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Keine oder verzögerte Antibiotika Verabreichung bei akuten Infektionen
im unteren Respirationstrakt gerechtfertigt
Frage:
Wie beeinflussen verschiedene Antibiotika Verschreibungsstrategien (sofortige Antibiotika
Verschreibung, verzögerte Verschreibung oder keine Antibiotika Abgabe) und eine entsprechende
Informationsbroschüre die Länge und den Schweregrad von Symptomen einer akuten Infektion im
unteren Respirationstrakt?
Hintergrund:
Akute Infektionen im unteren Respirationstrakt sind eine der häufigsten Ursachen für einen Besuch
beim Hausarzt. In 75% der Fälle wird immer noch eine Antibiotikum-Behandlung verschrieben. Die
Resultate von verschiedenen „systematic reviews“ über den Nutzen von Antibiotika bei Infektionen
im unteren Respirationstrakt sind kontrovers. Mehr Evidenz ist vor allem in bezug auf
symptomatische Endpunkte erforderlich, damit die verschiedenen Verschreibungsstrategien
evaluiert werden können und ein unnötiger Gebrauch von Antibiotika, der nicht nur das Risiko für
Nebenwirkungen, Interaktionen oder Resistenzentwicklungen, sondern auch die Therapiekosten
beträchtlich erhöht, reduziert werden kann.
Einschlusskriterien:
•
Patienten im Alter von über 3 Jahren, die mit akutem Husten und einem weiteren typischen
Symptom (Auswurf, Brustschmerzen, Atemnot oder pfeifendes Atemgeräusch) für eine
Infektion des unteren Respirationstrakts beim Hausarzt erschienen sind
•
Beschwerden seit weniger als 21 Tagen
Ausschlusskriterien:
•
•
Anamnese einer Pneumonie
Patienten mit Asthma oder einer anderen akuten oder chronischen Lungenerkrankung
(Zystische Fibrose, kardiovaskuläre Erkrankungen)
Studiendesign und Methode:
Randomisiert kontrollierte Studie; (2 X 3 Faktorenanalyse)
Studienort:
England
Intervention:
•
6 verschiedene Interventionen (Faktorenanalyse):
o Gruppe A: Kein Antibiotikum und keine Informationsbroschüre
o Gruppe B: Verzögerte Antibiotika Verschreibung (falls Symptome nach 14 Tagen noch
vorhanden) und keine Informationsbroschüre
o Gruppe C: Antibiotika Verschreibung (3 x 250 mg Amoxicillin für 10 Tage oder 4 x
250mg Erythromycin) und keine Informationsbroschüre
o Gruppe D: Kein Antibiotikum und entsprechende Informationsbroschüre
o Gruppe
E:
Verzögerte
Antibiotika
Verschreibung
und
entsprechende
Informationsbroschüre
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o
Gruppe F: Antibiotika Verschreibung und entsprechende Informationsbroschüre
Outcome:
•
Primärer Outcome: Häufigkeit und Schweregrad der Symptome (erfasst mit täglichen
Fragebögen zu 6 Symptomen)
•
Sekundärer Outcome: Patientenzufriedenheit (Likert Skala), Compliance
Resultat:
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•
807 Patienten von 37 verschiedenen Arztpraxen wurden in die Studie eingeschlossen. 136
der eingeschlossenen Patienten waren Kinder und 133 ältere Patienten.
Die Rücklaufrate der vollständig ausgefüllten Tagebücher lag bei 70% (562 Patienten) und
bei weiteren 10% (78 Patienten) waren die Daten zur Länge und dem Schweregrad der
Symptome vorhanden.
Die Informationsbroschüre hatte keinen Einfluss auf die Verbesserung der Symptome.
Im Vergleich zu keiner Antibiotika Einnahme hatte auch die akute und verzögerte Antibiotika
Verschreibung keinen Einfluss auf die Länge und den Schweregrad der Symptome.
Anhand der Resultate des Fragebogens war der Husten eines der beschwerlichsten
Symptome. Auch nach 11.7 Tagen wurde der Husten im Durchschnitt immer noch als
„leichtes Problem“ dokumentiert.
86% der Patienten mit einer akuten Antibiotika Behandlung waren im Vergleich zu 77% mit
der verzögerten Abgabe und 72% ohne Antibiotika mit der Behandlung sehr zufrieden.
Im folgenden Monat nach dem Arztbesuch suchten Patienten ohne Antibiotikatherapie
(19%) häufiger den Hausarzt auf als Patienten mit akuten oder verspäteten Antibiotika
Verschreibungen (11 und 12%). Ein Patient ohne Antibiotikabehandlung entwickelte eine
Pneumonie und musste ins Spital eingeliefert werden.
Insgesamt wurden Nebenwirkungen (vor allem Diarrhöe) in den beiden Antibiotikagruppen
etwas häufiger beobachtet.
Kommentar:
•
Die Studie zeigt, dass eine akute Antibiotika Verschreibung im Vergleich zu einer verzögerten
oder keiner Antibiotika Behandlung bei Infektionen im unteren Respirationstrakt keinen
signifikanten Einfluss auf die Länge und den Schweregrad der Symptome hat.
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Der natürliche Verlauf der Infektionen des unteren Respirationstraktes dauerte im
Durchschnitt insgesamt 3 Wochen, jeweils 10 Tagen vor und 12 Tagen nach dem
Arzttermine.
Die Studie wurde zwar nicht verblindet, aber sonst hätte man den subjektiven Einfluss der
Patienten auf die die Verschreibungsstrategien gar nicht erfassen können. Eine Limitation
dieser Studie ist aber die Diagnose von Infektionen im unteren Respirationstrakt, da es keine
allgemein gültige Definition gibt, und deren Abgrenzung zu Pneumonien.
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Diese Studie verstärken die Resultate von einem kürzlich erschienen „systematic review“, bei
welche die Antibiotika einen beschiedenen Einfluss auf die Reduktion der Symptome hatten.
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Anhand der Resultate dieser Studie kann man sagen, dass keine oder eine zeitlich verzögerte
Antibiotika Abgabe bei akuten unkomplizierten Infektionen des unteren Respirationstrakt
gerechtfertigt ist, und dass auch die Akzeptanz bei den Patienten grösser ist als erwartet.
Literatur:
Little P.; “Information Leaflet and Antibiotic Prescribing Strategies for Acute Lower Respiratory
Tract Infection: A Randomised Controlled Trial, JAMA, 2005, 293, 24, 3029-3035
Verfasser:
Madlaina Scharplatz
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