Krankenhaus-Informationssysteme (KIS) 0.) Gliederung 1.) Definition 2.) Warum? 3.) Geschichte 4.) Anforderungen 5.) Systemkonzepte 6.) Probleme 1.) Definition Ein Krankenhaus-Informationssystem (KIS) ist ein abgeschlossenes integriertes System der Übertragung und Verarbeitung der in einem Krankenhaus entstehenden Informationen. Es hat drei Hauptaufgabengebiete: die patientenbezogene Informationsverarbeitung, die Verwaltung und die Forschung. (Definition Adam, 1980) 2.) Warum? Es gibt mehrere Gründe, warum Krankenhaus-Informationssysteme eingesetzt werden. Ein Grund ist, dass die Diagnostik durch die schnelle Bereitstellung der benötigten Daten beschleunigt wird, zumal diese potentiell fehlerfrei sind und richtig zugeordnet werden. Gleichzeitig ist es möglich, sich einer gewünschten Präsentationsform dafür anzupassen. Man kann weiterhin durch eine zeitlich und inhaltlich exakte Planung in der Ablaufsteuerung Therapien verbessern, doppelte Untersuchungen oder Dokumentationen werden vermieden. Da zudem das medizinische Personal von administrativen Aufgaben sowie von der Dokumentation entlastet wird, kann die Pflege optimiert werden. Der technische Betrieb eines Krankenhauses kann durch ein gutes KIS weitaus zuverlässiger sein. Als ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verwaltung zu nennen. Die Effizienz dieser Aufgabe kann erhöht werden, was bei nicht-patientenspezifischen Aufgaben ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor für ein Krankenhaus ist. Ohne ein KIS wäre die Verwaltung zu 40% mit Informationsbeschaffung beschäftigt. Auch bei der Materialbeschaffung kann durch die zentrale Erfassung Geld gespart werden. Nicht zu unterschätzen ist auch die Möglichkeit, Informationen unabhängig von der Uhrzeit abrufen zu können, eventuell auch von außen per Internet. 3.) Geschichte Die ersten wirklichen Ansätze zu Krankenhaus-Informationssystemen wurden Anfang der 70er Jahre gemacht. Zuerst gab es Angebote von kommunalen Rechenzentren und großen Firmen wie IBM und Siemens, die in Kooperation mit verschiedenen Softwarehäusern traten, um diese Aufgabe für Krankenhäuser zu übernehmen. Auch erste Versuche mit autonomen Systemen stammten aus dieser Zeit. Allerdings versuchte man am Anfang gleich eine Integration aller Bereiche, also des administrativen sowie des medizinischen Bereichs, so dass die Versuche sowohl in den USA als auch in der BRD scheiterten. Man scheiterte an der hohen Komplexität eines durchgängigen Krankenhaus-Informationssystem. Weitere Gründe hierfür waren das Fehlen der notwendigen Hardware für ein ganzes Krankenhaus. Zu dieser Zeit gab es auch kaum preisgünstige Rechneranlagen, so dass ein solches KIS kurzfristig nicht finanzierbar war. 4.) Anforderungen Es gibt verschiedene Ebenen, in die ein Krankenhaus-Informationssystem hineinwirken soll. Man kann dieses in einer zeitlichen Achse von Vergangenheit über Gegenwart bis zur Zukunft darstellen. Die hauptsächliche Aufgabe des KIS in Hinblick auf die Vergangenheit ist die Dokumentation. Patientenakten müssen archiviert werden, dies ist sowohl vom Gesetzgeber vorgeschrieben, es besteht im juristischen Sinne eine sogenannte Nachweispflicht. Zudem können alte Patientenakten wertvolle Informationen über einen Patienten enthalten, der bereits einmal im Krankenhaus war. So kann man leicht bestimmen, ob zum Beispiel der Patient bereits eine Vorerkrankung im Sinne der Anamnese hatte, ob eine bestimmte Medikamentenunverträglichkeit besteht oder ähnliches. Außerdem ist durch die Archivierung eine nachträgliche Analyse zu wissenschaftlichen Zwecken sehr leicht möglich, zudem kann man auch leicht eine Statistik über ganz bestimmte Sachen wie zum Beispiel Krankheitsverläufe als auch allgemeine Statistiken über das Krankenhaus erstellen. Weitere Verwendung der Dokumentation ist die Erstellung von detaillierten Rechnungen an Krankenkassen, die sicherlich bald erforderlich sind. Grundlage hierfür bildet die im Krankenhaus-Informationssystem eingebettete elektronische Patientenakte. In Hinblick auf die Gegenwart ist die tägliche Arbeit im Krankenhaus zu nennen, die ein KIS sinnvoll unterstützen muss. Ein wichtiger Bestandteil ist die elektronische Patientenakte, über die aktuelle Informationen über Patienten durch das KIS abgerufen als auch ausgetauscht werden können. Dies betrifft beispielsweise Diagnosen und Medikationen, aber auch Terminplanungen für einzelne Funktionsbereiche wie EKG, Sonographie oder Röntgen etc. Damit werden bestimmte Abläufe in der Diagnostik eines Patienten besser aufeinander abgestimmt und somit auch die Wartezeiten minimiert, zumal dies meist zu einem kürzeren Krankenhausaufenthalt führt, was ja im Sinne eines jeden Patienten (wie auch jeder Krankenkasse) ist. Auch in die Zukunft muss ein gutes KIS hineinwirken. Dies betrifft hauptsächlich die Planung. Beispielweise kann die Verwaltung die Bettenbelegung in einem Krankenhaus erfassen und sowohl Engpässe als auch Überkapazitäten feststellen. Auch bei der Materialbeschaffung sollte das KIS eine große Rolle spielen, das geht von der zentralen Bestellung von Materialien bis hin zur Bestandaufnahme an Medikamenten, Verbandsmaterial etc. Und auch in der Behandlung kann ein Krankenhaus-Informationssystem helfen. Genannt wurde schon die Planung der Diagnostik, hinzu kommt beispielhaft auch Langzeitbehandlungen von Patienten. Ein Krankenhaus-Informationssystem wirkt also in alle vier wichtigen Bereiche eines Krankenhauses hinein: in den medizinischen Bereich , in die Versorgung und die Pflege, in den technischen Bereich und in die Verwaltung. Dabei soll es die Bereiche sowohl unterstützen bzw. effektivieren als auch miteinander verbinden, also eine schnelle Kommunikation zwischen den Bereichen ermöglichen. Durch die verschiedenen Anforderung der Bereiche und auch deren mögliche Größe innerhalb eines Krankenhauses liegt es auf der Hand, dass ein gutes Krankenhausinformationssystem sehr, sehr komplex ist. Daraus wird auch schnell klar, dass die Stabilität aufgrund der Abhängigkeit der Bereiche und auch die Benutzerfreundlichkeit des Krankenhaus-Informationssystems, ohne die ein KIS nicht effizient bedient und damit arbeiten kann, von entscheidender Bedeutung ist. 6.) Systemkonzepte Man kann die Systemkonzepte in zwei Gruppen teilen. Die eine Gruppe umfasst Verbundlösungen, die andere sind autonome Lösungen. Zu den Verbundlösungen gehören sowohl teilmanuelle und teilautonome Systeme als auch Online-Systeme. Verbundlösungen werden dadurch gekennzeichnet, dass ein EDV-Verbund zwischen Krankenhaus und einem Service-Rechenzentrum besteht. Anbieter eines solchen Service-Rechenzentrums sind kommunale oder firmeneigene Datenzentren. Allerdings sind solche Verbundlösungen für ein Krankenhausinformationssystem auf dem Rückzug, die Marktanteile sinken. Grund dafür ist die heutige Verfügbarkeit der notwendigen Hardware für autonome Systeme bzw. deren stark gesunkenen Hardware-Preise. Trotzdem ein Überblick über die verschiedenen Implementierungen: Teilmanuelle Systeme zeichnen sind dadurch aus, dass im Krankenhaus die Dateneingabe über Formulare erfolgt. Diese werden maschinell im Service-Rechenzentrum eingegeben. Die Daten werden vor Ort bearbeitet und die Ergebnisrückmeldung einschließlich der Fehlerprotokolle erfolgt in Form von maschinellen Ausdrucken, die per Botendienst zum Krankenhaus gebracht werden. Der Einsatz ist auf administrative Daten beschränkt, da die Verarbeitung durch die Überbringung und Eingabe der Daten stark verzögert wird. Problematisch ist auch die Dateneingabe durch einen Operator, da dieser normalerweise über keine medizinischen Kenntnisse verfügt. Auch die Fehlerbehebung ist dadurch nur beschränkt möglich. Teilmanuelle Systeme kommen aus den Anfangszeiten der KIS, als Computersysteme in Krankenhäusern aus Kostengründen nicht vorhanden waren. Teilautonome Systeme gehen hier einen Schritt weiter und nutzen vorhandene EDV im Krankenhaus als Eingabe der Daten aus. Diese werden dort auch teilweise verarbeitet, dies betrifft die Plausibilitäts- und Fehlerprüfung, aber auch zeitkritische Aspekte der Patientenverwaltung. Die Kommunikation mit dem Service-Rechenzentrum erfolgt hier über Datenträgeraustausch oder auch schon über Datenfernübertragung. Die Massendaten werden dann im Service-Rechenzentrum verarbeitet und die Ergebnisrückmeldung erfolgt über maschinelle Ausdrucke. Mit diesem System lassen sich sowohl administrative als auch medizinische Daten verwalten, letztere allerdings nur in Form von Abrechnungen. Die Problematik der verzögerten Verarbeitung und der Fehlerbehebung bleiben vorhanden. Online-Systeme laufen über Terminals in den Leistungsstellen, die auch mit Peripherie ausgestattet sind. Die Anbindung an das Service-Rechenzentrums erfolgt über das LAN oder über spezielle Datennetze (Direktverbindung). Die Daten werden weiterhin im Rechenzentrum verarbeitet. Diese Lösung stellt im Bereich der Verbundlösungen den höchsten Automatisierungsgrad dar. Einsatzgebiete sind hier sehr vielfältig: Standardaufgaben der Verwaltung, Verarbeitung von medizinischen Daten, Steuerung der Patientenströme (also Einbestellung, Aufnahme, Verlegung und Entlassung), Disposition und Koordination der Leistungsanforderungen und die Auswertung und Ergebnispräsentation von Daten für administrative, pflegerische, aber auch medizinische Bedürfnisse. Durch die Verfügbarkeit sind heutzutage autonome Systeme die Standardlösung. Autonome Systeme kommen ohne ein Service-Rechenzentrum aus, das gesamte System ist in die Infrastruktur des Krankenhauses als ein wesentlicher Bestandteil eingebunden. Doch auch hier gibt es verschiedene Ansätze der Systemarchitektur, die aber zum Teil auch fließend ineinander übergehen, je nach Anforderungen von Teilbereichen des Krankenhausinformationssystems. Integrierte bzw. zentrale Systeme haben einen Zentralserver für die gesamte Verarbeitung, ein redundantes Gegenstück für Leistungsspitzen, Ausfall des Primärservers oder beim Backup ist notwendig. Ansonsten besteht das System nur noch aus kleinen Terminals mit Druckern etc., die zum Beispiel über alle Stationen eines Krankenhauses verteilt sind. Die Vorteile dieser Lösung liegen in der Übersichtlichkeit, so dass das System gerade für kleine Krankenhäuser gut geeignet ist, und in der einfachen Administrierbarkeit, da die Clientseite einfach erweiterbar ist. Nachteile des Systems befinden sich hauptsächlich serverseitig: Problematisch ist, dass der Server eine hohe Rechenleistung aufweisen muss und damit recht teuer ist, weiterhin lässt sich der Server nur schwer Updaten oder Erweitern, da wahrscheinlich dazu das System heruntergefahren werden muss. Durch die zentrale Struktur ist das System nicht übermäßig stabil, also auch nicht sehr ausfallsicher, aber auch leicht am Server angreifbar. Und als letztes ist noch zu erwähnen, dass unter Volllast schnell die Grenze der Belastbarkeit durch das Netzwerkinterface erreicht wird. Dedizierte bzw. modulare Systeme haben zwar noch einen zentralen Server, dieser übernimmt aber nicht alle Aufgaben des Systems, sondern nur die Verlinkung und die Administration einzelner Server. Diese Server oder Module werden mit eigenen Applikationen, zugeschnitten auf die jeweilige Aufgabenstellung, inklusive der Datenspeicherung ausgestattet. Beispiele für Module sind die Patientenaufnahme, die Stationsadministration, die Apotheke, das Labor, die Archivierung, die medizinische Dokumentation (Berichte, Briefe) und die Krankenaktenführung. Klar ist, dass das System im Laufe der Zeit an die Größe des Krankenhauses leicht angepasst werden kann, es wächst oder schrumpft also mit. Ein weiterer Vorteil ist, dass Modifikationen in geringerem Umfang ohne Stillegung des Gesamtsystems möglich sind. Und da die nötige Gesamtrechenleistung auf die einzelnen Systeme verteilt sind, sind die Anforderungen und damit die Anschaffung der Module nicht so hoch bzw. kostspielig. Ebenfalls ist das System durch die Verteilung der Rechenleistung für größere Krankenhäuser geeignet. Trotzdem weist das System auch Nachteile auf: Durch die Verwendung eines Zentralservers ist keine optimale Ausfallsicherheit gewährleistet, dazu arbeitet so heterogene Hardware wie die notwendigen Module erfahrungsgemäß nicht so optimal zusammen. Medizinisch-Technische Systeme laufen meistens völlig ohne einen Zentralserver. Im Einsatz befinden sich hier intelligente EDV-Einzelsysteme, zwar primär für eine bestimmte Funktion ausgelegt, aber auch bestens geeignet für eine Anbindung an ein Krankenhausinformationssystem. Beispiele hierfür sind bildverarbeitende System (Rechner für die Bilddarstellung unabdingbar), Laborgeräte und die Überwachungsgeräte einer Intensivstation (Monitoring). Es wird sofort klar, dass ein solches System recht preisgünstig ist, da sowieso vorhandene und notwendige Systeme genutzt werden. Somit lässt sich das System auch beliebig erweitern und ist natürlich unabhängig von Hardware und Software. Problematisch ist aber der schnell recht unübersichtliche und komplexe Aufbau, der auch nur schwer zu überwachen ist. Dazu kommt, dass die System untereinander ein Standardformat zum Datenaustausch nutzen müssten, die also Systemkompatibilität sicherstellen. Außerdem gibt es natürlich Bereiche in der Medizin, die primär nicht durch EDV abgedeckt ist, Beispiel hierfür wäre der Pflegebereich. 7.) Probleme Durch die Komplexität der Aufgabenstellung eines Krankenhausinformationssystems ergeben sich natürlich vielfältige Probleme. Eines davon ist, dass in der praktischen Anwendung das KIS unvollständig in die Krankenhausinfrastruktur integriert ist, so dass die Effizienzvorteile des KIS zunichte gemacht werden. Aber die vollständige Integration macht das Krankenhaus auch abhängig vom System, und so könnte ein Systemausfall die Gefahr bergen, dass das gesamte Krankenhaus in seiner Funktion lahmgelegt wird. Doch schon bei der Erstinstallation des KIS können Probleme auftreten: Eventuell ist kein ordentlicher EDV-Betrieb während der Installation möglich, hinzu kommen oft Startprobleme wie beispielsweise die Umstellung der EDV und die Einarbeitung der Mitarbeiter in das System, so dass Schulungen in nicht unerheblichen Maße notwendig werden, zudem ist die vorhandene EDV im Krankenhaus meist inkompatibel. Da das KIS sehr komplex ist, werden spezielle, gut ausgebildete und damit auch teure Systemadministratoren notwendig. Für ein Krankenhaus ist aber auch die Errichtung eines KIS schwierig, erstens ist die Erstinstallation mit riesigen Anschaffungskosten verbunden und zweitens existieren auf dem Markt oft nur Standardlösungen, die erst an das Krankenhaus angepasst werden muss. Ein weiterer Punkt ist die Benutzerfreundlichkeit: Das System verlangt für seine Verarbeitungsaufgaben viel Rechenleistung, so dass oftmals für eine anständige graphische Oberfläche bzw. für ein richtiges Hilfesystem keine Leistung mehr zur Verfügung steht, zumal an diesem Punkt gerade bei preisgünstigen Systemen gespart wird. Als letzte Schwierigkeit ist noch die Systemkompatibilität zu nennen, denn oftmals entwickelten Universitätskliniken über die Universitätsinstitute der Informatik hauseigene Krankenhausinformationssysteme, ohne dass eine Anstrengung unternommen wurde, sie auch für weitere Krankenhäuser nutzbar zu machen bzw. deren Wartung zu übernehmen oder zu delegieren.