Johannes Nathanael Simon

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Universität Flensburg
SoSe 2011
Seminar: Contacts and Conflicts
Leitung: Dr. Jutta Zaremba
Johannes Nathanael Simon
Kultur-Sprache-Medien
Matrikelnummer: 535132
Visual Jockey.
Inhalt
1. God is a DJ and maybe a VJ too
2. Avantgarde, Avantgarde. Vorläufer des Djing und Vjing
3. Hands of a Stranger
4. I’m a dancer
5. Literatur
6. Partytour
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1. God is a DJ and maybe a VJ too
Als DJ oder Disc Jockey wird eine Person bezeichnet, die meistens innerhalb von Discotheken mit
dem Abspielen von Musik beschäftigt ist. Ein DJ kann sich quasi jeder Subkultur zugehörig fühlen. Ein
Grund hierfür liegt zum Einen in seinem breit angelegten Interesse an Musik. Ein DJ, der seine
Bezeichnung ernst nimmt, versucht sich meistens Inspirationen aus den verschiedensten
Musiksparten und Subkulturen zu holen. Zu seiner Bekanntheit gelangte der DJ aber womöglich erst
als Bestandteil der Hip-Hop- und Techno-Szene. Zum Anderen erfüllt der DJ eine Funktion, die es ihm
nur manchmal gestattet eine bestimmte Musikart zu bevorzugen. Die Funktion des DJ`s kann auf
eine lange Geschichte zurückblicken. Ihren ersten Ausdruck findet sie bereits in den rituellen Feiern
unserer Vorfahren. Der DJ unserer Vorfahren war der Dorfschamane, der mit Hilfe seiner Drummer,
den pochenden Beat der Dorffeier vorgab; jemand, der Kräuter an seine Dorfgemeinschaft verteilte;
jemand, dem eine bestimmte Kraft nachgesagt wurde, weil er eine Aktion startete und in der
Dunkelheit der Nacht die Götter heraufbeschwor. Wenn sich der Tag zu seinem Ende neigte und die
Tabus des wachen Lebens in den Abgründen einer mythischen Vernunft versanken, wenn sich die
Menschen, müde von der Sprache ihres instrumentellen Verstandes, in Ohnmacht und Extase, dem
rasenden Puls des Rhythmus hingaben, sprach der DJ seine Worte. Und es ward Licht und Klang
geboren im Schoße seiner Zuhörer, die nun gemeinsam mit den Geistern ihrer Vorfahren ein
transzendentales Ereignis zelebrierten. Der Einzelne überstieg sich selbst und teilte in seiner
Selbstvergessenheit die Verbundenheit mit Allen anderen.
Ein DJ versucht Erfahrungen zu kreieren. Es geht darum die Stimmung einer ganzen Gruppe zu
erfassen, um diese mit den Mitteln, die dem DJ zur Verfügung stehen, an einen anderen Ort zu
bringen. Indem der DJ verschiedene Stücke in einer besonderen Reihenfolge abspielt, versucht er
einen Einfluss auf das Punblikum zu erwirken. Jedoch geht es nicht darum lediglich ein paar Songs
aneinanderzureihen. Ein wirklich guter DJ setzt seine Songs dazu ein, Kommunikationssituationen zu
erzeugen, wobei ihm die Songs lediglich das Werkzeug des intendierten Aktes sind. Wird das Djing
auf diese Weise verstanden, so geht es darum Situationen zu erzeugen und Menschen auf sich
Selbst, ihre subjektive Wahrnehmung, auf ihr Dasein, verstanden als Sein an einem Orte,
aufmerksam zu machen. Improvisation und Geschick sind genauso wie Einfühlungsvermögen
unerlässliche Bedingungen für einen guten DJ. Ein wirklich guter DJ schafft es einen ganzen Saal in
Liebe zu ertränken.
Ein DJ kreiert musikalische Happenings. Er erschafft Events. Er schafft es die Grenze zwischen
Künstler und Publikum aufzuweichen. Es gibt nun eine Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen
Typen eines DJ`s. Zum einen gibt es den Radio-DJ, der auf der simpelsten Ebene einfach Songs
präsentiert und im fortgeschrittenen Stadium anmoderiert. Zum anderen gibt es den Club-DJ, der die
Form der einfachen Anmoderation von Songs hinter sich gelassen hat, und die Songs nicht nur
abspielt, sondern performt, das heißt, einen kreativen Akt vollbringt. In den meisten Fällen verfolgt
ein DJ ein Konzept, das er sich vorab zurechtgelegt hat. Er hat ein „Set“ geschaffen, indem er die
Höhen und Tiefen des Abends kompiliert. So ein „Set“ kann nun die verschiedensten Ausdrücke
erfahren. Es ist möglich in Blocks zu arbeiten, und die einzelnen Einheiten nach Musik-Genres zu
unterteilen. Es auch möglich den gesamten Abend in Wellen zu strukturieren, die genreübergreifend
nach „Tanzbarkeit“ oder „Beats per Minute“ gewichtet werden. Im letzteren Fall hat der DJ meistens
bereits einen eigenen Sound und erstellt live, jedoch nicht immer improvisiert, Remixes der Stücke.
Ein DJ erschafft auf diese Weise einen dramaturgischen Bogen.
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Für einen guten DJ ist es deshalb notwendig die Struktur seiner Songs gut zu kennen, um auf dieser
Grundlage den Sound variieren zu können. Ein DJ, der sein Handwerk beherrscht, wird wissen,
welcher Song tanzbar ist oder wie dieser zur Not tanzbar gemacht werden kann. Indem der DJ sein
ganzes System bedient um den Song zu justieren, das heißt, Höhen, Mitten, Bässe und Sub-Bässe zu
verlegen, die Geschiwindigkeit zu „pitchen“ etc., lässt sich die Dynamik eines Songs gravierend
verändern.
Der DJ steht an einem Kreuzpunkt verschiedener Stränge. Zum Einen ist der DJ, derjenige, der durch
sein Zutun ein Event massiv beeinflussen kann, er ist derjenige, der mit einer bestimmten
Konzeption das Event zu organisieren versucht. In dieser Rolle gleicht er dem Schamanen, der mit
seiner Sprache den Kontakt zu den Geistern sucht. Gleichermaßen mysteriös wirkt auch das
künstlerische Vorgehen des DJ‘s. Die Praxis eines DJ‘s stützt sich zum Teil auf ein fundiertes
technisches Wissen über die Gerätschaften, die er für seine Inkarnation des guten „Vibes“ benötigt.
Die Auswahl muss sorgfältig getroffen werden und bedarf oft einer ausgiebigen Recherche, wobei
zuletzt nicht nur der Geschmack, sondern der künstlerische Anspruch des DJ‘s die Entscheidung
trägt. Ob sich ein DJ auf eine Software verlässt und beispielsweise mittels Mp3´s den Abend zu
strukturieren ersucht oder ob er sich auf seine Hardware stützt und mittels Vynil-Schallplatten
auftritt, hat eine gravierende Einwirkung auf seine künstlerische Praxis zur Folge. So bietet
beispielsweise das Arbeiten mit einer Software, die Möglichkeit in Echtzeit in die Struktur eines
Stückes einzugreifen. Auf diese Weise lassen sich verhältnismäßig schnell die Höhen eines Stückes
ersehen und gestalten, während die Schallplatte den unvergleichlichen Vorteil einer taktilen
Handhabbarkeit der Stücke trägt. Das Arbeiten mit Schallplatten vermittelt im Vergleich zu der
Arbeit mit einer digitalen Partitur, der Software, eine sensitive Erfahrung, der viele DJ`s auch
heutzutage noch, im Zeitalter der Digitalisierung, den Vorzug geben. Als Beispiel für die Gestaltung
eines Stückes mittels Vinyl-Schallplatten sei an dieser Stelle auf das „Scratchen“ verwiesen. Der DJ
versucht durch rhytmisches Hin- und Herschieben der Schallplatte eine neue Melodie zu kreieren.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Sammeln von Material. Ein guter DJ verfügt meistens über eine
große Schallplattensammlung (oder über ihr digitales Äquivalent, die Medienbibliothek). Diese
Sammlung bildet das Rückrat jeder Performance. Sie bildet die Bandbreite der
Gestaltungsmöglichkeiten, die dem DJ zur Verfügung stehen. Der dritte Bestandteil der
künstlerischen Praxis eines DJ´s ist folglich die Auswahl der Stücke und die Wiese, in der er diese
komponiert. Das kreative Schaffen des DJ`s setzt bei der Kombination der verschiedenen Stücke an.
Die verschiedenen Stücke behandelt der DJ nur noch als Material, mit dessen Hilfe er die
Stimmungen des Events kreiert. Wie in jeder künstlerischen Tätigkeit gibt es auch hier Abstufungen
im Grad des Könnens. Wie weit sich ein DJ, während seiner Performance in die Lage des Publikums
hinein versetzen kann, ist eine Frage seiner individuellen Empathiefähigkeit. Das technische Können
des DJ`s mißt sich hierbei, an der Weise, wie er die Übergänge zwischen den verschiedenen Stücken
gestaltet, wieviele verschiedene Eingabegeräte er verwendet, wie er die Höhen, Tiefen und Mitten
eines Stückes ausbalanciert. Der DJ ist ein Improvisationskünstler, der mithilfe fremden Materials,
Neues zu erschaffen versucht.
Das, was über den Dj gesagt worden ist, lässt sich zu großen Teilen auch vom Visual Jockey, dem VJ,
behaupten. Ein VJ ist jemand, der mit Bildern arbeitet und auf diese Weise das Event um eine
weitere Dimension ergänzt. Wie ein DJ gestaltet der VJ Events. Die Praxis des Vjing findet hierbei in
enger Anlehnung an den musikalischen Vorgaben des DJ`s statt. In den meisten Fällen, im ClubKontext, gibt der DJ durch seine musikalische Konzeption den Takt an. Der VJ interagiert mit diesen
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Vorgaben, indem er zum Beispiel versucht seine „Visuals“ an den Rhytmus der Musik anzupassen.
Das künstlerische Vorgehen des VJ`s ist zum großen Teil mit der künstlerischen Praxis des DJ`s
vergleichbar. Diese betrifft die bereits angesprochenen Punkte. Das sind zum Einen, die
Herausforderungen, die die technischen Gerätschaften an den VJ stellen, beispielsweise ob ein
Beamer oder ein Overheadprojektor verwendet wird, ob eine Software Anwendung findet und wie
diese Software gebraucht wird. Hier wird manchmal auch sondiert zwischen „echten VJ`s“, die um
eine tiefenstrukturelle Verbindung zwischen Bild und Ton bemüht sind, das heißt, auch eigene
Herangehensweisen zur Vebindung von Bild und Ton entwickeln und „Tapetenwerfern“, das sind
VJ`s, die vorwiegend den Versuchungen einer Software, ihren simpel verwendbaren „Tools“,
erliegen; zuletzt die Bildlichkeit mit vorgegebenen Effekten überladen ohne eine kritische Distanz zu
ihrem Werkzeug einzunehmen. So simpel wie die angepriesenen Tools der Software, wird leider
meistens auch die Gestaltung der Bildlichkeit. Festgefahren in einem Rahmen, der dem VJ von der
Software gesteckt wird, übersieht dieser die Möglichkeiten, die Abseits des gesetzten Horizontes
liegen. Die Software wird zum Verhängnis und der VJ reproduziert die je schon vorhandenen,
stereotypen Formen von Allem ewig Gestrigen. Will sich der VJ der Logik seiner Software
widersetzen, so spricht er ihre Sprache, die Sprache der Informatik und gestaltet auf diese Weise
seine eigenen Formen, die ihm aus der Logik der Sache, auf der Grundlage seiner Materialien,
erwachsen. Ein VJ verfügt zum Anderen, zumeist, wie der DJ, über eine breite Materialsammlung.
Wie beim Djing bildet diese die Grundlage der Performance. Ein VJ kann sich für seine
Materialsammlung eigene Materialien erstellen oder eine der zahlreichen Internet-Datenbanken
verwenden, um eine Auswahl für die nächste Performance zu treffen. Auch hier liegt der Höhepunkt
des kreativen Schaffens in der Kompilation des Materials beim Live-Auftritt. Improvisation und
Einfühlungsvermögen sind auch beim VJing tragende Elemente des künstlerischen Prozesses, sowie
die Bereitschaft mit dem Publikum in eine Interaktion zu treten. Vjing kann über das bloße „InSzene-Setzen“ von Bildern hinausgehen und das Publikum zur Teilhabe am künstlerischen
Schaffensprozess animieren, beispielsweise, indem die Gestaltung des gesamten Raumes in den
Fokus der künstlerischen Arbeit rückt. Der VJ erschafft in diesem Fall eine Umgebung, die dem
Betrachter einen Einfluß auf die Bilder ermöglicht. Ein einfaches Beispiel wäre eine interaktive
Installation, die mit Hilfe eines Mikrophons auf ihre Umgebungsgeräusche reagiert. Die Grenzen der
Interaktion werden jedoch, jedenfalls im Club-Kontext, von der musikalischen Konzeption des DJ`s
gesetzt. Der DJ gibt durch seine Gestaltung den Rahmen des Events vor.
2. Avantgarde, Avantgarde. Vorläufer des DJing und VJing
Das Verhältnis zwischen DJ und VJ lässt sich auf eine langjährige künstlerische Tradition, die die
Beziehung von Bild und Ton zum Gegenstand hat, zurückführen. Der DJ, sowie der VJ, steht am Ende
einer langen Entwicklung; des Versuchs Licht und Schall zusammengenommen zu einer
synästhetischen Erfahrung werden zu lassen. Die ersten Realisationen dieses Vorhabens lassen sich
bereits im 19. Jahrhundert feststellen. Wichtige Stationen bei der Entwicklung von Licht- und SchallSynthästhesien waren zum Beispiel Wagners Konzeption eines Gesamtkunstwerks, Thomas A.
Edisons „Phonograph“, sowie seine Entwicklung des „Kinetoscope“. Die verschiedensten
Realisationen fanden im Laufe der Zeit ihre Ausprägungen. Wichtige Entwicklungen fanden Kontext
der historischen Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts statt. So zum Beispiel Walter Ruttmanns
Entwicklung des „absoluten Films“. Ruttman versuchte mit Hilfe des Films eine Malerei mit Zeit zu
verwirklichen. Auch die Entwicklung des Radios und des Tonfilms stellen wichtige Eckpfeiler der
synästhetischen Verbindung von Bild und Ton dar. Der Tonfilm erlaubt erstmalig die Speicherung
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von Bild und Ton auf einem Trägermedium. Mit einem Male wird es möglich Bilder und Töne zu
editieren, das heißt durch Schnitt und Montage zu einem neuen Ganzen zu verarbeiten. Mit der
Möglichkeit jeden Ton,, den man hört, und jedes Bild, das man sieht, auf einem Trägermedium
Trägermediu
abzuspeichern
n und nach Belieben zu verändern, wird alles SehSeh und Hörbare zum Material der
künstlerischen Produktion. Der nächste
nächste Sprung in der Entwicklung, der für das Vjing und Djing von
besonderer Bedeutung ist, ist die Entwicklung des Tonbandes. Das Tonband erlaubte Musikern eine
differenziertere
enziertere Herangegehensweise
Herangegehensw
an die Montage. Mit einem vergleichsweise geringen
finanziellen Aufwand konnte das künstlerische Potential der Töne erprobt werden. Vorallem die
Entwicklungen, die im Kontext der Neo-Avantgarden
Neo
stattfanden,, allen voran die Arbeiten von John
Cage, lassen sich als Beispiele für den experimentellen
experimentellen Umgang mit Ton anführen. John Cage
entwickelte beispielsweise für seine Komposition „Williams Mix“ eine grafische Partitur, um die
verschiedenen Klangereignisse,, die er in sechs Rubriken unterteilte,, anordnen zu können. Die
Klänge, die Cage mit seinem Tonbandgerät sammelte, wurden in verschiedenen Kategorien
zusammengefasst.
t. Nach der Aufnahme zerschnitt Cage das Tonband, um die nun frei gewordenen
Tonbandstücke neu anzuordnen. Die Tonfragmente sortierte Cage mitt Hilfe seiner grafischen
Partitur, geleitet durch ein Zufallsprinzip, in acht Spuren. Die Montage der verschiedenen
Tonfragmente dauerte insgesamt in etwa ein Jahr. Was Cage zur damaligen Zeit in aufwändiger
Handarbeit, analog, herstellen musste, lässt sich
s
heutzutage mit der richtigen Software mit einem
weitaus geringeren Aufwand realisieren.
CAGE, John: Williams Mix, 1952
Interface der Software „Cubase“
Ein weitere entscheidende Entwicklung nahm der Künstler Nam June Paik vorweg. So entwickelte
Paik zusammen mit dem Shuya Abe einen Videosynthesizer, der dem Künstler ermöglichte Videos
direkt zu manipulieren.
ieren. Eine weitere wichtige Arbeit des Künstlers war die interaktive Installation
„Schallplatten-Schaschlik“ , in der Paik den Tonarm vom Schallplattenspielers
Schallplattenspielers löste und dem
Betrachter in die Hand gab. Der Betrachter war es auf diese Weise möglich von vier sich gleichzeitig
drehenden Schallplattenstapeln den Ton abzunehmen. Paik verfolgte in dieser Installation sein
musikalisches Konzept des „random access“. Mit dieser Entwicklung antizipierte der Künstler die
heutzutage in der DJ-Kultur
Kultur üblichen Verfahren des „Samplings“ und „Scratching“ und machte aus
dem passiven Rezeptionsmedium ein aktives Produktionsinstrument. Entscheidend an den
Entwicklungen von Cage
age und Paik war das Verhältnis, in dem die Verfahren zur Bearbeitung von Bild
und Ton realisiert worden sind. Paik war stark von John Cages Arbeitsweise beeinflusst (vorallem
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weil Cage den Zufall als feste Größe des künstlerischen Aktes etablierte). Paik übertrug die
musikalischen Prinzipien von Cage in den Bereich der optischen Medien. Das Übertragen von
musikalischen Prinzipien auf die Gestaltung innerhalb eines bildlichen Bereichs hat sich bis heute
gehalten. Das Ungleichgewicht im Verhältnis zwischen der Gestaltung von Bild und Ton lässt sich mit
dem technischen Vorsprung der akustischen Medien vor den optischen Medien erklären. Ein
akustisches Signal verfügt über weitaus weniger Informationen als ein optisches Signal und ist somit
technisch mit weniger Aufwand zu realisieren. Deswegen existierte das Tonband vor dem Videoband
und aus diesem Grunde haben Künstler, die im musikalischen Bereich tätig sind, schon sehr viel
früher die Möglichkeit Gestaltungsprozederes zu entwickeln als es ihre Kollegen aus der visuellen
Abteilung tun können. Das erklärt, weshalb es einen Disc Jockey bereits vor einem Visual Jockey gab
und ebenfalls die Hierarchie, die zwischen den beiden Produzenten besteht. Ein Visual Jockey
bedient meistens der Verfahren, die im Djing üblich sind. Hierzu zählen unter anderen: das Sample
und der Loop.
3. Hands of a Stranger
In meiner Arbeit soll es um oben erwähnte Zusammenhänge zwischen Bild und Ton gehen. In der
Hauptsache geht es mir um die Übergänge und Schnittstellen zwischen den beiden
Informationsträgern. Die leitende Fragestellung der Arbeit ist gewesen: welche Möglichkeiten bieten
sich zur Gestaltung von sowohl auditiven als auch visuellen Datenelementen? Welche Methoden zur
Gestaltung lassen sich zwischen den beiden Medien übertragen?
In einem engeren Sinne geht es mir um die Übertragung von auditiven Verfahrensweisen zur
Erzeugung von Klängen hinein in einen bildnerischen Bereich. Dazu möchte ich mich des Verfahrens
der Granularsynthese bedienen. Die Granularsynthese bietet die Möglichkeit den narrativen
Charakter eines in linearer Zeit ablaufenden Filimes zu brechen und die Einheit zwischen Handlung,
Ort und Zeit zu dekonstruieren. Was auf diese Weise in den Fokus Rücken soll ist der visuelle Gehalt
der Bildes. Ich erhoffe mir das Bild in ein Feld von ungewohnten, „bildfremden“ Ereignissen stellen
zu können. Hierbei soll die Zerlegung der Bilder in kleinste zeitliche Einheiten, sowie deren
Rekonstruktion vordergründig wirken. Eine wichtige Inspiration für meine Arbeit waren die Künstler
Granular=Synthesis. Die Herausforderung meiner Arbeit besteht darin, die rekonstruierten Elemente
für eine VJ-Performance verwendbar zu machen.
Hier stellt sich auch die erste Hürde für meine Arbeit. Da es mir nicht möglich ist einen Live-Auftritt
zu realisieren und ich somit über keine auditiven Impulse verfüge, sehe ich mich gezwungen
zunächst etwas Abwesendes zu konstatieren. Ich möchte mich jedoch nicht auf die Darstellung des
fehlenden Tones beschränken, vielmehr ergeben sich hierdurch größere Freiheiten zur Gestaltung
der fragmentierten Bilder, aber aus größere Unsicherheiten in Hinblick auf die Plausibilität der
Umsetzung. So dient mir die Granularsynthese primär zur Dekonstruktion einer für die menschlich
Wahrnehmung fließenden Bewegung. In meiner Sequenz arbeite ich mit 25 beziehungsweise 50
Bildern pro Sekunde, die mithilfe des Videoschnittprogramms Adobe Premierre Pro auf eine Länge
von 1/25 ms (bzw. 1/50 ms) pro Bild aufgeteilt werden, um anschließend in einer anderen
Anordnung zusammengefügt zu werden. Es geht mir hierbei um die Wirkung eines ins Stocken
geratenen Mediums. Besonders in Hinblick auf die Verwendung in einem Live-Auftritt kann diese
Umsetzung von Vorteil sein. Der Aufbau der Sequenz folgt der Struktur von Palindromen. Ein
Palindrom ist eine Reihung von Zeichen, die sowohl von Vorne als von Hinten gelesen werden kann.
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Der Aufbau wird durch eine Spiegelung der Zeichen um eine im Zentrum des Palindroms gelegene
Achse ermöglicht. In großen Teilen ähnelt dieser Aufbau der Struktur eines Loops. In der Sequenz
werden wiederum die verschiedenen Bildfragmente in Palindromen angeordnet. Somit wird die
Sequenz im Ganzen um eine Achse gespiegelt. Auch ihre einzelnen Elemente werden in sich
gebrochen und ausgehend vom Zentrum ihrer Einheit zu ihrem Äußeren hin getrieben. Diese in
Palindromen angeordneten Bildfragmente werden im Wechsel mit linear verlaufenden Samples
gespielt, wobei linear den ursprünglichen Hergang des Rohmaterials meint. Durch den Ablauf und
Wechsel der verschiedenen Elemente wird ein Rhythmus initiiert, der die Dynamik der Sequenz
trägt. Die Sequenz im Ganzen bildet dann ein Sample, das in sich die in Loops gruppierten
Palindrome trägt.
4. I’m a dancer
Es sind die Hände eines Fremden, die den Betrachter in Dunkelheit und Stroboskopgewitter intim,
ganz bei seinem Selbst, berühren, um in der Folge mit unschuldiger Miene so zu tun, als ob nichts
gewesen wäre. Er fühlt sich, als ob es ganz von ihm käme, aus ihm heraus. Mit seiner
Identifikationsleistung fügt er sich dem herrschafltichen Gestus der Logik, denn er hat es so gewoll und: „Du willst es doch auch.“
Mit dem schmierigen Lächeln der Herrschaft verfliegt auch die Schamesröte und das Gefühl zu
Unrecht deplatziert worden zu sein. In seiner Würde als autonom handelndes Subjekt gekränkt zu
werden - sowas enthemmt. Und enthusiastisch gibt dieser sich der Entfremdung hin. Noch während
ihm die Herrschaft zuzwinkert, aufgehoben in den Armen des Anderen, verliert dieser das
Widerständige in den rhythmischen Wogen einer kreisenden Rhetorik und zerstreut seinen
Unwillen, die Empörung über den rücksichtslosen Zugriff auf seine Persönlichkeit, im feinen Staub
der Nebelmaschine. Anpassung ist der Eingang des Menschen in seine selbstverschuldetete DiscoMündigkeit. Disco-Mündigkeit ist das Vermögen sich seiner Beine durch die Leitung eines anderen zu
bedienen.
5. Literatur
BREWSTER, Bill; BROUGHTON, Frank: Last night a dj saved my life. The history of the disc jockey. London : Headline Book,
1999 URL:
http://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=Np3dpRhTsxQC&oi=fnd&pg=PR9&dq=Disk+Jockey&ots=ToEAcgAmuG&sig=1
OYdvINKeaJFhBqeaTw2jSbVFKU#v=onepage&q=Disk%20Jockey&f=false
DANIELS, Dieter: Sound und Vision in Avantgarde und Mainstream. URL: http://www.medienkunstnetz.de/themen/bildton-relationen/sound_vision/
Abbildungen:
CAGE, John: Williams Mix. URL: http://www.medienkunstnetz.de/assets/img/data/2785/bild.jpg
Interface der Software Cubase URL:
http://www.swotti.com/tmp/swotti/cacheY3VIYXNLIHN4U29MDHDHCMUTU29MDHDHCMU=/imgcubase%20sx2.jpg
Sonstiges:
God is a DJ URL: http://www.youtube.com/watch?v=BfX-s4dcYBg
Loops-Datenbank URL: http://www.lucidloops.com/vj_loops/silent_singles/10.htm
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