UE Logik für Wissensrepräsentation WS 2016/17

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UE Logik für Wissensrepräsentation WS 2016/17
Aufgabenblatt 1: Aussagenlogik
Beispiel 1:
Beweise das Replacement-Theorem, welches folgende Eigenschaft darstellt:
Sei CA eine Formel die A als Teilformel enthält, und sei CB das Resultat indem A
durch B in CA ersetzt wird. Dann gilt: Falls |= A ≡ B, dann |= CA ≡ CB .
Der Beweis erfolgt mittels Induktion über den Aufbau der Formeln:
• Induktionsanfang: Ist CA eine Formel, welche keine logischen Konnektive enthält (also
eine logische Konstante >, ⊥ oder eine propositionale Konstante), so ist CA = A und CB =
B. Daher ist |= A ≡ B gleichbedeutend zu |= CA ≡ CB .
• Induktionsschritt: Die Induktionsannahme ist, dass XA ≡ XB und YA ≡ YB .
Für Formeln der Form ¬XA gilt
V m (¬XA ) = 1 − V m (XA ) = 1 − V m (XB ) = V m (¬XB )
und damit m |= ¬XA gdw m |= ¬XB .
Für Formeln der Form XA ⊃ YA gilt
V m (XA ⊃ YA ) = 1
gdw V m (XA ) ≤ V m (YA )
gdw V m (XB ) ≤ V m (YB )
gdw V m (XB ⊃ YB ) = 1
und damit m |= XA ⊃ YA gdw m |= XB ⊃ YB .
Daher folgt aus der Induktionsannahme, dass m |= CA gdw m |= CB , was gleichbedeutend
zu |= CA ≡ CB ist.
Beispiel 2:
Zeige die syntaktische Form der Schnittregel, d.h. die Eigenschaft
falls T ` Ai , für 1 ≤ i ≤ n, und A1 , . . . , An ` B, dann T ` B, für eine beliebige Theorie
T und beliebige Formeln A1 , . . . , An , B,
direkt aus der Definition der Herleitungsrelation `.
Aus T ` Ai , für 1 ≤ i ≤ n folgt, dass es eine Herleitung (Hi )i=1,...,M gibt, in der jedes Ai zumindest
einmal vorkommt. Aus A1 , . . . , An ` B folgt, dass es eine Herleitung (Ki )i=1,...,N aus {A1 , . . . , An }
gibt, wobei KN = B.
Betrachtet man H1 , . . . , HM , K1 , . . . , KN , sieht man, dass dies eine gültige Herleitung von B aus
T ist, womit T ` B gezeigt ist.
1
Beispiel 3:
Beweise die Korrektheit des in der VO vorgestellten Hilbertkalküls für die Aussagenlogik.
Im Hilbertkalkül ist jede Herleitung aus einer Theorie T eine endliche Folge A1 , . . . An von Formeln,
wobei für jede Formel Ai gilt:
• entweder Ai ∈ T , oder
• Ai ist ein Axiom, oder
• es gibt Aj , Ak mit j, k < i und Ak = Aj ⊃ Ai .
Ist Ai ∈ T , so gilt T |= Ai .
Ist Ai ein Axiom, so gilt |= Ai und damit auch T |= Ai (Beweis mit zB Wahrheitstafel):
AX0
|= >
AX1
|= A ⊃ (B ⊃ A)
AX2
|= (A ⊃ (B ⊃ C)) ⊃ ((A ⊃ B) ⊃ (A ⊃ C))
AX3
|= (¬B ⊃ ¬A) ⊃ ((¬B ⊃ A) ⊃ B)
Kommt Ai aufgrund der letzten Regel in der Herleitung vor, so gilt T |= Aj und T |= Aj ⊃ Ai .
Aus letzterem folgt T, Aj |= Ai . Da wegen T |= Aj jedes Modell m von T auch ein Modell von Aj
ist und wegen T, Aj |= Ai jedes solche m Ai erfüllt, gilt T |= Ai .
Damit ist gezeigt, dass T ` A ⇒ T |= A.
Beispiel 4:
Zeige mittels Einführungs- und Beseitigungsregeln für die Herleitungsrelation der Aussagenlogik
folgende Relationen:
(a) ` A ∨ ¬A
(b) ` (¬A ∨ ¬B) ⊃ ¬(A ∧ B)
(c) (V ⊃ U ), (K ⊃ F ), (¬U ∧ ¬F ) ` (¬V ∨ ¬K)
(d) (J ∨ S) ⊃ ((¬A ∧ ¬(T ∧ D)) ∨ (V ∧ H)) ` (S ∧ ¬V ) ⊃ ¬A
(a)
¬(A ∨ ¬A), A ` A ∨ ¬A
∨-Einführung
(1)
¬(A ∨ ¬A), A ` ¬(A ∨ ¬A)
¬(A ∨ ¬A) ∈ {¬(A ∨ ¬A), A}
(2)
¬-Einführung aus 1 und 2
(3)
¬(A ∨ ¬A), ¬A ` A ∨ ¬A
∨-Einführung
(4)
¬(A ∨ ¬A), ¬A ` ¬(A ∨ ¬A)
¬(A ∨ ¬A) ∈ {¬(A ∨ ¬A), A}
(5)
¬-Einführung aus 4 und 5
(6)
¬(A ∨ ¬A) ` ¬A
¬(A ∨ ¬A) ` A
` A ∨ ¬A
¬-Einführung aus 3 und 6
(b) Dieses Lemma verkürzt die Herleitung:
Lemma 1. Lässt sich T, A ` B herleiten, so auch T, ¬B ` ¬A.
2
Proof.
T, A ` B
Voraussetzung
(1)
T, A, ¬B ` B
Monotonie aus 1
(2)
T, A, ¬B ` ¬B
Antezedens
(3)
T, ¬B ` ¬A
¬-Einführung aus 2 und 3
A∧B `A
∧-Beseitigung
(1)
A∧B `B
∧-Beseitigung
(2)
¬A ` ¬(A ∧ B)
Lemma 1 aus 1
(3)
¬B ` ¬(A ∧ B)
Lemma 1 aus 2
(4)
∨-Beseitigung aus 3, 4
(5)
(¬A ∨ ¬B) ` ¬(A ∧ B)
` (¬A ∨ ¬B) ⊃ ¬(A ∧ B)
⊃-Einführung aus 5
(c) Dieses Lemma verkürzt die Herleitung:
Lemma 2. Es gilt T, (A ⊃ B), ¬B ` ¬A.
Proof.
T, (A ⊃ B), A ` B
⊃-Beseitigung
T, (A ⊃ B), ¬B ` ¬A
Lemma 1 aus 1
(1)
(V ⊃ U ), (K ⊃ F ), ¬U ` ¬V
Lemma 2
(1)
(V ⊃ U ), (K ⊃ F ), ¬U ` ¬V ∨ ¬K
∨-Einführung, Schnittregel aus 1
(2)
(V ⊃ U ), (K ⊃ F ), ¬F ` ¬K
Lemma 2
(3)
(V ⊃ U ), (K ⊃ F ), ¬F ` ¬V ∨ ¬K
∨-Einführung, Schnittregel aus 3
(4)
(V ⊃ U ), (K ⊃ F ), (¬U ∨ ¬F ) ` ¬V ∨ ¬K
∨-Beseitignug aus 2 und 4
(d) Sei T = {(J ∨ S) ⊃ ((¬A ∧ ¬(T ∧ D)) ∨ (V ∧ H)), (S ∧ ¬V )}.
Es reicht zu zeigen, dass T ` ¬A, dann folgt die Aussage aus der ⊃-Einführung.
(S ∧ ¬V ), (V ∧ H), A ` V
∧-Beseitigung
(1)
(S ∧ ¬V ), (V ∧ H), A ` ¬V
∧-Beseitigung
(2)
¬-Einführung, 1,2
(3)
(S ∧ ¬V ), (V ∧ H) ` ¬A
(S ∧ ¬V ), (¬A ∧ (¬T ∧ D)) ` ¬A
(S ∧ ¬V ), ((¬A ∧ (¬T ∧ D)) ∨ (V ∧ H)) ` ¬A
T ` (J ∨ S)
T ` (J ∨ S) ⊃ ((¬A ∧ (¬T ∧ D))∨(V ∧ H))
T ` ((¬A ∧ (¬T ∧ D))∨(V ∧ H))
∧-Beseitigung
(4)
∨-Beseitigung, 3,4
(5)
∨-Einführung
(6)
Antezedens
(7)
⊃-Beseitigung, Schnittregel, 6,7 (8)
T ` (S ∧ ¬V ) Antezedens
T ` ¬A
3
Schnittregel, 5,8,9
(9)
Beispiel 5:
Beweise, dass der deduktive Abschlussoperator der Aussagenlogik die Eigenschaften der Inflationierung, Idempotenz und Monotonie erfüllt.
• Inflationierung T ⊆ Th(T )
Jedes ϕ ∈ T erfüllt T ` ϕ und damit auch ϕ ∈ {A|T ` A} = Th(T ).
• Idempotenz Th(T ) = Th(Th(T ))
Th(T ) ` B
⇒ ∃n : A1 , . . . , An ` B und T ` Ai , i = 1, . . . , n
⇒T `B
syntaktische Schnittregel (Beispiel 2)
Daher gilt Th(Th(T )) = {B|Th(T ) ` B} ⊆ {B|T ` B} = Th(T ). Wegen der Inflationierung
gilt zusätzlich noch Th(T ) ⊆ Th(Th(T )) und damit insgesamt Th(T ) = Th(Th(T )).
• Monotonie T ⊆ T 0 ⇒ Th(T ) ⊆ Th(T 0 )
Jede Herleitung aus T ist auch eine Herleitung aus T 0 . Was gleichbedeutend zu T ` A ⇒
T 0 ` A ist. Daraus folgt wiederum {A|T ` A} ⊆ {A|T 0 ` A}.
Beispiel 6:
Welche der folgenden Eigenschaften gelten und welche nicht? Begründen Sie Ihre Antworten (d.h.,
beweisen Sie die geltenden Eigenschaften und geben Sie ein Gegenbeispiel für die falschen)! "6` A"
bedeutet wie üblich "nicht ` A".
(a) "Für jede Formel A, falls ` ¬A, dann 6` A."
(b) "Für jede Formel A, falls 6` A, dann ` ¬A."
(c) "Für alle Formeln A, B, falls ` A ∨ B", dann ` A oder ` B."
(d) "Für alle Formeln A, B, falls ` A oder ` B, dann ` A ∨ B."
(a) Angenommen es gäbe eine Formel A mit ` ¬A und ` A. Aufgrund der Korrektheit, der
Ableitungsrelation, gälte für diese Formel dann |= ¬A und |= A. Daher kann es eine solche
Formel nicht geben. Diese Aussage ist daher wahr.
(b) Betrachte eine propositionale Konstante P und zwei Modelle m1 , m2 mit m1 |= P und
m2 |= ¬P . Sei jetzt die Formel A gleich P , dann gilt wegen der Korrektheit 6` A und `
6 ¬A.
Diese Aussage ist daher falsch.
(c) Sei P eine propositionale Konstante. Wähle A = P und B = ¬P . Dann gilt ` A ∨ B, aber
auch 6` A und 6` B (wieder wegen der Korrektheit und zwei Modellen, wobei eines P und das
andere ¬P erfüllt). Diese Aussage ist daher falsch.
(d) Wegen der ∨-Einführung gilt A ` A ∨ B und B ` A ∨ B. Gilt ` A oder ` B, so folgt wegen
der syntaktischen Schnittregel ` A ∨ B. Diese Aussage ist daher wahr.
Beispiel 7:
Zeige die Äquivalenz der folgenden zwei Aussagen:
(i) B ` C
(ii) Für jede Liste A1 , . . . , An von Formeln:
wenn A1 , . . . , An ` B, dann A1 , . . . , An ` C
4
(i)⇒(ii) Folgt aus der syntaktischen Schnittregel (Beispiel 2, mit T als A1 , . . . , An und B als A1 und
C als B)
(ii)⇒(i) Wegen (ii) gilt: wenn B ` B, dann B ` C. Da B ` B gilt, folgt (i).
Beispiel 8:
(a) Übersetzen Sie folgenden Satz in Aussagenlogik. Wie würden Sie den Satz umändern um
Zweideutigkeiten zu vermeiden?
Falls Commodore Schmidlapp anwesend ist [S] oder der Chef des Generalstabs
unseren Vorschlag annimmt [C] und der Verteidigungsminister nichts dagegen hat
[¬V ], wird unser Vorschlag angenommen [A].
(b) Analysieren Sie folgendes Argument mittels Aussagenlogik. Ist es stichhaltig? Begründen
Sie Ihre Antwort!
Der geplante Angriff wird nur dann erfolgreich sein, wenn der Gegner überrascht
wird oder die Stellung schwach verteidigt wird. Der Gegner wird nicht überrascht
werden außer er ist siegessicher. Er wird allerdings nicht siegessicher sein falls die
Stellung schwach verteidigt wird. Also wird der Angriff nicht erfolgreich sein.
(a) Es gibt zwei Interpretationen:
((S ∨ C) ∧ ¬V ) ⇒ A
und
(S ∨ (C ∧ ¬V )) ⇒ A
Da A ⊃ (B ⊃ C) = ¬A ∨ ¬B ∨ C = ¬(A ∧ B) ∨ C = (A ∧ B) ⊃ C und man daher
((S ∨ C) ∧ ¬V ) ⇒ A schreiben kann als (S ∨ C) ⊃ (¬V ⊃ A), kann man, falls man die erste
Interpretation meint, die Aussage umformulieren zu:
Wenn Commodore Schmidlapp anwesend ist [S] oder der Chef des Generalstabs
unseren Vorschlag annimmt [C] dann gilt, dass wenn der Verteidigungsminister
nichts dagegen hat [¬V ], unser Vorschlag angenommen wird [A].
(b)
A
GU e
SV
GS
Der Angriff ist erfolgreich
Der Gegner wird überrascht
Die Stellung wird schwach verteidigt
Der Gegner ist siegessicher
[(GU e ∨ SV ≡ A) ∧ (¬GU e ∨ GS) ∧ (SV ⊃ ¬GS)] ⊃ ¬A
Der Angriff ist erfolgreich, wenn GU e, GS und ¬SV . Also wenn der Gegner überrascht wird,
siegessicher ist und seine Stellung stark verteidigt wird.
Der Angriff ist auch erfolgreich wenn SV , ¬GS und ¬GU e. Also wenn der Gegner nicht überrascht
wird, nicht siegessicher ist und seine Stellung schwach verteidigt wird.
Beispiel 9:
(Adaptiert nach Keisler.)
Meischberger, Hochegger und Grasser werden der Steuerhinterziehung verdächtigt. Sie machen
folgende Aussagen unter Eid:
5
MEISCHBERGER: Hochegger ist schuldig und Grasser ist unschuldig.
HOCHEGGER: Falls Meischberger schuldig ist, dann ist es auch Grasser.
GRASSER: Ich bin unschuldig aber mindestens einer der anderen ist schuldig.
Seien M , H, G Atomformeln die jeweils für "Meischberger ist unschuldig", "Hochegger ist unschuldig" und "Grasser ist unschuldig" stehen.
Repräsentieren Sie die Aussagen der drei Verdächtigten als Formeln der Aussagenlogik. Beantworten Sie folgende Fragen mittels entsprechender Repräsentation in Aussagenlogik:
(i) Sind die Aussagen der drei konsistent?
(ii) Die Aussagen eines Verdächtigten folgt aus der Aussage eines anderen. Welche aus welcher?
(iii) Angenommen jeder ist unschuldig, wer beging eine falsche Zeugenaussage?
(iv) Angenommen die Aussagen jedes Zeugen sind wahr, wer ist schuldig und wer unschuldig?
(v) Angenommen die Unschuldigen sagen die Wahrheit und die Schuldigen lügen, wer ist unschuldig und wer schuldig?
Hinweis: Verwenden Sie Wahrheitstafeln der involvierten Formeln zur Beantwortung der Fragen.
MEISCHBERGERs Aussage lautet:
¬H ∧ G
HOCHEGGERs Aussage lautet:
¬M ⊃ ¬G
GRASSERs Aussage lautet:
G ∧ (¬M ∨ ¬H)
(i) M ∧ ¬H ∧ G erfüllt alle Aussagen. Daher sind die Aussagen konsistent.
(ii) GRASSERs Aussage folgt aus MEISCHBERGERs
(iii) MEISCHBERGER und GRASSER
(iv) siehe (i): M, ¬H, G ist das einzige Modell, welches alle Aussagen wahr macht.
(v) Unter diesen Voraussetzungen gilt:
[M ≡ (¬H ∧ G)] ∧ [H ≡ (¬M ⊃ ¬G)] ∧ [G ≡ (G ∧ (¬M ∨ ¬H))]
(1)
Gilt M , so auch ¬H und G. Wenn ¬H, dann gilt aber ¬M ∧ G. Da nicht gleichzeitig M
und ¬M gelten kann muss auf jeden Fall ¬M gelten.
Gilt ¬H, so muss wegen MEISCHBERGERs Lüge ¬G gelten, womit HOCHEGGER aber
die Wahrheit gesagt hätte, daher gilt auf jeden Fall H.
Gilt H, so muss wegen ¬M ¬G gelten. ¬M ∧ H ∧ ¬G ist konsistent mit (1).
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