Leseprobe

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2. Passiver Bewegungsapparat
Das Kniegelenk ist außerordentlich wichtig. Es leitet die Bewegung, unterstützt vom
Sprunggelenk, ein und gibt sie weiter. Von hier aus werden die stärksten Stöße an
den ganzen Körper übermittelt. Daher muss es besonders kräftig ausgebildet sein.
Kniekehlgelenk (Art. femorotibialis)
Das Kniekehlgelenk ist ein inkongruentes Spiralgelenk. Die Inkongruenz wird durch
die beiden Menisken ausgeglichen. Menisken weisen die Form von Apfelsinenscheiben auf, mit einem konkaven Innenrand und einem dicken konvexen
Außenrand. Die Menisken bestehen aus Faserknorpel. In diesem Gelenk sind
vorwiegend Beugung und Streckung möglich. Da die Seitenbänder exzentrisch zur
Drehachse angeheftet sind, hat dieses Gelenk eine Bremswirkung. Bei starker
Beugung des Gelenks werden die Bänder stärker gespannt, wodurch die Bewegung
gebremst wird. Das Kniekehlgelenk besitzt zwei extrakapsuläre Seitenbänder (Lig.
Kniekehlgelenk – Ansicht von kranial
93
2. Passiver Bewegungsapparat
collaterale mediale und laterale) und zwei intrakapsuläre Kreuzbänder (Lig. cruciatum
craniale und caudale). Die beiden Menisken sind an der Tibia durch kraniale und
kaudale Bänder (Lig. tibiale craniale menisci lateralis und medialis, Lig. tibiale caudale
menisci lateralis und medialis) fixiert. Der laterale Meniskus wird zusätzlich mit dem
Oberschenkel (Lig. meniscofemorale) verbunden.
Kniekehlgelenk – Ansicht von kaudal
Kniescheibengelenk (Art. femoropatellaris)
Das Kniescheibengelenk ist ein Schlittengelenk, in dem die Kniescheibe mit der
Kniescheibenrolle des Oberschenkels artikuliert. Die Kniescheibe ist ein Sesambein
und ist in die Endsehne des M. quadriceps femoris eingelagert. Die Gelenkkapsel ist
groß und schiebt sich beidseitig unter die Endsehne des M. quadriceps femoris.
Distal grenzt sie an die Gelenkhöhle des Kniekehlgelenkes, mit der sie in Verbindung
steht. Die Kniescheibenseitenbänder (Lig. femoropatellare laterale und mediale)
entspringen am jeweiligen Bandhöcker des Oberschenkelknochens und ziehen zur
94
2. Passiver Bewegungsapparat
Kniescheibe. Das Kniescheibenband (Lig. patellae) entspricht der Endsehne des M.
quadriceps femoris. Es inseriert proximal an der Tuberositas tibiae.
Besonders steil gestellte Rassen (wenig gewinkelt) neigen zu einem Herausspringen
der Kniescheibe (Patellaluxation). Häufig sind dabei die Rollkämme zu schwach
ausgebildet, sodass die Kniescheibe zur Seite wegrutschen kann.
Das Kniegelenk ist das wichtigste Gelenk für die Fortbewegung des Hundes.
Kniescheibengelenk – Ansicht von kranial
95
2. Passiver Bewegungsapparat
Sprunggelenk (Art. tarsi)
Das Sprunggelenk ist ein Gelenk, in dem Tibia, Fibula, die
Tarsalknochen und die Metatarsalknochen miteinander
artikulieren. Es handelt sich hier, ähnlich dem Vorderfußwurzelgelenk, um ein mehrreihiges zusammengesetztes Gelenk.
Die vier Gelenkspalten werden von proximal nach distal von folgenden Gelenken
gebildet:
•
Unterschenkel-Hinterfußwurzelgelenk
(Articulatio
tarsocruralis)
zwischen
Talus und Tibia
•
Proximales Zwischenreihengelenk (Articulatio intertarsalis proximalis)
•
Distales Zwischenreihengelenk (Articulatio intertarsalis distalis)
•
Hinterfußwurzel-Mittelfußgelenk (Articulatio tarsometatarsalia)
Die Hauptaktion im Sprunggelenk findet im Unterschenkel-Hinterfußwurzelgelenk
statt. Durch die beiden Führungskämme des Sprungbeins ist dieses Gelenk ein
Schraubengelenk. Die anderen Gelenke sind straffe Gelenke, in denen kaum
Bewegung möglich ist. Der Bandapparat ist mit dem des Vorderfußwurzelgelenkes
vergleichbar.
96
3. Aktiver Bewegungsapparat
3.1. Muskelgewebe
Die Muskeln sind aus vielen einzelnen funktionellen Einheiten, den Muskelfasern,
aufgebaut. Nach Aussehen und Funktion werden zwei Muskelarten unterschieden:
•
glatte Muskulatur – übernimmt kontraktile Funktionen in inneren Organen,
umhüllt Ausführungsgänge von Körperdrüsen und bildet die Wände von Blutund Lymphgefäßen
•
quergestreifte Muskulatur – ist die Muskulatur des Bewegungsapparates
und des Herzens
3.1.1. Glatte Muskulatur
Glatte Muskulatur kommt überall dort vor, wo es nicht auf eine schnelle Bewegung
sondern auf eine langandauernde Kontraktion ankommt. Organe, die glatte
Muskulatur aufweisen, sind der Magen-Darm-Kanal, Gebärmutter, Gallenblase,
Harnblase, Gefäßsystem, Luftwege und Pupillenmuskeln. Diese Muskeln werden
durch das vegetative (unwillkürliche) Nervensystem gesteuert.
3.1.2. Herzmuskulatur
Die Herzmuskulatur stellt eine besondere Form der quergestreiften Muskulatur dar.
Herzmuskelzellen
dreidimensionales
kommunizieren
Netz.
Die
elektrisch
miteinander.
Herzmuskulatur
wird
Sie
vom
bilden
ein
vegetativen
97
3. Aktiver Bewegungsapparat
(unwillkürlichen) Nervensystem gesteuert. Sie ist zuständig für die rhythmische
Anspannung des Herzens.
3.1.3. Quergestreifte Muskulatur (Skelettmuskulatur)
Aufbau des Muskels
Die Skelettmuskulatur ist stark durchblutet und von sensiblen und motorischen Nerven
innerviert.
Die Muskeln bestehen aus einem aktiv zur Kontraktion befähigten Muskelbauch und
seinen, die Kraft übertragenden Ursprungs- und Endsehnen. Sie weisen aufgrund der
regelmäßigen parallelen Anordnung der Aktin- und Myosinfilamente innerhalb jeder
Muskelfaser eine mikroskopisch nachweisbare Querstreifung auf. Zusammen mit den
bindegewebigen Hüllen und dem eingelagerten Fettgewebe bilden sie das
Muskelfleisch. Jede Muskelfaser wird von mindestens einem Axon eines motorischen
Nervens des ZNS versorgt.
schematische Darstellung der Muskelbündel bis zur Muskelfaser
98
3. Aktiver Bewegungsapparat
Die Muskelbäuche werden von einer straffen Bindegewebsschicht überzogen, dem
Epimysium, das sich als Epitendineum um die Sehne fortsetzt. Diese äußere Hülle
grenzt anliegende Muskeln gegenseitig ab und dient dazu, die Muskeln aneinander
gleiten zu lassen. Größere Muskelbündel werden innerhalb des Muskelbauches durch
intramuskuläres
Untereinheiten
Bindegewebe
gegliedert.
(Perimysium)
Sie
dienen
der
in
mehr
oder
Feinabstimmung
weniger
während
kleine
der
Muskelkontraktion und der Aufnahme kleiner Gefäße und Nerven. Jede einzelne
Muskelfaser ist von einem feinen kollagenen Bindegewebe (Endomysium) überzogen.
Sehnenaufbau
Die Sehne (Tendo) ist ein parallelfaseriger weißer Strang. Sie weist aufgrund des
hohen Anteils an Kollagenfasern eine hohe Zug- und Reißfestigkeit auf. Beim Ansatz
der Sehne an den Knochen strahlen die Fasern der Sehne in das Periost oder
Perichondrium ein.
3.2. Erregbare Zellen
3.2.1. Zellen des Nervengewebes
Das Nervengewebe besteht aus erregbaren Zellen (Nervenzellen) und unerregbaren
Hüllzellen (Neuroglia).
Nervenzellen
Eine Nervenzelle (Neuron) besteht aus:
•
einem Zellleib – enthält den Zellkern und die Zellorganellen
•
einem oder mehreren kurzen Zellfortsätzen (Dendriten), die Informationen
empfangen
•
einem langen Zellfortsatz (Axon) - der die Informationen weiterleitet
99
3. Aktiver Bewegungsapparat
Nervenzellen sind nicht teilungsfähig und können bei Verlust nicht durch andere
Nervenzellen ersetzt werden. Allerdings können die Zellfortsätze regenerieren,
solange der Zellleib der Nervenzelle intakt ist.
Neuroglia
Die Neuroglia hat Hüll- und Stützfunktion. Sie dient der Isolierung sowie der Kontrolle
von Stoffwechselfunktionen.
Zur Glia gehören die Schwannschen Zellen. Sie umhüllen die Nervenzellfortsätze
(Axon). Eine Nervenfaser besteht aus einem Axon und dessen Gliahülle. Das Axon
wird durch die Schwannsche Zelle spiralförmig umwickelt. Es entsteht eine
zwiebelschalenartig
aufgebaute
Hülle,
die
als
Myelinscheide
(Markscheide)
bezeichnet wird. Zwischen zwei Schwannschen Zellen entsteht dann eine Lücke in
der Myelinscheide, ein sogenannter Ranvierscher Schnürring. Da es sich bei den
teilweise meterlangen Nerven nur um Axone von Nervenzellen und ihre Hüllen
handelt, erstrecken sich Nervenzellen zum Teil über mehrere Meter.
Schematische Darstellung einer Nervenzelle
100
3. Aktiver Bewegungsapparat
3.2.2. Erregung von Muskelzellen
Aktionspotential
Nervenzellen
(Neurone)
haben
die
Fähigkeit
Informationen
in
Form
von
Aktionspotentialen zu übertragen.
Jede Nervenzelle besitzt drei charakteristische Strukturelemente:
1. Dendriten – sie nehmen die Impulse von anderen Nervenzellen auf
2. Zellkörper – er kann ebenfalls Signale empfangen.
3. Axon – es ermöglicht die Übertragung von Impulsen über größere
Entfernungen zu anderen Nervenzellen oder auch Muskeln.
In Ruhe verhält sich ein Axon wie jede andere Zelle, das Innere ist negativ geladen,
das Äußere ist dagegen positiv geladen. Die Spannungsdifferenz zwischen innen und
außen beträgt ca. -70mV. Wird das Axon gereizt, kehrt sich die Polarität der
Spannung um. Das Zellinnere wird kurzfristig positiv geladen, um dann schnell wieder
in den negativen Ausgangszustand zurückzukehren. Diese plötzliche Änderung des
Membranpotentials heißt Aktionspotential. Es entsteht am Ort der Reizung und wird
dann
entlang
des
Axons
fortgesetzt.
Von
außen
gesehen
erscheint
das
Aktionspotential als eine Welle elektrischer Negativität, die das Axon entlangläuft.
Die intrazelluläre Flüssigkeit hat eine hohe Kalium- und niedrige Natriumkonzentration. In der extrazellulären Flüssigkeit ist dies umgekehrt (hohe Natrium-,
niedrige Kaliumkonzentration). In Ruhe können nur Kalium-Ionen, nicht jedoch
Natrium-Ionen die Membran passieren. Die Kalium-Ionen diffundieren entlang ihres
Konzentrationsgradienten, von innen nach außen, laden somit die Außenseite positiv
auf und lassen negativ geladene Partner innen zurück.
101
3. Aktiver Bewegungsapparat
schematische Darstellung der Fortleitung der Erregung entlang des Axons
Ruhepotential
Während des Ruhepotentials befinden sich viele Kaliumionen in der Zelle. Trotzdem
ist das Zellinnere negativ geladen. Außerhalb der Zelle befinden sich viele
Natriumionen, die positiv geladen sind, weshalb auch der Extrazellulärraum positiv
geladen ist. Durch die Natrium-Kalium-Pumpe wird das Gleichgewicht in der Zelle
erhalten, das heißt, es wird dafür gesorgt, das in der Zelle Kaliumionen und außerhalb
der Zelle Natriumionen vorhanden sind. Kaliumionen werden unter Energieverlust
(ATP) in die Zelle befördert und Natriumionen nach außen.
Das Ruhepotential beträgt ca. -70 mV.
schematische Darstellung des Ruhepotentials
102
3. Aktiver Bewegungsapparat
Depolarisation
Wenn Nerven elektrisch gereizt werden, entsteht das Aktionspotential immer an der
negativ geladenen Seite (Kathode). Die Eigenschaft der Kathode positive Ionen
anzuziehen und Negative abzugeben, depolarisiert die Membran. Ein Reiz löst nur
dann ein Aktionspotential aus, wenn er die Membran depolarisiert.
Bei einem elektrischen Reiz öffnen sich kurz Natrium-Kanäle. Ein schwacher Reiz
bewirkt nur die Öffnung weniger Kanäle, die das Membranpotential nur wenig ändern.
Wenn dabei die Reizschwelle nicht überschritten wird, wird kein Aktionspotential
ausgelöst. Bei einem starken Reiz aber werden zahlreiche Natrium-Kanäle geöffnet.
Es kommt zu einem massiven Einstrom von Natrium-Ionen, der die Bewegung der
Kalium-Ionen übertrifft und das Zellinnere positiv auflädt.
schematische Darstellung der Depolarisation
Überschwellige Reize lösen Aktionspotentiale aus, unabhängig der Reizstärke
oberhalb
der
Reizschwelle.
Das
heißt
unterschwellige
Reize
lösen
keine,
überschwellige Reize hingegen rufen immer die gleiche Reaktion hervor (Alles oder
Nichts Antwort).
Repolarisation
Kurze Zeit später schließen sich die Natrium-Kanäle und zusätzliche Kalium-Kanäle
öffnen
sich.
Durch
diese
erhöhte
Leitfähigkeit
für
Kalium-Ionen
wird
das
Membranpotential noch negativer, als im Ruhezustand. Nach einigen Millisekunden
103
3. Aktiver Bewegungsapparat
schließen sich die Kaliumkanäle wieder. Membranpermeabilität und Membranpotential
kehren wieder zu ihren Ruhebedingungen zurück.
schematische Darstellung der Repolarisation
Refraktärphase
Für 1-2 msec nach dem Spitzenpotential ist das Axon nicht erregbar. In dieser
absoluten Refraktärphase ist die Zelle auch durch beliebig große Depolarisationen
nicht erregbar. Danach folgt die relative Refraktärphase, in der sich die zuvor
unendlich
hohe
Schwelle
wieder
normalisiert.
In ihr
können
durch
große
Depolarisationen Aktionspotentiale ausgelöst werden, die jedoch gegenüber dem
normalen Aktionspotential schwächer sind.
3.3. Aufbau der Muskelzelle
Die Muskelzelle ist eine vielkernige Zelle (bis zu 40 Kerne/mm Länge), die eine Länge
von 10 cm erreichen kann. Ein Sarkolemmschlauch umhüllt das Zytoplasma, das auch
als Sarkoplasma bezeichnet wird. Im Sarkolemmschlauch befinden sich sogenannte
Sarkosomen (Mitochondrien der Muskelzelle). Muskelzellen, die reich an Sarkosomen
sind, erscheinen relativ dunkel, während sarkosomenarme Zellen hell sind. Helle
Muskeln können schnell, aber nur relativ kurz agieren. Dunkle Muskeln arbeiten
dagegen lange und ausdauernd.
Von der Zelloberfläche ausgehend ziehen feine schlauchartige Gebilde als
Einstülpungen der Zellmembran in die Muskelzelle. Sie werden wegen ihrer
transversalen Ausrichtung T-System genannt. Zwischen den T-Systemen spannen
104
3. Aktiver Bewegungsapparat
sich Kanälchensysteme aus, die ungefähr im rechten Winkel zum T-System liegen.
Dieses
System
besteht
aus
dem
endoplasmatischen
Retikulum
(hier
sarkoplasmatisches Retikulum) und wird als L-System (longitudinales System)
bezeichnet. Das T-System dient der schnellen Weiterleitung der Erregung in das
Zellinnere. Das L-System ist der Kalziumspeicher während der Muskelerschlaffung
(siehe auch sarkoplasmatisches Retikulum und die Rolle des Ca bei der
Muskelkontraktion).
Sarkomer
Kontraktionen der Muskeln beruhen darauf, dass die Proteine im Muskel aneinander
vorbeigleiten und damit ihre relative Lage ändern. Die lichtmikroskopisch sichtbare
Querstreifung
lebender
Skelettmuskeln
findet
sich
in
langen,
faserartigen
zylindrischen Gebilden, den Myofibrillen. Sie erstrecken sich über die gesamte Länge
der Muskelzelle. An jeder Myofibrille
sind abwechselnd helle und dunkle
Bänder erkennbar (A- und I-Bande).
Diese Banden sind so angeordnet,
dass die A-Bande einer Myofibrille
neben
der
Nachbarfibrille
A-Bande
liegen.
der
Bei
einer
Muskelkontraktion verkürzt sich die
I-Bande bei unveränderter Länge
der A-Bande.
Elektronenmikroskopisch erkennbar
ist,
dass
jede
zahlreichen
besteht,
schematische Darstellung des Sarkomers
Myofibrille
Fasern
die
zur
aus
(Filamenten)
Achse
der
Myofibrille parallel verlaufen.
Die
Querstreifung
kann
folgen-
105
3. Aktiver Bewegungsapparat
dermaßen interpretiert werden: Die A-Bande besitzt in der Mitte eine hellere Zone (HZone). Sie wird auf beiden Seiten von dunkleren Zonen eingeschlossen. In diesen
Bereichen überlappen sich die dicken Myosin- und die dünnen Aktinfilamente. Die
dünnen Filamente sind in der Mitte der I-Bande an der Z-Scheibe verankert. Die
hellere H-Zone enthält Myosin, die I-Bande hingegen nur Aktin. Bei jeder
Längenänderung des Muskels bleibt die Länge der Aktin- und Myosinfilamente gleich.
Es handelt sich daher um einen Gleitprozess, bei dem sich die Überlappungszone
während der Kontraktion vergrößert und während der Dehnung verkleinert.
3.3.1. Gleitfilamenttheorie
Im
entspannten
keine
Muskel
Bindung
besteht
zwischen
den
Myosin- und den Aktinfilamenten.
Bei der Kontraktion heften sich die
Myosinköpfchen
an
die
Aktin-
filamente und entwickeln Muskelkraft.
Dicke
Filamente
bestehen
aus
regelmäßig bipolar angeordneten
Myosinmolekülen.
Jedes
Molekül
besteht aus einem langen Schaft,
einem kürzeren Hals und einem
Köpfchen. Das Köpfchen bildet die
schematische Darstellung der
Gleitfilamenttheorie
Querbrücke
Weiteren
zum
gibt
es
Aktin.
Des
noch
zwei
gelenkartige bewegliche Abschnitte.
Das Gelenk zwischen Schaft und Hals ermöglicht die Bindung und Lösung der
Querbrücken am Aktin. Das Gelenk am Köpfchen ist für die Kippbewegung
106
3. Aktiver Bewegungsapparat
entscheidend. Die ruderartige Kippbewegung ermöglicht, dass das Aktin relativ zum
Myosin zur Mitte des Sarkomers hin gezogen wird. Nach der Ruderbewegung löst sich
die Verbindung und der Zyklus wird an einer anderen Stelle wiederholt. Der
Arbeitszyklus der verschiedenen Querbrücken läuft nicht synchron ab, sondern
asynchron (einige lagern sich gerade an, während andere sich lösen). Dadurch wird
sichergestellt, dass es keine ruckartigen Bewegungen und kein Zurückgleiten der
Filamente gibt.
Derartige Bewegungen sind allerdings ohne Energiezufuhr nicht möglich. Unmittelbare
Energiequelle ist ATP. Außerdem sind für die Kontraktion geringe Mengen freier CaIonen notwendig.
Die dünnen Aktinfilamente enthalten noch Troponin und Tropomyosin. Damit sich der
Muskel kontrahieren kann, müssen sich die Myosinköpfchen vor der Kippbewegung
Schematische Darstellung der Myosinbindung
mit den Aktinfilamenten verbinden. Beim erschlafften Muskel kommt es nicht zu dieser
Reaktion, weil die Myosinbindungsstellen an den Aktinfilamenten von Tropomyosinmolekülen besetzt sind. In regelmäßigen Abständen sind die Aktinfilamente mit
Troponinmolekülen besetzt, die mit dem Tropomyosin verbunden sind. Troponin kann
107
3. Aktiver Bewegungsapparat
Ca-Ionen binden, wodurch es seine
Form
ändert.
Dadurch
wird
das
Tropomyosin beiseite gedrückt und
gibt die Anbindungsstellen für die
Myosinköpfchen frei.
Die Anlagerung von ATP an das
Myosinköpfchen wiederum ermöglicht
den
Köpfen
das
Ablösen
schematische Darstellung der Aktinfilamente
vom
Aktinfilament. Dabei entstehen ADP
(Adenosindiphosphat) und anorganisches Phosphat, die im Moment noch an das
Myosinköpfchen gebunden bleiben. Beim Ruderschlag werden ADP und Phosphat
freigesetzt. Das Myosinköpfchen ist nun für kurze Zeit fest mit dem Aktinfilament
verbunden. Erst durch erneute Bindung von ATP ans Myosinköpfchen, wird es vom
Aktinfilament gelöst.
schematische Darstellung der Rolle von ATP bei der Muskelkontraktion
108
3. Aktiver Bewegungsapparat
1. Entspannter Muskel
• Keine Bindung zwischen
Myosin- und Aktinfilamenten
• Myosinbindungsstellen an
Aktinfilamenten sind von
Tropomyosin besetzt
2. Anlagerung
• Bindung von Kalzium an
Troponin
• dadurch werden
Anbindungsstellen für
Myosinköpfchen freigegeben
• ADP+P sind noch an
Myosinköpfchen gebunden
4. Ablösung
• Anlagerung von ATP an das
Myosinköpfchen ermöglicht
das Ablösen vom Aktinfilament
• Dabei entsteht ADP+P
3. Kraftstoß
• Beim Ruderschlag werden
ADP+P freigesetzt
• Myosinköpfchen ist noch fest mit
Aktinfilament verbunden
109
3. Aktiver Bewegungsapparat
Sarkoplasmatisches Retikulum und die Rolle des Ca bei der
Muskelkontraktion
Jede Myofibrille ist von sarkoplasmatischem Retikulum umschlossen, das einem
Netzwerk von Schläuchen gleicht. Es erstreckt sich von einer Z-Scheibe zur nächsten
Z-Scheibe. Je nach Ausrichtung bezeichnet man die schlauchartigen Einstülpungen
als T-System (transversal) oder L-System (longitudinal). Sie sind für die Freisetzung
der Ca-Ionen verantwortlich.
schematische Darstellung – sarkoplasmatisches Retikulum
Beim Eintreffen eines Aktionspotentials über das motorische Axon wird die Erregung
über
die
motorische
Endplatte
übertragen.
Anschließend
breitet
sich
das
Aktionspotential schnell über die gesamte Oberfläche der Muskelzelle aus. Durch das
T-System wird der Reiz von der Oberfläche nach innen geleitet, wo die T-Systeme
Verbindung mit den L-Systemen aufnehmen. Dadurch werden die im L-System
gespeicherten Ca-Ionen freigesetzt. Die Ca-Ionen binden sich an das Tropomyosin,
das daraufhin die Anbindungsstelle für die Myosinköpfchen am Aktin freigibt. Nach
Abklingen des Aktionspotentials werden die Ca-Ionen mittels ATP in das L-System
zurückgepumpt.
110
3. Aktiver Bewegungsapparat
3.3.2. Energiequellen der Muskelkontraktion
Alle
Zellen
des
Organismus
benötigen
ATP
als
Energiequelle
für
ihre
Funktionsabläufe. Muskelzellen können während einer Dauerleistung das 100- bis
1000fache seines ATP-Ruheumsatzes verbrauchen. Diesen Anforderungen muss die
ATP-Versorgung gerecht werden. Da der direkt verfügbare ATP-Speicher nur für ein
bis
drei
Muskelkontraktionen
ausreicht,
muss
der
Körper
ständig
um
die
Wiederherstellung von ATP bemüht sein. Es gibt drei Möglichkeiten der ATPVersorgung: die Spaltung von Kreatinphosphat, Glykolyse und der aerobe
Stoffwechsel (oxidative Phosphorylierung).
Spaltung von Kreatinphosphat
Die Gesamtmenge des vorhandenen ATP im Muskel ist vergleichsweise klein. Ohne
Nachschub wäre eine intensive Aktivität nur für ein bis drei Sekunden möglich.
Kreatinphosphat ist in etwa drei- bis viermal so großer Menge gegenüber dem ATP in
der Muskelzelle vorrätig. Diese Energiequelle steht sofort zur Verfügung.
Sobald ADP aus ATP entsteht, überträgt Kreatinphosphat sein energiereiches
Phosphat auf ADP, das damit wieder zu ATP wird. Diese ATP-Quelle kann leicht
mobilisiert werden und ist sehr effektiv, solange sie genutzt werden kann. Der
Kreatinphosphatspeicher ist allerdings nur vier- bis fünfmal so groß wie der
Ausgangsspeicher an ATP. Der Vorrat an Kreatinphosphat wird über den oxidativen
Stoffwechsel wieder aufgefüllt. Während langandauernder Arbeit ist dieser Prozess
aber zu zeitaufwendig. Da unter diesen Bedingungen nach 20-25 Sekunden kein ATP
mehr vorhanden ist, sind noch andere Quellen erforderlich.
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