Beweglichkeitstraining • • • • • • Faktoren der Beweglichkeit Dehntraining: Trainingseffekte und – anpassungen Vorteile eines regelmäßigen Dehnens Fragen zum Dehnen Auf was kommt es beim Dehnen an? Trainingsmethoden zum Dehnen Dr. Peter Wastl Institut für Sportwissenschaft Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf Welche Faktoren bestimmen eine gute Beweglichkeit? BEWEGLICHKEIT Gelenkigkeit Gelenkstruktur Mobilisieren Dehnfähigkeit Sehnen Muskel Gelenkkapsel Elastizität Muskeltonus Tertiäre Filamente (Titin) Muskelspindel (Sehnenspindel) Bänder Haut Muskellänge Anzahl der Sarkomere in Serien Dehnen 1 Welche Faktoren bestimmen eine gute Beweglichkeit? Innere Faktoren • Zustand der knöchernen Formelemente des Gelenks (Gelenkkopf, -pfanne) • Zustand der bindegeweb. Formelemente des Gelenks (Knorpel, Kapsel, Bänder) • Gelenkstoffwechsel (Gelenkschmiere) Gelenkigkeit • Zustand der auf das Gelenk wirkenden Muskulatur (Kraft u. Masse der Muskeln, Elastizität der bindegewebigen Anteile, tertiäre Filamente, Muskellänge, Muskeltonus ...?) Dehnfähigkeit • neurophysiologische Steuerungsprozesse • psycho-physische Hemmungs- und Aktivierungsprozesse Entspannungsfähigkeit • Kraftfähigkeit des Antagonisten Kraftfähigkeit • hormonelle Situation, Geschlecht (Östrogenspiegel, Gewebsdichte) • Lebensalter Alter und Geschlecht Äußere Faktoren • Tageszeit • Temperatur • Ermüdung Rahmenbedingungen Dr. Peter Wastl Welche Faktoren bestimmen eine gute Beweglichkeit? Skelettmuskulatur Darstellung der Struktur des Skelettmuskels Muskelfaser = Muskelzelle Aktin-Myosin-Komplex Sarkomer (von Z-Scheibe zu Z -Scheibe) (nach Weineck, 2002, S. 50) Dr. Peter Wastl 2 Welche Faktoren bestimmen eine gute Beweglichkeit? Schematisierte Darstellung der fibrillären Struktur der Muskelfaser (nach WIEMANN 2000, 6) Dr. Peter Wastl Trainingseffekte/Trainingsanpassungen beim Dehnen Trainingseffekt Konsequenz für das Dehnen Beeinflussung der Gelenkstruktur Zustand der bindegewebigen Anteile (Knorpel, Kapsel, Bänder) è vorsichtig dehnen, um die Formelemente des Gelenks nicht zu schädigen Beeinflussung der Eigenschaften des tendomuskulären Systems (Muskeln, Sehnen) Der größte Teil des Dehneffekts beruht auf der Verbesserung der Elastizität des Bindegewebes u. der tertiären Filamente (elastische Anteile des Muskels) è die Dehnzeit länger andauern lassen, um vor allem die bindegewebigen Strukturen in die Länge zu ziehen („Creeping“-Effekt); ggf. länger andauerndes wiederholtes rhythmisches Dehnen ... Beeinflussung des Muskeltonus Ein erhöhter Muskeltonus kann den muskulären Widerstand für Dehnungsübungen heraufsetzen è das Dehnen durch Betonung von Ausatmung und Atempause unterstützen Beeinflussung des neuromuskulären Systems (Nerv-Muskel-Zusammenspiel) Längenempfindliche Muskelspindel, spannungsempfindliche Sehnenspindel è die Dehnung langsam durchführen, um die Muskelspindel nicht zu „überreizen“ è durch Anspannen des antagonistischen Muskels eine reflektorische Entspannung bewirken (reziproke Hemmung) è durch Anspannen des Muskels vor dem Dehnen die Sehnenspindeln „überlisten“ (autogene Hemmung) 3 Trainingseffekte/Trainingsanpassungen beim Dehnen Erhöhte Resistenz der Muskulatur gegenüber Dehnungsbelastungen subjektive Anpassungen Strukturelle Veränderungen objektiv Anpassungen ê ê Zunehmende subjektive Toleranz gegenüber Dehnungsreizen ê Verstellung neuromuskulärer Regelgrößen (Verstellung der Ansprechschwelle der Propriorezeptoren) Vermehrung der Sarkomerzahl ê Verlängerung der Muskelfasern ê Veränderung der räumlichen Anordnung der bindegewebigen Strukturen ê Verbesserung der elastischen Eigenschaften (CreepingPhänomen) Dr. Peter Wastl Vorteile eines regelmäßigen Dehnens Systeme des Körpers, die die Dehnung beeinflussen: • Passiv-mechanische (morphologische) Eigenschaften von Muskel und Bindegewebe • Neurophysiologische Steuerungsfähigkeit Primäre Effekte (gesichert) • Verbesserung der Beweglichkeit durch Vergrößerung der Bewegungsamplitude • Steigerung der Zugtoleranz des Muskels, der Muskel hält höhere dehnende Kräfte aus • Verbesserung der Kraftfähigkeit in gedehnter Position • Vermeidung und Abbau von muskulären Dysbalancen • Beschleunigung der Rehabilitation nach Verletzungen Primäre Effekte (fraglich, weil nicht erwiesen, aber von Praktikern als Erfahrung angenommen) • • • • Sekundäre Effekte • Verbesserung der sportlichen Leistungsfähigkeit • Verbesserung von Körpergefühl und Wohlbefinden Vorbeugen von Verletzungen Verbesserung der Entspannungsfähigkeit des Muskels Abbau von Muskelverspannungen Beschleunigung der Regeneration modifiziert nach BOECKH -BEHRENS/BUSKIES 1995, 105 Dr. Peter Wastl 4 Fragen zum Dehnen 1. Dehnen und Muskelkater 2. Dehnen und Verletzungsprophylaxe 3. Dehnen vor dem Training/Wettkampf 4. Dehnen nach dem Training/Wettkampf 5. Dehnen und Regeneration Dr. Peter Wastl Auf was kommt es beim Dehnen an? 1. Richtige Übungsauswahl 2. Ausgangsposition beachten 3. Dehnposition beachten 4. Dehnmethode auswählen 5. Belastungsnormative beachten Dr. Peter Wastl 5 Übungen zum Dehnen è Mechanik von Gelenken und Muskulatur beachten è Mögliche Dysbalancen beachten Dehnungstechniken fremdgesteuerte Dehnung -passiv selbstgesteuerte Dehnung - aktiv - passiv Dehnungsarten Aktives Dehnen ð Kraft des Antagonisten des zu dehnenden Muskels Passives Dehnen ð Schwerkraft, Schwungunterstützung, Partner, Gerät, nicht antagonistisch wirkende Muskeln Dr. Peter Wastl Trainingsmethoden zum Dehnen Dehnmethoden Dynamisches Dehnen • Intermittierend (wiederholend) • rhythmisch • ballistisch Statisches Dehnen Permanentes Dauerdehnen Aktives Dehnen Neurophysiologisches Dehnen AnspannungsEntspannungsDehnen (AED) ... zu den Dehnmethoden im einzelnen ... Dr. Peter Wastl 6 Die vier (fünf) gebräuchlichsten Dehnmethoden Beispiel: Dehnen der ischiocruralen Muskulatur (nach Klee & Wiemann 2001, 4) v passives, permanentes, Dauerdehnen u wiederholtes, w aktives intermittierendes Dehnen Dehnen x AnspannungsEntspannungs-Dehnen (a) passiv (b) aktiv Dr. Peter Wastl Trainingsmethoden zum Dehnen Methode der wiederholten Dehnung (rhythmisch-wechselhaftes Dehnen) Kurzbeschreibung Wiederholtes, geführtes, langsames, nicht ruckhaftes „Schieben“ in die Dehnposition mit kleiner bis mittlerer Bewegungsamplitude und Betonung der Ausatmung. Dabei wird die Bewegungsgrenze allmählich hinausgeschoben. Intensität Spannungsgefühl Je nach Ziel, leicht bis stark, angenehm bis schmerzhaft möglich Bewegungstempo Kontrolliert, langsam bis zügig Umfang Wiederholungen nach subjektivem Empfinden, ca. 20 – 30 Wiederholungen Serien 1-2 Trainingshäufigkeit je nach Trainingsziel ein- bis mehrmals wöchentlich, ggf. täglich Eignung besonders zum Auf- und Abwärmen vor und nach sportlichen Betätigungen geeignet modifiziert nach BOECKH- BEHRENS/BUSKIES 1995, 125 Dr. Peter Wastl 7 Trainingsmethoden zum Dehnen Methode der Dauerdehnung (passives Dehnen) Kurzbeschreibung Einnehmen d. Dehnposition, so dass eine deutliche Dehnspannung spürbar ist (= Andehnen). Halten der Dehnposition, Muskulatur entspannen, ausatmen und Atempause betonen. Wenn das Spannungsgefühl nachlässt, Verstärkung der Dehnung und erneutes Halten der Dehnposition (= Nachdehnen). Dabei wird die Bewegungsgrenze allmählich hinausgeschoben. Intensität Spannungsgefühl Je nach Ziel, leicht bis stark, angenehm bis schmerzhaft möglich Bewegungstempo Halten der Dehnposition Dauer Umfang nach subjektivem Empfinden, ca. 20 Sek. andehnen, ca. 20 Sek. nachdehnen Serien 1-2 Trainingshäufigkeit je nach Trainingsziel ein- bis mehrmals wöchentlich, ggf. täglich Eignung eher zum Dehntraining (Hauptteil einer Übungsstunde), weniger zum Auf- und Abwärmen geeignet modifiziert nach BOECKH- BEHRENS/BUSKIES 1995, 123 Dr. Peter Wastl Trainingsmethoden zum Dehnen Methode der Dauerdehnung durch Anspannen des Antagonisten (aktives Dehnen) Kurzbeschreibung Die Dehnung erfolgt durch aktives Anspannen der antagonistischen Muskulatur. Durch aktive Kontraktion des Antagonisten wird im Agonisten eine Dauerdehnung erzeugt. Auch während der Anspannung soll kontinuierlich weitergeatmet werden. Intensität Kontraktion Spannungsgefühl der Antagonisten: mittel bis maximal möglich Je nach Ziel, leicht bis stark möglich, abhängig vom Krafteinsatz der Antagonisten Bewegungstempo Halten der Dehnposition Dauer nach subjektivem Empfinden, ca. 20 Sek. andehnen, ca. 20 Sek. nachdehnen Umfang Serien 1-3 Dichte Pause zw. Serien nach subjektivem Empfinden Trainingshäufigkeit je nach Trainingsziel ein- bis mehrmals wöchentlich, ggf. täglich Eignung durchgängig geeignet modifiziert nach BOECKH- BEHRENS/BUSKIES 1995, 124 Dr. Peter Wastl 8 Trainingsmethoden zum Dehnen Methode der Anspannungs-Entspannungsdehnung (AED bzw. CHRS) Kurzbeschreibung Einnehmen der Dehnposition, so dass eine Dehnspannung spürbar is t. Zusätzliche isometrische Anspannung der gedehnten Muskulatur. Ausatmen beim Entspannen der Mus kulatur unter Beibehaltung der Gelenkstellung und sofortiges Nachdehnen als Dauerdehnung. Intensität Kontraktion Spannungsgefühl mittel bis maximal möglich Je nach Ziel, leicht bis sehr stark, angenehm bis Schmerzhaft möglich, Bewegungstempo Halten, „Schieben“, Halten Dauer Umfang Serien nach subjektivem Empfinden, ca. 6 - 14 Sek. nach subjektivem Empfinden ca. 10 - 15 Sek. 2-3 Dichte Pause zw. Serien ohne Pause Trainingshäufigkeit je nach Trainingsziel ein- bis mehrmals wöchentlich, ggf. täglich Eignung weniger zum Abwärmen geeignet modifiziert nach BOECKH- BEHRENS/BUSKIES 1995, 124 Dr. Peter Wastl Dehntraining ... WAS BLEIBT? ALLES GEHT! Dr. Peter Wastl 9 Dehntraining ... Umsetzung in die Praxis Übungshinweise Biologische Grundlagen Welcher Zweck? Langsam und kontrolliert statisch u. dynamisch dehnen; explosive und ruckhafte Dehnung vermeiden 1) Die Aktivität der Muskelspindel steigt mit zunehmender Dehnungsgeschwindigkeit. 2) Formelemente der Gelenke schützen. generell Sanft dehnen, extreme Dehnung in den Schmerzbereich vermeiden Die Aktivität der Muskelspindel steigt mit zunehmender Dehnungsintensität generell Konzentration auf die Entspannung des gedehnten Muskels Die Dehnungsempfindlichkeit der Muskelspindel wird herabgesetzt (Sollwert) Dehnen im Hauptteil Unterstützung der Dehnung durch Kontraktion des Antagonisten Durch die Muskelspindel wird eine reflektorische (reziproke) Hemmung des gedehnten Muskels bewirkt Dehnen im Hauptteil Unterstützung der Dehnung durch Betonung von Ausatmung u. Atempause Führt zu einer reflektorischen Entspannung der Muskulatur Dehnen im Hauptteil Dehnung längere Zeit (> 20 sec) auf rechterhalten oder viele Wiederholungen ausführen 1) Erreichen einer neuen Sollwerteinstellung der Muskelspindel 2) Creeping-Effekt, d.h. bindegewebige Strukturen werden in die Länge gezogen Dehnen im Hauptteil Kurzzeitig isometrisch anspannen entspannen - nachdehnen Nutzen der autogenen Hemmung durch die Golgi-Sehnenorgane oder der kurzzeitigen Anpassungsblockade der Muskelspindel Dehnen im Hauptteil Kurzzeitig dynamisch intermittierend dehnen Führt zu leichten Dehnungen und Kontrak tionen der Muskulatur Dehnen zum Auf und Abwärmen Zusammenfassung ... Beweglichkeitstraining - Dehntraining • • • • • • Faktoren der Beweglichkeit Dehntraining: Trainingseffekte und – anpassungen Vorteile eines regelmäßigen Dehnens Fragen zum Dehnen Auf was kommt es beim Dehnen an? Trainingsmethoden zum Dehnen Dr. Peter Wastl 10