Das Zusammenspiel von Calcium, mitochondrialer Energetik und

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Das Zusammenspiel von Calcium, mitochondrialer Energetik
und oxidativem Stress in Herzmuskelzellen
Christoph Maack
Innere Medizin
Leiter Emmy Noether-Nachwuchsgruppe (DFG)
Physiologische Aspekte der elektromechanischen Kopplung und Energetik
Die wichtigste Funktion des Herzens besteht
darin, den Körper mit ausreichend Blut, Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Da der
Bedarf des Körpers an Sauerstoff und Nährstoffen bei wechselnder Belastung ständig
variiert, verfügt das Herz über verschiedene
Mechanismen, die die Schlagkraft schnell
und effizient beeinflussen können. Zu diesen
Mechanismen gehören der Frank-Starling
Mechanismus, die sog. „Bowditch-Treppe“
sowie das sympathische Nervensystem. Beim
Frank-Starling Mechanismus reagiert der
Herzmuskel auf eine zunehmende Vordehnung mit einer Erhöhung der Kontraktionskraft. Dies ermöglicht es ihm, bei einer vermehrten Füllung des Herzens das höhere
Blutvolumen wieder auszuwerfen. Der FrankStarling Mechanismus geht auf Sensibilisierungsprozesse im Bereich des kontraktilen
Apparats (der sog. Myofilamente) zurück. Die
„Bowditch-Treppe“ bezeichnet die Fähigkeit
des Herzmuskels, auf eine Erhöhung der Sti-
mulationsfrequenz mit einem Anstieg der
Kontraktionskraft zu reagieren; dieser Prozess wird durch die bei erhöhter Herzfrequenz bedingte Erhöhung der zellulären Ca2+Konzentrationen eingeleitet. Die Hormone
des sympathischen Nervensystems sind
Adrenalin und Noradrenalin. Letzteres wird
direkt im Herzmuskel freigesetzt und bewirkt
über die Stimulation von β-adrenergen Rezeptoren die Zunahme der Kontraktionskraft
und der Herzfrequenz. Bei der Bowditch-Treppe und der sympathischen Aktivierung
kommt es zu einer Zunahme der in der Zelle
zirkulierenden Ca2+-Konzentrationen, und in
allen Fällen zu einer Zunahme des Energiebedarfs bzw. –verbrauchs. Durch die Kombination dieser Mechanismen kann bei körperlicher Belastung das Herzzeitvolumen um
mehr als das fünffache gesteigert werden.
Von fundamentaler Bedeutung für die Pumpleistung des Herzens sind die Prozesse der
elektromechanischen Kopplung (Abb. 1) [1,2].
Während eines Aktionspotenzials kommt es
zur Depolarisation der Zellmembran, was die
Abb. 1: Prozesse der elektromechanischen Kopplung und mitochondrialen Energetik. SR,
sarkoplasmatisches Retikulum; SERCA, SR Ca2+ ATPase; Mito, Mitochondrien; CZ, CitratZyklus; AK, Atmungskette; ∆Ψm, mitochondriales Membranpotential; NCE, mitochondrialer
Na+/Ca2+-Austauscher; NHE, mitochondrialer Na+/H+-Austauscher; NKA, sarcolemmale
Na+/K+-ATPase; NCX, sarcolemmaler Na+/Ca2+-Austauscher; RyR, Ryanodin Rezeptor;
mCU, mitochondrialer Ca2+-Uniporter; INa und ICa, Ströme der spannungsabhängigen Na+bzw. Ca2+-Kanäle.
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Öffnung von Ca2+-Kanälen ermöglicht. Der
Ca2+-Einstrom über die Zellmembran provoziert die Freisetzung noch grösserer Mengen
von Ca2+ aus den Ca2+-Speichern der Zelle,
dem sarkoplasmatischen Retikulum (SR).
Dies erzeugt einen „Ca2+-Transienten“, d.h.,
eine kurzzeitige Erhöhung der cytosolischen
Ca2+-Konzentration von ca. 100 nmol/L auf
Werte im Bereich von 500-800 nmol/L. Das
Ca2+ bindet an die Myofilamente, welche daraufhin eine Kontraktion ausführen. Nach der
Kontraktion diffundiert das Ca2+ von den Myofilamenten wieder ab und wird entweder
zurück ins SR gepumpt oder über den
Na+/Ca2+-Austauscher aus der Zelle hinausbefördert. Der synchronisierte Ablauf der
elektromechanischen Kopplung in allen Zellen des Herzens ermöglicht einen effektiven
Auswurf des Blutes und eine koordinierte Füllung in der Ruhephase des Herzens. Im
menschlichen Herzen läuft dieser Prozess etwa einmal pro Sekunde ab (Herzfrequenz bei
60/min), in Ratten- oder MeerschweinchenHerzmuskelzellen etwa 3-4 mal pro Sekunde
(Herzfrequenz ca. 200-250/min) und in Mauszellen sogar bis zu 10 mal pro Sekunde (Herzfrequenz der Maus bei ca. 600/min).
Während der elektromechanischen Kopplung
werden enorme Mengen an Energie verbraucht. Diese Energie steht in der Zelle in
Form von Adenosin Triphosphat (ATP) zur Verfügung. Während jedes Herzschlages werden
bis zu 2% des in der Zelle verfügbaren ATP
verbraucht. Dies bedeutet, dass bei hoher
Belastung der gesamte ATP-Vorrat in weniger
als einer Minute verbraucht wird und somit
ATP schnell und effektiv regeneriert werden
muss. Dies geschieht in Mitochondrien durch
die Prozesse der „oxidativen Phosphorylierung“. Die wichtigsten Prozesse der oxidativen Phosphorylierung sind in den Abbildungen 1-3 zusammengefasst. Kohlenhydrate
(Glukose) und Fettsäuren werden über Glykolyse und β-Oxidation zu Acetyl-CoA umgewandelt, welches in den Citratzyklus eingeht
(Abb. 1 und 2). Das Hauptprodukt des Ci-
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tratzyklus ist NADH. Dieses gibt je ein Elektron an die mitochondriale Atmungskette ab,
und Redoxreaktionen an den grossen Enzymkomplexen der Atmungskette ermöglichen
die Verschiebung positiv geladener Teilchen
(Protonen, H+) über die innere Mitochondrienmembran in den intermembranären Spalt
(Abb. 3). Hierdurch wird ein Potenzial über der
inneren Mitochondrienmembran aufgebaut,
das „mitochondriale Membranpotenzial“
(∆Ψm » -180 mV). Dieses Potenzial ist die
Treibkraft für den Rückfluss der Protonen
über die F1/F0-ATPase, an welcher ATP aus
ADP hergestellt wird. Die Elektronen reduzieren Sauerstoff (O2) zu Wasser (H2O).
Um den hohen Energiebedarf während der
elektromechanischen Kopplung zu decken,
verfügen Herzmuskelzellen zum einen über
eine grosse Anzahl an Mitochondrien (etwa
35% des Zellvolumens), und zum anderen
über fein abgestimmte Regulationsmechanismen, die die ATP-Herstellung dem ständig variierenden Verbrauch von ATP effektiv anpassen. Die wichtigsten Regulatoren der oxidativen Phosphorylierung sind ADP und Ca2+
(Abb. 3). Bei einer Zunahme des ATP-Verbrauchs der Zelle entsteht ADP. Dieses regt
die mitochondriale F1/F0-ATPase zur Herstellung neuen ATPs an. Hierfür müssen jedoch
Protonen über die innere Mitochondrienmembran zurück in die Matrix fliessen,
wodurch das mitochondriale Membranpotenzial (∆Ψm) verbraucht wird. Um das für die
Energieherstellung jedoch essentielle ∆Ψm
aufrecht zu erhalten, werden nun vermehrt
Elektronen von NADH an die Atmungskette
abgegeben. Dies führt zum Verbrauch von
NADH zu NAD+. Ein Anstieg des Energieverbrauchs der Zelle geht in der Regel mit erhöhten cytosolischen Ca2+-Transienten einher.
Dies führt auch zu einem vermehrten Einstrom von Ca2+ in die Mitochondrien. In der
mitochondrialen Matrix stimuliert Ca2+ drei
Schlüsselenzyme des Citratzyklus (Abb. 2).
Dies beschleunigt die Regeneration des verbrauchten NADH im Citratzyklus. Zusammengenommen gewährleistet die konzertierte
Regulation der oxidativen Phosphorylierung
durch ADP und Ca2+ eine schnelle Verfügbarkeit von Energie in Form von ATP, aber auch die
fein abgestimmte Balancierung der Verhältnisse
von ATP zu ADP und NADH zu NAD+ (Abb. 3).
nicht mehr in der Lage, den Körper mit ausreichend Blut und Nährstoffen zu versorgen.
Dies ist insbesondere auf eine deutlich abgeschwächte Kraftentwicklung des Herzmuskels zurückzuführen. Diese wiederum beruht
auf einer Fehlregulation des zellulären Ca2+Haushalts und der Prozesse der elektromechanischen Kopplung [3,4]. Ein zentrales Defizit ist hierbei eine verringerte Beladung der
zellulären Ca2+-Speicher (also des sarkoplasmatischen Retikulums). Dies hat zur Folge,
dass während jedes Herzschlags geringere
Ca2+-Konzentrationen in der Zelle auftreten,
die wiederum eine verminderte Ca2+-induzierte Kontraktion der Myofilamente be_dingt.
Eine weitere wichtige Veränderung in insuffizienten Herzmuskelzellen ist eine erhöhte
Na+-Konzentration im Cytosol [5] . Die zugrundeliegenden Mechanismen hierfür sind
noch nicht vollständig geklärt, doch wird ein
vermehrter Na+-Einstrom über den Na+/ H+Austauscher bzw. über Na+-Kanäle diskutiert. Während des Aktionspotenzials ermöglicht die erhöhte Na+-Konzentration, dass
der Na+/Ca2+-Austauscher, der normalerweise Ca2+ aus der Zelle hinausbefödert, nun
eher Ca2+ in die Zelle im Austausch gegen
Na+ einschleust [6,7]. Dies kompensiert teilweise die verringerte Beladung der zelleigenen Ca2+-Speicher.
Abb. 2: Enzymatische Reaktionen des Citratzyklus und ihre Aktivierung durch Ca2+.
Pathophysiologische Veränderungen bei
der chronischen Herzinsuffizienz
Gestörter Ca2+-Haushalt
Bei der Pumpschwäche des Herzens, der
„chronischen Herzinsuffizienz“, ist das Herz
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Abb. 3: Vereinfachte Darstellung von Citratzyklus, Atmungskette, oxidativer Phosphorylierung und mitochondrialer Ca2+ Homöostase. ∆Ψm, mitochondriales Membranpotential; ATPasen, verschiedenen ATPase im Cytosol, z.B. Na+/K+-ATPase, SR Ca2+-ATPase und Myosin-ATPase; MCU, mitochondrialer Ca2+-Uniporter; mNCE, mitochondrialer
Na+/Ca2+-Austauscher; ANT, Adenin-Nukleo-tid Translokator.
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Energieverarmung des kranken Herzens
Darüber hinaus trägt bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ein energetisches
Defizit zur Pumpschwäche bei (sog. „Energieverarmungs“-Hypothese [8]). Bei Patienten
mit Herzinsuffizienz sind die Konzentrationen von ATP und Phosphokreatin (PCr), einem weiteren wichtigen Energieträger im
Herzmuskel, reduziert [9]. Das Verhältnis von
PCr/ATP korreliert hierbei mit einer erhöhten
Sterblichkeit dieser Patienten [10]. Eine solches Absinken von Energieträgern im Herzmuskel kann (in geringerem Ausmaß) bereits
in Stadien von Herzerkrankungen (z. B. bei
hohem Blutdruck) auftreten, in denen die
Pumpfunktion des Herzens noch gut erhalten ist. Insofern könnte der Entstehung des
Energiedefizits evtl. eine kausale Rolle bei
der weiteren Entwicklung der Pumpschwäche
zukommen. Es wird vermutet, dass der Abnahme des PCr ein Missverhältnis zwischen
Energiebedarf und –versorgung vorangeht
[8]. Die Ursachen für dieses Missverhältnis
sind jedoch bis heute noch weitgehend unklar.
Oxidativer Stress in Herzmuskelzellen
Eine weitere wichtige Veränderung im insuffizienzen Herzen ist das vermehrte Auftreten
von freien Sauerstoffradikalen (auch reaktive
Sauerstoffspezies, oder „ROS“, genannt). Es
gibt in Herzmuskelzellen verschiedene Quellen für freie Sauerstoffradikale. In früheren
Arbeiten haben wir die Rolle der NADPH-Oxidase für das vermehrte Auftreten von ROS
im Herzmuskelgewebe von Patienten mit
Herzinsuffizienz charakterisiert [11]. Wir beobachteten, dass die Expression und Aktivität einzelner Komponenten der NADPHOxidase (insbesondere des kleinen G-Proteins Rac) mit Zeichen des vermehrten oxidativen Stress in diesem Gewebe assoziiert
war. In anderen Studien wurde beobachtet,
dass in insuffizientem Herzmuskel Mitochondrien eine wichtige Quelle für ROS sind
[12, 13].
Die Bedeutung von freien Sauerstoffradikalen im Herzmuskel ist vielfältig. Zum einen
haben sie einen negativen Einfluss auf die
Prozesse der elektromechanischen Kopplung
und beeinträchtigen so direkt die Kontraktionskraft des Herzmuskels [14]. Auf der anderen Seite dienen sie als Signalmoleküle bei
Umbauprozessen, die bei der Herzinsuffizienz die Erweiterung der Herzhöhlen (Dilatation) und auch die Verschlechterung der Pumpkraft bedingen (sog. kardiales Remodeling;
siehe hierzu auch Beitrag zur Klinischen Forschergruppe KFO 196 durch Laufs et al. in
dieser Ausgabe). Schliesslich spielen ROS
eine wichtige Rolle beim „programmierten
Zelltod“, der sog. „Apoptose“. Bei diesem
Prozess kommt es in Stress-Situationen des
Herzens, z.B. bei einem Herzinfarkt, zu einem
Zusammenbruch des mitochondrialen Membranpotenzials (∆Ψm), was Komponenten
der Atmungskette (insbesondere Cytochrom
c) aus der inneren Mitochondrienmembran
ins Zellinnere freisetzt. Cytochrom c aktiviert
hier Signalketten, die in der Fragmentierung
Abb. 4: A, Retrograde Perfusion eines Meerschweinchen Herzens zum enzymatischen Verdau und Gewinnung von Herzmuskelzellen. B,
isolierte Herzmuskelzellen; C, Epifluoreszenz-Mikroskop mit Patch-Clamp Vorrichtung (rechte Seite) und Photomultiplier-Tube Anordnung
zur Registrierung der Fluoreszenz (am linken Seitenausgang des Mikroskops). D, Schematische Anordnung von Lichtquelle, Filterwechsler,
dichroischen (DC) Spiegeln, Band-Pass (BP) Filtern und Photomultiplier Röhren (PMT).
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der DNA im Zellkern münden und so den
Untergang der Zelle „programmieren“. Ein
wichtiges Ereignis bei diesem Prozess ist die
u.a. durch ROS und Ca2+ hervorgerufene Öffnung eines grossen Kanals in der inneren Mitochondrienmembran, dem sog. „PTP“, der
es Protonen erlaubt, abseits der F1F0-ATPase
die Membran zu passieren [15]. Hierdurch
wird das Membranpotenzial ∆Ψm aufgehoben, und es kann keine Energie (ATP) mehr
gewonnen werden, da die Triebkraft in Form
des Protonengradienten verloren gegangen
ist.
Die hier beschriebenen Veränderungen bei
der chronischen Herzinsuffizienz werden
meist getrennt voneinander beforscht. Das
Ziel unserer durch die DFG finanzierten Emmy Noether-Nachwuchsgruppe ist es, die
kausalen Zusammenhänge zwischen fehlregulierter elektromechanischer Kopplung, mitochondrialer Energetik und oxidativem Stress
zu ergründen. Eine zentrale Rolle der von uns
beforschten Hypothesen kommt hierbei dem
zellulären und mitochondrialen Ca2+- und
Na+-Haushalt zu. Im Folgenden werden zum
einen die Forschungsschwerpunkte, zum anderen die experimentellen Techniken erläutert.
Eigene Forschungsschwerpunkte:
Zusammenhänge zwischen elektromechanischer Kopplung und mitochondrialer
Energetik
Wie oben beschrieben, ist die mitochondriale Ca2+-Aufnahme von besonderer Bedeu-
tung für die Regulation der oxidativen Phosphorylierung. Die Kinetik der mitochondrialen
Ca2+-Aufnahme ist jedoch seit Jahren Gegenstand der Diskussion [2, 16]. Mitochondrien
nehmen Ca2+ aus dem Cytosol über den sog.
„Ca2+-Uniporter“ (MCU) auf, welcher das
negative mitochondriale Membranpotenzial
(∆Ψm) als Treibkraft für den Ca2+-Transport
nutzt (Abb. 3). Der Transport von Ca2+ zurück
ins Cytosol wird durch den mitochondrialen
Na+/Ca2+-Austauscher (mNCE) bewerkstelligt.
In Experimenten an isolierten Mitochondrien
weist der MCU eine relativ geringe Affinität
für Ca2+ auf (KmCa » 10-20 µmol/L). Da in
Herzmuskelzellen die globale Ca2+-Konzentration während der elektromechanischen
Kopplung Spitzen zwischen lediglich 0.5 und
3 µmol/L erreicht, halten einige Autoren eine
rapide mitochondriale Ca2+-Aufnahme für
unwahrscheinlich. Diese Einschätzung wird
durch Experimente an Herzmuskelzellen oder
Trabekeln gestützt, in welchen keine schnellen Oszillationen, sondern eher ein langsamer, kumulativer Anstieg der mitochondrialen Ca2+-Konzentration während cytosolischer Ca2+-Transienten beobachtet wurde
[2,16]. Im Gegensatz dazu wurden in neueren
Studien rapide mitochondriale Ca2+-Transienten beobachtet, die zeitlich dicht den cytosolischen Ca2+-Transienten folgten [2,16].
Um diese kontroverse Frage zu untersuchen,
etablierten wir eine Methode zur Bestimmung cytosolischer und mitochondrialer
Ca2+-Konzentrationen in derselben Zelle [17].
Die Experimente werden an Meerschwein-
chen-Herzmuskelzellen durchgeführt. Diese
werden durch enzymatischen Verdau bei
retrograder Perfusion an einer LangendorffAnlage gewonnen (Abb. 4A und B). Um die
mitochondriale Ca2+-Konzentration zu bestimmen, werden die Herzmuskelzellen mit
einem Ca2+-Farbstoff (rhod-2 AM) behandelt, der über die Zellmembran ins Innere der
Zelle gelangt. Aufgrund seiner positiven
Ladung sammelt sich der Farbstoff mit Vorliebe in den negativ geladenen Mitochondrien,
hinterlässt jedoch meist auch Spuren in der
Zellflüssigkeit (Abb. 5A). Diese könnten jedoch zu Verfälschungen der Messungen der
mitochondrialen Signale führen. Um die cytosolische rhod-2-Kontamination zu beseitigen, jedoch gleichzeitig auch die cytosolische
Ca2+-Konzentration bestimmen zu können,
werden die Zellen mit der patch-clamp Methode weiter verarbeitet. Hierbei nähert man
sich der Zelle mit einer hauchdünnen Glaspipette, die man auf die Oberfläche der Zelle
aufsetzt. Wenn die Pipette eine dichte Verbindung mit der Zellmembran angenommen hat,
wird diese durch einen kleinen Stromstoss
aufgebrochen, und man erhält Zugang ins
Zellinnere. Somit kann sich die Pipettenflüssigkeit in der Zelle ausbreiten. Die Pipettenflüssigkeit enthält einen weiteren Ca2+-Farbstoff (Indo-1) als Salz, welcher nicht in der
Lage ist, Zellmembranen zu passieren. Er verbleibt somit im Cytosol und kann nicht in Mitochondrien eindringen. Auf diese Art und
Weise kann man zwei verschiedene Kompartimente (Cytosol und Mitochondrien) mit
zwei unterschiedlichen Ca2+-Farbstoffen
Abb. 5: A, Schematische Beladung der Zelle mit rhod-2 AM (rot/orange), anschliessend patch-clamp und Einbringen von Indo-1 Salz über
die Patch-Pipette (grün). B, repräsentatives Experiment, in dem durch Depolarisation der Zellmembran von -80 mV nach +10 mV ein einwärtsgerichteter Strom erzeugt wird (A), der als Hauptkomponenten die Ströme der spannungsabhängigen Na+- und Ca2+-Kanäle enthält.
Hierdurch werden cytosolische und mitochondriale Ca2+-Transienten ausgelöst (B).
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(rhod-2 und Indo-1) anfärben, die bei unterschiedlicher Licht-Wellenlänge angeregt werden und Licht in unterschiedlicher Wellenlänge aussenden (Abb. 5). Mit Hilfe eines Epifluoreszenzmikroskops (Abb. 4C) und einer
komplexen Filtertechnik (Abb. 4D) kann man
das Licht der Farbstoffe voneinander trennen
und innerhalb derselben Zelle nun mitochondriale und cytosolische Ca2+-Konzentrationen
messen (Abb. 5B).
Um die Prozesse der elektromechanischen
Kopplung in den Herzmuskelzellen auszulösen, machen wir uns ebenfalls die PatchClamp Methode zu Nutze. In der Pipette befindet sich eine feine Elektrode und eine weitere Elektrode in der Badlösung. Durch Anlegen einer Spannung zwischen beiden Elektroden kann man das Membranpotenzial der
Zelle kontrollieren. Die Membran von Herzmuskelzellen ist im Ruhezustand bei etwa
-70 mV polarisiert. Während des Aktionspotenzials wird das Membranpotenzial durch
Öffnen von Na+- und Ca2+-Kanälen depolarisert. In unseren Experimenten simulieren wir
eine solche Membrandepolarisation, indem
wir die Spannung über der Membran von -80
mV auf +10 mV depolarisieren. Hierdurch
werden die spannungsabhängigen Na+- und
Ca2+-Kanäle in der Zellemembran aktiviert,
und das einströmende Ca2+ triggert (wie weiter oben beschrieben) die Freisetzung noch
grösserer Mengen von Ca2+ aus den Ca2+Speichern, dem SR. In Abbildung 4C ist ein
solcher depolarisierender Strom (bestehend
aus Na+- und Ca2+-Kanal Strömen) sowie die
hierdurch ausgelösten cytosolischen und mitochondrialen Ca2+-Transienten abgebildet.
Der Vorteil dieser Methode gegenüber anderen Techniken ist, dass die Zellmembran bis
auf die kleine Öffnung durch die Patch-Pipette intakt bleibt und somit die Abläufe der
elektromechanischen Kopplung weitgehend
ungehindert ablaufen können.
In unseren Versuchen beobachteten wir,
dass es während cytosolischer Ca2+-Transienten zu rapiden mitochondrialen Ca2+-Transienten kam (Abb. 5B). Diese waren insbesondere nach β-adrenerger Stimulation deutlich
zu erkennen, wiesen jedoch eine unterschiedliche Kinetik gegenüber den cytosolischen Ca2+-Transienten auf. Die mitochondrialen Ca2+-Transienten benötigten etwa
2.5-fach länger für die Abnahme des Transienten. Dies hat zur Folge, dass es bei
Erhöhung der Frequenz oder der Amplitude
der cytosolischen Ca2+-Transienten (z.B.
durch β-adrenerge Stimulation; Abb. 6A) zu
einer Akkumulation von Ca2+ in Mitochondrien kommt (Abb. 6 B). Ein überraschender Befund war, dass der Anstieg und das Maximum des mitochondrialen Ca2+-Transienten
früher als im Cytosol auftrat (Abb. 5B). Ein
Grund hierfür könnte die enge räumliche Beziehung zwischen Mitochondrien und dem
sarkoplasmatischen Retikulum sein, welche
es Mitochondrien erlauben könnte, früher
einen Ca2+-Anstieg zu registrieren als im globalen Cytosol. Dieses Konzept einer „mitochondrialen Ca2+-Mikrodomäne“ wird im Folgenden diskutiert.
Existenz einer mitochondrialen
Ca2+-Mikrodomäne?
Abb. 6: Cytosolische (A) und mitochondriale Ca2+-Konzentrationen (B) sowie
NADH und ∆Ψm in der Abwesenheit und
Gegenwart des β-Adrenozeptor Agonisten Isoprenalin (10 und 100 nmol/L). Die
Depolarisation der Zellmembran erfolgte
von -80 mV nach +10 mV bei einer Frequenz von 3 Hz [17].
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Es ist mittlerweile weithin akzeptiert, dass in
Herzmuskelzellen (und auch in anderen Zelltypen) sog. „Mikrodomänen“ existieren, die
enge Kontaktstellen subzellulärer Kompartimente darstellen. Eine wichtige Mikrodomäne besteht zwischen den (L-Typ) Ca2+-Kanälen in der Zellmembran und und den Ca2+Freisetzungskanälen des sarkoplasmatischen
Retikulums (auch Ryanodin-Rezeptoren genannt; siehe Abb. 1). Zwar kann man die
Ca2+-Konzentrationen in dieser Mikrodomäne kaum direkt messen, doch wird angenommen, dass bereits wenige ms nach Beginn
des Aktionspotenzials der Zelle extrem hohe
Ca2+-Konzentrationen von bis zu ~7 mmol/L
in unmittelbarer Umgebung des RyanodinRezeptors erreicht werden. Dieser kurze Ca2+
Transient wird räumlich und zeitlich durch die
Diffusion von Ca2+ in das Cytosol limitiert.
Dieser Vorgang ist vergleichbar mit einem
Stein, den man in einen stillen See wirft. An
der Stelle, an der der Stein ins Wasser eintaucht, entsteht sofort nach dem Eintauchen
eine relativ hohe Welle, die sich mit der Zeit
kreisförmig ausbreitet, sich mit zunehmendem Radius jedoch kontinuierlich abschwächt. Je näher sich eine Struktur an der
Eintauchstelle des Steins befindet, desto
höher ist die Welle an dieser Struktur, und
desto früher tritt die Welle an ihr auf.
In Herzmuskelzellen befinden sich Mitochondrien in sehr enger Nachbarschaft zu den
Ca2+-Freisetzungskanälen des SR (Abb. 7).
Die Abbildung zeigt, dass das SR die Mitochondrien geradezu ummantelt. Die Entfernung zwischen Mitochondrien und dem SR
wurde in einer Arbeit auf 37-270 nm bemessen [18]. In einer anderen Arbeit wurde abgeschätzt, dass Mitochondrien Ca2+-Konzentrationen von etwa 10-30 µmol/L ausgesetzt
sind, also deutlich über den im globalen Cytosol beobachteten Konzentrationen (0.5-3
µmol/L) [19]. Dieses Konzept einer „mitochondrialen Ca2+-Mikrodomäne“ ist in anderen (nicht-kardialen) Zelltypen schon weithin
akzeptiert (sog. „Hotspot-Hypothese“ [20])
und könnten erklären, warum es in Herzmuskelzellen trotz der relativ geringen Afifnität
des MCU für Ca2+ zu rapiden mitochondrialen
Ca2+-Transienten kommen könnte.
Eine mögliche Ursache für das energetische Defizit bei Herzinsuffizienz
Bei der chronischen Herzinsuffizienz kommt
es zu einem Anstieg der zytosolischen Na+Konzentration [Na+]i, was während des Aktionspotenzials einen vermehrten Ca2+-Einstrom über den sarkolemmalen Na+/Ca2+Austauscher ermöglicht [5, 6]. Da dies in
insuffizientem Myokard die reduzierte Freisetzung von Ca2+ aus dem SR teilweise kompensiert, könnte die erhöhte [Na+]i in diesem
Zusammenhang als vorteilhaft angesehen
werden. Hinsichtlich der mitochondrialen
Energetik ist jedoch eine erhöhte [Na+]i möglicherweise ungünstig, da der Export von
Ca2+ aus den Mitochondrien über den mitochondrialen Na+/Ca2+-Austauscher (mNCE)
erfolgt, und die mitochondriale Ca2+-Konzen-
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tration über eine Stimulation der CitratzyklusDehydrogenasen die oxidative Phosphorylierung reguliert (Abb. 1-3). Um dies zu testen,
haben wir die Na+-Konzentration in der Pipettenlösung (und somit im Zellinnern) von 5
auf 15 mmol/L erhöht. Wir beobachteten,
dass hierdurch zwar die cytosolischen Ca2+Transienten leicht zunahmen, die mitochondriale Ca2+-Akkumulation jedoch abnahm
(Abb. 6 A und B). Neben Ca2+ können auch
verschiedene andere Parameter in Herzmuskelzellen durch Fluoreszenzfarbstoffe und
zum Teil sogar durch Autofluoreszenz gemessen werden. NADH wird beispielsweise durch
seine Autofluoreszenz quantifiziert. Das mitochondriale Membranpotenzial (∆Ψm) wird
durch den Farbstoff TMRM dargestellt. In den
Abbildungen 6C und D sind NADH und ∆Ψm
in Zellen dargestellt, die bei einer Frequenz
von 180/min in der Gegenwart des β-Adrenozeptor Agonisten Isoprenalin stimuliert
wurden. Man erkennt, dass es in Zellen mit
erhöhter [Na+]i bei einer Zunahme der cytosolischen Ca2+-Transienten (und somit der
zellulären Arbeit) zu einer Oxidation (also
Abnahme) von NADH kam. Diese NADH-Oxidation könnte bei Erkrankungen, die mit
einer erhöhten cytosolischen Na+-Konzentration assoziiert sind (z.B. chronische Herzinsuffizienz, aber auch bereits bei arterieller
Hypertonie oder nach einem Herzinfarkt) zu
einem Missverhältnis von Energiebedarf und
-versorgung führen, da NADH den wichtigsten Elektronenlieferant für die Atmungskette darstellt. Dies könnte sich wiederum
ungünstig auf die kardiale Kontraktilität auswirken.
Ausblick: Bedeutung pathophysiologischer
Veränderungen der elektromechanischen
Kopplung für oxidatven Stress
Eine interessante mögliche Verbindung besteht zwischen NADH und oxidativem Stress.
Bereits unter physiologischen Bedingungen
entstehen an der mitochondrialen Atmungskette freie Sauerstoffradikale (etwa 1-3%
des verbrauchten O2). Diese werden in der
mitochondrialen Matrix durch die SuperoxidDismutase zu H2O2 umgewandelt. H2O2 wird
durch die Glutathion-Peroxidase (GPX) zu H2O
entgiftet. Hierfür benötigt die GPX jedoch
Elektronen, die ihr letztendlich durch NADPH
(über Glutathion) zur Verfügung gestellt werden. Der mitochondriale NADPH-Pool steht
mit dem NADH-Pool in einem Gleichgewicht.
Somit ist NADH als Hauptprodukt des
Citratzyklus auch eine wichtige Vorstufe für
antioxidative Abwehrmechanismen. Unsere
gegenwärtigen und zukünftigen Arbeiten im
Rahmen des Emmy Noether-Programms sol-
30
Abb. 7: Quer angeschnittener Kardiomyozyt im elektronenmikroskopischen Bild. M, Mitochondrien; SR, sarkoplasmatisches Retikulum [21].
len klären, ob es bei chronischer Herzinsuffizienz durch die Veränderungen der elektromechanischen Kopplung über diesen Weg zu
oxidativem Stress kommen kann.
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Christoph MAACK leitet seit 03/2006 eine selbständige Nachwuchsgruppe im Emmy Noether-Programm der DFG an der Klinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg/Saar. Nach dem Studium an der Universität zu
Köln promovierte er dort - betreut von Prof. Michael Böhm - 2000
zum Thema “Intrinsische Aktivität und antioxidative Eigenschaften von b-Adrenozeptor-Antagonisten an menschlichem Herzmuskelgewebe”. Im Anschluss an sein Studium war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Innere Medizin III der
Universität zu Köln (Prof. Erland Erdmann), von 2000-2002 Assistenzarzt an der Klinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg/Saar (Prof. Michael Böhm).
2002-2005 Postdoc-Aufenthalt im Dept. of Cardiology (bei Brian O’Rourke, PhD) an der
Johns Hopkins University in Baltimore, MD, USA. Seit 5/2005 erneut Assistenzarzt und Wissenschaftler am Universitätsklinikum in Homburg.
Auszeichnungen und Förderungen:
Für seine Forschungsarbeit wurde Dr. Maack mit zahlreichen Wissenschaftspreisen ausgezeichnet, u.a. dem Young Bioenergeticist Award 2005 der Biophysical Society und dem
Franz-Maximilian-Groedel-Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie Herz- und Kreislaufforschung 2007. Die DFG fördert seine Forschungen derzeit im Emmy
Noether-Programm und seit Oktober 2007 auch im Rahmen der Klinischen Forschergruppe
KFO 196 (Sprecher: Prof. Böhm), siehe hierzu auch Beitrag von Laufs et al. in dieser Ausgabe.
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