Universität Flensburg SoSe 2011 Seminar: Contacts and Conflicts Leitung: Dr. Jutta Zaremba Johannes Nathanael Simon Kultur-Sprache-Medien Matrikelnummer: 535132 Visual Jockey. Inhalt 1. God is a DJ and maybe a VJ too 2. Avantgarde, Avantgarde. Vorläufer des Djing und Vjing 3. Hands of a Stranger 4. I’m a dancer 5. Literatur 6. Partytour 2 1. God is a DJ and maybe a VJ too Als DJ oder Disc Jockey wird eine Person bezeichnet, die meistens innerhalb von Discotheken mit dem Abspielen von Musik beschäftigt ist. Ein DJ kann sich quasi jeder Subkultur zugehörig fühlen. Ein Grund hierfür liegt zum Einen in seinem breit angelegten Interesse an Musik. Ein DJ, der seine Bezeichnung ernst nimmt, versucht sich meistens Inspirationen aus den verschiedensten Musiksparten und Subkulturen zu holen. Zu seiner Bekanntheit gelangte der DJ aber womöglich erst als Bestandteil der Hip-Hop- und Techno-Szene. Zum Anderen erfüllt der DJ eine Funktion, die es ihm nur manchmal gestattet eine bestimmte Musikart zu bevorzugen. Die Funktion des DJ`s kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Ihren ersten Ausdruck findet sie bereits in den rituellen Feiern unserer Vorfahren. Der DJ unserer Vorfahren war der Dorfschamane, der mit Hilfe seiner Drummer, den pochenden Beat der Dorffeier vorgab; jemand, der Kräuter an seine Dorfgemeinschaft verteilte; jemand, dem eine bestimmte Kraft nachgesagt wurde, weil er eine Aktion startete und in der Dunkelheit der Nacht die Götter heraufbeschwor. Wenn sich der Tag zu seinem Ende neigte und die Tabus des wachen Lebens in den Abgründen einer mythischen Vernunft versanken, wenn sich die Menschen, müde von der Sprache ihres instrumentellen Verstandes, in Ohnmacht und Extase, dem rasenden Puls des Rhythmus hingaben, sprach der DJ seine Worte. Und es ward Licht und Klang geboren im Schoße seiner Zuhörer, die nun gemeinsam mit den Geistern ihrer Vorfahren ein transzendentales Ereignis zelebrierten. Der Einzelne überstieg sich selbst und teilte in seiner Selbstvergessenheit die Verbundenheit mit Allen anderen. Ein DJ versucht Erfahrungen zu kreieren. Es geht darum die Stimmung einer ganzen Gruppe zu erfassen, um diese mit den Mitteln, die dem DJ zur Verfügung stehen, an einen anderen Ort zu bringen. Indem der DJ verschiedene Stücke in einer besonderen Reihenfolge abspielt, versucht er einen Einfluss auf das Punblikum zu erwirken. Jedoch geht es nicht darum lediglich ein paar Songs aneinanderzureihen. Ein wirklich guter DJ setzt seine Songs dazu ein, Kommunikationssituationen zu erzeugen, wobei ihm die Songs lediglich das Werkzeug des intendierten Aktes sind. Wird das Djing auf diese Weise verstanden, so geht es darum Situationen zu erzeugen und Menschen auf sich Selbst, ihre subjektive Wahrnehmung, auf ihr Dasein, verstanden als Sein an einem Orte, aufmerksam zu machen. Improvisation und Geschick sind genauso wie Einfühlungsvermögen unerlässliche Bedingungen für einen guten DJ. Ein wirklich guter DJ schafft es einen ganzen Saal in Liebe zu ertränken. Ein DJ kreiert musikalische Happenings. Er erschafft Events. Er schafft es die Grenze zwischen Künstler und Publikum aufzuweichen. Es gibt nun eine Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Typen eines DJ`s. Zum einen gibt es den Radio-DJ, der auf der simpelsten Ebene einfach Songs präsentiert und im fortgeschrittenen Stadium anmoderiert. Zum anderen gibt es den Club-DJ, der die Form der einfachen Anmoderation von Songs hinter sich gelassen hat, und die Songs nicht nur abspielt, sondern performt, das heißt, einen kreativen Akt vollbringt. In den meisten Fällen verfolgt ein DJ ein Konzept, das er sich vorab zurechtgelegt hat. Er hat ein „Set“ geschaffen, indem er die Höhen und Tiefen des Abends kompiliert. So ein „Set“ kann nun die verschiedensten Ausdrücke erfahren. Es ist möglich in Blocks zu arbeiten, und die einzelnen Einheiten nach Musik-Genres zu unterteilen. Es auch möglich den gesamten Abend in Wellen zu strukturieren, die genreübergreifend nach „Tanzbarkeit“ oder „Beats per Minute“ gewichtet werden. Im letzteren Fall hat der DJ meistens bereits einen eigenen Sound und erstellt live, jedoch nicht immer improvisiert, Remixes der Stücke. Ein DJ erschafft auf diese Weise einen dramaturgischen Bogen. 3 Für einen guten DJ ist es deshalb notwendig die Struktur seiner Songs gut zu kennen, um auf dieser Grundlage den Sound variieren zu können. Ein DJ, der sein Handwerk beherrscht, wird wissen, welcher Song tanzbar ist oder wie dieser zur Not tanzbar gemacht werden kann. Indem der DJ sein ganzes System bedient um den Song zu justieren, das heißt, Höhen, Mitten, Bässe und Sub-Bässe zu verlegen, die Geschiwindigkeit zu „pitchen“ etc., lässt sich die Dynamik eines Songs gravierend verändern. Der DJ steht an einem Kreuzpunkt verschiedener Stränge. Zum Einen ist der DJ, derjenige, der durch sein Zutun ein Event massiv beeinflussen kann, er ist derjenige, der mit einer bestimmten Konzeption das Event zu organisieren versucht. In dieser Rolle gleicht er dem Schamanen, der mit seiner Sprache den Kontakt zu den Geistern sucht. Gleichermaßen mysteriös wirkt auch das künstlerische Vorgehen des DJ‘s. Die Praxis eines DJ‘s stützt sich zum Teil auf ein fundiertes technisches Wissen über die Gerätschaften, die er für seine Inkarnation des guten „Vibes“ benötigt. Die Auswahl muss sorgfältig getroffen werden und bedarf oft einer ausgiebigen Recherche, wobei zuletzt nicht nur der Geschmack, sondern der künstlerische Anspruch des DJ‘s die Entscheidung trägt. Ob sich ein DJ auf eine Software verlässt und beispielsweise mittels Mp3´s den Abend zu strukturieren ersucht oder ob er sich auf seine Hardware stützt und mittels Vynil-Schallplatten auftritt, hat eine gravierende Einwirkung auf seine künstlerische Praxis zur Folge. So bietet beispielsweise das Arbeiten mit einer Software, die Möglichkeit in Echtzeit in die Struktur eines Stückes einzugreifen. Auf diese Weise lassen sich verhältnismäßig schnell die Höhen eines Stückes ersehen und gestalten, während die Schallplatte den unvergleichlichen Vorteil einer taktilen Handhabbarkeit der Stücke trägt. Das Arbeiten mit Schallplatten vermittelt im Vergleich zu der Arbeit mit einer digitalen Partitur, der Software, eine sensitive Erfahrung, der viele DJ`s auch heutzutage noch, im Zeitalter der Digitalisierung, den Vorzug geben. Als Beispiel für die Gestaltung eines Stückes mittels Vinyl-Schallplatten sei an dieser Stelle auf das „Scratchen“ verwiesen. Der DJ versucht durch rhytmisches Hin- und Herschieben der Schallplatte eine neue Melodie zu kreieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Sammeln von Material. Ein guter DJ verfügt meistens über eine große Schallplattensammlung (oder über ihr digitales Äquivalent, die Medienbibliothek). Diese Sammlung bildet das Rückrat jeder Performance. Sie bildet die Bandbreite der Gestaltungsmöglichkeiten, die dem DJ zur Verfügung stehen. Der dritte Bestandteil der künstlerischen Praxis eines DJ´s ist folglich die Auswahl der Stücke und die Wiese, in der er diese komponiert. Das kreative Schaffen des DJ`s setzt bei der Kombination der verschiedenen Stücke an. Die verschiedenen Stücke behandelt der DJ nur noch als Material, mit dessen Hilfe er die Stimmungen des Events kreiert. Wie in jeder künstlerischen Tätigkeit gibt es auch hier Abstufungen im Grad des Könnens. Wie weit sich ein DJ, während seiner Performance in die Lage des Publikums hinein versetzen kann, ist eine Frage seiner individuellen Empathiefähigkeit. Das technische Können des DJ`s mißt sich hierbei, an der Weise, wie er die Übergänge zwischen den verschiedenen Stücken gestaltet, wieviele verschiedene Eingabegeräte er verwendet, wie er die Höhen, Tiefen und Mitten eines Stückes ausbalanciert. Der DJ ist ein Improvisationskünstler, der mithilfe fremden Materials, Neues zu erschaffen versucht. Das, was über den Dj gesagt worden ist, lässt sich zu großen Teilen auch vom Visual Jockey, dem VJ, behaupten. Ein VJ ist jemand, der mit Bildern arbeitet und auf diese Weise das Event um eine weitere Dimension ergänzt. Wie ein DJ gestaltet der VJ Events. Die Praxis des Vjing findet hierbei in enger Anlehnung an den musikalischen Vorgaben des DJ`s statt. In den meisten Fällen, im ClubKontext, gibt der DJ durch seine musikalische Konzeption den Takt an. Der VJ interagiert mit diesen 4 Vorgaben, indem er zum Beispiel versucht seine „Visuals“ an den Rhytmus der Musik anzupassen. Das künstlerische Vorgehen des VJ`s ist zum großen Teil mit der künstlerischen Praxis des DJ`s vergleichbar. Diese betrifft die bereits angesprochenen Punkte. Das sind zum Einen, die Herausforderungen, die die technischen Gerätschaften an den VJ stellen, beispielsweise ob ein Beamer oder ein Overheadprojektor verwendet wird, ob eine Software Anwendung findet und wie diese Software gebraucht wird. Hier wird manchmal auch sondiert zwischen „echten VJ`s“, die um eine tiefenstrukturelle Verbindung zwischen Bild und Ton bemüht sind, das heißt, auch eigene Herangehensweisen zur Vebindung von Bild und Ton entwickeln und „Tapetenwerfern“, das sind VJ`s, die vorwiegend den Versuchungen einer Software, ihren simpel verwendbaren „Tools“, erliegen; zuletzt die Bildlichkeit mit vorgegebenen Effekten überladen ohne eine kritische Distanz zu ihrem Werkzeug einzunehmen. So simpel wie die angepriesenen Tools der Software, wird leider meistens auch die Gestaltung der Bildlichkeit. Festgefahren in einem Rahmen, der dem VJ von der Software gesteckt wird, übersieht dieser die Möglichkeiten, die Abseits des gesetzten Horizontes liegen. Die Software wird zum Verhängnis und der VJ reproduziert die je schon vorhandenen, stereotypen Formen von Allem ewig Gestrigen. Will sich der VJ der Logik seiner Software widersetzen, so spricht er ihre Sprache, die Sprache der Informatik und gestaltet auf diese Weise seine eigenen Formen, die ihm aus der Logik der Sache, auf der Grundlage seiner Materialien, erwachsen. Ein VJ verfügt zum Anderen, zumeist, wie der DJ, über eine breite Materialsammlung. Wie beim Djing bildet diese die Grundlage der Performance. Ein VJ kann sich für seine Materialsammlung eigene Materialien erstellen oder eine der zahlreichen Internet-Datenbanken verwenden, um eine Auswahl für die nächste Performance zu treffen. Auch hier liegt der Höhepunkt des kreativen Schaffens in der Kompilation des Materials beim Live-Auftritt. Improvisation und Einfühlungsvermögen sind auch beim VJing tragende Elemente des künstlerischen Prozesses, sowie die Bereitschaft mit dem Publikum in eine Interaktion zu treten. Vjing kann über das bloße „InSzene-Setzen“ von Bildern hinausgehen und das Publikum zur Teilhabe am künstlerischen Schaffensprozess animieren, beispielsweise, indem die Gestaltung des gesamten Raumes in den Fokus der künstlerischen Arbeit rückt. Der VJ erschafft in diesem Fall eine Umgebung, die dem Betrachter einen Einfluß auf die Bilder ermöglicht. Ein einfaches Beispiel wäre eine interaktive Installation, die mit Hilfe eines Mikrophons auf ihre Umgebungsgeräusche reagiert. Die Grenzen der Interaktion werden jedoch, jedenfalls im Club-Kontext, von der musikalischen Konzeption des DJ`s gesetzt. Der DJ gibt durch seine Gestaltung den Rahmen des Events vor. 2. Avantgarde, Avantgarde. Vorläufer des DJing und VJing Das Verhältnis zwischen DJ und VJ lässt sich auf eine langjährige künstlerische Tradition, die die Beziehung von Bild und Ton zum Gegenstand hat, zurückführen. Der DJ, sowie der VJ, steht am Ende einer langen Entwicklung; des Versuchs Licht und Schall zusammengenommen zu einer synästhetischen Erfahrung werden zu lassen. Die ersten Realisationen dieses Vorhabens lassen sich bereits im 19. Jahrhundert feststellen. Wichtige Stationen bei der Entwicklung von Licht- und SchallSynthästhesien waren zum Beispiel Wagners Konzeption eines Gesamtkunstwerks, Thomas A. Edisons „Phonograph“, sowie seine Entwicklung des „Kinetoscope“. Die verschiedensten Realisationen fanden im Laufe der Zeit ihre Ausprägungen. Wichtige Entwicklungen fanden Kontext der historischen Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts statt. So zum Beispiel Walter Ruttmanns Entwicklung des „absoluten Films“. Ruttman versuchte mit Hilfe des Films eine Malerei mit Zeit zu verwirklichen. Auch die Entwicklung des Radios und des Tonfilms stellen wichtige Eckpfeiler der synästhetischen Verbindung von Bild und Ton dar. Der Tonfilm erlaubt erstmalig die Speicherung 5 von Bild und Ton auf einem Trägermedium. Mit einem Male wird es möglich Bilder und Töne zu editieren, das heißt durch Schnitt und Montage zu einem neuen Ganzen zu verarbeiten. Mit der Möglichkeit jeden Ton,, den man hört, und jedes Bild, das man sieht, auf einem Trägermedium Trägermediu abzuspeichern n und nach Belieben zu verändern, wird alles SehSeh und Hörbare zum Material der künstlerischen Produktion. Der nächste nächste Sprung in der Entwicklung, der für das Vjing und Djing von besonderer Bedeutung ist, ist die Entwicklung des Tonbandes. Das Tonband erlaubte Musikern eine differenziertere enziertere Herangegehensweise Herangegehensw an die Montage. Mit einem vergleichsweise geringen finanziellen Aufwand konnte das künstlerische Potential der Töne erprobt werden. Vorallem die Entwicklungen, die im Kontext der Neo-Avantgarden Neo stattfanden,, allen voran die Arbeiten von John Cage, lassen sich als Beispiele für den experimentellen experimentellen Umgang mit Ton anführen. John Cage entwickelte beispielsweise für seine Komposition „Williams Mix“ eine grafische Partitur, um die verschiedenen Klangereignisse,, die er in sechs Rubriken unterteilte,, anordnen zu können. Die Klänge, die Cage mit seinem Tonbandgerät sammelte, wurden in verschiedenen Kategorien zusammengefasst. t. Nach der Aufnahme zerschnitt Cage das Tonband, um die nun frei gewordenen Tonbandstücke neu anzuordnen. Die Tonfragmente sortierte Cage mitt Hilfe seiner grafischen Partitur, geleitet durch ein Zufallsprinzip, in acht Spuren. Die Montage der verschiedenen Tonfragmente dauerte insgesamt in etwa ein Jahr. Was Cage zur damaligen Zeit in aufwändiger Handarbeit, analog, herstellen musste, lässt sich s heutzutage mit der richtigen Software mit einem weitaus geringeren Aufwand realisieren. CAGE, John: Williams Mix, 1952 Interface der Software „Cubase“ Ein weitere entscheidende Entwicklung nahm der Künstler Nam June Paik vorweg. So entwickelte Paik zusammen mit dem Shuya Abe einen Videosynthesizer, der dem Künstler ermöglichte Videos direkt zu manipulieren. ieren. Eine weitere wichtige Arbeit des Künstlers war die interaktive Installation „Schallplatten-Schaschlik“ , in der Paik den Tonarm vom Schallplattenspielers Schallplattenspielers löste und dem Betrachter in die Hand gab. Der Betrachter war es auf diese Weise möglich von vier sich gleichzeitig drehenden Schallplattenstapeln den Ton abzunehmen. Paik verfolgte in dieser Installation sein musikalisches Konzept des „random access“. Mit dieser Entwicklung antizipierte der Künstler die heutzutage in der DJ-Kultur Kultur üblichen Verfahren des „Samplings“ und „Scratching“ und machte aus dem passiven Rezeptionsmedium ein aktives Produktionsinstrument. Entscheidend an den Entwicklungen von Cage age und Paik war das Verhältnis, in dem die Verfahren zur Bearbeitung von Bild und Ton realisiert worden sind. Paik war stark von John Cages Arbeitsweise beeinflusst (vorallem 6 weil Cage den Zufall als feste Größe des künstlerischen Aktes etablierte). Paik übertrug die musikalischen Prinzipien von Cage in den Bereich der optischen Medien. Das Übertragen von musikalischen Prinzipien auf die Gestaltung innerhalb eines bildlichen Bereichs hat sich bis heute gehalten. Das Ungleichgewicht im Verhältnis zwischen der Gestaltung von Bild und Ton lässt sich mit dem technischen Vorsprung der akustischen Medien vor den optischen Medien erklären. Ein akustisches Signal verfügt über weitaus weniger Informationen als ein optisches Signal und ist somit technisch mit weniger Aufwand zu realisieren. Deswegen existierte das Tonband vor dem Videoband und aus diesem Grunde haben Künstler, die im musikalischen Bereich tätig sind, schon sehr viel früher die Möglichkeit Gestaltungsprozederes zu entwickeln als es ihre Kollegen aus der visuellen Abteilung tun können. Das erklärt, weshalb es einen Disc Jockey bereits vor einem Visual Jockey gab und ebenfalls die Hierarchie, die zwischen den beiden Produzenten besteht. Ein Visual Jockey bedient meistens der Verfahren, die im Djing üblich sind. Hierzu zählen unter anderen: das Sample und der Loop. 3. Hands of a Stranger In meiner Arbeit soll es um oben erwähnte Zusammenhänge zwischen Bild und Ton gehen. In der Hauptsache geht es mir um die Übergänge und Schnittstellen zwischen den beiden Informationsträgern. Die leitende Fragestellung der Arbeit ist gewesen: welche Möglichkeiten bieten sich zur Gestaltung von sowohl auditiven als auch visuellen Datenelementen? Welche Methoden zur Gestaltung lassen sich zwischen den beiden Medien übertragen? In einem engeren Sinne geht es mir um die Übertragung von auditiven Verfahrensweisen zur Erzeugung von Klängen hinein in einen bildnerischen Bereich. Dazu möchte ich mich des Verfahrens der Granularsynthese bedienen. Die Granularsynthese bietet die Möglichkeit den narrativen Charakter eines in linearer Zeit ablaufenden Filimes zu brechen und die Einheit zwischen Handlung, Ort und Zeit zu dekonstruieren. Was auf diese Weise in den Fokus Rücken soll ist der visuelle Gehalt der Bildes. Ich erhoffe mir das Bild in ein Feld von ungewohnten, „bildfremden“ Ereignissen stellen zu können. Hierbei soll die Zerlegung der Bilder in kleinste zeitliche Einheiten, sowie deren Rekonstruktion vordergründig wirken. Eine wichtige Inspiration für meine Arbeit waren die Künstler Granular=Synthesis. Die Herausforderung meiner Arbeit besteht darin, die rekonstruierten Elemente für eine VJ-Performance verwendbar zu machen. Hier stellt sich auch die erste Hürde für meine Arbeit. Da es mir nicht möglich ist einen Live-Auftritt zu realisieren und ich somit über keine auditiven Impulse verfüge, sehe ich mich gezwungen zunächst etwas Abwesendes zu konstatieren. Ich möchte mich jedoch nicht auf die Darstellung des fehlenden Tones beschränken, vielmehr ergeben sich hierdurch größere Freiheiten zur Gestaltung der fragmentierten Bilder, aber aus größere Unsicherheiten in Hinblick auf die Plausibilität der Umsetzung. So dient mir die Granularsynthese primär zur Dekonstruktion einer für die menschlich Wahrnehmung fließenden Bewegung. In meiner Sequenz arbeite ich mit 25 beziehungsweise 50 Bildern pro Sekunde, die mithilfe des Videoschnittprogramms Adobe Premierre Pro auf eine Länge von 1/25 ms (bzw. 1/50 ms) pro Bild aufgeteilt werden, um anschließend in einer anderen Anordnung zusammengefügt zu werden. Es geht mir hierbei um die Wirkung eines ins Stocken geratenen Mediums. Besonders in Hinblick auf die Verwendung in einem Live-Auftritt kann diese Umsetzung von Vorteil sein. Der Aufbau der Sequenz folgt der Struktur von Palindromen. Ein Palindrom ist eine Reihung von Zeichen, die sowohl von Vorne als von Hinten gelesen werden kann. 7 Der Aufbau wird durch eine Spiegelung der Zeichen um eine im Zentrum des Palindroms gelegene Achse ermöglicht. In großen Teilen ähnelt dieser Aufbau der Struktur eines Loops. In der Sequenz werden wiederum die verschiedenen Bildfragmente in Palindromen angeordnet. Somit wird die Sequenz im Ganzen um eine Achse gespiegelt. Auch ihre einzelnen Elemente werden in sich gebrochen und ausgehend vom Zentrum ihrer Einheit zu ihrem Äußeren hin getrieben. Diese in Palindromen angeordneten Bildfragmente werden im Wechsel mit linear verlaufenden Samples gespielt, wobei linear den ursprünglichen Hergang des Rohmaterials meint. Durch den Ablauf und Wechsel der verschiedenen Elemente wird ein Rhythmus initiiert, der die Dynamik der Sequenz trägt. Die Sequenz im Ganzen bildet dann ein Sample, das in sich die in Loops gruppierten Palindrome trägt. 4. I’m a dancer Es sind die Hände eines Fremden, die den Betrachter in Dunkelheit und Stroboskopgewitter intim, ganz bei seinem Selbst, berühren, um in der Folge mit unschuldiger Miene so zu tun, als ob nichts gewesen wäre. Er fühlt sich, als ob es ganz von ihm käme, aus ihm heraus. Mit seiner Identifikationsleistung fügt er sich dem herrschafltichen Gestus der Logik, denn er hat es so gewoll und: „Du willst es doch auch.“ Mit dem schmierigen Lächeln der Herrschaft verfliegt auch die Schamesröte und das Gefühl zu Unrecht deplatziert worden zu sein. In seiner Würde als autonom handelndes Subjekt gekränkt zu werden - sowas enthemmt. Und enthusiastisch gibt dieser sich der Entfremdung hin. Noch während ihm die Herrschaft zuzwinkert, aufgehoben in den Armen des Anderen, verliert dieser das Widerständige in den rhythmischen Wogen einer kreisenden Rhetorik und zerstreut seinen Unwillen, die Empörung über den rücksichtslosen Zugriff auf seine Persönlichkeit, im feinen Staub der Nebelmaschine. Anpassung ist der Eingang des Menschen in seine selbstverschuldetete DiscoMündigkeit. Disco-Mündigkeit ist das Vermögen sich seiner Beine durch die Leitung eines anderen zu bedienen. 5. Literatur BREWSTER, Bill; BROUGHTON, Frank: Last night a dj saved my life. The history of the disc jockey. London : Headline Book, 1999 URL: http://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=Np3dpRhTsxQC&oi=fnd&pg=PR9&dq=Disk+Jockey&ots=ToEAcgAmuG&sig=1 OYdvINKeaJFhBqeaTw2jSbVFKU#v=onepage&q=Disk%20Jockey&f=false DANIELS, Dieter: Sound und Vision in Avantgarde und Mainstream. URL: http://www.medienkunstnetz.de/themen/bildton-relationen/sound_vision/ Abbildungen: CAGE, John: Williams Mix. URL: http://www.medienkunstnetz.de/assets/img/data/2785/bild.jpg Interface der Software Cubase URL: http://www.swotti.com/tmp/swotti/cacheY3VIYXNLIHN4U29MDHDHCMUTU29MDHDHCMU=/imgcubase%20sx2.jpg Sonstiges: God is a DJ URL: http://www.youtube.com/watch?v=BfX-s4dcYBg Loops-Datenbank URL: http://www.lucidloops.com/vj_loops/silent_singles/10.htm 8 9 10 11