Die richtige Aufklärung – Der Patient und seine Rechte

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MEDIZIN & RECHT
DIE RICHTIGE AUFKLÄRUNG
Der Patient und seine Rechte
Auch der fachgerecht ausgeführte ärztliche Heileingriff ist eine Körperverletzung – das sagt die Rechtsprechung seit jeher. Klärt ein Arzt seinen Patienten aber über den bevorstehenden Eingriff auf und
willigt dieser darauf in die Behandlung ein, wird die Rechtswidrigkeit beseitigt. Harald Heck und Dr. jur.
Wolfgang Popp von der Mannheimer Kanzlei Depré RECHTSANWALTS AG erläutern, worauf Patienten
achten sollten und welche Konsequenzen Fehler bei der Aufklärung durch Ärzte haben.
Harald Heck ist Fachanwalt
für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht. Bei der
Depré RECHTSANWALTS AG
ist er überwiegend im Bereich
des Arbeits-, Medizin- und Gesellschaftsrechts tätig.
Dr. jur. Wolfgang Popp ist
Fachanwalt für Medizinrecht.
Bei der Depré RECHTSANWALTS AG ist er überwiegend
im Bereich des Medizin-, Bauund Gesellschaftsrechts tätig.
Die Patientenaufklärung fördert nicht nur
echte Alternative zum geplanten Eingriff
das gegenseitige Vertrauen, sie entscheidet
gibt. - Die „Risikoaufklärung“ soll dem
im Falle eines Falles auch darüber, ob der
Patienten verdeutlichen, dass der Eingriff
Arzt Schadenersatz oder Schmerzensgeld
oder die Behandlung Komplikationen oder
zahlen muss. Fehlt die Aufklärung, ist sie
auch Schäden nach sich ziehen kann, die
unvollständig oder fehlerhaft, so haftet der
sich nicht sicher vermeiden lassen.
Arzt, wie wenn er einen Behandlungsfehler
Über die mit der Eigenart des Eingriffs
begangen hätte – selbst wenn sein eigent-
spezifisch verbundenen Risiken muss der
liches medizinisches Vorgehen tadellos
Arzt unabhängig davon aufklären, wie oft
war! Die ärztliche Aufklärung soll es dem
es zu Komplikationen kommt. Dagegen ist
Patienten ermöglichen, Art, Bedeutung, Ab-
die Aufklärung über atypische Risiken von
lauf und Folgen eines Eingriffs zu verstehen
der Häufigkeit möglicher Komplikationen
– wenn auch nicht in allen Einzelheiten, so
abhängig. Allerdings hat die Rechtspre-
doch in den Grundzügen. Dadurch soll er zu
chung bei Risiken, die im Fall der Verwirk-
einer informierten Risikoabwägung in der
lichung das Leben des Patienten schwer
Lage sein, weshalb über die spezifischen
belasten, eine Aufklärungspflicht auch
Risiken des konkreten Eingriffs im Großen
schon bei einer Komplikationsdichte von
und Ganzen aufgeklärt werden muss – hier
weniger als 1 %, gelegentlich sogar bei
spricht man von der „Grundaufklärung“.
weniger als 0,1 % angenommen! - Im Rah-
Auch wie groß das Risiko eines Misser-
men der „Diagnoseaufklärung“ muss der
folges oder die Mortalitätsrate bei dem
Patient über den medizinischen Befund
Eingriff ist, muss ihm vor Augen gehalten
an sich aufgeklärt werden. Verdachtsdi-
werden.
agnosen, die auf ungesicherter Grundlage
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werden. - Nach dem Eingriff oder der
Im Rahmen der sogenannten „Behand-
Behandlung muss die „Sicherungsauf-
lungsaufklärung“ weist der Arzt auf die Art
klärung“ folgen. Der Arzt informiert sei-
der konkreten Behandlung – wie z. B. kon-
nen Patienten darüber, wie dieser sich
servative Methode, Operation, Bestrah-
therapiegerecht verhalten muss, um den
lung – und auf die Tragweite des Eingriffs
Heilungserfolg zu sichern. Fehlt diese
betreffend Funktionsbeeinträchtigungen,
Aufklärung, liegt ein Behandlungsfehler
Dauer, Schmerzen etc. hin. Auch mögliche
vor. Nur wenn der Patient von seinem Arzt
Behandlungsalternativen müssen ange-
diese Informationen erhält, kann von ei-
sprochen werden: Der Patient muss erken-
ner rechtmäßigen ärztlichen Behandlung
nen können, dass es gegebenenfalls eine
gesprochen werden.
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beruhen, müssen aber nicht mitgeteilt
WORÜBER MUSS AUFGEKLÄRT WERDEN?
medizin für manager Rhein-Ruhr 2009
WIE MUSS AUFGEKLÄRT WERDEN?
des Eingriffs hinreichend abwägen, sei-
kann noch nein sagen.“. Anders liegt der
Nicht nur der Inhalt, auch die Art und Wei-
ne Entscheidungsfreiheit und somit sein
Fall bei Notfalloperationen: Die Aufklärung
se der Vermittlung ist relevant: Verharm-
Selbstbestimmungsrecht in angemessener
unmittelbar vor dem Eingriff ist hier noch
lost der Arzt die Risiken oder stellt er sie
Weise wahren können. Bei einer Operation
hinreichend; im Übrigen ist bei Vorliegen
als belanglos dar, gilt der Patient als nicht
wird der Arzt also mindestens einen Tag
einer Lebensgefahr regelmäßig von einer
aufgeklärt. Der Arzt haftet dann, als ob er
vorher aufklären müssen. Der Vorabend
mutmaßlichen Einwilligung des Patienten
einen Behandlungsfehler begangen hätte.
der Operation ist bereits zu spät, wenn der
auszugehen.
Und je geringer die Indikation zu einem
Patient dann überraschend erstmals von
ärztlichen Eingriff ist, desto umfangreicher
gravierenden Risiken erfährt. Und eine Auf-
Bei der sogenannten „Behandlungsaufklärung“ weist
und schonungsloser muss der Patient über
klärung „erst vor der Tür des Operations-
die damit einhergehenden Risiken aufge-
saals“ ist in jedem Fall fehlerhaft. Lediglich
der Arzt auf die Art der konkreten Behandlung und
klärt werden – dies gilt insbesondere bei
bei einfacheren ambulanten Eingriffen kann
auf die Tragweite des Eingriffs betreffend Funktions-
nicht medizinisch indizierten Schönheits-
eine Aufklärung am Tag des Eingriffs noch
beeinträchtigungen, Dauer, Schmerzen etc. hin.
operationen.
rechtzeitig sein. Dabei muss dem Patienten
jedoch immer eine eigenständige Entschei-
WER MUSS AUFGEKLÄRT WERDEN?
WANN MUSS AUFGEKLÄRT WERDEN?
dung ermöglicht werden, ob er den Eingriff
Schließlich muss der Arzt auch noch darauf
Die Aufklärung muss zudem rechtzeitig er-
durchführen lassen will oder nicht – er
achten, wen er aufzuklären hat: Der Patient
folgen: Der Patient soll das Pro und Contra
muss für sich das Empfinden haben: „Ich
muss einwilligungsfähig sein – das ist ge-
medizin für manager Rhein-Ruhr 2009
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zeptiert. Der Arzt kann sich aber auf Zeugen
Die für Medizinrecht zuständigen Anwälte
bei der Depré RECHTSANWALTS AG.
berufen, die zumindest bestätigen können,
dass er bei vergleichbaren Eingriffen immer
entsprechend aufgeklärt hat. Auch wird
man ihn, wenn gewisse Anhaltspunkte für
eine Aufklärung bestehen, selbst anhören,
allerdings ebenso den Patienten, der dann
möglicherweise das Gegenteil behauptet.
Kann der Arzt allerdings nachweisen, dass
der Patient auch bei ordnungsgemäßer
Aufklärung eingewilligt hätte, so entfällt
eine Haftung. Je dringender die Notwendigkeit des medizinischen Eingriffs ist, desto
schwerer wird dem Patienten der Nachweis
fallen, dass er bei richtiger Aufklärung nicht
gewusst hätte, ob er den Eingriff nicht doch
unterlassen oder eine andere risikofreiere
Methode gewählt hätte. Ganz ausnahmsweise kann es genügen, wenn der Patient
schon hinreichend aufgeklärt ist, z. B. bei
© Depré RECHTSANWALTS AG
wiederholten gleichartigen Operationen.
Die Anforderungen hierfür sind jedoch sehr
hoch, sodass der Arzt häufig dazu tendieren
wird, die Aufklärung bei jedem Eingriff vorzunehmen und sich dann auch zu vergewissern, ob der Patient die damals vermittelten
Informationen noch besitzt. Aufzuklären
hat der Arzt im Zweifel persönlich. Möglich
nau zu prüfen bei minderjährigen Patienten,
Elternteile einzuholen und beide entspre-
und meist unumgänglich ist bei arbeitstei-
aber auch bei erwachsenen Patienten, die
chend aufzuklären. Hat der Arzt Zweifel an
ligen Organisationen, z. B. in der Klinik, die
infolge von Krankheiten in ihren geistigen
der Einwilligungsfähigkeit, wird er häufig
Delegation auf einen nachgeordneten Kol-
Fähigkeiten eingeschränkt sein können, wie
Zeugen hinzuzuziehen und die Aufklärung
legen. Eine Übertragung auf Pflegekräfte
z. B. Demenzkranke oder psychisch Kranke.
genau dokumentieren. In kritischen Fällen
oder Arzthelferinnen genügt jedoch nicht.
Der Patient muss in der Lage sein, die Art,
wird er sogar das Vormundschaftsgericht
Zur Sicherheit wird sich der Arzt, der den
Bedeutung und Tragweite einer Maßnahme
einschalten, besonders wenn die gesetz-
Eingriff ausführt, immer selbst nochmals
– auch die Risiken – jedenfalls in groben
lichen Vertreter ihr Einverständnis nicht
vergewissern, ob die Aufklärung auch tat-
Zügen zu erfassen, das Für und Wider ab-
geben können oder wollen.
sächlich stattgefunden hat.
zu treffen. Fehlt dem Patienten diese Fä-
WER MUSS DIE AUFKLÄRUNG IM
FAZIT
higkeit, kann nur sein gesetzlicher Vertre-
STREITFALL BEWEISEN?
Das Thema Aufklärung ist für den Arzt ange-
ter (Eltern, Vormund oder Betreuer) in die
Beweisen muss die ordnungsgemäße Auf-
sichts der umfangreichen und differenzier-
Behandlung einwilligen. Dieser muss dann
klärung der Arzt – kann er es nicht, drohen
ten Rechtsprechung hierzu mit erheblichen
aufgeklärt werden, wobei es sich von selbst
hohe Schmerzens- und Schadenersatzan-
Risiken belastet. Für den Patienten bedeu-
versteht, dass auch der Patient selbst, sei-
sprüche. Die Unterzeichnung eines Aufklä-
tet andererseits ein auch noch so geringfü-
nen Fähigkeiten entsprechend, über den
rungsbogens alleine genügt beispielsweise
giger Fehler bei der ärztlichen Aufklärung
Eingriff informiert wird. Kinder und Jugend-
nicht; vielmehr muss – beweisbar – ein
einen möglichen Schadensersatzanspruch
liche werden oft nur von der Mutter oder
persönliches Gespräch stattgefunden ha-
gegen den Arzt oder den verantwortlichen
nur vom Vater begleitet. Bei leichteren
ben, in dem der Patient die Möglichkeit zu
Krankenhausträger, ohne dass daneben
Eingriffen kann der Arzt dabei davon aus-
Rückfragen hatte. Der Arzt muss ferner
noch zusätzlich etwa ein ärztlicher Behand-
gehen, dass der andere Elternteil mit der
sichergehen, dass der Patient den Aufklä-
lungsfehler gegeben sein müsste. Dies ist
Durchführung einverstanden ist. Bestehen
rungsbogen auch gelesen und verstanden
für beide Parteien des Behandlungsverhält-
daran jedoch konkrete Zweifel oder muss
hat. Formularmäßige Bestätigungen, dass
nisses zu bedenken.
ein schwererer Eingriff vorgenommen wer-
dies auch geschehen sei, werden von den
Harald Heck und Dr. jur. Wolfgang Popp /
den, hat der Arzt die Einwilligung beider
Gerichten kritisch gesehen und oft nicht ak-
Depré RECHTSANWALTS AG
zuwägen und hiernach eine Entscheidung
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medizin für manager Rhein-Ruhr 2009
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