Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff TU Bergakademie Freiberg Institut für Stochastik 18. April 2016 Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 1 1.6 Zufallsgrößen 1.6.1 Zufallsgrößen und deren Verteilung I Oft sind Ergebnisse von Zufallsversuchen in Form von Zahlen gegeben oder es ist für eine mathematische Behandlung günstig, den elementaren Versuchsausgängen Zahlen zuzuordnen. Diese vom ” Zufalls abhängigen Zahlenwerte“ werden durch eine Zufallsgröße X (oder mehrere Zufallsgrößen X1 , X2 , . . . , Xn ) modelliert. I Beispiele: I I I I Zufällige Anzahl X (von Schadensfällen, Konkursen,. . . ) mit möglichen Werten {0, 1, 2, . . .}. Zufällige Zeit X (Lebensdauer, Ausfallzeit,. . . ) mit möglichen Werten {x ∈ R : x ≥ 0}. Messergebnis X (Geldmenge, Temperatur, . . . ) mit entsprechenden Zahlenwerten (ohne Maßeinheit) als möglichen Werten. Augenzahl X beim Würfeln mit möglichen Werten {1, 2, 3, 4, 5, 6}. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 2 Mathematische Definition einer Zufallsgröße I Mathematische Definition einer Zufallsgröße: Eine Abbildung (Funktion) X : Ω → R heißt Zufallsgröße (reelle Zufallsvariable, kurz: ZG), falls für jedes Intervall (a, b) ⊂ R, a < b die Menge {ω ∈ Ω : a < X (ω) < b} ein zufälliges Ereignis ist (dies ist die sogenannte Messbarkeitsbedingung, dabei wird ein System A von zufälligen Ereignissen mit den Eigenschaften aus den Axiomen als gegeben vorausgesetzt). I Sind X , Y Zufallsgrößen zu einem Zufallsversuch, dann sind auch X + Y , X − Y , X · Y , X /Y falls Y 6= 0, a · X mit a ∈ R und ähnliche durch mathematische Operationen gebildete Größen Zufallsgrößen. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 3 Grundtypen von Zufallsgrößen I Für Zufallsgrößen interessieren vor allem Wahrscheinlichkeiten der Art P(X ≤ b), P(a < X < b) oder P(a ≤ X ≤ b) für reelle Zahlen a < b (diese bilden die Verteilung“ der Zufallsgröße) sowie ” abgeleitete Kenngrößen, wie Erwartungswerte, Varianzen usw. I Es gibt zwei wichtige Grundtypen von Zufallsgrößen, die sich zum Teil mit unterschiedlichen mathematischen Hilfsmitteln untersuchen lassen: I I diskrete Zufallsgrößen“ (Zufallsgrößen mit diskreter Verteilung) und ” stetige Zufallsgrößen“ (Zufallsgrößen mit (absolut) stetiger ” Verteilung). Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 4 Diskrete Zufallsgrößen I I Definition: Eine Zufallsgröße X heißt diskret, wenn sie nur endlich oder abzählbar unendlich viele Werte x1 , x2 , . . . annehmen kann. Die Zuordnung pi := P(X = xi ), i = 1, 2, . . . heißt Wahrscheinlichkeitsfunktion der diskreten Zufallsgröße. Sie wird meistens durch eine Verteilungstabelle gegeben: Werte xi x1 x2 x3 . . . Wahrscheinlichkeiten pi p1 p2 p3 . . . X Für die Wahrscheinlichkeiten pi gelten: 0 ≤ pi ≤ 1 , pi = 1 . i xi I Beispiel: Gerechtes Würfeln pi Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff 1 1 6 2 1 6 Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 3 1 6 4 1 6 5 1 6 Version: 13. April 2016 6 1 . 6 5 Die Verteilung diskreter Zufallsgrößen I Es gelten z.B. P(a < X < b) = X pi i : a<xi <b für reelle Zahlen a < b bzw. allgemein für eine Menge B ⊆ R X P(X ∈ B) = pi . i : xi ∈B I Die Bestimmung der Wahrscheinlichkeiten pi efolgt durch Berechnung aus Grundannahmen (oft für typischen Situationen bzw. Verteilungen) oder experimentell mittels statistischer Methoden. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 6 Zufallsgrößen mit stetiger Verteilung I Definition: Eine Zufallsgröße X heißt stetig, wenn es eine integrierbare reelle Funktion fX (x) gibt, so dass Z P(a ≤ X ≤ b) = b fX (x) dx a für beliebige reelle Zahlen a ≤ b gilt. I Die Funktion fX heißt Dichtefunktion (oder Verteilungsdichte) der Zufallsgröße X und besitzt die Eigenschaften: 1. fX (x) ≥ 0 für alle x ∈ R ; Z ∞ 2. fX (x) dx = 1 . −∞ I Sie gibt die Verteilung der Wahrscheinlichkeitsmasse“ auf der ” reellen Achse an. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 7 Beispiel Zufallsgröße mit stetiger Verteilung I Beispiel: Rein zufällige Auswahl eines Punktes (Wertes) X aus dem Intervall [0, 1] ( auf dem Intervall [0, 1] gleichverteilte oder ” gleichmäßig verteilte Zufallsgröße“). I Für 0 ≤ a < b ≤ 1 gilt P(a ≤ X ≤ b) = b − a . 1 , für 0 ≤ x ≤ 1 , Die Dichtefunktion ist fX (x) = 0 , sonst . I Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 8 Verteilungsfunktion einer Zufallsgröße I Die Verteilungen von diskreten oder stetigen Zufallsgrößen (oder anderen Typen) können vollständig durch die Verteilungsfunktion der jeweiligen Zufallsgröße beschrieben werden. I Definition: Die Funktion FX einer reellen Variablen mit reellen Funktionswerten, die durch FX (x) = P(X < x) = P(−∞ < X < x), x ∈ R, definiert wird, heißt Verteilungsfunktion der Zufallsgröße X . Der Funktionswert ist für jede reelle Zahl x die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Zufallsgröße X einen Wert annimmt, der kleiner als x ist. I Bemerkung: Mitunter wird die Verteilungsfunktion einer Zufallsgröße X auch durch FeX (x) = P(X ≤ x), x ∈ R, definiert, insbesondere in der Zuverlässigkeitstheorie. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 9 Verteilungsfunktion einer diskreten Zufallsgröße I Für diskrete Zufallsgrößen mit endlich vielen möglichen Werten ist die Verteilungsfunktion eine Treppenfunktion mit Sprüngen der Höhe pi an den Werten xi . I Beispiel: X Augenzahl beim Würfeln mit einem gerechten Würfel: Verteilungsfunktion FX . Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 10 Verteilungsfunktion einer stetigen Zufallsgröße I Für stetige Zufallsgrößen ist die Verteilungsfunktion eine in allen Punkten stetige Funktion. I Beispiel: Zufallsgröße X auf [0, 1] gleichverteilt: Verteilungsfunktion FX . Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 11 Allgemeine Eigenschaften von Verteilungsfunktionen I Eine Verteilungsfunktion FX ist monoton nicht fallend. Es gilt lim FX (x) = 0 . I Es gilt I Es gilt für beliebige reelle Zahlen a < b : I x→−∞ lim FX (x) = 1 . x→+∞ P(a ≤ X < b) = FX (b) − FX (a) . I Für eine stetige Zufallsgröße X gelten P(a ≤ X < b) = P(a < X < b) = P(a < X ≤ b) = P(a ≤ X ≤ b) . I Außerdem gelten für stetige Verteilungen Z x FX (x) = fX (t) dt, x ∈ R und fX (x) = FX0 (x) −∞ in den Werten x, in denen die Ableitung existiert. Prof. Dr. Hans-Jörg Starkloff Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 3 Version: 13. April 2016 12