S P E K T R U M AKUT Osteoporose-Forschung Leptin reguliert die Knochendichte E s gibt offenbar kaum eine Funktion im Körper, die nicht durch Leptin beeinflusst wird. Bislang enthielt die Liste: Hunger, Körpergewicht, Temperatur, Geschlechtsreifung, Fettstoffwechsel, Blut- und Gefäßbildung, Funktion von Bauspeicheldrüse und Immunsystem. Wenn sich am Menschen bestätigt, was eine deutsch-amerikanische Forschergruppe an Mäusen entdeckt hat, dann ist das vor allem von der Speckschicht gebildete Hormon Leptin zudem ein wichtiger Regulator des Knochenstoffwechsels. Die Gruppe um Michael Amling und Johannes Rueger von der Universität Hamburg schildert in Cell (2000; 100: 197), dass das Fehlen von Leptin oder seinem Rezeptor bei Nagern zu einer deutlichen Zunahme der Knochendichte führt. D ie Forscher haben mit zwei Mäusestämmen experimentiert, denen durch einen genetischen Defekt das Hormon beziehungsweise sein Rezeptor fehlten. Die Konsequenz ist, dass die Tiere massiv übergewichtig werden und zudem die Reifung der Geschlechtsorgane unterbleibt. Während Hypogonadismus bei Säugern normalerweise zu einer Schwächung des Skeletts führt und Osteoporose beschleunigt, erwies sich das Knochengerüst der Mäuse paradoxerweise als ausgesprochen robust. Die Experimente zeigten dann, dass die Zunahme der Knochendichte offenbar unabhängig von der Gewichtszunahme ist. Nach den Analysen hemmt Leptin offenbar den Knochenaufbau, indem es die Aktivität der Osteoblasten vermindert. Erstaunlicherweise hat das Hormon aber keine direkte Wirkung auf Osteoblasten, sondern seine Effekte scheinen indirekt – über den Hypothalamus – vermittelt zu sein. D as zeigte ein einfaches Experiment: Wenn die Forscher kleine Leptin-Mengen in die Gehirne der Tiere injizierten, nahm die Knochendichte schnell ab. Die Knochenbildung wird demnach zentral reguliert. Der Fund könnte erklären, warum Osteoporose bei Übergewichtigen seltener ist. Nach den bisherigen Daten weisen Übergewichtige keinen Leptin-Mangel, sondern eher erhöhte Spiegel auf. Das weist auf eine Leptinresistenz hin. Die Folge der Resistenz könnte sein, dass bei Übergewichtigen nicht nur die „sättigende“ Wirkung des Hormons vermindert ist, sondern auch sein hemmender Einfluss auf den Knochenaufbau. Die Forscher hoffen, dass sich auf Basis dieser Erkenntnisse neue Ideen zu Prävention und Therapie der Osteoporose ableiten lassen. Klaus Koch A-280 Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 6, 11. Februar 2000