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Hätten Sie‘s gewusst?
Die Erkältung ist die häufigste Infektion des Menschen:
Kleinkinder werden bis zu 13 Mal im Jahr von Rhinoviren und Konsorten überfallen. Aber warum tun bei
einem grippalen Infekt eigentlich oft auch Arme, Beine
und Rücken weh? Wir fragten Prof. Dr. med. Peter
Kern, Leiter der Sektion für Infektiologie und
­klinische Immunologie der Uniklinik Ulm:
? Warum schmerzen uns bei Erkältungen die Glieder? Muss man
sich das so vorstellen, dass die Viren im ganzen Körper sitzen und
direkt Muskeln und Gelenke angreifen?
Prof. Kern: Nein. Die meisten Erkältungsviren lagern sich weder in der
Muskulatur noch in den Nerven oder im Gehirn ab. Gliederschmerzen entstehen durch eine indirekte Irritation des Muskelgewebes. Der Rhinovirus
setzt sich zum Beispiel an der Nasenschleimhaut fest und führt dort zu einer
starken lokalen Abwehrreaktion. Um die Infektion einzugrenzen, schüttet
das Immunsystem zusätzlich Botenstoffe aus, die auch systemisch wirken.
Diese Stoffe senken in der Peripherie die Empfindungsschwelle für Schmerzen,
und es kommt zu den typischen Glieder-, Muskel- und Kopfschmerzen. Andererseits gibt es aber tatsächlich auch Viren, die die Muskulatur direkt
angreifen. Ein Beispiel hierfür sind Coxsackieviren, die Erreger der Sommergrippe, die sich im muskulären System vermehren und so eine Myositis
auslösen. Dementsprechend schwach fühlen sich diese Patienten.
? Treten diese Gliederschmerzen nur bei Erkältungskrankheiten auf,
oder kann auch eine ernsthaftere Erkrankung dahinterstecken?
Prof. Kern: In der Tat können auch Erreger wie Hepatitis- oder Dengueviren
dieses Symptom verursachen. Bei einem einfachen grippalen Infekt sind
die Gliederschmerzen normalerweise zu Beginn stark, klingen dann aber
innerhalb von zwei, drei Tagen wieder ab. Sind die Schmerzen extrem oder
von längerer Dauer, sollte man unter anderem auch gezielt nach Auslands­
aufenthalten fragen.
? Wovon hängt das Ausmaß der Gliederschmerzen ab?
Prof. Kern: Zum Beispiel vom Alter: Menschen über 60 arbeiten Infekte
häufig anfangs völlig im Stillen ab. Sie entwickeln mitunter kein Fieber mehr,
was zur Folge hat, dass sie gar nicht erkennen, dass sie krank sind, und sich
somit nicht schonen. Schlimme Komplikationen, wie eine Lungen­entzündung,
können die Folge sein. Ganz anders läuft es bei Kindern ab, die mit starken
Fieberschüben und Ausschlägen reagieren – und eben mit Gliederschmerzen.
? Ist man bei jeder Erkältung Myokarditis-gefährdet?
Prof. Kern: Nein, nur in ganz seltenen Fällen, wie etwa bei einer Influenzainfektion. Bei weitem nicht alle Viren sind kardiomyotrop.
? Mal angenommen man spürt die Erkältung kommen, gibt es dann
noch Möglichkeiten, um den Ausbruch zu verhindern?
Prof. Kern: Der Ausbruch lässt sich kaum verhindern – eher die Dauer
verkürzen. Wichtig sind Ruhe, Flüssigkeit und Vitamine – vornehmlich aus
Obst und Gemüse. Somit kann man zumindest verhindern, dass der Infekt
durch andere in der Umwelt lauernde Keime verstärkt wird.
. dh
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Warum tun bei „Common cold“-Infekten
auch die Muskeln und Gelenke weh?
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