Vorteile und Risiken von Social Media Diensten Thorsten Sörup Rechtsanwalt Tel.: +49 (0) 69 / 95 50 80 Fax: +49 (0) 69 / 95 50 81 00 Email: [email protected] www.schiedermair.com Teil 1: Einführung „Social Media Dienste“ 2 Teil 1: Einführung „Social Media Dienste“ Social Media Dienste werden zusammengefasst als – eine Gruppe von Internetanwendungen, – die auf den ideologischen und technologischen Grundlagen des Web 2.0 aufbauen, und – der Herstellung und dem Austausch von sog. User Generated Content dienen Im Vordergrund steht die Bildung von Netzwerken, – über die Informationen ausgetauscht werden (Texte, Bilder, Audio- oder Videodateien), – und bei denen im Unterschied zu den klassischen Massenmedien (Zeitung, Radio, Fernsehen) die Trennung zwischen Sender und Empfänger aufgehoben ist. An die Stelle einer „one-to-many“ Verbreitung tritt eine „many-to-many“ Verbreitung. 3 Teil 1: Einführung „Social Media Dienste“ Vorteile Social Media Dienste – Social Media Dienste stützen sich auf online-basierte und damit kostengünstige Kommunikationskanäle und Anwendungen. – Sie weisen geringe Eintrittsbarrieren zur Nutzung auf, wie • geringe Kosten, • unkomplizierte Produktionsprozesse, • einfache Zugänglichkeit der Werkzeuge für die Veröffentlichung und Verbreitung von Inhalten jeder Art • gute Erreichbarkeit von kleinen wie großen Empfängerkreisen 4 Teil 1: Einführung „Social Media Dienste“ Unterschieden werden: – – – – – Webblogs / Blogs (Kombination von Text, Bild, Audio und Video) Podcasts (Audio / Video) Wikis (Lexikon etc.) Social Networks (Xing, Facebook, StudiVz, Twitter etc.) Mailinglisten, RSS-Feeds und Internetforen 5 Teil 1: Einführung „Social Media Dienste“ Glossar „Social Media Dienste“: – Weblog/Blog: Ein Weblog (auch: Blog) ist ein online geführtes Tagebuch bzw. Journal. Der Name leitet sich ab aus “world wide web“ und “log“ (engl. Protokoll). Themen, die in Blogs behandelt werden, sind sehr vielfältig – gebloggt wird sowohl von Privatpersonen als auch von Unternehmen. Jedes Posting (Eintrag) kann von den Lesern kommentiert werden. Auf diesem Wege erhalten Unternehmen beispielsweise wichtiges Feedback, das ihnen sonst entgehen würde. – Podcast/Vlog Als Podcast wird die Aufzeichnung und Veröffentlichung eines Beitrages in Audio- bzw. Videoform bezeichnet. Die Inhalte sind ebenso unterschiedlich wie bei den Textblogs. Unter der Abkürzung Vlog ist ein Video-Blog zu verstehen. Ein Podcast kann also Teil eines Blogs sein oder auch als Einzelbeitrag auf der Homepage veröffentlicht werden. – Wiki Als Wiki wird eine Seite bezeichnet, deren Inhalte von allen Nutzern gemeinsam produziert und geändert werden können. Der Inhalt und Wissensaustausch steht im Vordergrund – Layout ist zweitrangig. Das bekannteste Beispiel für ein Wiki ist www.wikipedia.org. 6 Teil 1: Einführung „Social Media Dienste“ Glossar „Social Media Dienste“: – Social Network Unter Social Networks versteht man – wie der Name schon sagt – soziale Netzwerke. Auf diesen Seiten können die Nutzer sich mit Freunden, Bekannten, Kollegen oder auch unbekannten, aber interessanten Personen/Unternehmen vernetzen. Die meisten Social Networks zeichnen sich durch eine Vielzahl Zusatzfunktionen aus, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. – RSS-Feed Beinahe alle Inhalte, die auf Blogs, Wikis oder Homepages online gestellt werden, können per RSS-Feed abonniert werden – dazu gibt es Programme wie z.B. www.feedreader.com/, www.bloglines.com/ oder www.google.de/reader/. Dadurch erhält jeder Abonnent einen Hinweis, sobald es auf der jeweiligen Seite etwas Neues gibt. Die Überschrift sowie einige Zeilen des Textes werden in der Vorschau angezeigt, der Link führt zum Beitrag. RSS-Feeds können auch in Mailprogramme, wie z. B. Microsoft Outlook integriert werden. 7 Teil 2: Social Media Marketing 8 Teil 2: Social Media Marketing Vorteile von Social Media Diensten für Unternehmen liegen hauptsächlich im Bereich Marketing, daher auch der Begriff „Social Media Marketing“. – Social Media Marketing ist eine Form des Onlinemarketings, bei dem durch die Beteiligung in Social-Media-Angeboten Unternehmen ihre Marketingziele einfach und kostengünstig erreichen können. – Zentraler Vorteil ist, dass im Gegensatz zu klassischen Marketingmaßnahmen, eine direkte Kommunikation mit den Kunden erreicht wird (Stichwort Feedbackkultur im Web 2.0) 9 Teil 2: Social Media Marketing Ziel der Marketingmaßnahmen sind typischerweise: – Aufbau und Pflege eines positiven Markenimages (Reputation Management) – Steigerung der Bekanntheit des Unternehmens – Steigerung der Besucherzahlen auf der Webseite – Verbesserung der Suchmaschinenergebnisse – Kundenakquise / Kundenbindung (Customer Relationship Management – CRM) – Verbesserung der Verkaufszahlen 10 Teil 3: Risiken von Social Media Diensten 11 Teil 3: Überblick Risiken von Social Media Diensten Neben den Vorteilen und Möglichkeiten, die Social Media Dienste / Plattformen bieten, sind für Unternehmen gleichzeitig aber auch die Risiken gewachsen und zwar unabhängig davon, ob Social Media Dienste aktiv für Marketingzwecke genutzt werden oder nicht. Risiken, die sich für Unternehmen im Zusammenhang mit Social Media Diensten ergeben, sind: – Äußerungen / Bewertungen im Internet über mein Unternehmen, meine Produkte, meine Dienstleistungen – Verletzung von absoluten Rechten (Marken-, Urheberrechte etc.) – Umgang meiner Mitarbeiter mit dem Medium „Social Media“. – Rechtliche Verantwortlichkeit im Internet 12 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet 13 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Äußerungen / Bewertungen im Internet: – Äußerungen / Bewertungen im Internet, z.B. auf Social Media Plattformen, sind in vielfältiger Weise denkbar. – Kunden, Wettbewerber oder andere Personen äußern sich über mein Unternehmen, meine Produkte / Dienstleistungen, ohne dass ich hiervon notwendigerweise Kenntnis habe. – Besonders kritisch sind Äußerungen, die unzutreffend sind und/oder bewusst falsch verbreitet werden. Dies kann zu erheblichen Reputations- und Umsatzverlusten am Markt führen. – Aber auch zutreffende Tatschen- oder Meinungsäußerungen können zu einem erheblichen Reputationsverlust führen, werden sie nicht Ernst genommen. – Ursachen für derartige Verhaltensweisen sind vielfältig: • • • • unzufriedene oder nicht ernst genommenen Kunden, Kundenbeschwerden, Revanchetaten von ausgeschiedenen Mitarbeitern, wettbewerbswidrigen Äußerungen von Wettbewerbern. Äußerungen eigener Mitarbeiter 14 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Beispiel Kryptonite – Sachverhalt: Der Fahrradschloss-Hersteller Kryptonite hat beispielsweise vor einigen Jahren den Hinweis eines einzelnen Kunden im Internet nicht ernst genommen, dass eines ihrer Fahrradschlösser leicht zu knacken sei. Dieser Kunde hat sich über die Ignoranz des Unternehmens derart geärgert, dass er kurzerhand eine Anleitung auf Video aufnahm und ins Internet stellte (http://www.youtube.com/watch?v=t8XxcOj3Seo) – Konsequenz: Hunderttausende Kunden sahen sich das Video an und diskutierten in Foren und Blogs. Neben schlechter PR bescherte dies Kryptonite einen deutlichen Umsatzrückgang. 15 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Beispiel Jack Wolfskin – Sachverhalt: Im Jahr 2009 gerieten DaWanda und Jack Wolfskin wegen einer Markenrechtsverletzung aneinander. DaWanda wurde von dem OutdoorartikelHersteller aufgefordert bestimmte Produkte mit Katzenpfoten-Motiven - die markenrechtlich zugunsten von Jack Wolfskin geschützt sind - von ihrer Plattform zu entfernen. Trotz sofortigen Handelns wurden verschiedene DaWanda-Hersteller und Mitglieder mit zum Teil erheblichen Abmahnkosten von Jack Wolfskin abgemahnt. – Konsequenz: Die Vorgehensweise des Unternehmens stieß – trotz des rechtlich zulässigen Vorgehens - auf erhebliche Kritik im Internet und endete in Aufrufen zu Produktboykotten. 16 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Handlungsempfehlung: – „Social Media Monitoring“ Social Media Dienste sind kontinuierlich zu kontrollieren, um ungewollte, unberechtigte oder falsche Äußerungen / Bewertungen im Internet zu erkennen und angemessen reagieren zu können. – Ansprechpartner Social Media in der Marketing- oder Rechtsabteilung, der bei kritischen Äußerungen / Bewertungen umgehend tätig wird. – Klare Verhaltensregeln für Mitarbeiter 17 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Exkurs: Social Media Monitoring – „Social Media Monitoring“ steht für die Identifikation, Beobachtung und Analyse (Monitoring) von benutzergenerierten Inhalten (Media bzw. User-GeneratedContent UGC) in Foren, Blogs und sozialen Netzwerken – Die Beobachtung erfolgt in aller Regel softwaretechnisch anhand von Schlüsselwörtern (Key-Words), z.B. einem Unternehmen- oder Produktnamen in Zusammenhang mit Werturteilen wie „schlecht“, „gut“, „unzuverlässig“ etc. Anhand dieser Schlüsselwörter wird der Inhalt von Social Networks, Foren, Blogs etc. gescreent. – Achtung: Ohne nochmalige (manuelle) Überprüfung sind die Ergebnisse nur selten zu gebrauchen. Ein Schlüsselwort wie „schlecht“ in Zusammenhang mit einem Produktnamen bedeutet noch nicht automatisch eine negative oder unzutreffende Bewertung. Um zuverlässige Ergebnisse zu erlangen, sind die Treffer manuell zu überprüfen. 18 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Exkurs: Social Media Monitoring: – Automatisches Monitoring: Hier werden Inhalte ausschließlich mit Hilfe einer Software identifiziert und semantisch analysiert. Die Vorgehensweise ist meist kostengünstig. Auf Grund der eingeschränkten softwaretechnischen Möglichkeiten sind die Ergebnisse aber nur wenig aussagekräftig und zuverlässig. – Halbautomatisches Monitoring: Auch hier werden Inhalte mit Hilfe einer Software automatisch überprüft, allerdings auf Basis von detaillierte Suchanfragen von Mitarbeitern. Die Ergebnisse werden sodann von Mitarbeitern nochmals überprüft. – Manuelles Monitoring: Inhalte von Social Networks werden von Mitarbeitern ausschließlich manuell überprüft und ausgewertet. Dies ist zwar eine teure aber die zuverlässigste und effektivste Lösung um ein Social-Media-Monitoring qualitativ hochwertig zu gewährleisten. 19 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Handlungsmöglichkeiten bei Rechtsverletzungen Bei Rechtsverletzungen sind für das weitere rechtliche Vorgehen folgende Fragen zu klären: – Welche Ansprüche habe ich? – Gegen wen gehe ich vor? – Wie setze ich meine Ansprüche durch? 20 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Welche Ansprüche habe ich? – Welche Ansprüche für ein rechtliches Vorgehen in Betracht kommen, hängen von der jeweiligen Handlung und der damit verbundenen Rechtsverletzung ab. – Bei Äußerungen / Bewertungen im Internet ist generell zunächst zu prüfen, ob es sich um • eine wahre Tatsachenbehauptung, • eine unwahre Tatsachenbehauptung, oder • eine Meinungsäußerung / ein Werturteil handelt. 21 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet – Wettbewerbsrechtlich sind kommen vor allem die Tatbestände der §§ 3, 4 Nr. 7 und 8 UWG in Betracht. – Sind Äußerungen / Bewertungen • unzutreffend und rechtlich unzulässig können zivilrechtliche, wettbewerbsrechtliche, strafrechtliche Ansprüche bestehen • zutreffend und rechtlich zulässig, besteht in der Regel keine rechtliche Handhabe, um gegen diese vorzugehen 22 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Überblick zu Tatsachenbehauptungen, Meinungsäußerungen und Werturteilen: – Wahre, unwahre Tatsachenbehauptung • • Tatsachen sind konkrete Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die sinnlich wahrnehmbar in die Wirklichkeit getreten und damit dem Beweis zugänglich sind. Dazu gehören auch innere Tatsachen (z.B. Absichten, Motive), soweit sie zu bestimmten äußeren Geschehnisse erkennbar in Beziehung stehen. Unwahr ist eine Tatsachenbehauptung, wenn sie in ihren wesentlichen Punkten falsch ist; geringfügige Übertreibungen oder die Unrichtigkeit von Nebensächlichkeiten genügen allerdings nicht. – Meinungsäußerung / Werturteile • • Eine Meinungsäußerung / Werturteil liegt vor, wenn die Äußerung durch Elemente der subjektiven Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist und deshalb nicht wahr oder unwahr, sondern je nach der persönlichen Überzeugung nur zutreffend oder falsch sein kann. Die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil ist im Einzelfall nicht immer einfach zu treffen; es kommt vielfach auf den Kontext der jeweiligen Äußerung an. – Schmähkritik, Verunglimpfung • Eine Meinungsäußerung wird nicht schon wegen ihrer herabsetzenden Wirkung für Dritte zur Schmähung. Auch eine überzogene und selbst eine ausfällige Kritik macht für sich genommen eine Äußerung noch nicht zur Schmähung. Eine herabsetzende Äußerung nimmt vielmehr erst dann den Charakter der Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (BVerfGE NJW 1991, 95–97). 23 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Anspruchsgrundlagen bei Äußerungen / Bewertungen im Internet sind: – Zivilrecht: • Beseitigung und Unterlassung (§§ 1004 analog i.V.m. 823 BGB), oder • Schadensersatz (§ 823 I BGB) wegen – Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb – Verletzung von Persönlichkeitsrechten – Wettbewerbsrecht: • Beseitigung und Unterlassung (§ 8 UWG), oder • Schadensersatz (§ 9 UWG) wegen – Herabsetzung und Verunglimpfung von Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen eines Mitbewerbers, §§ 3, 4 Nr. 7 UWG – Unwahre Tatsachenbehauptungen über Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerber, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmens zu schädigen, §§ 3, 4 Nr. 8 UWG – Strafrecht: • Ggf. üble Nachrede, § 186 StGB (nur bei natürlichen Personen) • Ggf. Verleumdung, § 187 StGB (bei natürlichen und juristischen Personen) 24 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Gegen wen gehe ich vor? – Anspruchsgegner – Als Anspruchgegner kommen regelmäßig in Betracht • der Verfasser der Äußerung / Bewertung, • der Betreiber der Social Media Plattform (Weblog, Foren). – Wenn der eigentliche Verfasser - wie häufig im Internet - anonym bleibt, ist letztlich nur ein Vorgehen gegen den Betreiber der Social Media Plattform Erfolg versprechend. Der Betreiber wird dabei in aller Regel aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung auf Unterlassung in Anspruch genommen; (zur Störerhaftung siehe Teil 7) 25 Teil 4: Äußerungen / Bewertungen im Internet Wie setze ich meine Ansprüche durch? – Vorstufe: Abmahnung Die Abmahnung (mit strafbewährter Unterlassungserklärung) ist Vorstufe für die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen, insbesondere bei Beseitigung und Unterlassung. – Beseitigung und Unterlassung: • einstweiliges Verfügungsverfahren (§§ 916 ff. ZPO), und/oder • Hauptsacheklage – Schadensersatz: • Hauptsacheklage – Einleitung Strafverfahren • Stellung einer Strafanzeige bei den Strafverfolgungsbehörden 26 Teil 5: Verletzung absoluter Rechte (z.B. Marken-, Urheberechten etc.) 27 Teil 5: Verletzung absoluter Rechte (z.B. Marken-, Urheberrechten etc.) Verletzung absoluter Rechte des Immaterialgüterschutzes – Verletzung absoluter Rechte des Immaterialgüterschutzes (z.B. Marken-, Urheberechte) können im Einzelfall zur erheblichen Reputationsverlusten, Rufschädigung, entgangenem Gewinn und Ähnlichem beim Rechteinhaber führen. – Dies gilt gerade auch bei einer Verletzung aufgrund unberechtigter Verwendung von Marken oder Urheberechten im Internet auf Social Media Plattformen. Handlungsempfehlung – Aufdeckung von Rechtsverletzungen durch „Social Media Monitoring“ und „WebMonitoring“. – Konsequente Verfolgung von Rechtsverletzungen (aber Erfahrungen Jack Wolfskin beachten: Sensibles Vorgehen, Dialog suchen) Handlungsmöglichkeiten bei Rechtsverletzungen – – – – Abmahnung Beseitigung und Unterlassung Schadensersatz Einleitung von Strafverfahren 28 Teil 5: Verletzung absoluter Rechte (z.B. Marken-, Urheberrechten etc.) Handlungsempfehlung – Aufdeckung von Rechtsverletzungen durch „Social Media Monitoring“ und „Web Monitoring“. – Konsequente Verfolgung von Rechtsverletzungen (aber Erfahrungen Jack Wolfskin beachten: Sensibles Vorgehen, Dialog suchen) Handlungsmöglichkeiten bei Rechtsverletzungen – – – – Abmahnung Beseitigung und Unterlassung Schadensersatz Einleitung von Strafverfahren 29 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter 30 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter – Nutzung / Zugang zu Social Media Diensten am Arbeitsplatz. – Umgang mit kritischen Äußerungen von Mitarbeitern im Internet über das eigene Unternehmen und/oder Kunden. – Verbreitung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder sonstiger vertraulicher Informationen. – Verwendung von Social Media im Auftrag / Interesse des Unternehmens. 31 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Nutzung / Zugang zu Social Media Diensten am Arbeitsplatz 32 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Nutzung / Zugang zu Social Media Diensten am Arbeitsplatz – Social Media Dienste können zur Produktivität des Arbeitnehmers beitragen, genannt seien nur die Möglichkeiten zum Informationsaustausch sowie zur Akquise, Kundenpflege- und Verwaltung im Rahmen von Social Media Plattformen. – Ebenso klar ist aber, dass die Nutzung von Communities, Blogs oder Twitter ein großer Zeitfresser ist, der nicht im Sinne des Arbeitgebers sein kann, insbesondere wenn auch die private Nutzung erlaubt wird. Darüber hinaus wird die IT-Sicherheit hierdurch beeinträchtigt. – Um etwaige Unsicherheiten auf Seiten der Mitarbeiter zu vermeiden, sollte eine klare Entscheidung dazu getroffen werden, ob und wieweit Social Media Dienste am Arbeitsplatz / während der Arbeitszeit genutzt werden dürfen. 33 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Handlungsempfehlung (I) – Grundsatzentscheidung , „ob“ und „in welchen Umfang“ die Nutzung von Social Media Diensten am Arbeitsplatz erlaubt sind, auch im Hinblick auf eine etwaige private Nutzung. • Bei der Entscheidung kann nach einzelnen Mitarbeitergruppen differenziert werden: Mitarbeiter, die für ihre Tätigkeit Zugang zu Social Media Diensten benötigen (z.B. Marketingabteilung), muss dieser natürlich gewährt werden. • Erfolgt eine Entscheidung gegen die Nutzung von Social Media Diensten – z.B. aus Gründen der IT-Sicherheit-, sollten die Dienste generell gesperrt werden (Stichwort: Firewall); Ausnahmen sind auf den notwendigen Mitarbeiterkreis zu beschränken. 34 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Handlungsempfehlung (II) – Klare Verhaltensregeln • Wird eine Nutzung von Social Media Diensten gestattet, sollten klare Verhaltensregeln aufgestellt werden, die insbesondere Regeln zu Art der Nutzung (dienstlich – privat) und bei erlaubter Privatnutzung den zeitlichen Umfang festlegen. Hinweis: Auf die Nutzung von Social Media Diensten im privaten Bereich außerhalb des Arbeitsverhältnisses besteht keinerlei Einflussmöglichkeit und keine Regelungsbefugnis des Arbeitgebers. Hier bleibt es bei den bereits dargestellten Möglichkeiten des Unternehmens, sich gegen Äußerungen und Bewertungen im Internet zu wehren. – „Social Media Monitoring“ und „Web Monitoring“ Hinweis: Ein generelles, anlassunabhängiges „Content Filtering“ oder „Content Control“, z.B. der Internetnutzung in Bezug auf die Nutzung von Social Media Diensten, ist hoch problematisch und nicht zu empfehlen. Handlungsmöglichkeiten bei Rechtsverletzungen: – Arbeitsrecht: Abmahnung, Kündigung – Nachträgliche Sperre des Zugangs zu Social Media Diensten 35 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Kritische Äußerungen von Mitarbeitern im Internet über das eigene Unternehmen und/oder Kunden. Verbreitung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und/oder vertraulicher Informationen 36 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Handlungsempfehlung – Sensibilisierung der Mitarbeiter – Klare Verhaltensregeln – „Social Media Monitoring“ und „Web Monitoring“ Handlungsmöglichkeiten bei Rechtsverletzungen – Arbeitsrecht: Abmahnung, Kündigung – Vorgehen gegen den Betreiber der Social Media Plattform, gerichtet auf Beseitigung und Unterlassung der Veröffentlichung aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung – Schadensersatz – Einleitung eines Strafverfahrens wegen des Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen 37 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Verwendung von Social Media im Auftrag / Interesse des Unternehmens 38 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Nutzung von Social Media Diensten durch Mitarbeiter unmittelbar im Auftrag und im Interesse des Unternehmens, z.B. – der unternehmenseigene Auftritt wird gepflegt, oder – es werden Berichte, Kommentare, Stellungnahmen für das Unternehmen eingestellt (insbesondere zu Marketingzwecken) Hier hat das Unternehmen / der Arbeitgeber sicherzustellen, dass sich Mitarbeiter rechtskonform verhalten, insbesondere – keine unzutreffenden Tatsachenbehauptungen verbreiten, – keine Wettbewerbsverletzungen begehen, – keine Immaterialrechtsgüter, vor allem Marken- und Urheberrechte, beeinträchtigen oder verletzen – Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen 39 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Handlungsempfehlung – Sensibilisierung der Mitarbeiter – Klare Verhaltensregeln, Schulungen für die betroffenen Mitarbeitergruppen (z.B. Marketingabteilung) – „Social Media Monitoring“ und „Web Monotoring“ Handlungsmöglichkeiten bei Rechtsverletzungen: – Arbeitsrecht: Abmahnung, Kündigung – Bei einer Inanspruchnahme wegen Rechtsverletzungen oder wegen Rechtsverletzungen durch Mitarbeiter • unverzügliche Prüfung, ob tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt • wird eine vom Unternehmen oder von Mitarbeitern im Rahmen ihrer Tätigkeit zu vertretende Rechtsverletzung festgestellt, unverzügliche Beseitigung der beanstandeten Rechtsverletzung • im Fall einer (berechtigten) Abmahnung, Abgabe einer ggf. verlangten strafbewährten Unterlassungserklärung, um ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden 40 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Zentrale Regelungskomplexe für Verhaltensregeln: – Verbot / Erlaubnis der privaten Nutzung von Social Media Diensten und ggf. Festlegung zum zeitlichen Umfang bei erlaubter Privatnutzung. – Hinweise zum allgemeinen Kommunikationsverhalten (Netikette) – Hinweis zum Umgang mit vertraulichen Informationen des Unternehmens und Kunden – Hinweise zum Umgang mit Wettbewerbern, Hinweise auf Wettbewerbsrecht – Hinweise zur Einhaltung des Urheber- und Markenrechts – Hinweis auf Whistle-Blowing-Policy (soweit vorhanden) – Sachkundiger Ansprechpartner für Rückfragen – Hinweise IT-Sicherheit – Hinweis zu Rechtsfolgen bei Verstößen gegen Verhaltensregeln, arbeitsrechtliche Konsequenzen (optional) 41 Teil 6: Social Media Dienste und Mitarbeiter Umsetzung von Verhaltensregeln: – Die Einführung von Verhaltensregeln / Leitlinien ist im Wege des arbeitsrechtlichen Direktions- oder Weisungsrechts möglich – Bei der Einführung sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, sofern ein solcher im Unternehmen besteht, zu beachten 42 Teil 7: Verantwortlichkeit im Internet 43 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Rechtliche Verantwortlichkeit im Internet – Auch im Internet gelten die allgemeinen Gesetze – Als Klammer vor den allgemeinen Gesetzen sind die Haftungsprivilegierungen des Telemediengesetzes (TMG) entscheidend. – Regelungen zur Verantwortlichkeit finden sich in §§ 7 bis 10 TMG 44 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Nach dem TMG gilt: Verantwortlichkeit für eigene Informationen – Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. – Keine (proaktive) Überwachungspflicht – Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG (d.h. Access-, Network-, Hostprovider) sind nicht verpflichtet, die von Ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. 45 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Nach dem TMG gilt: Verantwortlichkeit für fremde Informationen – Für fremde Informationen, die für einen Nutzer gespeichert werden, sind Diensteanbieter nicht verantwortlich, wenn • sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder • sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben. 46 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Checkliste TMG Die Haftungsprivilegierung des TMG entfällt, wenn eine der Fragen verneint werden kann: (1) Anwendbarkeit des TMG: (a) Wird ein anderer als ein Unterlassungsanspruch gestellt? (b) Ist der Anspruchsgegner Diensteanbieter i.S.d. TMG? (c) Ist Anspruchsgegenstand eine Information i.S.d. TMG? (2) Zuordnung der Information: (a) Ist die Information eine für den Diensteanbieter fremde Information? (b) Hat sich der Diensteanbieter diese auch nicht „zu Eigen gemacht“? (3) Informationstätigkeit: (a) Hält der Diensteanbieter die fremde Information zur Nutzung bereit? Oder (b) Übermittelt der Diensteanbieter die fremde Information? (c) Speichert der Diensteanbieter die fremde Information? (4) Spezielle Voraussetzungen nach den §§ 8-10 TMG: Erfüllt der Diensteanbieter die speziellen Voraussetzungen nach den §§ 8-10 TMG? (z.B. hat der Diensteanbieter keine Kenntnis von den für einen Nutzer gespeicherten rechtsverletzenden Informationen, § 10 Satz 1 TMG?) (5) Spezielle Verpflichtungen nach den §§ 8-10 TMG: Ist der Diensteanbieter den weiteren Verpflichtungen nach den §§ 8-10 TMG nachgekommen? (z.B. wurden die für einen Nutzer gespeicherten rechtsverletzenden Informationen unverzüglich nach Kenntnis der Rechtswidrigkeit gelöscht? § 10 Satz 1 Nr. 2 TMG?) 47 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Ausnahmen von den Privilegierungen des TMG: – Nach dem BGH gelten die Privilegierungen des TMG nicht für Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche. – Die Frage der Verantwortlichkeit bei der Inanspruchnahme des Diensteanbieters auf Unterlassung in Bezug auf rechtswidrige Informationen Dritter richtet sich daher nach den allg. Regeln der zivilrechtlichen Störerhaftung. 48 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Zivilrechtliche Störerhaftung: – Anspruchsgegenstand ist das Unterlassen der Weiterverbreitung der rechtsverletzenden Information und die Beseitigung der durch die Verbreitung der Information verursachten Störung durch Sperrung oder Löschung der Information. – Anspruchsgegner ist der Störer. Hierunter fällt jeder, dessen Verhalten die Beeinträchtigung (mit)veranlasst hat oder eine Beeinträchtigung befürchten lässt, unabhängig vom jeweiligen Tatbeitrag. Auf ein Verschulden (Vorsatz, Fahrlässigkeit) kommt es nicht an. 49 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Zum Störerbegriff – Mehrere Störer: Sind an einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Störerhaftung nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrages oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Jeder der Beteiligten kann im vollen Umfang in Anspruch genommen werden. – Mitstörer: Als Mitstörer haftet grundsätzlich jeder, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Als Mitwirkung genügt auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlichen Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung gehabt hätte (im Internet z.B. durch Prüfung und Sperrung rechtswidriger Inhalte). 50 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Eingrenzung der Störerhaftung: Zumutbare Prüfpflichten – Die grundsätzlich weite Verantwortlichkeit des Störers darf nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden. – Eine Haftung besteht daher nur, wenn der Störer ihm zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. – Die Frage, ob zumutbare Prüfpflichten verletzt wurden, ist am jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. – Ohne Kenntnis von der Rechtsverletzung / der Störung sind Prüfpflichten in aller Regel unzumutbar; dies gilt nicht in Bezug auf offenkundige und eindeutige Rechtsverstöße oder wenn die Rechtsverletzung mit verhältnismäßigem Aufwand erkennbar war. 51 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet (Rahmen-)Kriterien für die Zumutbarkeit: In der Entscheidung „Jugendgefährdende Medien bei eBay“ hat der BGH die Kriterien für die Zumutbarkeit näher konkretisiert: – im Hinblick auf die Tatsache, dass das Anbieten von Auktionsplattformen eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr darstellt, dürfen keine „überspannten Anforderungen“ an die Prüfpflichten des Plattformbetreibers gestellt werden. – Vielmehr müssen die Bedeutung des Einzelfalls und der erforderliche technische und wirtschaftliche Aufwand sowie die Auswirkungen auf andere Teile des Dienstes und andere Nutzer im Verhältnis zueinander gesehen werden. – Maßnahmen zur Verhinderung des Zugriffs auf fremde Inhalte sind dann als unzumutbar anzusehen, wenn sie einen erheblichen Aufwand erfordern, ihre Wirksamkeit jedoch durch einen Zugriff auf entsprechende Informationsangebote über andere Netzverbindungen mit einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen werden können. 52 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Pflicht zur Vermeidung zukünftiger Rechtsverletzungen: – Der Anspruch aus Störerhaftung kann bis zu der Verpflichtung reichen, eine vorbeugende Überwachung von Inhalten auf ähnliche oder gleichgelagerter Rechtsverletzungen zu implementieren (vorbeugende Kontroll- und Prüfpflichten). – Ob derartige Kontroll- und Prüfpflichten zumutbar sind, ist anhand des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden, wobei • die betroffenen Rechtsgüter, • der zu betreibende Aufwand, und • der zu erwartende Erfolg gegeneinander abzuwägen sind. 53 Teil 7: Exkurs Verantwortlichkeit im Internet Umfang von vorbeugenden Kontroll- und Prüfpflichten In der Entscheidung „Jugendgefährdende Medien bei eBay“ hat der BGH die Prüfungspflichten des Plattformbetreibers einer Auktionsplattform wie folgt konkretisiert. Der Betreiber habe dafür Sorge zu tragen habe, dass in Zukunft – – – kein erneutes Angebot des gleichen Artikels durch denselben Versteigerer erfolgt, die konkret benannten Medien nicht durch andere Anbieter erneut über die Plattform angeboten werden und derselbe Nutzer nicht auf demselben Trägermedium Angebote derselben Kategorie (z.B. gewaltverherrlichende Spiele) anbietet. Soweit eine Prüfungspflicht besteht, schuldet der Plattformbetreiber angemessene Bemühungen, entsprechende Angebote aufzudecken und zu entfernen. Sofern trotz angemessener Bemühungen ein vollständiger Ausschluss der fraglichen Angebote von der Handelsplattform technisch oder faktisch zuverlässig nicht möglich ist, fehlt es an einem Verstoß gegen die Prüfungspflicht. 54 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! SCHIEDERMAIR RECHTSANWÄLTE Partnerschaftsgesellschaft Eschersheimer Landstraße 60 60322 Frankfurt am Main Tel.: 069 95 50 8-0 Fax: 069 95 50 8-100 Internet: www.schiedermair.com 55