Brückenkurs Mathematik

Werbung
Technische Universität Dresden
Fachrichtung Mathematik, Institut für wissenschaftliches Rechnen
PD Dr. Sebastian Franz
aufbauend auf dem Material von Dr.rer.nat.habil. Norbert Koksch
Brückenkurs Mathematik 2017
1. Vorlesung
Logik, Mengen und Funktionen
„Ich behaupte aber, dass in jeder besonderen Naturlehre nur so viel eigentliche Wissenschaft angetroffen
werden könne, als darin Mathematik anzutreffen ist.“
Immanuel Kant: Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft, A VIII (1786)
1
Grundbegriffe der Logik
Logik ist die Grundlage jedes vernünftigen Schließens, Begründens und Beweisens in allen Wissenschaften.
Eine mathematische Theorie besteht aus allen wahren logischen Aussagen, welche aus den als wahr
vorausgesetzten Grundaussagen folgen.
Einige mathematische Theorien werden als mathematische Modelle in anderen Wissenschaften als
Bestandteil von wissenschaftlichen Theorien genutzt, so zum Beispiel Logik, Mengenlehre und die
Theorie der reellen Zahlen als Bestandteil der Newtonschen Mechanik.
1.1
Aussagen und Aussageformen
Eine Aussage p ist ein sinnvolles sprachliches Gebilde, das die Eigenschaft hat, entweder wahr oder
falsch zu sein. Man nennt „wahr“ bzw. „falsch“ den Wahrheitswert B( p) der Aussage p. Die Wahrheitswerte werden mit w (wahr) bzw. f (falsch) bezeichnet.
Beispiel 1.1. 1) „5 ist eine Primzahl.“ (Aussage, wahr)
2) „3 ist Teiler von 7.“ (Aussage, falsch)
3) „Daniel ist krank.“ (keine Aussage, Daniel ist nicht festgelegt.)
4) „a2 + b2 = c2 “ (keine Aussage, was sind a, b, c?)
Die letzten beiden Beispiele sind keine Aussagen, aber Aussageformen, die einen Wahrheitswert
erhalten durch Belegung der Aussagevariablen Daniel, a, b, c.
2
1
GRUNDBEGRIFFE DER LOGIK
Wenn p und q Aussagen sind, dann lassen sich durch sprachliche Verbindung neue Aussagen gewinnen:
Neue Aussage
„nicht p“
„ p und q“
„ p oder q“ (im Sinne von „oder auch“)
„wenn p, dann q“, „aus p folgt q“, „ p ist hinreichend
für q“, „ p impliziert q“, „ q ergibt sich aus p“
„ p genau dann, wenn q“, „ p gilt dann und nur dann,
wenn q“, „ p ist äquivalent zu q“
Symbol
¬ p, p
p∧q
p∨q
p⇒q
Name
Negation
Konjunktion
Disjunktion
Implikation
p⇔q
Äquivalenz
p⇒q
w
f
w
w
p⇔q
w
f
f
w
Die Wahrheitswerte sind wie folgt definiert:
p
w
f
¬p
f
w
und
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
p∧q
w
f
f
f
p∨q
w
w
w
f
Elementarausdrücke sind die Konstanten w und f . Durch Zusammensetzen lassen sich nach bestimmten Regeln weitere aussagenlogische Ausdrücke bilden.
1.2
Wichtigste logische Regeln
Zwei Ausdrücke (Aussageformen) p, q heißen äquivalent (in Zeichen p = q), wenn für jede Belegung
der Variablen sich jeweils die gleichen Wahrheitswerte ergeben.
Kommutativgesetze:
Assoziativgesetze:
Distributivgesetze:
p∧q = q∧ p,
( p ∧ q) ∧ r = p ∧ ( q ∧ r ) ,
( p ∧ q) ∨ r = ( p ∨ r ) ∧ ( q ∨ r ) ,
p∨q = q∨ p,
( p ∨ q) ∨ r = p ∨ ( q ∨ r ) ,
( p ∨ q) ∧ r = ( p ∧ r ) ∨ ( q ∧ r ) .
Konjunktion und Disjunktion verhalten sich also formal so wie Multiplikation und Addition in den
natürlichen Zahlen.
Ersetzung der Implikation und Äquivalenz:
p ⇒ q = p ∨ q , p ⇔ q = ( p ∨ q) ∧ ( q ∨ p) .
de Morgansche Regeln:
p∧q = p∨q,
p∨q = p∧q.
Beispiel 1.2. Wir „berechnen“, was die Negation einer Implikation p ⇒ q ist:
p ⇒ q = p∨q = p∧q = p∧q.
1.3
1.3
Prädikate und Quantifikatoren
3
Prädikate und Quantifikatoren
Die in der Mathematik verwendeten Aussagen sind Aussagen über die Eigenschaften (Prädikate)
der betrachteten Objekte: „3 ist eine Primzahl“, „7 ist Teiler von 343“. „ist Teiler von 343“ ist ein
einstufiges Prädikat, „ist Teiler von“ ein zweistufiges Prädikat.
xP wird auch als x : P geschrieben uns als „ x mit P “ gesprochen.
Beispiel 1.3. „ x > 3“ oder „ x ist größer als 3“: Variable x, Prädikat P = „ist größer als 3“
„7|5“ oder „7 ist Teiler von 5“: Variable (Konstante) 7, Prädikat P = „ist Teiler von 5“
Für einstufige Prädikate P und Mengen M wird definiert:
∃ x : P ( x) := „Es gibt (mindestens) ein x mit P ( x).“
Existenzquantor:
∃ x ∈ M : P ( x ) := ∃ x : x ∈ M ∧ P ( x )
∀ x : P ( x) := „Für jedes x gilt P ( x).“
Allquantor:
∀ x ∈ M : P ( x) := ∀ x : x ∈ M =⇒ P ( x)
Auch gebräuchlich ist ∃! x : P ( x), welches die Existenz genau eines x mit P ( x) beschreibt.
Häufig muss man Negationen von Quantifikatoren bilden. Es gelten folgende Äquivalenzen:
∃ x : P ( x) = ∀ x : P ( x)
∀ x : P ( x) = ∃ xP ( x)
∃ x ∈ M : P ( x) = ∀ x ∈ M : P ( x)
∀ x ∈ M : P ( x) = ∃ x ∈ M : P ( x)
Beispiel 1.4. Die Aussage
„Es gibt keine reelle Zahl, deren Quadrat −1 ist.“
können wir schreiben als
∃ x ∈ R : x2 = −1
oder ∃ x ( x ∈ R ∧ x2 = −1) ,
gelesen als
„Es gibt kein x in R mit x2 = −1.“
oder
„Es gibt kein x mit den Eigenschaften x ∈ R und x2 = −1.“
Wir können sie aber auch schreiben als
∀ x ∈ R : x2 6= −1
oder ∀ x ( x ∈ R ⇒ x2 6= −1) ,
gelesen als
„Für jedes x in R gilt x2 6= −1.“
oder
„Für jedes x gilt: Wenn x ∈ R, dann x2 6= −1.“
Zwei wichtige, schon in der Antike bekannte Schlussregeln sind nun:
modus ponendo pones
Aus „ A ⇒ B ist wahr“
und „ A ist wahr“
kann auf „B ist wahr“ geschlossen werden.
modus tollendo tollens
Aus „ A ⇒ B ist wahr“
und „B ist falsch“
kann auf „ A ist falsch“ geschlossen werden.
Hingegen ist
h
(
h
(
hfalsch“
(
h(
Aus „ A ⇒ B ist wahr“ und „ A ist falsch“ wird auf (
„B(
ist
hh geschlossen.
ein häufig anzutreffender Fehlschluss.
4
2
2
NAIVE MENGENLEHRE
Naive Mengenlehre
Die Mengenlehre ist neben der Logik die zweite Grundlage der Mathematik. Bei geeigneter Interpretation kann man erkennen, dass alle Objekte mathematischer Theorien Mengen sind. Konkret
begegnen uns Mengen zum Beispiel als Lösungsmengen von Gleichungen und Ungleichungen sowie
als Definitionsbereiche von Funktionen.
2.1
Mengen und Elemente
Definition 2.1. Unter einer Menge versteht man (naiv!) die Zusammenfassung gewisser, wohlunterscheidbarer Dinge zu einem neuen Ganzen. Die dabei zusammengefassten Dinge heißen die Elemente
der betroffenen Menge. Wenn a ein Element der Menge M ist, dann schreibt man a ∈ M . Wenn a nicht
Element von M ist, dann schreibt man a 6∈ M .
Zwei Mengen A und B heißen gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten:
A = B ⇔ ∀x : x ∈ A ⇔ x ∈ B .
Häufig werden Mengen beschrieben als Teil einer Grundgesamtheit, indem man eine Eigenschaft
(Prädikat) für die Elemente zur Charakterisierung angibt:
Die Menge der geraden natürlichen Zahlen kann dann beschrieben werden durch
{ x : x ∈ N und 2 ist Teiler von x} ,
{ x ∈ N : 2 ist Teiler von x}
oder { x ∈ N : ∃ y ∈ N : x = 2 y} .
Definition 2.2. Die leere Menge ; (oder {}) wird definiert durch
; := { x : x 6= x} .
Bemerkung 2.3. Es gibt genau eine leere Menge.
Wenn nämlich ;1 und ;2 leere Mengen sind, dann haben sie die gleichen Elemente (nämlich keine)
und sind somit gleich.
2.2
Teilmengen
Definition 2.4. Die Menge A heißt Teilmenge der Menge B, geschrieben A ⊆ B, wenn jedes Element
von A auch Element von B ist,
A⊆B
:⇐⇒
∀x : x ∈ A ⇒ x ∈ B .
Gilt neben A ⊆ B auch A 6= B, dann heißt A echte Teilmenge von B und man schreibt A ⊂ B.
Bemerkung 2.5. Man unterscheide zwischen „enthalten (als Element) in“ und „enthalten (als Teilmenge) in“ und verwende daher besser „ist Element von“ bzw. „ist Teilmenge von“.
2.3
Operationen mit Mengen
5
Beispiel 2.6. Es seien A = {1, 2, 3, 4, C }, B = {1, 2}, C = {;, 2, 5}. Dann gilt
B⊂ A,
C 6⊆ A ,
C∈ A,
A 6⊆ C ,
;⊂ A,
; 6∈ A ,
;⊂C,
;∈C.
Bemerkung 2.7. 1. Anstelle von „⊆“ für „enthalten oder gleich“ und „⊂“ für „echt enthalten“ werden
von einigen Autoren auch „⊂“ und „á“ verwendet: Man beachte stets, mit welcher Bedeutung Symbole
verwendet werden.
2. Die Relationszeichen ⊆, ⊂ und ∈ kann man auch mit der entsprechenden Bedeutung umkehren.
Für Mengen A , B, C gelten:
A ⊆ A,
Reflexivität:
A ⊆ B∧B ⊆ A ⇒ A = B,
Antisymmetrie:
Transitivität:
sowie
A ⊆ B∧B ⊆ C ⇒ A ⊆ C,
A 6⊂ A ,
A ⊂B ⇒ A ⊆B,
A ⊂ B∧B ⊂ C ⇒ A ⊂ C
A ⊂ B ⇔ A ⊆ B ∧ A 6= B .
Daraus ergibt sich ein wichtiges Beweisprinzip für die Gleichheit von Mengen:
A = B ⇔ A ⊆ B∧B ⊆ A.
Beispiel 2.8. Intervalle als Teilmengen der reellen Zahlen Die Menge aller Zahlen x zwischen 1 und
5 ohne die Randzahlen, also alle x mit 1 < x < 5, hat das Symbol
(1, 5) := { x ∈ R : 1 < x < 5} .
Lassen wir einen Rand zu, so wird aus der runden Klammer eine eckige, z.B.
[1, 5) := { x ∈ R : 1 ≤ x < 5}
falls die 1 enthalten ist. Dann gilt
(−1, 1) = { x : − 1 < x < 1} ,
2.3
[0, 2] = { x : 0 ≤ x ≤ 2} ,
{ x : − 3 < x ≤ 2} = (−3, 2] .
Operationen mit Mengen
Definition 2.9. Die Vereinigung A ∪ B von A und B ist die Menge, die aus allen Elementen von A
und allen Elementen von B besteht:
A
B
A ∪ B := { x : x ∈ A ∨ x ∈ B} .
Definition 2.10. Der Durchschnitt A ∩ B von A und B ist die Menge, die aus allen Elementen
besteht, die sowohl zu A als auch zu B gehören:
A
B
A ∩ B := { x : x ∈ A ∧ x ∈ B} .
6
3
ABBILDUNGEN UND FUNKTIONEN
Definition 2.11. Die Differenz A \ B von A und B ist die Menge, die aus allen Elementen von A
besteht, die nicht Element von B sind:
A
B
A \ B := { x : x ∈ A ∧ x 6∈ B} .
Definition 2.12. Für Mengen Ω und A mit A ⊆ Ω heißt A := Ω \ A Komplement von A bezüglich Ω.
Beispiel 2.13. Es seien A = {1, 2, 3}, B = {3, 4, 5}. Dann gilt
A ∪ B = {1, 2, 3, 4, 5} ,
A ∩ B = {3} ,
A \ B = {1, 2} .
Beispiel 2.14. Es seien A = (−1, 1), B = [0, 2]. Dann gilt
A ∪ B = (−1, 2] ,
A ∩ B = [0, 1) ,
A \ B = (−1, 0) .
Definition 2.15. Zwei Mengen heißen disjunkt oder durchschnittsfremd, wenn ihr Durchschnitt
die leere Menge ; ist.
Für Mengen A ⊂ Ω, B ⊂ Ω, C ⊂ Ω gelten u.a. folgende Eigenschaften:
A ∪ ; = A, A ∩ ; = ;
A ∩ B ⊆ A ⊆ A ∪ B, A ∪ A = A ∩ A = A
A ∩ B = B ∩ A, A ∪ B = B ∪ A
Kommutativgesetze:
Assoziativgesetze:
( A ∩ B) ∩ C = A ∩ (B ∩ C ), ( A ∪ B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C )
Distributivgesetze:
A ∪ (B ∩ C ) = ( A ∪ B) ∩ ( A ∪ C ), A ∩ (B ∪ C ) = ( A ∩ B) ∪ ( A ∩ C )
A \ (B ∪ C ) = ( A \ B) ∩ ( A \ C ), A \ (B ∩ C ) = ( A \ B) ∪ ( A \ C )
De Morgansche Regeln:
A ∩ B = A ∪ B, A ∪ B = A ∩ B
Der Beweis dieser Eigenschaften erfolgt durch direktes Überprüfen der Teilmengenbeziehungen durch
Umformung der Prädikate unter Verwendung der logischen Umformungsregeln, z. B.:
A ∪ B = { x : x ∈ A ∨ x ∈ B} = { x : x ∈ B ∨ x ∈ A } = B ∪ A .
3
Abbildungen und Funktionen
„Abbildung“ ist Verallgemeinerung der aus der Schule bekannte Begriffe „Zuordnung“, „geometrische
Abbildung“ und „Funktion“.
3.1
3.1
Definitionen
7
Definitionen
Definition 3.1. Für Mengen X und Y ist das kartesische Produkt X × Y definiert durch
X × Y = {( x, y) : x ∈ X ∧ y ∈ Y }
als Menge der (geordneten) Paare, deren erstes Element aus X und deren zweites Element aus Y ist.
Beispiel 3.2. Für X = {1, 2, 3} und Y = {a, b} gilt
X × Y = {(1, a), (1, b), (2, a), (2, b), (3, a), (3, b)} .
Definition 3.3. Es seien X und Y Mengen. Eine Teilmenge f ⊂ X ×Y heißt Abbildung oder Funktion
aus X in Y , wenn zu jedem x ∈ X höchstens ein y ∈ Y mit ( x, y) ∈ f gehört. Diese Eigenschaft von f
wird auch rechtseindeutig genannt.
Eine Abbildung f ordnet damit (einigen) Elementen x aus X jeweils genau ein Element y aus Y zu.
Schreibweise:
y = f ( x)
:⇔
( x, y) ∈ f .
Definition 3.4. Die Menge D f = { x ∈ X : ∃ y : ( x, y) ∈ f } heißt Definitionsbereich von f .
Schreibweisen:
f : Df ⊆ X → Y ,
x 7→ f ( x) für x ∈ D f ,
f : X → Y (wenn D f = X ) .
Bemerkung 3.5. Zwei Funktionen f : D f ⊆ X → Y , g : D g ⊆ U → V sind genau dann gleich, wenn X = U ,
Y = V und f = g (und daher D f = D g und f ( x) = g( x) für alle x ∈ D f ) gelten.
Definition 3.6. Es seien f : D f ⊆ X → Y eine Funktion und A und B Mengen.
Das Bild f ( A ) einer Menge A unter f ist definiert als die Menge aller y ∈ Y , für die ein x ∈ A mit
y = f ( x) existiert,
f ( A ) = { y ∈ Y : ∃ x ∈ A : y = f ( x)} .
Das Urbild f −1 (B) einer Menge B unter f ist definiert als die Menge aller x ∈ X , für die ein y ∈ B mit
y = f ( x) existiert,
f −1 (B) = { x ∈ X : ∃ y ∈ B : y = f ( x)} .
Bemerkung 3.7. Es sei f ⊆ X × Y . Dann gilt D f = f −1 (Y ) wie man durch Vergleich der Definitionen von
Definitionsbereich und Urbild erkennt.
Definition 3.8. Es sei f ⊆ X × Y eine Abbildung. Die Menge B f = f ( X ) heißt Bildbereich von f . Die
Menge graph( f ) = {( x, y) : x ∈ D f , y = f ( x)} heißt Graph von f .
8
3
ABBILDUNGEN UND FUNKTIONEN
Definition 3.9. Eine Funktion f : D f ⊆ X → Y heißt:
surjektiv oder rechtstotal :⇔ B f = Y ,
injektiv oder linkseindeutig
:⇔
∀ x1 , x2 ∈ X : x1 6= x2 ⇒ f ( x1 ) 6= f ( x2 ) ,
bijektiv
:⇔
f ist injektiv und surjektiv.
f : D f ⊆ X → Y ist nicht surjektiv, wenn es ein y ∈ Y gibt, das nicht Bild eines Elementes aus X ist. Sie
ist nicht injektiv, wenn es zwei verschiedene Elemente x1 , x2 ∈ X mit gleichem Bildwert f ( x1 ) = f ( x2 )
gibt.
Streng monotone Funktionen f : D f ⊆ R → R sind injektiv.
Beispiel 3.10. Die Funktion f : R → R mit f ( x) = x2 ist weder surjektiv noch injektiv, da −1 kein
Funktionswert ist und 1 zwei Urbilder, −1 und 1, hat.
Die Funktion g : R → R≥0 mit g( x) = x2 ist surjektiv aber nicht injektiv, da alle Zahlen in R≥0 Funktionswerte sind aber immer noch 1 zwei Urbilder hat.
Die Funktion h : R≥0 → R≥0 mit h( x) = x2 ist surjektiv und injektiv, und damit bijektiv, da R≥0 = h(R≥0 )
und für jedes y ∈ R≥0 genau ein x ∈ R≥0 existiert mit x2 = y.
3.2
Umkehrfunktion
Definition 3.11. g : D g ⊆ Y → X heißt Umkehrfunktion oder inverse Funktion zu f : D f ⊆ X → Y ,
wenn D g = B f , D f = B g und g( f ( x)) = x für x ∈ D f gilt.
Sie wird mit f −1 bezeichnet.
Beachte: Es gilt f −1 6= 1/ f !.
Satz 3.12 (Umkehrfunktion). Wenn f : D f ⊆ X → Y injektiv ist, dann
• existiert die zu f inverse Funktion f −1 : B f ⊆ Y → X ,
• gelten f −1 ( f ( x)) = x für x ∈ D f und f ( f −1 ( y)) = y für y ∈ D f −1 = B f
• und f ist die Umkehrfunktion zu f −1 , es gilt also ( f −1 )−1 = f .
Es sei dazu f : D f ⊆ X → Y injektiv, also linkseindeutig. Es sei g definiert durch Umkehrung der Paare
in f , also ( y, x) ∈ g genau dann, wenn ( x, y) ∈ f gilt. Da f linkseindeutig ist, ist g rechtseindeutig, also
eine Funktion.
Es sei x ∈ D f beliebig. Dann gibt es genau ein y mit y = f ( x), also ( x, y) ∈ f und daher ( y, x) ∈ g, also
g( y) = x. Daher gilt g( f ( x)) = g( y) = x für alle x ∈ D f .
Es sei y ∈ D g beliebig. Dann gibt es genau ein x mit x = g( y), also ( y, x) ∈ g und daher ( x, y) ∈ f , also
f ( x) = y. Daher gilt f ( g( y)) = f ( x) = y für alle y ∈ D g .
Mit f −1 := g erhalten wir die Behauptung.
Bemerkung 3.13. Für eine Funktion f : D f ⊆ R → R erhält man graph f −1 durch Spiegelung von graph f
an der Geraden/Winkelhalbierenden x = y.
3.3
Logik und Funktionen – Stetigkeit
9
Beispiel 3.14. Wir betrachten die quadratische Funktion f : R → R mit f ( x) = x2 für x ∈ R. Diese
Funktion ist nicht surjektiv und nicht injektiv.
Wir betrachten die Funktion g : D g ⊆ R → R mit g( x) = x2 für x ∈ D g = R≥0 . Diese Funktion ist nicht
surjektiv. Sie ist injektiv. Damit existiert die Umkehrfunktion g−1 : D g−1 ⊆ R → R mit D g−1 = B g = R≥0
p
zu g und es gilt g−1 ( y) = y für y ∈ R≥0 .
Wir betrachten die Funktion h : R≥0 → R≥0 mit h( x) = x2 für x ∈ R≥0 . Diese Funktion ist links- und
rechtstotal sowie links- und rechtseindeutig, daher bijektiv. Damit existiert die Umkehrfunktion h−1 : R≥0 →
p
R≥0 zu h und es gilt h−1 ( y) = y für y ∈ R≥0 .
3.3
Logik und Funktionen – Stetigkeit
Nun sind wir in der Lage, ein Beispiel für einen wichtigen logischen Ausdruck anzugeben, bei dem es
nicht ganz so leicht ist, die Negation anzugeben.
Es seien f : D f → R eine Funktion mit Definitionsbereich D f ⊆ R und x0 ∈ D f . Dann ist durch
„Für jedes ε größer 0 existiert ein δ größer 0 so, dass für jedes x in D f gilt: Wenn x einen
Abstand kleiner als δ zu x0 hat, dann hat f ( x) einen Abstand kleiner als ε zu f ( x0 ).“
die Stetigkeit von f an der Stelle x0 definiert.
Wie lautet die Negation?
Die Aussage lautet formal:
∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀ x ∈ D f : | x − x0 | < δ ⇒ | f ( x) − f ( x0 )| < ε .
Durch formale Negierung und Verwendung von p ⇒ q = p ∧ q folgt
∃ε > 0 ∀δ > 0 ∃ x ∈ D f : | x − x0 | < δ ∧ | f ( x) − f ( x0 )| ≥ ε .
Online-Vorbereitungskurs Mathematik:
https://tu-dresden.de/deinstudienerfolg/ovk
Dieser Online-Vorbereitungskurs Mathematik behandelt die ersten Themen des Brückenkurses Mathematik in einem Skriptteil etwas ausführlicher unter anderem mit mehr Beispielen und verbindet
dies mit E-Learning-Übungsaufgaben aus dem Online-Brückenkurs Mathematik der TU Dresden und
weiteren E-Learning-Übungsaufgaben.
Herunterladen