Vorbereitung zur Mathematik für VWL und Statistik Reinhard Ullrich Version 25.09.2012 Basierend auf: H. Schichl, R. Steinbauer, Arbeiten Einführung in das mathematische , Springer, 2009 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 2 Aussagenlogik 4 2.1 Aussagen - die kleinsten Einheiten der Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2 Verknüpfungen von Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.1 Das logische UND . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.2 Das logische ODER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.3 Das logische NICHT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2.4 Die Implikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.5 Die Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Arbeiten mit den logischen Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.3.1 Das Zusammenspiel von NICHT, UND und ODER . . . . . . . . . 9 2.3.2 Kontraposition und Verneinung der Implikation . . . . . . . . . . . 10 2.3.3 Umschreiben der Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.3 2.4 Die Quantoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Der Allquantor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Der Existenzquantor 2.4.3 Die Verneinung von All- und Existenzquantor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . . . . . . . . . . . . 11 11 12 13 2.4.4 Verkettungen von Quantoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Mathematische Sätze und deren Beweise 13 14 3.1 Das System (Axiom-)Denition-Satz-Beweis . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.2 Sätze / Theoreme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3.2.1 . . . . . . . . . . . . . 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.3.1 Der Direkte Beweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.3.2 Der Indirekte Beweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.3.3 Vollständige Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.3.4 Äquivalenzen beweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.3.5 Das Gegenbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3.3 Hinreichende und Notwendige Bedingungen Beweise 4 Mengen (und Intervalle) 25 4.1 Mengen - Denition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.2 Arbeiten mit Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.3 Die Menge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 R und Intervalle 4.3.1 Intervalle in 4.3.2 Anwendung: Denitionsmengen von Funktionen R . . . . . . . . . . . 5 Übungsbeispiele 32 32 5.1 Aussagenlogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 5.2 Sätze und Beweise 33 5.3 Mengen und Intervalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1 Einleitung Mathematik, wie sie in einem (Mathematik-)Studium oder in der wissenschaftlichen Vorschung betrieben wird, unterscheidet sich fundamental von der Mathematik in der Schule. In der Schule geht es vor allem darum, Beispiele zu lösen und rechnen zu lernen, ohne genau zu wissen, warum eine Aufgabe genau so gelöst werden kann. Wissenschaftliche Mathematik beschäftigt sich aber ausschlieÿlich mit der Frage, warum man Dinge so rechnen darf, wie man es in der Schule gelernt hat, und noch viel mehr. Das bedeutet aber nicht, dass man in der Schule gelerntes getrost vergessen darf, richtig rechnen können wird immer unausgesprochen vorausgesetzt. Mit dieser Umstellung einher geht bei vielen Erstesemestrigen der sogenannte Abstraktionsschock, Konzepte werden oft sehr allgemein, ohne Zahlen und nur mit Variablen beschrieben . Dazu werden anfangs mathematische Begrie te Sätze dazu aufgestellt, die dann bewiesen 2 deniert, dann werden sogenann- werden. Dieses System wird oft Denition- Satz-Beweis genannt, wir kommen später darauf zurück. Auch die Sprache in der Mathmatik ist ein wenig anders als die Alltagssprache. Verwirrend ist am Anfang oft, dass die gleiche Sprache verwendet wird, aber manchmal eine andere Bedeutung hat. Wir werden auf dieses Problem später noch eingehen, zwei kurze Beispiele sollen hier gegeben werden. Example 1. oder Zitrone in den Tee?, bedeutet in der Mathematik, oder beides in den Tee bekommen kann, was im Alltag Möchtest du Milch dass man Milch, oder Zitrone, zumindest sehr ungewöhnlich ist und normalerweise mit dieser Frage nicht gemeint wurde. Um diese Frage mathematisch genau zu formulieren, würde man sagen: Möchtest du entweder Milch oder Zitrone in den Tee? Example 2. Ich habe einen Bruder, bedeutet in der Mathematik, dass man mindestens einen Bruder hat, dh. einen Bruder oder mehr. Um zu beschreiben, dass man genau einen Bruder hat, würde man das so sagen: Ich habe genau einen Bruder. Dieses Beispiel mag einem zurecht ein bisschen schwachsinnig vorkommen, es ist oft problematisch, Alltagsprobleme mit mathematischer Sprache zu beschreiben. Aber in der Aussage: Es gibt x, welches gröÿer als gemeint: Es gibt 5 ein ist, macht diese Sprechweise schon mehr Sinn, hier ist wieder mindestens ein x, welches gröÿer als 5 ist. Die einführenden Mathematik- und Statistiklehrveranstaltungen, also Lineare Algebra, Analysis, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Inferenzstatistik (Vorlesungen und Übungen) stehen zwischen einem Mathematikstudium und Mathematik in der Schule. Die Vorlesungen folgen (je nach Fach mehr oder weniger) dem System Denition-Satz-Beweis, aber nicht so strikt und ausführlich, wie es Studierende der Mathematik lernen. Bei den Übungen steht die Anwendung der gelernten Konzepte im Vordergrund, Sie müssen vor allem Beispiele lösen (dh. wissen, wie man sie rechnet), müssen aber die Theorie nicht beweisen können. Für die Prüfungen muss man die Theorie verstanden haben und Beispiele lösen können, aber auch hier werden tendenziell keine Beweise abgeprüft. Das ist der grundlegende Unterschied zu einem Mathematikstudium, wo fast ausschlieÿlich Beweise abgeprüft werden. Trotzdem ist es für Sie sehr wichtig zu verstehen, wie Logik, mathematische Sätze und Beweise funktionieren, das ist ein groÿe Ziel dieses Skriptums. Das zweite groÿe Ziel ist es, Ihnen Mengen und Zahlen näherzubringen. Vieles davon wird aus Zeitgründen in den Vorlesungen nicht so ausführlich behandelt, das Skriptum soll auch hier eine Einstiegshilfe darstellen. Konzipiert ist das Skriptum zum Selbststudium, am Ende des Skriptums sind Übungsaufgaben zu jedem Kapitel, und Lösungen dazu sind auf meiner Homepage zu nden. In diesem Sinne viel Spaÿ und Erfolg damit! Reinhard Ullrich, 2012 ([email protected]) 3 2 Aussagenlogik 2.1 Aussagen - die kleinsten Einheiten der Logik Wir begnügen uns im Rahmne dieses Skriptums mit einer recht anschaulichen Denition einer Aussage: Denition 3 (Aussage) . Eine Aussage ist ein Hauptsatz (im grammatikalischen Sinne), der entweder wahr oder falsch ist. Example 4. • Gleich ein paar Beispiele für Aussagen: Wale sind Säugetiere. • 5 ist kleiner als 7. (Mathematisch ausgedrückt: 5 < 7) • Es gibt unendlich viele Primzahlen. • Die Farbe der Donau in Wien am 01.10.2010 um 12h ist blau-grün-grau. • Für die Funktion f : D → R, f (x) = x2 gilt für 0 : ∀x ∈ D : |x − x0 | < δ ⇒ |f (x) − f (x0 )| < . alle Punkte x0 ∈ D: ∀ > 0 : ∃δ > Die ersten drei Beispiele sollten verständlich sein, das vierte Beispiel, nun ja, darüber kann man sicher streiten. Aber falls man die Farbe blau-grün-grau denieren kann, dann kann man diese Aussage sicher mit wahr oder falsch beantworten. Das fünfte Beispiel zeigt, dass Aussagen ziemlich kompliziert werden können. Die Aussage bedeutet: Die Funktion f : D → R, f (x) = x2 1 ist stetig auf ihrem gesamten Denitionsbereich . Keine Sorge, Sie brauchen den Inhalt jetzt nicht zu verstehen, aber zumindest am Ende des Sommersemesters sollten sie fähig sein, diese Aussage ungefähr nachzuvollziehen. Beispiele für Sätze, die keine Aussagen sind: • Wer geht heute mit mir Kaee trinken? • 5 + 8. • Die Farbe des Tisches ist laut. Das erste Beispiel ist einfach eine Frage und kein Satz im grammatikalischen Sinne. Das zweite Beispiel ist eine Rechnung, aber so, wie sie hier steht, kann man sie weder mit ja noch mit nein beantworten. Wenn stehen würde: 5 + 8 = 10 wäre das eine Aussage, und zwar eine falsche. Das dritte Beispiel ist ein Beispiel für einen sinnlosen Satz, das Wort laut bezeichnet keine Farbe, daher ist der Satz auch nicht mit wahr oder falsch zu beantworten. Aber sinnlose Sätze sind eher ein Gebiet der Philosophie, daher werden wir uns nicht weiter mit ihnen beschäftigen. 1 Die Schreibweise f : D → R, f (x) = x2 bedeutet y(x) = x2 und ist die mathematisch exakte Darstel- lung einer Funktion. Sie werden das in der Vorlesung kennenlernen 4 2.2 Verknüpfungen von Aussagen Der nächste Schritt ist Aussagen miteinander zu verbinden, das stammt aus der Boolschen Algebra, die manche von Ihnen vielleicht schon in der Schule kennengelernt haben und die auch in der Elektronik verwendet wird. Immer wenn eine Aussage wahr ist, dann ordnen wir ihr jetzt den Wert 1 zu, oft wird W ahr, W, T rue, T, Ja, J, Y es, Y . Wenn eine Aussage falsch ist, Wert 0, oft auch mit F alsch, F alse, F, N ein, N o, N bezeichnet. dafür auch geschrieben: dann bekommt sie den Damit lässt sich eine sogenannte sagen, die mit a und b Wahrheitstabelle aufstellen. Wir haben nun zwei Aus- bezeichnet werden. Dann sind insgesamt vier Kombinationen an Wahrheitswerten möglich, beide wahr, beide falsch, a falsch. a b 1 1 1 0 0 1 0 0 a wahr und b falsch und b wahr und Die Wahrheitstabelle dazu sieht so aus: Das ist noch keine Verknüpfung der Aussagen a und b, aber es bildet das Grundgerüst, wie man Verknüpfungen logisch aufbaut. 2.2.1 Das logische UND Als erstes nehmen wir die Aussage Aussage, die wir a ∧ b a und die Aussage nennen, gesprochen a und b. b und bilden daraus eine neue Dieser neuen Aussage ordnen wir folgende Wahrheitswerte zu: a b a∧b 1 1 1 1 0 0 0 1 0 0 0 0 Das entspricht in etwa unserer Alltagssprache, das logische Und deckt sich also mit dem alltagssprachlichen Unde. Die Aussage Es regnet wenn und beides und der Wind geht ist nur dann wahr, der Fall ist, ansonsten ist sie falsch. Auch auf die Frage: Möchtest du Milch Zucker in den Tee?, kann man mit Ja antworten. 2.2.2 Das logische ODER Analog zum logischen Und führen wir das logische Oder ein, geschrieben a∨b, gesprochen a oder b, mit den folgenden Wahrheitswerten: 5 a b a∨b 1 1 1 1 0 1 0 1 1 0 0 0 Denken Sie zurück an Beispiel 1. Im Gegensatz zur Alltagssprache beinhaltet das logische Oder auch den Fall, dass beide Aussagen wahr sind. Ein weiteres Beispiel wäre: Heute Abend gehen wir ins Kino oder ins Theater, das bedeutet im Alltag normalerweise nicht, dass man beides macht, in der Mathematik aber schon. Um mathematisch das auszudrücken, was eigentlich mit dieser Aussage gemeint ist, würde man sagen: Heute entweder ins Kino oder Ausschlieÿendes Oder genannt. Abend gehen wir ins Theater. Dieses entweder-oder wird auch Behalten Sie das im Hinterkopf, wenn Sie in der Vorlesung oder in der Übung das Wort oder hören! 2.2.3 Das logische NICHT Man kann, logisch betrachtet, eine Aussage verneinen, dann schreibt man ¬a und sagt dazu nicht a. Die Wahrheitstabelle hierfür sieht folgendermaÿen aus: a ¬a 1 0 0 1 Die Bedeutung entspricht wieder der Alltagssprache, auch wenn die Sprechweise gewöhnungsbedürftig ist. Die Aussage: Wir gehen heute nicht ins Kino, ist genau dann wahr, tja, wenn wir nicht ins Kino gehen. Aber die Frage: Schatz, gehen wir heute nicht ins Kino?, einfach mit Ja oder Nein zu beantworten ist dann doch etwas gewöhnungsbedürftig. Man kann das logische Nicht auch zweimal (oder öfters) auf eine Aussage anwenden, dabei bekommen wir folgende Rechenregel, ¬(¬a) = a. Also ein nicht nicht a hebt sich wieder auf und ergibt nur die Aussage a. Das könnte man zeigen, indem man die Wahrheitstabelle dafür aufstellt, aber anschaulich sollte es verständlich sein. Als kleine Übung überlegen Sie sich, was folgendes Gespräch bedeutet: Schatz, gehen wir heute nicht nicht ins Kino? - Nein! 6 2.2.4 Die Implikation Die logische Konstruktion, die am schwersten zu verstehen ist, die aber gleichzeitig die wichtigste für uns in der Mathematik ist, ist die Man bildet aus zwei Aussagen a impliziert Implikation. a und b eine neue Aussage, geschrieben a ⇒ b, gesprochen b. Bevor die Implikation genau deniert wird, wollen wir noch einige weitere Sprechweisen für diese kennenlernen. • Sei • Aus • Sei • Wenn a (gegeben). Dann gilt a a folgt b. b. erfüllt, dann ergibt sich a gilt, dann gilt auch b. b. • a ist eine hinreichende Bedingung für • b gilt, wenn Die Aussage Folgerung a a b. gilt. wird auch oft Voraussetzung oder Bedingung genannt, die Aussage b wird genannt. Die Wahrheitstabelle für die Implikation ist folgende: a b a⇒b 1 1 1 1 0 0 0 1 1 0 0 1 Das erfordert eine längere Erklärung. Stellen sie sich folgende Aussage vor: Wenn es regnet, dann trage ich Gummistiefel. Die Aussage: Es regnet, ist unser Ich trage Gummistiefel, ist unser b. a, die Aussage: Spielen wir alle vier Fälle sprachlich durch. • a = 1, b = 1: Es regnet. Ich trage Gummistiefel. Dieser Fall sollte keine logischen Probleme bereiten. Beide Aussagen a und b sind wahr, also ist auch die Implikation wahr. • a = 0, b = 0: Es regnet nicht. Ich trage keine Gummistiefel. Auch dieser Fall sollte von Ihnen problemlos akzeptiert werden. Nachdem die Voraussetzung nicht erfüllt ist, und auch die Folgerung nicht, ist die Welt in Ordnung und die Implikation liefert in diesem Fall ein wahres Ergebnis zurück. • a = 1, b = 0: Es regnet. Ich trage keine Gummistiefel. Dieser Fall ist der einzige, wo die Implikation ein Falsch zurückliefert. Die ursprüngliche Aussage war ja: Wenn es regnet, dann trage ich Gummistiefel, jetzt regnet es und ich trage keine Gummistiefel, also widerspricht das der ursprünglichen Aussage und ist daher falsch. • a = 0, b = 1: Es regnet nicht. Ich trage Gummistiefel. Dieser Fall bereitet üblicher- weise Verständnisschwierigkeiten. Intuitiv könnte man annehmen, dass die Implikation hier falsch ist, sie bekommt aber wahr zugeordnet. Nun, es kann aber auch 7 andere Gründe als Regen geben, warum ich Gummistiefel trage. Vielleicht habe ich gerade an einer Exkursion zu einem Bachbett teilgenommen oder betoniere gerade einen Keller. Es ist vielleicht ungewöhnlich, dass ich Gummistiefel trage wenn es nicht regnet, aber es widerspricht nicht der ursprünglichen Aussage. Auch wenn Ihnen dieser Fall jetzt komisch vorkommt, es würde mathematische Probleme bereiten, wenn hier die Implikation als falsch deniert wäre. Wenn Ihnen das als Begründung nicht ausreicht, dann lernen Sie es einfach auswendig. Prägen Sie sich die Implikation sorgfältig ein, sie ist einer der Gründe, warum es dieses Skriptum gibt! Machen wir noch ein mathematischeres Beispiel dazu: Example 5. Nehmen Sie die folgende Aussage: Wenn die Funktion f dierenzierbar ist (auf ihrem gesamten Denitionsbereich), dann ist sie auch stetig (auf ihrem gesamten Denitionsbereich). Ich hoe Sie kennen die Konzepte Dierenzierbarkeit (Kein Knick) und Stetigkeit (Lässt sich durchzeichnen) so weit, dass sie diese Aussage nachvollziehen können. Wenn dierenzierbar ist, dann ist f auch stetig, das sollte klar sein. Wenn wäre, aber nicht stetig, dann wäre die Implikation falsch, sprich, die f wäre falsch und damit widerlegt. Wenn es zwei Möglichkeiten. Entweder f jetzt aber ist stetig oder f nicht f f also dierenzierbar gesamte Aussage dierenzierbar ist, dann gibt ist nicht stetig. Beides bereitet für die ursprüngliche Aussage keine Schwierigkeiten, weil ich nur gesagt habe: Funktion f Wenn die dierenzierbar ist, .... Wenn sie es nicht ist, dann tree ich keine Aussage darüber. Also egal, ob f stetig ist oder nicht, die Voraussetzung ist nicht erfüllt, also widerspricht das meiner Ursprungsaussage nicht. Inhaltlich gesehen sind die Funktionen, die nicht dierenzierbar aber stetig sind genau diejenigen, die man durchzeichen kann, die aber einen Knick haben. Nicht stetige Funktionen kann man nicht durchzeichnen, und diese kann man auch nicht (auf ihrem gesamten Denitionsbereich) dierenzieren. Aufgabe: Denken Sie dieses Beispiel genau durch und setzen Sie es in Beziehung zu dem Gummistiefel-Beispiel. Sie sollten ohne Probleme fähig sein, die Wahrheitstabelle und die Interpretation davon aufzuschreiben! 2.2.5 Die Äquivalenz 2 Ein weiterer wichtiger logischer Operator fehlt noch, die b sind äquivalent zueinander, in Zeichen a ⇔ b, Äquivalenz. Zwei Aussagen a und wenn sie die folgende Wahrheitstabelle erfüllen: 2 Die Zeichen für Und, Oder, Nicht, Implikation und Äquivalenz nennt man auch Operatoren. 8 a b a⇔b 1 1 1 1 0 0 0 1 0 0 0 1 Anschaulich sollte das weniger Probleme bereiten als die Implikation, wenn entweder und b wahr sind oder beide falsch, dann ist die Äquivalenz wahr. Wenn a b und a nicht den gleichen Wahrheitsgehalt haben, dann ist die Äquivalenz falsch. Auch hier gibt es weitere Sprechweisen dafür. • a ist gleichbedeutend / gleichwertig mit • a und • a gilt dann und nur dann, wenn auch • a gilt genau dann, wenn auch • a ist notwendig und hinreichend für b b. gehen auseinander hervor. b b gilt. gilt. b. Achten Sie auf die feinen sprachlichen Unterschiede! Wenn man sagt: b gilt dann, wenn a a a ⇒ b. Wenn man a ⇔ b gemeint! gilt, meint man die Implikation gilt, ist damit die Äquivalenz aber sagt: b gilt genau dann, wenn Machen wir wieder ein mathematischeres Beispiel dazu: Example 6. Nehmen Sie die Aussage: Eine natürliche Zahl ist dann und nur dann gerade, wenn ihr Quadrat gerade ist . In Zeichenschreibweise kann man das so formulieren, n Diese Aussage ist wahr, wenn n n gerade ⇔ n2 gerade ist und n2 ungerade ist, dann und nur dann ist auch wenn n gerade ist und n 2 gerade. 2 n gerade ist. Sie ist auch wahr, wenn ungerade. Falsch wäre die Äquivalenz, ungerade, oder anders herum, n2 gerade und n ungerade. Aber anschaulich betrachtet sollte Ihnen dieser Sachverhalt recht verständlich sein. 2.3 Arbeiten mit den logischen Operatoren Einige wichtige Umformungsschritte sollen hier beschrieben werden, diese kommen oft in Beweisen vor, sie sind, genau betrachtet, nichts weiter als logische Umformungen von Aussagen. 2.3.1 Das Zusammenspiel von NICHT, UND und ODER Wir lernen jetzt einige Regeln kennen, wie wir die Operatoren miteinander zusammenspielen lassen können. Prinzipiell kann man diese Regeln alle mit Hilfe der Wahrheitstabellen beweisen, aus Zeitgründen wird das hier unterlassen. Prägen Sie sich diese Regeln ein! 9 Theorem 7. Folgende Regeln gelten für Aussagen a, b und c: ¬(a ∧ b) ⇔ (¬a) ∨ (¬b) ¬(a ∨ b) ⇔ (¬a) ∧ (¬b) a ∨ (b ∧ c) ⇔ (a ∨ b) ∧ (a ∨ c) a ∧ (b ∨ c) ⇔ (a ∧ b) ∨ (a ∧ c). Die ersten zwei Regeln behandeln Verneinungen, Sie sehen, sobald eine Verneinung im Spiel ist, werden Und/Oder-Operatoren umgedreht, also aus einem logischen Und wird ein logisches Oder und umgekehrt. Diese Regelen werden auch Die zweiten zwei Regeln sind de Morgan Regeln genannt. Distributivgesetze, ähnlich den Distributivgesetzen, die Sie aus der Schule kennen sollten. Beispielsweise gilt 3 · (2 + 4) = 3 · 2 + 3 · 4, wenn Sie sich die Analogie zu den obigen Distributivgesetzen ansehen, sollten Sie sich diese leicht merken können. 2.3.2 Kontraposition und Verneinung der Implikation Bleiben wir bei unserer Implikation Indirekten Beweis a ⇒ b. Eine ganz wichtige Operation, die wir beim wiedernden werden, ist die folgende, sie wird auch Kontraposition genannt, (a ⇒ b) ⇔ (¬b ⇒ ¬a). Was bedeutet das? Die Implikation a ⇒ b ist gleichbedeutend (1) damit, dass ich die Folgerung b nehme, diese verneine und damit die verneinte Voraussetzung a impliziere. Kommen wir zu unserem Gummistiefelbeispiel zurück. Gleichung (1) besagt dann, dass die Aussage: Wenn es regent, trage ich Gummistiefel, gleichbedeutend ist mit der Aussage: Wenn ich keine Gummistiefel trage, dann regnet es nicht. Intuitiv gesehen ist das recht einleuchtend, formal richtig beweisen man kann diese Äquivalenz wieder durch Aufstellen der Wahrheitstabellen. Wer besonders interessiert ist, kann das als Zusatzübung machen. Denken Sie auch zurück an Beispiel 5, wenn wir die Kontraposition auf die Aussage anwenden, dann kommen wir zu dem Satz: Wenn die Funktion gesamten Denitionsbereich), dann ist sie auch nicht f nicht stetig ist (auf ihrem dierenzierbar (auf ihrem gesam- ten Denitionsbereich). Auch das sollte recht einleuchtend sein, wenn Sie die Konzepte Stetigkeit und Dierenzierbarkeit verstanden haben. Lassen Sie sich aber nicht von der Einfachheit täuschen, manchmal ist es sehr schwierig, bei einer Kontraposition den Überblick zu behalten. Lernen Sie Gleichung (1) auswendig, Sie werden sie brauchen! Eines gibt es noch zu erwähnen, die Kontraposition hat nichts mit der Verneinung der Implikation zu tun! Die Verneinung der Implikation, geschrieben 10 ¬(a ⇒ b), kann man mit Hilfe der Wahrheitstabellen so umschreiben, ¬(a ⇒ b) ⇔ a ∧ ¬b. Salopp gesagt, wenn ich die Implikation verneine, dann bekomme ich genau den Fall heraus, der in der Implikation falsch zurückliefert. Die Verneinung des Gummistiefelbeispiels wäre Es regnet und ich habe keine Gummistiefel an. Mehr soll zur Verneinung auch nicht gesagt werden, verwechseln Sie diese nur nicht mit der Kontraposition. 2.3.3 Umschreiben der Äquivalenz Wenn man mit Äquivalenzen arbeitet, dann macht man sich fast immer folgende Eigenschaft zu Nutze, (a ⇔ b) ⇔ [(a ⇒ b) ∧ (b ⇒ a)] . Also die Aussage, dass a impliziert wird und a a und von b b äquivalent sind, ist (2) gleichbedeutend damit, dass b von impliziert wird. Nachprüfen kann man das wieder durch Aufstellen der Wahrheitstabelle. Praktisch bedeutet das, dass sich eine Äquivalenz immer als zwei Implikationen darstellen lässt, und das wird fast immer benutzt, wenn eine Äquivalenz bewiesen werden soll. Lernen Sie auch Gleichung (2) auswendig! Denken Sie zurück an Beispiel 6, um diese Äquivalenz zu zeigen, spaltet man das Beispiel auf. Zuerst zeigt man, dass aus gerade auch n n gerade auch n2 gerade folgt, dann zeigt man, dass n2 gerade impliziert. Wir kommen später nochmals darauf zurück. 2.4 Die Quantoren Wir werden jetzt Konzepte kennenlernen, wo sich Aussagen auf bestimmte oder alle Elemente einer Menge beziehen. Mengen werden wir erst später exakter denieren, für jetzt ist der Schulbegri einer Menge vollkommen ausreichend. Die Menge, als Gesamtheit, wird im folgenden mit Das Zeichen Menge M ∈ M bezeichnet, ein Element aus M wird im folgenden als bedeutet Element von, daher bedeutet x ist. 2.4.1 Der Allquantor Zuerst die Zeichen, danach die Erklärung, ∀x ∈ M : A(x). 11 ∈ M dass x x geschrieben. ein Element der A(x) ist jetzt eine Aussage, aber eine Aussage, die sich auf ein Element x bezieht. Der Doppelpunkt : bedeutet für die gilt. Das Zeichen ∀ nennt sich Allquantor und wird einfach als für alle gelesen. In Summe liest sich die Aussage als: Für alle Elemente Aussage A(x) x der Menge M gilt, dass die wahr ist. Andere sprachliche Formulierungen für den Allquantor sind die folgenden: • Für jedes • Sei • Für ein beliebiges Element von • Jedes Element aus • Die Elemente von x x∈M in M gilt ... beliebig. Dann gilt ... M M M gilt ... erfüllt ... erfüllen ... Achtung, Falle! Man könnte fälschlicherweise annehmen, dass der Ausdruck: sei beliebig bedeutet, dass die Aussage nur für beliebiges x x ein x ∈ M x∈M gelten muss, da man ja nur ein nden muss. Diese Formulierung ist aber anders zu verstehen. Egal, welches ich wähle (ich kann es beliebig wählen), die Aussage, die dann kommt, muss wahr sein. Das heiÿt es muss für alle x gelten. 2.4.2 Der Existenzquantor Das Gegenstück zum Allquantor ist der sogenannte Existenzquantor. Warum ich Gegenstück sage, wird im nächsten Abschnitt klarer werden. In Zeichen, ∃x ∈ M : A(x), in Worten: Es existiert (mindestens) ein Element A(x) wahr ist. Weitere Formulierungen für den Existenzquantor können sein: • Es gibt ein • Für ein geeignetes • Bei geeigneter Wahl von x ∈ M, sodass ... x aus M x gilt ... aus M gilt ... Der Existenzquantor besagt also, dass es A(x) x aus der Menge M , sodass die Aussage mindestens ein x gibt, für das die Aussage gilt. Blättern Sie auch zurück zu Beispiel 2, dort wurde diese Ausdrucksweise schon behandelt. Der Ausdruck geeignetes x besagt, dass wir jetzt kein beliebiges tor nehmen können, sonder wir müssen nach diesem geeigneten mindestens x x wie beim Allquan- suchen. Ich muss also ein x nden können, für das die Aussage A(x) wahr ist. x gibt, für dass die Aussage gilt, dann sagt man das sprachlich auch so: Es gibt genau ein x, für das gilt .... Dieser Fall Wenn man aber ausdrücken möchte, dass es genau ein einziges kommt aber bedeutend seltener vor, daher werden wir uns nicht weiter damit beschäftigen. 12 2.4.3 Die Verneinung von All- und Existenzquantor Gehen wir zurück zu dem Ausdruck ∀x ∈ M : A(x). Genau genommen ist der gesamte Ausdruck wiederum eine Aussage, und diese kann man daher auch verneinen. Es soll also die neue Aussage ¬ (∀x ∈ M : A(x)) gebildet werden. Nehmen wir als Beispiel den Satz: Alle Studierenden mögen Mathematik. Was ist die Verneinung davon? Es ist der Satz: Es gibt mindestens eineN StudentIn, der/die Mathematik nicht: Es gibt keineN nicht mag. Falls Sie sich jetzt fragen, warum die Verneinung StudentIn, der/die Mathematik mag, lautet, überlegen Sie sich das folgendermaÿen. Wann ist die Aussage, dass alle Studierenden Mathematik mögen, widerlegt? Es muss nicht niemand sein, der Mathematik mag, es reicht aus wenn einE StudentIn sagt, dass er/sie Mathematik nicht mag. Dann schon stimmt die Aussage nicht mehr, dass alle Mathematik mögen. Wenn man diese Verneinung wieder in Zeichensprache übersetzte, resultiert das in ¬ (∀x ∈ M : A(x)) ⇔ ∃x ∈ M : ¬A(x). Man verneint also einen Allqantor, indem man einen Existenzquantor bildet und die Aussage A(x) verneint. Dieses Prinzip werden wir beim Gegenbeispiel 3 noch benötigen. Analoges funktioniert für die Verneinung des Existenzquantors. Die Verneinung von: Es gibt mindestens eineN StudentIn, der/die Mathematik mag, ist also der Satz: Es gibt keine Studierenden, die Mathematik mögen. Wenn man diese Verneinung anders formu- liert, bekommt man: Für alle Studierenden gilt, dass sie Mathematik nicht mögen, was jetzt ein Allquantor ist, wo die Aussage A(x) verneint ist. In Zeichen lässt sich das als ¬ (∃x ∈ M : A(x)) ⇔ ∀x ∈ M : ¬A(x) schreiben. Sie sehen also, es gibt einen starken Zusammenhang zwischen All- und Existenzquantor. 2.4.4 Verkettungen von Quantoren Man kann auch mehrere Quantoren miteinander verknüpfen, ich möchte mich auf zwei Quantoren beschränken. Für ein Beispiel für drei verkettete Quantoren siehe den letzten Punkt in Beispiel 4. Nehmen wir an, es gibt jetzt zusätzlich noch eine Menge die Elemente von L(x, y), F mit y bezeichnet werden, also die sich auf genau ein x∈M und ein y∈F y ∈ F. F, wobei Weiters gibt es eine Aussage bezieht. 3 Das bekannte Beispiel von Karl Popper beruht auf dem gleichen Prinzip. Um die Aussage Alle Schwäne sind weiÿ zu widerlegen reicht es aus, (mindestens) einen Schwan zu nden, der nicht weiÿ ist. 13 Dann gibt es zwei wichtige Verkettungen von Operatoren, nämlich ∀x ∈ M : ∃y ∈ F : L(x, y) ∃y ∈ F : ∀x ∈ M : L(x, y) (3) . (4) Diese Zeilen sprachlich schön auszudrücken ist schon ein bisschen holprig, wenn Sie darüber hinaus jetzt leiche Kopfschmerzen bekommen, dann ist das auch nichts ungewöhnliches. Diese beiden Zeilen bedeuten nicht das gleiche, es kommt also auf die Reihenfolge der Quantoren an. Mit Hilfe dieses Beispiels werden Sie sich die Bedeutung beider Zeilen auf immer einprägen. M jetzt die Menge aller Männer L(x, y) bedeutet: x ist verliebt in y . Sei weltweit, F die Menge aller Frauen. Die Aussage Dann lässt sich Gleichung (3) folgendermaÿen interpretieren: Für jeden Mann gilt, dass es (mindestens) eine Frau gibt, in die er verliebt ist. alle Gleichung (4) hingegen bedeutet: Es gibt (mindestens) eine Frau, von der Männer behaupten, dass sie in diese Frau verliebt sind. Es sind also alle Männer weltweit in die gleiche Frau verliebt, und es kann so sogar mehrere Frauen geben, in die alle Männer verliebt sind! Nun ja, Sie sehen also, ein kleiner aber feiner Unterschied. Diese Verkettung von Quantoren werden sie in der Analysis im Sommersemester öfters zu Gesicht bekommen. Die Verneinung so einer Aussage funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie bei einem Quantor, es werden alle Quantoren umgedreht und die Aussage L(x, y) verneint. Die Reihenfolge, in der die Quantoren vorkommen, bleibt die gleiche, daher ¬ (∀x ∈ M : ∃y ∈ F : L(x, y)) ⇔ ∃x ∈ M : ∀y ∈ F : ¬L(x, y) ¬ (∃y ∈ F : ∀x ∈ M : L(x, y)) ⇔ ∀y ∈ F : ∃x ∈ M : ¬L(x, y). Übungsaufgabe: Überlegen Sie sich die Bedeutung der beiden verneinten Aussagen und schreiben Sie sie in Worten auf ! 3 Mathematische Sätze und deren Beweise 3.1 Das System (Axiom-)Denition-Satz-Beweis Was ist jetzt Mathematik? Besser gesagt, was macht (universitäre) Mathematik? Mathematik nimmt schon bestehende Erkenntniss, die Theoreme genannt werden und formuliert aus diesen neue Erkenntnisse und zwar ausschlieÿlich mit Hilfe von logischen Umformungen, die Beweise genannt werden. Das hört sich vielleicht trivial an, aber diese logischen Umformungen können sehr kompliziert und lang werden. 14 Wenn man ein wenig darüber nachdenkt, kommt man schnell zu der Frage, was für Erkenntnisse denn am Anfang da sind, irgendwo muss dieser Prozess ja beginnen. Im Laufe der letzten 150 Jahre haben sich Menschen darauf geeinigt, einige wenige unmittelbar einleuchtende Grundgedanken herzunehmen, die nicht weiter hinterfragt werden. Diese Grundgedanken nennt man Axiome. Theoretisch betrachtet braucht man nur zwei Dinge: Die Axiome und die Methode des logischen Schlieÿens, damit kann man die gesamte Mathematik wie wir sie kennen herleiten. Ein Begri wurde noch nicht erwähnt, die Denition. Denitionen sind nichts anderes als Namensgebungen, die Zuordnung eines gedanklichen Konzepts zu einem Wort oder Ausdruck. Denitionen sind im Gegensatz zur Alltagssprache exakt, es gibt keinen Interpretationsspielraum. Das ist der Idealfall, es kann aber ein Begri in unterschiedlichen Teilgebieten der Mathematik unterschiedliche Bedeutungen haben, oder es können Begrie noch zu neu sein, um sich einheitlich durchgesetzt zu haben. Geben Sie auch bei englischsprachiger Literatur acht, oftmals bedeuten Begrie übersetzt nicht das gleiche. Aber in einem guten Buch sollte alles so genau erklärt sein, das keine Zweifel mehr bestehen was gemeint ist. Example 8. Der Begri fast alle hat eine genau mathematische Bedeutung, er bedeutet alle bis auf endlich viele. Jetzt müssten wir genaugenommen auch den Begri endlich exakt denieren, dort würden wiederrum Wörter vorkommen, die wir erst denieren müssen usw. Der Begri fast überall hat eine ähnliche, aber nicht die gleiche Bedeutung. Fast überall bedeutet, dass eine Eigenschaft immer gilt, ausser auf einer Menge mit dem Maÿ Null. Das brauchen Sie jetzt nicht zu verstehen, es geht nur um die Ähnlichkeit der Begrie. Im Englischen bedeutet almost all das gleiche wie fast überall, wenn man es salopp mit fast alle übersetzt macht man einen (mathematischen) Fehler. Denitionen sind keine Aussagen in dem Sinn, wie wir Aussagen bis jetzt verwendet haben, sie können also weder wahr noch falsch sein, höchstens sinnvoll und nützlich oder nicht sinnvoll und unnütz. Mit Denition-Satz-Beweis meint man jetzt die Struktur, die viele Mathematikbücher und Skripten aufweisen. Man beginnt im Normalfall nicht bei den Axiomen, sondern setzt ein gewisses Grundwissen beim Leser voraus. Man deniert Begrie, stellt Theorme auf, die diese Begrie verwenden und beweist diese Theoreme dann. Dann kommen neue Denitionen dazu und neue Theoreme werden bewiesen. So baut sich schön langsam ein komplexes Gedankengebäude auf. 15 3.2 Sätze / Theoreme Sätze sind mathematische Aussagen, die bewiesen werden (können). Der Ausdruck Satz ist vielleicht ein wenig verwirrend, aber mathematische Sätze sind immer auch Aussagesätze, so wie wir das im letzten Kapitel gemacht haben. Es gibt aber noch eine Reihe von anderen Begrien, die alle das gleiche bezeichnen wie ein Satz, sie betonen nur die Wichtigkeit oder die Schwierigkeit eines Satzes unterschiedlich: Korollar, Folgerung. Theorem, Lemma, Proposition, Example 9. Viele, aber nicht alle Sätze haben eine recht eindeutige Bezeichnung. So gibt es den Hauptsatz der Analysis, dieser ist also wichtig. Oder das Lemma von Zorn, das nach dem Hr. Zorn benannt ist. Recht bald in der Vorlesung werden Sie den Austauschsatz von Steinitz kennenlernen. Was ist ein Satz jetzt genau? Ein Satz ist 4 valenz im Sinne der Aussagenlogik. immer entweder eine Implikation oder eine Äqui- Äquivalenzen kommen seltener vor als Implikationen, also werden wir uns auf Implikationen fokussieren. Leider sieht man die Implikationen in Theoremen oft nicht sofort, betrachten Sie folgendes Beispiel. Example 10. Ein Theorem ist das folgende: Die Zahl √ 2 ist irrational. Auf den ersten Blick ist das weder eine Implikation noch eine Äquivalenzaussage. Wenn man die Aussage √ aber umschreibt, ergibt sich folgendes. Ist q eine rational Zahl, dann gilt q 6= 2. Naturlich klingt diese Aussage leicht debil, deswegen steht sie auch nirgends so in einem Lehrbuch, aber um dieses Theorem zu beweisen ist die zweite Schreibweise viel besser. Sie sehen an diesem Beispiel auch, dass es gar nicht so einfach ist zu sagen, ob man eine Aussage noch weiter zerlegen kann oder nicht. Das erfordert sehr viel Übung, seien Sie also nicht frustriert wenn Sie sich damit schwer tun. Noch etwa macht mathematische Sätze kompliziert. Bis jetzt haben wir bei Implikationen nur eine Aussage als Voraussetzung gehabt. In Wirklichkeit sind das aber oft mehrere Aussagen, die mit einem logischen Und, manchmal sogar mit logischen Oders verknüpft sind. Nehmen Sie den folgenden Satz. Theorem 11. bereich dierenzierbar ist. Wenn f , die zweimal auf ihrem gesamten Denitionsf 0 (x0 ) = 0 und f 00 (x0 ) < 0 an einem bestimmten Punkt x0 ein lokales Maximum. Gegeben sei eine Funktion gilt, dann hat f im Punkt x0 Diese Tatsache sollten Sie aus der Kurvendiskussion so ungefähr kennen. Wieviele Voraussetzungen sehen Sie hier? Es sind drei Stück, aber die erste sieht man nicht so leicht. 4 Ganz genau betrachtet ist ein Satz sogar immer eine Implikation, aber das sprengt jetzt den Rahmen. 16 Benennen wir f ist zweimal auf ihrem gesamten Denitionsbereich dierenzierbar als Aussage a, f 0 (x0 ) = 0 als Aussage Die Folgerung: Die Funktion f b und f 00 (x0 ) < 0 als Aussage hat ein Maximum im Punkt x0 , c. bezeichnen wir mit d. Formal gesehen steht also folgendes hier: (a ∧ b ∧ c) ⇒ d. Die Aussagen a, b c und Voraussetzungen oder auch Bedinungen, zu den etwas. Die Folgerung oder der Schluss d ist also die nennt man Bedingungen sage ich später noch neue Erkenntnis, die wir aus diesem Theorem gewinnen, in diesem Beispiel ist es eine Möglichkeit, Maxima einer Funktion zu nden. Was passiert, wenn zum Beispiel die Aussage c nicht wahr ist? Man sagt dann auch, dass die Bedingung nicht gilt oder die Voraussetzung nicht hält. Wenn Sie sich an die Wahrheitstafeln für das logische Und zurückerinnern, dann ist die Gesamtaussage nur dann wahr, wenn beide/alle Aussagen wahr sind. Wenn automatisch auch (a ∧ b ∧ c) c also falsch ist, dann ist falch, und wir wissen dann nicht mehr, ob aber nicht automatisch, dass die Aussage d gilt. Es folgt d jetzt falsch ist! Genau das war der springende Punkt bei der Implikation. Gehen wir zurück zu Theorem 11, es kann also Fälle geben, wo die Funktion f an der Stelle x0 ein Maximum hat und trotzdem die Bedingung c nicht erfüllt ist. Falls Sie das in der Schule gelernt haben, dann denken Sie an die Funktion f : R → R, f (x) = −x4 , für diese gilt f 00 (0) = 0 und trotzdem hat sie bei x0 = 0 ein Maximum! 3.2.1 Hinreichende und Notwendige Bedingungen Nehmen wir an, wir haben ein Theorem, dass folgendes aussagt: einem Fall auch, dass a hinreichend für b. Gleichzeitig nennt man b ist oder a ist eine b eine notwendige Bedingung für a ⇒ b. Man sagt in so hinreichende Bedingung für a. Das ist ziemlich verwirrend und bereitet Kopfschmerzen, da jetzt die Folgerung eine (nowendige) Bedingung genannt wird. Leider hat sich das historisch so eingebürgert, lernen Sie es einfach auswendig. Sprachlich gibt es auch noch kleine aber sehr gewichtige Unterschiede zu beachten. Denken Sie zurück an die Implikation, unser Theorem wenn a a ⇒ b kann man sprachlich als b gilt dann, gilt ausdrücken. Die Aussage: b gilt nur nämlich die Implikation dann, wenn a gilt, bedeutet jetzt aber genau das Gegenteil, b ⇒ a! Alltagssprachlich betrachtet macht das schon Sinn, nehmen Sie folgendes Beispiel. Example 12. Sei Aussage a gegeben als: Der alte Papst ist gestorben, Aussage Ein neuer Papst wird gewählt. Die Implikation 17 a⇒b b als: wäre sprachlich jetzt: Wenn der alte Papst gestorben ist, dann wird ein neuer Papst gewählt. Diese Implikation ist aber nicht das, was man ausdrücken möchte! Ein neuer Papst wird ausschlieÿlich dann gewählt, 5 wenn der alte gestorben ist, Päpste können nicht zurücktreten oder abgewählt werden. Was man normalerweise sagen will, ist: Ein neuer Papst wird nur der alte Papst gestorben ist. Das ist aber genau die Implikation dann gewählt, wenn b ⇒ a, wir können jetzt sagen, dass der Tod des alten Papstes eine notwendige Bedingung für die Wahl eines neuen Papstes ist. Passen Sie also auf, wenn Sie Formulierungen mit nur dann oder ähnliches lesen! Wenn Sie zu Abschnitt 2.2.5 zurückblättern, sehen Sie ein schönes Beispiel für die Verknüpfung von mathematischer Logik und Sprache. Nehmen Sie folgende Formulierungen für Äquivalenzen: a ist notwendig und hinreichend für wenn auch b gilt. Die Formulierungen a ist hinreichend für bedeuten die Implikation wenn auch b b, und a gilt dann und nur dann, a ⇒ b. b Die Ausdrücke a ist notwendig für gilt meinen aber die Implikation Die Formulierungen nowendig und a gilt nur dann, wenn auch und b b gilt und a gilt dann, b ⇒ a. hinreichend sowie dann und nur dann bedeuten, dass beides gelten muss, also (a ⇒ b) ∧ (b ⇒ a). Das ist aber genau das Umschreiben der Äquivalenz aus Abschnitt 2.3.3. Sie sehen, auch sprachlich drückt man eine Äquivalenz oft als zwei Implikationen aus. 3.3 Beweise Wie schon in der Einleitung erwähnt, Sie müssen nicht zwangsweise selber Beweise durchführen, aber Sie sollten fähig sein, einen Beweis nachzuvollziehen. In einem Beweis zeigt man, wie man von den Voraussetzungen der Implikation auf die Folgerung kommt. MathematikerInnen machen mehr oder weniger nichts anderes, als sich mit Beweisen zu beschäftigen. Der Arbeitsaufwand, um einen Beweis zu verstehen, liegt im allgemeinen zwischen zwei Sekunden und zwei Wochen. Oft spricht man auch von einem Beweis, meint aber in Wirklichkeit mehr als das. Wenn der Beweis sehr lange ist, dann stellt man oft Zwischenresultate auf, die man ze oder Lemmata Hilfssät- nennt. Nachdem diese Hilfssätze bewiesen sind, beweist man erst die wichtige Aussage, die man eigentlich zeigen will. Die Methoden, die jetzt vorgestellt werden, beziehen sich aber wirklich immer auf einen Beweis, also eine Implikation (oder eine Äquivalenz). Es gibt genau drei Arten von Be- 5 Das stimmt jetzt nicht ganz, Päpste können theoretisch zurücktreten, das ist aber die letzten Jahrhunderte nicht passiert. 18 weisen, den Direkten Beweis, den Indirekten Beweis und die Vollständige Induktion, das ist das gesamte Repertiore, dass einem zur Verfügung steht. 3.3.1 Der Direkte Beweis Als direkten Beweis bezeichnet man das geradlinigste Vorgehen. Man nimmt die Voraussetzungen und leitet daraus die Folgerungen direkt her. Am besten zeigt sich das an einem Beispiel. Theorem 13. Sei n eine natürliche Zahl. Wenn n gerade ist, dann ist auch n2 gerade, in Zeichenschreibweise n gerade ⇒ n2 gerade. Beweis. Genau genommen müssen wir zuerst denieren, was gerade Zahl bedeutet. Eine (natürliche oder ganze) Zahl wird dann gerade genannt, wenn sie durch dividiert werden kann, man sagt dann auch, dass die Zahl von gerade ist bedeutet also, dass es eine weitere natürliche Zahl Wenn man n k 2 2 ohne Rest geteilt wird. Dass gibt, sodass n = 2k n gilt. jetzt quadriert, dann folgt daraus n2 = (2k)2 = 4k 2 = 2 · (2k 2 ). Heben wir das Resultat noch einmal hervor, n2 = 2 · (2k 2 ), n2 2 multipliziert wiederum n ergibt. Diese natürliche Zahl ist 2k , und natürlich ist sie deswegen, weil k natürlich ist (aus der Denition einer geraden Zahl!) und eine natürliche Zahl quadriert und mit 2 wir können also auch so darstellen, dass eine natürliche Zahl mit 2 2 multipliziert wiederum eine natürliche Zahl ergibt. Damit ist der Beweis beendent, und Sie sehen jetzt rechts ein kleines Kästchen, das darauf hinweist. Es ist ganz normal, dass sie 10-30 Minuten brauchen, um diesen Beweis zu verstehen, wenn Sie noch nie so etwas gemacht haben. Noch etwas lässt sich an diesem Beispiel zeigen. Ich habe immer von natürlichen Zahlen gesprochen, aber was ist mit ganzen Zahlen? Wir können unser Ergebnis wir sagen: Sei n eine ganze erweitern, indem Zahl. Natürlich muss man vorher den Begri gerade Zahl auch auf ganze Zahlen erweitern und dann überprüfen, ob das Theorem wirklich stimmt. Im obigen Beispiel stimmt das, Theorem 13 gilt auch für ganze Zahlen. Man sagt dann, dass die Voraussetzungen zu stark waren, wir haben unser Theorem für eine kleinere Menge von Fällen (die natürlichen Zahlen) aufgestellt , als prinzipiell möglich ist (die ganzen Zahlen). 19 3.3.2 Der Indirekte Beweis 6 Der indirekte Beweis macht sich das Prinzip der Kontraposition zu Nutze. Sie wissen ja, dass (a ⇒ b) ⇔ (¬b ⇒ ¬a) b nicht gilt, dh. ¬b, und dann zeigen, Widerspruch auftritt, das wäre das ¬a. gilt. Wir können also annehmen, dass die Folgerung dass die Voraussetzungen nicht gelten, also ein Einen indirekten Beweis erkennen Sie meistens daran, dass am Anfang des Beweises das Wort Angenommen oder Nehmen Sie an, dass ... steht (Englisch: Assume that ...). Im Beispiel 6 wurde schon gesagt, dass die Äquivalenz n gerade ⇔ n2 gerade gilt. In Kapitel 2.3.3 war davon die Rede, dass man Äquivalenzen beweist, indem man sie in zwei Implikationen aufspaltet und beide Implikationen beweist, man sagt dann auch, die eine Richtung beweist spricht von Hin- und Rückrichtung. dass man zuerst und dann die andere Richtung beweist, oder Die eine Richtung haben wir in Theorem 13 schon bewiesen, jetzt werden wir ein zweites Theorem für die andere Richtung aufstellen und dieses indirekt beweisen. Theorem 14. Sei n eine natürliche Zahl. Wenn n2 gerade ist, dann ist auch n gerade, in Zeichenschreibweise n2 gerade ⇒ n gerade. Beweis. Nehmen Sie an, dass n nicht gerade ist, also eine ungerade Zahl. Der Ausdruck k gibt, sodass man n = 2k + 1 schreiben können. ungerade Zahl ist so deniert, dass es eine weitere natürliche Zahl n = 2k + 1 schreiben kann. Wir nehmen also an, dass wir Dann gilt aber n2 = (2k + 1)2 = 4k 2 + 4k + 1 = 2(2k 2 + 2k) + 1. Heben wir die Grundaussage wieder hervor, n2 = 2(2k 2 + 2k) + 1, damit ist also auch n2 eine ungerade natürliche Zahl, die wir kurzfristig als Zahl. Warum? Der Ausdruck l bezeichnen, also l := 2k 2 + 2k . 2k 2 + 2k ist eine Damit können wir n2 = 2l + 1 6 Ganz genau genommen kann man indirekte Beweise wieder in zwei Gruppen aufspalten, die kontrapositiven Beweise und die Widerspruchsbeweise. Für uns ist die folgende Anschauung aber ausreichend. 20 schreiben, was zeigt, dass n2 die Denition einer ungeraden Zahl erfüllt. Das steht aber im Widerspruch zu unserer Voraussetzung, dass n 2 gerade ist, und wir haben den Beweis damit abgeschlossen. Noch einmal als Zusammenfassung, wir verneinen die Folgerung, wir nehmen also an, dass n ungerade ist. Dann zeigen wir damit, dass wir einen Widerspruch zur Voraussetzung 2 bekommen, dass also n gerade nicht gilt. Damit ist der Beweis abgeschlossen. Sie sehen, dass kann schnell verwirrend werden, auch bei einfachen Beispielen. Machen Sie sich daher immer anfangs bewusst, was die Voraussetzungen und was die Folgerungen in einem Theorem sind! Noch eine kleine Anmerkung, das Zeichen := bedeutet wird deniert als, es wird immer dann verwendet, wenn wir einer Variablen einen anderen Ausruck zuweisen, es drückt also keine echte Gleichheit aus, sondern ist eine Zuweisung. Wenn Sie einmal Programmieren gelernt haben, dann ist Ihnen dieses Konzept sicherlich vertraut. Allerdings wird die Zuweisung nicht immer verwendet, man schreib auch oft nur =. Es gibt Theoreme, die man sowohl indirekt als auch direkt beweisen kann. Als Faustregel kann man sagen, dass ein direkter Beweis vorgezogen wird, einfach deswegen, weil er direkter ist. Wenn ein indirekter Beweis aber kürzer oder schöner ist, und das ist oft der Fall, dann zieht man den indirekten Beweis vor. Nehmen Sie jetzt wieder den Fall an, das wir mehrere Voraussetzungen in einem Theorem haben, dass das Theorem also als (a ∧ b ∧ c) ⇒ d geschrieben werden kann. Dann sieht die Kontraposition dieser Implikation so aus, ¬d ⇒ ¬(a ∧ b ∧ c). Die Folgerung dieser Implikation kann man mit Hilfe der de Morgan Regeln umschreiben, nämlich in ¬(a ∧ b ∧ c) ⇔ (¬a) ∨ (¬b) ∨ (¬c). Das bedeutet also, dass a falsc ist oder b falsch ist oder c falsch ist. Wenn man daher einen indirekten Beweis führt, wo mehrere Voraussetzungen gegeben sind, dann reicht es aus einen Widerspruch in einer der Voraussetzungen zu nden! Es ist also nicht notwendig, dass alle Voraussetzungen falsch sind. 3.3.3 Vollständige Induktion Ein Beweisprinzip fehlt noch, und zwar die Vollständige Induktion. Man kann sie sehr oft dann anwenden, wenn man ein Theorem für alle natürlichen Zahlen beweisen möchte, teilweise auch wenn das Theorem für alle ganzen Zahlen gilt. Dabei sind wiederum sehr oft Summen involviert. Das Prinzip funktioniert so ähnlich, wie wenn man jemandem 21 theoretisch das Leiterklettern beibringen möchte. Dafür muss man, genau betrachtet, nur zwei Fragen beantworten. • Wie komme ich auf die unterste Leitersprosse? • Wie komme ich von einer Leitersprosse auf die nächste? Am besten zeigt sich das an einem Beispiel. Example 15. Betrachten Sie die folgenden Summen, 1 =1= 1 1+3 =4= 22 1+3+5 =9= 32 1 + 3 + 5 + 7 = 16 = 42 . Wir haben nun die Vermutung, dass die Summe ungerader Zahlen gleich der Anzahl der Summanden zum Quadrat ist. In Formelschreibweise lautet die Vermutung n X (2i − 1) = n2 . i=1 Diese Vermutung nennt man auch Induktionsannahme oder Induktionsbehauptung. Als erstes zeigt man, wie man auf die unterste Leitersprosse kommt, dh. man zeigt, dass die Induktionsbehauptung für wird Induktionsanfang n=1 (oder für n=0 wenn i bei null beginnt) gilt. Das genannt, in unserem Beispiel zeigt man daher 1 X (2i − 1) = 1 = 12 . i=1 Das ist eine einfache Rechnung und sollte keine Problem bereiten. Der logisch schwierigere Schritt kommt jetzt, nämlich die die Anleitung, wie man von einer Leitersprosse auf die nächste kommt, das wird behauptung für n Induktionsschritt genannt. Man zeigt, dass wenn die Induktions- gilt, dann gilt sie auch für n + 1. Auf unser Beispiel umgelegt bedeutet das, dass man folgendes beweisen muss, n X (2i − 1) = n2 ! ⇒ i=1 n+1 X ! (2i − 1) = (n + 1) 2 . (5) i=1 Um diese Implikation zu beweisen, dürfen wir die linke Seite als wahr annehmen, dh. beweisen, dass die Formel Pn+1 i=1 (2i − 1) = Pn 2 i=1 (2i − 1) = n gilt. Damit müssen wir (n + 1)2 gilt. Wir beginnen mit der linken Seite wir nehmen an, dass die Induktionsannahme 22 und schreiben den Term um, in n+1 X (2i − 1) = i=1 n X n X (2i − 1) + (2(n + 1) − 1) = (2i − 1) + (2n + 1). i=1 i=1 Das ist ein Standardtrick bei Beweisen, die mit vollständiger Induktion arbeiten. Jetzt können wir nämlich die Induktionsbehauptung einsetzen und bekommen n+1 X (2i − 1) = i=1 n X (2i − 1) + (2n + 1) = n2 + (2n + 1). i=1 Die rechte Seite ist ein vollständiges Quadrat, wir können also schreiben, n+1 X (2i − 1) = i=1 n X (2i − 1) + (2n + 1) = n2 + (2n + 1) = (n + 1)2 . i=1 Wir haben also mit Hilfe der Induktionsannahme gezeigt, dass 1)2 Pn+1 i=1 (2i − 1) = (n + ist. Damit ist der Induktionsschritt abgeschlossen und der Beweis durch vollständige Induktion komplett. Sie sehen, der Knackpunkt des Beweises ist Gleichung (5). Wenn die Induktionsannahme gilt für beliebiges n gilt und wir damit zeigen können, dass die Aussage immer auch für n + 1 gilt, dann ist das zusammen mit dem Induktionsanfang gleichbedeutend damit, dass die Aussage für alle natürlichen Zahlen gilt. 3.3.4 Äquivalenzen beweisen Eine Möglichkeit zum Beweis von Äquivalenzen haben wir schon gesehen, die Aufspaltung in zwei Implikationen. Mit Hilfe der Theoreme 13 und 14 wissen wir, dass die Aussage n ist dann und nur dann gerade, wenn auch n2 gerade ist, gilt. Relativ oft kommen aber auch Äquivalenzen zwischen mehr als zwei Aussagen vor, dass sind Theoreme der folgenden Form. Theorem 16. Sei die Voraussetzung a gegeben. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent: • Aussage x • Aussage y • Aussage z. Das beweist man gerne durch einen Zirkelschluss. Man zeigt mit Hilfe der Voraussetzung 23 a, dass die folgenden Implikationen halten, x ⇒ y y ⇒ z z ⇒ x. In Summe ergibt das x ⇒ y ⇒ z ⇒ x, leicht zu sehen, warum das schon die was den Kreis schlieÿt. Es ist vielleicht nicht so Äquivalenz aller drei Aussagen beweist. Nehmen z ⇒ y , diese wird jetzt nicht so geradlinig bewiesen, aber über den Umweg z ⇒ x ⇒ y ist auch diese zu bekommen. In Summe haben wir dann y ⇒ z aus dem Beweis, die Folgerung z ⇒ y bekommen wir über den Umweg, und mit Hilfe von (y ⇒ z) ∧ (z ⇒ y) haben wir die Äquivalenz y ⇔ z bewiesen. Analoges gilt für die Äquivalenzen x ⇔ y und x ⇔ z . Sie die Implikation Das gleiche Prinzip kann man auch anwenden, wenn man eine Äquivalenz von mehr als drei Aussagen beweisen möchte, dann werden einfach die Umwege ein bisschen länger. 3.3.5 Das Gegenbeispiel Ein letztes Thema fehlt noch, um die Theorie der Beweise abzuschlieÿen. Nehmen Sie an, Sie haben ein Theorem, wo sie wirklich nicht wissen, ob das überhaupt gilt oder nicht. So etwas nennt man auch Behauptung oder Vermutung. Wenn Sie zeigen wollen/können, dass das Theorm wirklich gilt, dann müssen Sie es beweisen, mit all den Methoden die wir bis jetzt kennengelernt haben. Es kann sich aber auch herausstellen, dass die Vermutung gar nicht stimmt, und dann gibt man ein Gegenbeispiel an. Bei all den Theoremen, die Sie bis jetzt gesehen haben, steckt immer ein implizites für alle drinnen, das selten geschrieben wird. Beispiele dafür sind: • Alle geraden natürlichen Zahlen sind genau dann gerade, wenn ihr Quadrat gerade ist. • Für alle Funktionen f, die (auf ihrem gesamten Denitionsbereich) dierenzierbar sind, gilt, dass sie (auf ihrem gesamten Denitionsbereich) stetig sind. Das bedeutet aber, dass ein Theorem nur dann gilt, wenn es wirklich für alle möglichen Fälle gilt. Um also eine Behauptung zu widerlegen, müssen wir den Allquantor verneinen und bekommen den Existenzquantor mit einer verneinten Aussage. Das wiederrum bedeutet nichts anderes, als das wir nur (mindestens) ein Beispiel nden müssen, wo die Behauptung nicht gilt. So etwas nennt man ein Gegenbeispiel, dieses soll sogar ganz konkret sein, also wirklich z.B. eine Zahl sein, und kein kompliziertes Konstrukt. 24 Example 17. Ich stelle folgende Behauptung auf: Wenn eine natürliche Zahl gerade ist, dann ist ihr Quadrat eine ungerade Zahl. Diese Behauptung ist falsch, wir haben ihr Gegenteil schon bewiesen, aber wir nehmen im Moment an, dass wir das nicht wissen. Ich sage nun, dass ich ein Gegenbeispiel gefunden habe und gebe dieses ganz konkret an. Ich wähle die Zahl 12, das ist eine gerade Zahl. Das Quadrat von 12 ist 122 = 144 was wiederum eine gerade Zahl ist. Damit widerlege ich die Behauptung, dass das Quadrat einer geraden Zahl ungerade ist. Tappen Sie aber nicht in eine Falle, ich kann niemals aus einem Beispiel schlieÿen, dass eine Aussage für alle Fälle gilt, das muss immer bewiesen werden! Und lassen Sie sich auch nicht von der Einfachheit von Beispiel 17 täuschen, ein Gegenbeispiel für wiklich neue Probleme der mathematischen Forschung zu nden kann schon einmal zwei Wochen oder mehr in Anspruch nehmen. 4 Mengen (und Intervalle) 4.1 Mengen - Denition Denition 18 . (Mengenbegri bei Cantor) Unter einer Menge M verstehen wir eine Zusammenfassung von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen. Eine Menge kann man sich also als einen Sack vorstellen, wo irgendwelche Dinge drinnen stecken. Was für Dinge das sind ist egal, sie müssen nur unterscheidbar sein, das ist die einzige Bedingung. Die Frage, wann zwei Dinge voneinander unterscheidbar sind, führt uns wieder in philosophische Gelde, aber im mathematischen Kontext ist diese Frage normalerweise eindeutig zu beantworten. Sie können unter anderem auch Mengen aufstellen, die als Elemente wiederum Mengen enthalten, sozusagen kleine Säcke in einem groÿen Sack. Angeben kann man eine Menge auf zwei Arten, einerseits durch Aufzählen ihrer Elemente, andererseits durch Angabe einer Regel, welche Eigenschaften die Elemente dieser Menge erfüllen müssen. 1. Aufzählen endlichen Menge, also eine Menhat, sowie bei einer unendlichen Das Aufzählen funktioniert allerdings nur bei einer ge die nur eine endliche Anzahl von Elementen Menge, bei der man die Elemente trotzdem durchzählen kann. So eine Menge wird abzählbar unendliche Menge genannt. Zwei wichtige abzählbar unendliche Mengen sind die Mengen der natürlichen Zahlen und die Menge der ganzen Zahlen, wie sie hier gleich deniert werden. 25 • M = {1, 4, 9, 10} Zahlen enthält. Wir können Zahl 2 M , die diese vier 10 ∈ M schreiben. Die schreibt dann 2 ∈ / M. Das ist die korrekte Angabe der Menge 1 ∈ M, 4 ∈ M, 9 ∈ M und ist beispielsweise kein Element der Menge, man • N = {2, 3, 4, ..., 32} 32. Wichtig ist, dass Das wäre die Menge aller natürlichen Zahlen von bis man am Anfang der Menge mindestens so viele Elemente explizit angibt, dass klar ist, welche Menge gemeint ist. Die Angabe {2, ..., 32} wäre nicht genung, es könnte dann natürlichen Zahlen von 2 bis 32 sein. • N = {0, 1, 2, 3, ...} 2 N = z.B. auch die Menge der geraden Das ist die Menge der natürlichen Zahlen. Wir können kein Ende angeben, daher stehen die drei Punkte am Schluss. Ob 0 zu den na- türlichen Zahlen dazugehört oder nicht ist eine Frage der Denition und wird nicht immer einheitlich verwendet. Schauen Sie daher immer nach, wie N im jeweiligen Buch oder Skriptum deniert ist! • Ng = {0, 2, 4, 6, 8, ...}Das wäre die Menge der geraden natürlichen Zahlen. Analog kann man mit Hilfe von Nu = {1, 3, 5, 7, ...} die Menge der ungeraden natürlichen Zahlen denieren. • Z = {..., −2, −1, 0, 1, 2, ...} Damit wäre auch die Menge der ganzen Zahlen deniert. 2. Angabe einer Regel Hierbei kann man einerseits recht sprachlich formulieren, oder auch sehr abstrakt. • Sei S die Menge aller Studierenden im Hörsaal XY am 01.10.2010 um 11h. • N = {n ∈ N : (n > 1) ∧ (n ≤ 32)} Das ist die gleiche Menge wie die Menge N unter Punkt 1. Zuerst gibt man an, aus welcher anderen Menge die Elemente stammen, in unserem Fall n ∈ N. Dann kommt ein für die gilt, entweder wie gewohnt durch : beschrieben, oder auch durch |, danach kommt die Einschränkung auf die gewünschten Elemente. Sprachlich kann man die Menge N so formulieren. Man nehme alle natürlichen Zahlen, die gröÿer als 1 sind und kleiner gleich 32. können, Zum Nachdenken, hätten wir N = {z ∈ Z : (z ≥ 2) ∧ (z < 33)}? N auch so beschreiben Die Antwort darauf ist ja. • Ng = {n ∈ N : n = 2k, ∀k ∈ N} Man kann die geraden Zahlen auch so anschreiben, sprechen kann man das folgendermaÿen. Nimm alle natürlichen Zahlen n, die sich darstellen lassen als das Produkt einer natürlichen Zahl k multipliziert mit 2. Analog kann man die ungeraden Zahlen als Nu = {n ∈ N : n = 2k + 1, ∀k ∈ N} anschreiben. Sie sehen, hier würde es einen Unterschied machen, wenn die Null nicht in den natürlichen Zahlen enthalten wäre. Zwei Dinge möchte ich noch erwähnen. Nachdem die Elemente einer Menge wohlunterschieden sein müssen, kann jedes Element nur einmal in einer Menge vorkommen. Man kann zwar die Menge als 26 M = {1, 4, 4, 9, 10} anschreiben, sie ist aber per Denition gleich der Menge M aus Punkt 1, also {1, 4, 4, 9, 10} = {1, 4, 9, 10}. Weiters gibt es die sogenannte als ” {} ” leere Menge, das ist sozusagen ein leerer Sack, geschrieben oder als ∅. Das ist die Menge, deren Anzahl an Elementen gleich null ist. Man kann jetzt zu spielen beginnen, was ist die Menge, die nur die leere Menge enthält? Es ist eine ein-elementige Menge, ich nenne sie einmal X, die als X = {∅} angeschrieben wird. Sie ist sozusagen ein Sack, der nur einen leeren Sack enthält. 4.2 Arbeiten mit Mengen In diesem Kapitel werden wir einige sehr wichtige Begrie und Operation für Mengen kennenlernen. Teilweise werde ich die mathematische Denition angeben, teilweise reicht ein intuitiver Ansatz aus. Anschaulich und intuitiv sind viele dieser Konzepte nicht schwer zu verstehen, zum üben sei Ihnen geraten, Beispiele dazu im Internet zu suchen (man ndet genug dazu). Graphisch lassen sich all diese Konzepte schön in Mengendiagrammen (auch Venn-Diagramme genannt) darstellen, googeln Sie Venn-Diagramme zu jedem hier denierten Konzept! Denition 19 (Teilmenge, Obermenge). man nennt in Y X eine Teilmenge von enthalten ist. Die Menge Y Y, Gegeben sind zwei beliebige Mengen in Zeichen X ⊆Y, wenn jedes Element aus wird dann Obermenge von X Man spricht von einer echten Teilmenge, hier geschrieben als Mengen nicht gleich sind, also Y X und X Y, auch genannt. X ( Y wirklich mehr Elemente enthält als wenn die beiden X. Beachten Sie, dass die Denition der Teilmenge prinzipiell eine Mengengleichheit zulässt! Achtung, die Notation zur Teilmenge ist in der Literatur nicht einheitlich. Oft wird ⊂ für eine echte Teilemenge verwendet, manchmal aber auch für eine normale Teilmenge. Denition 20 . (Durchschnittsmenge) Die Durchschnittsmenge (oder Mengenschnitt) X ∩ Y ist wiederum eine Menge, nämlich die Menge die alle Elemente enthält, die sowohl in X als auch in Y enthalten sind, in Zeichen X ∩ Y = {x : x ∈ X ∧ x ∈ Y } Denition 21 . (Vereinigungsmenge) alle Elemente enthält, die in X . Die Vereinigungsmenge oder in Y X ∪Y ist die Menge, die enthalten sind, in Zeichen X ∪ Y = {x : x ∈ X ∨ x ∈ Y } . Das oder ist hier ein mathematisches oder, also entweder ist ist in beiden Mengen enthalten. 27 x∈X oder x∈Y oder x Denition 22 (Dierenzmenge) die nicht auch in Y . Die Dierenzmenge X\Y enthält alle Element aus X, enthalten sind, in Zeichen X\Y = {x : x ∈ Y ∧ x ∈ / Y} . Oft geht man in der Mathematik davon aus, dass die betrachteten Mengen, in unserem Fall die Mengen X und Y, alle Teilmengen einer gröÿeren Menge (Grundgesamtheit, Grundmenge oder Universum) sind, die wir hier Ω nennen. Bezogen auf so eine Menge Ω lässt sich folgendes Konzept denieren. Denition 23 . (Mengenkomplement) Menge, die alle Elemente aus Ω X ⊆ Ω, dann ist das Komplement X c nicht in X enthalten sind, in Zeichen Sei enhält, die X c = Ω\X Oft wird die Grundmenge Ω die . gar nicht explizit angegeben, dann geht man implizit da- von aus, dass es so eine Menge gibt. Ohne Grundgesamtheit macht die Angabe eines Mengenkomplements aber keinen Sinn! Mit Hilfe des Mengenkomplements lässt sich auch die Dierenzmenge anders anschreiben (wenn man wieder davon ausgeht, dass X und Y Teilmengen der Grundgesamtheit Ω sind): X\Y = X ∩ Y c . Auch sprachlich entspricht das der Denition der Dierenzmenge: Nimm alle Elemente, die in X und in nicht-Y enthalten sind. Als Übung ist es zu empfehlen, über diese Zusammenhänge ein wenig nachzudenken. Nun haben wir die wichtigsten Mengenoperationen deniert, jetzt können wir damit Rechengesetze anführen. Theorem 24 . (De Morgan'sche Regeln) • (X ∪ Y )c = X c ∩ Y c • (X ∩ Y )c = X c ∪ Y c Merken kann man sich diese Regeln recht einfach: Wenn das Komplement in die Klammer hineingezogen wird, dann dreht sich der Mengenoperator um, dh. aus Vereinigung wird Durchschnitt und umgekehrt. Theorem 25 (Assoziativgesetze) . • X ∪ (Y ∪ Z) = (X ∪ Y ) ∪ Z = X ∪ Y ∪ Z • X ∩ (Y ∩ Z) = (X ∩ Y ) ∩ Z = X ∩ Y ∩ Z 28 Wenn also ausschlieÿlich Vereinigungen oder Schnitte zwischen drei (oder mehr) Mengen vorkommen, dann ist die Reihenfolge der Auswertung egal. Merken lässt sich das wie bei der Addition, bei x+y+z ist es auch egal, ob ich Klammern setze, und wenn dann ist es egal, wo sie gesetzt werden. Theorem 26 (Distributivgesetze) . • X ∪ (Y ∩ Z) = (X ∪ Y ) ∩ (X ∪ Z) • X ∩ (Y ∪ Z) = (X ∩ Y ) ∪ (X ∩ Z) Diese Regeln entsprechen dem Ausmultiplizieren bzw. dem Herausheben aus einer Klammer, also x · (y + z) = (x · y) + (x · z), und genauso kann man sie sich merken. Die folgenden Gesetze sind anschaulich leicht verständlich, trotzdem ist es wichtig, sich diese auch formal zu merken. Als Übung sollten Sie Venn-Diagramme für jeden einzelnen Punkt zeichnen! Die Menge X ist immer eine Teilmenge von Ω, und per Denition ist die leere Menge Teilmenge von allen anderen Mengen. Theorem 27 (Operationen mit Ω, ∅ und Komplementen). 1. X ∩ ∅ = ∅ 2. X ∪ ∅ = X 3. X ∩ Ω = X 4. X ∪ Ω = Ω 5. X ∪ X c = Ω 6. X ∩ X c = ∅ 7. ∅c = Ω 8. Ωc = ∅ 9. (X c )c = X 4.3 Die Menge R und Intervalle Die Menge der natürlichen Zahlen (N) und die Menge der ganzen Zahlen (Z) haben 7 wir schon deniert , mit Hilfe der ganzen Zahlen können wir unseren Zahlenbegri jetzt erweitern und die rationalen Zahlen Q einführen. Das sind alle Zahlen, die sich als Bruch zweier ganzen Zahlen darstellen lassen, in Zeichen Q= p : p ∈ Z ∧ q ∈ Z ∧ q 6= 0 . q 7 Genaugenommen werden die natürlichen Zahlen nicht einfach so deniert, sondern es wird dieses Durchzählen bis unendlich axiomatisch festgelegt. Es gibt mehre Möglichkeiten, diese Axiome festzulegen, die bekannteste Festlegung sind die Peano-Axiome. 29 Wenn Ihnen diese Schreibweise nicht klar ist, dann lesen Sie bitte die letzten Unterkapitel über Mengen nochmals durch. Die reellen Zahlen jetzt mathematisch zu denieren würde den Rahmen dieses Skriptums sprengen. Deswegen bleibt die folgende Denition recht anschaulich. Die Menge der reellen Zahlen R ist die Menge der rationalen Zahlen, erweitert (man sagt auch vereinigt mit) um die Menge der irrationalen Zahlen. Irrationale Zahlen sind alle Dezimalzahlen, die sich nicht als Bruch darstellen lassen. Das sind wiederum alle Dezimalzahlen, die unendlich viele Nachkommastellen haben und √ zimalzahlen sind. Beispiele für irrationale Zahlen sind: keine periodischen De- 2, π, e. Die reellen Zahlen haben eine sehr wichtige Eigenschaft, die uns indirekt im Sommersemester länger beschäftigen wird. Theorem 28. Zwischen je zwei reellen Zahlen liegt (mindestens) eine weitere reelle Zahl. In Zeichenschreibweise, ∀x, y ∈ R : x < y : ∃z ∈ R : x < z < y . Wenn man dieses Theorem weiterdenkt, dann liegt zwischen z und y wieder mindestens eine reelle Zahl. Dieses Spiel kann man unendlich lang weiterführen und kommt im Endeekt zu der Aussage, dass zwischen je zwei reellen Zahlen unendlich viele weitere reelle Zahlen liegen. Man kann salopp sagen, dass die reellen Zahlen sehr dicht nebeneinander liegen. Sehr eng damit verknüpft ist eine weitere Eigenschaft der reellen Zahlen. Man kann sie 8 nicht mehr durchzählen, wie das bei den natürlichen und ganzen Zahlen funktioniert. Es gibt also mehr als abzählbar unedlich viele reelle Zahlen, daher sagt man auch, dass es überabzählbar unendlich viele reelle Zahlen gibt. Wir haben also zusammengefasst drei Gröÿenbegrie für Mengen: endlich, abzählbar unendlich und überabzählbar unendlich. 4.3.1 Intervalle in R In diesem Kapitel beschäftigen wir uns ausschlieÿlich mit der Menge der reellen Zahlen. Ein Intervall ist eine Schreibweise für besondere Arten von Teilmengen der reellen Zahlen. Besonders sind sie deswegen, da sie alle relle Zahlen von einer bestimmten Grenze bis zu einer bestimmten Grenze enthalten. Man unterscheidet geschlossene, oene und halboene Intervalle. Bei geschlossenen Intervallen sind die Randpunkte immer in der Menge enthalten. Man kann ein geschlossenes Intervall mit den Intervallgrenzen a und b 8 Wem das zu ungenau ist, den verweise ich auf richtige Mathematikbücher. 30 nun so denieren, [a, b] = {x ∈ R : (x ≥ a) ∧ (x ≤ b)} . Ein oenes Intervall enthält die Randpunkte nicht, es gibt dafür zwei mögliche Schreibweisen, nämlich, ]a, b[= (a, b) = {x ∈ R : (x > a) ∧ (x < b)} . Also entweder eckige, nach aussen gerichtete Klammern oder runde Klammern. Ein halboenes Intervall ist auf einer Seite oen, auf der anderen geschlossen, daher gibt es zwei Möglichkeiten, [a, b) = {x ∈ R : (x ≥ a) ∧ (x < b)} (a, b] = {x ∈ R : (x > a) ∧ (x ≤ b)} . Es besteht auch die Möglichkeit, dass eine Intervallgrenze das ±∞ ±∞ ist. Auf der Seite, wo steht, muss das Intervall oen sein, da eine reelle Zahl nie den Wert unendlich annehmen kann, in Summe gibt es vier mögliche Kombinationen, [a, ∞) = {x ∈ R : (x ≥ a) ∧ (x < ∞)} (a, ∞) = {x ∈ R : (x > a) ∧ (x < ∞)} (−∞, b] = {x ∈ R : (x > −∞) ∧ (x ≤ b)} (−∞, b) = {x ∈ R : (x > −∞) ∧ (x < b)} . Theoretisch könnte man die Menge der reellen Zahlen nun als R = (−∞, ∞) schreiben, das ist aber nicht gebräuchlich. Es gibt noch einen weiteren Typus von Abkürzungen, mit dem Teilmengen der reellen Zahlen beschrieben werden, nämlich nur die positiven oder negativen reellen Zahlen mit oder ohne Null. Leider ist die Literatur dazu nicht einheitlich, daher müssen Sie immer überprüfen, wie diese Mengen deniert sind! Im Rahmen dieses Skriptums werden folgende Mengen so deniert, R+ = {x ∈ R : x ≥ 0} R∗+ = {x ∈ R : x > 0} R− = {x ∈ R : x ≤ 0} R∗− = {x ∈ R : x < 0} . Bei Prüfungen sei Ihnen geraten immer ganz genau darzustellen, was Sie meinen! 31 4.3.2 Anwendung: Denitionsmengen von Funktionen Häug braucht man verschiedene Mengenschreibweisen bei der Angabe von (gröÿtmöglichen) Denitionsmengen von Funktionen. Ich setze den Begri Denitionsmenge einmal als hinlänglich bekannt voraus, er wird in der Vorlesung genau deniert. Hier möchte ich einige Beispiele dazu mit Erklärungen anführen. • f : D → R, f (x) = √ x. Es muss immer gelten, dass x ≥ 0 ist, da die Wurzel nur für positive Zahlen deniert ist. Möglich sind daher folgende Schreibweisen: D = R+ = {x ∈ R : x ≥ 0} = [0, ∞). • f : D → R, f (x) = 1 . Der Nenner darf nicht Null werden, daher gilt x2 −4 x 6= ±2. Möglich sind folgende Schreibweisen: D = R\ {−2, 2} = {x ∈ R : (x 6= −2) ∧ (x 6= 2)}. Das Zeichen \ wird hier also ohne gelesen, genauer gesagt ist es das Zeichen für die Dierenzmenge, die in der Vorlesung denert wird. Beachten Sie, dass von R eine Menge abgezogen wird, nämlich {−2, 2}. Wenn man D = R\ − 2, 2 schreiben • würde, dann wäre das falsch! √ x f : D → R, f (x) = √4−x 2 . Wegen dem Nenner und der Wurzel im Nenner muss 2 gelten, dass 4−x > 0 ist, die Wurzel im Zähler verlangt, dass x ≥ 0 ist. In Summe ist 0 ≤ x < 2. Mögliche Schreibweisen für die Denitionsmenge D = [0, 2) = {x ∈ R : (x ≥ 0) ∧ (x < 2)} = {x ∈ R+ : x < 2}. das gleichbedeutend mit wären: Sie sehen, dass oft mehrere Schreibweisen für die gleiche Denitionsmenge möglich sind. Welche Schreibweise sie wählen bleibt Ihnen überlassen, so lange diese korrekt ist. 5 Übungsbeispiele 5.1 Aussagenlogik 1. Welche der folgenden Sätze sind Aussagen im mathematischen Sinn? Begründen Sie! a) 4<3 b) 4+3 c) Puh, ich nde Mathe-Übungen so langweilig! d) Der Hörsaal 26 hat zwei Türen. e) Kommst du mit ins Kino? f ) Ich habe heute um 10h einen rosa Elefanten vor der Uni stehen gesehen. g) Das Essen in der Mensa schmeckt grün. 2. Verneinen Sie folgende Aussagen, sowohl sprachlich als auch in Zeichen. Dabei soll v für verwelkt und t für teuer stehen. a) Die Rosen sind verwelkt oder teuer. 32 b) Die Rosen sind verwelkt und teuer. c) Die Rosen sind entweder verwelkt oder teuer. 3. Formulieren Sie die Kontraposition für folgende Implikationen. a) n4 b) n2 > n ⇒ n > 1 ungerade ⇒n ungerade c) Wenn das Wetter schön ist, gehen wir baden. d) Wenn ein Stein durch eine Glasscheibe geworfen wird, dann zerbricht sie. 4. Verneinen Sie die folgenden Aussagen unter der Berücksichtigung der All- und Existenzquantoren, sowohl sprachlich als auch in Zeichen. Beispiel für die Benennung: Aussage x S ist die Menge aller Schwammerl, wobei x∈S gilt. Die g(x) bedeutet: Schwammerl x ist giftig, s(x) ist die Aussage: Schwammerl ist schwer zu nden. a) Alle Schwammerl sind giftig oder schwer zu nden. b) Alle Schwammerl sind entweder giftig oder schwer zu nden. c) Alle giftigen Schwammerl sind leicht zu nden. d) Gestrichen. e) In allen Körben von Schwammerlsuchern gibt es einen giftigen Pilz. f ) Wenn zwei Geraden keinen gemeinsamen Punkt besitzen, dann sind sie parallel. g) Es gibt ein Dreieck, das zwei rechte Winkel haben. h) Es gibt ein Dreieck, das zwei stumpfe Winkel hat. i) Es gibt ein Haus in Wien, in dem alle Fenster mit Alarmanlagen gesichert sind. 5. Sind die folgenden Aussagen wahr oder falsch? Begründen Sie! a) ∀x ∈ N : ∃y ∈ N : x = y b) ∃y ∈ N : ∀x ∈ N : x = y c) ∀x ∈ N : ∃y ∈ N : x > y d) ∃y ∈ N : ∀x ∈ N : x ≥ y e) ∀x ∈ N : ∃y ∈ Z : x > y f) ∃y ∈ Z : ∀x ∈ N : x ≥ y 5.2 Sätze und Beweise 1. Direkter Beweis: Arbeiten Sie Theorem 13 so genau aus, dass Sie es an der Tafel selbstständig beweisen können. 2. Indirekter Beweis: Arbeiten Sie Theorem 14 so genau aus, dass Sie es an der Tafel selbstständig beweisen können. 33 3. Vollständige Induktion - Beweisen Sie die folgenden Summenformeln: Pn n(n+1) i=1 i = 2 Pn 3 n2 (n+1)2 b) i=1 i = 4 a) 4. Gegenbeispiele - Widerlegen Sie die folgenden Behauptungen mit Hilfe eines Gegenbeispiels: Jede natürliche Zahl n ∈ N lässt sich als Summe n = x2 + y2 + z 2 darstellen, wobei x, y, z ∈ N. a) Behauptung: Hinweis: Für die Denition der natürlichen Zahlen siehe Abschnitt 4.1. Setzen Sie zuerst x, y, z n = 0, dann n = 1 usw. und überprüfen Sie das Ergebnis! Die Zahlen müssen nicht zwangsweise unterschiedlich sein! Für alle natürlichen Zahlen x ∈ N gilt: es existiert eine Primzahl n ∈ N, die sich als n = x2 + x + 41 darstellen lässt. b) Behauptung: Hinweis: Versuchen Sie hier nicht, alle natürlichen Zahlen für x durchzuprobie- ren! Sehen Sie sich die Formel an und versuchen Sie durch logisches Überlegen x zu nden, sodass sich n als n = l · k l und k (wobei l 6= n und k 6= n). ein darstellen lässt, für natürliche Zahlen 5.3 Mengen und Intervalle 1. Geben Sie die folgenden Mengen auf zwei verschiedene Arten an: a) Die Menge aller Wochentage. b) Die Menge aller Stundenangaben bei einer analogen Uhr. c) Die Menge aller Matrikelnummern, wenn diese 7-stellig sind (Annahme: alle Zahlenkombinationen sind möglich). 2. Sei A die Menge aller Radfahrer, B die Menge aller Schiläufer und C die Menge aller Tennisspieler. a) Wie lassen sich folgende Mengen in Worten ausdrücken? X = {x ∈ A : x ∈ / B∧x∈ / C} Y = {x : (x ∈ A ∧ x ∈ B) ∨ (x ∈ A ∧ x ∈ C) ∨ (x ∈ B ∧ x ∈ C} b) Zeichnen Sie Venn-Diagramme für die Mengen X und Y aus Punkt (a)! c) Geben Sie in Symbolschreibweise die Menge aller Personen an, die genau eine Sportart betreibt! Zeichnen Sie ein Venn-Diagramm! 3. a) Wiederholen Sie die Denitionen von Tafel erklären können! 34 N, Z, Q und R, sodass Sie diese an der b) Geben Sie eine formale Schreibweise für die Menge Z\N an! 4. Geben Sie die gröÿtmögliche Denitionsmenge folgender Funktionen an! Wenn möglich, stellen Sie diese auch in Intervallschreibweise dar! a) f : D → R, f (x) = b) f : D → R, f (x) = c) f : D → R, f (x) d) f : D → R, f (x) 3 7−x x+7 x2 −4 2 −1) = 5(xx+1 √ x = √x2 +2x+1 35