199 IV.1.3 ENERGON (D) PASSIVHAUS MIT ZENTRALEM ATRIUM Reto Miloni, Peter Hartmann, Hansruedi Preisig, Katrin Pfäffli Baujahr 2002 Ort Ulm Nutzung Büro und Verwaltung BGF Atrium 430 m2 Höhe Atrium 19 m Kosten 7.3 Mio E Bauherr Software AG Stiftung, Darmstadt Architekt oehler + arch. kom, Bretten Projektleitung Stefan Oehler Bauleitung Freie Planungsgruppe 7, Stuttgart Tragwerksplanung Lachenmann Ingenieurbüro, Vaihingen Fassadenplanung oehler + arch. kom, Bretten Energieplanung oehler + arch. kom, Bretten Bauphysik ebök Ingenieurbüro, Vaihingen Strömungssimulation Lichttechnikplanung ebök Ingenieurbüro, Vaihingen Gesellschaft für Licht- und Bautechnik, Dortmund Haustechnikplanung ebök Ingenieurbüro, Vaihingen Brandschutzplanung Hosser, Hass & Partner, Berlin Innenarchitektur Ausführung Fassade (Innenfassade) Ausführung Fassade (Atriumdach) oehler + arch. kom, Bretten Seuffert Niklaus GmbH, Bastheim Frieß Metallbau AG, Obersulm Sülzbach Weitere Abbildungen II.4.2.1, II.6.1.2 copyright ganzes Dokument: Architektur + Technik, HTA Luzern Birkhauser Verlag Mit dem Bürogebäude ‹Energon› in Ulm ist es erstmals gelungen, die Atriumidee in energieeffizienter Passivbauweise an einem Bürobau zu implementieren. Architekten früherer Jahrhunderte entwarfen offene Atrien. Atrien im Solarzeitalter hingegen werden ‹unempfindlich› gegenüber sensorischen Reizen und energetischen Einflüssen ihrer Umwelt. Sie schließen Umwelteinflüsse stärker aus, als sie diese transmittieren. In einer Wohn- und Arbeitswelt, in der sich Menschen 90 % ihrer Lebenszeit im Inneren von Gebäuden aufhalten, wird die Auseinandersetzung mit der Frage, wie viel Tageslicht, Luft, Schall, Wärme, Wind oder Feuchte über ein Atrium in das Innere eines Gebäudes und von da in benachbarte Nutz- räume gelangt, zur architektonischen Herausforderung. Stefan Oehler, dem Architekten des ersten Passiv-Bürohauses Energon, ist es gelungen, auf die Schlüsselfrage nach dem ‹richtigen Maß› eines Atriums, plausible Antworten für einen Büroneubau zu finden. Konstruktion Bei der Herleitung der Gebäude- und Atriumform bzw. Dimensionierung von Energon, setzte sich der Architekt mit Fragen des solaren Städtebaus, der Gebäudegröße, Schnittausbildung, Form, Kompaktheit und Sonnenausrichtung genauso intensiv auseinander, wie mit Energieströmen, dem Schattenwurf oder Verglasungsanteil: «Solar- 200 Br an dw Br an d an dw an d 10 Steig 18/28 10 Steig18/28 Sideb oa Sideb oar d Proj ekt oin Brandwand rd Side bo ar d Pr oj ek tion Sit z-und W artebereich Proj ekt oin Sem inar Bra ndw and EDV Proj ekt o in Sidebo ard Sideb oar d 22 x18/28 F-90 Proj ekti on 0 F-9 88 F-90 Salatbar Kasino K¸che 1 architektur bedeutet nicht die Maximierung von solaren Gewinnen, sondern vielmehr intelligenten Umgang mit der Ressource Sonnenlicht».1 Das Gebäude erscheint in seiner konvexen aber sehr kompakten Volumetrie und Grundrissform eines Dreiecks mit nach außen gewölbten Fassaden wie eine überdimensionale Metapher des Wankel’schen Kreiskolbenmotors. Entscheidende Vorteile derartiger Gebäudeformen sind Kompaktheit, Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz. Im Kern dieses aufgeweiteten Dreiecks befindet sich das mit Glas überdachte Atrium mit einer Grundfläche von 430 m2. Bei seiner Erstellung im Jahre 2002, galt das konsequent als Passivhaus erstellte Hauptgebäude als größter Bau seiner Art. Mit einer Energiekennzahl für Heizung und Warmwasser unter 15 kWh/m2a, einer Luftdichtigkeit von 0.2 h-1, einer installierten Heizleistung unter 10 W/m2 sowie mit einer großflächigen Fotovoltaikanlage (150 kWp), brilliert es durch eine hervorragende Verbrauchsbilanz. Neben energetisch vorbildlichen Werten werden im Energon auch Postulate der Nachhaltigkeit berücksichtigt.2 Städtebau Das nicht unterkellerte, fünfgeschossige Bürogebäude mit rund 7’000 m2 Nutzfläche befindet sich am Kopf einer Gebäudezeile, entlang des Berliner Rings im ‹Science Park II› der Stadt Ulm. Es bietet Raum für 420 Arbeitsplätze auf vier Bürogeschossen sowie ein Erdgeschoss auf ‹Gartenebene› mit Kantine, Seminar-, Neben- und Technikräumen. Zwei Drittel der Einzel- und Gruppenbüros sind nach außen orientiert – ein Drittel nach innen zum Atrium. In einem in das Terrain geschobenen Nebentrakt außerhalb des Dämmperimeters befinden sich Zuluftzentrale sowie einige Parkplätze. Auf eine Unterniveaugarage wurde verzichtet. Parkmöglichkeiten bietet ein separates oberirdisches Parkhaus in Gehweite. Das zentrale Atrium übernimmt innerhalb des symmetrisch ausgebildeten Hauptbaukörpers die Funktion einer Piazza. Es stimuliert als ‹Marktplatz› nicht nur den Ideenaustausch zwischen den Mitarbeitern verschiedener Unternehmen (Dienstleistung, Softwarebranche) und Kunden unter dem gleichen Dach, sondern es versorgt die nach innen orientierten Büros auch mit nötigem Tageslicht und vorgewärmter Frischluft. Konstruktion Fassade Die sphärisch gekrümmten Brüstungs- und Fensterbänder mit hinterlüfteter Verkleidung aus Faserzementplatten prägen, zusammen mit auskragenden Wartungsstegen aus Stahlrosten, das architektonische Erscheinungsbild der Außenfassaden. Der Glasanteil in der Außenhaut wurde konsequent beschränkt, um die Wärmeverluste möglichst klein zu halten. Bezogen auf das ganze Gebäude beträgt der Glasanteil nur 0.17m2 Fens- 201 terfläche je m2 Nutzfläche (bei Berücksichtigung des Atriums 0.23 m2 Glas pro m2 Nutzfläche). Die Mischbauweise aus einer massiven Betontragkonstruktion (Stützen und Decken) kontrastiert, bautechnisch ebenso wie ökologisch, mit der leichten, vorfabrizierten Fassade aus einer hoch gedämmten, vorgehängten Holzkonstruktion (UWert: 0.11 W/m2K bei einem Fenster-U-Wert von 0.84 W/m2K). Gegenüber Metallfassaden wurde mit dieser Bauweise eine optimale Wärmebrückenfreiheitzuvernünftigen Kosten, mit teilweise erneuerbaren Baumaterialien erreicht. Die Geometrie dieser 3D-Fassade ist anspruchsvoll: Die geschosshohen, mit Mineralwolle gedämmten Fassadenelemente haben durch die Krümmung, bei gleicher Teilung, am Umfang unterschiedliche Längen. Sie wurden darum geschossweise als Polygonzüge aus orthogonalen Bauteilen an das Eisenbetonskelett angehängt, die Schuppenstöße geschossweise abgedichtet und dabei die Sonnenstores am Geschossübergang kaschiert. Vor den Fenstern hängen Jalousien, die im Oberteil Tageslicht zur Decke umlenken. Die geraden Innenfassaden sind ungedämmt (U-Wert: 5.0 W/m2K), da das Atrium innerhalb des Dämmperimeters liegt. Als Konsequenz können in jedem Büro die Fenster zum Atrium geöffnet werden, was nicht nur wegen des Lüftens praktisch ist, sondern auch psychologisch geschickt. Die Blendschutzrollos lassen sich individuell bedienen. Dach Das eigentliche Atriumdach wurde als Pultdach ausgebildet. Dabei kamen Pfosten-Riegelsysteme mit zweifach verglasten Wärmeschutzgläsern zum Einsatz. Als Sonnenschutz wurden, wartungstechnisch etwas riskante, spektral selektive Folienrollos im Isolierglasverbund gewählt. Sie setzen den Lichttransmissionsgrad der Dachverglasung von 0.71 bei Sonnenschein auf etwa 0.13, den g-Wert von 0.50 auf etwa 0.17 herab und verbessern den U-Wert bei geschlossenen Folienrollos auf 1.80 W/m2K. Trotz dieser eher mäßigen Wärmeschutzwirkung der Überkopfverglasung, wurde mit der vorhandenen inneren Wärme (Personen, Geräte, Passivsolargewinne), der kompak- ten Volumetrie und einer ziemlich aufwändigen Dachdämmung (50 cm) der Passivhausstandard erreicht. Nachhaltigkeit Umsetzung im Bereich Gesellschaft Das Atrium bildet das eigentliche Herzstück des Geschäftshauses Energon. Entstanden ist ein großzügig gestalteter, heller und behaglicher Raum mit guten akustischen Eigenschaften. Über das verglaste Dach und über offene Treffpunkte in der umlaufenden Büroschicht wird ein direkter Bezug nach außen hergestellt, der es erlaubt, den Himmel zu sehen und das Wetter zu spüren. Im Atrium erfolgt die interne Erschließung durch 202 die Liftanlagen, eine Wendeltreppe und horizontale Verbindungsstege. Durch dieses Konzept werden die Nutzer immer wieder in das Atrium geführt, das dadurch zu einem zentralen Treffpunkt wird und das ganze Gebäude räumlich erfahrbar macht. Es entsteht ein Gefühl von Übersichtlichkeit, Transparenz und Sicherheit. Spezielle brandschutztechnische Maßnahmen ermöglichten diese offene Erschließung: eine minimale Brandlast der eingebauten Materialien in Verbindung mit bürointernen Fluchtwegen zu den Treppenhäusern. Gesonderte Abschottungen gegenüber dem Atrium durch Schleusen und feuersichere Trennwände konnten dadurch vermieden werden. In der Vermietungsphase zeigte sich, dass die zum Atrium hin orientierten Büroräume bevorzugt gewählt wurden. Offensichtlich wird der Bezug zum zentralen Lichthof als etwas Spezielles erlebt und die übersichtliche Konzentration auf die Mitte, als räumliche Qualität des Atriumbaus geschätzt. Durch spezifische Maßnahmen ist es gelungen, ein gutes sommerliches und winterliches Raumklima zu schaffen. Die Raumlufttemperaturen variieren über das ganze Jahr betrachtet zwischen18 und 26 °C. Um eine Überhitzung im Sommer zu vermeiden, wird die mechanische Belüftung durch eine natürliche Belüftung zur Nachtauskühlung im Sommer sowie durch einen in der Dachverglasung integrierten Sonnenschutz unterstützt. Beim Sonnenschutz handelt es sich um eine semitransparente Folie, mit ausgewogenen Eigenschaften zwischen Lichtdurchlässigkeit und Wärmereflexion, die durch Elektromotoren ausund eingefahren werden kann. Bis anhin sind keine Störungen dieser Konstruktion (z.B. durch Überhitzung der Motoren) aufgetreten, es liegen allerdings noch keine Langzeiterfahrungen vor. Der g-Wert (Gesamtenergiedurchlassgrad) der gesamten Verglasung, inklusive Folie, beträgt 0.17. Für einen zusätzlichen Wärmeschutz, des direkt unter dem Glasdach liegenden Geschosses, sorgt eine wärmereflektierende Verglasung der Bürofenster.Während der überdurchschnittlichen Temperaturen des Sommers im Jahr 2003 sind im Atrium keine übermäßigen Temperaturen aufgetreten – das System scheint zu funktionieren. Aus raumakustischer Sicht wurde eine angenehme Mischung zwischen ‹Dämpfung› und ‹Halligkeit› erreicht. Eine minimale Schallreflexion wird durch eine schallabsorbierende Ausbildung der umlaufenden Brüstungen aus gelochten Gipskartonplatten erbracht, welche mit Mineralwolle hinterlegt sind. Umsetzung im Bereich Wirtschaft Durch die zentrale Lage des Atriums und die rundum angeordneten Büroräumlichkeiten entsteht ein sehr kompakter Baukörper, mit einem Verhältnis Oberfläche zu Volumen von 0.22 m-1. Dies ist ein äußerst tiefer Wert, der sich sowohl hinsichtlich der Erstellungs- und Betriebskosten, wie auch der Ressourcenschonung sehr positiv auswirkt. Eine vorteilhafte Auswirkung hat auch der Verzicht auf eine eigentliche Unterniveaugarage. Das Grundrisskonzept hat es ermöglicht, ein Drittel der Büroräumlichkeiten gegen das Atrium hin zu orientieren. Dies bedeutet, dass ein Drittel der Fassadenabwicklung lediglich eine Trennfunktion zu erfüllen hat – Wärmedämm- und Schutzfunktionen entfallen. Auch dies wirkt sich maßgeblich auf die Erstellungskosten aus. Die Einsparungen sind wesentlich größer als die Mehraufwendungen für den Bau des Atriums, selbst wenn die kostenintensive Atriumüberdeckung eingerechnet wird. So bestehen die Innenwände zum Atrium lediglich aus einfachen, vorfabrizierten und nicht wärmegedämmten Holzelementen mit einfach verglasten Fenstern (6 mm dicke Glasscheibe), die nur eine minimale Schallschutzfunktion zu übernehmen haben. Große Beachtung wurde den Instandhaltungsund Instandsetzungsarbeiten des Atriums geschenkt. Eine fahrbare Hebebühne ermöglicht diese Arbeiten von der Innenseite her. Die Hebebühne gehört zum Gebäude; ihr Standplatz im ‹Gartengeschoss›, unmittelbar neben dem Atrium, ist bereits in einer frühen Phase eingeplant worden. Das Glasdach kann für Kontrollzwecke und Unterhaltsarbeiten durch Spezialisten begangen werden. Spezielle, aufwändige Gerüste sind nicht erforderlich. Eine eventuelle Auswechslung der Gläser erfolgt über die Hebebühne von innen her. All diese, bereits während der Planung getroffenen Vorkehrungen für Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten, lassen niedrige Lebenszykluskosten erwarten. Umsetzung im Bereich Umwelt Die hohe Kompaktheit wirkt sich, wie bereits erwähnt, nicht nur finanziell, sondern auch hinsichtlich der Ressourcenschonung sehr positiv aus. Es wird weniger Material verbraucht, was einen geringeren Bedarf an Herstellungsenergie (‹Grauenergie›) zur Folge hat. Diese ist nicht gesondert berechnet worden, doch wurde darauf geachtet, Materialien mit einem geringen Grauenergiewert zu verwenden. Aus Untersuchungen ist bekannt, dass sich die Herstellungsenergie durch eine hohe Kompaktheit, den weitgehenden Verzicht von Unterniveaugeschossen und durch die Vermeidung von großflächigen Stahl-Glaskonstruktionen bei den Fassaden wesentlich reduzieren lässt3. Diese drei Faktoren sind beim Objekt Energon berücksichtigt worden. Damit dürfte der hohe Ressourcenaufwand der Dachverglasung über dem Atrium mehr als kompensiert worden sein. Der Heizwärmebedarf beträgt 15 kWh/m2a (EBF). Dies ist ein sehr niedriger, dem Passivhausstandard entsprechender Wert. Er wird dank der hohen Kompaktheit, Wärmedämmstoffschichten zwischen 30 und 40 cm, gut dämmenden Fenstern und durch eine Wärmerückgewinnung der mechanischen Lüftung erreicht. Mittels Erd- und Fernwärme wird der Heizwärmebedarf gedeckt. Die Wärmeverteilung erfolgt über die Lüftung und durch temperiertes Wasser, das in einem in den Betondecken eingelegten Rohrsystem geführt wird, auch TABS genannt (Thermoaktives Bau- teilsystem). Dieses Haustechnikkonzept erfüllt die Forderung nach möglichst wenig nicht erneuerbaren Energien und nach einer hohen Behaglichkeit im Rauminnern. Allerdings wird dabei der wichtigen Forderung nach konsequenter Trennung von Systemen mit unterschiedlicher Lebensdauer nicht Rechnung getragen. Durch das Einbetonieren des Rohrsystems in den Decken entsteht eine schlecht kontrollierbare Situation, d.h. treten im schlimmsten Fall Undichtigkeiten in der Leitungsführung auf, muss das System partiell stillgelegt und ein neues System eingebaut werden. Das kompakt gebaute Gebäude Energon lässt einen großen Teil der Parzellenfläche frei für eine naturnahe Grünraumgestaltung mit vielfältigen Biotopen für Pflanzen und Tiere. Ein Teich ist das Kernstück der Gartenanlage. In diesem wird das gesamte Regenwasser des Flachdaches und des Glasdaches über dem Atrium gesammelt, von dort einer Retensionsschicht zugeleitet oder für die Gartenbewässerung genutzt. Dadurch kann anfallendes Regenwasser auf dem Grundstück versickern und die öffentlichen Abwasseranlagen werden entlastet. Damit ist ein weiteres wichtiges Postulat im Umweltbereich der Nachhaltigkeit erfüllt. Energie Das Atrium in seiner zentralen Lage im Gesamtgebäude, vor allem aber auch die intensive Kopplung der Atriumlüftung mit der Lüftung des Restgebäudes (Atrium als Zuluftverteiler), lassen ein isoliertes energetisches Betrachten des Atriums nicht zu. Es kann hier nur nochmals betont werden, welch wichtige Funktion das Atrium in diesem Zusammenhang besitzt, indem es eine im Vergleich zu seinem Nutzvolumen sehr kleine Außenfläche beisteuert und trotzdem eine große zweite, innere Belichtungsebene für die Büros öffnet. Für das erklärte Ziel des Bauherrn (Wettbewerbsbedingung), ein Gebäude mit einem sehr geringen Energiekonsum zu erstellen (möglichst erneuerbare Energie), ergeben sich folgende zentrale Herausforderungen: – Weitgehende Senkung der Verluste im Winter – Vermeidung zu hoher Innenlasten und damit eine Senkung von Kühllast im Sommer – Nutzung von Wärmerückgewinnungsmöglichkeiten – – Effiziente Haustechnikanlage Einsatz von erneuerbarer Energie in möglichst hohem Maß Die Planer haben bei diesen Ansätzen alle fachlichen Register gezogen, was die nachfolgenden Kennwerte bezeugen. Die entsprechende interdisziplinäre Planung erfolgte mittels der hilfreichen Unterstützung eines Büros für Bauphysik / Energiefragen / Haustechnikplanung. Hinsichtlich der winterlichen Verlustsenkung ist auf die extrem kompakte Gebäudeform hinzuweisen. Der mittlere U-Wert der Gebäudehülle von 0.37 W/m2K ist sehr günstig. Bei solch niedrigen U-Werten ist den Wärmebrücken besondere Beachtung zu schenken, was mit entsprechender Sorgfalt geschah. Nicht zu vernachlässigen war z.B. die Wärmebrückenwirkung der Träger für die außen liegenden Wartungsstege. Aber auch die Veränderung (Verschlechterung) des U-Wertes der Verglasung bei den beinahe horizontalen Dachfenstern im Vergleich zu vertikalen Fenstern wurde einbezogen. Ein standardisiertes Vorgehen bei Passivhäusern ist, dass bei der Ausführung nicht nur die Transmissionsverluste zu beachten sind, sondern mit der Überprüfung der Luftdurchlässigkeit der Gebäudehülle auch die Lüftungsverluste. Das Gebäude Energon hat diese Kontrolle mit guten Messwerten (nL50 0.2 h-1) bestanden. Eine konsequente Durchbildung des sommerlichen Sonnenschutzes, zusammen mit einer relativ aufwändigen GA-System-Betriebsführung des gesamten Gebäudes, vermag die entsprechenden Lasten zu minimieren. Erstaunlich sind hier der günstige Lichttransmissionsgrad (0.71) der Dachverglasung in Situationen ohne Sonnenschutz und der gewünschte, sehr tiefe Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert) von 0.17 bei einer sommerlichen Schutzsituation. Die Bedarfsdeckung bezüglich Wärme, Kälte und Energie für Warmwasser und Elektrizität erfolgt mit einigem Zusatzaufwand und in größerem Ausmaß durch erneuerbare Energien, aber auch durch Wärmerückgewinnung und die Nutzung interner Abwärme. Haustechnik Heizung / Kühlung Die Büroräume verfügen über Decken mit temperaturaktiven Bauteilsystem (TABS), d.h., es sind 203 Atrium 204 Büro innen 4.5 m Flur 1.6 m Büro aussen 5.4 m direkte / indirekte Beleuchtung 500 Lux 13.8 W/m 2 direkte / indirekte Beleuchtung 150 Lux 10.1 W/m 2 500 Lux 14.4 W/m2 3.24 m Kreislaufverbundsystem Abluft Außenluft Erdsonden Kunststoffrohre in den Decken eingelegt, welche im Winter ein Heizmedium (mit relativ geringer Übertemperatur) und im Sommer ein Medium mit Untertemperatur führen. Wegen der intensiven Nutzung des Atriumgrundgeschosses für die Kontaktpflege der Bewohner, musste auch dessen Boden mit einer Fußbodenheizung belegt werden. Wärme wird im Bedarfsfall von der Sonne gewonnen (passive Sonnenenergienutzung durch Fenster und Atriumdach), aber durch intensive Nachtlüftung im Sommer wird das Atrium auch ‹unterkühlt›. Wie angedeutet, wird die Versorgung durch geeignetes Benutzerverhalten, aber auch durch bedarfsgerechte Steuerung, auf das Notwendige minimiert. – – – – Erdkanal Erdreich zwischen den Sonden als Wärmespeicher Weitgehende Nutzung der verfügbaren Abwärme der EDV-Anlagen und ihrer Kältemaschine Nutzung der Abluft zur Luftvorwärmung Produktion erneuerbarer elektrischer Energie mit einer Fotovoltaikanlage auf dem Gebäudedach (15 kWp) Spitzenleistung und auf dem nebenstehenden Parkgebäude (135 kWp). Literatur / Quellen 1 2 3 Oehler, St.: Passivbürogebäude Energon Ulm 7. internationale Passivhaustagung, Hamburg 02/2003, Passivhausinstitut Darmstadt, www.passivhaustagung.de, 793 Seiten Passivhaus Energon, SolarBau – Monitor, Projekt Nr. 17 Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg, www.solarbau.de Kasser, U., Preisig, H. – SNARC, Systematik zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Architekturprojekten für den Bereich Umwelt Vorentwurf zur SIA-Dokumentation, Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, www.nachhaltiges-bauen.ch/forschung/snarc.html Als konventionelle Wärme-Grundversorgung steht Energie aus einem Fernwärmenetz zur Verfügung. Fazit Erneuerbare Energiequellen Die Energieversorgung zapft eine Vielzahl von erneuerbaren Quellen an, wie sie mit ihrer Funktion nachstehend aufgeführt sind (Vergleich entsprechendes Schema im Abschnitt Haustechnik des Teils II): – Winterliche Erwärmung und sommerliche Kühlung der notwendigen Außenluft über ein Erdregister – Zusätzliche Erwärmung der Außenluft mittels eines Wärmetauschers auch von Seiten der Erdsonden möglich – Erdsonden als Hauptwärme- resp. Hauptkältequelle der temperaturaktivierten Decken Die Gesamtqualität eines Atriums kann nicht an seinem Beitrag zum Energiehaushalt des Gebäudes gemessen werden. Dennoch zeigt dieses Gebäude, wie mit einer nutzergerechten und interdisziplinären Planung / Bauausführung sowie einer zweijährigen Mess- und Optimierungsphase ein nachhaltiges Gebäude mit hoher Arbeitsplatzqualität geschaffen werden kann. Es ist zu hoffen, dass das zukunftsweisende Gebäude über einen längeren Zeitraum messtechnisch erfasst wird, damit die im Rahmen einer Erfolgskontrolle ermittelten Werte (inkl. Benutzerbefragung) weitere Impulse für künftige Entwicklungen im Bereich Energieeffizienz in Gebäuden auslösen können. copyright ganzes Dokument: Architektur + Technik, HTA Luzern Birkhauser Verlag