Ne uropsychialrie. Bal/d 8. Hef l 3/1994. S. 15 1- 158 Malignes neuroleptisches und akut lebensbedrohlich katatones Syndrom Eine identische Komplikation im Verlauf von funktionellen Psychosen E. FR ANZEK, G . STÖßER und H . BECKM ANN Psychiatrische Klinik und Poliklinik, Universität Würzburg Malignes neuroleptisches und akut lebensbedrohlich katatones Sy ndl'om : Ein e identische Komplikation im Verlauf von funktionel len Psychosen. Neun Patienten, die zw isc hen 1987 und 1990 an der Psychiatri sc hen Uni versitätsklinik Wlirzburg ein mali gnes neuro lepti sc hes Syndrom erlitten hatten, wurden nac huntersucht. In einem polydi agnosti schen Ansatz un terschieden sich di e Di agnosen besonders in der the two c1 inica l syndromes, and the ev idence timt neurolepti cs appear generall y inadeq uate in treating lethai catatoni a and even agg ravate episodes of the di sorder. Key words: Mali gnant neuroleptic syndrome - Ii fe threatening catatonic syndrome - lethai catatoni a - cyc loid psyc hosis. Schi zo phreniehäufi gkeil. Während nach lCD 9 bei fünf Patienten eine Sc hi zo phrenie di ag nosti ziert wurde. traf nach [CD 10 di ese Di agnose nur einm al zu. Nach der Leonh ard-Klass ifikati on fand sich kein e ein zige Sc hi zo phreni e. Bei zwei Patienten lage n eine mani sch-depress ive Erknm kung und ein schwerer Alkoholabusus vor. Alle übri gen Patienten erfüll ten nach Leonhard die Kriteri en einer zykloiden Psychose. Bei dieser Krankheit sc heint eine besondere Dispos ition zu r Ent wicklun g eines mali gnen neurolepti schen Sy ndroms gege ben zu sein. Aus der älteren Literatur geht hervor, daß zykl oide Psychosen auch eine besondere Dispos iti on zur Entwicklung einer akut lebensbedro hli chen Katatonie haben. Möglicherweise ist in vielen Fällen das mali gne neurolepti sche Sy ndrom identisch mit der "töd lichen Katatonie" der älteren Autoren. Zwei klini sche Erfahrun gen stüt zen diese Hypothese: di e klini sche Dil"ferentia ldiagnose zwischen mali gnem neurolepti sc hem und lebensbedrohli ch katat onem Sy ndrom ist ni cht sicher möglich; aus der internati onalen Literatur geht deutlich hervor, daß Neuro lepti ka ein lebensbedrohlich katatones Sy ndrom ni cht nur ni cht auf"lla lten kö nn en, sondern es oft sogar verschlimmern . Schliisselwörler: Mali gnes neuro lepti sches Syndrom - akut lebens- bedrohli ch katatones Syndrom - perni ziöse Katatoni e - zyk loide Psyc hose. Malignant neuroleptic syndrome and lethai catatonia: an identical coml>lication in functional psychoses. A retrospecti ve charl review of patients ha vin g been adm itted to the Uni versity Depru-tment of Psychi atry at Würzburg betwee n 1987 and 1990, revealed nine patient s sllffering an episode ofm ali gnant nellroleptic sy nd rome. A po lydi agnostic approach resllited in considerabl e di fferent di agnoses within vari oll s c1assificatory systems, parlicul arly co ncerning the freq uency of schi zophreni a: lCD 9: 5 cases; [CD 10: I case; Leonhard class ificati on: 0; two pati ent s had mani c-depressive di sorder and a hi story of alcohol abuse. In Leonhard 's classifi cation seven patients were di agnosed as cyc loid psychoses. Patients with cycloid psyc hosis seem to be at ri sk to develop nellrolept ic mali gnant sy ndrome. The literature of the prenellroleptic era revea led cyc loid psychoses also were at ri sk to develop lethai catatoni a. Therefore in most cases nell roleptic mali gnant syndrome may be identica l with let hai catatoni a. Thi s is supported by the imposs ibilit y to differenti ate E inleitung Als malignes neuroleptisches Syndrom wird seit Delay und Deniker [15] eine schwere, potenti ell letale Komplikation unter Neurol eptika bezeichnet, die mit extrapyramidalen Sympto men (Akin ese und Rigor) , Hyperthermie, vegetativer Dysfunktion , Bewußtseinsveränderung und pathologischen Laborwerten (Erhöhung der CPK, Leukozytose, BKS-Beschleunig ung u.a.) einhergeht. Die Pathophysiologie des Syndroms ist noch weitgehend ungeklärt. Favori siert wird derzeit die Hypothese einer iatrogen reduzierten zentralen Dopamin akti vität [1 2, 16, 23, 24] mit hypothalamisch-dienzephaler Dysregulation [2, 7, 11 , 18, 27, 45]. Allgemein akzepti ert ist, daß Neurolepti ka zwar eine notwendige, aber keine allein ausreichende Ursache sind , um ein MNS auszulösen [1 2, 44 , 49, 55 ]. Große Probl eme bereitet di e klinische Unterscheidung zwi schen dem mali gnen neuroleptischen Syndro m und der töd li chen [50], perni ziösen [54] oder akut lebensbedrohlichen [26] Katatonie [1 ,6,9, 19,20,2 1,25,3 1,32,33,38,4 1,44,49, 56]. Besonders aufgrund der gleicharti gen Ausprägung von Hyperthermie, vegetativer Entg leis!Jng und der pathologischen Laborparameter wurde schon früh vermutet, daß dem MNS und der akut lebensbedrohlichen Katatonie ein gemeinsamer pathophy siologischer Prozeß zugru nde liegt [1 7 , 20 , 2 1, 22, 33, 40, 41 , 53 , 57, 58 ]. Castill o und Mitarbeiter [1 3] dagegen sehen ganz kl are klinische Unterschi ede. Die Klinik der tödlichen Katatonie entlehnen sie im wesentlichen der Erstbeschre ibung Stauders 1934 [50] . Stauder hatte die tödliche Katato nie als eine Gruppe von Psychosen mit akutem Krankheitsausbruch, kurzem Verlauf, gleicharti ger Sympto matologie und tödli chem Ausgang beschrieben. Die Sektio nen einschließlich makroskopischer Hirnbefunde hatten ke ine Hinweise für den tödlichen Ausgang ergeben. C harak teri sti sch war , daß nach einem kurzen oder auch fehl enden Prodromalstadium Franzek, Stöber und Beckmann 152 plötzlich eine e lementare motorische Erregung au sbrach. Die Erregung wurde schnell zu einer "stummen Erregung", auf deren Höhepunkt sich die "unheimlichsten Bilder katatoner Erregung" zeigte n. Meist kam es auch zu einer leichten Bewußtseinstrübung. Die Kranken wurden schließlich körperlich hinfällig und lagen in verkrampften Stellungen oder sich hin- und herwälzend , mit verbissenen Zähnen, im Bett. Im Zustand der Erschöpfung bei gle ichzeitig andauernder Erregung trat zumeist bald der Tod ein. Diese schwere und über 3 bis 15 Tage anhaltende psychomotorische Erregung fordern Castillo und Mitarbeiter [1 3] zur Abgrenzung der tödlichen Katatonie gegenüber dem MNS , das stets mit einem schweren extrapyramidal indu zierten Rigor beginne. Seit Einführung der Neurol eptika findet man j edoch so schwer psychomotorisch, über einen längeren Zeitraum erregte Pati enten kaum mehr. Außerdem wurde bereits lange vor Einführung der Neuroleptika auch eine primär starre Form der tödlichen Katatonie beschrieben. Das Krankheitsbild war hier von Beginn an durch Stupor und Rigor charakterisiert, ohne daß vorher Hyperaktivität aufgetreten war [5,42,48,5 1,52]. Nach neueren Übersichtsarbeiten leiden Patienten, die ein akut lebensbedrohlich katatones (Mann und Mitarbeiter 1986 [31): 292 Fäll e) oder malignes neuroleptisches Syndrom (Addoni zio und Mitarbe iter 1987 [1] : 115 Fälle) entwickeln, am häufigsten an Schizophrenie oder affektiven Psychosen. Nemologische Störungen, geistige Behinderung, Drogen- oder Alkoholabusus fanden sich nur bei ca. 12% der tödlichen Katatonien [3 1] und bei 10-15% der MNS Fälle [1 , 12,29,47,49]. Die Prozentangaben für die Diagnose Schizophrenie sind in den Übersichten [1 , 31] mit 44% bzw. 45 % fast identisch. Andererseits wurde in einer prospektiven und repräsentativen Studie über einen Zeitraum von 6 Jahren bei 20 Patienten, die ein MNS entwickelten, nur bei einem Patienten nach den strengen DSM III-Kriterien die Diagnose Schizophrenie gestellt [40] . Die übrigen 19 Diagnosen vertei l ten sich auf prognostisch günstige affektive Störungen, kurze reaktive Psychosen, atypische und schizophreniforme Psychosen. Die Autoren warfen die bedeutsame Frage auf, ob es eine affektive Komponente zu dieser Krankheit gebe. Diese Widersprüchlichkeiten veranlaßten uns an einem repräsentativen Krankengut herauszufinden, ob Patienten, die im Rahmen einer Neuroleptikatherapie ein malignes neuroleptisches Syndrom entwicke ln , spezielle kli nische Syndrome oder psychopathologische Besonderheiten zeigen. Zur Diagnostik wurde des halb neben der ICD 9 [59] und ICD 10 [60] auch die differenzierte Klassifikation der endogenen Psychosen nach Leonhard [28] herangezogen. Methode Es wurden die Krankenblätter von 4044 Patienten, di e zwischen 1987 und 1990 an der Psychiatrischen Universi- tätsklinik Würzburg aufgenommen worden waren, retrospektiv durchgesehen. Bei 9 Patienten (6 Männer, 3 Frau en) war der Krankheitsverlauf durch ein MN S kompliziert. Die Diagnose des MNS basierte auf den Kriterien nach Levenson [29] und nach Pope und Mitarbeiter [39]. Alle Patienten entwickelten im Rahmen einer Neuroleptikatherapie Rigor, Hypertherm ie (> 38°) und Erhöhung der CPK. In jede m Fall wurden daraufhin die Neurol eptika abgesetzt. Auf di e weiteren Therapiernaßnahmen wird hi er nicht e igens eingegangen, da hierzu eine große Anzahl von Publikationen existi eren (siehe auch Literatu rverzeichnis) und die therapeutischen Strateg ien beim MNS auch nicht der Zweck der Untersuchung sind. Bei allen Pati enten wurde eine neuroradiologische Diagnostik durchgeführt (Tab. 1). Eine zugrundeliegende neurologische oder internistische Krankheit wurde j eweils ausgeschlossen . 1992 war ein Patient (Nr. 8) bereits verstorben. Alle anderen konnten persönlich nachuntersucht werden. Eine Patientin (Nr. 1) befand sich wieder in stationärer Behandlung. Ein Patient (Nr. 9) wurde zweimal nachuntersucht. F ünf Patienten kamen zur Nachuntersuchung in die Klinik (Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 9). Zwei Patienten (Nr. 6 und Nr. 7) wurden zuhau se aufgesucht. Anhand der persönlichen Untersuchung und den Aufzeichnungen der Krankengeschichte wurde bei jedem Patienten neben der Diagnose nach ICD 9/ICD 10 auch eine Diagnose nach der Leonhard-Klassifikation gestellt. Bei jedem Pati enten wird an hand eine r kurzen Kasui stik der diag nosti sche Prozeß nachvollziehbar gemacht. Malignes neuroleptisches und akut lebensbedrohlich katatones Syndrom Tab. I Neuroradiologi sc he Befunde der Patienten. Patientlin Nr. I Geburtsj ahr 1935 Zy kloide Psyc hose Ventr. -asymm etrie r > I Cav um veli interpositi Leichte bifronta le, äußere Atrophie Nr. 2 1969 o.B. Zyklo ide Psychose Nr. 3 1969 Zyklo ide Psychose Nr.4 leichte bifronta le Atrophie 1937 o.B. 1949 CT: auswärtig o.B. Zykloide Psychose Nr. 5 Zyk loide Psychose MR : im Verl auf des NMS bds. occ ipitalund li. bis hoch parietal flächi ge hyperintense Läsionen der M arkl ager Nr. 6 1936 o.B Zyklo ide Psychose Nr. 7 1946 MDE le ichte fronto-temp. betonte äußere Atrophi e scholli ge Stammgangl. verkalkung bds. Nr. 8 19 12 MDE altersentsprechende äußere Atrophie mit Kasuistiken PatientinNr. 1, geb. 1935: Keine fami li äre Belastung, erste stationäre Behand lung mit 32 Jahren. Krankheitsverlauf: Zunächst vermehrte Reizbarkeit, schimpft dauernd ohne objektive Grundlage, vernachlässigt den Haushalt. Beginnt dann zu toben , redet verworren, antwortet zusammenhang los und bruchstückhaft, äußert Vergiftun gs-, Verfo lgungs ideen und schwere Selbstbeschuldigungen. Die Symptomatik bas iert auf schwerer Angst. Erhebli che psychomotorische Unruhe. Nach einem Monat Vollremi ss ion . In der Folgezeit 7 ähnliche Krankheitsphasen mit wechselnden Stimmungs lagen, optischen, akustischen und hapti schen Halluzinationen sow ie zumeist angstgetönter psychomotorischer Erregung . Immer vollständige Remission. 1990 erneute Phase. Zunächst maniforme Stiml11ungsauslenkung, dann agitiert depress ives Z ustandsbild mit Angstideen. Im Verlauf dann zunehmender Stupor. Unter Neurol eptika keine Auflockerung, sondern Auftreten von Rigor, Hyperthermie, Tachykardi e, RR-Ansti eg und Ansti eg der CPK. Nach Abklingen dieses Zustandes steht zunächst noch ein ängstlich agitierter Affekt bei Weltuntergangsbefürchtun gen im Vordergrund , schli eßlich erneut VoIlremission . Nachunters uch ung 1992: Leicht gehobene Stimmung, spi elerische Größenideen, gesteigerter Redefluß , CT/MR-Befunde Betonung Inse lregion r. Nr. 9 Zy kloide Psychose 1963 leichte bifrontale äußere Atrophi e dabei noch freundlich zugewandt. Besprechung: Bipolarer Krankheitsverlauf. In den akuten Krankheitsepisoden oft rascher Wechsel zwischen Euphorie und Angst, dabei überwiegt der Angstpol mit schweren Angstideen und aus der Angst ableitbaren Stimmen, optischen und auch haptischen Halluzinationen. Häufig erhebliche psychomotorische Erregung oder Erstarrung mit angsterfü llter Mimik. Bei der Nachuntersuchung beg innende Exazerbation mit einem noch rein m aniformen Zustandsbi ld. Diagnosen: ICD 9: schizoaffektive Psychose 295,7; ICD 10: schizoaffek tive Psychose F 25; Leonhard: zyklo ide Psychose (Angst-Glücks-Psychose mit Überwiegen des Angstpols). Patient Nr. 2, geb. 1969: Keine familiäre Belastung, stationäre Aufnahme mit 20 Jahren. Krankheitsverlauf: Spricht plötzli ch davon , daß ihm "Sachen von früher eingegeben werden" , läuft entweder agitiert herum oder sitzt vor sich hin sinnierend da. Bei der Aufnahme maniform 153 ausgelenkt, psychomotorisch stark erregt. In der Folgezeit zunächst ein Wechsel zw ischen akinetisch stuporösem und hyperkinetisch erregtem Verhalten. Unter Neuroleptika keine Erregungen mehr, dafür zunehmende Bewegungsarmut, schließlich Akinese. Im weiteren Verl auf Auftreten von Rigor, Hyperthermie, vegetativer Dysregu lation und Erhöhung der CPK. Psychisch jetzt verwirrt, verkennt Situation und Personen, zeigt gelegentliche sprachliche Erregungen. Auch nach vegetativer Stabilisierung und Normalisierung der Körperte mperatur bl ei ben Hypokinese, Ratlosigkeit und Situationsverkennung noch einige Zeit bestehen. Entlass ung in vollremittiertem Zustand . Nachunters uchung 1992: Psychisch stabil, berufstätig und sozial voll integriert, vollständige Krankhei tseinsi cht. Besprechung: Bipolarer Krankheitsverlauf. Wechselnde quantitati ve Störungen der Psychomotorik zwischen Hyperkinesen und stuporösen, akinetischen Zuständen. Bereits vor Auftreten des MNS ausgeprägt akinetisches Zustandsbild. Ratlosigkeit und Personenverkennungen finden sich nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem MNS . Diagnosen: ICD 9: katatone Schi zophrenie 295,2; ICD 10: akute schi zophreniforme psychotische Störung F 23,2; Leonhard: zykloide Psychose (akinetisch-hyperkinetische Moti Ii tätspsychose). Patient Nr. 3, geb. 1969: Keine fami liäre Belastung, erste stationäre Behandlung mit 2 1 Jahren. Krankheitsverlauf: Stationäre Aufnahme wegen Angst, Verfolgungs- und Vergiftungsideen. Es finden sich psychomotorische Verlangsamung, Konzentrationsstörung und Ratlosigkeit. Besserung der Produktivsymptomatik unter Neuroleptika, jedoch zunehmende Bewegungsverarmung bis zum akineti schen Stupor. Schließlich Auftreten von Rigor, Hyperthermie, Tachykard ie, Erhöhung der CPK. Nach Abklingen der somatischen Sy mptome zunächst immer wieder Auftreten ängstl icher Verw irrtheit. SchI ießIich Voliremi ssion. Ein Jahr später erneute kurze psychoti sche Episode mit Wechsel zwischen Angst und Euphorie, Logorrhoe und psychomotorischer Unruhe. Nachuntersuchung 1992: Psychisch stabil , berufstätig, sozial integriert, vollständi ge Krankheitseinsicht. Besprechung: bipolarer Krankheitsverlauf. Pathologische Affektschwankungen mit Überwiegen des Angs tpols bestimmen die Krankhe itsphasen. Es treten Vergiftungs-, Beziehungs-, Verfolgungsideen und kurzzeitig auch Verw irrtheitssymptome auf. Daneben aus der Angst ableitbare starke psychomotori sche UnJ uhe. Bei der Nachuntersuchung vollständig remittiert. Diagnosen: ICD 9 : akute undifferenzierte Schi zophrenie 295,8; ICD 10: akute schizophreniforme psychoti sche Störung F 23,2; Leonhard: zyk loide Psychose (Angst-G lücks-Psychose mit überwiegendem Angstpol). Patient Nr. 4, geb. 1937: Keine familiäre Belastung, erste stationäre Behand lung mit 17 Jahren. Krankheitsverlauf: W ährend der Berufsausbildung zweimal stationär mit der Diagnose "paranoid-hall uzin atorische Psychose". Kann di e Ausbildung trotzdem erfolgreich absch li eßen, heiratet. Mit 36 Jahren erneute Krankheitsepisode. Tötet in 154 einem schweren, angsterfüllten Erregungszu stand, in völli ger Situ ationsverkennung und unter Einfluß von S innestäuschungen und Wahnvorstellungen seinen dreij ährigen Sohn. Baut sich nach mehtj ährigem Krankenhausaufenthalt eine neue berufliche Existenz auf. Mit 49 Jahren erneute stati onäre Behandlung. 1st körperlich erstarrt, spricht nichts, zeigt e ine angstvoll e Mi ene. Unter Neuroleptika Zunahme von Angst und Erstarrung und Auftreten von Rigor, Hyperthermi e, Anstieg der CPK. Nach Abklingen der somatischen Sympto me noch mehrmals Episoden mit starker Angst, Wechsel von unruhigem Bewegungsdrang und hypokineti schem ängstlich-muti stische m Verhalten. Entlass ung in Vo llremi ssion. Mit 56 Jahren erneute Episode mit Angst, Stupor und Gedankenkreisen. Nachuntersuchun g 1992: Psychi sch ges und, berufs tätig, sozial integriert. Besprechung: Vielgestalti ge phasische Psychose mit dem Kernsympto m der psychoti schen Angst auf die sowohl die paranoid-halluzinatorischen Symptome als auch die psychomotorischen Phänomene der Erregung und Erstarrung zurückzuführen sind. Bei der Nachuntersuchung in Vo llremiss ion. Di ag nosen: ICD 9: katatone Schizophrenie; ICD 10: akute polymorphe psychotische Störun g mit Symptomen der Schi zophrenie F 23, 1; Leonhard : zykloide Psychose (Angs tpsychose). Patientin Nr. 5, geb. 1949: Keine famili äre Belastung, erste stationäre Behandlung mit 24 ] ahren. Krankhei tsverlauf: Verri chtet plötzlich unsinnige Arbeiten, sieht vi ele Tote, verwechselt Personen. Lebhaftes Ausdrucksgebaren, lacht oft unmotiviert, erscheint dann wieder ratlos und gibt abwegige Antworten. Nach kurzer Behandlung VolIremission. Bis 1990 treten 5 weitere Krankheitsepisoden auf, immer mit Vollremi ssion. Di e Symptomatik ist vi elgestalti g und wechselnd . Es find en sich übersteigerte Ausdrucksmotorik, psychomotorische Erregung einerseits mit Rededrang, dann wieder mi t nur spärlicher Sprachproduktion, zusammenhangloses, fre i assozi iertes Denken, gehobene Stimmung mit häufigem übertriebenem und unmotiviertem Lachen. 1990 wird sie hypokinetisch und stuporös. Unter Neuroleptika Auftreten von Rigor, Hyperthermie, Hypertoni e, Tachykardie, Erhöhung der CPK. Eine schwere Bewußtsein sstörung kommt hinzu . Neuroradio logisch besteht der Verdac ht auf toxische Marklagerschädigung [3] . Unter Intensivbehandlung Abklin gen der somati schen Symptome und psychische Stabili sierung. Nachfolgend 2 weitere Krankheitsepi soden mit antriebs- und gestenre ichem VerhaLten, ratl oser oder läppischer Zuwendung, abwechselnd mit psycho motori scher Verlangsamun g und Antriebslosigkeit. Jeweils Vollremi ss ion. Nachuntersuchung 1992: Psychisch gesund , versorgt ihren Hausha lt, sozial integriert, völli ge Krankheitsein sicht. Besprechung: phasenhafter, bipolarer Krankheitsverlauf. Kernsymptom e sind psychomotorische Hyper- und Hypokinesen, läppisches und di stanzloses Verhalten, Rededrang mit Z usammenhanglosigkeit oder spärli che Sprachproduktion mit sinnLosen Äußerungen. Diag nosen: ICD 9: andere affektive Psychose 296,8; ICD 10: akute polymorphe psychoti- Franzek, Stöber und Beckmann sche Störung ohne Symptome der Schi zophrenie F 23,0; Leonhard: zykloide Psychose (hyperkinetisch-akinetische Moti litätspsychose). Patientin Nr. 6, geb. 1936: Mutter des Vaters war alkoholkrank, erste stationäre Behandlung mit 44 Jahren. Krankheitsverl auf: Aufnahme wegen Verfolgungs- und Vergiftungsängsten. Zunächst ratlos verwirrt, dann schwerer Stupor, kurze Zeit später "manischer" Redef1 uß. Wi eder etwas später wortkarg, psychomotorisch starr, antwortet inadäquat. Nach 2 Monaten sy nton, warmherzig und charmant. Bis 1987 treten we itere 5 Krankheitsphasen auf. Jedes mal Vollremission . Die Symptomatik ist vi elgesta lti g. Es finden sich im Wechsel psychomotorische Erstarrung oder Erregung, Apathie, dann wieder heitere und strahl ende Mimik, Logorrhoe oder Mutismus, zerfahrene Antworten, affektbetonte äußere und innere Stimmen, Verfolgungs- und Verg if tungsängste. 1987 erneute Aufnahme in stuporösem Zu stand . Unter Neuroleptika Auftreten von Rigor, Hyperthermie, vegetativer Entglei sung, Anstieg der CPK. Nach Abklingen der somatischen Symptome auch psychische Vollremission. Im fo lgenden noch zwei weitere Krankheitsepisoden . Nac huntersuchung 1992: Ist psychisch un auffällig, hat aber schwere tardive Dyskinesien im Rumptbereich. Berentet, lebt sozial gut integriert. Besprechung : phas ischer und bipolarer Krankheitsverl auf geprägt durch qu antitative psychomotorische Störungen. Immer wieder treten auch ängstliche Beziehungs- und Verfolgungsideen sowie Hallu zinationen auf. Diag nosen: ICD 9: katatone Schi zophrenie 295 ,2; ICD 10: katatone Schizophrenie F 20,2; Leonhard : zy kloide Psychose (akineti schhyperkinetische Motil itätspsychose). Patient Nr. 7, geb. 1949: Keine famil iäre Belastung, erste stationäre Behandlung mit 4L Jahren. Krankheitsverlauf: Vor der ersten stationären Behandlung immer wi eder periodische Stimmungsschwankungen mit depress ivem oder gereizt aufbrausende m Affekt, daneben phasen weise schwerer Alkoholabu sus. Stati onäre Aufnahme wegen depress iven Rückzugs und Nahrungsverweigerung. Bereits ambulant wurden Neuroleptika verabreicht. Bei der Aufnahme liegt bereits ein schweres Parkinsono id mit Rigor vor. Kurzfristig ist er gesprächi g, lu stig und berichtet, sich nicht wohl gefühlt zu haben. Dann kommt es zur Verstärkung des Rigors. Hyperthermie, Tachykardie, RR-Anstieg und CPK-Erhöhung treten hinzu. Nach Abklingen dieser Sympto me wechselnder Verlauf mit depressiv mutistischen oder mürrisch gereizten Zuständen. Zuletzt ausgesprochen guter Stimmung, unterhält teilweise die ganze Station . Nachuntersuchung 1992: Ist wortkarg, gibt aber freundli che Antworten. Erscheint subdepressiv, ist aber nach Auskunft der Mutter wieder wie vor der Krankheit. Besprechung: Der stationären Behandlung gehen häufige Stimmungswechsel mit Überwiegen des depressiven Affektes voraus. Es besteht ein langjähriger ALkoholabusus. Im Krankenhaus ebenfalls bipolarer Stimmungswechsel. In der Depress ion finden sich Denkhemmung und auch psychomotorische Hemmung. Zwischendurch bietet er ein Malignes neuroleptisches und akuliebensbedrohlich katalones Syndrom Mischbild mit Ag itiertheit und mürrischer Gereizthe it. Diagnosen: ICD 9: mani sch-depress ive Psychose 296,5; ICD 10: bipolare affekti ve Störung F 3 1; Leonhard : manisch-depress ive Erkrankun g. Patient NI'. 8, geb. 1912: Eine Tante väterlicherseits "war psychisch nicht ganz in Ordnung". Der Vater "habe es mit den Nerven gehabt" . Erste stationäre Behandlung mit 56 Jahren. Krankhei tsverl auf: Seit langem besteht e in phasenweiser erhebli cher Alkoholabusus. Stationäre Aufnahme, weil er den Verkehr auf einer Straße regel t, firmeneigene Fahrzeuge verkaufen will und Arbeitskollegen "ausstellt". Bei Aufnahme gehobener Stimmung, ideenflüchtig, psychomotori sch agitiert, bei Widerspruch schwer gereizt. Nach einem Monat Remiss io n. 10 Jahre später ern eut stationär behandlungsbedürftige gere izt-manische Krankheitsphase. Vollre miss ion. Wi eder 10 Jahre später 3. klini sch re levante Krankheitsph ase. Unter Neuroleptika trete n j etzt Akinese, Ri gor, Hyperthermi e, Tachykm'di e, RR-An sti eg und CPK-Erhöhung auf. Protrahierter Verlauf mit lange hirnorganisch gefärbtem Zustandsbild. Nach Abklingen der somatischen Sympto me und psychisch weitgehender Stabilisierung Verl egung in e in Altersheim . Zum Zeitpunkt der Nachun tersuchung bere its verstorben. Besprechung: Es treten im Abstand vo njeweil s 10 Jahre n 3 stati o när behandlungs bedü rftige Phasen e iner gereizten Mani e auf. Ana mn estisch werden auch depress ive Phasen berichtet. Hin zu kommt ein langjähriger Alkoholabu sus. Diagnosen: IC D 9: manisch-depress ive Psychose 296,2; ICD 10: bipolm' affektive Störung F 3 1; Leonhard : mani sch-depress ive Erkrankung. Patient NI'. 9, geb. 1963: Keine fa miliäre Belastung, erkrankt erstmals mit 27 Jahren. Krankheitsverl auf: Di e Psychose beginnt mit Angstzu ständen, Verfol gungs- und Beziehungsideen. Er fühlt sich beobachtet, zieht sich zurück, hat Versündig ungs ideen und betet stundenlang. Im Arztges präch klagt er über ungeordnete innere Stimmen, Gedankeneingebung und eigenmtige Mißempfindungen im Gehirn wie "Wegble iben des Blutflusses " oder "unangenehmes Blubbern" . Es besteht eine ausgeprägte psychomotori sche Unruhe. Unter Neuroleptika zuerst Frühdyskines ien, dann Rigor, Hyperthermie und Erhöhung der CPK. Nach Abklingen dieser Symptome zunächst auch psychisch ruhi g und stabil . Dann wieder zunehmend ängstli ch und psychomotori sch unruhi g. Protrahierter Verl auf mit Mißempfindungen und Entfremdungserscheinungen. Nachuntersuchung 1992: Freundlich, zugewandt, vollständige Krankhe itseins icht. Fühl t sich immer noch ni cht ganz gesund, ist aber berufstätig und sozia l integriert. Nachuntersuchung 1993: Vo llremi ss ion. Besprechung: Vielgestaltige Krankheitsepisode mit abn ormen Mißempfindungen, inneren Stimmen, Verfo lgungswahn, Beziehungs-, Bedeutungsideen und Ichstörungen. Alle Symptome gehen mit großer Ängstlichkeiteinher. Der Verl auf ist protrahiert und wird zul etzt von verschiedenen depress iven Sympto men wie Gefühl der Gefühllos igkeit, Insuffizienzgefühl en und schmerzhaft wahrgenommene m Interessenverlust gepräg t. 155 Bei der ersten Nachuntersuchung nur teilremitti ert. Ein halbes Jahr später Vollremiss ion . Diagnosen: ICD 9: coenästheti sche Schizophrenie 295 ,8; ICD 10: schizoaffektive Psychose F 25; Leonhm'd: zykloide Psychose (Protrahierte Angstpsychose) . Diskussion Neun Pati enten nut endogener Psychose, die an der psychiatrischen Universitätsklinik Würzburg zwischen 1987 und 1990 ein mali gnes neuroleptisches Syndrom nach den Kriterien von Levenson [29] und Pope und Mitarbeiter [39] entwicke lt hatten, wurden nachuntersucht. Unter Berücksichti g ung des gesamten Krankheitsverlaufes wurden Diagnosen nach ICD 9 [59], ICD 10 [60] und nach der Leonhard-Klassifikatio n [28] gestellt. Eine diagnostische Uberein stimmung ergab sich nur bei 2 Patienten. Diese Pati enten litten an einer manisch-depressiven Erkrankung und waren zu sätzli ch alkoholkrank. Als weiteres Zeichen einer hirnorganischen Vorschädigung wies einer dieser Pati enten eine beidseitige Stammgang lienverkalkung auf. Der prozentuale Anteil von Pati enten mit hirnorganischer Komponente (Tab. 1) in unserem Kollektiv entspricht damit in etwa den Angaben in der Literatur [38]. Insgesamt ergaben sich innerha lb der 3 Kl ass ifikationen erhebliche Unterschiede in den Diagnosen (Tab. 2). Nach ICD 9 lag in 5 vo n 9 Fällen eine Schizophrenie vor. Dies entspri cht in etwa der in Übersichten angegebenen Schizophreni ehäufig ke it beim MNS [1 , 38]. Nach den engeren Schizophreniekriterien der ICD 10 traf nur noch einmal die Diagnose einer Schi zophrenie zu. Am häufigsten wm' hier die Diagnose "akute vorübergehende psychotische Störung" (4 vo n 9 Fällen) . Di es ist eine überraschende Parallele zu den Befunden von Rosebush und Stewart [40], di e bei Anwendung von DSM lU-Kriterien unter 20 Patienten nur einma l di e Diagnose e iner Schi zophrenie gestellt hatten. Unser polydiagnostisches Vorgehen zeigt somit, daß es verschi edene diagnostische Auffass ungen sind und nicht unterschiedliche Patie ntenkollektive, die für die gravierenden Unterschiede in de n Di agnosen verantwottlich sind . Es zeigt auch, daß unser Patienten kollektiv repräsentativ ist. Wurden di e Patienten j etzLnach der LeonhardKlass ifikati on diagnostiziert, fehlten schizophrene Psychosen ganz. Neben den zwei mani sch-depressiven Erkrankungen fanden sich nu r noch zykloide Psychosen. Die zykloiden Psychosen werden von der Wernicke- Kleist-Leonh m'dschen Forschungsric htung als nosologisch eigenständi ge Krankheitsgruppe e in erseits von der manisch-depress iven Krankl1eit und andererseits vo n den Schi zophrenien abgegrenzt. Das Kon zept der zykl oiden Psychosen wurde inzwischen mehrfach bestätigt [4, 10, 37] und in etwas mod ifizietter Form in der ICD LO [60] unter der Kategori e "vorübergehende akute psychotische Störungen" berücksichti gt. Leonhards Konzept der zykLoiden Psychosen ist j edoch weiter gefaßt und in sbesondere nicht Fran zek, Stöber und Beckmann 156 Pal. -N r. ICD 9 einer Reihe von Untersuchungen wird von einer dra mati schen Verschlimmerung der Symptomatik bei fortgeschrittenen Stadien der lebensbedrohlichen Katatonie durch Neurol eptika berichtet [8, 11 , 2 1, 30, 58J. Eine Stud ie r4) berichtet vom Tod aller Patienten, di e zur Therapie der bedrohlichen Katatonie ausschließlich Neuroleptika erhielten, während zumindest die Hälfte der Patienten über[5] lebten, die zusätzlich zur Neuroleptikatherapie mit EKT behandelt wurden [43]. Sass sprach deshalb auch von 1'61 pm'adox erscheinenden gegensätzlichen Folgen der Neuroleptika beim "katatonen Dilemma". Neuroleptika würden 17] hier weniger eine antipsychotische Wirkung besitzen als vielmehr eine perniziös-katatone Entglei sung fördern [41 J. Nach all en bisherigen Überl egungen könnte di es bedeuten, I. 8] daß Neuroleptika zur Therapie des akut lebensbedrohlich katatonen Syndroms nicht nur generell ungeeignet [31] , r9] sondern sogm', wie beim MNS , kontraindiziert sind. Zusammenfassend sprechen gewichtige Punkte da1'1 0) für, daß dem maligl;en neuroleptischen und akut lebensbedrohlich katatonen" Syndrom nicht nur eine gemeinsame Pathophysiologie zugrunde liegt, sondern daß beide Syn111] drome in vielen Fällen, besonders wenn sie bei zykloiden Psychosen auftreten, ein identisches Krankheitsbild dmstell en. Diese Punkte sind: Leonhard ICD 10 Schi zoaffekti ve Psyc hose Sc hi zoaffekti ve Psyc hose Zy kl oide Psyc hose N I". 2 Katalone Schi zop hreni e Akut schi zophren if. psychol. Störun g Zy kloide Psyc hose N I". 3 Ak ut e un di fferenz. Schizophreni e Ak ut sc hi zophrenif. psyc hot. Störun g Zy kloide Psyc hose N I". 4 Katatone Schizop hreni e Akut polym. psyc hol. Störung mit Zy kloide Psyc hose Nr. I Malignes neuroLeptisches und akut Lebensbedrohlich ka latones Syndrom Sy mptomen der Schizophrenie N I". 5 A ndere affekti ve Psyc hose N I". 6 KatalOne Sc hi zophreni e Katatone Sc hi zop hreni e Zykloide Psyc hose N I". 7 MDE Bipolar af fektive Störung MDE Tab. 2 Nr. 8 MDE Bipolar affek ti ve Störung MDE Diagnosen nach [CD 9, [CD 10 N I". 9 Coenäslheti sche Schi zophreni e Schi zoa lTek ti ve Störung Zy k loide Psyc hose Akut pol ym. psychol. Störung ohne Zy kloide Psyc hose Sy mptome der Schi zophreni e Die versc hi edenen und der L eonhard - Klassifi kati on in einer Gege nüberstellung. auf eine bestimmte Phasendauer (ein Monat in der ICD 10) begrenzt. In ihrer ursprünglichen Fassung finden sich diese Erkrankungen deshalb in der ICD 10 in verschiedenen Kategorien wieder: "F 20 Schizophre ni e", "F 23 akute vorübergehende psychotische Störungen", "F 25 schizoaffekti ve Störungen" und "F 3 1 bipolare affektive Störungen" oder auch "F 28 andere nichtorgani sche psychotische Störungen". In etwa auf di eses Diagnosenspektrum der [CD 10 verteilen sich dann auch unsere 7 Patienten mit zykloider Psychose (Tab. 2). Zykloide P~ychosen haben mit den affektiven Psychosen den gutartigen phaSischen Verlauf gemeinsam, während in der Symptomatologie der Krankheitsepisoden sogenannte "sch izophrene Symptome" häufig sind . Nac h de m klinischen Zustandsbi ld können Angst-Glücks-Psychosen , Verw irrtheitspsychosen und Motilitätspsychosen unterschi eden werden . Psychomotorische Auffälligkeiten kommen oft vor. Bei der Angst-G lücks-Psychose und der Verwirrtheitspsychose gehen psychomotorische Phänom~ne, wie starke Getri.ebenheit und Unruhe oder a llgemell1e Erstarrung, zumeIst auf die hier vorherrschenden heftigen Affektschwankungen zurück. Bei der Motilitätspsychose ist die krankhafte Vermehrung oder Verminderung von Ausdrucks- und Reaktivbewegungen das zentrale Symptom. Zykloide Psychosen mit ausgeprägten psychomotorischen Störungen werden außerhalb der Wernicke- Kl eist-Leonhardschen Klassifikation überwiegend als Katatoni en angesehen [41 J. [n di esem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, ob zw ischen zykloiden Psychosen und dem akut lebensbedrohlich katatonen Sy ndrom ebenfall s eine Beziehung besteht. Bereits 1904 stellte Weber [52J fest, daß es sich in den "reinsten Fäll en vo n akut tödl ich verlaufenden Psychosen um das Bild der akinetischen Motilitätspsychose im Sinne von Wernicke handelt". Neele [34J fand über einen Beobachtungszeitraum von 3 l alu'en unter 13 Patientinnen mit "bedrohlicher Hyperkinese" (ihr Synonym für tödliche Katatonie) 12 zykloide Psychosen und nur I Schizophrenie. Nac h Pauleikhoff [35J handelt es sich bei der tödlichen Katatonie "um ein e extre me Form der episodischen Kata- ton ie". Klinik und Prognose der "episodi schen Katatonie" Paule ikhoffs sind dabei vö lli g identi sch mit der der zy kloiden Psychosen. Zusammengefaßt bedeutet dies : - di e Komplikation des MNS erleiden vor all em Patienten mit e iner zykloiden Psychose, - nach der älteren Literatur waren es ebenfalls vor allem Patienten mit zykloider Psyc hose, di e ein akut lebensbedrohlich katatones Syndrom erlitten. Dies wirft die Frage auf, ob nic ht in vielen Fällen das maligne neuroleptische Syndrom und di e "tödliche" Katatonie der älteren Autoren identisch sind . Bereits Peele und von Loetzen [36J hatten 1973 in diese Ri chtung arg umentiert und behauptet, daß viele Todesfäll e, di e vor Einführung der Neuroleptika der tödlichen Katatonie angelas tet worden wären, jetzt als "Phenothiazin-Todesfälle" aufgefaßt würden. Auf die Schwierigkeit der Unterscheidung der beiden Syndrome wurde in der Einleitung schon hingewiesen. Es g ibt weder klinische noch laborchemi sche Parameter, die eine s ichere Differenzierung erlauben [19]. Häufig wird der Ri gor als wichtiges Symptom zur Abgrenzung des MNS von der Katatonie herangezogen, da sich bei der Katatonie normal erweise ke in Ri gor findet [1 3]. Der extrapyramidale Ri gor ist j edoch genere ll eine spezifische Nebenwirkung von Neurol eptika und es gibt heute kaum mehr akut psychoti sche Pati ente n, die nicht mit Neuroleptika behandelt werden . Li egt also ein Rigor vor, kann es sich auch um eine Katatonie handeln, die durch ein neuroleptisch induz iertes Pm'kinsonoid überlagert ist [25]. Die Bedeutung, die de m Rigor in der Differentialdiagnose zwischen lebensbedrohli cher Katatonie und MNS beigemessen wird, ist deshalb nicht gerechtfertigt. Bei der T herapie der Syndrome wird e mpfo hlen, die Neuroleptika bei der lebensbedrohli chen Katatonie fortzuführen [22J, während Neuroleptika beim MNS sofort abgesetzt werden müssen. Es gibt jedoch kaum überzeugend e Berichte, die eine Wirksamkeit der Neuroleptika in der Behandlung der lebensbedrohli chen Katatonie belegen. Di e meisten Autoren berichten von der völligen Ineffektivität der Neurol eptika beim voll ausgeprägten Syndrom [14,22, 3 l , 43 , 46, 51J und in es sind vor a ll em Patienten mit einer zykloiden Psychose, die ein malignes neurol eptisches Syndrom erleiden, die "tödliche Katatonie" der älteren Autoren ist vor allem als eine del etäre VerIaufsform von zykloiden Psychosen aufzufassen, eine genaue klinische Differenzierung der Syndrome ist nicht sicher möglich, Neuroleptika erweisen sich in der Behandlung des akut lebensbedrohlich katatonen Syndroms oft nicht nur als unwirksam, sondern verschlimmern häufi g sogm' das voll ausgeprägte Krankheitsgeschehen. 157 Beckll/allll : MRI w hite maller hy perintensity in neuro lept ic mali gnant sy nd rome (N M S) - a clue to path ogenes is? J. Neural. Transm . (GenSec) 90, 15 1- 159 ( 1992). Beckll1allll H , .I. Frilze, M. Lallczik: Prognostic va lidity oi' the cyc loid psyc hoses. A prospective foll ow- up stud y. 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