Vertriebseffizienz im deutschen Maschinenbau ─ Ungenutze Potenziale in der Vertriebssteuerung von Harald L. Schedl und Stefan Beeck* Simon – Kucher & Partners Deutsche Maschinenbau-Unternehmen sehen im Vertrieb die größten Verbesserungspotenziale bei der Steuerung ihrer Mitarbeiter. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Simon - Kucher & Partners, die 35 Führungskräfte deutscher Maschinenbauunternehmen befragt hat. Die margenschwache Branche ist darauf angewiesen, durch ein systematisches Vertriebscontrolling ihre Vertriebseffizienz zu steigern. Ziel der Studie war es, die Maßnahmen mit dem höchsten Erfolgspotenzial für den Maschinenbau zu identifizieren. Verbesserung der Vertriebssteuerung als wichtigste Herausforderung Die Mehrheit der deutschen Maschinenbauunternehmen sieht sich zwar in den Bereichen Vertriebsstrategie und –organisation gut aufgestellt, erkennt aber noch erhebliche Verbesserungspotenziale bei der Vertriebssteuerung. Nahezu ein Drittel der befragten Unternehmen gibt an, dass die Vertriebsmitarbeiter ihre Entscheidungen deutlich öfter intuitiv treffen, als aufgrund systematischer Informationen (s. Abb. 1: Bedeutung von Intuition und Information im Vertrieb). Diese Unternehmen riskieren, ihre Wachstumsziele zu verfehlen und die Kontrolle über ihre Vertriebkosten zu verlieren. Beides hat im Maschinenbau, der mit einer durchschnittlichen Umsatzrendite von unter 4 Prozent zu den margenschwächsten Branchen zählt, bedrohliche Folgen. Das größte Potenzial zur Steigerung der Vertriebseffizienz bieten drei Maßnahmen: 1) Optimierung des Vertriebsinformations-/Außendienstberichtswesens, 2) Steigerung der Vertriebsleistung durch Anreizsysteme und 3) Systematische Planung und Kontrolle der Vertriebsaktivitäten. 1. Optimierung des Vertriebsinformations-/Außendienstberichtswesens Um sich optimal zu informieren und sich effizient auf die Kundengespräche vorzubereiten, benötigt der Außendienst im Maschinenbau ein leistungsfähiges Informationssystem. Hierbei sollten nicht nur Standardinformationen wie die Umsatzhistorie und die Bonität von Kunden schnell verfügbar sein, sondern auch strategisch wichtige Informationen wie der eigene Lieferanteil (Marktanteil des Unternehmens beim Kunden) und Wechselbereit1 schaften (s. Abb. 2: Verfügbarkeit von Kundeninformationen). Fortschrittliche Unternehmen arbeiten bereits mit IT-gestützten Systemen, in die auch das Außendienstberichtswesen integriert ist. 2. Steigerung der Vertriebsleistung durch Anreizsysteme 19 Prozent der befragten Unternehmen nutzen die Potenziale einer Vertriebsincentivierung bisher überhaupt nicht. Im Durchschnitt beträgt der variable Gehaltsanteil im Außendienst des deutschen Maschinenbaus 18,5 Prozent (s. Abb. 3: Vertriebsincentivierung durch variable Vergütung). Fast alle Unternehmen mit variabler Entlohnung nutzen jedoch den Umsatz als domierende Vergütungsbezugsgröße. Nur etwa die Hälfte der Unternehmen legt der Incentivierung Bezugsgrößen zu Grunde, die auch deckungsbeitrags- oder zielpreis- bzw. rabattorientiert sind. Es empfiehlt sich in jedem Fall, auch profitabilitätsbezogene Bezugsgrößen zu verwenden, denn Preisdurchsetzung und Fokussierung auf ertragsstarke Produkte/Geschäfte sollten als strategische Ziele bei jedem Vertriebsmitarbeiter verankert sein. 3. Systematische Planung und Kontrolle der Vertriebsaktivitäten Im Schnitt setzt jedes Unternehmen 6 - 7 Instrumente zur Verkaufsplanung und –kontrolle ein: Am stärksten genutzt werden Budgetabweichungsanalysen, Preiscontrolling und Kundenzufriedenheitsmessungen. Die Vertriebs-Balanced-Scorecard ist indes kaum verbreitet. Eine große Herausforderung besteht im Maschinenbau zukünftig darin, die Instrumente zur Planung und Kontrolle im Vertrieb ausreichend aufeinander abzustimmen. 88 Prozent der befragten Unternehmen messen die Kundenzufriedenheit systematisch. Auch die Angebots-Erfolgsquote (73 Prozent) und die Neukundenquote (64 Prozent) sind verbreitete Kennzahlen zur Messung des Erfolgs der Kundenbearbeitung. Mehr als drei Viertel der Unternehmen kennen Angebotsdurchlaufszeiten und Auftragsabwicklungszeiten. Jedoch misst nur ein Fünftel die Anzahl der Kunden je Außendienstmitarbeiter oder die Besuchszeiten. Auch hier wird der Bedarf an einem abgestimmten Kennzahlensystem zur Steuerung des Vertriebs deutlich. Die Vertriebsberichtswesen sind vielfach stark auf Vergangenheitswerte ausgerichtet. Effiziente Frühwarnindikatoren sollten jedoch auch Bestandteil eines maßgeschneiderten Kennzahlensystems sein, um wertvolle Zeit- und Kostenersparnisse zu realisieren. Fazit 2 Die optimale Vertriebssteuerung ist gegenwärtig die wichtigste, vertriebsseitige Herausforderung für deutsche Maschinenbauunternehmen. Die Studie von Simon - Kucher & Partners zeigt, dass viele Unternehmen bereits einzelne Maßnahmen zur Verbesserung ihres Vertriebscontrollings anwenden. Die wichtigsten Ansatzpunkte zur Verbesserung des Vertriebs sind IT-gestützte Vertriebsinformations- und Außendienstberichtswesen, Incentivesysteme mit ausreichend hoher Anreizwirkung, die auch profitabilitätsorientierte Bezugsgrößen berücksichtigen sowie der systematische Einsatz von Instrumenten zur Planung und Kontrolle im Vertrieb, insbesondere maßgeschneiderte Kennzahlensysteme, die auch Frühwarnindikatoren beinhalten. Werden diese Maßnahmen zur Steigerung der Vertriebseffizienz ergriffen, dann sind die Maschinenbauunternehmen aus Sicht von Simon - Kucher & Partners gut gerüstet, den Vertriebskostenanteil am Umsatz um 2 Prozentpunkte zu senken. Dieses Ziel haben sich die Befragungsteilnehmer mittelfristig vorgenommen. * Die Autoren Harald L. Schedl ist Partner und Maschinenbauexperte, Stefan Beeck ist Senior Consultant bei Simon - Kucher & Partners, Bonn Simon - Kucher & Partners ist eine internationale Unternehmensberatung mit derzeit rund 270 Mitarbeitern und Büros in Bonn, Boston, Frankfurt, London, Mailand, München, Paris, San Francisco, Tokio, Warschau und Zürich. Strategie und Marketing/Vertrieb stehen im Fokus der Beratungsarbeit. 3 Abb. 1: Verbesserungspotenziale im Maschinenbauvertrieb Die größten Verbesserungspotenziale bei Erfolgsfaktoren im Vertrieb bestehen aus Sicht der teilnehmenden Maschinenbauunternehmen im Bereich der Vertriebssteuerung. Erfolgsfaktoren im Vertrieb: Verbesserungspotenziale Organisationsbezogene Erfolgsfaktoren Vertriebssteuerungsbezogene Erfolgsfaktoren Strategiebezogene Erfolgsfaktoren Hohes Potenzial 3,6 Mittleres Potenzial 3,1 2,9 2,9 2,8 2,9 2,8 Niedriges Potenzial Beziehungsqualität Außendienst - Kunde Vertriebsorganisation Vertriebsinformationssystem Vertriebskontrollsystem Incentivierung Außendienst Klarheit Vertriebsstrategie Richtige Marktsegmentierung n = 33 Quelle: Simon-Kucher & Partners, Studie “Steigerung der Vertriebseffizienz im Maschinenbau“, Bonn Mai 2006 Frage: „Was sind in Ihrem Unternehmen die wesentlichen Erfolgsfaktoren im Vertrieb? Welches Verbesserungspotenzial sehen Sie bei den einzelnen Faktoren? © SIMON KUCHER & PARTNERS 2006 Vertriebseffizienz im deutschen Maschinenbau Seite 1 Abb. 2: Verfügbarkeit von Kundeninformationen Kundenbezogene Daten sind gegenwärtig stark auf Bonität und Umsatzhistorie ausgerichtet. Informationen über Wechselbereitschaften und Lieferanteile sind zu wenig verfügbar. Kundeninformationen: Verfügbarkeit sehr hoch 1. Zahlungsverhalten / Bonität 1 4 2 2. Preis-/ Zahlungsbereitschaft 3. Strategische Bedeutung 7 3 Verfügbarkeit 4. Umsatzhistorie 5 5. Vertriebskosten / Umsatz 6. Wechselbereitschaft 8 7. Dauer der Geschäftsbeziehung 8. Lieferanteil sehr niedrig 6 sehr niedrig n = 32 sehr hoch Wichtigkeit zur Beurteilung der Kundenbedeutung Quelle: Simon-Kucher & Partners, Studie “Steigerung der Vertriebseffizienz im Maschinenbau“, Bonn Mai 2006 Frage: „Welche Kundendaten sind für die Vertriebsarbeit in Ihrem Unternehmen systematisch verfügbar? Wie wichtig sind diese Daten für die Kundenbeurteilung?“ © SIMON KUCHER & PARTNERS 2006 Vertriebseffizienz im deutschen Maschinenbau Seite 2 Abb. 3: Vertriebsincentivierung durch variable Vergütung Jedes fünfte Unternehmen im deutschen Maschinenbau verzichtet noch auf eine variable Entlohnung im Außendienst. Die meisten Mitarbeiter im Vertrieb haben einen Prämien- oder Provisionsanteil von 10-19%. Bei einigen beträgt er sogar über 40%. Höhe der variablen Gehaltsanteile im Außendienst Anteil der Unternehmen (in % der Befragten) Ø = 18,5% variabler Gehaltsanteil 35% 19% 16% 16% 10% 3% 0% 1-9% 10-19% 20-29% 30-40% >40% Höhe der variablen Gehaltsanteile n = 31 Quelle: Simon-Kucher & Partners, Studie “Steigerung der Vertriebseffizienz im Maschinenbau“, Bonn Mai 2006 Frage: „Wie stark wird in Ihrem Unternehmen der Vertriebsaußendienst durch variable Gehaltsbestandteile (Provisionen und Prämien) incentiviert?“ © SIMON KUCHER & PARTNERS 2006 Vertriebseffizienz im deutschen Maschinenbau Seite 3