I. Zahlsysteme 1 Axiomatische Einf¨uhrung der reellen Zahlen

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I. Zahlsysteme
Die ganzen Zahlen hat der liebe Gott gemacht, alles andere ist Menschenwerk“
”
(Leopold Kronecker, 1886).
Die Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen Geistes, sie dienen als Mittel, um die Ver”
schiedenheit der Dinge leichter und schärfer aufzufassen. Durch den rein logischen Aufbau der
Zahlenwissenschaft und durch das in ihr gewonnene stetige Zahlen-Reich sind wir erst im Stand
gesetzt, unsere Vorstellung von Raum und Zeit genau zu untersuchen, indem wir dieselben auf
dieses in unserem Geiste geschaffene Zahlen-Reich beziehen.“
(Richard Dedekind (1888) in Was sind und was sollen die Zahlen? “
”
Dieses erste Kapitel handelt von Zahlsystemen“. Zahlen stellen eine wichtige Grundlage der ge”
samten Mathematik, speziell aber der Analysis dar. Man kann den von Dedekind und Kronecker
ausgedrückten Standpunkt einnehmen und etwa die reellen Zahlen, ausgehend von den natürli”
chen Zahlen“ über die ganzen Zahlen“ und die rationalen Zahlen“ konstruieren. Doch stellt sich
”
”
gleich die Frage: Was ist eine natürliche Zahl? “. Man kann – nach dem Vorbild von Peano und
”
Dedekind (1888)– die natürlichen Zahlen mittels eines Axiomensystems (sog. Peano-Axiome) charakterisieren und aus diesen Grundannahmen alle Aussagen über das Rechnen mit natürlichen
Zahlen, so wie man es von der Schule gewohnt ist, ableiten. Mit relativ einfachen algebraischen
Mitteln, lassen sich aus den natürlichen Zahlen dann die ganzen Zahlen und die rationalen Zahlen
konstruieren. Der Übergang von den rationalen Zahlen zu den reellen Zahlen, erfordert jedoch kompliziertere Begriffsbildungen aus der Analysis bzw. Algebra. Wir werden deshalb nicht so vorgehen,
sondern den Standpunkt einnehmen, dass jede(r) intuitiv weiß, was reelle Zahlen sind.
Was aber ist eine reelle Zahl? “
”
Wie die Diskussion in der Vorlesung über diese Frage ergeben hat, ist die Antwort hierauf gar nicht
so einfach.
1
Axiomatische Einführung der reellen Zahlen
Um eine tragfähige Basis für den Aufbau der Analysis zu schaffen, fixieren wir den Begriff der
reellen Zahl, indem wir Axiome für die reellen Zahlen angeben: Grundeigenschaften, die wir als wahr
betrachten und nicht weiter hinterfragen, aus denen sich aber alle weiteren Aussagen über reelle
Zahlen auf rein logischem Weg ableiten lassen. Diese Axiome sind
I. die Körperaxiome (1.1)
II. die Anordnungsaxiome (1.2)
III. (ein) Vollständigkeitsaxiom (1.3)
(GA): Wir nehmen also an, dass eine Menge gibt – heißt Menge der reellen Zahlen – , die
den obigen Axiomen genügt. Was das im einzelnen bedeutet, wird im Folgenden erklärt. Statt
”
ist eine reelle Zahl“, schreiben wir
(Sprechweise: ist Element von “).
”
1.1 Die Körperaxiome
Hier werden solche Grundeigenschaften aufgelistet, die zur Begründung des Rechnens“, d. h. der
”
Addition, der Subtraktion, der Multiplikation und der Division, ausreichen. In den Axiomen kommen
12
I. Zahlsysteme
nur Addition und Multiplikation vor, Subtraktion und Division werden aus diesen abgeleitet.
1.1.1 Axiome der Addition
Wir nehmen folgendes an:
Je zwei reellen Zahlen ist genau eine weitere reelle Zahl ihre Summe, zugeordnet und
diese Addition genannte Zuordnung genügt den folgenden Bedingungen:
Für alle Für alle gilt
(Kommutativität bezüglich der Addition)
gilt
(Assoziativität bezüglich der Addition)
Es gibt ein spezielles (eindeutig bestimmtes) Element !
für alle
gilt
! Zu jeder reellen Zahl "
%#
, genannt Null(element), so dass
(Existenz eines neutralen Elements bezüglich der Addition).
gibt es eine reelle Zahl
$#
Eigenschaft
(genannt Negatives von “) mit der
”
!
(Existenz eines Negativen).
1.1.2 Axiome der Multiplikation
Wir nehmen weiter an:
Je zwei Zahlen ist genau eine weitere reelle Zahl & , ihr Produkt, zugeordnet und diese
Multiplikation genannte Zuordnung erfüllt folgende Bedingung
' Für alle gilt
' (&)*+& Für alle gilt
,
& & - & .&/ '
' " (Kommutativität bzgl.. der Multiplikation)
(Assoziativität bzgl. der Multiplikation)
Es gibt ein spezielles, (eindeutig bestimmtes,) von ! verschiedenes Element 0
Eins(element), so dass für alle
gilt
(& 0
Zu jedem
dass gilt
(& 3
2 1
, genannt
(Existenz eines neutralen Elements bzgl. der Multiplikation)
3
! existiert eine weitere reelle Zahl 0
(genannt Inverses von ), so
(Existenz eines Inversen)
Ferner soll folgendes Axiom über die Verbindung von Addition und Multiplikation erfüllt sein:
(D) Für alle (&
gilt
-& -& (Distributivgesetz)
13
I. Zahlsysteme
1.1.3 Bemerkung
Die Axiome besagen, dass die reellen Zahlen
kation einen Körper bilden,
mit den Verknüpfungen der Addition und Multipli-
und
wenn man darunter eine Menge
versteht, in welcher je zwei Elementen
eine Summe
" ' ' " (
&
so zugeordnet sind, dass für die Elemente von
die
bis
,
bis
ein Produkt
und
entsprechenden Regeln gelten.
Wir werden noch zahlreiche Beispiele weiterer Körper kennen lernen. Der Körperbegriff wird auch
in der Vorlesung über Lineare Algebra 1“ ausführlich behandelt. Aus dem Schulunterricht geläufi”
ge Rechenregeln, wie
$#
$# / $# 0
# speziell
/ 0 # 0 /$# oder
lassen sich aus den obigen Axiomen einfach ableiten.
Zur Vereinfachung der Schreibweise treffen wir zunächst die folgenden Vereinbarungen:
(a) Statt ,&) schreiben wir meistens einfach .
(b) Wir vereinbaren die Vorfahrtsregel“
”
Punktrechnung geht vor Strichrechnung“.
”
Dann schreibt sich z. B. das Distributivgesetz einfacher
Wir ziehen einige Folgerungen aus den Axiomen, wobei wir zunächst nur die Axiome der Addition
benutzen.
1.1.4 Folgerungen aus den Axiomen der Addition
(a) Die Summe der Zahlen ist unabhängig von Klammerung und Reihenfolge der
Summanden. Man schreibt daher einfach .
(b) Das Element Null in
(c) Das Negative zu
in
(d) Für je zwei Zahlen ist eindeutig bestimmt.
ist eindeutig bestimmt.
hat die Gleichung
genau eine Lösung in
(e) Für alle nämlich
%#
gilt (Vorzeichenregel)
#,$#
Beweis:
(a) Wiederholte Anwendung von
und
0 und
.
# #
# 14
I. Zahlsysteme
(b) Es gelte sowohl
! für alle und auch
!
für alle
.
Zu zeigen ist: ! ! .
! , so folgt
Setzt man in
setzt man in
Nach
! ! !
! so folgt
0 ist aber ! ! ! ! , daher
! ! ! ! !
(c) Es sei sowohl
# Zu zeigen ist: %#
#
$#
!
eine Lösung der Gleichung
wie man durch Einsetzen bestätigt:
Ist umgekehrt
# !
# # $# $# !
als auch (d) In der Tat ist !
. Nun ist
%#
%#
*
! ! eine Lösung von
, so folgt wie oben
$# $ # $# ! $# # Statt schreiben wir einfach und nennen diese Zahl die Differenz (von und ).
Damit ist #auch die Subtraktion von reellen Zahlen definiert. Man beachte, dass
das Minus–
#
Zeichen “ jetzt # in zweierlei
Bedeutung
verwendet
wird,
einmal
bedeutet
die
zu ne %# #
”
gative Zahl, in bedeutet das
“ eine Rechenoperation, nämlich die
”
Subtraktion.
(e) Nach Definition des Negativen ist
$#
Andererseits ist auch
$#,%#
$#
!
Wegen der Eindeutigkeit des Negativen ist daher
#,%#
!
15
I. Zahlsysteme
#, Die zweite Behauptung beweist man etwa so:
sind Lösungen der Gleichung und
$#
$ # ! .
Wegen der eindeutigen Lösbarkeit dieser Gleichung muss
#, $#
$ # gelten.
Völlig analoge Folgerungen kann man nun aus den Axiomen der Multiplikation ziehen, wir
fassen uns kurz:
1.1.5 Folgerungen aus den Axiomen der Multiplikation
(a) Das Produkt der Zahlen Faktoren, wir schreiben einfach
(b) Es gibt in
ist unabhängig von der Klammerung und Reihenfolge der
genau ein Einselement, das Einselement.
! , gibt es genau ein Inverses 3 , das Inverse von .
(d) Für je zwei reelle zahlen mit 1 ! hat die Gleichung
(c) Zu jedem
1
genau eine Lösung , nämlich 3 . Statt 3 schreibt man auch oder und
nennt eine solche Zahl Quotient (oder auch Bruch). Damit ist auch die Division durch reelle
Zahlen 1 ! definiert (als Umkehrung der Multiplikation).
(e) Für alle
1
! gilt
3 3 3 3 3 3und
3
1
(
1
falls
! und
! gilt. (Vgl. 1.1.6.(b))
Beweis: Man schließt wie im Beweis von 1.1.4, indem man durch & ersetzt.
Mit Hilfe des Distributivgesetzes ergeben sich weitere Folgerungen.
1.1.6 Folgerungen, in denen zusätzlich
(a) Für alle
(b) Für alle gilt -& ! (c) Für alle (d) Für alle gilt: *
benutzt wird
! .
! genau dann, wenn ! oder ! .
gilt
%#
gilt
$#
% # e) Regeln der Bruchrechnung“:
”
( 1 ! 1 ! gilt
Für alle %# #, (Nullteilersatz)
(die Vorzeichenregel)
speziell
$#
0
/$#
0 0
16
I. Zahlsysteme
genau dann, wenn - . Speziell gilt für alle
.
( )
.
( ) & ( ) (falls auch - 1 ! ).
( )
.
1 !
Beweis: (a) Aus ! ! ! folgt nach (D)
-& !
(& ! ,&
!
!
!
Wegen der eindeutigen Lösbarkeit der Gleichung (bzgl. ).
-& !
muss ,& ! ,& !
! sein.
! , dann gilt nach (a) ,& ! ! .
* ! .
Genauso gilt natürlich ! & ! . Sei umgekehrt & ! . Dann ist zu zeigen: ! oder
1
3
! , dann braucht nichts bewiesen werden. Ist aber
! , dann existiert
, und es
Ist
folgt
-& ! ,&) 3 (&) 3 & 3
0
(b) Ist Beachte: Für die
-Matrizen
!! !0 und !! !0 gilt
!! !! ist das Matrizenprodukt
Frage: Was ist
?
(c) Wir beweisen z. B.
(& ! ! .
$# #, % # ! und daher. . Es ist %# %# löst
also
#, die
Gleichung
# ist
(d) Es ist
%#
Speziell gilt also
%#
0
%#
$# $ # ! . Andererseits ist nach Def. $#, ! , daher
/$# ,
# %#
#,$#, %
%
nach (c)
nach (c)
nach 1.1.4(e) .
0 0.
Übung: Versuchen Sie die letzte Gleichung direkt zu beweisen, indem Sie von 0 ausgehen.
(e) Bei den Regeln der Bruchrechnung beweisen wir exemplarisch
Für reelle Zahlen mit ( 1 ! und 1 ! gilt:
genau dann, wenn gilt:
-
und
:
$#
0
!
17
I. Zahlsysteme
Die Richtung
in
: Wir multiplizieren die linke Gleichung mit und erhalten:
3 / 3 3 -
3 0 - 0 -/. oder
oder
also
Es folgt also Die Richtung
1 ! :
, die rechte Gleichung.
2 in
, dann folgt durch Division dieser Gleichung durch
Folgerung: Für jedes
: Ist jetzt
mit
oder
1 ! ist deshalb auch:
(Erweitern und Kürzen)
: Es ist (– dabei wird die obige Folgerung verwendet –)
/
(Beachte: Aus , 1 ! und 1 ! folgt 1 ! .)
Übung: Geben Sie einen etwas anderen Beweis, indem Sie benutzen, dass
deutig bestimmte Lösung der Gleichung ist.
1.1.7 Ein ausführliches Beispiel
Für alle gilt die binomische Formel
Beweis: Zunächst ist
0 0 und für ist / /
/
+& +& % 0
0
% 0
0
0 0 .
nach Def.
nach
nach
nach
nach
nach
'
nach
'
und
nach
und
' nach
nach Def.
'
/
die ein-
18
I. Zahlsysteme
Wenn bis jetzt auch nur Altbekanntes - wie z. B. die Vorzeichenregeln, die binomische Formel
(im Spezialfall) o der die Regeln der Bruchrechnung herausgekommen sind, hat die axiomatische
Methode den Vorteil, dass die aus den Körperaxiomen abgeleiteten Regeln für alle Körper gelten.
Davon gibt es - wie schon bemerkt - sehr viele“, z.B. bilden die rationalen Zahlen oder die komple”
xen Zahlen Körper bzgl. der jeweils dort definierten Operationen Addition und Multiplikation. Einen
skurrilen“ Körper erhält man in folgendem
”
1.1.8 Beispiel: Körper mit 2 Elementen
Nach Def. muss ein Körper mindestens zwei Elemente enthalten (wegen 0 1 ! .
! 0
Sei
0 .
eine Menge mit ! 1
! !! 00
0 0 ! & ! !! !0
0 ! 0
Wir definieren eine Addition und Multiplikation durch folgende Tabellen:
Die Körperaxiome sind leicht nachzuprüfen,
ist tatsächlich ein Körper, in dem
0 0 ! gilt. In der Algebra zeigt man, dass es zu jeder Primzahl einen Körper mit Elementen gibt,
allgemeiner gibt es zu jeder Primzahlpotenz
, eine
natürliche Zahl,
einen Körper mit
Ele
% " Also
0
menten.
gibt
es
z.
B.
K
örper
mit
oder
auch
Elementen,
oder
auch
mit
#
0 Elementen. Der Körper ! 0 ist der kleinste Körper, den man sich vorstellen
kann. In der Literatur wird er auch häufig mit
oder
bezeichnet.
Dass auch in
die Gleichung
! !
0 0 !
gilt, können wir also bisher nicht ausschließen. Aus den Anordnungsaxiomen wird sich jedoch
ergeben, dass die Gleichung
0 0 !
nicht erfüllt sein kann.
1.2 Die Anordnungsaxiome
Die Anordnungsaxiome, welchen wir uns nun zuwenden wollen, stellen die Grundlage für das
Rechnen mit Ungleichungen, für Abschätzungen und auch für die elementare Fehlerrechnung dar. Ungleichungen sind in der Analysis (mindestens) so wichtig, wie Gleichungen in der Algebra.
Wir nehmen folgendes an:
"
In ist eine Teilmenge
schaften gelten:
(AnO
(AnO
(AnO
, genannt die positiven Zahlen - ausgezeichnet, so dass folgende Eigen-
Für jede reelle Zahl
"
! oder
Für beliebige $#
Für beliebige "
"
gilt genau eine der folgenden Aussagen:
"
gilt gilt "
"
.
.
19
I. Zahlsysteme
"
! .
Sprechweise:
Statt
“ sagen wir auch ist positiv“ und verwenden dafür die Abkürzung
#
”
”
Ist
, dann heißt negativ, Abkürzung
! .
Eine reelle Zahl ist also entweder positiv oder negativ oder gleich Null. Durch Auszeichnung der
positiven reellen Zahlen kann man auch zwei reelle Zahlen der Größe nach vergleichen. Man
definiert für "
Sprechweise:
Die Beziehungen
kleiner und größer , bzw.
#
"
oder
kleinergleich und größergleich .
bzw.
nennt man auch Ungleichungen“, in manchen Zusammenhängen auch Abschätzungen“
”
”
1.2.1 Definition (Angeordneter Körper)
"
Die reellen Zahlen
bilden einen (an)geordneten Körper, wenn man darunter einen Körper
versteht,
in
welchem
ein
Positivitätsbereich
so ausgezeichnet ist, dass die Grundeigenschaft
(AnO ), (AnO ) und (AnO ) gelten. Die rationalen Zahlen bilden auch einen angeordneten Körper.
1.2.2 Eigenschaften von
und
(a) Trichotomiegesetz: Für je zwei reelle Zahlen gilt genau eine der Aussagen:
(b) Transitivität: Für beliebige Aus und folgt oder oder
gilt:
(c) Verträglichkeit mit der Addition: Für beliebige und
gilt: Aus
folgt
Gleichsinnige“ Ungleichungen darf man also addieren.
”
für beliebiges Insbesondere folgt aus
(d) Verträglichkeit mit der Multiplikation Für beliebige und ! folgt .
und ! folgt .
Aus und ! folgt ! (d’) Aus ! mit - 1 ! gilt:
Aus
.
Kurz: Ungleichungen zwischen nicht negativen Zahlen, darf man multiplizieren.
20
I. Zahlsysteme
4
3.5
3
2.5
2
1.5
1
0.5
1
0.5
1.5
2
2.5
3
3.5
4
0
x
,
! , insbesondere ist 0 0
Abbildung 1: Graph der Funktion
(e)
Spiegelungseigenschaft“: Für ”
# genau dann, wenn #
(f) Vergleichbarkeit: Für Aus
und (g) F
# ür jede
0 1
(h) Für
(i) Für gilt: Es ist
mit !
!
.
gilt:
gilt:
folgt .
mit 1
für alle .
!
! ist
! gleich bedeutend mit 3
folgt
3
3
! und
#
0
! , also auch
! .
Hieraus folgt z.B. dass die Funktion aus der Abbildung 1
"
0
streng monoton fällt Bemerkung:
Veranschaulicht man sich die Menge der reellen Zahlen als die Punkte auf einer Geraden, auf
der zwei verschiedene Punkte ! und 0 als Wahl vom Ursprung (Nullpunkt) und Maßeinheit markiert
sind und zwar so, dass 0 rechts von ! liegt, dann liegen die positiven Zahlen rechts vom Nullpunkt,
die negativen links davon. Von zwei Zahlen ist diejenige größer, die weiter rechts
# liegt. Addition
einer Zahl bedeutet eine Verschiebung (Translation). Der Übergang von zu
bedeutet eine
Spiegelung am Nullpunkt, wobei die Rollen von rechts und links vertauscht werden.
21
I. Zahlsysteme
# #
0
1
Gelegentlich werden wir auch Ungleichungen verketten.
und z. B.
! 0 Statt
schreiben wir kurz
Dabei sollte man jedoch immer nur gleichsinnige Ungleichungen“ verketten.
”
Beweis von 0 (a) Man muss nur die Definition einsetzen:
bedeutet
bedeutet
bedeutet
Nach (AnO ) tritt für jede reelle Zahl
d. h. # und
, d. h. # folgt
# nach
(AnO
# )
, das heißt aber
# (b) Aus
"
# ,
# # ! "
genau eine dieser Fälle ein.
"
"
"
"
#
#
und das bedeutet
.
. Dann besagen die Voraussetzungen
(c) Wir
zun
# behandeln
ächst
# den Fall
und
,
dann gilt nach (AnO )
# # "
"
Es ist aber
#
"
# # , also
ist gleich bedeutend mit # .
# # # # #
Es ist aber ! .
( ( . Das bedeutet eine Translationsinvarianz
Aus folgt für beliebiges dann Für schließt man analog: "
"
für Ungleichungen.
#
! , dann ist zu zeigen, dass aus folgt: oder .
# , und nach (AnO ) folgt für Nach
ist aber , d.h. ! auch
# Voraussetzung
.
# # , also gilt # , d.h. . Der
ist aber nach dem Distributivgesetz
# Beweis im Fall
! (dann ist
! verläuft völlig analog.
#
#
# #
# # #
# (e) Aus folgt durch Addition von nach 1.2.1 (c) , also .
folgt . bedeutet: oder . bedeutet:
(f) Zu zeigen: Aus und oder . Wegen der Trichotomie können und nicht gleichzeitig gelten,
also muss gelten.
%# $# %# ! nach (AnO ). Ist ! , so ist ! , also ! .
(g) Ist ! , so ist auch (d) Sei zunächst "
"
"
"
Es ist aber
$#
%#
#, %# % #,%#, % 22
I. Zahlsysteme
Wegen 0 1 ! ! gelten.
Durch Addition von 0 zur linken Ungleichung folgt 0 ! 0 0 0 ! , also ein Widerspruch,
da nicht gleichzeitig ! 0 und 0 ! gelten kann.
Völlig analog schließt man, falls 0 ! sein sollte. Auch der Körper der# komplexen Zahlen
Der endliche Körper
0
aus Beispiel 1.1.8 lässt sich nicht anordnen.
müsste die Alternative !
oder 0
lässt sich nicht anordnen, weil es eine komplexe Zahl gibt, für die
Erst jetzt sieht man, dass
0 gilt.
mehr Zahlen als nur die Zahlen ! und 0 enthält:
Definiert
man
0 so folgt jetzt !
0 0
0 0 0 0
0 ,
also
etc. enthält also mindestens alle Zahlen, die man durch sukzessive Addition
von 0 aus Null (bzw. 0 ) erhält.
0 0
3 1 ! , da -& 3 0 1 ! ist (Nullteilersatz).
ist
! ,
dann
Wäre 3 ! , dann folgt mit 3
0 !
(h) Ist
Widerspruch zu 1.2.2(8). Also folgt aus
das steht aber im
sondere ist !
0 . Die Umkehrung gilt natürlich auch:
Aus 3
folgt !
! .
! auch 3
3 .
Man verwendet den gleichen Schluss wie eben und beachtet 3
! . Insbe-
(i) Man zeigt etwas allgemeiner:
Unter der Voraussetzung genau dann, wenn
! gilt:
.
Es ist
“: Ist nun
”
das heißt
”
, dann ist #
0 # 0
#
3 ! und auch gilt
0
“: Ist die linke Seite positiv, dann muss wegen !
0 # 0
0
! oder .
! , also ist die rechte Seite positiv,
#
auch ! gelten, d.h. es ist
1.2.3 Kleine Anwendungen
(a) Für alle ( mit
gilt
heißt das arithmetische Mittel von
und .
Zwischen je zwei verschiedenen reellen Zahlen gibt es stets weitere reelle Zahlen.
Der Beweis ist offensichtlich:
Aus
folgt und also auch
und damit
0
0
0
0
und mit der Definition 0 0
!
23
I. Zahlsysteme
(b) Sind , dann ist
!
(1.1)
# (1.2)
#
Addiert man in 0
auf beiden Seiten
also
und damit
, so folgt
oder
! , so kann man hierfür (unter der Verwendung der Existenz von Quadratwurzeln
Sind aus nicht negativen Zahlen) auch
- schreiben. Das ist die Ungleichung zwischen dem geometrischen und arithmetischen Mittel.
(c) Für welche
#
hat der Ausdruck
0
seinen kleinsten Wert (Minimum), d. h. gibt es ein oder mehrere
#
für alle
0
.
#
gilt?
Es ist aber
#
0 # 0
, so dass
0
!
wobei das Gleichheitszeichen genau dann gilt, wenn 0
.
Geometrische Interpretation ?
Man kann die Ungleichung auch in der Form schreiben:
#
#
0
0
oder
0
für alle
Die geometrische Interpretation dieser Ungleichung ist, dass für die Funktion
aus der Abbildung 2 die Stelle
Maximum von
auf
ist.
0
#
0
die einzige Maximalstelle ist und
0
(d) Fehlerabschätzungen für Näherungswerte
Häufig verwendet man in physikalischen Anwendungen Näherungswerte, z.B. für
0
das
0
0 24
I. Zahlsysteme
0.2
x
-0.5
0.5
1
1.5
0
-0.2
-0.4
-0.6
den Näherungswert
0 # 0
Abbildung 2: Graph der Funktion
,
oder manchmal nur 0
# 0
#
0
.
, und steht dann vor dem Pro-
blem, den relativen Fehler (bezogen auf den wahren Wert bzw. Näherungswert) abzuschätzen.
Wir betrachten ein einfacheres Beispiel:
Für
0
( klein) (aufgefasst als wahrer Wert“) wird häufig der Näherungswert
”
0
#
0 verwendet.
Für den Fehler
#
#
# 0
#
!
#
#
0
0 # 0
0
#
0 #
0
0 #
0 gilt
für alle
#
0!
für alle
#
0 und
# 0
mit
0)!
0
0!
Der relative Fehler (bezogen auf den wahren Wert)
# #
!
und
#
mit
für alle
0
0)! !
für alle
#
0
0!
0
0!
Das folgende Lemma wird manchmal Fundamentallemma der Analysis“ genannt, wir werden
”
es häufig anwenden.
25
I. Zahlsysteme
1.2.4 (Fundamental-)Lemma
Ist
( )
und gilt für jede positive reelle Zahl
! .
dann gilt
Zusatz: Ist zusätzlich
Ungleichung
oder
! , dann muss ! sein.
Beweis:(durch Widerspruch).
Wir nehmen an, dass
die Ungleichung
! , dann ist
ebenfalls positiv und eine zulässige Wahl. Da die
! gilt, muss sie speziell also auch
für alle positiven
! im Widerspruch zur Annahme
! .
gelten und damit
Mit Hilfe der Anordnung der reellen Zahlen lassen sich wichtige Teilmengen von definieren, die
Intervalle.
Die meisten (reellen) Funktionen, die wir betrachten werden, haben Intervalle als Definitionsbereich, oder die Definitionsbereiche
setzen
sich aus
Intervallen
in einfacher Weise zusammen.
Angaben
wie
oder
bedeuten,
dass im Intervall zwischen
0
0
0
0
0
0
und
bzw.
dass
im
Intervall
zwischen
und
liegt.
0
0
0 0
0 0
1.2.5 Definition (Intervalle)
Jede der in der folgenden Liste aufgeführte Teilmenge von
1. Abgeschlossene (sogar kompakte) Intervalle
(a) Für (b) Für sei sei mit
2. Offene Intervalle
(b) Im Fall ist ,
(a) heißt Intervall.
wir fassen die leere Menge also auch als Intervall auf.
3. Halboffene Intervalle
(b) (a) 4. Abgeschlossene Halbstrahlen
(a) (b)
#
5. Offene Halbstrahlen
(a) (b)
#
26
I. Zahlsysteme
#
Mit der leeren Menge , den einpunktigen Intervallen 6. Die Zahlengerade
.
und ganz
gibt es also genau 11
Intervalltypen.
Die Bezeichnungen “abgeschlossenes“, “kompaktes“,
“offenes“, . . . , Intervall sind im Augenblick
#
nur Namen. In den Fällen 1., 2. und 3. heißt die Länge des jeweiligen Intervalls.
Der Unterschied zwischen dem abgeschlossenen Intervall und dem offenen Intervall besteht offensichtlich darin, dass im ersten Fall die beiden Randpunkte“ und zum Intervall
”
gehören, im zweiten Fall aber nicht zum Intervall gerechnet werden.
Auf diese Begriffsbildungen kommen wir später ausführlich zurück. Für unsere späteren Kovergenzbetrachtungen wichtiges Intervall erhält man so:
und
Bezeichnung:
Ist
! , dann heißt das offene Intervall
#
auch -Umgebung von .
#
#
Veranschaulichung:
]
[
Mit Hilfe der Anordnung von
können wir einen wichtigen Begriff der Analysis einführen, den
Betrag. Gleichzeitig erhalten wir ein Beispiel für eine wichtige Funktion (die stetig ist, aber im Nullpunkt nicht differenzierbar ist).
1.2.6 Definition (Betrag)
Ist
so heißt die Zahl
#
!
der Betrag von .
Ordnet man jeder reellen Zahl
ihren Betrag
falls
falls
falls
!
!
!
zu erhält man eine Funktion:
deren Graph die bekannte Gestalt aus der Abbildung 3 hat. Der Betrag ignoriert das Vorzeichen
(Signum) einer reellen Zahl, das man formal durch
sign #!
0
0
falls
falls
falls
definieren kann.
Offenbar gilt
sign
!
!
!
27
I. Zahlsysteme
2
1.5
1
0.5
0
-1
-2
1
x
2
Abbildung 3: Graph der Betrag–Funktion .
1.2.7 Hilfssatz
Für
,
! gilt
# insbesondere ist stets
Beweis: Die Richtung
Sei
! , so ist
! , so ist
Ist Die Richtung
Sei jetzt
Ist
#
:
#
.
! , so ist #
, also
#
, also
#
.
! , so ist (
also)
$# Durch Multiplikation mit
0 folgt daher
Ist
:
.
Ist
#
ist gleichbedeutend mit
.
# !
!
# wählt. Sie folgt auch direkt aus der Definition von
Zusatz: Es gilt natürlich auch für
! :
#
.
Die Folgerung erhält man, indem man
.
.
ist gleichbedeutend mit
#
.
28
I. Zahlsysteme
1.2.8 Satz: (Eigenschaften des Betrags)
Für (b’)
(c)
(d)
gilt
! und [ ! ! ] .
#
(b) * (Multiplikativität), speziell
(a)
, falls ( 1 !
# ,
.
(Dreiecksungleichung) ,
(Dreiecksungleichung für Abschätzungen nach unten).
Beweis:
(a) folgt unmittelbar aus der Definition
(b) Wegen
! und
! gilt stets . .
Man kann den Beweis auch durch Fallunterscheidungen führen, man hat dann vier Fälle zu
unterscheiden (siehe Vorlesung).
(b’) folgt wegen &)
aus der Multiplikativität (b).
Man kann den Beweis auch durch Fallunterscheidungen führen, man hat dann vier Fälle zu
unterscheiden (siehe Vorlesung).
(c) Aus
und
# folgt (nach 1.2.2(c))
#, und damit nach Hilfssatz 1.2.7
.
#
Ersetzt man durch in , so erhält man
# # .
# (d) Mit (c) folgt:
# # , daher
# # .
Vertauscht man die Rollen von
# # # , daher
# #
.
#
Ersetzt man durch , so folgt auch
Bemerkungen:
und , so folgt
# # # #
# $ # .
, dann besagt (d), dass der
Definiert man als Abstand von die Zahl Abstand von und mindestens so groß ist, wie der Abstand ihrer Beträge.
29
I. Zahlsysteme
Auch in höheren Dimensionen, schon in
, besagt die Dreiecksungleichung, dass zwei
Seiten eines Dreiecks zusammen immer mindestens so lang sind wie die dritte Seite.
C B
A
In der Dimension eins, degeneriert das Dreieck zu drei Punkten auf der Zahlengeraden
die Aussage der Dreiecksungleichungen bleiben dennoch richtig, wir werden sie z. B. im
nächsten Kapitel (Folgen und Reihen) dauernd verwenden.
Ein Körper
(a)
zusammen mit einer Abbildung
! für alle und !
für alle für alle (b)
(c)
genau dann, wenn
mit den folgenden Eigenschaften:
! ist,
,
,
heißt bewerteter Körper.
ist also ein bewerteter Körper. Wir werden sehen, dass der Körper der komplexen Zahlen
kein angeordneter Körper aber ein bewerteter Körper ist.
Ferner
gibt es für jede Primzahl
:
3
Zeigen Sie als Übung:
#
!
eine Bewertung
1 ! 1 !
für den Körper der rationalen Zahlen
,
!
nicht teilbar durch
!
!
.
(a) Für alle
gilt
, $ indem
#
# Sie die Definition des Betrags verwenden und nicht auf
0 zurückgreifen.
die Multiplikativität und -
! und dass diese Eigenschaften
(b) Für alle
gilt
. Zeigen
Sie,
den Betrag
charakterisieren, d.h. ist , ! und , dann
ist
.
Verwenden
Sie diese
anders zu beweisen.
Charakterisierung, um die Multiplikativität - Für das in 1.2.3(d) behandelte Beispiel gilt also für den relativen Fehler mit
.
Als weiteres Beispiel behandeln wir die folgende
3
für alle
30
I. Zahlsysteme
1.2.9 Aufgabe
Zu bestimmen ist die Menge
'
'
Ferner soll
1 !
möglichst einfach mit Hilfe von Intervallen dargestellt werden.
Lösung der Aufgabe:
Es gelten folgende Äquivalenzen für ,
1 ! :
'
#
ist also die Vereinigung der (offenen) Intervalle 0
#
# # # # # #
'
#
#
!
0 0 0 und 0 .
Die geometrische Veranschaulichung ist in der Abbildung 4 festgehalten. Als Vorbereitung ' für das
Vollständigkeitsaxiom führen wir noch die Begriffe Maximum und Minimum einer Teilmenge
ein.
1.2.10 Definition (Maximum, Minimum)
Ist
'
(a) '
'
dann heißt eine reelle Zahl Maximum von
(b) Fur alle
'
gilt
.
Völlig analog definiert man das Minimum von
'
, in Zeichen
'
– in Zeichen '
'
–, falls gilt:
.
Bemerkung: Wegen 1.2.2(f)
höchstens ein Maximum bzw. Minimum.
' hat jede' Teilmenge
Die Bezeichnungen
und
sind also sinnvoll.
Beispiele:
(a) Fur alle
gilt
# 31
I. Zahlsysteme
10
5
-4
-6
0
-2
4
2
6
x
-5
-10
(b) Fur alle (c) Fur alle mit mit
#
gilt gilt
#
#
gibt es ein
kein Maximum, denn zu jedem
kein Maximum, und die Intervalle
(e) Genauso sieht man, dass die Intervalle
.
, (d) Dagegen hat das offene Intervall mit
, etwa
,
#
Abbildung 4: Graph der Funktionen #
und
#
und
#
kein Minimum haben.
'
(f) Eine Teilmenge
gespiegelte Menge“
hat genau dann ein Maximum (Minimum), falls die am Nullpunkt
”
#'
ein Minimum (Maximum) hat. Es ist dann Wir betrachten das spezielle Intervall
'
'
'
#
#
0 #
'
$#'
0
bzw.
'
#
$#'
.
hat nach Beispiel (a) kein Maximum,
die Zahl 0 die als Kandidat für ein Maximum ins Auge
'
springt, gehört aber nicht zur Menge .
32
I. Zahlsysteme
'
Jedoch' haben alle Elemente die Eigenschaft, dass ke für “ im Sinne der folgenden Definition:
0 gilt, 0 ist also eine obere Schran”
1.2.11 Definition (obere und untere Schranke)
'
Ist
, so heißt eine Zahl
Ungleichung
obere (bzw. untere) Schranke von
( bzw. '
, falls für alle
'
die
)
gilt.
'
Ist eine obere (bzw. untere) Schranke
von
'
obere (bzw. untere) Schranke von .
, dann ist auch jede größere (bzw. kleinere) Zahl
'
ein Maximum , dann ist ' obere Schranke von
Besitzt
Menge der oberen Schranken von .
'
1.2.12 Definition (Beschränktheit)
'
und offensichtlich das Minimum in der
'
Eine
Menge
heißt nach
oben (unten) beschränkt, falls
eine obere (untere) Schranke besitzt.
'
'
heißt beschränkt, wenn
sowohl nach oben als auch nach unten beschränkt ist.
Die Zahl 1 ist obere Schranke von
'
0 #
0
Sie ist sogar eine besondere obere Schranke, nämlich die kleinste unter
allen oberen Schranken
'
(also wieder das Minimum in der Menge aller oberen Schranken von ).
Wir behaupten:
Ist
eine obere Schranke von
'
dann ist
0.
Beweis: Wir
' fuhren einen Widerspruchsbeweis, nehmen also an, es gebe eine obere Schranke
von
mit
0.
Wir betrachten dann die Zahl (das arithmetische Mittel von
0
'
0 , also ist' für sie gilt
, aber dass obere Schranke von
ist.
Unser Ergebnis lautet:
'
'
und 0 )
, das ist ein Widerspruch zur Voraussetzung,
0 ist nach oben beschränkt.
besitzt kein ' Maximum, aber die (nicht zur Menge gehörende Zahl 0 ist kleinste
obere
Schranke
von , d.h. das Minimum in der Menge der oberen
'
Schranken von .
Dass jede nicht leere nach oben beschränkte Menge reeller Zahlen eine kleinste obere
Schranke hat, ist die letzte Grundvoraussetzung, die wir über die reellen Zahlen machen.
33
I. Zahlsysteme
1.3 Vollständigkeitsaxiom
'
(V) Jede nicht leere nach oben beschränkte Menge
reeller Zahlen besitzt eine kleinste obere Schranke, d. h. es gibt
mit folgenden Eigenschaften:
(d.h.
Fur jede obere Schranke
von
Fur alle
'
' Bemerkung: Ist
ist Als Minimum einer Menge ist
'
ist obere Schranke).
gilt
, so ist also
'
obere Schranke von
' eindeutig bestimmt (das folgt auch direkt aus der Definition).
Wir halten fest:
'
Bemerkung: Die kleinste obere Schranke einer nicht leeren nach oben beschränkten Menge
ist eindeutig bestimmt.
Bemerkung: Ist
'
'
Wir bezeichnen diese reelle Zahl mit
. Sie kann zur Menge
'
gehören oder auch nicht.
nach oben beschränkt, dann ist die am Nullpunkt gespiegelte Menge
#'
#
'
nach unten beschränkt. Es ergibt sich:
'
Folgerung: Ist
eine nicht leere nach unten beschränkte Menge reeller Zahlen,
dann besitzt'
'
eine eindeutig bestimmte größte untere Schranke, für die die Bezeichnung (Infimum von
verwendet wird.
'
)
Halten wir nochmals fest:
Bemerkung: Ist
ist
'
eine Menge von reellen Zahlen, die ein Maximum bzw. Minimum besitzt, dann
'
Existieren
' bzw.umgekehrt
' '
'
'
bzw. '
'
bzw.
und gilt
'
'
'
'
bzw. '
'
'
, dann ist
eine' obere (untere) Schranke der nicht leeren Teilmenge '
, ! , ein ) gibt. ) genau dann, wenn es zu jedem
'
.
1.3.1 Satz ( –Charakterisierung von sup bzw. inf)
Ist
(bzw.
' , dann ist
#
mit
'
(bzw.
34
I. Zahlsysteme
Beweis : Sei # zunächst
für alle
Dann wäre auch
obere Schranke als
#
'
'
! mit der Eigenschaft
und wir nehmen an, es gäbe ein
.
eine obere Schranke von
. Widerspruch.
'
und wegen
#
eine kleinere
Zum Beweis der Umkehrung ( – die' –Bedingung sei als erfüllt – ) betrachten wir neben
eine weitere# obere Schranke' von . Wäre nun
, dann gibt es nach Voraussetzung
(zu )
ein
Mir
.
Das
widerspricht
der Voraussetzung,
dass obere
!
'
'
Schranke von ' ist. Daher ist
für jede obere Schranke von .
ist also das
Supremum von .
Wir werden sehen, dass das Vollständigkeitsaxiom (V) die rationalen Zahlen
von den reellen Zah
len unterscheidet. Die rationalen Zahlen, die Standardbezeichnung ist , bilden ebenfalls einen
angeordneten Körper, in welchem die Gleichung
jedoch keine Lösung hat, d.h. es gibt keine rationale
mit
. Schlagwort:
ist irrational.
Wir zeigen als Anwendung des Vollständigkeitsaxioms, dass es zu jeder nicht negativen reellen
Zahl eine eindeutig bestimmte nicht negative reelle Zahl gibt, für die gilt.
1.3.2 Satz (Existenzsatz für Quadratwurzeln)
jeder reellen Zahl
Zu
.
mit
! existiert eine eindeutig bestimmte nicht negative reelle Zahl mit
heißt die Quadratwurzel aus
und wird mit
bezeichnet.
Beweis:
1. Fall: ! .
Obwohl man den Fall ! im Folgenden mitbehandeln könnte, behandeln wir ihn vorab.
Die Gleichung ! hat nach der Nullteilerregel nur die Lösung ! . Wir setzen daher
2. Fall:
! !
! .
(a) Existenz: Wir betrachten die folgende Menge
'
Erinnerung:
Ist also
Supremum:
'
.
Wegen
! !
'
, denn ist
! '
'
' 1
ist !
, also
ist (
. Offensichtlich
.
0 , so ist
0
0
, dann ' ist
.
-
0.
'
0 eine obere Schranke von
besitzt also nach dem Vollständigkeitsaxiom (V) ein
! und .
Wegen ! ist ! . Offensichtlich ist
Wir zeigen , indem wir die Annahmen Behauptung: fuhren. Nach dem Trichotomiegesetz muss also 0
'
, daher !
, also ! .
und
jeweils zu einem Widerspruch
gelten.
35
I. Zahlsysteme
, dann ist auch
Wäre
eine obere Schranke von
'
mit
Es folgt dann für jedes
und hieraus (wegen
'
#
#
#
#
also ist auch '
, und
Wegen Die Schreibweise
.
0
0
'
für die Zahl
'
. Das widerspricht der Voraussetzung,
# 0
(wegen
. Also ist auch
/ auch
0)
# 0
#
! folgt aus der Nullteilerregel
# !
also
(b) Eindeutigkeit: Wäre für eine positive Zahl #
0
! und
#
Damit
wäre nicht obere Schranke von
.
Dann ist offensichtlich
#
! )
, dann setzen wir
das heißt, wäre auch eine obere ' Schranke für
dass kleinste obere Schranke von
ist.
Wäre
# # #
:
! und
, denn es gilt:
#
#
#
unmöglich. Daher bleibt nur
, so folgt:
# !
ist also gerechtfertigt.
36
I. Zahlsysteme
2
1.5
1
0.5
0
1
2
x
Abbildung 5: Graph der Funktion
Übung: Man zeige, dass für alle ! -
4
3
,
! gilt:
Ferner beweise man die Monotonie–Eigenschaft: Aus !
.
folgt !
.
Ordnet man jeder nicht negativen reellen Zahl ihre Quadratwurzel zu, so erhält man eine Funktion
(Abbildung 5)
Man beachte: Es gilt !
(und nicht etwa ) für alle .
#
eine Lösung der Gleichung . Aber ihr Negatives
Bemerkung:
ist
ist auch Lösungen
. Man könnte jeder nicht negativen reellen Zahl auch die negative Zahl
der
Gleichung
#
zuordnen und erhält dadurch ebenfalls eine Funktion (der sog. Nebenzweig der # Quadrat”
wurzel“, Abbildung 6), die meistens
in der reellen Analysis unterschlagen wird.
und
sind
also Lösungen der Gleichung
, die verschieden sind, wenn
! ist, und nur im Fall !
zusammenfallen.
Bemerkung: Es gibt ein völlig analogen Existenzsatz für –te Wurzeln, eine natürliche Zahl 1.3.3 Satz (Existenzsatz für –te Wurzeln)
Zu jeder nicht negativen reellen Zahl und zu jeder natürlichen Zahl negative reelle Zahl , für die gilt. heißt die –te Wurzel aus
oder
:
gibt es genau eine nicht
und wird mit
37
I. Zahlsysteme
1
x
2
3
4
0
-0.5
-1
-1.5
-2
Abbildung 6: Graph der Funktion
,
#
.
bezeichnet.
Man kann den Beweis in völliger Analogie zum Beweis des letzten Satzes fuhren, wir verzichten
aber hier darauf, weil wir die Existenz der –ten Wurzeln auf verschiedene andere Weisen beweisen werden.
Schlussbemerkung: Durch die Körperaxiome, die Anordnungsaxiome und den Vollständigkeitsaxiom (V) ist das System der reellen Zahlen eindeutig bis auf Isometrie“ festgelegt. Ohne diesen
”
Begriff zu präzisieren, sei angemerkt, dass wir z.B. später zeigen werden, dass sich jede reelle
Zahl mit Hilfe der in den Axiomen auftretenden Zahlen 0 und 1 eindeutig als Dualbruch darstellen
lässt.
38
I. Zahlsysteme
2
Natürliche Zahlen (vollständige Induktion) ganze Zahlen, rationale
Zahlen
In einem beliebigen Körper gibt es zumindest die Elemente ! und
0 . Um weitere
Zahlen“
zu defi
” 0,
nieren, liegt es nahe, einfach sukzessive die 1 zu addieren, also 0 0
0
usw. und die so erhaltenen Zahlen als natürliche Zahlen in
zu bezeichnen. Das Beispiel
des
endlichen Körpers mit zwei Elementen
zeigt
jedoch,
dass
dieses
Verfahren
nicht
unseren
Vorstel
lungen entspricht, den in ist 0 0 ! .
Auf Grund der Anordnungsaxiomen in können jedoch in dem angeordneten Körper
che gilt für jeden angeordneten Körper ) solche Pathologien nicht auftreten.
(das Glei-
Wir skizzieren im folgenden, wie man die natürlichen Zahlen (Standardbezeichnung ist ) als Teilmenge von
definieren kann
denken wir uns auf Grund der Grundannahme (GA) und der
Körper- und Anordnungsaxiome gegeben. Als Nebenprodukt erhalten wir das Beweisprinzip der
vollständigen Induktion“. Dieses ist ein beweisbarer Satz und kein Axiom (wie etwa im Buch von
”
Forster oder bei Königsberger). Unsere Vorstellung von den natürlichen Zahlen ist, dass man einen
Anfang des Zählens hat, nämlich 1, und wenn wir irgendeine
so große natürliche Zahl, sagen
noch
0 . Die natürlichen Zahlen werden
konstruiert haben, gibt es noch eine größere, z.B.
wir
größer und größer“, die Menge der natürlichen Zahlen hat sicher kein Maximum. Aber sind die
”
natürlichen Zahlen vielleicht doch durch eine reelle Zahl nach oben beschränkt?
Relativ klar ist auch, dass es unendlich viele natürliche Zahlen gibt. Aber was heißt das genau?
Auch das werden wir (aber erst später) präzisieren.
2.1 Die natürlichen Zahlen
Die folgende Definition der natürlichen Zahlen mag auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen,
hat aber den Vorteil exakt zu sein, weil die Unbestimmtheit und das zeitliche Moment, die im Begriff der sukzessiven Addition“ enthalten sind, vermieden werden.
”
2.1.1 Definition (Zählmenge)
Eine Teilmenge
(a) 0
(b) Für alle
heißt Zählmenge“ (induktiv oder Nachfolgemenge) falls gilt
”
ist auch stets
0
.
selbst
Zählmenge (eine
ziemlich große), aber auch
# ist
1 ist keine Zählmenge.
! .
Wir wollen die natürlichen Zahlen als kleinste“ Zählmenge einführen.
”
2.1.2 Definition und Satz (natürliche Zahl)
Eine reelle Zahl
heißt natürlich, wenn
in jeder Zählmenge von
enthalten ist.
natürlich wird als Menge der natürlichen Zahlen bezeichnet.
39
I. Zahlsysteme
ist selber Zählmenge und zwar die kleinste Zählmenge, weil
in jeder anderen Zählmenge
enthalten ist: Mit Hilfe des Durchschnittes kann man auch schreiben
Zählmenge Da
in jeder Zählmenge enthalten ist, ist nur noch nachzuweisen, dass
Zählmenge ist. Dazu ist zu zeigen:
(a) 0
das ist aber klar, da 0
für jede Zählmenge
selber wieder eine
gilt.
(b) Ist eine
reelle Zahl, die in liegt, dann liegt in jeder
beliebige
Zählmenge
0
auch
. Da dies für jede Zählmenge gilt, ist auch 0
.
Damit haben wir gezeigt, dass
kannten natürlichen“ Zahlen 0
”
, dann ist
die
kleinste Teilmenge von ist, die alle uns vom Zählen her be
enthält. Die natürlichen Zahlen sind also genau das, was
wir uns unter ihnen vorstellen. Als beweisbaren Satz erhalten wir nun den
2.1.3 Satz (Induktionssatz)
Ist
'
(a) 0
eine Teilmenge, für die gilt
'
(b) Für alle
'
0
Beweis:
'
Nach Voraussetzung ist
menge ist, muss also auch
'
. Dann ist bereits
'
.
' Da aber
in jeder Zählmenge enthalten
' ist, und
gelten. Das bedeutet aber insgesamt
.
'
eine Zähl-
Auf dem Induktionssatz beruht das Beweisprinzip der Vollständigen Induktion.
2.1.4 Satz (Beweisprinzip der Vollständigen Induktion)
- Für jede natürliche Zahl sei
falsch sein), und es gelte
(I A)
- 0 ist wahr.
(I S) Für alle
- Dann gilt
eine Aussage (Behauptung) gegeben
kann wahr oder
(Induktionsanfang oder Induktionsverankerung)
- -
0 (Induktionsschritt)
nennt man auch Induktionsvoraussetzung und
( ( (
0 die Induktionsbehauptung).
für alle natürlichen Zahlen .
( Zum Beweis braucht man nur zu beachten, dass die Menge
'
ist wahr
eine Zählmenge ist, also nach Satz 2.1.3. mit
identisch ist.
Auf Beispiele für das Beweisprinzip der vollständigen Induktion gehen wir in Abschnitt 2.4 ein.
Es sei bemerkt, dass man aus unserer Definition der natürlichen Zahlen, die folgenden PeanoEigenschaften der natürlichen Zahlen ableiten kann
40
I. Zahlsysteme
"
2.1.5 Satz (Peano-Eigenschaften der natürlichen Zahlen)
/
"
)
"
"
"
1 0 für alle
Verschiedene natürliche Zahlen haben verschiedene
Nachfolger:
1
1
Sind und ist , dann ist auch .
Ist
'
'
mit den Eigenschaften (a) 0
'
(b). Für alle
.
0 als Nach-
besitzt eine eindeutig bestimmte natürliche Zahl
0 ist nicht Nachfolger einer natürlichen Zahl
( 0 ist eine natürliche Zahl)
Jede natürliche Zahl
folger.
"
0
'
0
'
, dann ist
Man kann umgekehrt diese Eigenschaften der natürlichen Zahlen als Axiome an den Anfang stellen, wie es R. Dedekind (1888) und G. Peano (1889) getan haben.
Man kann dann aus den natürli
chen Zahlen die ganzen Zahlen , die rationalen Zahlen und schließlich die reellen Zahlen
konstruieren. Eine klassische Darstellung findet man bei E. Landau: Grundlagen der Analysis“,
”
eine modernere in dem sehr empfehlenswerten Analysisbuch von Amann-Escher (vgl. Literaturverzeichnis). Wir stellen noch einige Eigenschaften von zusammen.
!
2.1.6 Eigenschaften von
(a) Für jede natürliche Zahl
gilt
0;
(b) Summe und Produkt natürlicher Zahlen sind wieder natürliche Zahlen;
(c) Die Differenz
(d) Ist
Zwischen
:
(e) Ist
zweier natürlicher Zahlen ist wieder eine natürliche Zahl falls
eine beliebige natürliche Zahl, dann gibt es keine natürliche Zahl
#
und
mit
gilt;
0.
0 existiert also keine weitere natürliche Zahl. Insbesondere folgt für
0
, dann ist
0 0
(f) Wohlordnungsssatz: Jede nicht leere Teilmenge
0
besitzt ein Minimum;
Diese Eigenschaften lassen sich alle leicht mit vollständiger Induktion beweisen.
Wir beweisen nur den Wohlordnungsssatz (f), dessen Aussage offensichtlich ist, der aber dennoch
bewiesen werden muss.
Beweis : Dazu nehmen wir an, es gebe eine nicht leere Teilmenge '
, die kein Minimum besitzt
und betrachten
die
folgenden
Menge
von
nat
ürlichen
Zahlen
für alle ist
'
,' besteht also aus allen natürlichen Zahlen, die' untere Schranken von sind. Dann
0 . Ist
ist 0
, denn jede natürliche Zahl ist
, dann enthält
nur Zahlen
.
Wäre jetzt in enthalten, so wäre die kleinste Zahl in , hat aber nach Voraussetzung
0 , das bedeutet aber 0 ' .
kein Minimum. Daher enthält nur Zahlen
'
'
Damit ist
eine induktive Teilmenge von , also
muss aber leer sein, denn wenn es
gibt, so ist
nach' dem
' Induktionssatz. Dann
,
ist aber gleich .
0
41
I. Zahlsysteme
Daher ist doch
im Widerspruch zur Voraussetzung
1 .
Zugegeben, die Beweisstruktur ist etwas kompliziert.
Bemerkung: Man kann zeigen, dass umgekehrt aus dem Wohlordnungssatz der Induktionssatz
abgeleitet werden kann. Versuchen Sie dies zu beweisen !
Bemerkung: Die
sind
endlicher Mengen mit genau ' Elementen. Wir nennen
eine
' Prototypen
Menge endlich, wenn
ist oder
wenn
man
die
Elemente
von
mit
den
Zahlen
0
' '
so durchnummerieren kann, dass
gilt, jedes
also eine Nummer
erhält und verschiedene Elemente auch verschiedene Nummern erhalten:
1
Aus 1 ( 0
) folgt
.
Man kann leicht zeigen ' (Induktion nach ), dass dieses eindeutig bestimmt ist und man nennt
die Elementanzahl von .
Eine nicht endliche Menge nennen wir unendlich.
Aufgabe: Zeigen Sie:
ist unendlich.
Die Menge der natürlichen Zahlen besitzt kein Maximum, weil mit jeder natürlichen Zahl
auch
0 eine größere natürliche Zahl ist. Eine natürliche Zahl kann also nicht obere Schranke der
Menge sein. Möglich wäre jedoch, dass eine nicht zu gehörende reelle Zahl obere Schranke
von ist. Dass dies nicht der Fall ist, lässt sich mit Hilfe des Vollständigkeitsaxioms zeigen.
2.2 Die Archimedische Anordnung von 2.2.1 Satz (Archimedische Eigenschaft von )
Die Menge
der natürlichen Zahlen ist nicht nach oben beschränkt.
Man kann das auch so ausdrücken: Zu jeder reellen Zahl
gibt es eine natürliche Zahl
mit
(
Beweis : Wenn
nach oben beschränkt wäre, müsste
nach dem Vollständigkeitsaxiom
eine kleinste obere Schranke
besitzen. Für jedes
müsste also
#
# gelten.
0 geben, da sonst
0 obere
Andererseits muss es eine natürliche Zahl
mit
Schranke von wäre, also nicht die kleinste obere Schranke von sein könnte.
Aus
von
#
0 folgt aber
ist. Daher kann nicht
0
, im Widerspruch zur Tatsache, dass für alle gelten.
obere Schranke
Aus diesem Satz ergibt sich die folgende Folgerung, die schon in der griechischen Mathematik
(Eudoxos, 408?–355? v.Chr. – Archimedes 287?–212 v.Chr. ) eine Rolle spielte.
42
I. Zahlsysteme
2.2.2 Satz (Eudoxos - Archimedes)
Zu jeder reellen Zahl
! und jedem gibt es eine natürliche Zahl
mit
Beweis : Wenn es eine solche natürliche Zahl nicht geben würde, müsste also für alle natürlichen
Zahlen gelten
wäre also eine obere Schranke für
im Widerspruch zu Satz 2.2.1.
Bemerkung: Satz 0 und Satz 2.2.1 (die übrigens äquivalente Aussagen beinhalten) bedeuten,
dass der Körper der reellen Zahlen archimedisch angeordnet ist.
Bemerkung: Es gibt angeordnete Körper, in denen diese Aussage nicht gilt; es gibt also angeordnete Körper, die nicht archimedisch angeordnet sind. Wir werden später (nach Einführung der
rationalen Zahlen) sehen, dass aus der Archimedischen Eigenschaft der reellen Zahlen folgt, dass
zwischen je zwei reellen Zahlen stets eine (und damit auch unendlich viele) rationale Zahlen liegen, man sagt:
liegt dicht in
(Hinweis: Satz 2.3.5)
Als Folgerung wollen wir noch festhalten:
2.2.3 Folgerung
! , dann gibt es eine natürliche Zahl
eine beliebige positive reelle Zahl (also
Ist
0
Zum Beweis wähle man in Satz
und 0.
gibt es eine natürliche Zahl
Diese Ungleichung
ist aber äquivalent zu
, dass auch
gilt.
Diese Eigenschaft bedeutet, dass die Folge
mit
Man kann auch direkt mit 2.2.1
schließen:
Zu der positiven reellen Zahl
mit
. Erst recht gilt dann für alle natürlichen Zahlen
eine Nullfolge ist.
2.3 Ganze Zahlen und rationale Zahlen
Die natürlichen Zahlen haben eine dürftige algebraische Struktur. Zwar ist mit je zwei natürlichen
Zahlen und auch und & eine natürliche Zahl und für die natürliche Zahl 0 gilt 0 & f$ür
, aber
besitzt kein neutrales Element bezüglich der Addition und für
ist
# alle
. Daher erweitert man zunächst durch Hinzunahme der Null zu
!
! 0
43
I. Zahlsysteme
Jetzt ist zwar Null ein neutrales Element bezüglich der Addition in , aber die Gleichung besitzt keine Lösung . Deshalb erweitert man
nochmals.
2.3.1 Definition (ganze Zahlen)
! Eine reelle Zahl
Die auf
!
heißt ganz, falls oder
! oder #
0
gilt.
ganz heißt Menge der ganzen Zahlen. In aufzählender Schreibweise also
!
#
# #
#
0 ! 0
erklärte Addition und Multiplikation vererben sich auf
!
.
ist bezüglich der Addition eine abelsche Gruppe (mit dem neutralen Element Null) und bezüglich
der Addition und Multiplikation ein kommutativer Ring (mit den neutralen Elementen ! und 0 ).
In einem
kommutativen Ring ' mit
" Einselement gelten die Axiome
und
. Allerdings braucht
nicht zu gelten.
/
bis
" '
' ' ,
Ein kommutativer Ring unterscheidet sich von einem Körper dadurch, dass nicht alle von Null verschiedenen Elemente ein Inverses (bezüglich der Multiplikation) besitzen.
So sind z. B. 0 und
besitzen.
!
!
#
0 die einzigen Elemente in , die bezüglich der Multiplikation ein Inverses in
Diesem Mangel wird abgeholfen durch Einführung der rationalen Zahlen.
2.3.2 Definition (rationale Zahlen)
Die Menge
Es gibt
! ,
! ,
1 ! , mit heißt Menge der rationalen Zahlen.
Eine reelle Zahl, die nicht rational ist, heißt irrational.
Als Nenner in der Darstellung kann man statt der ganzen Zahl 1 ! stets eine natürliche Zahl wählen, weil man ein Vorzeichen im Nenner in den Zähler verlagern kann. Man be 1 ! , nicht
achte, dass die Darstellung einer rationalen Zahl in der Form eindeutig
ist.
Nach
den Regeln
genau dann, wenn
1
der Bruchrechnung aus 1.1.6 gilt
! ist.
! ! 2.3.3 Übungsaufgabe
Zeigen Sie, dass mit den von geerbten Operationen Addition und Multiplikation ein angeordneter Körper ist, in dem auch die archimedische Eigenschaft gilt.
. Die Menge
Wie
früher bemerkt
haben, gibt es keine rationale Zahl mit
' wir schon
besitzt kein Supremum
in , weil für dieses
gelten
!
müsste. Vergleiche hierzu den Beweis von Satz 1.3.1.
Trotz dieser Lückenhaftigkeit der rationalen Zahlen werden wir gleich zeigen, dass in einem gewissen Sinne dicht“ in ist. Dazu benötigen wir einen aus der archimedischen Eigenschaft von
”
folgenden Satz.
44
I. Zahlsysteme
2.3.4 Satz
Zu jedem
(a)
(b)
0
#
existieren eindeutig bestimmte ganze Zahlen
0
und
bzw.
Bezeichnungen:
mit
= floor = größte ganze Zahl kleiner oder gleich .
heißt auch Gauß-Klammer von
.
= ceil = kleinste ganz Zahl größer oder gleich .
Beispiele:
dabei sei
Bemerkung:
Für gilt:
0 0 0
# #
#
#
.
!
Beweis : Wir beweisen nur (a).
! an. Nach der archimedischen Eigenschaft gibt es ein
Wir nehmen zunächst und nach dem Wohlordnungssatz existiert dann
Definiert man daher
#
0
ist eindeutig bestimmt. Denn wenn für eine ganze Zahl
Dann folgt aber
0
Dem Fall geeignetes
0
0
mit
gilt, dann können wir ohne Einschränkung der Allgemeinheit
Daher muss
0 , dann gilt
Diese ganze Zahl
0
0
1
auch
annehmen.
sein.
! führt man auf den eben behandelten Fall dadurch zurück, dass man ein
!
zu addiert, so dass
gilt. Ein solches
!
existiert wieder nach der archimedischen Eigenschaft.
45
I. Zahlsysteme
2.3.5 Satz (
liegt dicht in )
, dann gibt es im Intervall sowohl rationale als auch nicht rationale
Sind und gilt
(= irrationale) Zahlen.
# Hieraus folgt: Für jedes und jedes
! gibt es ein
mit
.
Beweis : Wir
wählen nach der Archimedischen Eigenschaft zunächst eine natürliche Zahl
3 und suchen ein
oder
mit
Es ist dann nämlich
& Eine geeignete Wahl ist
!
0 , also
0
#
0
und
!
0 Also liegen die rationalen Zahlen
damit auch
.
und
#
0
& 0 #
& 3
in
Es ist damit offensichtlich, dass sogar beliebig viele“ rationale Zahlen in liegen.
”
Sind und die obigen rationalen Zahlen, dann ist für jedes #
(weil sonst rational wäre).
Zwischen je zwei rationalen
liegen also unendlich viele“ irrationale Zahlen, insbe
Zahlen
unendlich
”
sondere liegen wegen viele irrationale Zahlen im Intervall .
eine irrationale Zahl mit
Bemerkung: Aus 2.3.4 folgt, dass sich jede reelle Zahl eindeutig in der Form
!
und
!
0
darstellen lässt.
Hieraus ergibt sich ein einfacher Beweis eines wichtigen Satzes der elementaren Zahlentheorie:
2.3.6 Satz (Division mit Rest)
Zu einer ganzen Zahl
mit
und einer positiven ganzen Zahl gibt s eindeutig bestimmte ganze Zahlen
!
heißt der reduzierte Rest modulo .
Zum Beweis braucht man nur die obige Bemerkung auf und
.
#
anzuwenden. Offensichtlich ist dann
46
I. Zahlsysteme
2.4 Beispiele zum Beweisprinzip der vollständigen Induktion
Im Folgenden sind einige Beispiele für Beweise mit Hilfe des Beweisprinzips der vollständigen
”
Induktion“ zusammengestellt.
( Man kann es anwenden, wenn eine Aussage
für alle natürlichen Zahlen bewiesen werden soll. Induktionsbeweise spielen in allen Zweigen der Mathematik eine wichtige Rolle. Wir beschränken uns auf Beispiele aus der Analysis, Zahlentheorie und Geometrie. Wir werden dabei
auch Varianten des Induktionsprinzips kennen lernen. Ferner kann man das Prinzip der vollständigen Induktion auch zur rekursiven Definition einsetzen.
(1) Summenformeln
Beweise von Summenformeln gelten allgemein als Inbegriff des Induktionsbeweises, dabei dienen
sie nun zum Einüben des Induktionsschemas. Entdeckendes Lernen kann man dabei nicht praktizieren, zumal die zu beweisenden Formeln meist wie vom Heiligen Geist gegeben erscheinen. Der
Weg zur Formel liefert meist schon den Beweis, das Induktionsschema ist dann meist umständlicher.
Wir geben dennoch einige typische Beispiele
1. Für alle
gilt
( 0 ( 0
Induktionsschritt: Wir zeigen:
gilt:
( 0 ist wahr:
Beweis : Induktionsanfang:
Für alle
( (
0 & 0 0
0 0 0 Wir betrachten
0 &/&/&
0 Induktionsvoraussetzung !
&/&&)
Wir haben aus
- 0 die Aussage
-
Nach dem Induktionssatz gilt dann
0 .
0 gefolgert.
- 0 0 0 0 0 0
0
0
0
Also ist 0 0
für alle .
47
I. Zahlsysteme
Nach C. F. Gauß1 ( – der diese Summe als siebenjähriger Schüler im Spezialfall
nach anderen Quellen für ! berechnet hat – ) kann man so schließen:
Ist
0 /& &&
# 0 &&/& 0
0 0 &&/&)
0 2. Für alle
( gilt die Aussage
:0 ( Beweis : Induktionsanfang: 0 ist wahr: 0 0
0 also gilt
-
0! !
und durch Addition der Gleichungen folgt
0 also
Es ist
so ist auch
mal
Induktionsschritt: Für alle
zeigen wir:
( &/&&) #
0 &/&& -
0 .
0 #
0 0 0 0 nach Induktionsvoraussetzung !
0 .
Damit gilt die Summenformel für alle
Wie man die letzten beiden Summenformeln völlig elementar mit Hilfe von konfigurierten Zahlen beweisen kann, wurde in der Vorlesung gezeigt.
3. Für alle
gilt die Aussage
( 0 Die rechte Gleichheit gilt wegen 1.
Induktionsanfang:
( 0 :0
( Induktionsschritt: Wir zeigen
Betrachte
0 &/&&
"
&/&&)
0 0 &/&/&
0 ist wahr.
( 0 :
0 nach Induktionsvoraussetzung !
0
0
0 0
/
0 0
0 0
0 Ein Computeralgebrasystem berechnet solche Formeln schneller. Wir haben sie dennoch
bewiesen, weil wir solche Formeln in der Integralrechnung ben
ötigen.
& &/& Der kurze maple–Code für die Berechnung der Formel für 0 Ausdruck in Abhängigkeit von einschließlich Faktorisierung ist:
1 Carl
Friedrich Gauß: 30 April 1777 in Braunschweig, 23 Februar 1855 in Göttingen
als geschlossener
48
I. Zahlsysteme
for p from 1 to 10 do
print(p,
factor( sum(’k’ˆp,’k’=1..n) ) );
od;
Die Ergebnisse sind dann:
0
0
0 0 0 0
0
0 0
0 # 0
!
0
# 0 0 0
"
0
0 # 0 "
0
# # 0 "
0
# 0 # # 0
0
!
# " # #
0
0
!
"
0
0 # 0 # 0 0 0! # "
0
# 0 # # # ! 0)! 0 0!
0 0
Nur eine leichte LATEX–Anpassung wurde vorgenommen. Der LATEX–Code wurde von maple
exportiert. Jacob Bernoulli (1654-1705) kannte schon die Struktur für die Summenformeln
0
&&/&)
Er zeigte nämlich, dass gilt:
0
0
0
3 3
3 3
&/&/& rationale Zahlen sind, die eng mit den nach ihm benannten Bernoulwobei 3 3
lischen Zahlen zusammenhängen.
4. Geometrische Summenformel:
Für alle
und alle
gilt
Beweis
( : 0
- #
0
/ 0
#
0
Wir zeigen: Für alle
#
0
/ 0
. ( gilt:
(
0 0 #
49
I. Zahlsysteme
Betrachte:
#
0
- d.h. aus
&&/&)
0
(
haben wir
#
0
0 #
0 #
&&/&)
0
0 gefolgert.
#
#
0
Bemerkung: Hier bietet sich natürlich auch ein direkter Beweis an:
#
0
/ 0
&/&&)
0 #
/& &&)
#
/& && #
#
#
0 #
Als letzte Summenformel beweisen wir die binomische Formel. Dazu sind einige Vorbereitungen erforderlich:
2.4.1 Definition (Binomialkoeffizienten)
Für
und
!
Dann gilt für alle
und
Beweis : Für
Für daher
0 ist
0
3 3
0 #
0
0 &
0 0
.
#
#
/
0 0
& &/&& & & 0
#
0
und
#
0
0
&
! 0 3 3 00 gilt
&/&/&
#
0
.
5. Binomischer Satz (oder binomische Formel): Für 0 0 Im Folgenden sei
!
für
für
durch
0 00 ( )
! gilt
0
definiert man den Binomialkoeffizienten
50
I. Zahlsysteme
Beweis : Induktiv nach .
Sei also
0 und
- 0
die Aussage
! 0 3 3 (
, verwendet das Distributivgesetz und die
&&/&)
Multipliziert man diese
Rechnung mit (
Additionsformel
, dann folgt:
3 3 3 0 . Man vergleiche hierzu auch den in der Vorlesung
und das ist die Aussage
etwas anders geführten Beweis.
Auf Grund des Additionstheorems
kann man die Binomialkoeffizienten
nannten Pascalschen Dreiecks berechnen. Der kurze“ maple–Code:
”
x := n-> seq( binomial(n,i) , i=0..n );
for n from 0 to 17 do print( x(n) ); od;
mit Hilfe des soge-
liefert dann sofort das Ergebnis aus der Abbildung 7 an der Seite 51.
Es hat die Eigenschaften:
1. Die erste und die letzte Zahl jeder Zeile ist 0 .
#
0 -te und die 0 -ten Zeile.
2. Die
-te Zahl in der -ten Zeile haben als Summe die -te Zahl in der
3. Die Zahlen des Pascalschen Dreiecks sind symmetrisch zur Höhe“, das bedeutet
”
Die Eigenschaft 1. ist die Tatsache, dass
#
0 gilt.
2.
ist gerade das Additionstheorem
. Um 3. einzusehen, schreiben wir die Binomialkoeffiziente
ein bisschen um. Definiert man für
(gesprochen
0 &
&
Fakultät), dann ist offensichtlich
#
0 &&/&
0 & &/&& # &&/& #
0
0 & &/&& #
#
#
und ! das Produkt der ersten
0 0 #
#
0
#
& &/&
0
/& &/& 0
#
#
#
natürlichen Zahlen
51
I. Zahlsysteme
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
17
15
11
12
1
13
78
14
91
364
105
455
16
120
560
136
680
2380
10
6188
1
8
9
36
45
55
28
286
715
1287
3003
4368
8008
12376
19448
1
1
7
28
84
210
462
792
1
36
9
120
45
165
495
1287
3003
6435
1
715
5005
8008
Abbildung 7: Das PASCALsche Dreieck
1
11
1
66
12
1
286
78
13
1
364
91
14
1001
3003
19448
10
55
220
2002
11440
24310
1
8
330
1716
12870
24310
6
21
126
3432
6435
1
56
924
1716
5
15
252
462
11440
4
35
70
126
792
1
10
35
3003
5005
3
20
210
330
495
2002
10
56
84
220
1001
5
1
6
15
120
165
3
4
21
66
1365
1820
7
2
1
6
1
1365
4368
2376
1
455
105
15
1820
560
120
6188
2380
680
1
16
136
1
17
1
52
I. Zahlsysteme
Kleine Tabelle für 0 0
0
0! 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0
! & 0)!
!
!
!! ! !
!
! !
!0! 0 ! !! !
! ! ! !
0
0 ! !
! ! ! !
! ! ! !
! !! ! !! !! !
0 0)! ! ! ! ! !
! ! ! 0 ! ! ! !
Man
sieht, dass
sehr schnell wächst. 0! ! hat z. B. schon 0
die Ordnung hat
.
.
Die symmetrische
Gruppe
von 0
0
.
Dezimalstellen, es ist 0! !
Orientiert man sich an
bzw.
2. / und betrachtet dazu 1. ist die Gruppe der bijektiven Abbildungen
Bemerkung:
Kombinatorische Interpretationen von .
l
ässt
sich
interpretieren als die Anzahl der
Teilmengen mit
verschiedenen
Menge mit Elementen, z.B. der Menge
.
0
Elementen in einer
Summe von Zahlen der Gestalt
Faktoren
3 ergibt.
, dann wird offensichtlich, dass
eine
Jeder dieser Terme taucht genau so oft auf, wie man aus den Faktoren Faktoren auswählen
kann und diese Anzahl ist . Das ist auch ein Beweis des binomischen Satzes!
Folgerungen:
oder ohne Verwendung des Summenzeichens:
! 0 &/&&
53
I. Zahlsysteme
Kombinatorische Interpretation: Eine
# Menge mit Elementen hat genau Teilmengen.
Durch Spezialisierung 0 , 0 erhält man aus der binomischen Formel:
! # 0 # &&/&) $# 0
!
2 Ungleichungen
Die folgende nach Jacob Bernoulli (1689) benannte, aber schon vorher bekannte Ungleichung
werden wir häufig anwenden:
2.4.2 Satz (Bernoullische Ungleichung)
Ist
und
#
#
Zusatz: Für
0 , dann gilt für alle
1 ! und
0
Beweis : Induktion
nach
0: 0 0 :
0
0 gilt die strikte Ungleichung:
0
0 &
Induktionsschritt: Es gelte für beliebiges
0
0 0 Dann folgt durch Multiplikation mit der nicht negativen Zahl 0 0
Folgerung: Ist
(a) ist
(b) Ist !
und
0 0 ! . Dann gilt
0 , dann gibt es zu jedem 0 ein
0 mit
0 0 .
mit
0 , dann gibt es zu jedem
! ein
#
0 , dann ist nach Voraussetzung
! und die Bernoullische Ungleichung
Beweis : (a) Sei 0 0 .
liefert
mit # 0 . Für
Nach der Archimedischen Eigenschaft von gibt es ein
dieses
ist dann
0 , dann ist hieraus folgt aber
(b) Setzt man
.
0 und nach (a) gibt es zu 0
ein
mit
0
,
54
I. Zahlsysteme
Frage: Für welche
Kleine Tabelle:
?
0 0
0 0
Vermutung: Für alle
gilt
0
gilt
Wir verwenden zum Beweis eine Variante
( des
Induktionssatzes:
Für jedes
sei eine Behauptung
gegeben.
Gilt dann
für ein - (2) Für alle gilt die Implikation ( dann ist für alle wahr.
'
(1)
-
(
( #
0 ' ist wahr zu betrachten.
, das bedeutet, dass
enthalten, also gilt
Zum Beweis braucht man die Menge
Dies
- ist eine Zählmenge (Beweis!) und in
für alle
wahr ist.
0 ,
Jetzt zu unserem Beispiel zurück:
Als Induktionsverankerung nehmen wir
( sei die Aussage .
Wir müssen zeigen für alle Es gilt
gilt:
( 0 beweisen. Dies geschieht durch Äquivalenzumformung:
0 Diese Ungleichung gilt somit für alle
folgt
Wir müssen also nur noch die Ungleichung
0 mit
Durch Multiplikation der Ungleichung von
(
#
0
0
#
0
, ist also erst recht für alle
richtig.
Bemerkung: Die Induktionsverankerung ist wesentlicher Bestandteil des Beweisprinzips der vollst ändigen Induktion:
Die Implikation
( - (
0 kann richtig sein, aber die Aussage
gilt nicht für allen
kerung gibt. Als Beispiel betrachten wir für
die Aussage
- 0 &/&&)
0 , wenn es keine Induktionsveran
! !
55
I. Zahlsysteme
Falls für ein Für jedes
0 0 gilt zwar
die Gleichheit 0 &/&/&
( 0 ( &/&/&
0 (
0 ! !
! !
0 wahr ist, dann folgt:
0 /
! !
Die Aussage
ist trotzdem falsch (siehe Beispiel weiter oben), der Induktionsbeweis“ versagt,
( ”
weil 0 nicht gilt.
56
I. Zahlsysteme
3
Rekursive Definitionen, Summen, Produkte
")
'
' ")
In den neun Körperaxiomen
bis
bis
und
zwei Elementen auch die Summe von drei Elementen auf:
tritt neben den Summen von
nach
gilt
und wir hatten vereinbart, für diesen von der Klammerung (und Reihenfolge!) unabhängigen Ausdruck einfach
zu schreiben.
Hat man (für
nahe:
) n reelle Zahlen
zu addieren, so liegt die folgende Vorgehensweise
Man definiert (so, wie man auf einem Taschenrechner eine echte Summe ausrechnet)
..
.
3
Das ist eine rekursive Definition im Sinne von
Für
haben wir die Definition
(
& , &
..
.
0
&/ &&*&/&/& -mal
verwendet.
Die Pünktchenschreibweise
ist aber unbefriedigend. Eine bessere Definition wäre gewesen:
und
& f ür und
änzend
erg0 (insbesodere
!
0)
Die ist wieder eine rekursive Definition im Sinne von
0.
Um aus
eine exakte Definition (Definition durch Induktion)
zu machen, verwendet man das
Induktionsprinzip, auch zur Definition von Objekten
.
Wir wollen dies am Beispiel der rekursiven Definition von
erläutern.
eine feste reelle Zahl. Für
sei
die folgende Behauptung:
Sei
Es gibt zu jedem mit genau eine reelle Zahl , so dass folgende beiden Eigenschaften
erfüllt sind:
Es gilt
, und für alle mit gilt
Wir wollen
für alle
0 : Man braucht noch &
beweisen und benutzen dazu vollständige Induktion nach .
zu setzen und
0 lässt sich auch nur mit diesem erfüllen.
57
I. Zahlsysteme
Induktionsschritt
:
Setz man
als richtig voraus, nimmt also an, dass für
mit Zahlen
alle
0 wie folgt beweisen:
geforderten Eigenschaften existieren, dann kann man
mit den
, und außerdem &
Für alle mit setze
man
. & Dann ist offensichtlich
, und für ist auch .
& & definiert. Die Zahlen erfüllen also die ExistenzFür ist aber gerade
0 , sie sind aber auch eindeutig bestimmt.
bedingungen von
für alle Betrachtet
man
n
ämlich
die
, so sind sie geeignete Kandidaten für die Eigenschaft
, stimmen also mit den überein; ferner muss notwendig
& & sein.
Wir haben aber gesagt: Für alle
0 damit gilt
für alle
.
Schrieben wir, um die formale Abhängigkeit von von zu verdeutlichen, statt etwas genauer
, dann haben wir folgendes gezeigt:
Für alle natürlichen Zahlen und mit gibt es eindeutig bestimmte reelle Zahlen , so
dass für alle
folgende Eigenschaften erfüllt sind:
(a) Es ist
(b) Für alle
(c) Für alle
;
ist
ist
Wir können jetzt definieren: Für
3
sei
Dann ist
für alle
Definiert man ergänzend
automatisch erfüllt.
0 , dann gilt
und
& & &
&
auch noch im Fall
! und
Man erweitert die Definition dann für
,
1 ! auf negative Potenzen durch die Festsetzung (
3 3 Dann gelten die folgenden Rechenregeln:
)
Das Ganze mag reichlich kompliziert erscheinen (gegenüber der naiven“ Definition von
”
aber exakt.
/
eindeutig festgelegt.
& ;
Dann ist
ist
), ist
)
58
I. Zahlsysteme
!
dabei sind beliebig und sind reelle Zahlen, die ungleich ! vorauszusetzen sind, wenn
negative Potenzen auftreten. Man kann alle Regeln nicht für
mit Induktion nach beweisen
(zu fest) und den Fall
! auf den behandelten Fall zurückführen.
In völliger Analogie kann man die Summe
von reellen Zahlen
de finieren und mit vollständiger Induktion zeigen, dass diese Summe nicht von der Beklammerung
oder der Reihenfolge abhängt.
Diese Beispiele sind Spezialfälle für den Rekursionssatz.
3.1 Rekursionssatz
(R.Dedekind, 1888)
Ist eine Menge und für jedes
zuordnet. Ferner sei ein Element sei
eine Vorschrift, die jedem genau ein
vorgegeben. Dann gibt es genau eine Zuordnung
die folgende Bedingungen erfüllt:
(a)
(b)
0 0
für alle .
0 auch alle vorherge-
Bemerkung: Der Satz gilt
auch
dann,
wenn man zur Berechnung von
hende Werte 0
benötigt.
Wir verzichten hier auf
einen Beweis und verweisen auf die Literatur, insbesondere Barner-Flohr,
Analysis I, Abschnitt oder zu Zahlen“(Herausgeber: Ebbinghaus, dort Teil A, Kap. 1, 2) oder
”
Amann-Escher: Analysis I, Satz 0 0 (siehe Literaturverzeichnis).
Für die Definition von Summe und Produkt von
Zahlen,
bzw.
, wählt man
&
&
Die rekursive Definition
0 0
0
0 0
liefert explizit
also die Fakultät.
Ergänzend definiert man ! 0.
Auch die aufwendige und unbefriedigende Pünktchenschreibweise“ beim Beweis der Summen ” formeln, wie z.B.
0 0! !
59
I. Zahlsysteme
lässt
sich nun völlig vermeiden, wenn man für die rekursiv definierte Summe von
das Summenzeichen verwendet:
reellen Zahlen
(In Worten: Summe , von 1 bis “).
”
Die rekursive Definition lautet also
Mit Induktion zeigt man, dass
von Klammerung und der Reihenfolge der Summanden un-
abhängig ist. Die Bestandteile des Summenzeichens haben im Einzelnen die folgende Bedeutung:
Laufindex
#
Obere Grenze des Laufindexes
#
Summationsterm
untere Grenze des Laufindexes
Der Laufindex kann durch jedes andere Symbol ersetzt werden (das nicht schon eine andere
Bedeutung hat), das muss dann allerdings an allen Stellen geschehen, wo auftritt, z.B.
Folgende Manipulationen mit dem Summenzeichen sind erlaubt:
!
(a) Beliebige Grenzen in : Sei Ist
, so setzt mann
! ,
ist für )3
!
Die Indexmenge, über die summiert wird, ist leer, es wird also gar nicht summiert, das hat
bezüglich der Addition die gleiche Wirkung, wie die Addition von Null (frei nach Forster: Analysis I).
(b) Aufspaltung der Summe: Ist 0
, so ist
(Assoziativgesetz)
60
I. Zahlsysteme
(c) Linearität der Summe: Für jedes
sind:
(d) Umnummerierung der Indizes: Ist
gilt, falls , so gilt
3 0
3
, weitere gegebene reelle Zahlen
Versuchen Sie nicht, diese Regel klein zu machen.
Frage: Wenn die Terme
zu addieren sind, wieviele Summanden ergibt das
insgesamt?
An einer 20m langen Grenze sollen Zaunpfähle im Abstand von je einem Meter aufgestellt
werden. Wieviele
# Pfähle braucht man?
Ersetzt man
0 durch ein beliebiges , so erhält man allgemeiner:
(e)
!
3 3
Die mit vollständiger Induktion bewiesene Summenformel, schreibt sich jetzt eleganter, z.B.
0 oder
#
oder der Binomische Satz:
3 !
& & 0 , falls
&
&
reellen Zahlen, gelten für das Produkt von
und
rekursiv durch
mit
Völlig analoge Eigenschaften,
wie für die Summe von
reellen Zahlen
. Man definiert:
Und ergänzend für
0 und
61
I. Zahlsysteme
Wenn mit gar nichts zu multiplizieren ist, dann hat das bezüglich der Multiplikation die selbe
”
Wirkung, wie, wenn man mit dem neutralen Element 1 der Multiplikation multipliziert.“
Wir erwähnen noch das Allgemeine Kommutativ- und Distributivgesetz:
Sind
und vorgegebene reelle Zahlen, dann gilt
) ) ) Die ersten beiden Gleichheitszeichen beinhalten das allgemeine Kommutativgesetz, das dritte
Gleichheitszeichen das allgemeine Distributivgesetz.
Man hat dabei jedes Glied der ersten Summe mit jedem Glied der zweiten Summe zu multiplizieren und muss die entstehende Produkte / aufsummieren, z.B. nach folgendem Schema:
..
.
..
.
Nach dem Kommutativgesetz und dem Distributivgesetz ist das Resultat unabhängig von der
Reihenfolge der Summanden und Faktoren und von Klammerungen. Man verwendet dafür die
Schreibweise als Doppelsumme:
62
I. Zahlsysteme
4
Komplexe Zahlen
4.0 Motivation, historische Bemerkungen
Wir haben die reellen Zahlen als angeordneten Körper eingeführt, in dem zusätzlich noch das
Vollständigkeitsaxiom (V) gilt.
Letzteres hat uns die Existenz von Quadratwurzeln
aus nicht
negativen reellen Zahlen beschert
(allgemeiner die Existenz vom -ten Wurzeln aus nicht negativen reellen Zahlen).
Diese Eigenschaft unterscheidet
den Körper der rationalen Zahlen von den reellen Zahlen, in
ist z.B. die Gleichung nicht lösbar. Aber ganz einfache algebraische Gleichungen, wie z.B.
# 0 !
oder
!
besitzen keine Lösungen . Der Grund ist, dass das Quadrat einer reellen Zahl immer größer
oder gleich Null ist. Aufgabe: Skizzieren Sie die Graphen der Funktionen
Wendet man jedoch z. B. auf
erhält man
bzw.
0
#
-
formal die Lösungsformel für quadratische Gleichungen an, so
0
#
0
0
#
also Quadratwurzeln aus negativen Zahlen“, solche Zahlen“ können aber keine reellen Zahlen
”
”
sein. In der Ars magna“(1545 in Nürnberg erscheinen) von G. Cardano (1501–1576) findet sich
”
folgende Aufgabe
Zerlege die Zahl 0! so in zwei Summanden, dass ihr Produkt ! ergibt .
Nehmen wir an, es gibt solche Zerlegungen und nennen wir die eine Zahl , die andere , so soll
also gelten
0! ! und
#
Einsetzen von 0 !
in die zweite Gleichung ergibt die quadratische Gleichung
#
0)! -
! !
welche bei formaler Anwendung die Lösungsformel
#
! # 0
also wieder Wurzeln aus negativen Zahlen, ergibt.
Für eine Lösung der kubischen Gleichung
#
0
#
# gab R. Bombelli (um 1560) den Wert
#
!
0 0 #
0 0
an. Unter Beachtung von 8 Regeln mit dem Rechnen mit Wurzeln aus negativen Zahlen berechnete er
# #
# Als weitere Lösungen gab er
#
0
und
0
#
# 63
I. Zahlsysteme
an.
Aufgabe: Bestätigen Sie durch Einsetzen in die Gleichung, dass es sich wirklich um Lösungen der
Gleichung handelt. Gibt es noch weitere Lösungen?
Für viele Mathematiker war es ein Mysterium, dass man über den Umweg über imaginäre“ Zah”
len (nur in der Einbildung, aber nicht wirklich existierende Zahlen) zu richtigen Ergebnissen kam.
Vom ersten Auftreten bei den italienischen Mathematikern der Renaissance bis zur endgültigen
Etablierung und Akzeptierung in der Mathematik hat es dann noch ca. 300 Jahre gedauert.
Wichtige Wegbereiter waren u. a. Leonard Euler, der 1748 die Formeln
3
3
3
#
3
#
3
und
3
0
aufstellte, also einen Zusammenhang
zwischen den Winkelfunktionen nd der Exponentialfunktion.
#
Von Euler wurde auch 1777 für
0 die Abkürzung eingeführt.
Der Fachausdruck komplexe Zahl“ stammt von C. Fr. Gauß (1831), die heute am häufigsten ver”
wendete Einführung der komplexen Zahlen über Paare reeller Zahlen geht auf Sir W. R. Hamilton
(1837) zurück. Unser Ziel ist es, die reellen Zahlen in ein noch größeres Zahlsytem, das wieder ein
Körper werden soll, so einzubetten, dass man durch Einschränkung der auf dem größeren Körper
definierten Addition bzw. Multiplikation die bekannten Opertionen auf erhält. Dazu machen wir
folgende
Annahme:
Es gibt einen
# Körper , der den Körper als Unterkörper enthält, und der ein Element enthält,
für das 0 gilt. Wie hat man in einem solchen Körper zu rechnen?
Als erstes halten wir fest, dass
1
gilt.
dann auch alle Zahlen“ der Gestalt
”
mit Aufgrund der Körperaxiome enthält
und die Darstellung von in dieser
ist auch + mit ,
# Form
# ist
eindeutig, denn
3
*
1 so folgt
, also ist
. Wäre jetzt
, dann wäre ,
ein
3 Widerspruch zu 1 .
Also gilt - und damit auch . Betrachtet man jetzt die Menge
so stellt man fest, dass bereits tion ist.
ein Körper bezüglich der auf
erklärten Addition und Multiplika-
Warum?), wir zeigen nun:
Wir prüfen nicht alle Körperaxiome nach (das muss man auch gar nicht!
Für gilt auch und und für 1 ! ist auch 3
.
Davon seien
Dann ist
und .
0
also
1 ! (d.h. 1 oder , 1 !
# 0 also auch ), dann existiert 3 in
# #
# 0 mit Ist
(
# und
ist Körper) und man erhält
64
I. Zahlsysteme
also
und somit 0
0 # .
Als Zusammenfassung erhalten wir: Wenn es überhaupt einen Körper gibt,# der die reellen Zah
len
als Unterkörper enthält und in welchem es ein Element mit
0 gibt, dann gibt es
auch einen kleinsten“ solcher Körper, und diese minimale Erweiterung ist bis auf Isomorphie“
”
”
eindeutig bestimmt: Die Operationen Addition und Multiplikation
von Inversen
und
die Existenz
von Elementen ungleich Null, sind durch die obigen Formeln
mit den Operationen
auf verknüpft.
Offen geblieben in unserer heuristischen Betrachtung ist die Frage Was ist “ ? Aber die Darstel”
lung , legt nahe, dass als wesentliches Bestimmungsstück der nun
zu
definie
renden komplexen Zahlen die reellen Zahlen und anzusehen sind, also das Paar .
Das folgende Modell für die komplexen Zahlen geht – wie oben erwähnt – Hamilton (1831) zurück.
4.1 Komplexe Zahlen (Konstruktion von )
4.1.1 Definition und Satz
(a) Eine komplexe Zahl ist ein Element aus der Menge
also ein (geordnetes) Zahlenpaar:
(b) Definiert man auf
und *
eine Addition für und durch:
(A) : und eine Multiplikation durch
# , so ist -& ein Körper.
(M) : & Neutrale Elemente
sind
! %# ! # ! (bzgl. Addition) und
0 1 0 ! (bzgl. Multiplikation).
Das Negative zu
ist
, das Inverse zu
! ! ist
3 (c) Einbettung von
# in .
enthält als Teilmenge eine Kopie von . Definiert man nämlich
!
dann addieren und multiplizieren
sich die Elemente aus
Zahlen, das bedeutet, es gilt !
!
!
!
!
!
und
wie die entsprechenden reellen
!
!
65
I. Zahlsysteme
Die Abbildung daher mit seiner Kopie
die Multiplikation von ! ist daher ein Körperisomorphismus.
Wir identifizieren
. Ferner ergibt
, schreiben
also statt
dem
Paar
!
einfach
mit der Zahl
!
das Resultat
/ !
& das Resultat stimmt also überein mit dem Produkt“
, das man bei der
”
Multiplikation mit Skalaren im -Vektorraum
betrachtet. Die Multiplikation mit Skalaren
aus ist also durch die Multiplikation im Körper festgelegt.
(d) Die imaginäre Einheit
#
%#
#
! 0 & ! 0 ! &! 0 & 0 ! & 0 0 &! 0 ! 0
#
! 0
0.
Definiert man also
, dann ist
Wir nennen die imaginäre Einheit. ist also eine Lösung der Gleichung# 0 ! .
Es gilt
! 0
Diese Gleichung wird nur noch von
gelöst.
(e) Standarddarstellung komplexer Zahlen
Ist
, dann gilt:
! ! ! ! 0 ! 0 In dieser eindeutigen Darstellung von
von und Imaginärteil von .
Bezeichnungen: ( – man vergleiche die Einführung – ) heißt
Realteil
* Im .
Re
(f) Durch die Eigenschaften, dass
die reellen
Zahlen als Unterkörper (bis auf Isomorphie)
# 0 gibt und dass sich jedes enthält, dass es in ein Element mit
in der Gestalt , , ist bis auf Isomorphie festgelegt.
Beweis : Wir prüfen nicht alle neun Körperaxiome nach. Wir weisen lediglich die Kommutativität
der Multiplikation und das Assoziativgesetz bzgl. der Multiplikation (für Ungläubige) nach:
Ist und
/ # # , dann ist
zu eigen. Nun ist nach Definition:
Definition des Produkts in
Definition des Produkts in
Unter Verwendung der Kommutativität des Produkts und der Summe in
Gleichheit
# # also
Zur Überprüfung des Assoziativgesetzes setzen wir
, sieht man die
und
66
I. Zahlsysteme
Dann gilt:
/ # / # # # # # # # / und weiter wegen der Assoziativität des Produkts in
# #
# und weiter wegen der Kommutativität der Summe in
# # # # # # # # # !
# # # # # !
4.1.2 Bemerkungen
ein Körper ist, gelten in
alle in
abgeleiteten Rechenregeln, bei denen nur die
(a) Da
Körpereigenschaften benutzt waren.
Z.B. gilt für alle
und alle die binomische Formel:
0 3 und die geometrische Summenformel
#
0
/ 0
&/&/&
# 0 3 &&/&)
0 #
(b) Die Formel
für die Multiplikation komplexer Zahlen braucht man sich nicht zu merken. Ist etwa
#
und # 0 , so rechnet man mit Hilfe des Distributivgesetzes und unter
0 und erhält
Verwendung von #
0
mit
:
#
,#
/ / & #
& 0 #
&
#
#
#
# $# # 0
"
Die Standarddarstellung
für einen Quotienten wie z.B. 3 berechnet man durch Erweiterung
#
/ #
/ #
!
#
0
#
Soll man die Standarddarstellung etwa von #
0 0
& 0 #
#
! 3
0 #
0
"
# 0
bestimmen, so berechnet man zunächst
# 0
# 0
0 #
67
I. Zahlsysteme
und verwendet dann die binomische Formel:
0 0
0
0
" 0 #
#
0!
0
0
#
" #
&
0
0 &
#
# 0
&
"
#
(c) Die Definition der Multiplikation komplexer Zahlen mag gekünstelt erscheinen, ist aber durch
die Vorüberlegung in 3.0 motiviert.
als multiplikative Verknüpfung zu
Die komponentenweise Multiplikation nehmen, scheitert deshalb, weil in jedem Körper die Nullteilerregel gilt:
Für gilt ! genau dann, wenn ! oder ! ist.
Bei komponentenweiser Multiplikation wäre aber z.B. 0 !
! 0 0 &! ! & 0 ! ! .
Die komponentenweise Multiplikation der Paare ist aber immerhin noch kommutativ, assoziativ
und distributiv bzgl. der Addition. Prüfen Sie dies als Übungsaufgabe nach.
4.1.3 Wichtige Bemerkung
lässt sich nicht anordnen !
"
) "
In gibt es also keine Teilmenge , so dass für die Axiome
, und
gelten.
1 ! stets Denn in einem angeordneten
K
örper
gilt
f
ür
ein
Element
.
Insbesondere
ist
# 1
#
, also
. In gilt aber 0 . Wenn
sich
anordnen
ließe,
m
üsste
einerseits
0 0
0
# 1
(wegen 1 ! )
gelten, andererseits ist .
0
"
"
"
"
"
Wir können uns an dieser Stelle nur mit wenigen elementaren geometrischen und algebraischen
Eigenschaften von beschäftigen. Außer den in der Einführung genannten Gründen, den Körper
der reellen Zahlen nochmals zu erweitern, gibt es viele zahlreiche weitere, z.B. viele innermathematische Gründe, aber auch etwa für die moderne Quantenmechanik (Schlagwort: Vertauschungsaxiom für Orts– und Impuls–Operator, Schrödinger–Gleichung, Hamilton–Operator) sind
die komplexen Zahlen unverzichtbar.
Analysis, die systematisch auf
theorie.
aufbaut, heißt im deutschen Sprachgebrauch auch Funktionen-
Wir werden uns hier nur mit Rudimenten der komplexen Analysis (=Funktionentheorie) beschäftigen. Im Folgenden stellen wir einige elementare Eigenschaften von zusammen.
4.2 Elementare Eigenschaften von
0 !
Die komplexen
% Zahlen sind insbesondere ein -Vektorraum mit der speziellen Basis 0
und
! 0 . Ein Vektorraum hat bekanntlich viele“
Basen. Die Auswahl von 0 und ist also in
” gewisser Weise willkürlich. Die Wahl von 0 0 ! als Basiselement ist aber
dadurch gerechtfer ! 0 löst die Gleichung
dass 0 neutrales Element
tigt,
bez
üglich
der
Multiplikation
in
ist
und
0 ! . Aber auch # ! # 0 löst diese Gleichung (sonst gibt es keine weiteren Lösungen).
Dass man im
# Prinzip dieselbe Struktur erhält, wenn man in allen Rechnungen mit komplexen Zahlen durch
ersetzt, wird sich im Folgenden ergeben.
68
I. Zahlsysteme
0 ! und ! 0 nennt man
Den -Vektorraum
mit der ausgezeichneten Basis 0 auch Gaußsche Zahlenebene und veranschaulicht sich komplexe Zahlen als Punkte oder Vektoren:
Im
0 0 !
Im
Re
Re
! nennt man die reelle Achse und ! die imaginäre Achse. Die Summe von zwei komplexen Zahlen und ist der vierte Eckpunkt des durch !
und bestimmten
Parallelogramms (falls diese Punkte nicht alle drei auf einer Geraden liegen). kann man
auch als den Punkt beschreiben, der durch Translation um aus oder durch Translation um aus entsteht.
Eine geometrische Deutung für das
# Produkt zweier komplexer Zahlen geben wir weiter unten.
Die Gleichberechtigung von und
begründet die Wichtigkeit, der Abbildung
3
#
4.2.1 Definition (konjugiert komplexe Zahl)
Ist -
, dann heißt
#
3
Für alle
(a)
(b)
(f)
( (g) Ist zu
eine Spiegelung an der reellen Achse.
Im
!
&
gilt:
(c) Re (e)
die komplexe Konjugation.
Geometrisch bedeutet der Übergang von
4.2.2 Eigenschaften von 3
die zu konjugierte komplexe Zahl und die Abbildung
#
( #
(im letzteren Fall nennt man
1 ! (d. h. 1 ! oder 1 ! ), dann ist
#
3
#
rein imaginär)
69
I. Zahlsysteme
Die
lassen sich kurz zusammenfassen:
# Eigenschaften
ist ein involutorischer Automorphismus von mit der Fixpunktmenge . Involuto
risch bedeutet: Für alle gilt: , insbesondere ist 3 bijektiv. Nach (e) ist
3
, also ist die genaue Fixpunktmenge von
.
Beweis : Die Rechenregeln ergeben sich alle unmittelbar aus der Definition. Wir beschränken uns
auf den Nachweis der Formel .
Ist
#
/ #
4.2.3 Ein Beispiel zu 4.2.2(g)
#
so ist
#
0 3
0
#
Wir knüpfen an (f) an:
! und Ist , dann ist , das ist nach dem Satz des
Pythagoras der Abstand von vom Nullpunkt. Diese reelle Zahl nennen wir den Betrag von . Ist
, so stimmt die neue Definition mit der Betragsdefinition auf überein.
4.2.4 Definition und Satz (Betrag einer komplexen Zahl)
eine komplexe Zahl,
Ist dann heißt die (nicht negative) reelle Zahl
Offensichtlich ist
für alle
Eigenschaften des Betrags: Für alle
(
(
"
)
.
.
) Dreiecksungleichungen:
(a)
(b)
# #
gilt
!
!
(Multiplikativität oder Produktregel“).Ist 1 !
”
) (
(
)
!
Im
der Betrag von . ist der euklidische
Abstand
vom Nullpunkt.
des Punktes (für Abschätzungen nach oben),
(für Abschätzungen nach unten).
, dann ist
.
Re
70
I. Zahlsysteme
Bemerkung:
(vgl. ???)
Beweis : Wir beweisen exemplarisch
lässt sich zwar nicht mehr anordnen, aber durch
)
" und
ist eine Bewertung auf
definiert
(a):
/ / und damit .
Zu
: Es gilt
"
(a): Es gilt
Hieraus folgt wegen der Monotonie von
/ / Die Dreiecksungleichung für Abschätzungen nach unten beweist man wie im reellen Fall (vgl.
???).
4.2.5 Bemerkungen
(a) Die Identität
(Beachte:
Grund Cosinus-Satz nennen.
(b) Die im Beweis verwendete Ungleichung
, , ,
. Schreibt man nämlich
dann ist
und das ist das (Standard)-Skalarprodukt der Vektoren In äquivalenter Form lautet die C.S.U.:
) wollen wir aus einem unten erläuterten
( ist die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung (C.S.U.) in
und .
71
I. Zahlsysteme
4.2.6 Satz (Cauchy-Schwarzsche Ungleichung)
Für alle
oder für alle gilt
gilt
wenn wir für das Skalarprodukt von und / die Bezeichnung
# dann gilt für beliebige
Bemerkung: Definiert man für beliebige
den Abstand von und durch
verwenden.
+#
und das ist
'
/
' )
' )
in
/
.#
% . Wegen
#
beliebig)
(Symmetrie)
(Dreiecksungleichung)
dieser Abstandsfunktion ist ein metrischer Raum (genauso wie
mit
# mit der Abstandsdefinition
.
Mit Hilfe des Betrages bzw. des Abstandes in
.#
folgt
hat die Eigenschaften:
! #
.
Der Abstand
+#
Der Name Dreiecksungleichung“ wird jetzt geometrisch verständlich.
”
folgt aus der speziellen Dreiecksgleichung (Dreieck mit den Ecken !
erden wichtige Teilmengen von
definiert:
4.2.7 Definition (Einheitskreislinie)
0
heißt Einheitskreislinie.
sie bezüglich der Multiplikation
eine Gruppe ist
(UnSie hat die bemerkenswerte
Eigenschaft, dass
#
! ). Sind tergruppe von
, so gilt auch und
. Ferner ist 3 .
Etwas allgemeiner ist
4.2.8 Definition (Kreisscheibe)
Für
und
,
! , heißt
die offene Kreisscheibe mit Mittelpunkt und Radius
#
oder auch -Umgebung von #
und
72
I. Zahlsysteme
# und Radius . Für ! und 0 , verwendet man die obige Bezeich
Sphäre mit Mittelpunkt
nung
die abgeschlossene Kreisscheibe mit Mittelpunkt
#
!
0 0 1 ! zeigt, dass
!
0
für das Inverse einer komplexen Zahl
0 geometrisch konstruieren?
#
etwas genauer betrachten. Die Formel
!
Wir wollen noch die Abbildung (Inversion)
und Radius . Und
die Richtung“ von
”
hat. Wie kann man
4.2.9 Definition (Spiegelung am Einheitskreis)
Sind wenn gilt
(a)
(b)
#
!
mit einem
0
dann ließen
und
Spiegelpunkte bezüglich der Einheitskreislinie
,
! .
(a) bedeutet, dass und auf dem selben von ! ausgehenden Halbstrahl liegen.
in (b) ein, so folgt,
Setzt man die Gleichung 0
0
0
also
und damit
erhält man daher 0 , indem man den Punkt an der reellen Achse spieWegen gelt.
Man erhält also 0 durch zwei Spiegelungen: Spiegelung am Einheitskreis (ergibt ) und dann
Spiegelung an der reellen Achse (ergibt 0 ). Zum gleichen Resultat kommt man, indem man
zuerst an der reellen Achse und dann am Einheitskreis spiegelt. Die Punkte sind bei der Spiegelung am Kreis Fixpunkte. Den Punkt kann man geometrisch mit verschiedenen Methoden
konstruieren, in den folgenden Abbildungen sind zwei angedeutet.
Im
Im
z
z
z'
z'
1
Re
1
z
z
1
Re
1
z
z
73
I. Zahlsysteme
4.2.10 Geometrische Interpretation der Multiplikation
Die geometrische Interpretation der Multiplikation komplexer Zahlen erfordert etwas mehr Auf
wand. Ist und 1 ! , dann betrachten wir die -lineare Abbildung
und zerlegen sie wie folgt:
Die Abbildung
ist eine Streckung“
mit dem Zentrum ! und
dem
”
Streckungsfaktor . Es ist also .
0 und
Ist
, dann ist
ist längentreu ( abstandstreu“), denn
”
/#
.#
# ) # # Ferner ist -linear (insbesondere -linear) und bijektiv:
Die Abbildung
Die Abbildung
und umgekehrt führt die Basisvektoren 0 und in ,& 0 bzw. & über.
+
,(&& 00 +
,(&& + # + 0 .
Ihre Determinante ist
wird durch
0 ist also eine längentreue, orientierungserhaltende lineare Abbildung von
heißt Drehung“ um den Nullpunkt.
”
Zusammengefasst:
+ 1
Die Abbildung ( ! )
, eine solche
ist eine Drehstreckung.
Übersichtlicher wird die geometrische Beschreibung der Multiplikation komplexer Zahlen durch
Verwendung von Polarkoordinaten
74
I. Zahlsysteme
Jedes
4.2.11 Satz (Polarkoordinaten in
)
kann in der Form
mit ! , dargestellt werden. Dabei ist ( eindeutig bestimmt, für 1 ! eindeutig
bis auf Addition ganzzahliger Vielfacher von
und ist beliebig für ! . ist der in Bogenmaß
gemessene orientierte Winkel zwischen der positiven reellen Achse und dem Ortsvektor von .
und nennt man Polarkoordinaten von .
Zum Beweis dieser Darstellung benötigt man Eigenschaften der Funktionen
später herleiten werden und die wir hier kurz zusammenstellen:
1. Additionstheoreme: Für beliebiges .
ist
und
, die wir
#
. und sind
periodisch
mit der Periode , d. h. für beliebiges ist
3. Zu jedem Punkt mit 0 (d. h. gibt es ein mit *
und
# , dann ist eindeutig bestimmt.
Wählt man z.B. im Intervall ! oder im Intervall
. Generell ist die Länge des Bogens vom
Umgekehrt
gilt für jedes Punkt 0 ! zum Punkt
. Es gilt für .
. # !
Soviel zu den Voraussetzungen.
, 1 ! , dann liegt auf der Kreislinie , es gibt also ein mit Ist nun
, daher ist
mit der Abkürzung die Existenz einer Polarkoordinatenstel . Damit
mithat man! und
, dann folgt
lung. Ist außerdem auch
# also und dann mit ! .
heißt ein Argument von . Eine komplexe Zahl hat# also ”viele“ ArguJedes mit und spricht
mente. Wenn man Eindeutigkeit erreichen will, wählt man z.B. im Intervall dann vom Hauptwert des Arguments von und schreibt manchmal
Arg .
2. Die Funktionen
$# 0 # %# 0 !
Sind nun und bzw. Polarkoordinatendarstellungen von
dann ist
% denn die Additionstheoreme für und sind mit
Beispiele:
bzw. ,
75
I. Zahlsysteme
äquivalent.
Daraus ergibt sich:
Komplexe Zahlen werden multipliziert, indem man ihre Beträge multipliziert
und ihre Argumente addiert.
Speziell ergibt sich, wenn man etwa fest wählt, dass die Abbildung
eine Drehstreckung ist, eine
Drehung um den Nullpunkt mit dem Drehwinkel
mit dem Streckungsfaktor und ! als Streckungszentrum.
Im
Im
zw
lz=|l|z'
w = ρ E(ψ)
z'= l z
|l|
z
z = r E(ϕ)
ϕ
α
α
ψ ϕ
1
l
Re
Re
Auch die Inversion erh
ält nun eine einfache Interpretation:
Ist
den Spiegelpunkt bezüglich der Einheitskreislinie
und eine Streckung
mit
0
und
0 ,
$# !
, dann gilt für
Wir haben die komplexen Zahlen eingeführt, um die Gleichung 0 ! zu lösen. Überraschend
und fundamental für die Anwendung der komplexen Zahlen ist die Tatsache, dass beliebige algebraische Gleichungen Lösungen in besitzen. Das ist die Aussage des
Fundamentalsatzes der Algebra: Sind
dann besitzt die Gleichung
3 3
&/&/&
1 !
beliebig vorgegebene Zahlen,
!
mindestens eine Lösung in . Eine äquivalente Formulierung ist:
Jedes nicht konstante komplexe Polynom besitzt in mindestens eine Nullstelle.
Obwohl der Satz Fundamentalsatz der Algebra“ heißt, muss man bei den Beweisen auf Hilfsmit”
tel der Analysis zurückgreifen. Sechs verschiedene Beweise finden sich in: Freitag/Busam: Funktionentheorie 1, Springer-Verlag, 3. Auflage, 2000. Es gibt ein Buch (Rosenberger/ ?) in welchem
200 Beweise aufgeführt sind!
Ein Spezialfall des Fundamentalsatzes ist der folgende Satz, der sich elementar beweisen lässt.
4.2.12 Existenzsatz für -te Wurzeln
Sei
und und
! . Ist 1 !
. Ist ! , dann hat die Gleichung nur die Lösung
eine Polarkoordinaten-Darstellung von , dann ist eine Lösung
76
I. Zahlsysteme
der Gleichung
dann sind die
, d.h. eine -te Wurzel aus . Ist
verschiedenen Zahlen
! 0
#
0
sämtliche -ten Wurzeln aus . Sie bilden die Eckpunkte eines regelmäßigen -Ecks, dessen Umkreis den Kreis um ! mit dem Radius
ist.
Insbesondere bilden im Fall 0 die Lösungen von 0 , also die Zahlen
!
#
0
die sogenannten -ten Einheitswurzeln, die Eckpunkte
eines regelmäßigen -Ecks (und einer Ecke
in 0 ), dessen Umkreis die Einheitskreislinie
ist.
n=3
n=4
1
-1
1
Mit
n=5
gilt
!
, dann ist #
0
Wir erläutern zum Schluss noch, warum wir die Gleichung
Cosinus-Satz
genannt haben. Ist . Für das Skalarprodukt ergibt sich
wenn
der
gilt”Winkel zwischen
und somit
,
, $#
und #
und “ ist (vergl. die Bezeichnungen in der Abbildung). Wegen
#
Im Cosinus-Satz ist im Spezialfall
#
(also
! der Satz des Pythagoras enthalten.
77
I. Zahlsysteme
Aber wie ist eigentlich ein Winkel zwischen zwei
Vektoren zu definieren und zu messen?
Bevor man einen Winkel messen kann, muss
man ihn erst mal definieren!
Im nächsten Paragrafen werden wir uns mit Skalarprodukten beschäftigen. Im Falle des Standardvektorraums
werden wir dann auch
Winkel zwischen Vektoren“ definieren können.
”
Im
#
Re
78
I. Zahlsysteme
5
Vektorräume mit Skalarprodukt, insbes. die Standardvektorräume
und Im Vektorraum
ließ sich neben der bekannten Addition von Summanden(Vektoren) eine
Zusatzstruktur, nämlich eine Multiplikation so einführen, dass mit der vorhandenen Addition und
dieser Multiplikation ein Körper wird. (vgl. 4) Man kann nämlich fragen, ob man auch für
auf dem
, auf dem eine Addition (siehe unten) erklärt ist, eine Multiplikation so definieren kann,
dass wieder eine Körperstruktur
herauskommt.
Dass man in noch eine Körperstruktur erklären kann, ist kein Zufall.
Es gilt der folgende Eindeutigkeitssatz:
Sei ein Körper, der den Körper der reellen
Zahlen als Unterkörper enthält und der ein endlich
dimensionaler Vektorraum
über
ist,
, dann gilt:
entweder ist
und ist als Körper isomorph zum Körper der komplexen Zahlen,
oder es ist 0 und ist isomorph zum Körper der reellen Zahlen. 2 .
Im Fall gibt es das auch für viele physikalische
wichtige Vektorprodukt (Kreuz Anwendungen
produkt), das ist die Abbildung: für *#
*# #
Diese Abbildung
angenehme Eigenschaften, aber es gilt z.B.
#, ist bilinear, hat auch sonst weitere
! .3
, insbesondere ist für alle
"
Verzichtet man auf die Kommutativität der Multiplikation, so besitzt der
Struktur als Schiefkörper.
noch eine
Der abstrakte Begriff des Vektorraums, wie es in der heutigen Mathematik, speziell der Analysis
verwendet wird, ist aus elementargeometrischen und physikalischen Ansätzen aus der anschaulichen Vektorrechnung mit Pfeilen“ entwickelt worden.
Eine ”geometrisch anschauliche
Interpretation
von Vektoren in
ist im letzten Paragra phen verwendet worden. Dabei konnte
man ei nerseits die Elemente als Punk
”
te“ auffassen und aus Punkten bestehende Teil mengen von
betrachten, oder aber auch als
Vektoren, genauer als Translationen. Betrachtet
man die Addition zwischen komplexen Zahlen und , also die Summe und konstruiert
diese Zahl mit Hilfe des Kräfteparallelogramms,
so kann man auch sagen:
Man erhält , indem man die Translation auf den Punkt oder die Translation auf den
Punkt anwendet. Analog kann man die Addition in den Standardvektorräumen
bzw.
interpretieren.
Diese Räume tragen eine wichtige Zusatzstruktur, die sie eigentlich erst richtig interessant macht,
weil man mit Hilfe dieser Zusatzstruktur, Längen(Normen) von Vektoren und Winkel zwischen Vektoren erklären kann und z.B. sagen kann, wann zwei Vektoren senkrecht aufeinander stehen.
Diese Zusatzstruktur erhält man mir Hilfe eines Skalarprodukts. Eine solche haben wir im Fall
2 Für einen
Beweis vergleiche man den Artikel von R.Remmert über komplexe Zahlen in Zahlen“; Herausgeber: Ebbinghaus Kap.3;
”
Springer Verlag 1988 (siehe Literaturverzeichnis)
3 Näheres findet man etwa bei G.Fischer: Lineare Algebra, 11. Auflage.
79
I. Zahlsysteme
schon betrachtet. Eine Verallgemeinerung auf
liegt auf der Hand.
Aber zunächst als Wiederholung aus der Linearen Algebra.
Ist
oder
!
Der Punkt
Die Addition in
!
ist für heißt dabei die j-te Komponente von .
Man vereinbart die Gleichheit von n-Tupeln
0
und und die skalare Multiplikation für
.
aus allen n-Tupeln
(also komponentenweise)
durch
Bezüglich der so definierten Addition und Multiplikation ist
denn es ist etwa
0 ! ! !
! 0 ! !
! ! 0 !
..
.
! ! !
ein Vektorraum der Dimension ,
!
!
!
..
.
! 0
eine Basis.
Neutrales
Element
ist der Nullvektor:
# bezüglich
$ # der# Addition
ist erklärt durch
für 0
heißt Nullpunkt oder Ursprung in
der Standardvektorraum
, so besteht für
!
!
und das Negative zu
Pflichtlektüre für alle (nicht nur für Physiker!)
Abschnitt Was sind Vektoren? “ in K. Jänisch: Lineare Algebra; Springer-Verlag; 8. Afl. 2001
”
(dort siehe Seite 38 bis 50).
In
wird für
/ und das Standardskalarprodukt genannt.
Eine Verallgemeinerung auf beliebiges
die reelle Zahl
+ liegt nahe.
80
I. Zahlsysteme
5.1 Definition und Satz
Definiert man für &&/&
und
dann heißt die so definierte reelle Zahl das Standardskalarprodukt von und .
Die nicht negative reelle Zahl
.
heißt die euklidische Länge oder euklidische Norm von
#
#
#
&&/&) und die (ebenfalls) nicht negative Zahl
) &/&&) der euklidische Abstand von und .
#
Wir schreiben die wichtigsten Eigenschaften des Skalarprodukts, der Länge(Norm) und des Abstandes:
Das Standardskalarprodukt
hat die folgenden Eigenschaften: für alle
"
"
"
:
:
:
! , und
!
,
gilt
(Linearität im ersten Bestandteil)
(Symmetrie)
!
(Positive Definitheit)
die Ungleichung
Ferner gilt für alle oder explizit
(C.S.U.):
&/&&) &
&&/&)
Man nennt sie Cauchy-Schwarzsche-Ungleichung (in
Die euklidische Norm hat folgende Eigenschaften: für alle
! (dass ! Der euklidische Abstand ' ' )
' !
!
).
und
gilt
(Dreiecksungleichung)
' ! ist, folgt aus
#
hat folgende Eigenschaften: für alle
gilt
(Symmetrie)
(Dreiecksungleichung)
und
' )
Bemerkungen zum Beweis:
Die genannten Eigenschaften des Skalarproduktes, der euklidischen Norm und des euklidischen
81
I. Zahlsysteme
"
"
Abstandes, bis auf
die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung, folgen
unmittelbar aus der Defi alle
nition, bei der
benötigt man eine kleine Rechnung. Aus
folgt auch die Linearität im
zweiten Bestandteil des Skalarprodukts: für alle und alle gilt:
Man sagt: Das Standardskalarprodukt ist eine positiv definite (wegen
auf
.
"
) symmetrische Bilinearform
Auf den Beweis der Cauchy-Schwarz-schen Ungleichung gehen wir gleich im etwas allgemeineren
Rahmen ein.
5.2 Definition (Vektorraum mit Skalarprodukt)
Sei
ein beliebiger
-Vektorraum. Eine Abbildung
Im Fall
und alle
Im Fall
+
, "
+
+
heißt Skalarprodukt auf V, falls für alle , ! und gilt:
.
.
( ! !
5.3 Bemerkungen
(a) Im Fall ist ein Skalarprodukt eine positiv definite Bilinearform, im Fall eine positiv
definite hermitesche Form.
(b)
und und bzw.
sind
überflüssig. Diese beiden Eigenschaften folgen aus eigentlich
und
. Da diese Eigenschaften aber dauernd gebraucht werden,
haben wir sie unter die Grundeigenschaften aufgenommen.
(c) Ein Vektorraum mit Skalarprodukt heißt im Fall auch ein euklidischer Vektorraum und im
Fall auch unitärer Vektorraum. Man beachte, dass im Fall wegen , die Zahl eine nicht negative reelle Zahl ist. Man nennt auch hier:
die (aus dem Skalarprodukt abgeleitete) Norm von und für und .
# den Abstand von
82
I. Zahlsysteme
heißen orthogonal – in Zeichen –, falls 5.4 Beispiele
(a) Auf ist
seien
&/ &/ & Man sagt auch:
Die Standardbasis
Auf
ist aber auch z.B.
mit
0
0
(b) Ist
und
das Standardskalarprodukt, dabei
ein
Skalarprodukt,
und es gilt für 1 .
ist eine Orthonormalbasis.
ein Skalarprodukt auf
&
&
, expliziter
! gilt.
, dann ist
&&/&
ein Skalarprodukt auf
, man nennt es wieder das Standardskalarprodukt. Sind alle Komponenten reell, fällt es mit dem Standardskalarprodukt im
zusammen.
'
! 0 und ! 0 (c) Ist
'
der Vektorraum der stetigen, -wertigen Funktionen auf
1. Im Fall
durch
2. Im Fall
durch
(d) Definiert man auf
ein Skalarprodukt auf
% % und
, so erhält man für
% % .
"
für #
und
.#
#
dann ist
eine Bilinearform auf , die so genannte Lorentz-Form, sie spielt speziell in der
Relativitätstheorie eine wichtige Rolle.
"
Vektor
heißt Minkowski-Raum.
#
0
0 ! !
1 ! gilt
ist allerdings nicht positiv definit, denn z.B. für den
0 & 0 # 0 & 0 # ! & ! # ! & ! !
83
I. Zahlsysteme
und für 0 0 0 0 gilt
#
# & #
#
0 & 0 0 & 0
0 0
0 & 0 Die Dreiecksungleichung für die entsprechende Normen bzw. Metriken spielen in den Anwendungen eine wichtige Rolle.
Wir beweisen deshalb die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung für einen beliebigen -Vektorraum
mit Skalarprodukt.
5.5 Satz (Cauchy-Schwarzsche Ungleichung)
Sei ein -Vektorraum mit Skalarprodukt
Ungleichung:
Beweis : Wir behandeln zunächst den Fall
Für beliebige !
und beliebige
(C.S.U.)
.
#
die Cauchy-Schwarzsche
gilt dann nach
# , # , dann gilt für alle #
"
, Ist ! , so steht in der C.S.U. auf beiden Seiten Null. Wir können daher 1 ! annehmen,
einsetzen und
dann ist aber ! und wir können für den speziellen Wert erhalten
!
!
#
#
oder
oder
oder (durch Wurzelziehen)
5.6 Bemerkung
% # und mit
eine nach oben geöffnete
definiert, deren
#Parabel
verläuft und die ihr Minimum im Punkt Graph oberhalb der -Achse
annimmt.
3 Funktionswert
! genau dann größer oder gleich Null,
Dort ist der
und dieser ist im Fall
%
gilt. Denn im Fall 1 ! kann man in folgender
wenn
Form schreiben:
#
% Für
"
ist durch
"
"
84
I. Zahlsysteme
dieser
Aus
Darstellung kann man die Behauptung ablesen.
ist gerade die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung.
Der Beweis im komplexen Fall ist eine kleine Modifikation des Beweises im Fall , besitzt aber
nicht mehr die geometrische Interpretation. Man benutzt genauso die positive Definitheit und die
Eigenschaften des Skalarproduktes:
Für alle
gilt:
!
# # ( # # Ist wieder ! , so gilt in der C.S.U. das Gleichheitszeichen.
Ist 1 ! , so wähle man
so erhält man durch Multiplikation mit !
#
*
# oder
Zusatz: In der C.S.U. gilt genau dann das Gleichheitszeichen, wenn ein linear abhängiges
System ist.
5.7 Bemerkungen
(a) Man beachte, dass beim Beweis die C.S.U. die Dimension von
(b) Für
bzw.
keine Rolle gespielt hat.
mit dem Standardskalarprodukt lautet die C.S.U. explizit
(5.1)
bzw.
(5.2)
(5.1) ist dabei wieder ein Spezialfall von (5.2).
Diese Ungleichungen für endliche Summen kann man auch durch vollständige Induktion beweisen. Das ist aber recht mühselig.
(5.1) ist äquivalent zur Gleichung
85
I. Zahlsysteme
und (5.2) ist äquivalent zur Gleichung
dabei kann man auch durch ersetzen (wegen )
Diese Ungleichungen werden deshalb häufig auch als Cauchy-Schwarzsche Ungleichungen
bezeichnet.
(c) Im Beispiel lautet die C.S.U.
% %
bzw.
% % % % % % Dass die euklidische Norm in
(ebenso in
) und die euklidische Metrik, die in 5.1 aufgezählten Eigenschaften haben, ist schon offensichtlich bis auf die Dreiecksungleichung:
Diese ergibt sich (in einem beliebigen Vektorraum mit Skalarprodukt
) so:
Man berechnet für das Skalarprodukt mit sich selbst
, , , für alle
(da
(nach C.S.U.)
Wegen der Monotonie der Quadratwurzel folgt die Dreiecksungleichung
Die entsprechende Dreiecksungleichung für die induzierte Metrik
# folgt aus der Dreiecksungleichung
# # für
die Norm.
Setzt man , dann ist
*# und es folgt
#
#
# # .
# .# )
I. Zahlsysteme
Jeder Vektorraum
on.
86
mit Skalarprodukt ist ein normierter Raum im Sinne der folgenden Definiti-
5.8 Definition (Norm, normierter Raum)
Sei
ein -Vektorraum. Eine Abbildung
gilt
heißt Norm auf V, falls für alle und alle
!
!
(Dreiecksungleichung)
Die (nicht negative!) reelle Zahl mit 0 heißt Einheitsvektor.
Ein Vektorraum
Beispiele:
(a)
(b)
(c)
(d) Ist
heißt Norm (auch Betrag, Länge) des Vektors . Ein Vektor zusammen mit einer Norm
auf
Betrag von ; Betrag von ; oder
&/&&) heißt normierter Raum.
, dabei sei
das Standardskalarprodukt.
ein beliebiger -Vektorraum mit Skalarprodukt
, dann ist Norm der bewiesene Satz
(diese heißt auch manchmal Hilbert-Norm).
Auch der Begriff des Abstandes lässt sich axiomatisieren.
5.9 Definition (Metrik, metrischer Raum)
Ist
eine nicht leere Menge. Eine Abbildung
87
I. Zahlsysteme
heißt Metrik auf
' ' )
' , falls für alle
! gilt:
(Symmetrie)
(Dreiecksungleichung)
Die (nicht negative!) reelle Zahl heiße Abstand oder Distanz zwischen und .
zusammen mit einer Metrik auf heißt metrischer Raum.
5.10 Beispiele
ein normierter -Vektorraum, dann ist für alle (a) Ist
eine Metrik auf definiert.
Speziell sind
und allgemeiner
bezüglich der mit der euklidischen Norm definierten Metrik.
durch
# bzw.
metrische Räume
(b) Nicht jede Metrik stammt von einer Norm, z.B. gilt dies für das folgende Beispiel:
Ist und
! für 0 für 1
dann ist
eine Metrik auf
. Sie heißt diskrete Metrik auf .
(c) Auch stammt nicht jede Norm von einem Skalarprodukt, denn wenn eine Norm von einem
Skalarprodukt abgeleitet ist, dann muss für alle gelten
(Parallelogrammidentität) und im Fall
# #
# 0
(sog. Polarisationsgleichung) Geben Sie für den Fall geometrische Interpretation von dieser Gleichung.
Eine wichtige Norm auf
(auch auf ) ist die Maximumsnorm.
5.11 Definition (Maximumsnorm)
heißt
Für die Maximumsnorm von .
Dass es sich tatsächlich um eine Norm handelt ist leicht nachzurechnen. Die Maximumsnorm
stammt aber nicht von einem Skalarprodukt auf
, denn sie erfüllt nicht die ParallelogrammIdentität.
88
I. Zahlsysteme
Vergleicht man
chung
5.12 Definition (Eins-Norm)
Eine weitere Norm auf
ist für
auf
und
die Definition
(sog. Eins-Form)
0 Hier gilt
, so gelte offensichtlich die Unglei
& &/& mit der euklidischen Norm
& 0
&
(letztes nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung)
Fassen wir zusammen:
5.13 Satz
Für die drei Normen
und
auf
/
gelten die Ungleichungen
und
Analoge Ungleichungen gelten für die an diesen Normen abgeleiteten Metriken. Für die Konvergenztheorie in
hat das zu Folge, dass man jeweils den gleichen Konvergenzbegriff erhält.
Definiert man
n
ämlich
für
und
! , die sog. -Kugel bezüglich der entsprechenden
Metriken dann gilt
Für den Fall
! und 0 sind die Inklusionen in den folgenden Skizzen veranschaulicht.
89
I. Zahlsysteme
Hierauf kommen wir im nächsten Kapitel (
) und in der Vorlesung Analysis 2 zurück.
Wir geben zum Schluss für den Fall mit dem Standardskalarprodukt noch eine geometrische
Interpretation des Skalarprodukts und der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung.
Wir gehen aus von folgendem Problem:
Gegeben seien und sei ein Einheitsvektor, d.h. Wir suchen auf der Geraden
einen Punkt, der minimalen Anstand von
hat, mit anderen Worten: wir suchen das Minimum von
# für
,
falls es ein solches gibt.
Wir nehmen zunächst an. Wir vermuten,
dass die orthogonale Projektion“ von auf
”
gerade dieses Minimum ergibt.
Dazu betrachten wir das Quadrat
des Abstan
des eines beliebigen Punktes von :
Da
# # % # #
/ 0.
#
0
# # # &
&
0 .
# %
als Quadrat immer größer oder gleich Null ist und gleich Null genau dann,
wenn
gilt, sieht man, dass tatsächlich ein Minimum existiert und dass für die reelle erreicht wird.
Damit haben wir folgendes:
, der
Satz: Seien 0
, dann gibt es einen eindeutig bestimmten Punkt
von minimalen Abstand hat. Dieser Punkt ist gegeben durch .
Für das Abstandsquadrat gilt:
"
#
(a)
(b)
Für alle
(c)
#
"
#
Wegen
"
#
"
(Pythagoras)
! folgt
.
gilt
=0,
"
#
d.h. der Richtungsvektor
ist orthogonal zu , d.h. zu allen Vektoren aus .
ist also der Fusspunkt des Lotes
von auf , deshalb heißt auch die
orthogonale Projektion von auf .
"
"
&
#
"
90
I. Zahlsysteme
Die Relation (c) lässt sich leicht nachprüfen (beachte dabei "
#
#
# #
#
!
0 ):
0 :
Aus (1) erhält man ganz einfach die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung in
Für alle gilt
Beweis : Sei
und ,
! , dann ist
!
! , das bedeutet, dass und
Für Vektoren ,
betrachten. Es ist also
Das Gleichheitszeichen gilt genau dann, wenn
sind linear abhängig. (Weil einer der Vektoren des Systems ein Nullvektor ist)
Ist 1 ! , so können wir den Einheitsvektor 0 . Nach (b) folgt daher
mit
linear abhängig ist.
wobei das Gleichheitszeichen genau dann gilt, wenn das System
& mit
und das bedeutet nach (a)
linear abhängig sind.
1 ! , 1 ! kann man die C.S.U.
in der Form
#
0
0
schreiben.
im Wertebereich
Ein Blick auf den Graphen des Cosinus (Abb. 8) zeigt, dass die reelle Zahl
von liegt.
! im mitIntervall ! streng monoton fällt (das werden wir später beweisen), gibt es genau ein
heißt ”Winkel zwischen und “. Schreibweise: .
Da
Die Definition lautet also:
!
und
91
I. Zahlsysteme
kennt)
auch als Richtungscosinus von in Richtung
oder für Formelgläubige (falls man den
wird Richtung
!
schreibt sich jetzt mit
oder !
Diese Formel gilt auch noch, wenn Die Identität
bzw. als Richtungscosinus von
so:
in
ist.
#
Dies Aussage des Satzes von Pythagoras gilt
genau dann, wenn
, d.h. gilt.
Man kann diese Formel als Cosinus-Satz inter
pretieren. Wenn man beachtet, erhält
man die klassische Form
-
interpretiert.
Nach der obigen Formel ist aber
.
Wegen
Abbildung 8: Graph der Funktion
&
In physikalischen Anwendungen (z.B. Arbeit = Kraft
zwischen zwei
Weg) wird das Skalarprodukt
Vektoren und manchmal durch die Gleichung
definiert:
wobei
len Projektion
ist.
"
die Länge der orthogonavon auf die Gerade &"
92
I. Zahlsysteme
Allerdings muss man das Vorzeichen beachten
falls !
falls
!
!
&
Dass in
die obige Winkeldefinition mit der üblichen“ übereinstimmt, kann man mittels Polar ”
koordinaten zeigen. Wir stellen zum Abschluss (ohne Beweis) einige Eigenschaften von
zusammen.
:
Eigenschaften von
# #
(b)
!
(c)
# falls
falls !
(d)
es gibt ein mit !
(e)
!
(f) In Fall , also
in
gelten folgende Zusammenhänge zwischen Skalarprodukt, Vektor
produkt und
:
gilt:
Für alle # bzw. # 1.
(Graßmann-Identitäten)
#
2.
(spezielle Lagrangesche Identität)
ist ein Vektor, der auf der von und aufgespannten Ebene ( und seien dabei
(
linear unabhängig) senkrecht steht und dessen Länge (Norm) den Flächeninhalt des von
und aufgespannten Parallelogramms ist.)
Ferner gilt die sog. Jacobi-Identität:
.
!
(a)
93
I. Zahlsysteme
6
Einige nützliche Ungleichungen
Wir stellen im Folgenden einige nützliche Ungleichungen zusammen, die wir zum Basiswissen rechnen und die in jedem Zusammenhang richtig erkannt werden sollten.
Für gilt stets
6.1
! , und ! ist mit ! äquivalent.
Aus 0 folgt schon eine Reihe von Ungleichungen, die lediglich Äquivalenzumformungen von
sind.
Für alle 6.2
6.3
(binomische Ungleichung)
# ! nach 0 und
, dann gilt
# # , so sind
6.4
und es gilt für beliebige komplexe Zahlen .
Das ist ein Spezialfall der sog. Young-schen Ungleichung
6.5
6.6
6.7
und ist
mit
Sind 0
bzw.
!
gilt:
Beweis : Setzt man
Sind bzw.
bzw.
0.
0 und
! und ! , dann folgt aus und Nennt man (vergleiche Übungsblatt 1):
94
I. Zahlsysteme
- das arithmetische
das geometrische
das harmonische
das quadratische
Mittel von
und ,
so gilt also die Ungleichungskette
Man beachte, jede der Ungleichungen
0
- )
6.8
( !
(quadratisches Mittel)
(geometrisches Mittel)
(hier wird
und
!
1 ! , ( 1 ! mit
harmonisches Mittel
( ! vorausgesetzt)
( ! annehmen. Die Fälle
0 0 und
Die
gelte für je positive reelle Zahlen. Sind nun
Ungleichung
vorgegeben,
so können wir durch Umnummerieren
reelle Zahlen verallgemei-
Also können wir mit Induktion schließen:
sofort auf
(arithmetisches Mittel)
0 ist im Fall
1 ! voraussetzen muss, dann gilt die Ungleichungskette (für positive
Wir skizzieren, wie man etwa
beweisen kann.
OBdA können wir
! äquivalent für und damit mit
wobei
man hier 1 !
, , , , , Diese Ungleichungen lassen sich durch Induktion nach
nern.
Definiert man für
- sind klar.
Zahlen
0 positive
reelle
erreichen.
95
I. Zahlsysteme
Dann ist offensichtlich
0
also:
#
0 ! .
Mit der Bernoullischen Ungleichung
0
0
0
folgt jetzt
0 0 0 Mit der Induktionsvoraussetzung (I.V.) folgt hieraus
0
(I.V.)
&
&
&
In 2.4.2 haben wir die Bernoullische Ungleichung bewiesen:
6.9 Bernoullische Unlgeichung
Für alle
mit
#
0 und alle
gilt
0
0 # und alle
mit 0 .
Zusätze:
Die Bernoullische Ungleichung
gilt sogar für alle
1 ! , dann gilt für
die strikte Ungleichung 0 . Ist
#
0,
Der Beweis der Zusätze sei als Übungsaufgabe gestellt.
6.10 Abschätzung für die endliche geometrische Reihe
Für
mit !
0 und alle
gilt
0 nach der Summenformel
denn 0
#
0
!
0 gilt für 1 0
0
3
(beachte
Für einen beliebigen -Vektorraum
#
0
0
#
0
#
! ).
mit Skalarprodukt
haben wir die Cauchy-SchwarzscheUngleichung bewiesen und für den Fall des Standardvektorraumes
einen einfachen geometrischen Beweis gegeben.
Wir formulieren die C.S.U. nochmal für den Standardvektorraum
dukt
mit dem Standardskalarpro-
96
I. Zahlsysteme
dabei sei
Die C.S.U. lautet:
,
Da sie für alle
gilt, ist 0 0 äquivalent mit
6.12 .
6.11
Sind die bzw. alle reell, so kann man auf der rechten Seite die Beträge weglassen. Manchmal
nennt man auch die Ungleichung
6.13
Cauchy-Schwarzsche-Ungleichung.
6.12 folgt nach der Dreiecksungleichung
&
sofort aus 6.13.
Es gilt aber auch die Umkehrung:
, so gilt die Ungleichung auch, wenn man bzw. durch
Gilt
nämlich
0 0 für alle bzw.
bzw.
ersetzt. Das ist aber gerade die Ungleichung 0 . (Den äußeren Betrag kann man
dann weglassen.)
Wir geben hier für 0 und damit für 0 einen weiteren Beweis, der sich auf die elementare
Ungleichung 0
für beliebige komplexe stützt.
Sei
, .
Da im Fall
,
, 0
! nichts zu beweisen ist, können wir
! und
! annehmen. Mit
geht die Ungleichung 0 in die äquivalente
Ungleichung
über. Deren Richtigkeit ist aber mit
Es ist nämlich
0
evident:
) & 0 0 0
0
0
97
I. Zahlsysteme
Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass wir die C.S.U. für jeden -Vektorraum mit Skalarprodukt bewiesen haben. Insbesondere gilt sie auch für den Vektorraum der stetigen komplexwertigen Funktionen auf einem Intervall mit dem Skalarprodukt
bzw. für den Hilbertschen Folgenraum gabenblatt 9)
% % der quadratsummierbaren Folgen (vergleiche Auf-
Es sei auch nochmal ausdrücklich bemerkt, dass aus der C.S.U. für einen Vektorraum mit Skalarprodukt die Dreiecksungleichung für die entsprechende Norm folgt:
Ist , dann gilt für alle Dies ist ein Spezialfall der sog. Minkowskischen
(H.Minkowski, 1864-1909)
Ungleichung
Im Fall lautet diese für p-Norm
6.14
Dabei ist
für ,
.
Die Minkowski Ungleichung steht in einem Zusammenhang mit der Hölderschen Ungleichung (Otto
Hölder, 1859-1937),
deren einfachste Form
so lautet:
0 und sind , , so gilt
Ist
0, 6.15
) Der Spezialfall
&
.
ergibt wieder die klassische C.S.U. .
Die Höldersche Ungleichung gilt jedoch auch für Integrale und Reihen.
Später werden wir sehen, dass sich all diese Ungleichungen aus Konvexitätseigenschaften geeigneter Funktionen relativ einfach ergeben.
Zum Abschluss sei bemerkt, dass sich die Dreiecksungleichung
6.16
sofort (via Induktion) auf
Für beliebige
6.17
( oder Summanden überträgt.
( oder
) gilt
.
)
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