Möglichkeiten und Grenzen der Ganzkörper-MRT

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MEDIZIN
ÜBERSICHTSARBEIT
Möglichkeiten und Grenzen
der Ganzkörper-MRT
Gerwin Schmidt, Dietmar Dinter, Maximilian F. Reiser, Stefan O. Schoenberg
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Die Ganzkörper-Magnetresonanztomographie
(GK-MRT) ist eine moderne, strahlenfreie bildgebende Methode zur hochauflösenden Darstellung unterschiedlicher
Organsysteme und der gesamten Körperanatomie.
Methoden: Selektive Literaturrecherche
Ergebnisse: Multikanal-GK-MRT-Scanner erlauben sowohl
hochauflösende Ganzkörperdarstellungen, als auch fokussierte Untersuchungen einzelner Organe mit unterschiedlichen Sequenztechniken und Kontrastierungen.
Erste Erfahrungen mit kombinierten kardiovaskulären und
onkologischen Untersuchungsprotokollen zum Screening
asymptomatischer Personen haben neben zahlreichen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems auch schwerwiegende Tumorbefunde beschrieben. Die diagnostische Genauigkeit eines M-Stagings mit der GK-MRT liegt bei 93
bis 97 Prozent. Aufgrund des guten Knochenmarkkontrasts ist die GK-MRT auch als Anwendung bei malignen
Erkrankungen des Knochenmarks, wie zum Beispiel dem
multiplen Myelom, beschrieben worden. Bei dieser Erkrankung ist die GK-MRT besonders sensitiv und hat substanzielle Bedeutung für die Prognose und das therapeutische
Prozedere. Es gibt bisher keine Beweise für die Überlegenheit der GK-MRT gegenüber anderen Diagnoseverfahren
hinsichtlich harter Endpunkte wie etwa Lebensverlängerung. Darüber hinaus ist auf die Gefahr falschpositiver Befunde hinzuweisen.
Schlussfolgerungen: Trotz dieser ermutigenden Ergebnisse
ist ein ungerichtetes Screening ohne adäquate Indikationsstellung, wie es verschiedentlich angeboten wird, aufgrund der geringen zu erwartenden Krankheitsprävalenz
von < 2 Prozent und der bisher nicht erwiesenen Kosteneffizienz in keiner Weise zu vertreten.
Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(22): 383–9
DOI: 10.3238/arztebl.2010.0383
Institut für klinische Radiologie, Universitätsklinik Großhadern, LMU München:
Dr. med. Schmidt, Prof. Dr. med. Dr. h. c. Reiser
Institut für Klinische Radiologie und Nuklearmedizin, Abteilung MRT,
Universitätsklinikum Mannheim:
PD Dr. med. Dinter, Prof. Dr. med. Schoenberg
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 22 | 4. Juni 2010
ie Einführung der Ganzkörper-Magnetresonanztomographie (GK-MRT) in die medizinische
Bildgebung hat die diagnostischen Konzepte unterschiedlicher systemischer Erkrankungen in den letzten
Jahren tiefgreifend verändert. Die Ganzkörperbildgebung findet zunehmend Einzug in die klinische Routine
als Alternative zu schrittweisen, multimodalen diagnostischen Ansätzen, speziell zur umfassenden Abklärung
maligner Erkrankungen. Die Einführung moderner
Ganzkörper-MRT-Scanner hat den Weg zu klinisch umsetzbaren und effizienten GK-MRT-Untersuchungen
geebnet. Zudem haben Innovationen im Sequenzdesign
und der Bildakquisition die Gesamtuntersuchungszeiten signifikant verringert, ohne dass dadurch die Bildqualität reduziert wurde. Auf diese Weise können hochaufgelöste MRT-Untersuchungen unterschiedlicher Organsysteme mit geeigneten Bildkontrasten und einer
entsprechenden Kontrastmitteldynamik mit einer anatomischen Abdeckung von Kopf bis Fuß kombiniert
werden. Der folgende Artikel gibt anhand einer selektiven Literaturrecherche einen Überblick über technische
Innovationen der letzten Jahre in der GK-MRT-Bildgebung und klinische Anwendungsgebiete dieser neuen
Technik, speziell auch auf dem Gebiet der onkologischen bildgebenden Diagnostik. Zudem werden potenzielle Fehlindikationen kritisch diskutiert.
D
Technische Entwicklungen der
Ganzkörper-MRT
Wegen der je nach Körperregion unterschiedlichen Anforderungen an den Untersuchungsaufbau wurde die
MRT in der Vergangenheit vor allem zur Abklärung fokaler Pathologien in einem begrenzten anatomischen
Bereich benutzt. Ein limitierender Faktor war zudem
die lange Untersuchungszeit von mehr als einer Stunde,
weil die Patienten während der Untersuchung mehrfach
umgelagert werden mussten.
Neuentwicklungen bei Empfangsspulen und höhere Feldstärke
Mit der Einführung von 1,5-Tesla-Multikanal-Ganzkörper-MRT-Scannern in Kombination mit freier, automatischer Tischbewegung gelingen heutzutage hochauflösende GK-MRT-Untersuchungen von Kopf bis Fuß in
weniger als 1 h. Diese Scanner sind mit einer Empfangsspulentechnologie ausgestattet, die den gesamten
Körper mit einer Matrix aus einzelnen flexiblen Empfangsspulenelementen abdeckt. Dies erlaubt eine Un-
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tersuchung des ganzen Körpers mit einer Gesamtlänge
von bis zu 205 cm ohne Umlagerung des Patienten. Somit können nicht nur hochauflösende GK-MRT-Darstellungen, sondern auch fokussierte Untersuchungen
einzelner Organe, wie zum Beispiel der Bauchorgane,
der Lunge, des Gehirns oder des Skelettsystems mit unterschiedlichen Sequenztechniken und Kontrastierungen durchgeführt werden.
Seit einigen Jahren sind zunehmend auch moderne
Ganzkörpersysteme mit einer Feldstärke von 3 Tesla
verfügbar. Die gegenüber einer Feldstärke von 1,5 Tesla theoretisch verdoppelte Stärke des Bildsignals bei
3 Tesla kann wahlweise entweder zu einer weiteren Beschleunigung der Untersuchung oder zur Verbesserung
der räumlichen Auflösung verwendet werden (1).
Ganzkörper-MRT mit kontinuierlicher Tischverschiebung
Im Jahr 2002 wurde die Datenakquisition mit kontinuierlicher Tischverschiebung eingeführt, das heißt eine
MRT-Bildakquisition ähnlich dem Untersuchungsvorgang bei einer Computertomographie (2). Gegenüber
der Computertomographie besteht bei der MRT die Herausforderung, dass bei den meisten Sequenzen nicht
unmittelbar mit jeder Tischverschiebung eine komplette
Messschicht aufgenommen werden kann. Daher müssen die Rohdaten bis zur Vervollständigung der Schicht
zwischengespeichert werden, während der Tisch bei der
Bilddatenakquisition durch den Tomographen bewegt
wird. Zusätzlich müssen die spezifischen Akquisitionsund Justierungsparameter nun während der Tischverschiebung verändert und adaptiert werden. Diese Technik besitzt jedoch ein gewaltiges Potenzial. In kurzer
Zeit können ausgedehnte anatomische Bereiche in nahtlos aneinandergereihten Bildern zeiteffizient akquiriert
werden, so dass die bis jetzt stufenweise Abbildung von
einzelnen Körperstationen abgelöst werden kann.
Protokolldesign
Ein umfassendes GK-MRT-Protokoll für die onkologische Diagnostik sollte auf Sequenztechniken mit einem
hohen Weichteil- und Knochenmarkkontrast basieren.
Zudem sollten hochaufgelöste Aufnahmen des Lungenparenchyms und des Mediastinums vorgenommen
werden sowie kontrastmittelverstärkte Untersuchungen
des Abdomens und ZNS zur Detektion und Differenzierung parenchymatöser Läsionen. Selbstverständlich
stellt dies nur ein repräsentatives Beispiel eines allgemeinen onkologischen GK-MRT-Konzepts dar, weil
die GK-Bildgebung individuell der klinischen Fragestellung und der jeweiligen Tumorentität angepasst
werden sollte. Es bleibt weiterhin eine Herausforderung, den teilweise komplexen Untersuchungsaufbau
von speziellen MRT-Untersuchungen häufiger Tumoren wie dem Prostata-, Kolon- und Mammakarzinom
in ein klinisch umsetzbares Ganzkörperprotokoll zu
integrieren. Diesbezüglich könnte das Konzept unterschiedlicher, an spezielle Tumortypen oder Risikoprofile adaptierter GK-Protokolle eine wichtige Rolle
spielen. So könnten GK-MRT-Konzepte weiter verbessert und klinisch umgesetzt werden.
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Ganzkörper-MRT-Screening im Rahmen der
Früherkennung von Tumorerkrankungen
Aufgrund der fehlenden ionisierenden Strahlenbelastung bietet sich die GK-MRT potenziell für die präventive Diagnostik asymptomatischer Populationen an,
speziell im Vergleich zu Verfahren, die mit einer ionisierenden Strahlenexposition verbunden sind, wie zum
Beispiel die Computertomographie. Erste Erfahrungen
mit kombinierten kardiovaskulären und onkologischen
Untersuchungsprotokollen an asymptomatischen Personen haben neben zahlreichen Erkrankungen des
Herz-Kreislauf-Systems auch schwerwiegende Tumorbefunde beschrieben (3, 4). Kramer und Mitarbeiter
untersuchten 200 asymptomatische Patienten mit einem Untersuchungsprotokoll, das eine GK-MRT-Angiographie, eine funktionelle Untersuchung des Herzens sowie eine morphologische Bildgebung des Thorax und Abdomens beinhaltete. Neben unterschiedlichen Manifestationen der Atherosklerose bei 6 bis
14 Prozent der Teilnehmer wurde bei 2 Personen ein
Bronchialkarzinom und ein Nierenzellkarzinom entdeckt (4). In einer ähnlich konzipierten Studie an 855
Personen wurde zusätzlich eine MRT-Koloskopie in
das Untersuchungsprotokoll integriert. Baumgart und
Mitarbeiter konnten mit dieser Technik gutartige Polypen von > 10 mm Größe bei 8,4 Prozent der Patienten
nachweisen. Auch in dieser Studie wurden bei mehreren Personen Neoplasien entdeckt, unter anderem
5 Nierenzellkarzinome im Frühstadium und 2 Bronchialkarzinome (5). Trotz dieser ersten Ergebnisse mit
schwerwiegenden Befunden mit therapeutischer Konsequenz muss darauf hingewiesen werden, dass es sich
bei den beschriebenen onkologischen Diagnosen um
reine Zufallsbefunde handelte. Laut Goehde et al. gab
es lediglich einen falschpositiven Befund. Hierbei handelte es sich um eine als tumorsuspekt eingestufte
Knochenläsion. Sämtliche als sicher maligne eingestuften Befunde konnten jedoch den Autoren zufolge
einwandfrei als maligne verifiziert werden. Insgesamt
muss der ungezielte Einsatz dieser neuen Methode jedoch auch aufgrund der geringen zu erwartenden Prävalenz von < 2 Prozent und der bisher nicht erwiesenen
Kosteneffizienz, zum Beispiel durch Abklärung potenzieller falschpositiver oder unklarer Befunde mit nachfolgenden, möglicherweise sogar invasiven Zusatzuntersuchungen, sehr kritisch betrachtet werden.
Ganzkörper-MRT zum Tumorstaging und
zur Rezidiverkennung
Ein präzises, effizientes onkologisches Staging und
Tumormonitoring haben maßgeblichen Einfluss auf
die Prognose und eine stadiengerechte Behandlung von
Patienten mit malignen Tumoren (6). Dazu werden
häufig multimodale diagnostische Ansätze (MRT, CT,
Ultraschall, nuklearmedizinische Verfahren) gewählt.
Das kann jedoch zeitaufwendiger, teuer und für die
Patienten belastend sein (7). Zunehmend finden daher Ganzkörper-Diagnostikverfahren in die klinische
Routine Einzug, um eine Tumorerkrankung mit ihren
potenziellen Metastasierungswegen als systemische
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 22 | 4. Juni 2010
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Abbildung 1: Von der multimodalen Diagnostik zur Ganzkörperuntersuchung: erneutes Staging bei einer 29-jährigen Patientin
nach erfolgter Behandlung aufgrund eines Mammakarzinoms und Anstieg der Tumormarker in der Nachsorge
a + b) In der Röntgenaufnahme des Beckens zeigt sich eine suspekte kortikale Irregularität am rechten vorderen Schambeinast. In der Ultraschalluntersuchung des Abdomens wird eine metastasenverdächtige Läsion in der Leber nachgewiesen.
c)
In der anschließenden CT-Staging-Untersuchung wird ein Tumorrezidiv-verdächtiger Herd in der rechten Brust nachgewiesen.
d)
Die Knochenszintigraphie erhärtet den Verdacht einer Knochenmetastase im rechten Schambein aufgrund einer pathologischen Tracerakkumulation.
e)
Hochauflösende GK-MRT mit T1-Kontrast
f + g) Sowohl das Tumorrezidiv in der Brust als auch die Knochenmetastase werden in einem Untersuchungsgang nachgewiesen.
h)
Auch die Lebermetastase mit zentraler Nekrose ist in der dynamischen kontrastmittelverstärkten Darstellung des Oberbauchs eindeutig erkennbar.
Krankheit zu erfassen (Abbildung 1) (8). Eigene Untersuchungen an 41 Patienten, die an Tumoren des
gastrointestinalen Trakts, Mammakarzinom oder malignem Melanom erkrankt waren, haben eine hohe
diagnostische Genauigkeit von 91 Prozent bei einem
TNM-Staging mit der Ganzkörper-MRT (GK-MRT)
gezeigt, vergleichbar mit konkurrierenden Verfahren,
wie der kombinierten Positronenemissionstomographie-CT (PET-CT) (9). Die MRT hat jedoch aufgrund
der Artefaktanfälligkeit auf Bewegung und Organpulsation gewisse Einschränkungen bei dem Nachweis
von Lymphknoten(LK)-Metastasen, speziell in der
Thorax- und Zwerchfellregion, die sich in einer reduzierten diagnostischen Genauigkeit (79 bis 82 Prozent)
beim N-Staging niederschlagen (6, 11). Zudem stellt
die fehlende metabolische Information bei grenzwertig
großen Läsionen ≤ 1 cm gegenüber der PET-CT bei der
Dignitätsbeurteilung einen Nachteil dar. Ein vielversprechender Ansatz zur Verbesserung der LK-DetektiDeutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 22 | 4. Juni 2010
on sind die sogenannten Ganzkörper-MRT-Diffusionsverfahren (10). Die bisher dazu vorliegenden Studien
weisen darauf hin, dass mit diesem Verfahren die Sensitivität für den Nachweis von LK-Metastasen deutlich
verbessert werden kann. Systematische Studien zur
verbesserten Spezifität stehen mit Ausnahme aktueller
Ergebnisse bei der lokoregionären LK-Metastasierung
des Rektumkarzinoms noch aus (11).
Wegen ihres intrinsisch höheren Weichteilkontrasts
hat die MRT eindeutige Vorteile bei der Detektion von
Fernmetastasen, speziell im Bereich des Skeletts, des
Gehirns, der Weichteile und der Leber (12, 13). Die diagnostische Genauigkeit eines M-Stagings mit der
GK-MRT liegt bei 93 bis 97 Prozent (6, 14). Die
Ganzkörper-MRT würde sich somit gerade bei Tumoren eignen, die häufig in diese Organe metastasieren,
zum Beispiel Mammakarzinom, kolorektales Karzinom oder malignes Melanom (15). Die Ergebnisse
sind hierbei vergleichbar mit denen der PET-CT bei
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Abbildung 2: 65-jähriger Patient mit multiplem Myelom
a + b) Die GK-MRT-Untersuchung weist multifokale Osteolysen in der Schädelkalotte, im Sternum und dem Rippenthorax nach.
c)
Zudem zeigt sich eine diffuse Infiltration von Lendenwirbelsäule und Becken, erkennbar an dem homogenen Signalabfall im Knochenmark. Weitere Osteolysen finden sich in den unteren Extremitäten.
d + e) Die MS-CT weist lediglich die großen Osteolysen in den Extremitäten nach.
f + g) Diffuser Wirbelsäulenbefall in der MRT und MS-CT. Die MRT weist einen disseminierten Wirbelsäulenbefall nach, speziell im oberen
Abschnitt. Die MS-CT vermag diese Veränderungen nicht darzustellen, allenfalls ist eine diskrete Dichteminderung des Knochens erkennbar, die als Zeichen einer Osteoporose interpretiert werden könnte.
Tumoren mit guter Speicherung von (18)F-Fluordeoxyglukose. Bei der Detektion von Lungenmetastasen
oder dem Staging von Lungentumoren ergeben sich im
Vergleich zu gängigen Verfahren wie der CT oder
PET-CT jedoch aufgrund von Organbewegungsartefakten und dem geringeren Lungenparenchymkontrast
Einschränkungen bezüglich der diagnostischen Sensitivität (13, 14).
In einer kürzlich publizierten Studie wurde die GKMRT als Methode zur Rezidiverkennung bei primär
kurativ behandeltem Mammakarzinom vorgestellt
(16). 33 Patientinnen mit klinischem Verdacht auf ein
Tumorrezidiv, die beispielsweise klinische Symptome
oder erhöhte Tumormarker aufwiesen, wurden mit
GK-MRT auf 1,5- und 3-Tesla-Geräten untersucht. In
dieser Hochrisikopopulation wurden bei 61 Prozent
der Patientinnen Tumorrezidive gefunden, speziell
Lymphknoten- und Organmetastasen, die in diagnostischen Verlaufskontrollen in sechsmonatigem Abstand
validiert wurden. Die GK-MRT zeigte eine hohe diagnostische Genauigkeit (91 Prozent) bei dem Nachweis
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oder Ausschluss eines Tumorrezidivs mit einer Sensitivität von 93 Prozent und einer Spezifität von 86 Prozent. Allerdings wurde bei einer Patientin ein falschpositiver Befund eines Lokalrezidivs erhoben. Es ist
zu berücksichtigen, dass die GK-MRT derzeit generell
in Rückenlagerung der Patientinnen ohne Brustkompression durchgeführt wird und daher eine MammaMRT bezüglich der räumlichen Auflösung und der
Weichgewebedarstellung nicht zu ersetzen vermag.
Schließlich können mit der GK-MRT auch zahlreiche Metastasen außerhalb des Bildfelds eines StandardStaging-Protokolls (CT des Halses, Thorax und Abdomens) nachgewiesen werden, wie zum Beispiel Hirnmetastasen und Knochenmetastasen am peripheren
Skelett (6). In einer weiteren Studie führten unter anderem solche Befunde bei 10 Prozent der untersuchten
Patienten zu einer Änderung der Therapiestrategie (17).
Einschränkend ist allerdings zu erwähnen, dass umfangreiche Untersuchungen an großen Patientenkollektiven und valide Kosten-Effektivitäts-Studien bislang
ausstehen.
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Ganzkörper-MRT zum Staging
hämatologischer Erkrankungen
Aufgrund des guten Knochenmarkkontrastes ist die
GK-MRT auch als vielversprechende Anwendung bei
malignen Erkrankungen des Knochenmarks mit möglicher systemischer Manifestation, wie zum Beispiel dem
multiplen Myelom, beschrieben worden (19). Hier hat
die MRT beziehungsweise GK-MRT im Vergleich zur
üblichen radiographischen Diagnostik eine deutlich höhere Detektionsrate, speziell auch bei diffusen Infiltrationsformen, die im Röntgenbild oder auch in der Multislice-CT (MS-CT) häufig unerkannt bleiben (18, 19).
In einer kürzlich erschienenen Publikation wurden
41 Patienten mit Plasmazell-Neoplasien mit GK-MRT
und Multislice-CT untersucht (19). Die GK-MRT zeigte
eine signifikant höhere Detektionsrate als die MS-CT.
Bei 11 Patienten wurde das Krankheitsstadium mit der
MS-CT im Vergleich zur GK-MRT unterschätzt. Speziell
Frühstadien der Erkrankung mit weniger ausgedehnten
Osteolysen und mit einem diffusen Infiltrationsmuster
wurden mit der GK-MRT verlässlich erfasst. Insbesondere bei diffuser oder kleinherdiger Knochenmarkinfiltration besteht die Gefahr, dass diese in der MS-CT
fälschlicherweise als benigne Osteoporose eingestuft
wird (Abbildung 2) (20). Baur et al. konnten zeigen, dass
die Integration des MRT-Befundes in das Stadiensystem
von Durie und Salmon (PLUS-Klassifikation) eine genauere Stadieneinteilung von Patienten mit multiplem
Myelom erlaubt. Dadurch hatte die MRT einen signifikanten Einfluss auf die Prognose des Patienten und auf
die Therapiewahl bei dieser Erkrankung (21). Eine kürzlich erschiene Studie von Dinter et al. ergab, dass bei 19
von 60 Patienten mit der GK-MRT das Krankheitsstadium entsprechend der PLUS-Klassifikation höher eingestuft wurde. Bei 10 dieser 19 Patienten (53 Prozent) war
die GK-MRT-Diagnose entscheidend für die Wahl des
therapeutischen Prozedere, wobei das Ausmaß der Tumorinfiltration, der Nachweis oder Ausschluss einer extramedullären Tumorausdehnung und das Frakturrisiko
von ausschlaggebender Bedeutung waren (22).
Ganzkörper-MRT-Anwendungen bei benignen
systemischen Erkrankungen
Rheumatische Erkrankungen und Diabetes mellitus
Gerade in frühen Stadien rheumatischer Gelenkerkrankungen ist die MRT besonders aussagekräftig. Auch
präerosive Veränderungen wie die Synovitis, Knochenmarködeme oder Osteitis sind nachweisbar. Zudem
vermag die MRT Zeichen einer Tendinitis oder anderer
ligamentärer Pathologien darzustellen. Da die rheumatoide Arthritis potenziell die gesamte Körperanatomie,
das heißt sowohl kleine Gelenke an den Extremitäten
als auch große Gelenke des Achsenskeletts betreffen
kann, stellt die GK-MRT eine potenzielle Anwendung,
speziell zur Bildgebung von Frühmanifestationen dieser Erkrankung, dar. Die GK-MRT wurde von Weckbach et al. zur Abklärung der Psoriasisarthritis innerhalb einer Gesamtuntersuchungszeit von 60 min beschrieben. Hierbei wurde bei 22 von 25 Patienten die
Bildqualität als exzellent beschrieben. Zudem konnte
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man im Vergleich mit der klinischen Untersuchung signifikant mehr Regionen mit Synovialitiden und Enthesitiden entdecken (Weckbach et al.: Comprehensive
diabetes imaging with whole body MRI at 1.5 and 3T in
patients with longstanding diabetes. 2006; ISMRM
Book of Abstracts: 389).
Neuerdings wurden adaptierte GK-MRT-Protokolle
für die Untersuchung von Patienten mit langjährigem
Diabetes mellitus diskutiert. Diese beinhalten sowohl eine Bildgebung des ZNS mit einer MRT-Angiographie
der Zerebralarterien, GK-Angiographien, eine dynamische Bildgebung der Herzfunktion und Myokardvitalität
als auch eine hochauflösende native und kontrastmittelverstärkte Bildgebung der Füße. Erste Ergebnisse bei 45
asymptomatischen Patienten mit langjährigem Typ-1oder Typ-2-Diabetes zeigten signifikant mehr vaskuläre
Pathologien als ein asymptomatisches Normalkollektiv
ohne Diabetes (n = 200), wie zum Beispiel Stenosen der
Karotiden (54 Prozent versus 6 Prozent), Nierenarterien
(25 Prozent versus 0,25 Prozent) oder peripheren Gefäße (51 Prozent versus 14 Prozent). Zudem zeigte sich eine Inzidenz stummer Myokardinfarkte von 18 Prozent
in der Diabetesgruppe verglichen mit 1 Prozent in der
Kontrollgruppe. Bei 9 Patienten wurden aufgrund der
Ergebnisse der GK-MRT unmittelbar therapeutische Interventionen indiziert. Bei Patienten mit Diabetes mellitus, die eine hohe Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen haben, erscheint die GK-MRT geeignet für eine
frühere Diagnose von Sekundärkomplikationen und für
eine potenziell effektivere Therapieplanung (23).
Systemische Bildgebung benigner Tumoren
Bei Patienten mit multiplen kartilaginären Exostosen
besteht ein erhebliches Risiko einer malignen Entartung im Sinne eines Chondrosarkoms. Zudem handelt
es sich häufig um Patienten im jugendlichen Lebensalter, so dass häufiger wiederkehrende Röntgenuntersuchungen problematisch sind. Als Alternative bietet sich
die GK-MRT an, insbesondere deshalb, weil die Osteochondrome in multiplen, unterschiedlichen Lokalisationen auftreten können und festgestellt werden muss, ob
die Tendenz einer malignen Entartung vorliegt, erkennbar an einer Dickenzunahme der die Osteochondrome
bedeckenden Knorpelkappe.
Auch bei der Langerhanszell-Histiozytose, der
chronisch rekurrierenden multifokalen Osteomyelitis
(CRMO), dem Morbus Paget oder bei Entwicklungsstörungen des Skeletts wie Osteochondrodysplasien
und polyostotischer fibröser Dysplasie liegen erste Erfahrungen zum Einsatz der GK-MRT vor, wobei es sich
allerdings um Fallberichte oder Beobachtungen von
kleinen Patientengruppen handelt.
Fazit
Mit der Ganzkörper-MRT gelingt eine umfassende bildgebende Analyse des ganzen Körpers in einem einzigen
Untersuchungsgang. Dadurch erscheint sie, ähnlich wie
die PET-CT, prinzipiell geeignet, die derzeit übliche, oft
zeitaufwendige multimodale Diagnostik von Erkrankungen mit systemischen oder multilokulären Manifes-
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tationen zu ersetzen. Neuere technische Entwicklungen
gestatten es, die GK-MRT in einer für die Patienten tolerierbaren Untersuchungszeit von 45 bis 60 min, je
nach Untersuchungsprotokoll, durchzuführen. Dabei
müssen gegenüber dedizierten MRT-Untersuchungen
keine Kompromisse hinsichtlich der Bildqualität eingegangen werden. Trotz dieser ermutigenden Ergebnisse
ist ein ungerichtetes Screening ohne adäquate Indikationsstellung, wie es verschiedentlich angeboten wird,
aufgrund der geringen zu erwartenden Krankheitsprävalenz von < 2 Prozent und der bisher nicht erwiesenen
Kosteneffizienz aber in keiner Weise zu vertreten.
Vielversprechend erscheint jedoch der Einsatz der
GK-MRT bei Risikopopulationen mit erhöhter Prävalenz wie bei Patienten mit Diabetes mellitus, rheumatischen Erkrankungen oder primär benignen Knochentumoren mit malignem Entartungspotenzial.
Mehrere Studien ergaben, dass mit der GK-MRT bei
dem Staging und bei dem Nachweis oder Ausschluss
von Rezidiven verschiedener Tumorentitäten eine hohe
Treffsicherheit erreicht werden kann. Insbesondere Metastasen in der Leber, im Skelett und im ZNS sind genauer nachzuweisen als mit anderen bildgebenden Verfahren, weshalb sich die GK-MRT bei der Diagnostik
von Mamma- und kolorektalem Karzinom in der Praxis
besonders bewähren könnte.
Da das Knochenmark durch die MRT direkt dargestellt wird und beim multiplen Myelom häufig ein diffuser oder multilokulärer Befall vorliegt, ist die GKMRT bei dieser Erkrankung besonders sensitiv und hat
substanzielle Bedeutung für die Prognose und die therapeutischen Entscheidungen. Infolgedessen wurde die
MRT in das Staging-System des multiplen Myeloms
aufgenommen.
KERNAUSSAGEN
● Die Ganzkörper-Magnetresonanztomographie (GK-MRT) findet zunehmend
Einzug in die klinische Routine als Alternative zu schrittweisen, multimodalen
diagnostischen Ansätzen, insbesondere zur umfassenden Abklärung maligner
Erkrankungen.
● Neuere technische Entwicklungen gestatten es, die GK-MRT in einer für die
Patienten tolerierbaren Untersuchungszeit von unter 1 h durchzuführen. Dabei
müssen gegenüber herkömmlichen MRT-Untersuchungen keine Kompromisse
hinsichtlich der Bildqualität eingegangen werden.
● In Studien konnte gezeigt werden, dass mit der GK-MRT bei Staging und Ausschluss von Rezidiven verschiedener Tumorentitäten eine hohe Treffsicherheit
erreicht werden kann. Vor allem Fernmetastasen in Leber, Skelett und ZNS
sind genauer nachzuweisen als mit anderen bildgebenden Verfahren.
● Aufgrund des guten Knochenmarkkontrastes stellt die GK-MRT eine besonders sensitive Methode zum Staging maligner Erkrankungen des Knochenmarks dar, wie zum Beispiel des multiplen Myeloms.
● Der ungezielte Einsatz dieser neuen Methode zum Screening asymptomatischer Populationen muss aufgrund der geringen zu erwartenden Prävalenz
und der bisher nicht erwiesenen Kosteneffizienz kritisch betrachtet werden.
388
Interessenkonflikt
Dr. Schmidt und PD Dinter erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der
Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Prof. Reiser und Prof. Schoenberg geben an, dass sie wissenschaftlich mit
Siemens Health Care kooperieren.
Manuskriptdaten
eingereicht: 19. 5. 2009, revidierte Fassung angenommen: 7. 9. 2009
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Anschrift für die Verfasser
Dr. med. Gerwin Schmidt
Institut für klinische Radiologie
Universitätsklinik Großhadern
LMU München
Marchioninistraße 15
81377 München
E-Mail: [email protected]
SUMMARY
The Uses and Limitations of Whole-Body
Magnetic Resonance Imaging
Background: Whole-body magnetic resonance imaging (WB-MRI) is a
modern imaging method, free of ionizing radiation, which provides highresolution display of individual organ systems and of the anatomy of the
entire body.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 22 | 4. Juni 2010
Methods: Selective literature review
Results: Multi-channel WB-MRI scanners enable both the high-resolution imaging of the entire body and focused studies of individual organs,
through the use of various sequence techniques and contrast modes.
The initial application of combined cardiovascular and oncological imaging protocols for the screening of asymptomatic persons has already
revealed many cases of cardiovascular disease and of tumors with
serious clinical implications. The diagnostic accuracy of M staging with
WB-MRI lies in the range of 93% to 97%. WB-MRI provides good
contrast of the bone marrow, and has thus been used for the diagnosis
of malignant bone marrow disease as well: in particular, it is especially
sensitive for multiple myeloma and plays an important role in prognostication and therapeutic decision-making in this disorder. To date, WBMRI has not been shown to be superior to other diagnostic techniques
with respect to hard endpoints, such as prolongation of survival. It also
carries the risk of false positive findings.
Conclusion: Despite these encouraging results, undirected screening
by WB-MRI without an appropriate indication, as is currently being
practiced in many institutions, is decidedly inadvisable in view of
its predicted diagnostic yield below 2% and the lack of evidence for
its cost-effectiveness.
Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(22): 383–9
DOI: 10.3238/arztebl.2010.0383
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The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.del
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