unternehmensberatung für KMU überschaubar, über die KfW und über zahlreiche bundeslandspezifische Programme gibt es Förderprogramme zur Deckung von 50 % der Beratungskosten.128 Jeder der Einzelschritte zur Implementierung eines CRM kann als eigenständiges Projekt aufgefasst werden. Überschreitet dieses die Ressourcen eines KMUs, besteht die Möglichkeit, die erforderliche Planung und Durchführung an einen jeweils darauf spezialisierten Experten auszugliedern. Empfehlenswert ist es dennoch, einen verantwortlichen Mitarbeiter für das CRM-Projekt im Unternehmen zu haben, der die Steuerung, Koordination und Kontrolle der externen Dienstleister übernimmt. 3.4.2 Kosten und Aufwand der Implementierung von CRM Die Implementierung eines CRM-Systems in das Unternehmen ist, wie jede Neustrukturierung, mit Kosten verbunden. Deren Höhe kann selbst bei der Verwendung der gleichen Software stark variieren, da dann immer noch zu klären ist, welche Prozesse abgebildet werden sollen, welche IT-Infrastruktur besteht und ob eine Anbindung an ein eventuell bestehendes IT-System zur Unternehmenssteuerung ERP (Enterprise Resource Planning-System) erfolgen soll. Bei der CRM-Software besteht die Wahl zwischen klassischen, installierten Lösungen und internetbasierten Angeboten. Typischerweise werden die festinstallierten Systeme als Softwarelizenzen - oft im Zusammenhang mit ERP-Systemen - verkauft. Dagegen stellen die internetbasierten CRM-Systeme über das sogenannte Cloud Computing129 eine Dienstleistung dar, die zu variablen Kosten in Anspruch genommen werden kann. Trotz der Effizienz- und Kostenvorteile sind Cloud-Anwendungen jedoch noch wenig im deutschen Mittelstand angekommen.130 Nur 16 % der KMU nutzen bereits Cloud Com 125 126 127 128 129 130 Vgl. Gloger, A. / Rohrbeck, F. / Selbach, D. (2012): S. 1-5, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Gloger, A. (2012): o. S., (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Trauthig, J. (2010): S. 1-2, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Die Angaben dazu findet man online auf der gemeinsamen Förderdatenbank des Bundeswirtschaftsministeriums und der KfW. Beim Cloud-Computing werden die erforderliche Software - und ggf. auch die verwendeten Daten nicht mehr auf dem eigenen PC gespeichert, sondern auf dem über das Internet angesteuerten Datenspeicher (Server) des Anbieters (Provider). Die Daten liegen damit in einer sogenannten Datenwolke, der Cloud. Der Vorteil sind die geringeren Kosten, ein möglicherweise großer Nachteil liegt darin, dass sich die Daten auf den Rechnern eines fremden Unternehmens befinden, eventuell auch in einem anderen Land mit anderen Rechtsvorschriften. Vgl. Baun, C. / Kunze, M. / Nimis, J. et al. (2011): S. 1. Vgl. Neitzel, S. (2012): o. S., (letzter Zugriff: 24.11.2012). 35 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand puting, von diesen äußert sich rund die Hälfte noch skeptisch über den Erfolg.131 Der CIO (Chief Information Officer)-Studie132 unter Unternehmen aller Größenklassen zufolge ist der Prozentsatz von Unternehmen, die bereits Saas (Software as a Service) verwenden mit gut 17 % nicht wesentlich höher, allerdings planen bereits weitere ca. 40 %, Software nicht mehr in der festinstallierten Version zu nutzen. CRM gehört dabei zu den klassischen Anwendungsfeldern.133 Betrachtet man die dynamische Entwicklung von Anwendungs- und Geschwindigkeitszuwachs von Internetlösungen, gehört diesen klar die Zukunft.134 Der Vorteil einer Kaufversion liegt in der Verfügbarkeit und der Möglichkeit, die Software selbst weiter anzupassen sowie in der Datensicherheit. Online-Lösungen dagegen sind i.d.R. flexibler, werden stetig aktualisiert und können kostengünstiger angeboten werden, da sie meist keine gesonderte IT-Infrastruktur benötigen. Außerdem sind Servicepakete sehr variabel hinzubuchbar und sie ermöglichen eher einen ortsunabhängigen Zugriff auf die CRM-Daten, was große Vorteile für den Vertriebs- und Service-Außendienst bieten kann.135 CRM-Softwaresysteme sind bereits zu günstigen Preisen verfügbar, so gibt es für KMU bspw. von Microsoft bereits Angebote zwischen 400,00 EUR und 2.000,00 EUR. Ein individuell angepasstes CRMSystem mit tiefergehenden Analyse-Möglichkeiten und Einbindung in die Unternehmenssoftware kostet dagegen bei der Softwareentwicklung von SAP um 15.000,00 EUR für Lizenzen und Schulung. Tabelle 4: Monatliche Nutzungsgebühren für Cloud-CRM-Lösungen Anbieter Ein Nutzer 10 Nutzer Salesforce 70,00 – 270,00 EUR 700,00 - 7.000,00 EUR CAS PIA136 19,90,00 EUR 199,00 EUR Sugar Professional 137 40,00 – 100,00 EUR 400,00 – 1.000,00 EUR Zoho CRM 138 Ca. 30,00 EUR ( Speicher) 125,00 EUR Highrise 139 25,00 EUR 41,00 EUR 131 132 133 134 135 136 137 138 139 36 Vgl. Heng, S. / Neitzel, N. (2012): S. 9-10 (letzter Zugriff: 14.08.2012). Die Studie wurde vom CIO Magazine, einer US-Zeitschrift für Chief Information Officer, durchgeführt. Vgl. CIO (2012): S. 1 ff. (letzter Zugriff: 19.08.2012). Vgl. Vossen, G. (2011): S. 1322. Vgl. Metzger, C. / Reitz, T. / Villar, J. (2011): S. 27 ff. s. CRM-Anbieter CAS PIA (www.cas-pia.de/preise.html) (letzter Zugriff: 24.11.2012). s. CRM-Anbieter: SUGARCRM (www.sugarcrm.com); (letzter Zugriff: 24.11.2012). Kosten je nach Version und Leistungsumfang; hier wurde ein mittleres, für KMU geeignetes Serviceniveau gewählt. s. CRM-Anbieter Zoho (www.zoho.com/crm/zohocrm-pricing.html), (letzter Zugriff: 24.11.2012). s. CRM-Anbieter Highrise, (http://highrisehq.com/signup), (letzter Zugriff: 24.11.2012). FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Gerade in wirtschaftlichen Krisen oder zumindest wechselhaften Zeiten nutzt eine wachsende Zahl von KMU internetbasierte CRM-Anwendungen, da die Kosten hier möglichst gering und flexibel gehalten werden können. Ein führender Anbieter von CRM mit modularem Aufbau für Marketing, Vertrieb und After-Sales-Service ist Salesforce.140 Ein KMU typischer Größe mit 10 Nutzerlizenzen und mit bis zu 50 Mitarbeitern kann hier schon ab 200,00 EUR bis 650,00 EUR monatlich Online-CRMUnterstützung einschließlich Cloud-Speicherplatz mieten.141 Die Preisdifferenzen weisen auf deutliche Unterschiede im Serviceniveau hin, z.B. in der Anpassbarkeit auf die Kundenwünsche und hinsichtlich der Analysetools. Während Salesforce im Leistungsumfang zumindest für die Bedürfnisse von KMU mit den festinstallierten Softwareangeboten von Oracle oder SAP konkurrieren kann, bieten Zoho oder Highrise nur einfachere Funktionen an, für die ein Mehr an Nutzern kaum erhöhte Komplexität sondern eher ein Plus an Speicherplatz darstellt. Salesforce dagegen zählt für seine Premium-Version Großunternehmen wie die Allianz, KLM oder General Electric Capital zu seinen Kunden. Eine Summe von 7.000,00 EUR monatlich für den Einsatz eines CRM-Systems mit 10 Nutzern ist für die meisten KMU jedoch illusorisch und auch der mögliche Leistungsumfang wäre überdimensioniert. Die Kosten eines CRM – Systems hängen also stark vom Leistungsumfang und der Implementierbarkeit in bereits vorhandene Systeme wie z.B. ERP ab. Hinzu kommen die Kosten zur Einführung des CRM, hier insbesondere der notwendigen Hard- und Software. Hierbei ergibt sich ungefähr folgende Kostenverteilung: • 30 % Kauf von Softwarelizenzen, bei internetbasierten Lösungen keine Kaufkosten, sondern die Mietgebühr • 30 % Hardware • 10 % Systemimplementierung • 15 % Schulung • 5 % Wartung und Datenpflege • 10 % Beratung Die Kosten der CRM-Einführung sind bei weitem nicht mit dem Erwerb der Softwarelizenz und ggf. entsprechender Hardware – Laptops oder Tablet-PCs als neue Eingabegeräte – abgedeckt. Ohne die Einpassung des CRM-Systems und ohne Akzeptanz und Schulung der Mitarbeiter werden jedoch die Datenqualität - und damit der Gesamterfolg - in Frage gestellt. Wenn aus Unwissenheit oder fehlverstandener Sparsamkeit auf Training, Beratung und ggf. auch Projekt- und Veränderungsmanagement verzichtet 140 141 Vgl. o. V. (o. J. a): o. S., (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. o. V. (o. J. a): o. S. ( letzter Zugriff: 23.11.2012). Inwieweit die internetbasierten CRM-Tools Schutz gegen Datenverlust oder externe Angriffe bieten, kann hier nicht weiter nachgegangen werden. 37 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand wird, kann die Implementierung eines CRM an diesen „weichen“ Faktoren scheitern. Gerade für kleinere Unternehmen stellt sich deshalb nicht allein die Frage der grundsätzlichen Vorteile des Kundenbeziehungsmanagements und des Einsatzes von CRMSoftware, sondern ob das CRM-System nicht zu komplex und überhaupt mit vertretbarem Aufwand adaptierbar ist. Für KMU ist es essentiell, mit geringen, genau eingesetzten Mitteln den maximal erzielbaren Erfolg erreichen zu können. Dieser Punkt muss vorab strategisch entsprechend präzise formuliert worden sein. Die Einführung des CRM-Systems ist anfänglich mit größerem Aufwand verbunden. Deshalb muss eine hohe Bereitschaft bestehen, die neuen Anwendungen und Prozesse zu erlernen. Zur Motivierung insbesondere der Außendienstler ist es wichtig, auf die anfänglichen Hürden hinzuweisen, jedoch die späteren Vorteile und Effizienzgewinne gerade für das Vertriebsmanagement zu verdeutlichen.142 Aus Praxissicht wird die Komplexität der Außendienstarbeit durch das CRM erhöht, und von den Vertriebsmitarbeitern auch als Nachteil empfunden. Dies liegt auch daran, dass Daten meist nicht sofort, sondern erst im Nachgang eingetragen werden, was komplizierter ist und durch die Eingabevorgaben der Software einen erhöhten Aufwand bedeutet.143 Diese Schwierigkeiten verdeutlichen die Notwendigkeit des flankierenden Einsatzes von Change Management. Sultze sieht es als besonders wichtig an, dass die Mitarbeiter für das CRM geschult werden. Zum Start der CRM-Einführung sollten die grundlegenden Mitarbeitertrainings bereits abgeschlossen sein, sie sollten dann nach einem Jahr und in der Folge alle 24 Monate wiederholt werden, um eine möglichst gute Anwendung des CRM zu gewährleisten (wohl in Hinblick auf Softwareaktualisierungen).144 In der täglichen Praxis sei dagegen kein zusätzlicher Zeitaufwand für das CRM einzurechnen. Voraussetzungen hierfür seien ein funktionierendes und von den Mitarbeitern akzeptiertes CRM-System.145 Dies erklärt sich dadurch, dass zwar Angaben für die CRM-IT gemacht werden müssten, aber im Gegenzug alle CRM-gestützten Prozesse nicht mehr manuell aufbereitet werden müssten, was die Effizienz insgesamt deutlich steigern sollte. Die monetären Kosten der Einführung eines CRM teilen sich in drei Blöcke: Die direkten Kosten einer CRM Software seien dabei nur ein Drittel der tatsächlichen Gesamtkosten.146 Diese seien die sichtbaren Kosten, die von dem Unternehmen zumeist vordergründig betrachtet würden. Gemeint seien die Anschaffungskosten der Software, die Schulungskosten sowie die Leistungen von IT- und Unternehmensberatungen. Ein weiteres Drittel seien die internen Kosten, die anfangs durch den erhöhten Zeitaufwand bei der Einführung des CRM und durch etwaige Change Management-Prozesse ent 142 143 144 145 146 38 Vgl. Siems, F. (2011):. Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XVII. Vgl. Sultze, W. (2011): Anhang Nr. 1.4, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XL. Vgl. Sultze, W. (2011): Anhang Nr. 1.4, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XL. Vgl. Sultze, W. (2011): Anhang Nr. 1.4, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XL. Vgl. Sander, G. (2011:) Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXIV. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand stehen würden.147 Das letzte Drittel der Kosten seien die Kosten, die durch die Notwendigkeit der Anpassung und Weiterentwicklung des CRM entstünden. Viele Unternehmen betrachten nur die Anschaffungskosten, nicht aber die Folgekosten. Treten diese dann auf, so der CRM-Experte, werde das CRM unnötig kritisiert, es werde an falscher Stelle gespart oder einige Prozesse würden nicht vollständig implementiert. Dadurch würden dann oftmals die gesteckten Ziele nicht erreicht. Dies werde dann dem CRM angelastet und nicht den eigenen Versäumnissen.148 Um auch deshalb das richtige Verhältnis zwischen Nutzen und Kosten zu finden, soll der Anschaffungsund Verwaltungsaufwand in einem gesunden Verhältnis zur Betriebsgröße des Anwenders und zur Anzahl seiner Kunden stehen.149 Gerade für kleinere Unternehmen ist es wichtig, eine passgenaue Software-Lösung mit den CRM-Mindestfunktionen zu erhalten - wobei die mobile Anwendbarkeit bereits als Standard betrachtet wird.150 3.5 Vor- und Nachteile der Einführung von CRM In der Deutsche Bank Research-Studie zum elektronischen Geschäftsverkehr in der EU kritisiert Autorin Stobbe, dass westeuropäische Unternehmen E-BusinessAnwendungen nicht ausreichend nutzen. Ihren Ergebnissen zufolge nutze der Großteil nur einfach Anwendungen, die keine Anpassung der Geschäftsprozesse erforderten. Sie konstatiert: „Die überwiegende Zahl der europäischen Unternehmen vergibt Produktivitätschancen, die aus vernetzten Anwendungen in Verbindung mit organisatorischen Anpassungen resultieren können. Komplexere interne Informations- und Kommunikationstechnologie-basierte Prozesse werden nur von 20-25 % aller Unternehmen eingesetzt. Auch die Vernetzung mit externen Partnern ist für die meisten Unternehmen derzeit noch Zukunftsmusik.“151 Dabei sei der Rückstand von KMU besonders ausgeprägt. Dies treffe nicht zuletzt auf CRM zu. Keine 50 % der Großunternehmen und nur um die 20 % der KMU in Westeuropa setzten CRM-Systeme ein. Deutschland sei hier mit einer Quote von gut 50 % bereits Vorreiter.152 Kollaborative Systeme würden sogar nur von unter 15 % der Unternehmen eingesetzt.153 Westeuropäische Unternehmen setzen also zu wenig154 auf E-Business und KMU hinken besonders auffällig hinterher. Auf die Frage nach den Hindernissen bei KMU geben fast 60 % der Unternehmen an, zu klein für eine sinnvolle IT-Anwendung zu sein 147 148 149 150 151 152 153 154 Vgl. Sultze, W. (2011): Anhang Nr. 1.4, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XL. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXVII. Kötter, G. (2011): Anhang Nr. 1.2, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXII. Vgl. Leitner, A. v. (o.J.): (letzter Zugriff: 23.11.2011). Stobbe, A. (2009): S. 7, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Stobbe, A. (2009): S. 7, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Ein interessanter Nebenaspekt ist, dass die wirtschaftsschwachen Euro-Krisenstaaten Griechenland, Spanien, Italien und Portugal hier die Schlusslaterne tragen. Stobbe, A. (2009): S. 7 f., (letzter Zugriff: 23.11.2012). Im Vergleich insbesondere zu den USA, die stärker auf E-Business setzen und auch größere relative wie absolute Produktivitätsgewinne erzielen. Vgl. Bloom, N. / Sadun, R. / Reenen, J. van (2007): S. 12. Dies können die Autoren nur für Branchen nachweisen, die IT stark nutzen. Zitiert nach Stobbe, A. (2009), S. 7, (letzter Zugriff: 23.11.2012). 39 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand darunter 54 % der Kleinunternehmen und 75 % der Kleinstunternehmen. Gut 30 % halten die Technik für zu kompliziert und zu teuer, noch über 20 % haben Sicherheitsbedenken oder finden keinen geeigneten Dienstleister und fast 20 % halten die ITSysteme für nicht kompatibel.155 Ein offensichtlicher Grund für die fehlende ITKompetenz dürfte darin bestehen, dass nur 15 % der Kleinunternehmen ITSpezialisten beschäftigen. In diesem Fall müsste dann das Management diese Aufgaben übernehmen.156 Ohne Frage stellt der Verzicht auf E-Business im Allgemeinen und CRM im Speziellen nicht immer ein Manko dar. Ein Handwerksbetrieb etwa braucht ein elektronisches Bestell- oder Rechnungswesen, wird jedoch gut ohne komplexe IT-Struktur auskommen. Es kommt also darauf an, ob ein CRM eingesetzt werden kann, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Dies ist offenbar der Fall, wenn das KMU als Zulieferer in die Supply Chain von Großunternehmen eingebunden ist. So gibt es eine deutliche statistische Korrelation zwischen der E-Business-Nutzung von Großunternehmen und KMU.157 Es kann also vermutet werden, dass Großunternehmen bei der Modernisierung ihrer ITStrukturen ihre Zulieferer unter Druck setzen werden, mitzuziehen, so dass sich die Lücke in Hinblick auf die IT-Ausstattung zwischen Großunternehmen und KMU auf die Dauer verringern wird.158 Offenbar hängt die Nutzung von E-Business stark von der Branche, ihrer organisatorischen Reife und der herrschenden Wettbewerbsintensität ab.159 Vor allem in den global höchst wettbewerbsfähigen Wirtschaftszweigen der deutschen Industrie sind produktivitätssteigernde IT-Anwendungen stark verbreitet. Das gilt vor allem für den Fahrzeugbau und mit Abstand für die Chemieindustrie, den Maschinenbau und die kunststoffverarbeitenden Gewerbe. Die Stärken dieser Branchen liegen in der internen Vernetzung der Systeme für die Auftragsverarbeitung mit Abrechnungs- und Zahlungssystemen oder Produktions- und Logistiksystemen. In mittleren und großen Unternehmen werden diese Systeme zu 90-100 % der Betriebe eingesetzt. Darüber hinaus nutzen 40-60 % der Unternehmen das Internet für die Beschaffung. Für KMU wie die RDF GmbH, die stark von Großunternehmen abhängig ist, erscheint es deshalb sinnvoll, ERP und CRM-Systeme eng miteinander zu verzahnen.160 Diese These wird durch die RDF GmbH voll bestätigt, Großkunden wie Siemens, Bombardier, Alstom, Deutsche Bahn und ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) stellen höchste Ansprüche bezüglich Qualitätsanforderungen, Liefertreue, Flexibilität, Datenaustausch und Kooperation bei der Teileentwicklung. Diesen – zudem von Kunde zu Kunde variierenden – Spezifikationen präzise zu entsprechen, kann ohne ERP und CRM-Systeme kaum mehr geleistet werden. 155 156 157 158 159 160 40 Vgl. Stobbe, A. (2009): S. 9, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Stobbe, A. (2009): S. 9, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Stobbe, A. (2009): S. 9-10, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Stobbe, A. (2009): S. 10, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Stobbe, A. (2009): S. 10, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Stobbe, A. (2009): S. 9-11, (letzter Zugriff: 23.11.2012). FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Als vorökonomische Potentiale können deshalb vor allem die verstärkte Kundenbindung und die Stabilisierung der Geschäftsbeziehungen genannt werden. In Schlüsselindustrien wie den genannten – Fahrzeugbau, Maschinenbau, Chemie und Kunststoffverarbeitende Industrie – haben die Großkonzerne hochgradig vernetzte Wertschöpfungsketten aufgebaut, aus denen sie bis zu 70 % ihrer Teile von ihren Zulieferern beziehen. Das setzt voraus, dass diese in den Produktionsprozess ihres Großkunden eingetaktet sind und stets auf dessen Qualitätsniveau agieren können. Außerdem werden die Zulieferer nicht nur in die Produktion, sondern sehr viel früher in die Forschungs- und Entwicklungsprozesse eingebunden, um ihr Know-how einzuspeisen. Im Zuge der engen, kreativen Zusammenarbeit wird das Vertrauen kontinuierlich gestärkt und selbst im Falle von Fehlern werden diese eher toleriert.161 Dadurch entsteht eine so hohe wechselseitige Abhängigkeit, dass ein Absprung des Industriekonzerns zunehmend unwahrscheinlich wird. Studien zufolge zählen diese Sicherungseffekte zu den wichtigsten Vorteilen von CRM.162 Ein weiterer Vorteil eines CRM-Systems liegt in der bis zu 50prozentigen Zeiteinsparung bei der Verwaltung von Kundendaten und Vertriebsaktivitäten. Durch die Steuerungselemente aus dem CRM-System wird das Vertriebsmanagement erleichtert, so kann z.B. die durchschnittliche Anzahl der Kontakte pro Kunde und Kundengruppe erhöht werden. Allein durch die besser organisierten Kundenkontakte ist es möglich, Kunden intensiver und auch individueller zu pflegen. Aus der resultierenden größeren Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität können eine höhere Wiederbestellquote und Kundenloyalität generiert werden.163 Zudem können Beschwerden – sogleich mit den richtigen Ansprechpartnern – schneller und zielgerichteter bearbeitet werden. Dadurch bewirkt das CRM ein quantitativ wie qualitativ verbessertes Kundenfeedback mit positiver Wirkung auf die Produktentwicklung, Fertigung und Produktpolitik. Weitere, nicht monetäre Vorteile sind die Vereinheitlichung der Vertriebsprozesse sowie die Aggregierung der kundenorientierten Unternehmensdaten.164 161 162 163 164 Vgl. Diller, H. (2011): S. 250–254. Vgl. Diller, H. (2011): S. 263. Vgl. Brendel, M. (2003): S. 130 ff.; Widmayer, F. (2007): S. 186 ff. Vgl. Sultze, W. (2011): Anhang Nr. 1.4, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXXIX. 41 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Hinzu kommen Kostensenkungspotentiale durch effizientere Workflows: • bei der Informationssuche durch Rundum-Sicht der Kundenakte • bei Prozesskosten durch unternehmensweiten Zugriff und externen Zugriff über Internet-Portale • bei der Korrespondenz durch intelligentes Dokumentenmanagement • bei der Organisation durch individuelle Business Cockpits • im Vertrieb durch zentrale Daten und konsequent genutzte Verkaufschancen • durch die Steuerung und das Controlling von Vertriebs- und Kundenprojekten • im Marketing durch professionelle Filterfunktionen und Kampagnenmanagement.165 Abschließend sind als wichtigste Resultate einer erfolgreichen Kundenbindung eine erhöhte Kundenzufriedenheit, Kundenempfehlungen sowie als ökonomische Größen Umsatzwachstum durch Kundenpenetration, insbesondere Up- und Cross Selling sowie Kostensenkungen zu nennen.166 Alle Aktivitäten des CRM dienen dabei letztlich der Steigerung der Kundenprofitabilität und damit dem nachhaltigen ökonomischen Erfolg des Unternehmens.167 Hinzu kommt, dass positive Erfahrungen bei der Gewinnung von Kunden und zusätzliche Aufträge auch intern die Akzeptanz von CRMSystemen stark steigern.168 Die positiven Effekte der durch CRM gestärkten Kundenbindung können wie folgt zusammengefasst werden: • Kundenanalyse, -segmentierung und –targeting • Kenntnis der Kundenanforderungen und Produktspezifikationen • Kenntnis der Kommunikationsbedürfnisse • Erhöhung der Kundenzufriedenheit • Verbessertes Beschwerdemanagement. Dadurch weitere Erhöhung der Kundenzufriedenheit und Impulse für kontinuierliche Verbesserungsprozesse • Aufbau und Stabilisierung von Kundenbeziehungen • Stärkung der Kundenbindung • Erkennung der Kundenwerte und –lebenszyklen • Cross- und Up Selling • Ausbau der besonders profitablen Kundenbeziehungen durch Key Account Management.169 165 166 167 168 169 42 Zipser, A. (2010): S. 4 Vgl. Diller, H. (2011): S. 256 ff. Vgl. Leußer, W. / Hippner, H. / Wilde, K. D. (2011a): S. 22 ff. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXVII. Vgl. Bruhn, M. (2012): S. 303 f.; Weis, H. C. (2010): S. 198. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Die aufgezeigten Stärken von CRM können jedoch auch negative Seiten haben oder gar in ihr Gegenteil umschlagen. So erhöht sich durch die verstärkte Kundenbindung auch die Abhängigkeit von nur wenigen oder einem Abnehmer. Industrielle Großkunden, die über eine hohe Nachfragemacht verfügen, untersagen nicht selten Geschäftsbeziehungen zur Konkurrenz.170 Sind die Kunden stark konjunkturabhängig oder in einer späten Phase ihres Lebenszyklus, kann sich das für ihre Zulieferer existenzbedrohend auswirken. Dieser Effekt ist seit 2007 nicht zuletzt in der Automobilbranche zu beobachten. KMU, die wie die RDF GmbH in dem Fallbeispiel solchen Gefahren ausgesetzt sind, sollten deshalb ein aktives Portfoliomanagement betreiben. Diesem Gedanken könnten jedoch auch Kunden folgen, die sich ebenfalls in ihrer Flexibilität eingeschränkt sehen und die CRM-Aktivitäten mit Reaktanz beantworten könnten. Auch die positiven Effekte, die sich aus Weiterempfehlungen ergeben, können sich in noch stärkerer Form negativ auswirken, wenn ein Schlüsselkunde nachhaltig enttäuscht wird.171 Nicht zu vergessen ist dabei, dass daraus ein Drohpotential entstehen kann, was die Abhängigkeit von Großkunden dann weiter steigert. Einen Überblick über mögliche positive wie negative Effekte der Kundenbindung durch CRM gibt Tabelle 5: Der wahrscheinlich größte Nachteil von CRM-Systemen besteht in der hohen Gefahr des Scheiterns bei ihrer Implementierung. Die Messbarkeit des Erfolgs eines CRMSystems ist damit ein wichtiges Kriterium, dessen Indikatoren sich im Wesentlichen aus der strategischen Planung ableiten lassen. Vor dem Start der CRM-Einführung sollten die strategischen Kennzahlen (Key−Performance−Indikatoren) festgelegt werden. Dies erfordert ein entsprechendes Controlling, das aufgrund von Soll−Ist−Werten (konsolidiert aus CRM, ERP und anderen Systemen) die Wirkungen des CRM transparent und im Zeitlauf vergleichbar darstellt. Hierfür eignen sich "State of the Art"−Technologien innerhalb des analytischen CRM oder andere Business Intelligence Werkzeuge.172 Im Rahmen der Umsetzung eines CRM-Projektes soll über die Zielsetzung und das mit allen Abteilungen ausgearbeitete Pflichtenheft das Gesamtziel erreicht werden. Die Implementierung soll in kleine, überschaubare Schritte aufgeteilt werden. Für die Planung zur Einführung eines CRM-Systems ist mit zwei Jahren zu rechnen.173 Die Zerlegung in mehrere kleine Schritte verringert die Gefahr des Scheiterns und lässt Projektänderungen im überschaubaren Rahmen zu. 170 171 172 173 Vgl. Diller, H. (2011): S. 255. Vgl. Diller, H. (2011): S. 259 f. Pöschl, N. (2010): S. 1-2, (letzter Zugriff: 24.11.2012). Vgl. Winkelmann, P. (2008): S. 310. 43 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Tabelle 5: Positive und negative Effekte durch CRM Mehr Sicherheit + • • • • Mehr Stabilität der Geschäftsbeziehungen - Habitualisierung - Immunisierung - Toleranz Mehr Feedback - Beschwerdebereitschaft - Auskunftsbereitschaft - Bereitschaft zur - Kooperation Mehr Aktionsspielraum Mehr Vertrauen Mehr Wachstum • • Bessere Kundenpenetration - Beschaffungskonzentration - Kaufhäufigkeit - Kaufintensität - Cross Buying Mehr Kundenempfehlungen - Adressenvermittlung - Referenzbereitschaft - Mund-zu-MundWerbung - Kundenvermittlung Mehr Gewinn / höhere Rentabilität • • - • • • Inflexibilität durch starkes Commitment Trägheit Reaktanzgefahr beim Kunden • • Einseitige Kundenstruktur - Abhängigkeit vom Lebenszyklus des Kunden - Konjunkturanfälligkeit - Erpressbarkeit Negative Mund-zuMund-Werbung • Kosteneinsparungen - Besserer ROI (Amortisation von Akquisitionskosten) - Opportunitätskosten der Kundengewinnung - Geringere Kundenbearbeitungskosten - Effizientere Analyse, Verkaufs- und Orderprozesse - Geringere Streuverluste (auch Kampagnenmanagement ) Erlössteigerungen - Geringere Preiselastizität - Cross SellingErlöse - Up SellingErlöse Bindungskosten - Zurechenbare Kosten - Zurechenbare Erlösminderungen Quelle: Diller, H. (2011): S. 251. Als Anhaltspunkte zur erfolgreichen Umsetzung können folgende Punkte identifiziert werden: • Top Management Commitment: Die Unterstützung der Unternehmensführung für das CRM-Projekt ist eine zwingende Voraussetzung, sie besitzt eine Vorbildfunktion, gibt die CRM-Vision vor und ist für die Realisierung verantwortlich. • Projektzielsetzung: Für den Erfolg und die Messbarkeit ist eine transparente Projektzielsetzung unabdingbar. 44 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand • Einheitliches Begriffsverständnis: Verwendung einer einheitlichen Ausdrucksweise im Zusammenhang mit dem CRM-Projekt, um die Kommunikation zwischen den Experten und Mitarbeitern verschiedener Unternehmensfunktionen sowie unterschiedlicher Managementebenen zu vereinfachen. • Mitarbeiterakzeptanz: Einbeziehung der Mitarbeiter aller betroffenen Unternehmensebenen in das CRMProjekt, um die Akzeptanz zu erhöhen. • Datenqualität und Verfügbarkeit: Voraussetzung für eine gute Datenqualität ist die Sammlung und strukturierte Aufbereitung aller relevanten Kundendaten, ebenso besitzen alle betroffenen Mitarbeiter Zugriff auf diese Kundendaten. • Synchronisation und Koordination von Einzelaktivitäten: Die unternehmensweite und abteilungsübergreifende Koordinierung der Einzelaktivitäten zur Verbesserung der Kundenbeziehungen ist ein unerlässlicher Faktor eines erfolgreichen CRM-Projektes.174 Werden die Erfolgsfaktoren in ihr Gegenteil verkehrt, ergeben sich auch die wesentlichen Risiken bei der CRM-Einführung. Die Angaben zur Quote gescheiterter CRMProzesse sind uneinheitlich. Stokburger und Pufahl beziffern die Anzahl der gescheiterten Projekte zwischen 50 % bis 75 %. Zu den Hauptgründen zählen sie eine unzureichende strategische Planung und Zielsetzung. Hinzu kommt, dass einzelne Fachbereiche, nicht zuletzt die IT-Abteilung, die Übernahme eines CRM-Systems unilateral anstoßen.175 So wird angegeben, dass ungefähr 80 % der CRM-Projekte nach ihrer Einführung weder die Anforderungen der Vertriebsmitarbeiter noch die des Gesamtunternehmens erfüllen.176 In 60% der Fälle kommt es aufgrund einer zu eingeschränkten Sichtweise auf die Software und Informationstechnologie zu einer kritischen Bewertung des CRM.177 Als ein weiteres Problem wird häufig genannt, dass das CRM-System eine Veränderungs- und eine Lernbereitschaft auch von Mitarbeitern fordert, die mit Neuerungen und Ambiguität nicht zurechtkommen. Vor allem scheitern CRM-Projekte den Studien zufolge, wenn ihnen die Unterstützung des Top Management fehlt. Bei der Studie von Duscha und Hudetz aus dem Jahr 2007 gaben dagegen 70 % der 232 befragten KMU an, überwiegend positive Erfahrungen gemacht zu haben und die meisten der mit dem CRM angestrebten Ziele zu erreichen. Hier stand bei einer deutlichen Mehrheit die Geschäftsführung hinter dem CRM – in rund 75 % wurde das CRM 174 175 176 177 Vgl. Wolf, E. E. (2007): S. 122 f. Vgl. Stokburger, G. / Pufahl, M. (2002): S. 35. Vgl. Stengl, B. / Sommer, R. / Ematinger, R. (2001): o. S. (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Homburg, C. / Schäfer, H. / Schneider, J. (2010): S. 238 f. 45 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand von dieser intensiv genutzt.178 Dies könnte eine Erklärung für das - abweichend - positive Ergebnis zur CRM-Implementierung darstellen. Allerdings besteht hier die für quantitative Untersuchungen typische Gefahr, dass vor allem Unternehmen geantwortet haben, die CRM entweder stark befürworten oder eben ablehnen – das Ergebnis mithin verzerrt ist. Zugleich kritisieren Duscha und Hudetz, dass nur ein geringer Teil der KMU Kundenbeziehungsmanagement ganzheitlich umsetzt.179 Das CRM vieler KMU sei nur rudimentär und erlaube nur eine punktuelle Steuerung von Marketing und Vertrieb.180 Insgesamt gehen auch sie davon aus, dass gut die Hälfe der CRM-Projekte als Misserfolge klassifiziert werden müssen, da es an der Zielbestimmtheit, der Kundenorientierung und der organisatorische Umsetzung mangele.181 Die Anzahl der gescheiterten CRM-Projekte ist auch der Capgemini-Studie zufolge überraschend hoch. Die genannten Gründe hierfür sind vielfältig. Die erfolgreiche Einführung eines Kundenbeziehungsmanagements ist also nicht eine Frage der Software und Technologie. Für CRM werden zwar komplexe Systeme von Software und Technologie eingesetzt, entscheidend ist jedoch der Faktor Mensch. Capgemini zufolge sind eine unzulängliche strategische Zielsetzung, Planung und Vorbereitung, fehlende Konkretisierung, mangelnde Verknüpfung der Unternehmensebenen, mangelnde Unterstützung durch die Führungskräfte bis hin zum Vorstand, unzureichende Kommunikation zwischen Prozess- und IT-Seite und mangelndes Engagement sowie Know-how der Mitarbeiter die Hauptgründe für den ausbleibenden Erfolg.182 Klargestellt werden muss auch, dass mit dem Einsatz von CRM allein noch kein Wettbewerbsvorteil entsteht.183 Eine unverwechselbare strategische Positionierung kann nur durch die richtige Verbindung zwischen Strategie, CRM und Unternehmensorganisation erreicht werden:184 „Firms do not simply plug in computers or telecommunications equipment and achieve service quality or efficiency gains. Instead they go through a process of organizational redesign and make substantial changes to their product and service mix.“185 Stobbe fragt deshalb, von welchen Faktoren es abhängt, ob sich Unternehmen im Wettbewerb mit Hilfe von IT differenzieren können. Unternehmen seien ständig gefordert, „ihr Geschäftsmodell zu überprüfen und IT-basierte Prozessinnovationen vorzunehmen.“186 Verschiedene Studien zum E-Business allgemein zeigen, dass der statistisch messbare Effekt von IT auf die Produktivität eines Unternehmens deutlich variiert. Verantwortlich dafür seien vor allem die Rahmenbedingungen innerhalb der Unternehmen: „Unternehmen erzielen höhere Produktivitätsgewinne, wenn sie den IT 178 179 180 181 182 183 184 185 186 46 Vgl. Duscha, A. (2007): S. 10, (letzter Zugriff: 10.08.2012). Vgl. Duscha, A. (2007): S. 10, (letzter Zugriff: 10.08.2012). Vgl. Duscha, A. (2007): S. 10, (letzter Zugriff: 10.08.2012). Vgl. Duscha, A. (2007): S. 10, (letzter Zugriff: 10.08.2012). Vgl. Capgemini (2008): S. 7, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Carr, N. G. (2003): S. 17, (letzter Zugriff: 10.08.2012). Vgl. Stobbe, A. (2009): S. 9 ff., (letzter Zugriff: 23.11.2012). Bresnahan, T. F. / Brynjolfsson, E. / Hitt, L. M. (2002): S. 340 f. Stobbe, A. (2009): S. 3, (letzter Zugriff: 23.11.2012). FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Einsatz mit gezielten organisatorischen Veränderungen verbinden. Der Produktivitätsgewinn hängt vom Grad der Dezentralisierung eines Unternehmens und von der Qualität des Management ab.“187 Diese Aussagen gelten zunächst für E-Business-Anwendungen allgemein. CRMSysteme sind jedoch eingeschlossen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Ergebnisse auch hier gelten. Bemerkenswert ist darüber hinaus eine Studie von Brynjolfsson und Hitt aus dem Jahre 2003, in der festgestellt wird, „dass der annualisierte Produktivitätsfortschritt, der über den IT-Einsatz erzielt wird, nach fünf bis sieben Jahren fünfmal höher ist als ein Jahr nach der IT-Investition.“188 Die Ergebnisse der Studien deuten darauf hin, so Stobbe, dass sich Produktivitätseffekte erst mit einer gewissen Zeitverzögerung einstellen. Für dieses Phänomen seien vermutlich umfangreiche und zeitintensive Investitionen in komplementäre Inputgüter, insbesondere Anpassungen der betrieblichen Organisationsstruktur, verantwortlich.189 Wer in ein CRMSystem investiert, sollte also Geduld mitbringen, wird dafür aber bei entsprechend sorgfältiger Arbeit später umso reicher belohnt werden. Das Zwischenfazit lautet deshalb: Die Auswahl und Einführung eines CRM-Systems ist Aufgabe der Unternehmensleitung. Vorausgehen muss eine klare und transparente strategische Planung. Diese soll das CRM-System selbst und die organisatorische Ausrichtung des gesamten Unternehmens umfassen. Immerhin ist die Implementierung von CRM Ausdruck einer stärkeren Kundenorientierung, die sich bis hin zur Organisationskultur im Unternehmen niederschlagen muss. Erst wenn alle thematisierten Kriterien berücksichtigt werden, ist eine nachhaltige und signifikante Verbesserung der Wettbewerbsposition zu erzielen. Alle Abteilungen und Mitarbeiter, die durch das CRM berührt werden, müssen auch an dessen Umsetzung beteiligt werden. Um zugunsten von Transparenz und Mitarbeitermotivation alle Mitarbeiter möglichst frühzeitig einzubinden, empfiehlt sich die Begleitung des Einführungsprozesses durch ein Change Management-Projekt an. Auch kann die Anpassung des Anreizsystems an die CRM-Ziele unterstützend wirken. Nur durch eine solche sorgfältig und langfristig geplante, schrittweise Vorgehensweise kann die zusätzliche Komplexität, die CRM zunächst für KMU bedeutet, aufgefangen werden. 187 188 189 Stobbe, A. (2009): S. 3, (letzter Zugriff: 23.11.2012); Reenen, J., van / Sadun, R. (2006): S. 55-60. Stobbe, A. (2009): S. 3, (letzter Zugriff: 23.11.2012).; Brynjolfsson, E. / Hitt, L. M. (2003): S. 793 ff. Ähnlich Bloom, N., Sadun, R. / Reenen, J. van (2007): S. 19. Außerdem heißt es dort, dass die Autoren bei der Untersuchung von Firmenübernahmen durch US-amerikanische Konzerne feststellen, dass Produktivitätsgewinne durch den vermehrten Einsatz von IT erst 2-3 Jahre nach der Übernahme zu beobachten sind. Stobbe, A. (2009): S. 3, (letzter Zugriff: 23.11.2012). 47 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 4 Einsatz von CRM - KMU und Großunternehmen im Vergleich 4.1 Unterschiede zwischen Großunternehmen und KMU In der Organisation sowie in der Führungs- und Unternehmenskultur ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen KMU und Großunternehmen. In diesem Kapitel werden diese – in den folgenden Tabellen prototypisch dargestellten - Gegensätze veranschaulicht. Tabelle 6: Unterschiede zwischen KMU und Großunternehmen KMU Großunternehmen Führung durch Eigentümer/Unternehmer Führung durch Manager Geringere betriebswirtschaftliche Kenntnisse Fundierte Unternehmensführungskenntnisse Patriarchalische Führung Führung nach Management-by-Prinzipien Kaum Gruppenentscheidungen Häufig Gruppenentscheidungen Durch Funktionshäufung überlastet; wenn Arbeitsteilung, dann personenbezogen Hochgradige sachbezogene Arbeitsteilung Unmittelbare Teilnahme am Betriebsgeschehen Ferne zum Betriebsgeschehen Auf den Unternehmer ausgerichtetes Einliniensystem von ihm selbst oder mit Hilfe weniger Führungspersonen bis in die Einzelheiten überschaubar Personenabhängig an den sachlichen Gegebenheiten orientierte komplexe Organisationsstruktur Kaum Abteilungsbildung Umfangreiche Abteilungsbildung Starke persönliche Bindung Geringe persönliche Bindung Delegation in beschränktem Umfang Delegation in vielen Bereichen Weisungen und Kontrolle im direkten personenbezogenen Kontakt Formalisierte unpersönliche Weisungs– und Kontrollbeziehungen Hohe Flexibilität Geringe Flexibilität Begrenzte Planung Umfangreiche Planung Kurze, direkte Kommunikationswege Vorgeschriebene, häufig lange, intransparente Kommunikationswege Kaum Bürokratie, geringe Formalisierung Bürokratisch, hohe Formalisierung 48 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Hohe Mitarbeiteridentifikation Niedrigere Mitarbeiteridentifikation Hohes Fachwissen des Unternehmers Hohes Fachwissen der Spezialabteilungen Geringe finanzielle Ressourcen, dadurch hohes Risiko bei Fehlentscheidungen Größere finanzielle Ressourcen, dadurch geringeres Risiko bei Fehlentscheidungen Personalknappheit Größere Personalressourcen Geringes Projekt-Know-How Großes Projekt-Know-how (z.B. durch Stabsabteilungen, Inhouse-Consulting etc.) Quelle: in Anlehnung an: Altmann, G. (2003): S. 14; Pleitner, H. (1995): S. 931. Bezüglich der Finanzierung und Eigentümerstruktur haben KMU in der Regel den Vorteil, längerfristig und unabhängig von zu kurzfristig gedachtem Shareholder-ValueHandeln planen zu können. Als Nachteil könnte betrachtet werden, dass es zwar eine breite Zahl unterschiedlicher Programme zur Förderung des Mittelstandes gibt, diese aber als zu komplex und zu ineffektiv angesehen würden. Auf dem Feld der Forschung und Entwicklung liegen ressourcenbedingt die Vorteile bei den Großunternehmen. Allerdings punkten kleine Unternehmen mit ihrer Flexibilität und – zumindest in Sektoren mit geringeren gesetzlichen Hürden – mit kurzen Zeiten zwischen Innovation und Markteinführung. Tabelle 7: Unterschiede bei Forschung & Entwicklung KMU Großunternehmen Fast ausschließlich bedarfsorientierte Produkt- und Verfahrensentwicklung, kaum Grundlagenforschung Produkt- und Verfahrensentwicklung in engem Zusammenhang mit Grundlagenforschung Relativ kurzer Zeitraum zwischen Erfindung und wirtschaftlicher Nutzung Relativ langer Zeitraum zwischen Erfindung und wirtschaftlicher Nutzung Quelle: in Anlehnung an Altmann, G. (2003): S. 14; Pleitner (1995): S. 931. Großunternehmen – gerade in der Konsumgüterindustrie - unterliegen der Gefahr, durch ihr Bemühen um kostensparende Standardisierung ihre Kundenkenntnis zu verlieren. Verstärkt wird der Effekt durch den mehrstufigen Einsatz von Absatzmittlern. Hier sind kleinere Unternehmen oft im Vorteil.190 Demzufolge führten die Großunternehmen CRM-Software ein, da sie allein aufgrund ihrer Organisationsgröße und Kundenentfernung den korrektiven Einfluss direkten Kundenkontakts nicht mehr spüren 190 Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. X. 49 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand konnten. So werde CRM als „Krückstock“ benutzt, um den Nachteil der fehlenden Kundennähe wieder auszugleichen.191 Fälschlicherweise, so Siems, denke „man“ inzwischen in Hinblick auf CRM, dies sei typisch für Großunternehmen.192 Ein Nachteil für KMU sei dagegen, dass diesen oft die Größe fehle, um eine mit Großunternehmen vergleichbar breite Produktpalette anzubieten oder dass es ihnen an Budget mangele, um ihre Produkte den wachsenden Kundenbedürfnissen anpassen zu können. Das bedeute, dass KMU immer wieder Kunden aufgeben müssen, wenn sich deren Bedürfnisse weiterentwickeln und nicht mehr befriedigt werden können. KMU fehle es hier somit häufig an Reserven und Ressourcen, um ein sprunghaftes und zugleich gesundes Wachstum zu realisieren, was sie in die Lage versetzt, zunehmend komplexe Kundenanforderungen zu erfüllen.193 Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass Großunternehmen in der Regel einer dezidierten und ausformulierten strategischen Planung folgen, einschließlich eines detaillierten Controllings. Durch die Arbeitsteilung, Systematik und Spezialisierung in Großunternehmen hätten diese Effizienzvorteile. KMU könnten die dafür notwendigen Ressourcen in der Regel nicht vorhalten und seien deshalb zu einem pragmatischeren und schlankeren Vorgehen gezwungen. In der Praxis führe das dazu, bezogen auf die Einführung von CRM-Systemen, dass bei KMU keine ausführliche Analyse erfolge, sondern zunächst die Software installiert werde. Hierbei würden die wesentlichen Funktionen aufgezeigt, um so möglichst schnell Akzeptanz zu erhalten. Mit der Einführung der Software würden dann die entsprechenden CRM-Maßnahmen abgefragt und in einem Zug in das sich damit aufbauende System eingefügt. Das, so Sander, sei prototypisch das bevorzugte Vorgehen bei KMU.194 Das Motto sei in diesem Zusammenhang „Ärmel hoch krempeln, los geht‘s.“195 Als Nachteil bei KMU komme hinzu, so Kötter, dass KMU häufig über keine zeitgemäße Hard- und Software verfügten, die für ein modernes CRM-Programm notwendig wäre. Der Anschaffungs-, Schulungs- und Verwaltungsaufwand werde von Inhabern dann zuweilen als zu hoch betrachtet.196 Dies ist kurzsichtig, da die Modernisierung der IT in diesen Fällen ohnehin angebracht wäre und höchstens anteilig den CRM-Kosten hinzugerechnet werden dürfte. Nach Sultze werde in Großunternehmen mehr differenziert. Außerdem werde dort in der Regel funktionsübergreifend – was vor allem für das Marketing gelte - viel mehr aus den Daten herausgelesen.197 191 192 193 194 195 196 197 50 Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. X. Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. X. Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XIII f. Vgl. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXVII. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXVII. Vgl. Kötter, G. (2011): Anhang Nr. 1.2, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXII. Vgl. Sultze, W. (2011): Anhang Nr. 1.4, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXXVII. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Laut Sander seien Großunternehmen stärker darauf bedacht, die Integration des CRM konsequent zu vollziehen und auch – anfänglich - zusätzlichen Aufwand dafür in Kauf zu nehmen. Bei KMU sei es öfter so, dass die „Augen größer“ seien als der „Appetit“. D.h., die KMU wollten zu viel auf einmal und hätten zu große Erwartungen an die Anschaffung einer CRM-Software. Wenn sie dann aber feststellten, welcher Folgeaufwand entstehe, zögen sich viele Unternehmen zurück und generierten dadurch Brüche in ihren IT-Systemen.198 Zwar sei die Einbindung des CRM in die IT wichtig, allerdings dürfe, wie immer wieder betont werde, das Kundenbeziehungsmanagement nicht als IT-Aufgabe verstanden werden. Siems hält die dennoch anzutreffende starke IT-Orientierung beim Einsatz von CRM-Systemen für einen Fehler. „Bei KMU sollte CRM Chefsache sein. Bei Großunternehmen wird es dafür eigene Stellen geben, die idealtypisch nicht der IT untergeordnet sind, sondern gleichgestellt.“199 Sultze berichtet, dass die Lösungen zur Eingliederung der CRM-Software in die Unternehmens-IT in der Praxis sehr unterschiedlich sein würden, da KMU oft über Insellösungen und insgesamt eine geringere IT-Ausstattung verfügten. Die Integration in das bestehende IT-System sei daher eine der größten Barrieren, da es zudem noch kosten- und zeitintensiv sei.200 Hinzu komme laut Sander, dass es vielen KMU nicht bewusst sei, bspw. welche Personalkosten ihnen durch die Pflege des CRM entstünden. Die CRM-Aufgaben erhielte hier häufig ein bestehender Mitarbeiter, und zwar als Zusatzaufgabe, ohne dass der Mehraufwand berücksichtigt würde, eine effektive Kostenrechnung finde dabei nicht statt.201 Für KMU sollten CRM-Systeme deshalb so einfach wie möglich konstruiert sein, so Sander weiter. Dies läge nicht zuletzt an der geringeren Spezialisierung der Mitarbeiter von KMU. Diese hätten zumeist mehrere Aufgaben und Funktionen und könnten somit oft nur oberflächlich arbeiten, insbesondere bei Zeitmangel. Dieser sei allerdings häufig anzutreffen, wenn das CRM als zusätzliches zu den bestehenden Systemen komme und als neue Software erst noch gelernt werden müsse. In Großunternehmen seien Mitarbeiter dagegen speziell zur CRM-Pflege und Analyse abgestellt und hätten so größere Expertenkenntnisse.202 198 199 200 201 202 Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXVII. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XIX. Vgl. Sultze, W. (2011): Anhang Nr. 1.4, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XLII. Vgl. Sander, W. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXX II. Vgl. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXXIII f. 51 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 4.2 Großunternehmen und CRM Die große Aufgabe eines CRM sei es, Siems zufolge, die Unternehmen dazu zu befähigen, einen lebenslangen Dialog mit dem Kunden aufzubauen.203 Dies gelte für Großunternehmen und auch für KMU. Da die genaue Kenntnis der Kunden und eine möglichst enge, nachhaltige Beziehung zum Kunden von so großer betriebswirtschaftlicher Bedeutung ist, verfügen die Großunternehmen praktisch durchgehend über CRM-Systeme, die in ihre Unternehmenssoftware eingebettet sind. Marktführer für CRM-Systeme mit der Zielgruppe Großunternehmen sind deshalb auch die großen Firmensoftware-Hersteller. Dem CRM-Barometer von Capgemini zufolge, hält knapp ein Drittel der Großunternehmen den Einsatz von SAP-CRM grundsätzlich für geeignet, bzw. ein Drittel nutzt dieses bereits. Oracle CRM hingegen wird von 18 % der Teilnehmer genannt, und wird bereits von 26 % eingesetzt, wie in Abbildung 6 dargestellt:204 Welche CRM-Unternehmenssoftware wird in Ihrem Unternehmen eingesetzt bzw. würden Sie für neue CRM-Projekte einsetzen? Bereits eingesetzt 33 SAP CRM 26 Oracle Siebel Mircosoft Dynamics CRM 7 Oracle CRM on Demand 7 SAP CRM On Demand 3 Salesforce.com 4 RightNow CRM Vorstellbar Nicht relevant 25 43 18 56 21 72 18 75 32 65 11 85 8 Andere 92 81 19 Basis: Alle Befragten (n=60) – Prozentangaben Quelle: Capgemini (2009): S. 12, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Abbildung 6: Einsatz von CRM-Software bei Großunternehmen Bezüglich der Zufriedenheit von Managern in Großunternehmen, die mit CRMSoftware Erfahrung haben, erhält man mit Hilfe der Studie von der Unternehmensberatung „Sapient“ des Jahres 2002 nähere Informationen. Aus dieser Studie geht hervor, 203 204 52 Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, XIII. Vgl. Capgemini (2009): S.12, (letzter Zugriff: 23.11.2012). FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand dass viele CRM-Projekte bei Großunternehmen nicht erfolgreich gestaltet werden, da es oft an einer Analyse der Kundenbedürfnisse seitens der Hersteller mangelt.205 4.3 KMU und CRM Die Philosophie des CRM ist, Kunden individuell zu bedienen und eine langfristige Kundenbeziehung herzustellen. Dieser Grundgedanke des Kundenbeziehungsmanagements, so Siems, gehe eigentlich auf KMU zurück und sei eben nicht typisch für Großunternehmen, die aufgrund ihrer Größe, ihrer Marktmacht und erst recht bei Verkäufermärkten keine enge Kundenbindung benötigten.206 Als weitere, besondere Anforderungen gelten: • CRM-Lösungen sollten einfach aufgebaut sein und Komplexität meiden. • Aufwändige CRM-Software werde nicht immer gebraucht, Datenbanken für Kleinstunternehmen oder Unternehmen mit geringer Kundenzahl ließen sich auch mit Standardsoftware führen.207 Da die Einführung eines CRM-Systems eine ganzheitliche, umfassende Aufgabe ist, sollte diese als Change Management-Projekt aufgefasst und organisiert werden (s. Abb. 7). Wichtig ist die Integration der bereits vorhandenen Daten und die Einbindung des CRM in die bestehenden Prozesse und Kommunikationsstrukturen. Die Mitarbeiter müssen hierfür intensiv geschult und zur tatsächlichen Verwendung des CRM motiviert werden. Ebenfalls bedeutend für den Erfolg ist es, ein Controlling aufzubauen, ob und wie das CRM eingesetzt wird und wo Verbesserungen vorgenommen werden können. Die Sammlung und Pflege von CRM-Daten obliegt nicht allein dem Vertrieb, sondern ist eine Aufgabe aller Betriebsteile. Hierbei ist es unerlässlich, durchgehend auf eine hohe Datenqualität zu achten (Vollständigkeit und Validität). Ein solches wissenschaftliches Vorgehen hat zahlreiche, handfeste praktische Vorteile: • zuverlässige Analysen durch Data Mining • Verbesserung des Corporate Image • höhere Kundenzufriedenheit • weniger Retouren bei Mailings • weniger doppelte Mailings • schnellere Bezahlung und niedrigere Debitorenrisiken • schnellere Identifikation von Kunden im Bestand und • kürzere Telefonate. • Verlässliche Kundendaten sind der Schmierstoff des Unternehmens. Ein Mitarbeiter, der Kundendaten nachlässig behandelt, beeinflusst negativ die Effizienz 205 206 207 Vgl. Bruhn, M. (2003): S. 547. Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. X. Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XI. 53 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand anderer Abläufe - und das kostet Geld und führt zu Irritationen unter den Kollegen. • Der Kundenbestand bildet das Fundament des Unternehmens, seine Qualität ist die Voraussetzung für den Erfolg.208 CRM in KMU CRM 1 Kundenbasis 2 Prozessmanagement 3 notwendig Umsetzung • Zentrale Datenerhaltung empfehlenswert (Excel, Outlook, Open Source CRM,etc.) • Eigene Abteilung für Prozessmanagement evtl. nicht notwendig • Starker Fokus auf Kommunikation, eher generalistisch. Changemanagement • Incentivierung und Training Qualitätsmanagement • Automatisierung und Standardisierung wo möglich (BriefTemplates, Reminderfunktion, etc.) Fazit • Change Management-Budget einplanen • Generationswechsel bei Besetzung von Vakanzen • Einsatz von “CRM-“ wo möglich 4 Quelle: nach Loyalty Partner (2006): S. 24 f. Abbildung 7: CRM-Umsetzung bei KMU Für KMU, die wie die RDF GmbH hauptsächlich von einigen wenigen Industriekunden abhängig sind, gilt dies in besonderem Maße. Aufgrund dieser engen Beziehungen und der hohen Kundenabhängigkeit ist eine möglichst effiziente und effektive Kundenbetreuung essentiell.209 4.4 Anforderungen an KMU zur Implementierung von CRM-Systemen Damit CRM erfolgreich eingeführt und darüber hinaus auch dauerhaft erfolgreich sein kann, ist eine der wichtigeren Anforderungen, die an KMU gestellt werden, Mitarbeiter zu haben, die sich auf eine neue Managementsicht, und damit auf den Kunden individuell einlassen können. Nur so können CRM-Projekte in ihrer Gesamtheit positive Effekte für KMU bringen. Dabei kann die emotionale Bereitschaft zur kommunikativen 208 209 54 Vgl. Capgemini (2009): passim, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Kappler, A. (2007): S. 1. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Zusammenarbeit als wesentlich in diesen Zusammenhang mit anderen Kollegen angesehen werden.210 Diese Bereitschaft sollte auch seitens der Geschäftsführung vorhanden sein, um hier die Mitarbeiter auch zusätzlich zu motivieren. Um bei Mitarbeitern latente Widerstände gegenüber CRM abzubauen, ist eine größtmögliche Transparenz bereits ab Einführung des CRM bei KMU zu empfehlen, da viele Befürchtungen der Mitarbeiter hinsichtlich eines Mehraufwandes oftmals unbegründet sind.211 Ein Unternehmen müsse verstehen, so Sander, dass CRM keine Software sei, welche einem auf einmal alle kundenbezogenen Probleme erledige. Zunächst solle von allen Köpfen verstanden werden, dass eine kundenorientierte Organisation des Gesamtunternehmens notwendig sei.212 Bei der Einführung eines CRM in KMU ist davon auszugehen, dass dieses nicht von speziell dafür qualifizierten und eingesetzten Mitarbeitern betreut wird, sondern als Zusatzaufgabe hinzukommt. Zwar bringt ein richtig implementiertes CRM Effizienzvorteile auch für jeden einzelnen Mitarbeiter, bis es jedoch so weit ist, muss jedoch jeder, der mit dem CRM arbeitet, in das Erlernen der neuen Anforderungen investieren. Jede Veränderung und jede signifikante Änderung von Arbeitsabläufen führt aber gerade bei dienstalten Mitarbeitern häufig zu einer ablehnenden Haltung. Das ist die Erfahrung vieler Veränderungsprojekte, unabhängig von CRM oder SoftwareEinführungen. KMU können sich aufgrund ihrer niedrigeren Mitarbeiterzahl aber noch weniger als Großunternehmen leisten, auf die Leistungsbereitschaft (altgedienter) Mitarbeiter zu verzichten. Eben so wenig macht es Sinn, bestimmte Mitarbeiter von der Anwendung des CRM-Systems auszunehmen. Weiterhin ist es wichtig, dass KMU einen CRM-Dienstleister haben, welcher das KMU verstehe. Und drittens brauchten KMU ein Softwaresystem, welches es dem Unternehmen möglich macht, die Absatzziele des Unternehmens langfristig zu unterstützen. Das bedeute für KMU, dass das CRM-System ein modulares System sein solle, welches es ermöglicht, klein anzufangen und das CRM dann Stück für Stück weiter zu entwickeln. Vor allem, wenn das Unternehmen innovativ auf Marktveränderungen reagieren kann, sollte das System modular aufgebaut sein, so dass die Möglichkeit zur Weiterentwicklung bestehe.213 Die besonderen Anforderungen an ein KMU-taugliches CRM und die wichtigsten Bedingungen für das Gelingen seien nach Siems: „Das CRM muss akzeptiert werden, dabei haben gerade die KMUs einen extremen kulturellen Einfluss, weil die Unternehmen klein sind. Bei den Mitarbeitern darf das CRM kein Misstrauen erwecken. Wenn die Mitarbeiter den Eindruck haben, sie werden dadurch kontrolliert, weil der Ge 210 211 212 213 Vgl. Helmke, S. / Uebel, M. F. / Dangelmaier, W. (2008): S. 28 f. Vgl. Helmke, S. / Brinker, D. / Wessoly, H. (2001): S. 312 f. Vgl. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXVI. Vgl. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXVI. 55 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand schäftsführer von denen Reports über Kundenbesuche oder Ähnliches fordert, dann kann das sehr schnell die Stimmung kaputt machen. Das ist eine ganz große Herausforderung an den Geschäftsführer, dass so zu implementieren, dass es da keine Misstrauensstruktur ergibt, das ist ein kulturelles Problem welches über die Geschäftsführung gelöst werden muss. Hier kann man keine Taskmanager einsetzen, sondern das muss der Geschäftsführer selbst machen. Das ist Chefsache. Das muss von oben kommen und von allen getragen werden, sonst geht das schief. Das muss gerade auch der Vertriebler, der direkten Kundenkontakt hat, umsetzen. Der muss daran glauben, der muss das wollen. sonst funktioniert das nicht.“ 214 Weitere Anforderungen kommen nach Siems sehr auf die Zielsetzung des Unternehmens an. Das Management von Kundenbeziehungen hätte im Verlauf eines Kundenlebenszyklusses verschiedene Teilaufgaben. Die Kunden-Akquise zähle genauso dazu, wie das Aufrechterhalten einer Kundenbeziehung. Manchmal gehöre auch das Verabschieden aus einer Kundenbeziehung oder auch das Reaktivieren einer Kundenbeziehung dazu. Und je nach Unternehmen, je nach Branche seien andere Schwerpunktsetzungen vorzunehmen. Es gäbe Branchen, da sei es wichtig, mit dem Kunden im Dialog zu bleiben. Und es gebe Branchen, da gebe es häufige Einmalkontakte, so dass die Akquise sehr wichtig sei. Je nachdem, wo die Schwerpunkte liegen würden, seien andere Aspekte wichtig. Also gäbe es Branchen, wo die Langfristigkeit, die Dauerhaftigkeit der Kundenbeziehungen zentral sei. In vielen Fällen seien die Empathie sowie die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel bei der Erstkundengewinnung und dem Aufbau von Vertrauen zentral. Nach Siems Auffassung müsse ein gutes CRM alle Phasen der Kundenbeziehung umfassen, und dann je nach Branche und je nach Unternehmen verschiedene Anpassungen zulassen.215 Da verschiedene Betriebssoftware-Produkte von der Kostenrechnung, Buchhaltung bis zur Logistik auch in KMU immer weiter verbreitet ist, wird zudem die Integrationsfähigkeit eines CRM-Systems in die bestehenden EDV-Systeme zu einer wesentlichen Anforderung.216 Für sehr kleine Unternehmen oder Unternehmen mit nur geringer Kundenzahl kann sich auch eine Excel- oder Access-Datenbank zum CRM-Tool eignen. Der Komplexitätsgrad der Software steigt dabei mit dem Komplexitätsgrad des Unternehmens. Ein wichtiges weiteres Detailmerkmal ist eine gute Adressverwaltung, die es ermöglicht, zusätzlich zu der Verwaltung der Adressen auch eine Anreicherung und eine Dublettenprüfung vorzunehmen. Damit ist z. B. gemeint, dass mit der Postleitzahl auch der Ort, die Vororte und der postalische Aufbau so angegeben werden, dass gleich ein regionaler Überblick möglich wird. Besonders wichtig ist auch die GroupwareKomponente, mit der die Zusammenarbeit im Außendienst und zwischen den einzel 214 215 216 56 Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XIV. Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XII. Vgl. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXXIII f. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand nen Abteilungen unterstützt werden kann.217 Schließlich stellt der durchgehende, abteilungsübergreifende Informationsfluss den Kern der kundenorientieren Unternehmensführung dar.218 Für die strategische wie operative Ebene ist ferner die Kennzahlenbildung wichtig, um ein wirksames Controlling zu gewährleisten.219 Hier bietet das CRM gleich zwei weitere Vorteile: wichtige Daten und Kennzahlen werden überhaupt erstmals erhoben, in vielen KMU ist ein solches Berichtswesen bestenfalls rudimentär vorhanden. Und nun können diese genutzt werden, um eine Effizienz- und Effektivitätsmessung überhaupt erst einzuführen.220 Die grundlegenden Kennzahlen hierfür werden vom CRM automatisch ausgegeben und können zur einfachen Unternehmenssteuerung bspw. als Dashboard dargestellt werden. Wichtigstes Instrument des strategischen CRM ist mit zwei Dritteln der Unternehmen die Effektivitätsmessung in Vertrieb, Marketing und Service. Dann folgen die Profitabilitätsmessung der Kunden, Data-Mining und die Bestimmung des Kundenwerts (s. Abb. 8).221 217 218 219 220 221 Vgl. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXXIII. Vgl. Sultze, W. (2011): Anhang Nr. 1.4, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXXV. Vgl. Sultze, W. (2011): Anhang Nr. 1.4, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXXVII. Vgl. Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. X und XVII; Sander, W. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXVI ff. Vgl. Capgemini (2009): S. 12, (letzter Zugriff : 23.11.2012). 57 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Tools des strategischen CRM Welche Analyse-Tools werden technologisch unterstützt und aktiv genutzt, um sich in der gegenwärtigen Situation einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen? Effektivitätsmessung (Marketing/Vertrieb/Service) 67 Profitabilitätsmessung (Kunde/Produkte) 49 Data Mining (Mustererkennung z.B. neuer Cross-/ Up-selling Potenziale) 43 Kundenwertbestimmung (z.B Umsatzanalyse, Kundenlebenszyklusrechnung, etc.) 39 Kein Einsatz analytischer Tools Andere¹ 14 1 ¹ Frequenzmessungen Basis: Alle Befragten (n=104) – Prozentangaben Quelle: Capgemini (2009): S. 12, (letzter Zugriff: 23.11.2012). Abbildung 8: Nutzung der Instrumente des strategischen CRM Weitere Ziele und Anforderungen an CRM-Systeme sind: • Zentrale Adressverwaltung für die Erfassung aller Kunden-, Lieferanten-und Partnerkontakte • Einheitliche, durchgängige und konsistente Kundeninformationsbasis • Einfaches Korrespondenz-Management mit Serienbriefen, (Serien-)Faxversand und E-Mail • Besuchsplanung und Berichte • Effektive Terminplanung, Aufgabenmanagement und Urlaubsplanung • Zielgruppengenaue, mehrstufige Marketingkampagnen mit Nachverfolgung und Ergebniskontrolle • Erhöhung der Kundenzufriedenheit • Mobile Daten für den Außendienst.222 222 58 Vgl. Zipser, A. (2010): S. 5 - 6. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 4.5 Anforderungen an CRM für KMU Wie bereits verdeutlicht wurde, ist es nicht für jedes Unternehmen sinnvoll, ein CRM mit maximaler Funktionalität zu implementieren. Deshalb sind Leitfragen zu entwickeln, welche Optionen verwirklicht werden sollen. Um ein CRM optimal auf die Bedürfnisse eines KMU abzustimmen, könnten diese so lauten: • • • • • • • • Welche Maßnahmen steigern die Kundenorientierung am wirkungsvollsten? Welche Analysen und Maßnahmen sind für die Mitarbeiter möglichst leicht durchführbar und motivieren diese zum Einsatz des CRM? Wie einfach sind die dezentral angelegten Vertriebsdaten integrierbar? Welche Elemente sind notwendig zur Erhöhung der Kundenbindung? Welche Kunden sind besonders wertvoll? Wie kann der Erfolg des CRM messbar gemacht werden? Wie können die Kundendaten zu Marketingzwecken (Produktentwicklung, Produktmanagement, Werbung) verwendet werden? Welche Up- und Cross-Selling-Potenziale können durch Data-Mining identifiziert werden?223 Die große Bandbreite der CRM-Funktionen wird in Abbildung 15 aufgezeigt. Diese sollen dem Unternehmen ermöglichen, neue Umsatzträger zu identifizieren und diese systematisch zu erschließen, Folgeprozesse automatisch anzustoßen und Abläufe zu überwachen. Durch die zentrale Speicherung aller Kundeninformationen sollen Kundenwünsche früh erkannt und schnell umsetzbar werden. Außerdem sollen Geschäftspartner individuell betreut werden, um die Kundenzufriedenheit und –loyalität zu erhöhen. Eine Senkung der indirekten Kosten könnte dadurch erreicht werden, da alle in der Organisation dieselbe Software bedienen können. Auf diese Weise lassen sich erhebliche Kommunikationskosten einsparen. 223 Vgl. Hippner, H. / Rühl, D. / Wilde, K.-D. (2010a): S. 13 ff., (letzter Zugriff: 23.11.2012). 59 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Tabelle 8: Modul-Optionen von CRM-Systemen 60 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Quelle: PiSA sales GmbH (2009): S. 16 ff. 61 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 4.6 Anpassungsbedarfe des CRM Um die oben erläuterten Ziele erreichen und die Prozesse überhaupt abbilden zu können, muss ein CRM-System über einen gewissen Satz an Basisfunktionalitäten verfügen. Darüber hinaus muss ein CRM-System weitere Funktionalitäten speziell für die kunststoffverarbeitende Industrie besitzen. Für die erläuterten Zielsetzungen ist eine Einbeziehung diverser Daten innerhalb des Unternehmens unumgänglich. Dementsprechend müssen Informationen, welche man aus den Bereichen Vertrieb, Marketing, Service, Produktentwicklung, Produktion, Logistik und eventuell E-Commerce sowie aus dem Contact-Center erhält, zusammengeführt werden. Auch die Verbindung des CRM-Systems mit bestehenden Produktions-, Warenwirtschafts-, Buchhaltungs- oder sonstigen Softwarelösungen ist deshalb erforderlich, eine Kundendatenbank mit validen und verlässlichen Daten zu erhalten. Aus diesen Anforderungen lassen sich drei Aufgabenstellungen für CRM-Systeme verallgemeinern:224 • Informationstransfer aller Kundenkontaktpunkte • Einbindung aller Kommunikationskanäle zum Kunden • Vereinheitlichung der Software und Möglichkeit zu übergreifenden Datenanalysen Dieser Anspruch an Software-Systeme für KMU unterscheidet sich deshalb von Großunternehmen, da hier bei den kleineren Unternehmen die Wahrscheinlichkeit fragmentarischer und nur behelfsmäßiger Softwarelösungen groß ist. Häufig werden für wichtige Kundenprozesse überhaupt keine IT-Lösungen und damit keine verwertbaren Daten vorliegen. Diese Lücken müssen mit Software-Modulen geschlossen werden können, die zu der CRM-Software passen. Diese Situation ist in dieser Form bei Großunternehmen nicht anzutreffen, da hier i.d.R. bereits für alle relevanten Bereiche Softwarelösungen vorliegen, oft aus einer Hand.225 4.7 Change Management zur Einführung von CRM Bei der Umsetzung des Kundenbeziehungsmanagements ergeben sich neue Anforderungen an Unternehmen, welche mit tiefgreifenden Veränderungen der Organisation verbunden sind. Wird ein CRM eingeführt, so wird während dieses Prozesses ein begleitendes Change Management notwendig, um ein gezieltes und erfolgreiches Vorgehen zu gewährleisten.226 Dieses definiert, welche Veränderungen auf welche Weise durchgeführt werden müssen, um diese dauerhaft in der Organisationskultur zu verankern.227 224 225 226 227 62 Vgl. Bruhn, M. / Homburg, C. (2005): S. 463-500. Vgl. Sander, G. (2011): Anhang Nr. 1.3, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XXV. Dazu auch Siems, F. (2011): Anhang Nr. 1.1, Experteninterview vom 16.02.2011, S. XIX. Vgl. Holland, H. ( 2004): S. 26 ff. Vgl. Stolzenberg, K. / Heberle, K. (2009): S. 3; Gattermeyer, W. / Al-Ani, A. (2001): S. 7. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Das CRM sollte so gestaltet werden, dass nicht nur das Unternehmen, sondern jeder einzelne beteiligte Mitarbeiter bei seiner täglichen Arbeit die Effizienz- und Effektivitätsgewinne erleben kann. Es muss den Mitarbeitern ferner klar werden, dass es nicht Ziel des Controllings ist, ihre Arbeitsweise zu überwachen, sondern die Steuerung und kontinuierliche Verbesserung des Unternehmens zu ermöglichen.228 Nicht zuletzt geht es darum, zu verdeutlichen, dass ein Unternehmen im umkämpften Wettbewerb ohne CRM kontinuierlich an Boden verlieren und letztlich in seiner Existenz bedroht sein wird. Es ist essentiell, das CRM nicht nur als prozessuale Neuerung, sondern als Fortentwicklung der kundenorientierten Unternehmensphilosophie zu vermitteln.229 Nur mit einem entsprechenden Gefühl der Dringlichkeit ist es möglich, die Mitarbeiter zu tiefergehen Veränderungen zu motivieren.230 Unterstützend ist zu erwägen, die Mitarbeiter anhand ermittelter Kennzahlen im Rahmen des CRM finanziell am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Der erste Schritt zur Auswahl und Einführung eines CRM-Systems ist dabei die Analyse der eigenen Wertschöpfungsprozesse. Dann muss die Überprüfung der Unternehmensvision und der strategischen Planung folgen, um das Unternehmen tatsächlich kundenorientiert auszurichten.231 Wenn sich die Philosophie der Kundenorientierung nicht in der Unternehmenskultur widerspiegelt, wird nicht mit dem nötigen Engagement der Mitarbeiter zu rechnen sein. Deshalb ist eine Prüfung erforderlich, ob die Unternehmenskultur bereits für das Ziel der Kundenorientierung taugt. Ergeben sich hier Schwächen und Lücken, ist begleitend zur Einführung des CRM-Systems – ggf. auch vorgeschaltet – ein Maßnahmenpaket zur Organisations- und Personalentwicklung notwendig. Da in KMU selten eigene Kompetenzen zum Projekt- und Change Management vorliegen, ist es ratsam, hierfür externe Hilfe zu suchen. Um eine CRM-Implementierung aus einem Guss zu erreichen, wäre es nicht von Nachteil, wenn der CRM-Dienstleister zugleich über die erforderlichen Kompetenzen in der Organisations- und Personalentwicklung verfügt oder diese über sein Beratungsnetzwerk beisteuern kann. Sicherlich kann der Veränderungsprozess auch von einem internen Projektteam gesteuert werden, wenn die entsprechenden Fähigkeiten im Unternehmen vorhanden sind. Ob das CRM-System nun von einem internen oder externen Projekt-Team eingeführt wird, ist letztlich unerheblich, solange es gelingt, eine kritische Masse von Befürwortern der Neuerungen in allen relevanten Funktionsbereichen zu gewinnen und mit ihrer Unterstützung schnell erste Erfolge zu erzielen.232 228 229 230 231 232 Vgl. Kotter, J. P. (1998): S. 27 ff.; Kraus, G. / Becker-Kolle, C. / Fischer, T. (2006): S. 138 f. Vgl. Kotter, J. P. (1998): S. 56; Kraus, G. / Becker-Kolle, C. / Fischer, T. (2006): S. 129. Vgl. Kotter, J. P. (1998): S. 55. Vgl. Rapp, R. (2001): S. 105 f. Vgl. Doppler, K. / Lauterburg, C. (2008): S. 102, 133 f.; Kotter, J. P. (1998): S. 14 ff., S. 76 ff. 63 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 5 Fazit: CRM als Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg von KMU Das Thema Kundenbeziehungsmanagement wird komplex durch die Verbindung der Dimensionen der kundenorientierten Unternehmensstrategie, der Notwendigkeit von Organisations- und Personalentwicklung zur Implementierung von CRM-Systemen und der Wahl der geeigneten CRM-Software. Keine dieser Perspektiven darf vernachlässigt werden. Wie gezeigt, ist es ein häufig anzutreffendes Missverständnis, CRM auf den IT-Aspekt zu reduzieren. Aufgrund der vielschichtigen und sich dynamisch entwickelnden Marktanforderungen ist es unabdingbar, die Unternehmensaktivitäten strategisch zu planen, möglichst nah am Kunden zu sein und die dort gewonnenen Daten optimal in jede Funktion der Wertkette einzuspeisen. All diese drei Anforderungen bedient CRM. Dennoch verzichten gerade KMU noch häufig auf dessen Einsatz.233 Gerade die Krisenjahre seit 2008 haben in vielen Industriezweigen zu einem schwierigen Neugeschäft geführt. In einer solchen Situation Neukunden akquirieren zu müssen, bedeutet einen besonders großen Aufwand. Deshalb haben funktionierende CRMSysteme gerade in diesem Zeitraum ihren Nutzen bewiesen, da sie nicht nur die Akquise unterstützen, sondern auch über die höhere Vertriebseffizienz helfen, Kosten zu sparen. Unternehmen, die gut durch die Krise gekommen sind, haben danach besonders gute Marktchancen. Sie profitieren von Kostensenkungen und den auch durch schlechte Zeiten gehaltenen guten Kundenbeziehungen. Mithilfe eines CRM-Systems können gerade diese gut geführten Unternehmen bei anziehender Konjunktur von dem Zuwachs an Neubestellungen ihrer bestehenden Kunden profitieren.234 Der Nutzen eines CRM-Systems liegt nicht zuletzt in den hervorragenden Kundenbeziehungen, die einst die „berühmte Tante Emma“ auszeichnete: Individualität, Wohlbefinden sowie Bedürfnisorientierung. Die so gesteigerte Kundenzufriedenheit, das haben verschiedene Untersuchungen gezeigt, erhöht die Loyalität der Kunden und verbessert in der Konsequenz Umsätze, Ertragskraft und Wert des Unternehmens. 235 Um das CRM optimal zu implementieren, müssen alle Unternehmensbereiche auf dessen strategische Ziele, Philosophie und Anforderungen ausgerichtet werden. Dies betrifft nicht nur die Organisation und die Prozesse, sondern auch die Unternehmenskultur und die Arbeitsweise der Mitarbeiter. Ein CRM kann zudem nur so effizient sein, wie die Mitarbeiter die notwendigen - zunächst eventuell sogar zusätzlichen - Arbeitsschritte in ihre übrigen Aufgaben integrieren können. Das Thema CRM ist auf den ersten Blick von IT und Software geprägt, auch da dies der wichtigste Aspekt für kommerzielle Anbieter ist. Die einseitige Sichtweise auf CRM als Softwaretool behindert aber dessen ganzheitliche Umsetzung. Ein CRM-System ist 233 234 235 64 Vgl. Schwetz, W. (2008): o. S. (letzter Zugriff: 13.05.2012). Vgl. o. V. (2010): o. S., (letzter Zugriff: 23.11.2012). Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2009): S. 4 ff. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand immer nur Werkzeug, entscheidend sind die Unternehmenskultur und Mitarbeiterakzeptanz. Es ist somit von großer Bedeutung, die Mitarbeiter rechtzeitig von den Vorteilen des CRM für das Unternehmen und für jeden Einzelnen zu überzeugen. Wenn CRMSysteme scheitern, dann scheitern sie zumeist an der Akzeptanz der Mitarbeiter. Die Verbindung zwischen den Seiten CRM-Software und Mitarbeiterakzeptanz liegt in der Datenqualität, denn diese ist essentiell für die Wirksamkeit und Funktionsfähigkeit eines CRM.236 Deshalb ist es wichtig, die technische Seite des CRM mit der Entwicklung der Organisation und der Mitarbeiter zu verknüpfen. Die frühe und intensive Einbindung der Mitarbeiter in das CRM-Projekt wird somit als essentielle Maßnahme eingestuft. Geschieht dies nicht, sind die CRM-Systeme in der Regel nicht erfolgreich.237 Nicht außer Acht gelassen werden darf die fortlaufende Schulung der Mitarbeiter – und deren Folgekosten. Die permanente Qualifizierung der Mitarbeiter wird aber ohnehin – auch ohne CRM – als wichtig angesehen, so dass die Kosten hier nicht als außerplanmäßig oder unangemessen angesehen werden. Das Risiko, dass das CRM aufgrund zu geringer Investitionen scheitert, ist zu groß, um an der falschen Stelle zu sparen. Allerdings führt auch ein Kundenbeziehungsmanagement nach dem Motto „viel hilft viel“ in die Irre. KMU können deshalb Kundenbeziehungsmanagement schrittweise und mit Hilfe entsprechender Modularisierung einführen. Basisfunktionen, die das Funktionieren und den Aufbau einer aussagefähigen Datenbasis sowie schnelle, motivierende Anfangserfolge sicherstellen, sollen im Vordergrund stehen.238 Durch Intensivierung der zwischenmenschlichen Kontakte im B2C-Bereich wie gegenüber Buying Centern bei Industriegütern können Kaufentscheidungen gezielt beeinflusst werden, da trotz – oder gerade wegen - der ansonsten schnelllebigen Geschäftswelt – Emotionen, Einstellungen und individuelle Präferenzen eine große Rolle spielen. Im internationalen Management kommt die Komplexität der interkulturellen Kommunikation hinzu. Daher wird es weiterhin von großer Bedeutung sein, seinen Gesprächs- und Verhandlungspartner richtig einzuschätzen, die Beziehungen zu ihm zu pflegen und die gegenseitige Kenntnis zu erhöhen. Bei allen offenbarten Vorteilen von CRM liegt die Schwierigkeit der Implementierung vor allem darin, dass die drei zentralen Perspektiven – Strategie, Organisationskultur wie Mitarbeiterakzeptanz und CRM-Software – balanciert beachtet werden müssen. Der Einsatz der auf das Unternehmen zugeschnittenen Software und deren Akzeptanz sowie Beherrschung durch die Mitarbeiter bilden die Grundlage für ein funktionierendes CRM. Diese sollen schließlich das Verhalten von Kunden umgehend erfassen, strukturieren und analysieren. Die CRM-Software ermöglicht einen möglichst effizienten, di 236 237 238 Pöschl, N. (2010): S. 1-2, (letzter Zugriff: 24.11.2012). Vgl. Kehl, R. E. / Rudolph, B. J. (2001): S. 260 ff. Vgl. Kehl, R. E. / Rudolph, B. J. (2001): S. 264 ff. 65 FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand rekten und personalisierten Kontakt zum Kunden. Dies verringert die Vertriebskosten und erhöht die Qualität der gesamten Marketingprozesse. Zusammengefasst liegt die Aufgabe des CRM im Aufdecken neuer Markt- und Kundenpotentiale und der Etablierung nachhaltiger Kundenbeziehungen.239 Zu der CRM-Philosophie gehört auch, das Streben nach Kundenorientierung und Leistungsverbesserung nie als abgeschlossenen Prozess zu betrachten. Vielmehr soll das CRM – und damit das gesamte Unternehmen – stetig weiterentwickelt werden. Gerade in der Integration der Kundenprozesse liegt noch Potential, das vor allem in Hochlohnstandorten wie Deutschland zu heben ist. Standardisierbare Produkte und Dienstleistungen können an kostengünstigere Orte ausgelagert werden, aber alle Prozesse, die nur beim und mit dem Kunden zusammen durchzuführen sind, stärken die Kundenbindung, haben i.d.R. höhere Erträge zur Folge und verheißen dadurch einen nachhaltig hohen Unternehmenswert. Als sicher vorausgesetzt werden kann, dass der Aufbau und die Aufrechterhaltung guter Kundenbeziehungen, eine hohe Kundenloyalität und teils sogar eine Einbindung des Kunden in Innovationsprozesse von großer Bedeutung sind. Und das gilt unisono für Großunternehmen wie KMU. 239 66 Vgl. Wolf, E. (2007): S. 11 ff. FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Anhangsverzeichnis Anhang 1: Experteninterviewprotokolle Anhang 1.1: Experteninterview: Herrn Prof. Dr. Florian Siems Anhang 1.2: Experteninterview: Herrn Georg Kötter Anhang 1.3: Experteninterview: Herrn Guido Sander Anhang 1.4: Experteninterview: Herrn Wolfram Sultze VII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Anhang 1: Experteninterviewprotokolle 1. Wissenschaftliche Expertise zum Thema CRM in KMU: Prof. Dr. Florian Siems Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere B2B-Marketing RWTH Aachen Templergraben 64 52056 Aachen 2. KMU der kunststoffverarbeitenden Industrie - ohne CRM Georg Kötter BÜFA Composites GmbH & Co. KG Hohe Looge 2-8 26180 Rastede 3. Kommerzielle Anbieter von CRM-Systemen: Guido Sander Sander CRM Software Inhaber, Beratung und Vertrieb Oppenweher Straße 14-16 D-49419 Wagenfeld 4. KMU der kunststoffverarbeitenden Industrie - mit CRM: Wolfram Sultze Gaugler & Lutz OHG Habsburger Straße 12 D-73432 Aalen-Ebnat VIII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Anhang 1.1 Experteninterview am 02.02.2011 mit Herrn Prof. Dr. Florian Siems Wissenschaftliche Expertise zu Marketing, CRM und KMU Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere B2B Marketing RWTH Aachen 1. Bitte beschreiben Sie Ihr Aufgabengebiet und welche Position Sie innehaben. Ich bin Juniorprofessor an der RWTH Aachen seit zweieinhalb Jahren. Mein Forschungsschwerpunkt ist ausgerichtet auf Business to Business Marketing. Offiziell tituliert, der Landtitel heißt „Bringing technologies to market“, also gedacht für die Ingenieure, um den Link zwischen Betriebswirtschaft und Ingenieurswissenschaften darzustellen. Mein eigentlicher Forschungsschwerpunkt ist seit vielen Jahren das Relationship-Marketing bzw. Relationship-Management. 2. Was sind aus Ihrer Sicht Ihre relevanten Erfahrungen zum Forschungsgegenstand Vertrieb, CRM und Anwendung von CRM in KMU? Ich habe dazu eine eigene Theorie, die Sie dann auch hier nachlesen können, welches hoffentlich bald publiziert wird. Ich glaube, CRM für KMU wird unterschätzt. Man denkt bei CRM immer an Großunternehmen. Und da liegt ein Missverständnis vor, dass CRM immer auf reine Softwarelösungen, komplexe Softwarelösungen reduziert wird, und das ist falsch. CRM, oder Relationship-Management ist zunächst einmal eine Philosophie, ein Grundgedanke – und jetzt kommt der Witz – der eigentlich von KMU stammt, nach meinem Verständnis. KMU und Industriegüterhersteller sind diejenigen, die zunächst CRM betrieben haben. Nach meinem Verständnis sogar ohne Softwarelösungen. Ich erzähle Ihnen ein ganz kleines Beispiel: Als ich ein kleiner Junge war, ich bin in München groß geworden, einem Vorort von München, wo am Ende der Straße, wo wir gewohnt haben, ein kleiner Kiosk war. Dieser Kiosk hatte Kaugummis, Eis und Bier usw., ein ganz kleines Geschäft nun mal. Wenn ich dann als Kind hingegangen bin und mein erstes Taschengeld ausgegeben habe, dann begrüßte mich die Verkäuferin (welche mich kannte, weil ich dort sehr oft war) mit „Servus Florian“ – so heiße ich – und hielt mir schon die Packung Gummibärchen hin, weil ich schon damals gerne Gummibärchen gegessen habe und dies bis zum heutigen Tag gern mache. Und mein Bruder, zwei Jahre jünger als ich, hat nie gerne Gummibärchen gegessen, sondern Schokolade. Wenn er ebenfalls zu diesem Kiosk ging, sah die Verkäuferin ihn und hatte bereits die Packung Schokolade in der Hand, weil sie ihn IX FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand ebenfalls kannte. Als ich älter wurde, habe ich irgendwann mal angefangen, zu rauchen. Dann sah sie mich wieder und hatte schon das Päckchen Marlboro in der Hand. Das ist CRM. Sie kannte ihre Kunden mit Namen. Sie hat ihre Kunden mit Namen angesprochen und hatte für jeden Kunden das passende Produkt bereitgehalten. Wenn ich heute bei REWE einkaufen gehe, bei Real einkaufen gehe, bei Penny einkaufen gehe, hält mir niemand mehr die Produkte hin, die ich brauche, weil man mich nicht mehr kennt. Das heißt, ein Großunternehmen, und gerade die Konsumgüterindustrie, hat verlernt ihre Kunden zu kennen. Bei kleinen Unternehmen ist dies nicht der Fall. Ich habe gesehen, dass Sie zum Beispiel die Bahn als Kunden haben und bin mir sicher, dass Sie da jemanden persönlich kennen und der kennt Sie. Ganz anders als im Konsumgüterbereich: Wenn Sie im Mediamarkt einkaufen gehen, kennt Sie der Verkäufer noch? Nein. Aber Ihr Kunde und Ihr Ansprechpartner bei der Bahn, der kennt Sie. Es ist wichtig und auch die Philosophie des CRM, den Kunden individuell nach seinen Vorstellungen anzusprechen und idealtypisch eine langfristige Kundenbeziehung aufrechtzuerhalten. Diese Theorie stammt von KMU und technisch orientierten Unternehmen und eben nicht aus dem Konsumgüterbereich. Die Praxis denkt immer, CRM bedeutet, wieder irgendeine neue Kundenkarte von einem Großkonzern zu machen. Das ist es jedoch nicht. Wenn Sie mich fragen, haben die Großunternehmen die Softwarelösungen als Krücke, als Hilfsmittel, um das wiederherzustellen, was sie durch das Wachstum verlernt haben. Eigentlich wollen sie zurück zu dem kleinen „Tante Emma Laden“, der den Kunden persönlich kennt. Und wenn die Großunternehmen CRM-Software einführen, dann ist das der Krückstock, um das zu realisieren, was KMU schon längst hatten. Fälschlicherweise denkt man bei CRM immer, das gilt nur für Großunternehmen. Ich hatte einen langen Streit mit Kollegen in der Schweiz, die Studien machen zum Thema CRM und immer nur große und teilweise noch mittlere Unternehmen befragen aber keine kleinen, weil man immer sagt, dass eine Software sich in einem solchen Unternehmen nicht lohnen würde. Es geht auch nicht um Software. Software ist ein Tool. Zum Beispiel für ein KMU kann auch eine Excel-Datenbank oder eine Exzess-Datenbank ein hervorragendes CRM-Tool sein. Der Komplexitätsgrad der Software steigt mit dem Komplexitätsgrad des Unternehmens. Aber der größte Fehler der Praxis ist, zu sagen, wir wollen CRM machen und man kauft sich eine Software, das ist es nicht. Das ist eine Philosophie hier oben [Anm.: Siems zeigt zum Kopf]. Ich bin natürlich nicht objektiv, weil ich aus dem Marketing komme und nicht aus der IT-Branche. CRM ist keine IT-Lösung. Ich weiß, es war eine sehr lange Antwort. Also ja, CRM ist für KMU geeignet, es stammt sogar von diesen Unternehmen. X FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 3. Haben Sie Erfahrungen bei der Planung und / oder Einführung eines CRM? Wenn ja, welche? Ich habe einer sehr kleinen Schweizer Bank mal helfen dürfen, ein bestimmtes Tool einzuführen. Aber ich darf weder sagen, welche Bank noch welches Tool. 4. Haben Sie Erfahrungen mit einem implementierten CRM? a. Wenn ja, wie würden Sie das CRM bewerten? Das hat sehr gut funktioniert und ich glaube die Kunst ist eben, die Komplexität der Lösung, der Komplexität oder auch der Nicht-Komplexität der Aufgabenstellung anzupassen. Dort ging es darum, eine sehr einfache Lösung zu finden. Und das haben wir gemacht. Ich glaube, es wird sehr oft versucht, etwas künstlich komplex zu machen, was gar nicht komplex ist. b. Hat das CRM zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beigetragen? Ja, definitiv. Dies wurde interessanterweise bis zum heutigen Tage beibehalten. Es gibt zwar diese Geschichten über fehlgeschlagene CRM-Implementierungen, jedoch wurde dieses System immer weiterentwickelt und bis zum heutigen Tage verbessert. Es ist undenkbar, CRM wieder abzuschaffen. Es ist ein sehr erfolgreiches System. c. Wie bewerten Sie die direkten Kosten des CRM? In diesem Beispiel waren sie sehr gering, da wir nicht den Fehler gemacht haben, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Wir haben die Kosten sehr gering gehalten und die Lösung war sehr einfach, es war keine komplexe Lösung. Unsere Lösung war billig, und darum war sie effizient. Das Risiko war da, dass man es zu komplex löst und dass dann eine Lösung gefunden wird, die aber nicht mehr effizient ist. d. Wie bewerten Sie den administrativen und personellen Aufwand des CRM? Ich glaube grundsätzlich man kann den administrativen Aufwand sehr klein halten und trotzdem effizient sein. Bei KMU muss man ihn sehr klein halten, um effizient zu sein. Im Worst Case, wie gesagt, kann es auch eine Excel Datenbank und eine Mitarbeiterschulung sein, die sich auf Excel beschränkt. Es muss keine eigene Software sein, die aktualisiert werden muss, die angepasst werden muss usw. Im schlimmsten Fall, ein Karteikasten mit Karteikarten und einem Kugelschreiber, die der Geschäftsführer (in dem Fall: Sie) selbst bedient. Eine solche Arbeit ist auch „Chefsache“. Das wäre der kleinste Fall mit niedrigsten Kosten. Die Kosten-NutzenRelation ist daher immer als wichtig anzusehen. XI FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand e. Hat das CRM zum Unternehmenserfolg beigetragen? Das CRM hat definitiv zum Unternehmenserfolg beigetragen. 5. Haben Sie Erfahrungen in Großunternehmen? Wenn ja, haben Sie Erfahrungen im Vertrieb oder Marketing von Großunternehmen? Ja, vor allem im Bereich Marketing. Mein größter Fehler im CRM war, dass dort CRM meistens als Softwarelösung gesehen wurde. Ich habe, als ich noch im Consulting war, viele Anfragen bekommen. „Herr Siems können Sie uns helfen? Wir möchte CRM einführen, welche Software ist die beste?“. Und dann sollte ich das passende CRM-System anbieten. Dies ist jedoch falsch. Der Ansatz ist schon falsch. 6. Haben Sie Erfahrungen in KMU? Wenn ja, haben Sie Erfahrungen im Vertrieb oder Marketing? Ich habe sowohl im Vertrieb, aber auch im Marketing Erfahrungen sammeln können. 7. Was sind aus Ihrer Sicht die Anforderungen an ein funktionierendes CRM? Es kommt sehr auf die Zielsetzung eines Unternehmens an. Ich versuche, es Ihnen zu erklären: Das Management von Kundenbeziehungen hat zum Beispiel im Verlauf eines Kundenlebenszyklusses verschiedene Teilaufgaben. Die Kunden-Akquise zählt genauso dazu, wie das Aufrechterhalten einer Kundenbeziehung. Manchmal gehört auch das Verabschieden aus einer Kundenbeziehung oder auch das Reaktivieren einer Kundenbeziehung dazu. Und je nach Unternehmen, je nach Branche sind die Schwerpunktsetzungen andere. Es gibt Branchen, da ist es sehr wichtig, mit dem Kunden im Dialog zu bleiben. Es gibt Branchen, da ist die Akquise sehr wichtig und es gibt Branchen, da ist die Rückgewinnung sehr wichtig, weil der Kunde quasi jedes Mal weg ist, und immer wieder neu reaktiviert werden muss. Und je nachdem, wo die Schwerpunkte liegen, sind andere Aspekte wichtig. Also es kann Branchen geben, wo die Langfristigkeit, die Dauerhaftigkeit der Kundenbeziehungen zentral ist. Es kann Branchen geben, wo die Empathie, die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel bei der Erstkundengewinnung zentral ist, der Aufbau von Vertrauen zentral ist. Und es kann Branchen geben, wo die Rückgewinnung, die Kundenwiedergewinnung zentral ist. Und nach meinem Verständnis muss ein gutes CRM alle Phasen der Kundenbeziehung umfassen, und dann je nach Branche und je nach Unternehmen Schwerpunkte haben. Es gibt Branchen, da ist der Anfang unwichtiger als das Ende und umgekehrt gar keine Frage. XII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 8. Sehen Sie Unterschiede zwischen KMU und Großunternehmen in Bezug auf die Einführung und den Einsatz von CRM? Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Bei Großunternehmen ist eine Aufgabe aus Marketingsicht, einen lebenslangen Dialog mit dem Kunden aufzubauen. Die AutomobilIndustrie, ein Konzern wie beispielsweise BMW, sollte das Ziel haben, seine Zielgruppe zu identifizieren und in jungen Jahren zu akquirieren. Idealtypisch hierfür wäre meine Tochter, die jetzt ein Jahr alt ist. Sie sollte schon die Marke BMW kennen. Und idealtypisch sollte das Kind mit achtzehn sich einen 1er-BMW kaufen, mit fünfundzwanzig einen 3er, mit fünfunddreißig einen 5er, mit fünfzig einen 7er und mit sechzig einen Z4 oder was auch immer. Das Kind sollte ein Leben lang mit verschiedenen Produkten mein Kunde bleiben. Das kann man durch Serviceangebote lösen, durch Wartungsintervalle, durch eine Produktpalette, die dem Lebenszyklus des Kunden folgt. Ein KMU kann das oft nicht, weil ein KMU oft gar nicht die Größe hat, so eine breite Produktpalette anzubieten. Das heißt, bei einem KMU kann immer wieder der Fall auftreten, dass ein KMU sich von einem Kunden verabschieden muss, weil die Bedürfnisse des Kunden nicht mehr zum Angebot des KMU passen. Und aus Effizienzgründen kann man es nicht jedem Kunden mit seinen Leistungen recht machen. Darum ist es gerade für KMU sehr oft entscheidend, wie man sich vom Kunden verabschiedet. Ich persönlich habe eine Theorie, dass es sehr wichtig ist, wie man als KMU in Netzwerken agiert. Es ist wichtig, dass man sich die Bälle zuspielt als Unternehmer, dass man sagt, „Ich kann das im Moment nicht machen, aber ich kenne jemanden, zu dem Sie gehen können“. BMW würde nie sagen: „Ach, Sie wollen ein geländegängiges Fahrzeug, gehen Sie zu Mercedes!“. Aber ein Kleinunternehmer muss oder sollte ein Netzwerk haben, um sich das gegenseitig zuzuspielen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Als ich Berater war im Marketingbereich, hatte ich einen Kollegen im HR-Bereich. Der hat in HR (Resources) eine Professur gehabt und Beratung gemacht. Ich hatte einen Auftrag, die Kundenzufriedenheit bei einem gewissen Kunden zu messen. Wir haben das gemacht, die Messungen liefen einen Monat lang und dann war das Projekt fertig. Der Kunde sagte zu mir: „Herr Siems, das hat super geklappt. Können Sie unsere Mitarbeiterzufriedenheit auch noch messen?“ Daraufhin habe ich gesagt: „Nein, denn ich bin auf Kundenzufriedenheit spezialisiert, ich mache das nicht. Aber ich kenne da jemanden, rufen Sie den an.“ Ich habe seine Visitenkarte immer dabei gehabt. Und er hat dann in diesem Unternehmen die Mitarbeiterzufriedenheit analysiert. Gleichzeitig hat er am Ende seinen Kunden gesagt: „Ach ja, für die Kundenzufriedenheit rufen Sie bitte wieder Herrn Siems an.“ So funktioniert das. Da ist man in einem agierenden Netzwerk. Ein starkes Großunternehmen hätte gesagt: „Super, mache ich ein neues Geschäftsfeld auf.“ Das kann ich als Einzelunternehmer mit wenigen Mitarbeitern nicht. a. Wenn nein, warum sehen Sie keine Unterschiede? ./. XIII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand b. Wenn ja, welche? ./. 9. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Anforderungen an ein KMU-taugliches CRM? Wenn ja, welche? Es muss effizient sein. D.h. es darf nicht zu viel kosten und es muss implementierbar sein. D.h. eben, je nach Größe des Unternehmens muss es eine einfache oder einfachere Lösung sein. Und aus meiner Sicht ist das Allerwichtigste, dass es akzeptiert werden muss. Und gerade in KMU haben wir natürlich einen extremem kulturellen Einfluss, weil das Unternehmen eben klein ist und es kein Misstrauen bei den Mitarbeitern erwecken darf. Wenn die den Eindruck haben, sie werden von Ihnen kontrolliert, weil Sie von denen Reports fordern über Kundenbesuche oder Ähnliches, dann kann das sehr schnell die Stimmung kaputt machen. Ein Mitarbeiter bei BMW oder bei Siemens ist daran gewöhnt, dass er Reporting machen muss. Es ist somit eine ganz große Herausforderung an den Geschäftsführer, seine Wünsche so zu implementieren, dass sich keine Misstrauensstruktur ergibt. Dass es dann nicht den Eindruck gibt: „Wir haben hier überall unsere Überwachungskameras.“ Ein kulturelles Problem nebenbei bemerkt. Dieses Problem muss über die Geschäftsführung gelöst werden. Hierbei kann man keine Taskmanager einsetzen, sondern muss es selbst machen. Das ist Chefsache. Das muss von oben kommen und von allen getragen werden, sonst geht das schief. Das muss gerade auch der Vertriebler, der direkten Kundenkontakt hat, umsetzen. Der muss daran glauben, der muss das wollen, sonst funktioniert das nicht. Die beste Software hilft nichts, wenn der Mensch sagt: „Ich möchte das nicht.“ 10. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Voraussetzungen bei KMU für die Einführung eines CRM? Wenn ja, welche? Ganz klar. Es muss effizient sein, es muss akzeptiert werden. Das ist das Entscheidende. 11. Haben Sie positive oder negative Erfahrungen mit CRM in Großunternehmen gemacht? a. Wenn ja, welche positiven? ./. b. Wenn ja, welche negativen? Gleichsetzungen mit Softwarelösungen und damit verbunden: Das Scheitern von Projekten, weil die Software nicht akzeptiert, nicht verstanden oder nicht genutzt wird. Es scheitert an irgendwelchen Tools, die niemand wollte, niemand verstanden hat oder niemand akzeptiert hat. XIV FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 12. Haben Sie positive oder negative Erfahrungen mit CRM in KMU gemacht? a. Wenn ja, welche positiven? Vorher beantwortet b. Wenn ja, welche negativen? ./. 13. Wenn Sie Frage 12 mit Ja beantwortet haben, können Sie zu folgenden Fragen Stellung nehmen: a. Ist der Erfolg des CRM überhaupt messbar zu machen? Wenn ja, wie? Der Erfolg ist messbar, aber nicht in Geldeinheiten. Also, ich glaube, es ist sehr schwer, dies zu identifizieren. Er ist messbar im Sinne von Zielen, die man sich setzt. Ein Ziel könnte zum Beispiel sein, dass man die Anzahl der Kontaktanfragen erhöhen möchte oder Ähnliches. Hilfsmittel, vorökonomische Zielgrößen sind beispielsweise messbar. Ökonomische Größen wie Umsatz oder Absatz sind nicht zu errechnen. b. Welche Zeiteinsparungen lassen sich realisieren? Je nach Branche würde ich Zeiteinsparungen bis zu 100% sagen. Je nach Branche können es auch nur 1% oder 2% sein. Es kann aber auch wesentlich effizienter sein. c. Welche Kosteneinsparungen lassen sich realisieren? Vorher beantwortet d. Wurde das Vertriebsmanagement durch das CRM erleichtert? Mittelfristig und langfristig ja, kurzfristig nein. Kurzfristig wurde es zunächst einmal komplizierter. e. Konnten Sie eine Verbesserung der Kundenbeziehungen auf das CRM zurückführen? Ja, definitiv ja. XV FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand f. Konnten Sie eine Erhöhung der Kunden-Loyalität auf das CRM zurückführen? Definitiv ja. g. Konnten Sie eine Erhöhung der Wiederbestellquote auf das CRM zurückführen? Auch ja. h. Konnten Sie eine erhöhte Ausschöpfung des Einkaufspotentials feststellen? Auch ja. i. Konnten Sie einen Beitrag des CRM zu Ihrem Beschwerdemanagement feststellen? Das haben wir damals nicht gemessen, aber ich denke ja. Ich denke schon. j. Konnten Sie einen Beitrag des CRM zu Ihrer Produktpolitik, Ihrer Angebotsgestaltung feststellen? Das auf jeden Fall. Das war eines der Ziele, dass man eine Modifizierung macht bzw. bei neuer Produktplanung konkret auf die Kundenwünsche eingeht. k. Konnten Sie einen Beitrag des CRM zu Ihrem Innovationsmanagement feststellen? Im Sinne von neuer Produktplanung ja, im Sinne von neuen Technologien nein, aber es wäre denkbar. In dem Bereich, wo ich gearbeitet habe, war dies nicht der Fall. Grundsätzlich wäre es denkbar, dass auch jemand eine technische Innovationsidee für den Kunden hat. Ich habe es selber zwar nicht erlebt, aber ich halte es für möglich. l. Wann beginnt ein CRM aus Ihrer Sicht wahrnehmbare positive Wirkung zu erzielen? Das kommt darauf an, wie gut man es eingeführt hat und wie komplex das CRM ist. Ich glaube, dass es immer eine schwierige Anfangsphase geben wird. Je besser es eingeführt wird, je mehr man die Mitarbeiter im Boot hat, die es durchsetzen müssen, desto kürzer ist diese unschöne Phase. Diese Phase kann 10 min dauern, aber auch 10 Tage. XVI FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand m. Welche nicht monetären Vorteile sehen Sie beim CRM? Nicht monetäre Ziele sind die Verbesserung der Kundenzufriedenheit und die Loyalität der Kunden. Ein besserer Ausschöpfungsgrad liegt bei Kunden, nicht nur in Bezug auf Geld, sondern auch auf Zusatzleistungen, die ich noch anbieten kann oder Teilleistungen, die ich anbieten kann. n. Stellt das CRM einen übergeordneten und standardisierten Prozess dar, mit dem alle Kundenmanagementaktivitäten gesteuert werden? Idealtypisch ja, in der Praxis nicht immer. o. Wie weit hat das CRM positiv zur Unternehmensführung und –steuerung beigetragen? In meinen Beispiel sehr positiv, weil durch die Einführung und durch die kulturellen Aspekte erst einmal diskutiert werden musste. Dies war sehr gut. „Wer sind unsere Kunden? Wer ist unser ABC-Kunde? Wie geht man mit denen um?“ Schon die Implementierung selbst war wertvoll, selbst wenn wir danach nicht implementiert hätten, aber die Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiter und die Diskussion hatte einen positiven Effekt. Der Weg ist das Ziel, und das bringt einen schon ein Stück weiter. Überhaupt zu fragen, ob es den Kunden C gibt, ist wertvoll. Denn welcher Vertriebsmitarbeiter sagt: „Hey welche C-Kunden habe ich?“ Das macht keiner. p. Wurde ein wichtiger Aspekt der positiven Wirkungen des CRM übersehen? Ich würde sagen, die Kultur und das Grundverständnis des einzelnen Mitarbeiters wurden ausgelassen. Nicht das Grundverständnis des Chefs ist wichtig, sondern das der einzelnen Mitarbeiter und deren Umgang mit Kunden. Das ist eine Kulturfrage, das ist ein philosophische Frage, dass jene Mitarbeiter, die sehr stark technisch geprägt sind, die nie von Marketing und BWL gehört haben, gerade diese ein Grundverständnis vom Kunden vermittelt bekommen. Das ist extrem wichtig. Genauso wie Weiterempfehlungen für Cross Selling usw. Dass die Mitarbeiter im Haus eine neue Denkweise entwickeln. CRM ist eine große Chance, das ganze Unternehmen hin zur richtigen Kundenorientierung zu bewegen. q. Die direkten Einführungskosten eines CRM sind bei der Investitionsentscheidung bekannt. Sind Ihnen zu diesem Zeitpunkt auch die indirekten Kosten und der erwartete ROI bekannt? Nein, das ist schwer zu prognostizieren. Wie viel später erwarten Sie den ROI? Kann man nicht schätzen. XVII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand r. Welcher zusätzliche Zeitaufwand ist für Mitarbeiterschulungen aufzuwenden? Ich glaube, dieser Aufwand wird unterschätzt. Das ist mit das Wichtigste und es kommt darauf an, wie komplex das System ist. Bei einer Karteikastenlösung sind es zwei Tage. Bei einer komplexen Software jedoch sind es zwei Wochen. s. Wie viel zusätzlicher Zeitaufwand ist für den täglichen Einsatz des CRM aufzuwenden? Ich glaube, es ist bis max. 30 % zusätzlicher Zeitaufwand aufzuwenden. Dieser wird jedoch wieder durch effizientes Arbeiten kompensiert, d. h., dass selbst die Planung Zeit kostet, aber anderer Stelle Zeit spart. Ein Beispiel: Wenn Sie Ihre Kunden klassifizieren und für ein Gespräch mit einem bestimmten Kunden Zeit einplanen und einen C-Kunden mit einem kürzeren Zeitbudget versehen, so spart Ihnen diese Planung Zeit ein. Wenn Sie es nicht planen und sich denken: „Ach komm, er ist nett, mit dem rede ich länger.“ dann verlieren Sie wieder Zeit. Die Summe sollte positiv sein. t. Wurde die Komplexität der Arbeit für Sie und Ihre Mitarbeiter durch das CRM erhöht? Wenn ja, haben Sie das als Nachteil empfunden? Ja, wurde am Anfang bei der Implementierung als Nachteil empfunden. u. Welche direkten Kosten (Kauf / Abschreibungen, Lizenzgebühren, Aktualisierungen etc.) sind mit dem CRM verbunden? Das sind die Schulungskosten der Mitarbeiter, die Beratungskosten usw. v. Wann werden die aus Ihrer Sicht wichtigsten negativen Effekte des CRM spürbar? Diese werden sehr direkt spürbar. Noch vor der Einführung merken Sie dies bei den Mitarbeitern. Diese sagen, dass sie das nicht wollen. Diese Reaktion merken Sie schon, wenn Sie das ankündigen. Sie brauchen das noch nicht einmal eingeführt zu haben. 14. Welche eventuellen weiteren Kosten sind mit dem CRM verbunden? Kann ich jetzt nicht beurteilen. Wurde ein negativer oder kostentreibender Aspekt von CRM übersehen? Nein. XVIII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 15. Ist eine Um-Organisation von KMU zur Einführung von CRM Systemen notwendig? Nein a. Wenn ja, wie? ./. b. Wenn ja, sehen Sie Maßnahmen der Organisationsentwicklung und Change Management als erforderlich an? ./. 16. Wie erfolgt die Einordnung des CRM in die vorhandene IT? a. Gibt es hierbei Unterschiede zwischen Großunternehmen und KMU? Ich halte es für einen Fehler, CRM nur der IT unterzuordnen. Bei KMU sollte es Chefsache sein. Bei Großunternehmen wird es dafür eigene Stellen geben, die idealtypisch nicht der IT untergeordnet sind, sondern gleichgestellt. b. Ist die Integrationsfähigkeit eines CRM-Systems in die bestehenden EDVSysteme eine Hürde und damit eine Hauptanforderung? Rein auf die technische Lösung ja, aber für mich ist die technische Lösung zweitrangig. 17. Ist eine Anpassung von CRM-Systemen an besondere Anforderungen von KMU notwendig? Ja, Definitiv ja. a. Wenn ja, sehen Sie die besonderen Anforderungen darin, dass das CRM weniger komplex sein sollte? Ja genau, weniger komplex und einfachere Lösungen. Es muss nicht immer eine Software Lösung sein. b. Wenn ja, sehen Sie die besonderen Anforderungen darin, dass wesentliche Elemente des CRM anders gestaltet sein sollten? Und wenn ja, welche? Die Ausbildung der Software muss eine andere sein. Im Worst Case ein WordDokument und keine Datenbank. Auch ein Word-Dokument kann eine Datenbank sein. XIX FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand c. Kann eine modulare Anpassung von CRM-Systemen an die Bedürfnisse von KMU wesentlichen Nutzen stiften? Definitiv ja. Und wenn ja, welche Komponenten sind aus Ihrer Sicht wichtig? Es kommt wieder auf die Branche an. Bei technischen Leistungen ist es wichtig, dem Vertriebsmitarbeiter Hilfestellung zu effizienter Kundenbearbeitung und zu effizienten Kundendialogen zu geben. Das ist das Entscheidende. 18. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Voraussetzungen bei KMU der kunststoffverarbeitenden Industrie in Bezug auf Einführung und Einsatz von CRM? Und wenn ja, welche? Ohne jetzt Experte in Kunststoffverarbeitender Industrie zu sein, glaube ich, dass der Vertrieb über den Erfolg entscheiden wird. 19. Können aus Ihrer Sicht gerade in der kunststoffverarbeitenden Industrie besondere Wettbewerbsvorteile durch CRM erzielt werden? Und wenn ja, welche? Die hohe Relevanz des Vertriebs und durch die hohe Relevanz des persönlichen Kundenkontakts kann der Kundenkontakt effizienter werden. 20. Gibt es aus Ihrer Sicht wesentliche Aspekte, die bisher nicht oder nur unzureichend angesprochen wurden? Ich glaube bei allen Aspekten, die Sie nennen, muss man sehr stark differenzieren. Wie klein ist das „K“ von KMU wirklich. Ist das ein „Ein-Mann-Unternehmen“? Wie hoch sind die Umsätze? Es hängt sehr davon ab. Also die Differenzierung hier finde ich sehr wichtig. Sonst ist alles drin. XX FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Anhang 1.2 Experteninterview am 14.02.2011 mit Herrn Georg Kötter KMU der kunststoffverarbeitenden Industrie ohne Einsatz von CRM Aufgabengebiet: Marketing und Vertrieb bei der BÜFA Composites GmbH & Co. KG 1. Bitte beschreiben Sie Ihr Aufgabengebiet und welche Position Sie innehaben. Mein Name ist Georg Kötter, ich bin in den Abteilungen Marketing und Vertrieb als Bezirksleiter (im Außendienst) bei der Firma BÜFA Composites GmbH tätig. Meine Aufgaben sind Akquise und Betreuung von Kunden, Beratung, Vorstellung neuer Produkte, Marktbeobachtung, Angebotserstellung, aktive Begleitung des Forderungsmanagements, Erstellen von Arbeitsaufträgen für die Anwendungstechnik, Erfassung von Reklamationsberichten usw. 2. Was sind aus Ihrer Sicht Ihre relevanten Erfahrungen zum Forschungsgegenstand Vertrieb, CRM und Anwendung von CRM in KMU? Unser Programm umfasst lediglich ein Adress- und Korrespondenzmodul. Somit haben wir keine Erfahrungen mit einem „echten“ CRM-Programm. 3. Haben Sie Erfahrungen bei der Planung und / oder Einführung eines CRM? Wenn ja, welche? Nein, leider konnte ich bisher keine Erfahrungen bezüglich der Planung eines CRMSystems sammeln. 4. Haben Sie Erfahrungen mit einem implementierten CRM? Ebenfalls habe ich auch bei der Implementierung eines CRM-Systems keine Erfahrungen. 5. Haben Sie Erfahrungen in Großunternehmen? Wenn ja, haben Sie Erfahrungen im Vertrieb oder Marketing von Großunternehmen? XXI FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Ich war über zehn Jahre im Außendienst für zwei internationale Konzerne tätig. Jetzt bin ich in einem Tochterunternehmen einer internationalen Handelsgesellschaft tätig, welches ein Joint Venture eines Großunternehmens mit einem mittelständischen Unternehmen ist. In keinem Unternehmen, bzw. in den Verkaufsabteilungen, in denen ich tätig war/bin, wurde/wird ein reguläres CRM-System verwendet. 6. Haben Sie Erfahrungen in KMU? Wenn ja, haben Sie Erfahrungen im Vertrieb oder Marketing? Ich war ca. 3,5 Jahre in einem KMU in leitender Position tätig. Dem Unternehmensinhaber galt Software als ein „notwendiges Übel, das nur Zeit und Geld kostet“. 7. Was sind aus Ihrer Sicht die Anforderungen an ein funktionierendes CRM? Aufgrund der mangelnden Erfahrung kann ich hier keine Aussage machen. 8. Sehen Sie Unterschiede zwischen KMU und Großunternehmen in Bezug auf die Einführung und den Einsatz von CRM? Aus denselben Gründen, die ich auch bei der vorherigen Frage erwähnt habe, kann ich auch hier leider keine Aussagen machen. 9. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Voraussetzungen bei KMU für die Einführung eines CRM? Wenn ja, welche? Meines Erachtens sollten Anschaffungs- und Verwaltungsaufwand im Verhältnis zur Betriebsgröße des Anwenders und zur Anzahl der Kunden des Anwenders passend sein. 10. Die erfolgt die Einordnung des CRM in die vorhandene IT? Gibt es hierbei Unterschiede zwischen Großunternehmen und KMU? KMU haben häufig keine zeitgemäße Hard- und Software, die für ein modernes CRM-Programm notwendig wären. Der Anschaffungs-, Schulungs- und Verwaltungsaufwand wird somit von Unternehmensinhabern zuweilen als zu hoch betrachtet. XXII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Anhang 1.3 Experteninterview am 16.02.2011 mit Herrn Guido Sander Kommerzieller Anbieter von CRM-Systemen Aufgabengebiet: Inhaber, Beratung und Vertrieb bei Firma: Sander CRM Software 1. Bitte beschreiben Sie Ihr Aufgabengebiet und welche Position Sie innehaben. Mein Name ist Guido Sander, ich bin Inhaber der „Sander CRM-Software“. Als Inhaber wird das Unternehmen von einem Einzelunternehmer geführt. Gleichzeitig habe ich die Position des Vertriebsmitarbeiters und des Projektleiters bzw. bin ich projektverantwortlich. Es sind also drei Rollen, die ich hier besetze. 2. Was sind aus Ihrer Sicht Ihre relevanten Erfahrungen zum Forschungsgegenstand Vertrieb, CRM und Anwendung von CRM in KMU? Seit über 10 Jahren haben wir Erfahrung damit gemacht, CRM-Software auf den Markt zu bringen und diese Software bei kleinen, mittleren und bei maximalen mittelständischen Unternehmen zu implementieren. Die relevanten Erfahrungen an dieser Stelle sind die, dass es auch heute noch, obwohl das Thema sehr alt ist und man sich eigentlich seit 20 Jahren Gedanken zum Thema CRM gemacht hat, es immer noch bei vielen Menschen nicht angekommen ist, bei vielen Unternehmen nicht angekommen ist und wir dadurch enorme Schwierigkeiten haben. Es ist unsere Aufgabe, jemandem, der sich noch nicht selbst dazu entschlossen hat, sich mit dem Thema zu beschäftigen, für uns zu gewinnen oder ihm hier zu zeigen, dass mögliche Potenziale existieren, die er nicht sieht. Schwierig dabei ist das Erschließen neuer Kontakte, die nicht mit diesem Thema beschäftigt waren. 3. Haben Sie Erfahrungen bei der Planung und / oder Einführung eines CRM? Wenn ja, welche? Grundsätzlich ja. Ich habe in den letzten Jahren mehrere hundert verschiedenartige große Projekte geleitet. Projekte bei denen es nur um die Datenübernahme in das CRM-System ging oder aber auch Projekte, bei denen in einem mittelständischen Unternehmen eine CRM-Lösung implementiert werden sollte. Es gab auch Workshops, die vorab gemacht wurden, um herauszufinden, was der Kunde überhaupt will. „Welche Zielsetzung hat der Kunde?“ Wir haben somit Erfahrung in der Datenübernahme, bei Implementierungsthemen bezüglich Schulungsinhalten wie z. B. Aftersales Support, also alles wobei der Kunde im laufenden Betrieb mit der Software XXIII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand arbeitet. Wir bieten die komplette Bandbreite professioneller IT-Systeme an. Der Kunde nutzt letztendlich das, was wir ihm zur Verfügung stellen und das, was er aus unserer Gesamtleistung gerne haben möchte. 4. Haben Sie Erfahrungen mit einem implementierten CRM? a. Wenn ja, wie würden Sie das CRM bewerten? b. Eher positiv oder eher negativ? Klar haben wir Erfahrung mit der Implementierung von CRM. Wir unterstellen in diesem Bereich, dass das CRM eine reine Softwarelösung ist und nicht eine Unternehmensphilosophie. Das ist der falsche Ansatz eigentlich. Grundsätzlich auf unserer Seite als Anbieter ist dies oft positiv. Wenn ich aber ein bisschen tiefer gehe und in die Kundenstruktur schaue, muss ich sagen, dass der Mehrwert nicht besonders oft erreicht wird. Die Unternehmen haben eine gewisse Vorstellung, was sie erreichen wollen. Sie können teilweise nicht sauber kommunizieren und meinen so, durch eine Softwarelösung all diese Probleme lösen zu können. Wir leisten dann unsere positive Unterstützung, aber letztendlich kann ein solches Unternehmen durch CRM nicht die vorhandenen Probleme lösen, da es das Unternehmen doch nicht so strukturiert halten möchte, wie es die CRM-Lösung auch fordert. c. Hat das CRM zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beigetragen? Ich würde mal behaupten, bei einigen „Ja“. Bei vielen „Nein“. Ich würde aus meiner Sicht und meiner Erfahrung behaupten, dass 80 % der Unternehmen, mit denen wir es zu tun haben, diese Steigerungen nicht erreichen. Zwar meinen viele Unternehmen, dass sie ihre Wettbewerbsfähigkeit gesteigert hätten, aber meiner Meinung nach erreichen dies wirklich nur ca. 20 %. Also wir haben hier eine sehr hohe Dunkelziffer der Unternehmen, die sich hier was vormachen meiner persönlichen Meinung nach. d. Wie bewerten Sie die direkten Kosten des CRM? Die direkten Kosten sind, wenn man es genau nimmt, ein Drittel der echten Kosten, die entstehen. Diese sind die sichtbaren Kosten. Im Prinzip sind es die Leistungen der Dienstleister, die in Form von Tagessätzen, Stundensätzen, Reisekosten usw. entstehen. Letztendlich die Kosten, wo das Unternehmen die Rechnung bekommt. Ein weiteres Drittel sind die internen Kosten, die bereitgestellt werden müssen, weil es Umsatzausfälle gibt. Das letzte Drittel der Kosten sind wiederum die verstärkten Kosten, die sich im Bereich der Weiterentwicklung konzentrieren. Die meisten Unternehmen schauen sich nur den ersten Teil an, betrachten nicht den zweiten und dritten Teil und tun sich in Bezug auf die vorherige Frage schwer. Dadurch erreichen sie die Ziele oftmals nicht. XXIV FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand e. Wie bewerten Sie den administrativen und personellen Aufwand des CRM? Man muss hier schon trennen. Das Administrative ist überschaubar. Wenn zum Beispiel ein Poweruser im Unternehmen ausgebildet ist, der nicht kundenorientiert ist, sondern stark vertriebsplastisch ist, dann ist das jemand, der mit wenigen Stunden im Monat klar kommt und letztendlich Sachen abbilden kann. Der personelle Aufwand, gerade in der Startphase ist schon da. Deswegen soll rechtzeitig überlegt werden, wie man das entsprechend strukturiert bzw. wie man das aufteilt. f. Hat das CRM zum Unternehmenserfolg beigetragen? Hier muss ich mindestens das dazu sagen, was ich auch schon bei Frage c) genannt habe. Hier ist meine persönliche Meinung, dass hier auch viele Unternehmen meinen, dass CRM zum Unternehmenserfolg beigetragen hat, zumal das dazu führt, dass Unternehmenserfolg von jedem anders definiert wird. Wenn es dazu führt, dass man zukünftig strukturierter mit seinen Kunden umgeht und sich dabei mehr um die werthaltigen kümmert als um die nicht so werthaltigen, dann ist die Frage f) häufiger zu erreichen als die Frage g). 5. Haben Sie Erfahrungen in Großunternehmen? Wenn ja, haben Sie Erfahrungen im Vertrieb oder Marketing von Großunternehmen? Wir haben in der Vergangenheit häufig mit Großunternehmen gearbeitet. Ein Exemplar ist die Firma „xxx“, die im Bereich der Postzustellung aktiv sind. Da sollten wir in einer bestimmten Abteilung CRM einsetzen. Alles andere spielte dabei keine Rolle. Falls möglich, sollte es nur ein Prozess sein. In diesem Beispiel war der Interessentenprozess wichtig, d. h. „Wie komme ich von einem Interessenten zum Kunden?“. In dem Moment jedoch, wo es sich um einen Kunden handelt, wechselt er in andere interne Systeme. Wenn wir in Großunternehmen unterwegs sind, dann setzen wir wirklich nur ein Thema und nicht das ganzheitliche CRM-System. Man kann sagen „Wir haben da jetzt Vertrieb, Marketing, Service und andere Gedanken“. Das haben wir aber dort nicht. Da kommen meistens Systeme von Microsoft, Oracle und anderer Anbieter deutlich stärker vor als CAS-Systeme. 6. Haben Sie Erfahrungen in KMU? Wenn ja, haben Sie Erfahrungen im Vertrieb oder Marketing? Als Anbieter sind unsere Hauptkunden klassische KMU, d. h. Unternehmen von 1 bis 250 Plätzen, aber eher 1 bis 50. Hier muss man sagen, dass wer 50 Mitarbeiter im Vertrieb und Marketing einsetzt, im Prinzip ein gehobener Mittelständler ist, welcher 100-200 Mitarbeiter in der Produktion oder Sonstiges hat. 7. Was sind aus Ihrer Sicht die Anforderungen an ein funktionierendes CRM? Die Anforderungen an ein funktionierendes CRM sind: XXV FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 1. Ein Unternehmen muss verstehen, dass CRM keine Software ist, welche einem auf einmal alle Probleme vom Tisch fegt. Zunächst sollte von allen Köpfen verstanden werden, dass man sich grundsätzlich kundenorientiert aufstellen möchte, dass man mehr Zeit und Kosten sparen und organisatorische Maßnahmen rund um den Kunden machen möchte, um ihn besser in den Griff zu bekommen. Das würde ich sagen ist eine der Anforderungen, dass das Ganze nachher funktioniert und dass sich in den Köpfen der Mitarbeiter Dinge entwickeln müssen, dass sie verstehen, was sie da tun. 2. Was auch wichtig ist, dass ich einen Dienstleister habe, der mich versteht. Einer, der nicht sozusagen, wenn ich ein KMU betrachte, in Konzernen unterwegs ist und die Bedürfnisse und Ängste der KMU und der Mitarbeiter nicht versteht. 3. Ich brauche ein Softwaresystem, welches es dem Unternehmen möglich macht, das Ziel des Unternehmens langfristig zu unterstützen. D. h., dass das CRM-System ein modulares System ist, welches es den Kunden ermöglicht, klein anzufangen und Stück für Stück das Unternehmen weiterzuentwickeln, was auch immer das Ziel des Unternehmens ist. Denn wenn ein Unternehmen relativ konservativ unterwegs ist und nur geringe Wachstumsquoten erwartet, muss man nicht ganz so modular sein. Wenn aber das Unternehmen innovativ mit Marktveränderung umgehen kann, sollte das System modular aufgebaut sein, so dass das Unternehmen in der Lage sein sollte, sich weiterzuentwickeln. Ich erkläre Ihnen warum: Noch in diesem Moment, wo das Unternehmen auf einem Softwaresystem die Daten abbildet, hat das Unternehmen eine gewisse Gefangenheit. Das sagt ja keiner, dass Sie das haben werden, denn Sie würden dann gar nicht wechseln. Denn der Aufwand, im weiteren Verlauf eine Fehlentscheidung zu beheben/ändern, ist deutlich größer, als wenn man sagt, dass man in den nächsten 5 bis 10 Jahren damit arbeiten wird und danach die Software ändert, wenn sie den Lebenszyklus erreicht und wenn das Unternehmen den Mut hat, auch mal wieder Veränderungen vorzunehmen. 8. Sehen Sie Unterschiede zwischen KMU und Großunternehmen in Bezug auf die Einführung und den Einsatz von CRM? a. b. Wenn nein, warum sehen Sie keine Unterschiede? ./. Wenn ja, welche? Ja ganz klar. Der ganz große Unterschied ist, dass Großunternehmen deutlich strategischer, deutlich stärker mit Vokabular und mit allem Möglichen anders vorgehen als das in KMU der Fall ist. Analytischer und systematischer Einsatz beim Großunternehmen ist in der Regel durch Projektverantwortliche geprägt. Beim KMU ist dies deutlich pragmatischer: „Wir müssen erst einmal einen Analyseworkshop machen. Wir müssen ihre Prozesse aufnehmen. Wir müssen ihre Organisationbeschreibung vornehmen. Wie sieht es mit Qualitätshandbüchern oder Ähnlichem aus?“ Hierbei sagen die KMU, dass sie das erst einmal nicht haben und zweitens das nicht mehr wollen. Das ist so wie in der Fernsehwerbung mit den 018/15-Fähnchen. Man bleibt im Prinzip bei dem was man hat, weil alles andere viel zu kompliziert ist. Also ist XXVI FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand dies ein deutlich pragmatischer Ansatz. Wenn wir das analytischer machen müssen, weil wir dort Sachen bearbeiten müssen, dann gehen wir so vor: Wir kommen erst einmal dort hin und installieren die Software. Während wir zeigen, wie die Software funktioniert, erarbeiten wir die vorher genannten Aktionen nebenbei. Das wollen die KMU hören, also Ärmel hochkrempeln, los geht’s. 9. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Anforderungen an ein KMU-taugliches CRM? Und wenn ja, welche? Im Prinzip habe ich hier das in den Vorfragen schon beantwortet. 10. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Voraussetzungen bei KMU für die Einführung eines CRM? Ja, auch hier würde ich sagen, dass ich in vorherigen Fragen Inhalte gebracht habe. 11. Haben Sie positive oder negative Erfahrungen mit CRM in KMU gemacht? a. Wenn ja, welche positiven? Positiv ist, wenn wirklich das Unternehmen, die Mitarbeiter oder der Geschäftsführer, je nachdem wer sich damit beschäftigt, erkennen was für tolle Chancen, was für einen tollen Mehrwert das CRM System bietet. Das ist immer wieder eine gute Erfahrung, wenn das Unternehmen sich durch das CRM innerbetrieblich gegenüber den Anforderungen des Marktes besser fühlt oder einige Aufträge mehr reinholt als sonst. Das sind die wichtigen positiven Erfahrungen. b. Wenn ja, welche negativen? Die negative Erfahrung ist, dass einige Unternehmen nach einem halben Jahr die Software abmurksen, weil sie durch die Investition der einmaligen Installation der Software meinen, dass das Thema gegessen sei. Sie wollen keine weiteren Investitionen mehr tätigen oder wollen es nicht einsehen, dann nicht den Erfolg haben. Nach einem halben Jahr wechseln sie wieder die Software oder aber murksen das Ding dann ab und sehen es als gescheiterte Investition an. Das ist auch nicht ganz unüblich und passiert auch meistens in den ganz kleinen KMU. Wenn man KMU betrachtet, wo das definitiv schief geht, dann sind das KMU, die nicht so viel investiert haben. KMU, die z.B. 50.000,00 EUR in eine Software investieren, überlegen drei viermal bis sie das System für gescheitert erklären. Hingegen KMU, die 500,00 EUR investiert haben, überlegen in der Beziehung ganz anders. KMU mit 1 bis 3 Mitarbeitern sind von dieser negativen Erfahrung, die wir machen, häufiger dabei als die KMU, wo die Investition deutlich höher gewesen ist. 12. Haben Sie positive oder negative Erfahrungen mit CRM in Großunternehmen gemacht? a. Wenn ja, welche positiven? XXVII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Positive habe ich eher weniger, da bin ich eher negativ geprägt. b. Wenn ja, welche negativen? Die negative Erfahrung ist, dass in Großunternehmen vieles von oben herab dirigiert wird. So nach dem Motto: „Ihr müsst jetzt das machen!“ Dadurch leben die Mitarbeiter das letztendlich nicht, weil die Geschäftsleitung nicht hinter dem Thema steht, sondern nur dirigiert und selbst nicht das System lebt. Andererseits gab es auch schöne Projekte für uns. Ein ganz tolles Projekt war das bei der Firma XXX, die eine CRM-Software anwendet, welche mittlerweile fünf Jahre alt ist. Wir haben diese bisher zehnmal installiert. Dafür ist dann Geld da, aber wenn es darum geht, die Software weiterzuentwickeln, die Mitarbeiter zu schulen oder die Organisation weiter zu bringen, da gibt es noch nicht mal beispielsweise 3,80 EUR für. 13. Wenn Sie Frage 12 mit Ja beantwortet haben, können Sie zu folgenden Fragen Stellung nehmen: a. Ist der Erfolg des CRM überhaupt messbar? Wenn ja, wie? Grundsätzlich ist der Erfolg des CRM immer messbar. Zu den Erfolgen zählt beispielsweise die Zeitersparnis pro Vorgang am Tag. Dies kann ein messbares Ergebnis sein. Weiterhin ist auch die Umsatzsteigerung pro Monat oder Jahr messbar. Alles das, was Zeit und Kosten reduziert, sind messbare Ergebnisse. Aber auch andere Themen gehören dazu wie z.B., dass ich in einem Monat statt mit 20 Kunden, mit 25 Kunden aktiv sprechen konnte. Also der Gewinn, der den KMU möglichweise zur Verfügung steht. Dadurch, dass die Mitarbeiter effizienter und mehr Zeit letztendlich zu Verfügung haben, tritt eine Kostenersparnis auf. Diese kann man einerseits aktiv einsetzen oder in mehr Kundenkontakte investieren, die dann zur Umsatzsteigerung beitragen oder die Kundenzufriedenheit steigern. Es gibt ja viele Ansätze. Es liegt an den Unternehmen, festzulegen, welche Zielrichtung sie messen möchten. b. Welche Zeiteinsparungen lassen sich realisieren? Man sagt heute, dass es ohne Weiteres möglich sei, eine halbe Stunde am Tag durch ein CRM System einzusparen. Wenn man das hochrechnet, sind das 10 Stunden im Monat oder 120 Stunden im Jahr. Die halbe Stunde ist allein durch das Verkürzen der Suchzeiten realistisch. Der Mitarbeiter muss nicht mehr die Informationen A, B, C suchen und nachher die Information dem Kunden geben, sondern während er mit dem Kunden spricht, kann er ihm die Informationen geben. Weiterhin müssen die Mitarbeiter nicht immer einen Kollegen anrufen und dann zurückrufen. Sie können somit alles in einem Vorgang machen. Die Kompetenz der Mitarbeiter und die Zufriedenheit des Kunden, dass er die Information schnell erhält, sind auch mit dieser Zeitersparnis realisierbar. c. Welche Kosteneinsparungen lassen sich realisieren? Das muss man intern berechnen. Der interne Verrechnungssatz mal 20 Tage mal XXVIII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 0,5 Stunden, so würde man hier das Ganze betrachten. Näheres können Sie auch aus der Tabelle entnehmen, welche ich Ihnen nachher zur Verfügung stelle. d. Wurde das Vertriebsmanagement durch das CRM erleichtert? Grundsätzlich wird mit CRM jedes Vertriebsmanagement erleichtert. Wenn die Vertriebsleitung es versteht, worum es dort geht, ist man besser in der Lage, ins Management einzugreifen. Zudem kann man Mitarbeiter besser entwickeln und gezielt Kunden weiterentwickeln und aussortieren. Weiterhin lässt sich feststellen, wo es keinen Sinn mehr macht, weiterzumachen. Also wie gesagt: „Grundsätzlich ja.“ e. Konnten Sie eine Verbesserung der Kundenbeziehungen auf das CRM zurückführen? Ja, aber beim technischen CRM nicht. Denn wenn die Mitarbeiter ans Telefon gehen und sagen „Rufen Sie doch morgen noch mal an.“ dann nutzt das CRM in der Verbesserung der Kundenbeziehung gar nichts. Also es ist wichtig, dass die Mitarbeiter es auch im Kopf umsetzen, dass nicht das CRM, sondern vielmehr die Art und Weise, wie man mit den Kunden umgeht, wichtig ist. Erst dann kann man eine Verbesserung erreichen. f. Konnten Sie eine Erhöhung der Kunden-Loyalität auf das CRM zurückführen? Ja das ist möglich, z. B., wenn der Kunde direkt bei der ersten Dame am Telefon die Auskunft erhält, die er nicht dort erwartet. g. Konnten Sie eine Erhöhung der Wiederbestellquote auf das CRM zurückführen? Im Prinzip ja. h. Konnten Sie eine erhöhte Ausschöpfung des Einkaufspotentials feststellen? Nicht zwingend. Es ist eher ein Randthema. i. Konnten Sie einen Beitrag des CRM zu Ihrem Beschwerdemanagement feststellen? Mit einem CRM-System habe ich die Möglichkeit, viel schneller zu sehen, wenn eine Unzufriedenheit da ist. Ich kann frühzeitig reagieren und kann viel schneller dadurch den Kunden Antworten geben. j. Konnten Sie einen Beitrag des CRM zu Ihrer Produktpolitik, Ihrer Angebotsgestaltung feststellen? Ich kann hier nur von uns sprechen. Ich glaube es schon, dass in dem Moment, wenn man strukturiert vorgeht, auch viel mehr Gedanken dazu gemacht werden, welche Angebotsposition dort eine Rolle spielt. Wie man sozusagen durch die Kundenorientierung Texte verfasst. Ich würde sagen, dass das CRM-System EinXXIX FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand fluss auf die Produktpolitik hat, weil die Sichtweise Stück für Stück in Richtung Kunde geht und dabei die Sichtwinkel auf die Produkte ändert. Also „Wie muss unser Produkt sein damit der Kunde es auch kauft?“ k. Konnten Sie einen Beitrag des CRM zu Ihrem Innovationsmanagement feststellen? Ja das geht auch aus der Frage „j“ heraus. l. Wann beginnt ein CRM aus Ihrer Sicht wahrnehmbare positive Wirkung zu erzielen? Es sollte ab dem ersten Tag eine positive Wirkung erzielen. Das ist sicherlich eine Herausforderung für uns Dienstleister, dass der Kunde von Anfang an Mehrwerte hat. Mehrwerte können erreicht werden, indem man die Lösung so anpasst, dass der Mitarbeiter sich nicht an der Lösung orientieren muss, sondern die Lösung sich an den Bedürfnissen des Mitarbeiters orientiert. Man muss sich auf die Mitarbeiter konzentrieren, damit man die passende Lösung anbieten kann. m. Welche nicht monetären Vorteile sehen Sie beim CRM? Der Mitarbeiter ist zufriedener, weil er seine Arbeit besser und effizienter machen kann und dem Kunden frühzeitig Information geben kann, wo es früher aufgrund fehlender Technik zum Stressfaktor wurde. Der Mitarbeiter ist auch zufriedener, weil er sich aktiv und frühzeitig um die Dinge kümmern kann und nicht passiv das machen muss, was der Kunde dann am Telefon wünscht. n. Stellt das CRM einen übergeordneten und standardisierten Prozess dar, mit dem alle Kundenmanagementaktivitäten gesteuert werden? Das sollte so sein. Wichtig ist, dass die KMU sich Gedanken machen sollten, was Kundenmanagement bei ihnen im Unternehmen bedeuten soll, wie das prozesstechnisch aussehen soll, ob Prozesse überhaupt eine Rolle spielen usw. Diese vielen Prozesse können über den Begriff CRM gestellt werden. Daher würde ich sagen, dass CRM als Philosophie auf jeden Fall einen übergeordneten und standardisierten Prozess darstellt. So sollte es auf jeden Fall verstanden werden. o. Wie weit hat das CRM positiv zur Unternehmensführung und –steuerung beigetragen? Hier würde ich sagen, dass ich in den vorherigen Fragen Inhalte hierzu gebracht habe. p. Wurde ein wichtiger Aspekt der positiven Wirkungen des CRM übersehen? Nein, ich glaube, ich habe sehr viel gesprochen und zu allen Bereichen Stellung genommen. XXX FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand q. Die direkten Einführungskosten eines CRM sind bei der Investitionsentscheidung bekannt. Sind Ihnen zu diesem Zeitpunkt auch die indirekten Kosten und der erwartete ROI bekannt? Den Unternehmen ist das oft nicht bekannt. Den typischen KMU ist nicht bewusst, dass sie indirekte Kosten haben, weil sie es unter dem Aspekt sehen, dass der Mitarbeiter sowieso da ist und ob er etwas tut oder nicht ist eigentlich egal, da er das Geld gegen Zeit umgewechselt hat und demnach ist es nicht entscheidend. Wie viel später erwarten Sie den ROI? Der ROI ist eher ein Thema für Großunternehmen. r. Welcher zusätzliche Zeitaufwand ist für Mitarbeiterschulungen aufzuwenden? Das ist ein permanenter Prozess. Ein guter Unternehmer, gerade in KMU, sollte immer einen hohen Anteil der Zeit in Mitarbeiterweiterentwicklung stecken. In der Realität ist das sehr selten der Fall. Zusätzlicher Zeitaufwand ist ganz klar nötig. Dieser sollte in kleinen Schritten stattfinden. In ein bis zwei Stunden die Woche sollte man es kontinuierlich weiterentwickeln und das Ganze bis zu 2 Jahre. Diese Vorgehensweise hat mehr Durchschlagskraft, als wenn man einen Dienstleister beschäftigt, der einige Tage eine Schulung macht. Denn danach verpufft das Ganze und es kümmert sich keiner mehr darum, weil die Führung dann meint, alles getan zu haben. s. Wie viel zusätzlicher Zeitaufwand ist für den täglichen Einsatz des CRM aufzuwenden? Wenn das ganze System erst einmal steht, dann ist gar kein Zeitaufwand mehr nötig, weil, wie ich schon vorher erwähnt habe, durch das CRM jeden Tag bis zu einer halben Stunde einsparen kann. Also in der Einführungsphase ja, aber danach nicht mehr. t. Wurde die Komplexität der Arbeit für Sie und Ihre Mitarbeiter durch das CRM erhöht? Wenn ja, haben Sie das als Nachteil empfunden? Die meisten Vertriebsleute in KMU empfinden das als komplex und auch als Nachteil. Deren Begründung hierfür ist, dass sie mehr beim Kunden sein sollten anstatt Daten zu verwalten und fragen somit nach einem halben Tag Innendienst pro Woche mehr. Das ist aber eher eine Ablehnungshaltung, weil man den Veränderungsprozess nicht möchte und Angst vor Neuem hat. Deren Meinung nach, sind sie für das Verkaufen da und nicht, um eine Software zu bedienen. Das ist jedoch eine subjektive Meinung zur Abwehr. In der Realität, behaupte ich, amortisiert sich das, wie in den vorherigen Fragen schon erläutert. Die Komplexität wird gesteigert, wenn man plötzlich mehr macht als man vorher getan hat. Das ist aber einem anderen Thema geschuldet, aber nicht der CRM. XXXI FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand u. Welche direkten Kosten (Kauf / Abschreibungen, Lizenzgebühren, Aktualisierungen etc.) sind mit dem CRM verbunden? Die direkten Kosten sind: Investition in Software, Lizenzgebühren und die der Dienstleistung. In der Dienstleistung teilen sich die Kosten einmal in ein Drittel in Lizenzen, ein Drittel für die Inbetriebnahme und das letzte Drittel für die Weiterbetreuung mit Aktualisierungshaltung, die notwendig ist, um Veränderungen wie z.B. der Einfluss der Sozialmedia und letztendlich der Profit daraus. Also wenn wir 1.500,00 EUR Gesamtkosten pro Arbeitsplatz haben, dann teilen wir diese in jeweils 500,00 EUR pro Vorhaben. v. Wann werden die aus Ihrer Sicht wichtigsten negativen Effekte des CRM spürbar? Wenn seitens der Geschäftsleitung oder Projektverantwortlichen nicht rechtzeitig die Mitarbeiter mit einbezogen werden, um Multiplikatoren innerhalb des Betriebes zu finden, die positiv die Lösung reinbringen, entsteht ganz klar ein negativer Effekt. Dieser entsteht bei schlechter Vorbereitung und bei schlechter Integration der Mitarbeiter. 14. Ist eine Um-Organisation von KMU zur Einführung von CRM Systemen notwendig? a. Wenn ja, wie? Grundsätzlich sollte das gemacht werden, wenn man den bestmöglichen Nutzen aus CRM rausholen möchte. Zuerst sollte das passende Produkt gefunden werden und dann die Umstrukturierung erfolgen. b. Wenn ja, sehen Sie Maßnahmen der Organisationsentwicklung und Change Management als erforderlich an? Ja, wie Frage 14. a) 15. Wie erfolgt die Einordnung des CRM in die vorhandene IT? CRM-Systeme sollten ein integraler Bestandteil werden, wie die Spinne im Netz, kann man sagen. Viele Systeme sollen dort andocken können. Wenn ich CRM ganzheitlich betrachte, dann ist das die Ausgangslage für verschiedene andere Systeme. Deswegen brauche ich dort gute Systeme, die mir eine Anbindung ermöglichen. Grundsätzlich wird das CRM sehr tief in die IT integriert. Es sollte deswegen nicht als Insel sondern als Gesamtbestandteil der Lösung betrachtet werden. a. Gibt es hierbei Unterschiede zwischen Großunternehmen und KMU? Unterschiede gibt es hier ganz klar. Das Großunternehmen kann hier viel mehr Wert darauf legen, die Integration wirklich nachzuvollziehen und auch die Aufwendungen dafür in Kauf zu nehmen. Bei KMU ist es öfter so, dass die Augen größer sind als der Appetit. Die KMU möchten an dieser Stelle ganz viel auf einmal. Wenn XXXII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand sie feststellen, was für ein Kostenaufwand entsteht, ziehen sich ganz viele Unternehmer zurück und haben somit auch ihre entsprechenden Systembrüche. b. Ist die Integrationsfähigkeit eines CRM-Systems in die bestehenden EDVSysteme eine Hürde und damit eine Hauptanforderung? Die Tendenz der letzten zwei Jahre wird zu einer Hauptanforderung. In der Vergangenheit hat man über Themen der Integration gesprochen, aber nicht zwingend, Mittlerweile wird das zur Hauptanforderung und dieser Prozess wird weiter voranschreiten, da bin ich mir ganz sicher, auch bei KMU. Wir haben diesen Punkt bei KMU noch nicht erreicht, aber bald. 16. Ist eine Anpassung von CRM-Systemen an besondere Anforderungen von KMU notwendig? Grundsätzlich muss man sagen, dass das nicht unbedingt immer mit KMU zu tun hat. Man sollte das so einfach wie möglich gestalten. a. Wenn ja, sehen Sie die besonderen Anforderungen darin, dass das CRM weniger komplex sein sollte? Es ist wichtig, dass die Lösung so einfach wie möglich ist. D.h., Reduzierung, Reduzierung, Reduzierung bei den einfachsten und wenigen Prozessen oder Abläufen, welche der Mitarbeiter leisten muss, ist hier das A und O. Komplexität ist völlig out. Zwar wollen die Entscheider sehen, dass das System die Möglichkeit hat. Man soll aber die Möglichkeiten ausblenden, um Stück für Stück voranzukommen. b. Wenn ja, sehen Sie die besonderen Anforderungen darin, dass wesentliche Elemente des CRM anders gestaltet sein sollten? Und wenn ja, welche? Das ist ähnlich wie bei der Komplexität. Es gilt hier auch, so einfach wie möglich. Hier haben KMU deutliche Schwerpunkte gegenüber Großunternehmen. Ein Mitarbeiter bei KMU ist in Personalunion in verschiedenen Rollen unterwegs und ist somit in vielen Bereichen sehr oberflächlich unterwegs, weil er einfach nicht die Zeit zur Verfügung hat. Hingegen ein Mitarbeiter in Großunternehmen ist nur für einen speziellen Bereich zuständig und hat somit den maximalen Tiefgang bei seinen Aufgaben, die er auch darstellen möchte. c. Kann eine modulare Anpassung von CRM-Systemen an die Bedürfnisse von KMU wesentlichen Nutzen stiften? Ja Wenn ja, welche Komponenten sind aus Ihrer Sicht wichtig? Wichtig ist, dass ich eine gute Adressverwaltung habe, die einem ermöglicht, zusätzlich zur Verwaltung der Adressen auch eine Anreicherung und eine Dublettenprüfung vorzunehmen. Mit Anreicherung ist z.B. gemeint, dass, wenn ich eine Postleitzahl eingebe, nicht nur der Ort kommt, sondern auch die Vororte und der postalische Aufbau so kommen, wie ich sie benötige usw. Besonders wichtig ist auch die Groupware-Komponente, um die Zusammenarbeit zu stärken und dass die Mitarbeiter integriert werden. Denn erst in Groupware macht die TeamarXXXIII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand beit richtig Spaß, wenn die Arbeit sich auf den Kunden bezieht. Zusätzlich kommt es drauf an, wie das Unternehmen aufgestellt ist. Eher projektlastig oder vertriebslastig. 17. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Voraussetzungen bei KMU der kunststoffverarbeitenden Industrie in Bezug auf Einführung und Einsatz von CRM? Wenn ja, welche? Viele der Punkte wurden bisher viel gesagt. Aber auch ein Unternehmen wie Ihres sollte das CRM-Thema so einfach wie möglich gestalten und wenig auf Komplexität setzen, um die Mitarbeiter mit einzubeziehen. Das bisher Gesagte über KMU gilt auch für kunststoffverarbeitende Unternehmen. 18. Können aus Ihrer Sicht gerade in der kunststoffverarbeitenden Industrie besondere Wettbewerbsvorteile durch CRM erzielt werden? Wenn ja, welche? Grundsätzlich ja. Diese haben wir bisher auch schon angesprochen. 19. Gibt es aus Ihrer Sicht wesentliche Aspekte, die bisher nicht oder nur unzureichend angesprochen wurden? Ich müsste jetzt länger überlegen, ob ich was vergessen habe. Ich glaube aber nicht. XXXIV FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Anhang 1.4 Experteninterview am 18.02.2011 mit Herrn Wolfram Sultze KMU der kunststoffverarbeitenden Industrie Verwender eines CRM-Systems Aufgabengebiet: Vertrieb Firma: Gaugler & Lutz OHG 1. Bitte beschreiben Sie Ihr Aufgabengebiet und welche Position Sie innehaben. Ich heiße Wolfram Sultze und arbeite bei der Firma Gaugler und Lutz OHG. Dort bin ich im technischen Verkauf von Industrieprodukten im Außendienst tätig. 2. Was sind aus Ihrer Sicht Ihre relevanten Erfahrungen zum Forschungsgegenstand Vertrieb, CRM und Anwendung von CRM in KMU? Wichtig meines Erachtens ist, der Datenfluss von Kundeninformationen vom Außendienst in den Innendienst und umgekehrt; ebenso, welche wichtigen Daten erhoben werden sollten. 3. Haben Sie Erfahrungen bei der Planung und / oder Einführung eines CRM? Und wenn ja, welche? Was Planungen angeht, hatte ich bisher Erfahrung gesammelt bei einer Erstellung eines Ablaufplans zur Implementierung eines CRM-Systems sowie bei einer Fertigung der Inhalte für ein CRM-System. 4. Haben Sie Erfahrungen mit einem implementierten CRM? Ich habe durchaus in den letzten drei Jahren, wo ich mit einem CRM-System von SAP arbeite, einige Erfahrungen sammeln können. a. Wenn ja, wie würden Sie das CRM bewerten? Das CRM-System ist ein äußerst wichtiges und gutes Hilfsmittel, jedoch besteht immer die Gefahr, dass es ohne Disziplin, Datenaustausch und Inhalte nutzlos wird und die Vorteile eines solchen Systems schwinden. XXXV FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand b. Hat das CRM zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beigetragen? Das CRM-System, welches wir verwenden, hat in unserem Unternehmen auf jeden Fall zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beigetragen. c. Wie bewerten Sie die direkten Kosten des CRM? Wie auch schon vorhin erwähnt, ist ein wichtiger Punkt des Erfolges eines CRMSystems die Disziplin und der damit verbundene Aufwand. Firmen suchen oft zu lange und zu kostenintensiv nach dem perfekten System, obwohl das System an sich nicht ausschlaggebend für den Erfolg ist. d. Wie bewerten Sie den administrativen und personellen Aufwand des CRM? Auch hier gilt, dass bei einer konsequenten Pflege des CRM-Systems die Kosten und der Aufwand planbar sind, so dass man vorher abwägen kann, ob dieser personelle Aufwand zu viel ist oder nicht. e. Hat das CRM zum Unternehmenserfolg beigetragen? Ja, das CRM-System hat in unserem Unternehmen zu einem gewissen Unternehmenserfolg beigetragen, jedoch in geringerem Maß als gewünscht. Der Grund hierfür ist die Vielschichtigkeit der Anforderungen. 5. Haben Sie Erfahrungen in Großunternehmen? Ich habe bisher in Unternehmen mit bis zu 200 Mitarbeitern meine Erfahrungen sammeln können. Und wenn ja, haben Sie Erfahrungen im Vertrieb oder Marketing von Großunternehmen? Ja, auch hier wieder in Unternehmen mit bis zu 200 Mitarbeitern. 6. Haben Sie Erfahrungen in KMU? Obwohl ich in Großunternehmen tätig war, habe ich aber auch viele Erfahrungen in KMU sammeln können. Wenn ja, haben Sie Erfahrungen im Vertrieb oder Marketing? Ich habe sowohl im Vertrieb als auch im Marketing viele Erfahrungen sammeln können. Aktuell bin ich im Verkauf und Vor- / Nachberatung / Offene Marketingarbeit tätig. 7. Was sind aus Ihrer Sicht die Anforderungen an ein funktionierendes CRM? Aus meiner Sicht ist eine adäquate Implementierung sehr wichtig. Dementsprechend sind passende Abläufe, passende Daten und passende Adaption in unter Umständen sehr verschiedenen Betriebsbereichen bedeutungsvoll bei einem CRMSystem. Weiterhin ist eine kontrollierbare Dateneingabe und wenn möglich eine Vereinheitlichung der Dateneingabe von hoher Relevanz. XXXVI FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 8. Sehen Sie Unterschiede zwischen KMU und Großunternehmen in Bezug auf die Einführung und den Einsatz von CRM? a. Wenn nein, warum sehen Sie keine Unterschiede? ./. b. Wenn ja, welche? Ja, in großen Unternehmen muss mehr differenziert werden. Außerdem wird dort in der Regel viel mehr aus den Daten generiert. Ein Beispiel sind Daten für das Marketing, die dort erheblich intensiver analysiert werden. 9. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Anforderungen an ein KMU-taugliches CRM? Und wenn ja, welche? Ja, die einfache Gewinnung von Kennzahlen sollte immer im Vordergrund stehen. Außerdem sind die Planung des KMU und dessen Marketing zu unterstützen. 10. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Voraussetzungen bei KMU für die Einführung eines CRM? Ich bin der Meinung, dass es besondere Voraussetzungen bei KMU gibt, um ein CRM-System einzuführen. Wenn ja, welche? Die Abstimmung des Vertretungswesens ist da von besonderer Bedeutung. 11. Haben Sie positive oder negative Erfahrungen mit CRM in Großunternehmen gemacht? Mit dem CRM System konnte ich sowohl positive als auch negative Erfahrungen sammeln. a. Wenn ja, welche positiven? Zu den positiven Aspekten eines CRM-Systems gehören die Auswertungen, welche ordnungsgemäß angezeigt werden, ohne eine besondere Aufforderung dafür zu geben. b. Wenn ja, welche negativen? Nicht wunschgemäß waren nach meiner Erfahrung die erhobenen Daten, welche nicht zum Anforderungsprofil passten oder aber unvollständig dargestellt gewesen sind. 12. Haben Sie positive oder negative Erfahrungen mit CRM in KMU gemacht? a. Wenn ja, welche positiven? In KMU war es sehr hilfreich, das ein schneller Zugriff auf hinreichend definierte Informationen möglich war, so dass man viel Zeit im Arbeitsalltag einsparen konnte. b. Wenn ja, welche negativen? Bezüglich der negativen Aspekte eines CRM-Systems in KMU gilt nach meiner Erfahrung das Gleiche wie bei den vorhin genannten negativen Erfahrungen in einem Großunternehmen. XXXVII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 13. Wenn Sie Frage 12 mit Ja beantwortet haben, können Sie zu folgenden Fragen Stellung nehmen: a. Ist der Erfolg des CRM überhaupt messbar? Wenn ja, wie? Der Erfolg eines CRM-Systems ist in der Hinsicht messbar, dass es zum einen subjektiv und zum anderen objektiv gemessen werden kann. Mit subjektiv meine ich die Motivation, an der man den jeweiligen Erfolg ablesen kann. Weiterhin lässt sich eine objektive Einschätzung bspw. durch die Steuerung von Kundenkontakten messen. b. Welche Zeiteinsparungen lassen sich realisieren? Ich würde sagen, dass sich wirklich ca. 50 % zu normaler Organisation ohne CRM (Zeitraum: drei Jahre) Zeiteinsparungen realisieren lassen. c. Welche Kosteneinsparungen lassen sich realisieren? Auch hier, in einem Zeitraum von 3 Jahren, lassen sich ungefähr 35 % zu normaler Organisation ohne CRM Kosten einsparen. d. Wurde das Vertriebsmanagement durch das CRM erleichtert? Ja, durch Steuerungselemente aus dem CRM, z.B. durchschnittliche Anzahl der Kontakte pro Kunde und Kundengruppe wird hier das Vertriebsmanagement erleichtert. e. Konnten Sie eine Verbesserung der Kundenbeziehungen auf das CRM zurückführen? Ja, absolut. Allein durch die besser organisierten Kundenkontakte war es möglich, Kunden deutlich besser und auch individuell zu pflegen, um so die Kundenbeziehungen zu verbessern. f. Konnten Sie eine Erhöhung der Kunden-Loyalität auf das CRM zurückführen? Wenn man die vorherige Frage, also ob die Kundenbeziehungen verbessert wurden oder nicht, mit „Ja“ beantworten konnte, was bei mir der Fall war, so ist diese Frage bezüglich der Kundenloyalität auch mit „Ja“ zu beantworten. g. Konnten Sie eine Erhöhung der Wiederbestellquote auf das CRM zurückführen? Ja, auch hier gilt sinngemäß der vorherigen Fragen, dass dieser Fall aufgrund der größeren Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität eingetroffen ist. h. Konnten Sie eine erhöhte Ausschöpfung des Einkaufspotentials feststellen? Eher nein, hier ist der Bezug zum CRM eher gering. XXXVIII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand i. Konnten Sie einen Beitrag des CRM zu Ihrem Beschwerdemanagement feststellen? Ja, hier konnte eine schnellere Bearbeitung der Beschwerden mit den richtigen Ansprechpartnern vollzogen werden. j. Konnten Sie einen Beitrag des CRM zu Ihrer Produktpolitik, Ihrer Angebotsgestaltung feststellen? Ich würde sagen, dass das CRM zwar zur Produktpolitik durch eine größere Zahl von erfassten Kundenrückmeldungen einen positiven Effekt erzielen, bei der Angebotsgestaltung jedoch keinen Effekt erzielen konnte. k. Konnten Sie einen Beitrag des CRM zu Ihrem Innovationsmanagement feststellen? Hier würde ich sinngemäß die gleiche Antwort geben, wie zu Ihrer vorherigen Frage. l. Wann beginnt ein CRM aus Ihrer Sicht wahrnehmbare positive Wirkung zu erzielen? Wenn es konsequent und diszipliniert angewendet wird. Dann ab eben diesem Zeitpunkt beginnt es meines Erachtens nach, einen positiven Effekt zu erzielen. m. Welche nicht monetären Vorteile sehen Sie beim CRM? Zu den nicht monetären Vorteilen würde ich die Vereinheitlichung und eine höhere Informationsdichte dazu zählen. n. Stellt das CRM einen übergeordneten und standardisierten Prozess dar, mit dem alle Kundenmanagementaktivitäten gesteuert werden? Ja, wenn es keine neben dem CRM stehenden Informationsinseln gibt, so stellt das CRM ein sehr wichtiges Tool zum Kundenmanagement dar. o. Wie weit hat das CRM positiv zur Unternehmensführung und Unternehmenssteuerung beigetragen? Das CRM-System hat in dem Sinne einiges zur Effektivsteuerung der Ablauf- und Aufbau-Organisation beigetragen. p. Wurde ein wichtiger Aspekt der positiven Wirkungen des CRM übersehen? Nein, meiner Meinung nach wurde keine positive Wirkung des CRM übersehen. q. Die direkten Einführungskosten eines CRM sind bei der Investitionsentscheidung bekannt. Sind Ihnen zu diesem Zeitpunkt auch die indirekten Kosten und der erwartete ROI bekannt? Die tatsächlichen Einführungskosten sind bei komplexen Unternehmen schwer absehbar, so dass ich hier keine weiteren Informationen bezüglich der Kosten geben kann. XXXIX FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Wie viel später erwarten Sie den ROI? Den ROI erwarte ich persönlich nach der Ursprungsplanung plus einem Jahr. r. Welcher zusätzliche Zeitaufwand ist für Mitarbeiterschulungen aufzuwenden? Bezüglich der Mitarbeiterschulungen sehe ich als ordnungsgemäßen Zeitaufwand 24 Monate für 1 Jahr und nach Kick-off. s. Wie viel zusätzlicher Zeitaufwand ist für den täglichen Einsatz des CRM aufzuwenden? In meinen Augen gar keiner. Bei funktionierenden CRM-Systemen ist gesamtheitlich eher weniger Zeitaufwand tagtäglich damit verbunden. t. Wurde die Komplexität der Arbeit für Sie und Ihre Mitarbeiter durch das CRM erhöht? Wenn ja, haben Sie das als Nachteil empfunden? Ja, diese Tatsache, dass die Arbeit noch komplexer wurde, habe ich insbesondere wegen der meist späten Anpassung der Daten erleben müssen. u. Welche direkten Kosten (Kauf / Abschreibungen, Lizenzgebühren, Aktualisierungen etc.) sind mit dem CRM verbunden? Zu den direkten Kosten würde ich noch die Schulungskosten, Serverkosten sowie die IT-Anpassung mit einbeziehen. v. Wann werden die aus Ihrer Sicht wichtigsten negativen Effekte des CRM spürbar? Dies lässt sich nach meinem Befinden genau dann spüren, wenn das System unvollständig geführt wird. w. Welche eventuellen weiteren Kosten sind mit dem CRM verbunden? Wurde ein negativer oder kostentreibender Aspekt von CRM übersehen? Eventuelle weitere Kosten entstehen gewiss bei Wiederholungsschulungskosten und aufgrund der Unterschätzung der Umstellungszeit. 14. Ist eine Um-Organisation von KMU zur Einführung von CRM-Systemen notwendig? a. Wenn ja, wie? Eine Um-Organisation ist unbedingt notwendig. Dazu müsste eine breitere Streuung der Mitarbeiter und Vertretungen erfolgen. b. Wenn ja, sehen Sie Maßnahmen der Organisationsentwicklung und Change Management als erforderlich an? Ja, hierzu gilt im Prinzip das, was ich zur vorherigen Frage bereits gesagt habe. XL FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand 15. Wie erfolgt die Einordnung des CRM in die vorhandene IT? Die Einordnung erfolgt mittels eines integrierten Moduls. a. Gibt es hierbei Unterschiede zwischen Großunternehmen und KMU? Unterschiede gibt es durchaus häufig, da KMU oft über geringere IT-Möglichkeiten verfügen. b. Ist die Integrationsfähigkeit eines CRM-Systems in die bestehenden EDVSysteme eine Hürde und damit eine Hauptanforderung? Ja, eindeutig. Die Integration in das bestehende EDV-System ist wirklich mit eine der schwierigsten Barrieren, da es zudem noch kosten- und zeitintensiv ist. 16. Ist eine Anpassung von CRM-Systemen an besondere Anforderungen von KMU notwendig? Ja, unzweifelhaft ist eine gezielte und geringere Auswahl von Tools wichtig, um das CRM-System schlank und anwenderfreundlich zu halten. a. Wenn ja, sehen Sie die besonderen Anforderungen darin, dass das CRM weniger komplex sein sollte? Ja, nach meinem Befinden sollte das CRM-System nicht schwer zugänglich sein und weniger komplex. Dies ist jedoch von der Branche abhängig. b. Wenn ja, sehen Sie die besonderen Anforderungen darin, dass wesentliche Elemente des CRM anders gestaltet sein sollten? Da kann man meines Erachtens keine allgemein gültigen Aussagen treffen. c. Kann eine modulare Anpassung von CRM-Systemen an die Bedürfnisse von KMU wesentlichen Nutzen stiften? Wenn ja, welche Komponenten sind aus Ihrer Sicht wichtig? Einen wesentlichen Nutzen würde eine solche Anpassung definitiv bei KMU haben. Alle Komponenten sind meiner Meinung nach wichtig, welche zum effektiven Auftragsablauf beitragen und Daten nutzbar machen. 17. Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Voraussetzungen bei KMU der kunststoffverarbeitenden Industrie in Bezug auf Einführung und Einsatz von CRM? Nein, höchstens bezüglich der Vielschichtigkeit kann es bei der kunststoffverarbeitenden Industrie eventuelle Unterschiede geben. 18. Können aus Ihrer Sicht gerade in der kunststoffverarbeitenden Industrie besondere Wettbewerbsvorteile durch CRM erzielt werden? Ja, auf alle Fälle sind auch in dieser Industrie viele Vorteile aus der Verwendung eines CRM-Systems zu ziehen. XLI FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Wenn ja, welche? Durch Differenzierung der Daten in Bezug auf die Branche, Fertigungsart, Rohstoffart und der allgemeinen Vielschichtigkeit ist es hier möglich, einen Vorteil gegenüber Unternehmen ohne CRM zu erzielen. 19. Gibt es aus Ihrer Sicht wesentliche Aspekte, die bisher nicht oder nur unzureichend angesprochen wurden? Nein, meines Erachtens wurde kein wichtiger Aspekt ausgelassen. XLII FOM Arbeitspapier Nr. 28, Wollenweber: Customer Relationship Management im Mittelstand Literaturverzeichnis Altmann, G. (2003): Unternehmensführung und Innovationserfolg, Wiesbaden. Angeli, S. / Kundler, W. (2011): Der Online Shop – Handbuch für Existenzgründer, 4. Aufl., München. Backhaus, K. / Voeth, M. (2010): Industriegütermarketing, 9. Aufl., München. Bauer, H. H. / Stokburger, G. / Hammerschmidt, M. (2006): Marketing Performance – Messen – Analysieren – Optimieren, Wiesbaden. Baun, C. / Kunze, M. / Nimis, J. / Tai, S. (2011): Cloud Computing – Web-basierte dynamische IT-Services, 2. 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Nach seiner akademischen Ausbildung war er in verschiedenen leitenden Funktionen in der Wirtschaftsförderung und bei Industrie- und Handelskammern tätig. Seit 2009 ist er freiberuflich Unternehmensberater, Trainer und kam bereits durch seine Lehraufträge zur FOM. Von 2010 bis 2012 war er zusätzlich Hochschullehrer und Regionaler Studienleiter der Hessischen Berufsakademie. Zum Wintersemester 2012/13 wechselte er zur FOM als Hochschullehrer für Organisation und Führung. Die 1993 von Verbänden der Wirtschaft gegründete staatlich anerkannte gemeinnützige FOM Hochschule verfügt über 26 Studienorte in Deutschland. Als praxisorientierte Hochschule für Berufstätige fördert die FOM den Wissenstransfer zwischen Hochschule und Unternehmen. Dabei sind alle Studiengänge der FOM auf die Bedürfnisse von Berufstätigen und Auszubildenden zugeschnitten. Die hohe Akzeptanz der FOM zeigt sich nicht nur in der engen Zusammenarbeit mit staatlichen Hochschulen, sondern auch in zahlreichen Kooperationen mit regionalen mittelständischen Betrieben sowie mit internationalen Großkonzernen. FOM-Absolventen verfügen über solide Fachkompetenzen wie auch über herausragende soziale Kompetenzen und sind daher von der Wirtschaft sehr begehrt. Weitere Informationen finden Sie unter fom.de