Einführung in die Algebra Algebra I - ig

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Einführung in die Algebra
und
Algebra I
basierend auf dem Skriptum von
Alfred Geroldinger
und
Franz Halter-Koch
i
ii
Vorbemerkungen
Wir bezeichnen mit N = {0, 1, 2, 3, . . . } die Menge der natürlichen Zahlen und setzen N+ = N \ {0}.
Weiters bezeichnen wir mit Z (Q, R bzw. C) die Menge der ganzen (rationalen, reellen bzw. komplexen)
Zahlen und erhalten
N+ ⊂ N ⊂ Z ⊂ Q ⊂ R ⊂ C .
Für eine Menge X, bezeichne |X| ∈ N ∪ {∞} die Anzahl der Elemente in X. P(X) = {A | A ⊂ X}
ist die Potenzmenge von X. Ist Y eine weitere Menge so bezeichnen wir mit F(X, Y ) die Menge aller
Abbildungen von X nach Y .
Für a, b ∈ Z, setzen wir [a, b] = {x ∈ Z | a ≤ x ≤ b}, insbesondere ist [a, b] = ∅ falls a > b.
Sei I eine nicht leere Menge und für jedes i ∈ I sei Xi ein mathematisches Objekt. Dann können wir
die Xi ’s zu einem neuen mathematischen Objekt zusammenfassen: der Familie (Xi )i∈I . Zwei Familien
(Xi )i∈I , (Yj )j∈J sind genau dann gleich, wenn I = J und Xi = Yi für alle i ∈ I = J. Beispiel: Ist
I = [1, n] mit n ∈ N+ so ist eine Familie mit Indexmenge I gerade ein n-Tupel (x1 , . . . , xn ).
Sei (Xi )i∈I eine Familie von Mengen. Dann sei
Y
Xi
i∈I
+
die
Q Menge aller Familien (xi )i∈I mit xi ∈ Xi für alle i ∈ I. Ist zum Beispiel I = [1, n] mit n ∈ N , so ist
i∈I Xi = X1 × · · · × Xn . Ist Xi = X für jedes i ∈ I so ist die Abbildung
Y
F(I, X) →
X, f 7→ (f (i))i∈I
i∈I
bijektiv.
Schließlich seien
[
Xi = {x | ∃i ∈ I : x ∈ Xi }
Vereinigungsmenge
Xi = {x | ∀i ∈ I : x ∈ Xi }
Durchschnittsmenge
i∈I
\
i∈I
Äquivalenzrelationen
Sei M eine Menge. Eine Relation auf M ist eine Teilmenge ∼ von M ×M . Für a, b ∈ M schreibt
man a ∼ b an Stelle von (a, b) ∈ ∼.
Ein Relation ∼ auf M heißt Äquivalenzrelation, wenn für alle a, b, c ∈ M gilt :
• (Reflexivität) a ∼ a.
• (Symmetrie) Aus a ∼ b folgt b ∼ a.
• (Transitivität) Aus a ∼ b und b ∼ c folgt a ∼ c.
iii
Ist ∼ eine Äquivalenzrelation auf M und a ∈ M , so nennt man
[a]∼ = [a] = ā = {c ∈ M | c ∼ a} ⊂ M
(Vorsicht: [a], ā sind gefährliche Bezeichnungen; [a], ā hängen nicht nur von a sondern auch von ∼ ab)
die (Äquivalenz)klasse von a (in Bezug auf ∼ ), und jedes Element c ∈ [a] heißt ein Repräsentant der
Klasse [a]. Wegen a ∼ a ist a ∈ [a] für alle a ∈ M . Dann gilt für alle a, b ∈ M :
[a] = [b] ⇐⇒ [a] ∩ [b] 6= ∅ ⇐⇒ a ∼ b .
Beweis. [a] = [b] ⇒ [a] ∩ [b] 6= ∅: sei [a] = [b]. Dann [a] ∩ [b] = [a] ∩ [a] = [a] und wegen a ∈ [a] folgt
[a] ∩ [b] 6= ∅.
[a] ∩ [b] 6= ∅ ⇒ a ∼ b: sei also [a] ∩ [b] 6= ∅ und sei c ∈ [a] ∩ [b]. Dann gelten c ∼ a und c ∼ b. Wegen der
Symmetrie folgt a ∼ c und c ∼ b. Aus der Transitivität folgt a ∼ b.
a ∼ b ⇒ [a] = [b]: es genügt a ∼ b ⇒ [a] ⊂ [b] zu zeigen (dann erhält man auch wegen der Symmetrie:
a ∼ b ⇒ b ∼ a ⇒ [b] ⊂ [a] und damit [a] = [b]). Sei also a ∼ b und c ∈ [a]. Dann gelten c ∼ a und a ∼ b.
Die Transitivität zeigt c ∼ b, d.h. c ∈ [b].
¤
Wir bezeichnen mit M/∼ = {[a] | a ∈ M } die Menge der Äquivalenzklassen und nennen die
Abbildung
π∼ = π : M → M/∼ , definiert durch π∼ (a) = [a] ,
die Äquivalenzklassenabbildung oder auch einfach die kanonische Abbildung. Diese hat folgende zwei
Eigenschaften:
(i) π ist surjektiv (nach Definition).
(ii) Sind a, b ∈ M so gilt π(a) = π(b) ⇐⇒ a ∼ b (denn: π(a) = π(b) ⇐⇒ [a] = [b] ⇐⇒ a ∼ b).
Nach Definition sind die Elemente von M/∼ Teilmengen von M . Dies kann für die Vorstellung ziemlich
kompliziert werden. Denken Sie etwa an den Fall, dass wir auf M/∼ ebenfalls eine Äquivalenzrelation
≡ betrachten und die Menge (M/∼)/ ≡ bilden. Dessen Elemente sind dann Mengen von Teilmengen
von M , usw. Ich möchte hier eine Möglichkeit anbieten, mit den Elementen von M/ ∼ umzugehen, ohne
genau wissen zu müssen, was sie sind.
Sie basiert auf den beiden obigen Eigenschaften von π. Wir sagen a ∈ M repräsentiert oder beschreibt
ein z ∈ M/∼, falls π(x) = z ist. Dann besagen diese Eigenschaften von π gerade:
1. jedes z ∈ M/∼ wird von einem a ∈ M repräsentiert (beschrieben).
2. a,b ∈ M repräsentieren genau dann das gleiche Element, wenn a ∼ b gilt.
In dieser Vorlesung werde ich immer diesen Umgang mit Äquivalenzklassen wählen, d.h. insbesondere nie
die Definition der Elemente von M/∼ als Teilmengen von M zu verwenden. Doch bitte vergessen Sie nie,
dass nach Definition die Elemente von M/∼ Teilmengen von M sind. Denn dies wird in der Literatur oft
verwendet.
Ein Beispiel: Sei M = Z × (\{0}) = {(x, y) | x, y ∈ Z, y 6= 0}. Für a = (x, y), b = (u, v) ∈ M setzen wir
a ∼ b ⇐⇒ xv = uy. Eine kurze Rechnung (siehe Proseminar) zeigt, dass ∼ eine Äquivalenzrelation auf
M ist. Wir definieren nun eine bijektive Abbildung f¯: M/∼ → Q. Sei dazu π : M → M/∼ die kanonische
Abbildung. Sei z ∈ M/∼. Wir müssen f¯(z) ∈ Q definieren. Wir wählen dazu einen Repräsentanten
a = (x, y) ∈ M von z (also z = π(a)). Dann wollen wir f¯(z) = x/y ∈ Q setzen, haben aber dabei
das folgende Problem: wenn wir einen anderen Repräsentanten b = (u, v) von z wählen, so liefert dies
vielleicht ein anderes Ergebnis u/v 6= x/y. Wir müssen also zeigen, dass dies nicht eintritt. Da aber a
und b das gleiche Element (z) repräsentieren, gilt π(a) = π(b) also a ∼ b, d.h. xv = yu. Daraus folgt aber
x/y = u/v. Also definiert die obige Vorschrift eine Abbildung f¯: M/∼ → Q.
Wir zeigen nun, dass f¯ bijektiv ist und dazu zunächst die Injektivität von f¯. Seien z1 , z2 ∈ M/∼
mit f¯(z1 ) = f¯(z2 ). Für i = 1, 2 sei ai = (xi , yi ) ∈ M ein Repräsentant von zi . Dann gilt nach Definition:
x1 /y1 = f¯(z1 ) = f¯(z2 ) = x2 /y2 . Also erhalten wir x1 y2 = y1 x2 , d.h. a1 = (x1 , y1 ) ∼ (x2 , y2 ) = a2 und
damit z1 = z2 .
iv
Es bleibt die Surjektivität von f¯ zu zeigen. Sei dazu q ∈ Q. Dann gibt es x, y ∈ Z mit y 6= 0 und
q = x/y. Setzt man z = π((x, y)) ∈ M/∼ so folgt f¯(z) = x/y = q. Also ist f¯ surjektiv.
Tatsächlich gilt folgendes: Wenn man die Mathematik auf der Mengenlehre aufbaut, so konstruiert
man zunächst N, dann Z. Q wird dann definiert durch Q = M/∼. Dann ist obiges f¯ die Identität.
Diese Methode Abbildungen von M/∼ in eine Menge zu konstruieren kann wie folgt verallgemeinert
werden:
Universelle Eigenschaft von M/∼: Seien M , N Mengen, ∼ eine Äquivalenzrelation auf M , π : M →
M/∼ die kanonische Abbildung und f : M → N eine Abbildung. Es gelte für alle a, b ∈ M : a ∼ b ⇒
f (a) = f (b). Dann gibt es genau eine Abbildung f¯: M/∼ → N mit f¯ ◦ π = f , d.h. das Diagramm von
Abbildungen
f
M
N
[[
[]
π
w
f¯
M/∼
ist kommutativ.
Es gelten weiters: f¯ ist genau dann surjektiv, wenn f surjektiv ist. f¯ ist genau dann injektiv, wenn für
alle a, b ∈ M gilt: f (a) = f (b) ⇒ a ∼ b.
Beweis. Eindeutigkeit von f¯: seien f¯1 , f¯2 : M/∼ → N zwei Abbildungen mit f¯1 ◦ π = f = f¯2 ◦ π. Sei
z ∈ M/∼ und wähle einen Repräsentanten a ∈ M von z. Dann gilt f¯1 (z) = f¯1 (π(a)) = f¯2 (π(a)) = f¯2 (z).
Es folgt f¯1 = f¯2 .
Existenz von f¯. Sei z ∈ M/∼ und seien a, b ∈ M Repräsentanten von z. Dann gilt a ∼ b und
daher nach Voraussetzung f (a) = f (b). Daher können wir durch z 7→ f (a) (a Repräsentant von z)
eine Abbildung f¯: M/∼ → N definieren. Sei nun a ∈ M . Dann ist a Repräsentant von π(a). Also gilt
(f¯ ◦ π)(a) = f¯(π(a)) = f (a). Es folgt f¯ ◦ π = f .
Ist f¯ surjektiv so ist auch (π surjektiv) f = f¯ ◦ π surjektiv. Sei nun f surjektiv und n ∈ N . Dann gibt es
a ∈ M mit n = f (a). Es folgt f¯(π(a)) = f (a) = n. Also ist auch f¯ surjektiv.
Sei nun f¯ injektiv und seien a, b ∈ M mit f (a) = f (b). Dann folgt f¯(π(a)) = f (a) = f (b) = f¯(π(b). Da
f¯ injektiv ist folgt π(a) = π(b) und daher a ∼ b.
Schließlich gelte f (a) = f (b) ⇒ a ∼ b für alle a, b ∈ M . Wir zeigen noch, dass dann f¯ injektiv ist.
Seien dazu z, w ∈ M/∼ mit f¯(z) = f¯(w). Es sei a ein Repräsentant von z und b einer von w. Dann gilt
f (a) = f¯(z) = f¯(w) = f (b). Nach Voraussetzung folgt a ∼ b und damit z = w.
¤
Seien M eine Menge, ∼ eine Äquivalenzrelation auf M und π : M → M/∼ die kanonische Abbildung.
Eine Teilmenge P ⊂ M heißt Repräsentantensystem für ∼, wenn es zu jedem a ∈ M genau ein b ∈ P gibt
mit a ∼ b. Aus der Mengenlehre folgt, dass es immer Repräsentantensysteme gibt. Für eine Teilmenge
P ⊂ M sind äquivalent:
(i) P ist ein Repräsentantensystem für ∼.
(ii) π|P : P → M/∼ ist bijektiv.
(man kann also sagen: P ist genau dann ein Repräsentantensystem, wenn jedes z ∈ M/∼ durch genau
ein a ∈ P repräsentiert wird).
Beweis. (i) ⇒ (ii): Sei also P ein Repräsentantensystem. π|P ist injektiv: Seien a, b ∈ P mit π(a) =
π(b). Dann folgt a ∼ b. Also a, b ∈ P und a ∼ a, a ∼ b. Aus der Definition eines Repräsentantensystem
folgt a = b. π|P ist surjektiv: Sei z ∈ M/∼. Sei a ∈ M ein Repräsentant von z. Nach Voraussetzung gibt
es ein b ∈ P mit b ∼ b. Dann π|P (b) = π(b) = π(a) = z.
Sei nun π|P bijektiv. Wir zeigen, dass P ein Repräsentantensystem ist. Sei also a ∈ M . Da π|P surjektiv
ist, gibt es ein b ∈ P mit π(b) = π(a). Es folgt a ∼ b. Seien nun b1 , b2 ∈ P mit b1 ∼ a, b2 ∼ a. Dann folgt
b1 ∼ b2 und damit π(b1 ) = π(b2 ). Da π|P injektiv ist, erhalten wir b1 = b2 .
¤
v
Als Folgerung erhalten wir: ist P ein Repräsentantensystem von ∼ so gilt |M/∼| = |P |.
Partielle Ordnungen und das Zorn’sche Lemma
Sei wieder M eine Menge. Eine Relation ≤ auf M heißt partielle Ordnung (auf M ), wenn für alle
a, b, c ∈ M folgenden Eigenschaften erfüllt sind :
• (Reflexivität) a ≤ a.
• (Antisymmetrie) Aus a ≤ b und b ≤ a folgt a = b.
• (Transitivität) Aus a ≤ b und b ≤ c folgt a ≤ c.
Ist ≤ eine partielle Ordnung auf M , so heißt (M, ≤) eine partiell geordnete Menge. Wichtiges Beispiel:
es sei X eine Menge und M ⊂ P(X). Für A, B ∈ M setze A ≤ B ⇐⇒ A ⊂ B.
Sei nun (M, ≤) eine partiell geordnete Menge und N ⊂ M . Ein Element a ∈ M heißt
• maximales (bzw. minimales) Element von N , wenn a ∈ N und für alle x ∈ N gilt : Aus a ≤ x
( bzw. a ≥ x ) folgt a = x.
• obere bzw. untere Schranke von N falls x ≤ a bzw. a ≤ x für alle x ∈ N gilt.
Vorsicht: ist a ein maximales (minimales) Element von N so muss a keine obere (untere) Schranke
von N sein. Beispiel: Sei X = {1, 2}, M = P(X) und M sei durch die Inklusion partiell geordnet. Ist
N = {{1}, {2}}, so sind {1} und {2} maximale und minmale Elemente von N und es gilt weder {1} ≤ {2}
noch {2} ≤ {1}. Insbesondere zeigt dieses Beispiel, dass maximale (minimale) Elemente nicht eindeutig
bestimmt sein müssen.
Eine Teilmenge K einer partiell geordneten Menge (M, ≤) heißt eine Kette, falls für alle a, b ∈ K gilt:
a ≤ b oder b ≤ a.
Zorn’sches Lemma. Sei M eine nichtleere partiell geordnete Menge. Wenn jede Kette in M eine obere
Schranke in M besitzt, dann besitzt M ein maximales Element.
Als Folgerung erhält man:
Zorn’sches Lemma, konkrete Form. Seien X eine Menge und ∅ =
6 M ⊂ P(X) geordnet mittels
der Inklusion. Gehört die Vereinigung jeder Kette in M wieder zu M , so besitzt M (bezüglich ⊂ ) ein
maximales Element.
Beweis. Sei K eine Kette in M . Nach Voraussetzung ist dann
[
O :=
A∈M .
A∈K
Dann gilt A ⊂ O für alle A ∈ K, d.h. O ist eine obere Schranke von K. Also folgt die Behauptung aus
dem Zorn’schem Lemma.
¤
Basiseigenschaften ganzer Zahlen
A. Algebraische Struktur
Die Addition und Multiplkation in Z erfüllt die bekannten Gesetze: Assoziativgesetz der Addition und
Multiplikation, Kommutativgesetz der Addition und Multiplikation, Distributivgesetz, es gibt die 0 (neutrales Element der Addition) und es gibt die 1 (neutrales Element der Multiplkation), d.h. Z ist ein
kommutativer Ring.
B. Anordnung
Z ist in natürlicher Weise angeordnet:
· · · < −2 < −1 < 0 < 1 < 2 < . . .
vi
Diese Anordnung lässt sich auf Q und dann auf R fortsetzen. Q und R sind angeordnete Körper (vgl.
Analysis-Skriptum). Die Ordnung induziert Absolutbetrag: für x ∈ R sei
(
x
x≥0
|x| =
−x x < 0
Es gelten die wohlbekannten Rechenregeln.
C. Induktionsprinzip
Es gelten die folgenden (im Rahmen einer axiomatischen Theorie äquivalenten) Aussagen :
C1 (Prinzip vom kleinsten Element)
Jede nichtleere Menge natürlicher Zahlen enthält ein kleinstes Element.
C2 Jede nach oben (bzw. unten) beschränkte nichtleere Menge ganzer Zahlen besitzt ein
größtes (bzw. kleinstes) Element.
C3 (Prinzip der vollständigen Induktion) Sei B eine Menge natürlicher Zahlen, so dass gilt :
• Es gibt eine Zahl b0 ∈ B (Induktionsanfang)
• Ist b ∈ B, so ist b + 1 ∈ B (Induktionsschritt)
Dann ist {x ∈ N | x ≥ b0 } ⊂ B.
C4 (Prinzip der vollständigen Induktion, 2. Form) Sei B eine Menge natürlicher Zahlen, so dass für
alle b ∈ N gilt :
• Ist {x ∈ N | x < b} ⊂ B, so folgt b ∈ B.
Dann ist B = N.
KAPITEL 1
Elementare Zahlentheorie
1.1. Fundamentalsatz der Arithmetik, ggT und kgV
Definition 1.1.1.
1. Seien a, b ∈ Z. Man sagt, a teilt b und schreibt a | b, wenn es ein c ∈ Z gibt mit b = ac.
Dann nennt man auch b ein Vielfaches von a und a einen Teiler von b.
¯
©
ª
2. Eine natürliche Zahl p ∈ N heißt Primzahl , wenn p > 1, und a ∈ N ¯ a | p = {1, p}. Wir
bezeichnen mit P die Menge der Primzahlen.
Lemma 1.1.2 (Eigenschaften der Teilbarkeitsrelation). Seien a, b, c ∈ Z.
1. 1 | a, a | a, a | 0, und 0 | a ⇐⇒ a = 0.
2. a | b und b 6= 0 ⇒ |a| ≤ |b|.
3. a | b ⇐⇒ |a| | |b|
4. Aus a | b und a | c folgt a | b + c, b − c, bc, db (d ∈ Z beliebig).
5. Aus a | b und b | c folgt a | c.
6. a | b und b | a ⇐⇒ |a| = |b|.
7. Sei |a| > 1 und p = min{q ∈ N | q > 1 und q | a }. Dann ist p ∈ P.
Beweis. 1. a = a · 1, also 1 | a und a | a. a0 = 0, also a | 0. Wenn 0 | a, so a = c0 mit einem c ∈ Z,
also a = 0. Ist a = 0, so a | a = 0.
2. Es gelte a | b und b 6= 0. Dann b = au mit u ∈ Z, also |b| = |a||u|. Wegen b 6= 0 ist auch u 6= 0 und
damit |u| ≥ 1. Also ist |a| = |a||u| ≥ |a| · 1 = |a|.
3. Gilt a | b, so b = ua mit einem u ∈ Z. Also ist |b| = |u||a|, daher |a| | |b|. Gelte umgekehrt |a| | |b|,
also |b| = |a|u mit u ∈ Z. Seien ε, δ ∈ {±1} mit εa = |a| und b = δ|b|. Dann b = δ|b| = |a|δu = aεδu. Es
folgt a | b.
4. Gelte also a | b und a | c. Dann b = au, c = av mit u, v ∈ Z. Es folgen b + c = a(u + v),
b − c = a(u − v), bc = a(auv), db = a(ud) also die Behauptungen.
5. Wir nehmen a | b und b | c an. Dann b = au, c = bv mit u, v ∈ Z. Es folgt c = bv = a(uv), also a | c.
6. Gelte einmal a | b und b | a. Ist a = 0, so folgt aus 1. auch b = 0 und daher auch |a| = |b|. Analog
schließt man im Fall b = 0. Seien jetzt a und b nicht Null. Dann folgt aus 2. |a| = |b|.
Gilt umgekehrt |a| = |b| so gilt nach 1. |a| | |b| und |b| | |a|. Aus 3. folgen a | b und b | a.
7. Wegen |a| > 1 und |a| | a (nach 2.) ist |a| ∈ T := {q ∈ N | q > 1 und q | a}. Also ist diese Menge
nicht leer und besitzt ein Minimum. Dieses ist dann p. Wir zeigen, dass p prim ist. Wegen p ∈ T ist p > 1.
Sei nun p0 in N mit p0 > 1 und p0 | p. Wir müssen p = p0 zeigen. Aus 2. folgt p0 ≤ p. Wegen p0 | p und
p | a folgt p0 | a (5.). Wir erhalten p0 ∈ T und daher p0 ≥ p (p = min T ). Also p0 = p.
¤
1
2
1. ELEMENTARE ZAHLENTHEORIE
Satz 1.1.3 (Hauptsatz der Arithmetik). Sei a ∈ N+ . Dann besitzt a eine (bis auf die Reihenfolge
der Faktoren) eindeutige
a = p1 · . . . · pn mit n ∈ N und p1 , . . . , pn ∈ P und dann gilt
¯ Darstellung
ª
©
{p1 , . . . , pn } = p ∈ P ¯ p | a .
Beweis. Wir verwenden Induktion nach a. Wir nehmen daher an, dass sie für alle b ∈ N+ mit b©< a
gilt.
¯ Isr a = 1, soªist die Aussage trivial (n = 0). Sei also a > 1. Nach Lemma 1.1.2 ist p = min q ∈
N ¯ q > 1 , q | a ∈ P, und es sei a = pb mit b ∈ N. Wir zeigen zunächst, dass a eine Darstellung als
Produkt von Primzahlen besitzt. Wegen p > 1 ist b < a. Nach Voraussetzung hat b eine Darstellung der
Form b = p2 · . . . · pn mit p2 , . . . , pn ∈ P, und es ist a = pp2 · . . . · pn .
Wir zeigen nun die Eindeutigkeit. Sei also a = q1 q2 · . . . · qm eine weitere Darstellung von a als
Produkt von Primzahlen. Wir zeigen p = qj für ein 1 ≤ j ≤ m. Wegen 1 < q1 | a ist p ≤ q1 . Ist p = q1
sind wir fertig.
Sei jetzt p < q1 . Wir betrachten die Zahl
0 < c = (q1 − p)q2 · . . . · qm = q1 · . . . · qm − pq2 · . . . · qm =
= a − pq2 · . . . · qm = pb − pq2 · . . . · qm = p(b − q2 · . . . · qm ) < a.
Wegen q1 − p < q1 ≤ a ist nach Induktionsvoraussetzung q1 − p = r1 · . . . · rk mit k ∈ N und r1 , . . . , rk ∈ P,
und c = r1 · . . . · rk q2 · . . . · qm . Wir überlegen uns p 6= ri für alle i = 1, . . . , k. Angenommen p = ri für
ein 1 ≤ i ≤ k. Dann p = ri | q1 − p also auch p | q1 = q1 − p + p. Da q1 prim ist folgt p = q1 , ein
Widerspruch.
Es ist c = (q1 − p)q2 · . . . · qm = r1 · . . . · rk q2 · . . . · qm . Aus der Induktionsvoraussetzung, angewandt
auf c, folgt, dass {q2 , . . . , qm , r1 , . . . , rk } genau die Menge der primen Teiler von c ist. Wegen p | c folgt
p ∈ {q2 , . . . , qm , r1 , . . . , rk }. Aus p 6= ri für alle i = 1, . . . , k erhalten wir p = qj für ein 2 ≤ j ≤ m.
Wir können nun ohne Einschränkung annehmen, dass p = q1 ist. Aus pq2 ·. . .·qm = a = pb = pp2 ·. . .·pn
folgt dann q2 · . . . · qm = b = p2 · . . . ·. Die Induktionsvoraussetzung für b zeigt n − 1 = m − 1, also n = m
und nach Umnummerierung pj = qj für j = 2, . . . , n, also die Eindeutigkeit.
Sei nun a = p1 · . . . · pn mit n ∈ N und p1 , . . . , pn ∈ P, und sei p ∈ P mit p | a. Dann ist a = pb,
und b = q2 · . . . · qm mit m ∈ N und q2 , . . . , qm ∈ P, also a = pq2 · . . . · qm und daher p ∈ {p1 , . . . , pn }
wegen der Eindeutigkeit der Darstellung.
¤
Korollar 1.1.4. Sei p ∈ N mit p ≥ 2. Dann ist p genau dann prim, wenn für alle a, b ∈ Z gilt:
p | ab ⇒ p | a oder p | b.
Beweis. ⇒: sei also p prim und seien a, b ∈ Z mit p | ab. Wegen p | x ⇐⇒ p | |x|, können wir a,
b ∈ N annehmen. Ist ab = 0 so a = 0 oder b = 0 und dann p | a oder p | b. Sei also ab 6= 0, also a, b ≥ 1.
Dann gibt es (1.1.3) n, m ∈ N und p1 , . . . , pn , q1 ,. . . , qm ∈ P mit a = p1 . . . pn , b = q1 . . . , qm . Es folgt
p | ab = p1 . . . pn q1 . . . qm . Aus 1.1.3 folgt p = pi für ein 1 ≤ i ≤ n oder p = qj für ein 1 ≤ j ≤ m. Also
gilt p | a oder p | p.
⇐: Gelte also p | ab ⇒ p | a oder p | b für alle a, b ∈ Z. Wir zeigen, dass p prim ist. Nach Voraussetzung
ist p > 1. Sei nun q ∈ N mit q | p. Wir müssen q = 1 oder q = p zeigen. Wegen q | p ist p = qx mit x ∈ Z.
Insbesondere gilt p | qx. Nach Voraussetzung ist p | q oder p | x. Gilt p | q, so p | q und q | p also p = q.
Ist andererseits p | x, etwa x = py, y ∈ Z, so folgt p = qx = qpy, also 1 = qy. Es folgt q = 1.
¤
Definition und Satz 1.1.5. Seien a ∈ Z \ {0} und p ∈ P. Dann gibt es eindeutig bestimmte k ∈ N
und b ∈ Z \ {0} mit a = pk b und p - b. k heißt der p-adische Exponent von a. Wir bezeichnen ihn mit
vp (a). Es gilt vp (a) = max{l ∈ N | pl | a}.
Ist |a| = p1 · · · pn mit n ∈ N und p1 ,. . . , pn ∈ P so gilt vp (a) = |{1 ≤ i ≤ n | pi = p}|.
Es gilt vq (a) = 0 für fast alle q ∈ P und
Y
a=ε
q vq (a)
q∈P
1.1. FUNDAMENTALSATZ DER ARITHMETIK, GGT UND KGV
3
mit ε = sgn(a). Für b ∈ Z \ {0} gelten vp (ab) = vp (a) + vp (b) und a | b ⇐⇒ vq (a) ≤ vq (b) für alle q ∈ P.
Insbesondere: p | a ⇐⇒ vp (a) > 0.
Beweis. Existenz von k und b: sei E = {l ∈ N | pl | a}. Dann 0 ∈ E, also E 6= ∅. Wegen
liml→∞ pl = ∞ gibt es l0 ∈ N mit pl > a für alle l ≥ l0 . Es folgt E ⊂ {0, . . . , l0 − 1}. Also besitzt E
ein größtes Element k. Dann pk | a, also a = pj b mit b ∈ Z. Angenommen p | b, etwa b = pb0 . Dann
a = pk pb0 = pk+1 b0 . Dann max E = k < k + 1 ∈ E, Widerspruch.
Eindeutigkeit von k und b: sei also a = pk b = pl c mit k, l ∈ N, b, c ∈ Z \ {0} und p - b, c. Wir können
ohne Einschränkung k ≤ l annehmen. Dann folgt b = pl−k b0 . Wegen p - b folgt l − k = 0, d.h. l = k und
damit auch b = b0 .
Seien a, b ∈ Z \ {0}. Wir zeigen vp (ab) = vp (a) + vp (b). Seien dazu a0 , b0 ∈ Z \ {0} mit a = pvp (a) a0 ,
b = pvp (b) b0 und p - a0 , b0 . Aus 1.1.4 folgt p - a0 b0 . Wegen ab = pvp (a) pvp (b) a0 b0 = pvp (a)+vp (b) a0 b0 folgt die
Behauptung.
Sei nun |a| = p1 . . . pn mit n ∈ N und p1 ,. . . , pn ∈ P. Dann folgt vp (a) = vp (p1 ) + . . . + vp (pn ). Sei
1 ≤ i ≤ n. Gilt p 6= pi , so p - pi = p0 pi , also vp (pi ) = 0. Ist p = pi so gilt vp (pi ) = vp (p1 1) = 1. Es folgt
vp (a) =
n
X
i=1
vp (pi ) =
X
1 = |{1 ≤ i ≤ n | pi = p}
.
1≤i≤n
pi =p
Insbesondere gilt vq (a) = 0 für alle q ∈ P \ {p1 , · · · pn }, also für fast alle q ∈ P. Weiters gilt
Y
Y
Y
a = sgn(a)|a| = sgn(a)p1 · pn = sgn(a)
q = sgn(a)
q vq (a) = sgn(a)
q vq (a)
q∈{p1 ,··· ,pm }
q∈{p1 ,··· ,pn }
.
q∈P
Sei nun b ∈ Z \ {0}. a | b ⇒ vq (a) ≤ vq (b) für alle q ∈ P: sei c ∈ Z mit b = ac. Dann Für q ∈ P folgt
vq (b) = vq (ac) = vq (a) + vq (c) ≥ vq (a).
Sei nun umgekehrt vq (a) ≤ vq (b) für alle q ∈ P. Setze für q ∈ P eq = vq (b)−vq (a). Dann 0 ≤ eq ≤ vq (b).
Wegen vq (b) = 0 für fast alle q ∈ P gilt auch eq = 0 für fast alle q ∈ P. Wir setzen
Y
c = sgn(b)sgn(a)
q ∈ Pq eq .
Dann folgt
b = sgn(b)
Y
qqv (b) = sgn(b)sgn(a)
q∈P
Y
q∈P
Insbesondere gilt a | b.
q eq sgn(a)
Y
q vq (a) = ca.
q∈P
¤
Bemerkung 1.1.6. Für p ∈ P sei ep ∈ N und es gelte ep = 0 für fast alle p ∈ P. Dann gilt für jedes
q ∈ P:
Y
vq (±
pep ) = eq .
p∈P
Definition 1.1.7 (Größter gemeinsamer Teiler und kleinstes gemeinsames Vielfaches).
Sei ∅ 6= A ⊂ Z, und seien d, e ∈ N.
1. d heißt größter gemeinsamer Teiler von A, d = ggT(A) , wenn gilt :
• Für alle a ∈ A ist d | a.
• Ist g ∈ Z und g | a für alle a ∈ A, so folgt g | d.
2. e heißt kleinstes gemeinsames Vielfaches von A, e = kgV(A) , wenn gilt :
• Für alle a ∈ A ist a | e.
• Ist g ∈ Z und a | g für alle a ∈ A, so folgt e | g.
3. a, b ∈ Z heißen teilerfremd , wenn ggT{a, b} = 1. Man nennt dann auch a teilerfremd zu b
oder b teilerfremd zu a.
4
1. ELEMENTARE ZAHLENTHEORIE
Ist A = {a1 , . . . , an } mit n ∈ N, so schreiben wir auch ggT(a1 , . . . , an ) an Stelle von ggT(A) und
kgV(a1 , . . . , an ) an Stelle von kgV(A).
Bemerkungen 1.1.8. 1. Sei ∅ 6= A ⊂ Z. Dann besitzt A höchstens einen größten gemeinsamen
Teiler und höchstens ein kleinstes gemeinsames Vielfaches [ Beweis : Sind d und d0 größte gemeinsame
Teiler von A, so folgt d | d0 und d0 | d, also d = d0 ; ebenso argumentiert man für das kleinste gemeinsame
Vielfache ].
2. Ist A = {0} so ist 0 ein größter gemeinsamer Teiler von A. Sei nun ∅ 6= A und A 6= {0}. Dann ist
A\{0} 6= ∅ und ein d ∈ N ist genau dann ein größter gemeinsamer Teiler von A falls d einer von A\{0} ist.
Zur Bestimmung eines größten gemeinsamen Teiler kann, man sich also auf den Fall 0 ∈
/ A beschränken.
3. Ist 0 ∈ A so ist 0 ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von A. Also kann sich auch im Fall des kleinstes
gemeinsamen Vielfaches auf den Fall 0 ∈
/ A beschränken.
Satz 1.1.9 (Existenzsatz für ggT und kgV). Sei ∅ 6= A ⊂ Z. Dann besitzt A einen größten gemeinsamen Teiler. Ist A endlich, so besitzt A ein kleinstes gemeinsames Vielfaches. Es gelten
Y
ggT(A) =
pmin{vp (a) | a∈A\{0}} ,
falls A 6= {0}
p∈P
kgV(A) =
Y
pmax{vp (a) | a∈A} ,
falls 0 ∈
/ A endlich
.
p∈P
Beweis. Sei ∅ 6= A ⊂ Z. Wir können 0 ∈
/ A annehmen. Für jedes p ∈ P ist dann {vp (a) | a ∈ A}
eine nicht leere Teilmenge von N und besitzt daher ein Minimum. Wir nennen es mp . Dann gilt mp = 0
für fast alle p ∈ P. Denn sei a ∈ A. Dann gilt für jedes p ∈ P: 0 ≤ mp ≤ vp (a). Wegen vp (a) = 0 für fast
alle p ∈ P folgt auch mp = 0 für fast alle p ∈ P.
Wir setzen
d=
Y
pmp ∈ N
p∈P
und zeigen, dass d ein größter gemeinsamer Teiler von A ist. Ist a ∈ A so folgt vp (d) = mp ≤ vp (a) für
alle p ∈ P. Also gilt d | a nach 1.1.5. Sei nun d0 ∈ Z mit d0 | a für alle p ∈ P. Für p ∈ P gilt dann
vp (d0 ) ≤ vp (a) für alle a ∈ A. Also gilt vp (d0 ) ≤ mp für alle p ∈ P. Wiederum aus 1.1.5 folgt d0 | d.
Sei nun A ⊂ Z endlich und ohne Einschränkung 0 ∈
/ A. Dann ist für jedes p ∈ P die Menge {vp (a) |
a ∈ A} eine nicht leere und endliche Teilmenge von N,Qbesitzt daher ein Maximum. Wir nennen es Mp .
Wir zeigen Mp = 0 für fast alle p ∈ P . Sei dazu b = a∈A a. Dann gilt a | b für alle a ∈ A. Für p ∈ P
und a ∈ A folgt dann vp (a) ≤ vp (b). Also erhalten wir Mp ≤ vp (b). Wegen vp (b) = 0 für fast alle p ∈ P
gilt auch Mp = 0 für fast alle p ∈ P. Genau wie im Fall des ggT’s zeigt man nun, dass
Y
pMp
p∈P
ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von A ist.
¤
Beispiel 1.1.10. Wir bestimmen ggT(740, 150, 250). Zunächst berechnet man
740 = 22 · 51 · 37,
150 = 21 · 31 · 52 ,
250 = 21 · 53
.
1.1. FUNDAMENTALSATZ DER ARITHMETIK, GGT UND KGV
5
Es folgen
min{v2 (740), v2 (150), v2 (250)} = 1
min{v3 (740), v3 (150), v3 (250)} = 0
min{v5 (740), v5 (150), v5 (250)} = 1
min{v37 (740), v37 (150), v37 (250)} = 0
min{vp (740), vp (150), vp (250)} = 0 für p ∈ P \ {2, 3, 5, 37}.
Also gilt ggT(740, 150, 250) = 21 · 51 = 10. Man sieht, dass die Formel in Satz 1.1.9 genau die Methode
ist, mit der man den ggT in der Schule berechnet. Diese Methode hat aber den Nachtei, dass man die
Primfaktorzerlegung der beteiligten Zahlen kennen muss. Diese kann für große Zahlen mühsam oder sogar
unmöglich zu berechnen sein. Wir brauchen daher eine andere Methode.
Satz 1.1.11 (Hauptsatz über der Euklidischen Algorithmus).
1. (Satz von der Division mit Rest) Seien a ∈ Z und b ∈ N+ . Dann gibt es eindeutig bestimmte
Zahlen q, r ∈ Z mit a = bq + r und r ∈ [0, b − 1]. Ist a ≥ 0, so ist auch q ≥ 0.
2. (Euklidischer Algorithmus) Seien a, b ∈ N+ , und seien die Folgen (ri )i≥−1 und (qi )i≥0 in N
rekursiv definiert durch r−1 = a, r0 = b, und für i ≥ 0 durch
ri+1 = qi+1 = 0, falls ri = 0, und
ri−1 = qi ri + ri+1 mit qi , ri+1 ∈ N und ri+1 < ri (gemäß 1. ).
Dann existiert ein n ∈ N mit rn > 0, rn+1 = 0, und dann ist ggT(a, b) = rn .
3. (Algorithmus von Berlekamp) Seien a, b ∈ N+ , und seien n ∈ N, r−1 , . . . , rn , q0 , . . . , qn ∈ N
wie in 2 . Die Folgen (xi )i∈[0,n] und (yi )i∈[0,n] in Z seien rekursiv definiert durch
x0 = 0 ,
xi+1 = xi−1 − qi xi
y0 = 1 ,
und
x1 = 1 ,
y1 = −q0 ,
yi+1 = yi−1 − qi yi
für i ∈ [1, n − 1]
Dann folgt ri = axi + byi für alle i ∈ [0, n]. Insbesondere ist ggT(a, b) = rn = axn + byn .
4. (Kennzeichnung des ggT als Vielfachsumme) Seien a, b ∈ Z und d ∈ N. Dann gilt :
£
¤
d = ggT(a, b) ⇐⇒
d | a , d | b , und es gibt x, y ∈ Z mit d = ax + by .
5. Seien a, b ∈ Z und d ∈ N. Dann ist ggT(da, db) = d ggT(a, b) und
h
³a b ¢
i
d = ggT(a, b) ⇐⇒
d | a , d | b , ggT ,
=1 .
d d
Beweis. 1. Existenz. Die Menge T = {x ∈ Z | a − bx ≥ 0} ist nach oben beschränkt, und es sei
q = max(T ) ∈ Z und r = a − bq ∈ N. Wäre r ≥ b, so folgte a − b(q + 1) = r − b ≥ 0 im Widerspruch zur
Maximalität von T . Im Falle a ≥ 0 ist 0 ∈ T und daher q ≥ 0.
Eindeutigkeit. Seien q, q 0 , r, r0 ∈ N mit a = bq + r = bq 0 + r0 und r, r0 < b. Dann folgt
b|q − q 0 | = |r − r0 | < b, also q = q 0 und r = r0 .
2. Wäre rn > 0 für alle n ∈ N, so folgte r0 > r1 > r2 > . . ., ein Widerspruch. Wir zeigen:
1) rn | a und rn | b ;
2) Ist g ∈ Z mit g | a und g | b, so folgt g | rn .
1) Wir zeigen rn | ri für alle i ∈ [−1, n] (wegen a = r−1 , b = r0 folgt die Behauptung). Angenommen,
das sei falsch, und es sei i ∈ [−1, n] maximal mit rn - ri . Dann i < n und es gelten rn | ri+1 und
ri | ri+2 (im Fall i = n − 1 ist ja ri+2 = 0). Wegen ri = qi+1 ri+1 + ri+2 folgt rn | ri ein Widerspruch.
2) Angenommen, es gebe ein g ∈ Z mit g | a, g | b und g - rn . Ist dann i ∈ [−1, n] minimal
mit g - ri , so ist i ≥ 1 wegen g | a = r−1 , b = r0 . Dann gelten g | ri−1 , g | ri−2 , und wegen
ri = ri−2 − qi−1 ri−1 folgt g | ri , ein Widerspruch.
6
1. ELEMENTARE ZAHLENTHEORIE
3. Induktion nach i. Für i = 0 und i = 1 rechnet man die Behauptung direkt nach.Sei also i ≥ 1 und
die Behauptung für i − 1 und i gezeigt. Dann folgt
ri+1 = ri−1 − qi ri = axi−1 + byi−1 − qi (axi + byi ) = a(xi−1 − qi xi ) + b(yi−1 − qi yi ) = axi+1 + byi+1 .
4. Ist a = 0, so folgt ggT(0, b) = |b|, und die Behauptung ist klar. Ist b = 0, so argumentiert man
genauso. Sei also a 6= 0 und b 6= 0.
⇒ : Ist d = ggT(a, b), so ist d | a, d | b, und d = ggT(|a|, |b|). Nach 3. gibt es x0 , y 0 ∈ Z mit
d = |a|x0 + |b|y 0 , und mit x = sgn(a)x0 und y = sgn(b)y 0 folgt die Behauptung.
⇐ : Ist g ∈ Z mit g | a und g | b, so folgt auch g | ax + by = d.
5. Sei c = ggT(a, b). Nach 4. ist dann c | a, c | b, und es gibt x, y ∈ Z mit c = ax + by. Dann folgt
dc | da, dc | db und dc = dax + day. Also ist (wieder nach 4. ) dc = ggT(da, db).
Ist d | a und d | b, so folgt daher
³a b´
ggT(a, b) = d ggT ,
.
d d
¤
Beispiel 1.1.12. Wir wollen d = ggT(740, 150) und x, y ∈ Z mit d = 740x + 150y berechnen. Wir
dividieren mit Rest und erhalten:
740 = 150 · 4 + 140
150 = 140 · 1 + 10
140 = 10 · 14 + 0 .
Also ist 10 der letzte nicht verschwindende Rest. Daher ist 10 = ggT(740, 150). Liest man diese Gleichungen ßurück”, so erhält man:
10 = 150 − 140 · 1 = 150 − (740 − 4 · 150) = 5 · 150 − 1 · 740 .
Satz 1.1.13. Seien n ∈ N und a, b, a1 , . . . , an ∈ Z.
1. Sei c ∈ Z und d = ggT(a, c). Dann gilt : c | ab ⇐⇒ c | db.
Insbesondere folgt : Ist c | ab und c teilerfremd zu a, so folgt c | b.
2. Ist ggT(ai , b) = 1 für alle i ∈ [1, n], so ist auch ggT(a1 · . . . · an , b) = 1.
Beweis. 1. ⇐ : Offensichtlich.
⇒ : Nach Satz 1.1.11 gibt es x, y ∈ Z mit d = ax + cy, und es gibt ein z ∈ Z mit ab = cz. Daher
folgt db = c(zx + by), also c | db.
2. Wir nehmen an, es sei d = ggT(a1 · . . . · an , b) > 1 und p ∈ P mit p | d. Dann folgt p | b und
p | a1 · . . . · an , also p | ai für ein i ∈ [1, n] nach 1.1.4, im Widerspruch zu ggT(ai , b) = 1.
¤
Definition und Satz 1.1.14 (Satz von der reduzierten Bruchdarstellung). Jedes r ∈ Q hat eine
eindeutige Darstellung
p
mit p ∈ Z, q ∈ N und ggT(p, q) = 1 .
r=
q
Man nennt p den reduzierten Zähler und q den reduzierten Nenner von r.
Beweis. Sei r ∈ Q. Nach Definition von Q gibt es p1 ∈ Z und q1 ∈ N mit
p1
p1
q1
p
r=
, und es sei d = ggT(p1 , q1 ) , p =
und q =
, also r =
und ggT(p, q) = 1
q1
d
d
q
(nach Satz 1.1.11 ). Es bleibt die Eindeutigkeit zu zeigen. Sei also
r=
p
p0
= 0
q
q
mit
p, p0 ∈ Z , q, q 0 ∈ N und ggT(p, q) = ggT(p0 , q 0 ) = 1 .
1.1. FUNDAMENTALSATZ DER ARITHMETIK, GGT UND KGV
7
Dann folgt pq 0 = p0 q, also q | pq 0 und q 0 | p0 q. Aus Satz 1.1.4 folgt q | q 0 und q 0 | q, also q = q 0 und
daher auch p = p0 .
¤
Satz 1.1.15. Sei x ∈ Q, n ∈ N+ und
xn + an−1 xn−1 + . . . + a1 x + a0 = 0
mit
a0 , . . . , an−1 ∈ Z .
n
Dann folgt x ∈ Z. Insbesondere gilt : Aus x ∈ Z folgt x ∈ Z.
Beweis. Nach 1.1.14 gibt es p ∈ Z und q ∈ N mit ggT(p, q) = 1 und
p
x = , also pn + qan−1 pn−1 + . . . + q n−1 a1 p + q n a0 = 0 , und daher q | pn .
q
Nach Satz 1.1.13 ist aber ggT(q, pn ) = 1, also q = 1 und x ∈ Z.
¤
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