3. Potenzen und Logarithmen Der lange Weg zu den Potenzgesetzen Natürliche Exponenten: 1. Schritt: x n , n 2 N, also eine natürliche Zahl (ungleich Null). Wie jeder weiß, gilt: 106 · 103 = 10 · 10 · 10 · 10} · 10 | · 10 · 10{z | · 10 {z · 10} 9 = 10 · 10 · 10 · 10 · 10 · 10 · 10 · 10 · 10 = 10 | {z } 6+3 = 9 Faktoren Das gilt deshalb auch allgemein für jede reelle Zahl x 2 R und natürliche Zahlen m,n 2 N n+m x n · x m = x| · x ...x · x · x · x ...x · x = x · x ...x · x · x ...x · x = x {z } | {z } | {z } n Faktoren m Faktoren sowie analog (x m )n = x (mn) und n+m Faktoren xm xn = x m°n , falls m > n. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 50/87 Rationale und reelle Exponenten 1 n 2. Schritt: Wir definieren zunächst x . 1 n (x > 0) ist x n = Die Umkehrfunktion zu x ≥ 1 ¥n x n = x. p n x. Sie erfüllt die Gleichung Wegen der diskutierten Probleme mit der Umkehrfunktion bei geradem 1 Exponenten n definiert man x n nur für nichtnegative x. Für positive rationale Exponenten definieren wir x m n ≥ = x 1 n ¥m p n = ( x)m , x ∏ 0, n,m 2 N. 3. Schritt: Per Definition ist x 0 = 1 für alle x 2 R. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 51/87 4. Schritt: Negative ganze Zahlen °n, n 2 N. Für x 6= 0 gilt x · x1 = 1 und damit auch µ ∂n 1 x · x n xn 1 = 1 = n = xn n . x x Deshalb definiert man x °n := x1n , und es gilt m x ·x °n xm = n = x m°n . x Ergebnis: Für rationale Zahlen r = m n ist x m n p = ( n x)m . S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 52/87 Für irrationale Æ 2 R wird x Æ mittels Stetigkeitsargument definiert: Zu jeder irrationalen Zahl Æ gibt es eine Folge rationaler Zahlen mit lim rn = Æ, und wir definieren: n!1 x Æ := lim x rn . n!1 S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 53/87 Potenzgesetze Für beliebige reelle Zahlen a, b, c 2 R und natürliche Zahlen n 2 N sowie m 2 Z gelten die folgenden Potenzgesetze: (ab )c = a(bc ) , ab+c = ab ac , a > 0, a > 0, (ab)c = ac b c , a, b > 0, 1 a°b = b , a > 0 a ab b °c a = c, a>0 a 1 n p n m n p n a = a = a, am a ∏ 0. p = ( n a)m , a ∏ 0. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 54/87 Quadrieren und Potenzieren Quadrieren und Potenzieren mit geradem Exponenten Beispiel: Aus x = °3 folgt x 2 = (°3)2 = 9. Wenden wir das Wurzelziehen als Umkehroperation an, so folgt p x 2 = |x | = p 9 = 3, und wir erhalten 2 Lösungen x1 = °3 und x2 = 3. Merke: Quadrieren ist keine äquivalente Umformung! Trotzdem wird man in vielen Fällen quadrieren, um eine Lösung zu erhalten. In diesem Fall muss man eine Probe machen, um beim Quadrieren entstandene Scheinlösungen zu identifizieren. Das Phänomen tritt analog bei sämtlichen Potenzen mit geradem Exponenten auf. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 55/87 Potenzieren mit ungeradem Exponenten Beispiel: Die Gleichung x 3 = °8 besitzt die einzige Lösung x = °2. p Allerdings darf diese nicht als x = 3 °8 geschrieben werden, denn Wurzeln sind nur für nichtnegative Zahlen definiert! Die korrekten Schritte beim äquivalenten Umformen lauten hier x 3 = °8 () °x 3 = 8 () (°x)3 = 8 () °x = p 3 8 = 2 () x = °2. Eine Probe ist entbehrlich, da äquivalent umgeformt wurde. Sie schadet aber auch nicht. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 56/87 Vorsicht Falle! p Exkurs: Warum nicht einfach 3 °8 = °2? Ein Grund wäre die Allgemeingültigkeit der Potenzgesetze: Es gilt für m 2 Z, n, k 2 N: m m ·k n x = x n ·k . p Würde man fälschlicherweise mit °2 = 3 °8 rechnen, so folgt daraus ein Widerspruch: p 1 1· 2 3 3 °2 = °8 = (°8) = (°8) 3·2 q p 2 6 6 2 = (°8) 6 = (°8) = 64 = 2. Eine weitere Begründung lernen Sie in HM 1 kennen: in den komplexen Zahlen hat die Gleichung x 3 = °8 drei verschiedene Lösungen! S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 57/87 Lösen von Potenzgleichungen Die Gleichung x n = a mit geradem Exponenten n 2 N besitzt: p • genau die beiden Lösungen x1/2 = ± n a, falls a ∏ 0, • keine Lösung, falls a < 0. Die Gleichung x n = a mit ungeradem Exponenten n 2 N besitzt: • die eindeutige Lösung x = p n a, falls a ∏ 0, p p • die eindeutige Lösung x = ° n |a| = ° n °a, falls a < 0. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 58/87 Wurzelgleichungen Lösungsverfahren für Wurzelgleichungen 1. Den maximalen Definitionsbereich bestimmen. 2. Quadrieren bzw. Potenzieren bis keine Wurzeln mehr auftreten. 3. Resultierende Gleichung lösen. 4. Abgleich der erhaltenen Lösungen mit dem Definitionsbereich. 5. Probe. Lösen Sie die beiden Wurzelgleichungen p p x °1+ x +2 = 1 und p 4 x3 + 4 = p x +2 S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 59/87 Die Gleichung p p x °1+ x +2 = 1 besitzt keine Lösung. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 60/87 Die Gleichung besitzt die Lösungen x0 = 0, p 4 x3 + 4 = p p x1 = 1° 2 17 x +2 und p x2 = 1+ 2 17 . S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 61/87 Exponential- und Logarithmusfunktion und assoziierte Gleichungen Die Exponentialfunktion x 7! ax ist für a > 0 und alle x 2 R definiert. Gebräuchliche Werte für die Basis sind die Zahlen 10, 2 und e º 2.71828. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 62/87 Plot von Exponentialfunktionen zu verschiedenen Basen: S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 63/87 Die Eulersche Zahl e Ein Startkapital von 1e werde jeweils für ein Jahr angelegt. Auf Leonhard Euler (1707-1783) geht folgende Überlegung zum Zinseszins zurück: • Bei jährlicher Verzinsung mit 100% sind am Jahresende 2e fällig. • Bei halbjährlicher Verzinsung mit 50% sind am Jahresende (1 + 12 )2 e = 2.25e zu zahlen. • Bei vierteljährlicher Verzinsung mit 25% sind am Jahresende (1 + 14 )4 e º 2.44e zu zahlen. 1 -tel des Frage: Wie wächst die zu zahlende Summe, wenn 100 % pro n n Jahres zu zahlen sind? Wird diese Zahl beliebig groß? Euler: Nein, denn µ 1 e := lim 1 + n!1 n ∂n º 2.71828. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 64/87 Exponential- und Logarithmusfunktion Die Logarithmusfunktion ist die Umkehrfunktion der Eponentialfunktion. Der Definitionsbereich der Logarithmusfunktion ist das offene Intervall (0; 1). Der Logarithmus ist folglich nur für positive Argumente x definiert. Für die Basis a gilt a > 0. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 65/87 Wozu braucht man den Logarithmus? Schallpegel (dB) 120 90 60 30 0 Schallintensität (W/m2) Düsenjet in 500m Entfernung Rock-Konzert U-Bahn PKW leise Unterhaltung ruhiges Zimmer Blätterrauschen Hörbarkeitsgrenze 1 10-3 Wie laut ist laut? 10-6 10-9 10-12 W W 0 Die Schallintensität I läuft von I0 = 10°12 m 2 bis über 10 = 1 m2 , deshalb ist eine logarithmische Darstellung als Schallpegel P besser: I P = 10log10 . I0 S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 66/87 Rechnen mit Logarithmen Alle Logarithmengesetze ergeben sich aus den Potenzgesetzen. Für x,y > 0 und a > 0, a 6= 1 sowie r ,b > 0 gilt • b = loga c () ab = c, • ab = e b ln a , • loga (xy ) = loga x + loga y , • loga x r = r loga x, loga ≥ ¥ x y = loga x ° loga y , loga x °r = loga x1r = ° loga x r = °r loga x, • wichtige Beziehungen: loga 1 = ln1 = 0,loga a = lne = 1. log x x • Umrechnungsformel: loga x = logb a und loga x = ln ln a . b S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 67/87 Logarithmen- und Exponentialgleichungen • Maximalen Definitionsbereich bestimmen. • Logarithmen- und Potenzgesetze anwenden und Gleichung lösen. • Liegt die Lösung im Definitionsbereich? (Betrifft vor allem Logarithmen.) Beispiel: log10 (x ° 2) = 1 ( () log10 (x ° 2) = log10 10) =) x ° 2 = 10 () x = 12 Da x = 12 im Definitionsbereich liegt, ist x = 12 Lösung der Gleichung. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 68/87 Bestimmen Sie alle reellen Lösungen der Gleichung 1 lnx ° ln(3x ° 2) = 0. 2 S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 69/87 Beispiel zur Exponentialgleichung: 9x °1 = 36 · 3x Maximaler Definitionsbereich: x 2 R. Anwenden von Potenzgesetzen: 9x °1 = (32 )x °1 = 32(x °1) und 36 · 3x = 36+x ergibt 32(x °1) = 36+x () 2(x ° 1) = 6 + x | log3 () x = 8. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 70/87 Plot zum Beispiel 9x °1 = 36 · 3x mit x = 8 als Lösung: S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 71/87 Bestimmen Sie alle reellen Lösungen der Gleichung 3x +3 ° 2 · 5x = 5x +1 + 2(3x + 5x ). S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 72/87 Wozu braucht man den Logarithmus? Schallpegel (dB) 120 90 60 30 0 Schallintensität (W/m2) Düsenjet in 500m Entfernung Rock-Konzert U-Bahn 1 10-3 PKW leise Unterhaltung ruhiges Zimmer Blätterrauschen Hörbarkeitsgrenze Wie laut ist laut? 10-6 10-9 10-12 W W 0 Die Schallintensität I läuft von I0 = 10°12 m 2 bis über 10 = 1 m2 , deshalb ist eine logarithmische Darstellung als Schallpegel P besser: P = 10log10 I . I0 S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 73/87 Logarithmische Darstellung, Logarithmenpapier Schalldruckpegel Lp = 20log10 PP0 mit P0 = 2 · 10°5 Pa. Wegen der über weite Strecken extrem flachen Kurve ist eine Darstellung mit den üblichen linear skalierten Achsen wenig aussagekräftig. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 74/87 Viel besser ist eine halblogarithmische Darstellung (Logarithmenpapier): Schalldruckpegel Lp = 20log10 PP0 mit P0 = 2 · 10°5 Pa. S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 75/87 Rechnen mit Logarithmen Alle Logarithmengesetze ergeben sich aus den Potenzgesetzen. Für x,y > 0 und a > 0, a 6= 1 sowie r ,b > 0 gilt • b = loga c () ab = c, • ab = e b ln a , • loga (xy ) = loga x + loga y , • loga x r = r loga x, loga ≥ ¥ x y = loga x ° loga y , loga x °r = loga x1r = ° loga x r = °r loga x, • wichtige Beziehungen: loga 1 = ln1 = 0,loga a = lne = 1. log x x • Umrechnungsformel: loga x = logb a und loga x = ln ln a . b S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 76/87 S. Bernstein, Vorkurs Mathematik für Ingenieure, September 2017 77/87