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Sanierung München
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Projekt
Sanierung
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München
mikado edition 2013
▴▴Im Neubau (rechts) befinden sich in den unteren beiden Geschossen
Büroräume der GWG und in den beiden oberen Mietwohnungen
Komposition in
Grau und Grün
Wenn zur energetischen Fassadenmodernisierung
auch noch Aufstockungen und Anbauten hinzukommen,
dann sind Holzbauelemente besonders interessant.
Stefan Müller-Naumann / GWG München
S
chnell und billig – das waren die Prämissen des Massenwohnungsbaus in den 1950er-Jahren. Funktional, konstruktiv,
gestalterisch und energetisch sind diese Gebäude schon
lange nicht mehr zeitgemäß. Ihre Sanierung, Nachverdichtung und
Aufwertung gehört deshalb zu den wichtigsten Bauaufgaben. Ein
typisches Beispiel dafür ist eine Wohnanlage im Münchner Stadtteil Sendling: lange dreigeschossige Mauerwerksbauten, teils aus
Kriegsschutt errichtet, mit kleinen Zimmern, Einzelraumheizungen,
fast noch im Originalzustand, jedoch ziemlich heruntergekommen.
Der Heizenergiebedarf lag ungefähr beim Vierfachen dessen, was
die EnEV 2009 für Neubauten vorschreibt.
Die Sanierungsziele waren ehrgeizig: Energieeffizienz und
Nachhaltigkeit sollten vorbildlich sein, die Bausubstanz für
40 Jahre nachrüstungsfrei bleiben – und Holz zum Einsatz kommen. Schon in den 1990er-Jahren hatte der Bauherr, die städtische
Wohnungsgesellschaft GWG München, Neubauten in Holzbauweise errichtet. Nun sollte der Holzbau seine Brauchbarkeit für die
Gesamterneuerung innerstädtischer Bausubstanz beweisen.
Es lag nahe, dabei auf das große Holzbau-Know-how der
Technischen Universität München zurückzugreifen. Schon im
Wintersemester 2006/07 hatten Prof. Hermann Kaufmann und
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Sanierung München
▴▴Das linke Gebäude wurde modernisiert und aufgestockt, das rechte neu errichtet. Im Hintergrund steht ein noch unsaniertes Gebäude gleichen Typs
Florian Lichtblau ihre Architekturstudenten Entwürfe zur Weiterentwicklung der Wohnanlage anfertigen lassen. 2008 erhielten die
beiden Architekten von der GWG den Auftrag zur Entwicklung und
Umsetzung eines konkreten Sanierungskonzepts. Parallel lief an
der TU München unter Leitung der Lehrstühle von Prof. Hermann
Kaufmann und Prof. Stefan Winter das große europäische Forschungsprojekt „TES EnergyFacade“, das die Fassadensanierung
mit vorgefertigten Holzrahmenbauelementen wissenschaftlich
untersuchte und zu marktfähigen Lösungen weiterentwickelte.
Das traf sich natürlich gut.
▴▴Der Neubau erhielt keine vorgestellten Balkone, sondern tief
eingeschnittene Loggien
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Durchdachtes Maßnahmenpaket
Bestandserneuerungen lassen sich dann gut finanzieren, wenn
dabei auch zusätzliche Flächen zum Verkaufen oder Vermieten
entstehen, wenn sich also ein Teil der Ausgaben durch zusätzliche
Einnahmen decken lässt. Das war hier der Fall: Um 62 Prozent
nahm die Nutzfläche zu. Drei Maßnahmen machten es möglich:
(1) die Aufstockung des dreigeschossigen Bestands um ein
Geschoss, (2) ein neues Erschließungssystem mit Laubengängen,
wobei die alten innenliegenden Treppenhäuser den Wohnungen
zugeschlagen wurden, und (3) ein den Bestand ergänzender
Neubau – in Holzbauweise. Für den wurde ein Teil der alten, ungeeigneten Bausubstanz abgerissen. Ansonsten war die Erhaltung
der Bausubstanz erklärtes Ziel, um Abfall zu vermeiden und die
graue Energie auf ein notwendiges Minimum zu beschränken. Die
Ökobilanz eines Gebäudes beginnt schon in der Bauphase.
Die Maßnahmen verbesserten das Verhältnis der Außenflächen
zum Raumvolumen von 0,54 auf 0,45. Schon das reduziert den
Heizenergiebedarf, doch für den großen Sprung von vorher
195 kWh/(m²a) auf nachher 21 kWh/(m²a) sorgte die neue Wärmedämmung: Von 1,6 auf 0,12 W/(m²K) verbesserte sich der U-Wert
der Außenwand, von 1,2 auf 0,12 W/(m²K) der des Dachs, von 2,6
auf 0,90 W/(m²K) der der Fenster. Die Aufstockungen ersetzten
ungedämmte Dachstühle und fassten die Außenräume klarer.
Durch den querstehenden Erweiterungsbau und eine sensible
Freiflächengestaltung bekamen sie Hofcharakter mit höherer
Aufenthaltsqualität. Der markanteste Eingriff sind die neuen
Fassaden: Sie besitzen sichtbare Holzoberflächen. So etwas galt
früher als ländlich und unangemessen für städtische Lagen. Heute
zeigt sich hier ein Sinneswandel und Paradigmenwechsel.
▴▴Laubengänge ersetzen die früheren Treppenhäuser
▴▴Die Fassade: sägeraue Fichtenbretter mit grauer Lasur
Ausbalancierte Farbgebung
Die Holzschalung besteht aus senkrecht angebrachten, sägerau
belassenen und silbergrau lasierten Fichtenbrettern. Das Grau
orientiert sich an dem Farbton, der sich bei unbehandeltem Holz
von selbst bilden würde. Falls der Regen die Farbpigmente mit der
Zeit auswäscht – kein Problem: Das natürliche Grau ersetzt das
künstliche. Drei kräftige Grüntöne, mit denen die Metallplatten der
Balkon- und Laubengangbrüstungen lackiert wurden, setzen einen
markanten Kontrast. Beruhigendes Grau und anregendes Grün sind
gut ausbalanciert. Sie bilden eine wohltuende Farbkomposition
und verleihen der Wohnanlage Prägnanz.
Für den Einsatz von Holz als Fassadenoberfläche gibt es neben
ökologischen und gestalterischen Gründen aber auch ganz pragmatische: Sägeraue Holzschalungen sind wesentlich preisgünstiger
als Fassadenplatten. Sie sind zudem robuster – „verzeihen“ beim
Transport eventuell auftretende Stöße eher als Produkte mit
glatten Oberflächen. Kleine Fehlstellen fallen überhaupt nicht
auf. Ein weiterer Grund für sägeraue Holzschalungen: Sie sind
lange haltbar und brauchen so gut wie keine Wartung. Da die
Holzfasern und Fugen senkrecht stehen, läuft der Regen zudem
besser ab, als das bei horizontal liegenden der Fall wäre. Das Holz
ist schnell wieder trocken.
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aber auch der Baumethode: Vorgefertigte HolzrahmenbauElemente können aus fertigungs-, transport- und montagetechnischen Gründen nicht beliebig groß sein. Übliche Geschosshöhen
sind noch gut handhabbar. Ein Kran hebt die Elemente an ihre
Position, wo sie die Zimmerer in kurzer Zeit montieren. Da
die Bestandsbauten aufgrund der schlechten Bauqualität kaum
statische Reserven besitzen, wird das Gewicht der neuen Fassade
nach unten abgeleitet: auf einen Stahlbetonbalken, der auf für die
Balkone und Laubengänge neu errichteten Fundamenten liegt.
Durch die einheitliche Fassadengestaltung ist der Erweiterungsbau von den beiden Bestandsbauten von außen kaum
zu unterscheiden – innen dagegen schon: Der Neubau ist der
erste Viergeschosser Münchens, der mit sichtbaren Holzdecken
ausgeführt ist – sowohl in den Büroräumen als auch in den
Mietwohnungen. Die Decken und Innenwände bestehen aus Brettsperrholz, die Außenwände aus Holzrahmenbau-Elementen. Die
Wände wurden aus Brandschutzgründen eingekapselt.
Holzbau braucht Bauteams
▴▴Die Bestandsbauten erhielten auf ihrer Westseite neue, vorgestellte
Balkone, die deutlich größer sind als die früheren. Ihre Brüstungen
bestehen auf der Vorderseite aus in drei Grüntönen lackierten Blechen
Brandschutz gliedert Fassade
Den Brandschutzbehörden aber sind Holzoberflächen immer noch
ziemlich suspekt. In München zerstörte der große Stadtbrand
von 1327 ein Drittel der damaligen Stadt. Die Angst vor solchen
Katastrophen prägt die Bauregeln bis heute. Für Holzfassaden gilt:
Sie dürfen nicht hinterlüftet sein, denn das würde im Brandfall
dazu führen, dass sich durch den Kamineffekt das Feuer über die
Fassade schnell zu den höher gelegenen Geschossen ausbreitet.
Daher ist eine regelmäßige Unterbrechung der Holzschalung
vorgeschrieben: ein Band aus horizontalen Blechwinkeln pro
Geschoss. Das hemmt im Brandfall die Ausbreitung des Feuers
hinter und vor der Fassade.
Hinterlüftet ist die Holzschalung bei der Wohnanlage in Sendling aber nicht. Auch nicht belüftet, also unten offen und oben
geschlossen. „Das braucht es bei so einer überfälzten Holzschalung
gar nicht“, erklärt Kaufmann. „Die ist sowieso nicht luftdicht. Also
findet ständig ein Luftaustausch statt, der ausreicht, damit sich
im Inneren der Konstruktion keine Feuchtigkeit hält.“
Die Gliederung in Geschosse erinnert an Gründerzeitfassaden,
bei denen Gesimse zum üblichen Formenkanon gehörten, entspricht
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Der erste Bauabschnitt ist fertig. Der zweite im Bau: ein viergeschossiger Neubau in Holzbauweise als Ersatz für einen nicht
erhaltenswürdigen Bestandsbau. Und dann kommt wohl bald die
nächste Wohnanlage. Tausende noch unsanierter Wohnungen
aus den 1950er- und 1960er-Jahren besitzt allein die GWG,
Zehntausende gibt es in München, Millionen in Deutschland. Ein
gigantischer Markt. Eine große Chance für den Holzbau. Auch
eine große Chance für jedes Holzbauunternehmen?
„Prinzipiell ja! Es muss nur eine Werkhalle haben, um dort
die großen Holzrahmenbau-Elemente vorzufertigen“, antwortet Kaufmann. „Entscheidend für uns Architekten sind nicht
Betriebsgröße und Preis, sondern: Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit
und Qualität. Das Sanieren mit großen Holzrahmenbau-Elementen
sieht zwar lapidar aus, ist aber sehr anspruchsvoll. Es verlangt
gewissenhaftes, hochpräzises Planen und Bauen sowie eine exakte
Taktung. Maximale Vorfertigung ist das Ziel. Die Methode steht
und fällt mit dem Grad der Vorfertigung!“
Die Methode erfordert ein Umdenken bei im Holzbau unerfahrenen Architekten. Im Massivbau haben sich viele daran
gewöhnt, ihren Entwurf während des Bauprozesses stufenweise
anzupassen, sich irgendwie „durchzuwursteln“. Im Holzbau funktioniert das nicht. Er verlangt eine konsequent zu Ende gedachte
Planung und Detaillierung. Die gelingt, wenn Architekten und
Holzbauunternehmen schon in einer frühen Planungsphase
eng zusammenarbeiten. Der üblichen von der VOB geforderten
Ausschreibungs- und Vergabepraxis entspricht das allerdings
nicht mehr. „Die muss sich ändern“, fordert Lichtblau. „Bauteamverfahren sind im Holzbau die beste Lösung. Bauteams aus
Architekten und Holzbauunternehmen führen zur Optimierung
der Planung, Abläufe, Kosten und Bauqualität. Damit Bauteams
funktionieren, ist jedoch ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft und Kommunikationsfähigkeit notwendig.“
Bauteams sind eine mittelständische Alternative zum Generalübernehmer. Für Holzbauunternehmen bieten sie die große Chance,
wegzukommen vom Kampf um das niedrigste Preisangebot. Architekten suchen zuverlässige Partner und wissen, dass Qualität ihren
Preis hat. Wenn die Zusammenarbeit gut klappt, ist das nächste
gemeinsame Projekt nur eine Frage der Zeit.
Günther Hartmann, Kissing ▪
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Sanierung München
Steckbrief
Bauprojekt:
Gesamterneuerung einer Mietwohnungsanlage
D-81373 München
Bauzeit:
Juni 2010 bis Februar 2012
Wohnungen:
Vorher: 36 ı Nachher: 46 + Büros
Bruttogeschossfläche:
Vorher: 4384 m² ı Nachher: 6431 m²
Nutzfläche:
Vorher: 2016 m² ı Nachher: 3323 m² (inkl. Büros)
Heizenergiebedarf:
Vorher: 195 kWh/(m²a) ı Nachher: 21 kWh/(m²a) (PHPP)
Fassadenschnitt
Außenwandaufbau:
Nut-und-Feder-Schalung,
Fichte, sägerau,
silbergrau gestrichen, 24 mm
Lattung, 24 mm
Winddichtung
Gipsfaserplatte, 15 mm
Brettschichtholz, 210 mm
dazwischen Wärmedämmung
Hartfaserplatte, 4 mm
Ausflockung mit Zellulose
als Toleranzausgleich, 3 – 7 cm
Putz (Bestand), 25 mm
Mauerwerk (Bestand), 300 mm
Putz (Bestand), 15 mm
Bauherr:
GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH
D-80339 München ı www.gwg-muenchen.de
Planung:
Kaufmann.Lichtblau.Architekten ı D-81545 München
www.hermann-kaufmann.at
www.lichtblau-architekten.de
Brandschutz:
Bauart Konstruktions GmbH & Co. KG
D-80796 München ı www.bauart-konstruktion.de
Balkonplatte:
Betonfertigteil, Gefälle 2 %
Stahlträger IPE 140
Ausführung:
müllerblaustein Holzbau GmbH
D-89134 Blaustein ı www.muellerblaustein.de
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