Interview mit Dr. Alfons Meyer, neurologischer Chefarzt Akut und

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Health&Care Management, Ausgabe 6/2015
Zusatzmaterial zum Artikel „Akut- und Rehamedizin vernetzt“,
von Volker Feldkamp, S. 44 f.
Interview mit Dr. Alfons Meyer,
neurologischer Chefarzt Akut und Reha, MediClin Klinikum Soltau
Akut und Reha aus einer Hand – das MediClin Klinikum Soltau gehört zu den Einrichtungen der MediClin, die
beides an einem Standort anbieten. Die Integration der beiden Bereiche manifestiert sich hier auch in der
Person von Dr. Alfons Meyer, Chefarzt sowohl der Neurologie Akut als auch der Neurologischen Rehabilitation.
HCM: Herr Dr. Meyer, wo sehen Sie die Vorteile, Akut- und Rehabilitationsbehandlung in einem Haus
anbieten zu können?
Meyer: Der Hauptvorteil besteht darin, dass wir unsere Patienten sektorenübergreifend und ohne
Schnittstellenverzögerung versorgen können. Die Behandlung erfolgt durch ein ärztliches und therapeutisches
Team mit einem abgestimmten Behandlungskonzept, das sowohl für unseren Krankenhaus- als auch für den
Rehabilitationsbereich gültig ist. Damit ist sichergestellt, dass unsere Patienten ihre Behandlung im
Krankenhaus, der Frührehabilitation und auch anschließenden Rehabilitation als Behandlungseinheit erleben
können. Das ist natürlich für die Patienten ein großer Vorteil: Sie erhalten eine Behandlung aus einem Guss.
Nicht zuletzt auch durch die enge Verzahnung von Akut und Reha werden wir in der Region als neurologisches
Kompetenzzentrum wahrgenommen.
HCM: Welche Vorteile sehen Sie hinsichtlich der therapeutischen Betreuung?
Meyer: Auch in der Therapie ist die konzeptionelle und die therapeutische Kontinuität das Ziel. Während der
Phase B, also in der frühesten Phase der Rehabilitation, beginnt bereits die physiotherapeutische und
ergotherapeutische Behandlung mit möglichst gleichbleibenden Therapeuten (siehe Abbildung). Dabei ist die
therapeutische Grundorientierung bis zur neurologischen Rehabilitationsphase D in seinen Prinzipien immer
gleich. Dies gewährleistet, dass unsere Patienten nicht, wie sonst häufig, mit unterschiedlichen
Therapieansätzen konfrontiert und verunsichert werden, sondern auch für ein späteres Eigentraining nach
Abschluss der Reha gut vorbereitet sind.
HCM: Wieso ist dieses Konzept gerade für den neurologischen Bereich empfehlenswert?
Meyer: Unsere Schwerpunkte liegen neben der Behandlung von Patienten nach Schlaganfall insbesondere auch
in der Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS), Polyneuropathien, Parkinson,
neuropsychologischen Erkrankungen und Gedächtnisstörungen wie Demenz. Bei Patienten mit MS oder
Polyneuritiden z.B. kommt es manchmal zu schubförmigen Krankheitsverläufen. So kommt es vor, dass ein
Rehabilitand einen akuten Erkrankungsschub bekommt und vorübergehend für die Rehabehandlung nicht
mehr ausreichend belastbar ist, beispielsweise sogar bettlägerig wird. Dann kann der Betroffene ohne zeitliche
Verzögerung akut behandelt werden. Bei diesen entzündlichen Erkrankungen ist es von großem Vorteil, dass
wir den Patienten nicht in eine externe Einrichtung verlegen müssen. Es kann etwa eine komplexe
Immuntherapie notwendig sein.
Einer unserer Patienten wechselte beispielsweise kürzlich zum dritten Mal zwischen Akutversorgung und
Rehabilitation. Manche Krankheiten verlaufen leider so. Wenn die Entzündung abgeklungen ist, kann es ebenso
ohne wesentliche zeitliche Verzögerung mit der eigentlichen Rehabilitation weitergehen.
HCM: Welche Unterschiede gibt es zwischen der akuten neurologischen und der neurologischen
Rehabehandlung?
Meyer: Der Patient mit seinen Beschwerden bleibt natürlich der gleiche, nur die Sichtweise bzw. der
Behandlungsfokus ändern sich. Im Akutbereich geht es darum, die Ursachen der Störung zu erkennen und zu
behandeln. In der Reha haben wir die Folgen der Störung im Blick. Und nicht jeder, den wir akut neurologisch
behandeln, benötigt eine rehabilitative Therapie. Patienten mit Epilepsie, Parkinson oder MS-Patienten mit
einem Schub gehen häufig nach einer Medikamentenbehandlung direkt aus dem Krankenhaus wieder nach
Hause. Wenn jedoch Reststörungen mit Alltagsrelevanz vorliegen, unterstützt die Reha den Patienten, seine
Aktivität so gut wie möglich wiederherzustellen, um am bisherigen Leben wieder teilhaben zu können.
Auch sind die Räumlichkeiten, d.h. Krankenhausstation und Rehabilitationsbereich, unterschiedlich und
voneinander getrennt. Das ist nicht nur für die Prozesse wichtig, sondern auch für unsere Patienten, denn so
wird durch den Bereichswechsel über die verschiedenen Phasen der Behandlung für den Patienten auch die
therapeutische Änderung „greifbar“ und im positiven Sinn bewusst.
HCM: Welche Bedeutung hat dies für Sie als Chefarzt beider Bereiche?
Meyer: Für mich als Arzt ist es natürlich eine gute Sache, einen Patienten von Beginn an und über alle
Behandlungsphasen betreuen zu dürfen. Dadurch bleibe ich nicht nur verantwortlich, sondern sehe auch, wie
es nach einer Behandlungsphase bis zur ambulanten Versorgung weitergeht. So können wir Ärzte gemeinsam
mit den Therapeuten die Fortschritte unserer Patienten sehen.
Als Chefarzt der Akut- und der Rehabilitationsklinik bin ich für den Patienten durch die regelmäßigen Visiten in
allen Behandlungsphasen das Bindeglied, sozusagen die verbindende „Klammer“. Da Patienten in der
Rehabilitationsphase zumeist eine längere Aufenthaltsdauer haben als in der Akutphase, haben wir doch mehr
Zeit für sie: Was während der Akutbehandlung für manche Patienten noch nicht möglich war, kann jetzt
angegangen werden. Außerdem bleibt mehr Zeit, um über die in der Neurologie nicht selten chronischen
Krankheiten und deren Verarbeitung zu informieren.
Auch wenn es manchmal organisatorisch eine Herausforderung ist – insbesondere für die ärztliche Leitung der
unterschiedlichen Bereiche mit ihren teilweise ganz verschiedenen Rahmenbedingungen – sehe ich die
Kontinuität der ärztlichen Betreuung überwiegend positiv.
Das Interview führte Christoph Karcher, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, MediClin Zentralverwaltung.
Abbildung: Das neurologische Phasenmodell
Wo und in welcher Intensität der Patient nach einer akuten neurologischen Erkrankung behandelt wird, richtet
sich in der Regel nach dem neurologischen Phasenmodell. Dieses definiert die einzelnen Phasen des
Krankheitsverlaufs und grenzt die einzelnen Stationen der Frührehabilitation von den späteren
Behandlungsschritten organisatorisch ab. Im Ergebnis ermöglicht es das Modell, die einzelnen
Behandlungsschritte möglichst genau auf den jeweils notwendigen Therapiebedarf abzustimmen.
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