Eitrige Komplikationen bei akuten Halsschmerzen sind sehr selten

Werbung
www.evimed.ch
Eitrige Komplikationen bei akuten Halsschmerzen sind sehr
selten und nicht vorhersagbar
Frage:
Häufigkeit und Vorhersagbarkeit eitriger Komplikationen bei Patienten mit akuten
Halsentzündungen?
Hintergrund:
Ein von den Ärzten angegebener Grund für die Verschreibung von Antibiotika bei Patienten
mit Infektionen der oberen Luftwege mit Halsschmerzen ist die Verhinderung eitriger
Komplikationen wie Peritonsillarabszess, Sinusitis, Otitis media. Empfohlen wir die Indikation
für Antibiotika basierend auf den Centor-Kriterien und damit dem Risiko einer Gruppe A Betahämolysierenden Streptokokken zu stellen; Antibiotika werden empfohlen wenn drei der vier
Kriterien erfüllt sind: Eiterbeläge auf den Tonsillen, schmerzhafte zervikale Lymphknoten,
Fieber und kein Husten. Den Centor-Kriterien folgend werden zu vielen Patienten Antibiotika
verschrieben. In dieser Studie wird untersucht welche Faktoren, anamnestisch erhebbar oder in
der klinischen Untersuchung identifizierbar, mit einem erhöhten Risiko für eitrige
Komplikationen bei Patienten mit akuten Halsschmerzen assoziiert sind.
Einschlusskriterien:
•
•
•
•
•
Allgemeinpraktiker, die nach eigenen Angaben weniger als 50% ihrer Patienten mit akuter
Tonsillitis bereits bei der Erstkonsultation ein Antibiotikum verschreiben. Die von diesen
Ärzten eingeschlossenen Patienten mussten die folgenden Kriterien erfüllen
Alter 16 Jahre
Halsschmerzen als wichtigstes Symptom
Krankheitsdauer weniger als 14 Tage
Abnormer Befund (Rötung des Rachens, Eiterbeläge auf Tonsillen) in der Untersuchung des
Pharynx
Ausschlusskriterien:
•
Schwerere physische und psychische Erkrankungen.
Studiendesign und Methode:
In einer diagnostischen Kohorte wurde ein klinischer Score zur Vorhersage der
Wahrscheinlichkeit einer bakteriellen Infektion entwickelt und in einem zweiten Teil der Studie
die Aussagekraft des Scores evaluiert.
Studienort:
616 Allgemeinpraxen in England
Outcome:
Primärer Outcome
• Eitrige Komplikationen in den ersten vier Wochen nach der Erstkonsultation
(Peritonsillarabszess, Otitis media, Sinusitis, Erysipel)
Sekundäre Outcomes
• Erneute Konsultation wegen immer noch vorhandenen Symptomen oder dem Auftreten
von Symptomen eines erneuten respiratorischen Effektes
Resultat:
www.evimed.ch
•
•
•
•
In etwas weniger als drei Jahren wurden 14 610 Jugendliche und Erwachsene mit akuten
Halsschmerzen in die Studie eingeschlossen.
Eitrige Komplikationen traten selten, das heisst bei etwa 1% der Patienten auf.
Eine schwere Tonsillitis (nicht genauer definiert) und starke Ohrenschmerzen bei der
Erstkonsultation waren Prädiktoren für eitrige Komplikationen. Der prädiktive Wert dieser
beiden Variablen ist allerdings so gering, dass keine Konsequenzen für die Praxis daraus
gezogen werden können.
Evaluiert wurde auch die Aussagekraft des Centor-Scores für das Auftreten eitriger
Komplikationen; auch dieser Score hat nur eine sehr beschränkte Aussagekraft.
Kommentar:
•
•
Der in dieser Studie entwickelte und evaluierte Score für die Vorhersage eitriger
Komplikationen bei Patienten mit akuten Halsschmerzen liefert ernüchternde Ergebnisse,
ist in der Praxis unbrauchbar und dessen Einsatz eignet sich nicht für die Reduktion von
Antibiotikum-Verschreibungen bei Patienten mit akuten Halsschmerzen.
Eitrige Komplikationen bei akuten Halsschmerzen und akuten Tonsillitiden sind sehr selten
und daher auch kein plausibles Argument für die Verschreibung eines Antibiotikums.
Literatur:
Little P et al. Predictors of suppurative complications for acute sore throat in primary care:
prospective clinical cohort study. Brit Med Journal 2013;347:f6867 doi
Verfasser:
Johann Steurer
Herunterladen