1 Kapitel 5 Mengen und Ereignisse Letzter Stand 16. Juni 2000, 6 Seiten Literaturbezug Dieses Kapitel (einschließlich der Aufgaben, Blätter, Übersichten, etc) bezieht sich auf den Stoff der Abschnitte des Buches G. Uebe, M. Schäfer, Einführung in die Statistik für Wirtschaftswissenschaftler, Verlag Oldenbourg München 1991, Kapitel 5 Lernziel ist die Rekapitulation der Mengentheorie, die der Wirtschaftswissenschaftler aus den Vorlesungen zur Mathematik im wesentlichen bereits kennt. Ziel der Wahrscheinlichkeitstheorie, zu der im folgenden einige Grundlagen zusammengestellt werden, ist es, über das Eintreten bzw. Ausbleiben bestimmter Ereignisse Aussagen zu treffen. Hierzu ist es notwendig, umgangssprachliche Begriffe wie "wahrscheinlich", "unsicher", "ganz sicher" und dergleichen so zu klären, daß sie unmißverständlich verwendet werden können. D.h. es ist notwendig, Formalisierungen einzuführen, die es ermöglichen, präzise und für alle in der gleichen Weise zu verstehende Aussagen zu machen. Hierzu wird in diesem Abschnitt der Begriff Ereignis formalisiert und es werden die entsprechenden Darstellungsweisen vorgeführt. Zu diesem Zweck werden einleitend einige wohlbekannte Begriffe aus der Mengenlehre rekapituliert. 5.1 Mengen Die Grundmenge, innerhalb derer sich alle im folgenden zu definierenden Operationen abspielen, sei mit Ω bezeichnet. Im folgenden bezeichne A immer eine nichtleere Menge. Das bedeutet, daß es mindestens ein Element a gibt, das zur Menge A gehört: ∃a∈Ω mit a∈A. Die leere Menge, also die Menge, die kein Element enthält, wird mit ø bezeichnet. 5.1.1 Definition (Teilmenge) Eine Menge A1, deren Elemente alle auch Elemente der Menge A sind, wird als Teilmenge von A bezeichnet: A 1 ⊆ A. ⇔ (a ∈ A 1 ⇒ a ∈ A für alle a ∈ A 1) Dabei wird A1 als echte Teilmenge von A ( A1 ⊂ A) bezeichnet, wenn es mindestens ein Element in A gibt, das nicht Element von A1 ist. Man bezeichnet A als Obermenge von A1: A ⊇ A 1 (bzw. als echte Obermenge A ⊃ A 1 ). 2 5.1.2 Beispiele: a) A = {1,2,3,4,5,6}, A 1 ={1,2,3} b) A = {die Menge der natürlichen Zahlen unter 50}, A 1 = {die Menge der geraden natürlichen Zahlen unter 50} c) A = {die Menge der Lottozahlen}, A 1 = {die Menge der Gewinnzahlen der 5. Ziehung in 1990} d) Die Menge G der geraden Zahlen und die Menge U der ungeraden Zahlen sind Teilmengen der natürlichen Zahlen: Menge G 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Menge U Die graphische Darstellung von Mengen wird als Venn-Diagramm bezeichnet. A A1 5.1.3 Definition (Gleichheit der Mengen A und B) Zwei Mengen A und B heißen gleich oder äquivalent, falls zu jedem a∈A genau ein Element b∈B gefunden werden kann mit a = b. (∀a∈A ⇒ ∃ b∈B, so daß a=b) und (∀b∈B ⇒ ∃ a∈A, so daß a=b) Insbesondere gilt: A ⊆ B und B ⊆ A ⇔ A = B x A u y v B 5.1.4 Beispiel A die Menge der Lottozahlen und B die Menge der natürlichen Zahlen von 1 bis 49 5.1.5 Definition |A| oder #(A) heißt Zahl der Elemente in A. 3 5.1.6 Definition (Potenzmenge) Eine Menge B heißt Potenzmenge von A (B= P (A)), falls B alle Teilmengen von A als Elemente enthält. Jede Potenzmenge von A enthält also insbesondere ø und A selbst. 5.1.7 Beispiel A = {1,2,3} P (A) ={ø ,{1},{2},{3},{1,2},{1,3},{2,3},{1,2,3}} Für die Anzahl der Elemente einer Potenzmenge gilt: Falls #(A) < ∞, dann #(P (A)) = 2 #(A) < ∞, hier also #(P (A)) = 2 3 = 8. 5.1.8 Definition (Schnitt(menge) der Mengen A1 und A2) A := A1∩A 2 heißt Schnittmenge der Mengen A1 und A2, falls für ein x∈A gilt: x∈A 1 und x∈A 2 Offensichtlich gelten Kommutativität und Assoziativität: A 1 ∩ A 2 = A2 ∩ A 1 (A 1 ∩ A 2) ∩ A 3 = A 1 ∩ (A 2 ∩ A 3) = A 1 ∩ A 2 ∩ A 3 Unter Umständen ist die Schnittmenge leer. 1. A := A1 ∩ A 2 = ø A1 2. A2 A := A1 ∩ A 2 ≠ ø A1 A2 A1 ∩ A 2≠ ø 5.1.9 Beispiele 1. Die Schnittmenge der geraden und der ungeraden natürlichen Zahlen; 2. In einem Münzwurf können die Ereignisse W a p p e n und Zahl (A 1,A 2) nicht zugleich auftreten; 3. Die Schnittmenge der Lottozahlen und der Menge der natürlichen Zahlen unter 50. 4 Seien die Mengen A1, A 2,...,A K betrachtet. Eine Verallgemeinerung auf K Teilmengen ist die Schnittmenge aller Mengen, die wie folgt geschrieben wird: A 1∩A 2∩A 3∩A 4...∩A K = K ∩ A k =: A, d.h. k=1 x∈A ⇔ x∈A k ∀ k = 1, 2, ..., K. Die Mengen Ak (k= 1, ..., K) heißen paarweise disjunkt, wenn A i ∩A k = ø für alle i, k ∈ {1, ..., K}, i ≠ k gilt. 5.1.10 Bemerkung Sind die Mengen A1,...,A K disjunkt, dann müssen sie nicht paarweise disjunkt sein: A 1 = {1,2}, A 2 = {2,3} , A 3 = {3,4} A 1 ∩ A 2 ∩ A 3 = ø , aber A 1 ∩ A 2 = {2}, A 2 ∩ A 3 = {3}. 5.1.11 Definition (Vereinigung(smenge) der Mengen A1 und A2) A := A1 ∪ A 2 heißt Vereinigungsmenge (bzw Vereinigung) der Mengen A1 und A2, falls für ein x∈A gilt: x∈A 1 oder x∈A 2. Offensichtlich gelten Kommutativität und Assoziativität: A 1 ∪ A 2 = A2 ∪ A 1 (A 1 ∪ A 2) ∪ A 3 = A 1 ∪ (A 2 ∪ A 3) = A 1 ∪ A 2 ∪ A 3. 5.1.12 Beispiel Die Vereinigungsmenge der geraden und der ungeraden Zahlen ist die Menge der natürlichen Zahlen. A := A1 ∪ A 2 und A1 ∩ A 2 = ø: A := A1 ∪ A 2 und A1 ∩ A 2 ≠ ø: A1 A1 A2 A2 5 Wie für die Schnittmenge ist die Verallgemeinerung auf K Mengen wichtig: Die Vereinigung aller Mengen wird wie folgt geschrieben: Seien A 1,A 2,...,A K Mengen, dann ist K ∪ A k = A 1 ∪ A 2 ∪ ... ∪ A K =: A k=1 5.1.13 Definition (Negation (Komplement)) Eine Menge A heißt Negation oder Komplement der Menge A, bzw. die Menge aller Ereignisse, die nicht in A sind, falls für ein beliebiges Element x folgendes gilt: x ∈ A ⇔ x ∉ A, d.h. A, A ∈ Ω, A ∩ A = ø, A ∪ A = Ω A A 5.1.14 Definition (Partition) Eine Menge von Teilmengen heißt Partition oder Zerlegung von A, falls gilt: K A= ∪ Ak k=1 und A k ∩ A i = ø ∀ k, i ∈ {1,2,....,K} mit k ≠ i. A A2 A3 A1 5.1.15 Definition (Differenz (A ohne B)) Eine Menge wird als Differenzmenge A \ B =: C bezeichnet, falls für alle x ∈ C gilt: x ∈ A und x ∉ B. 6 5.1.16 Bemerkung 1. A ∩ B = ø ⇒ A \ B = A A B 2. A \ B =: C und A ∩ B ≠ ø C A B Offensichtlich gilt x ∈ A \ B ⇔ x ∈ A ∩ B. 5.1.17 Satz (Gesetze von de Morgan) B A A∪B A∪B = A∩B 1. B A 2. A∩B = A∪B A∩ B Beweis: 1. Die linke Seite A∪B bedeutet, daß x weder in A noch in B ist, d.h. x∉A und x∉B ⇔ x ∈ A und x ∈ B ⇔ x∈A∩B; dies ist jedoch die rechte Seite. 2. Die linke Seite A∩B bedeutet, daß x weder in A noch in B ist, d.h. x∉A oder x∉B ⇔ x∈ A oder x∈ B ⇔ x∈ A∪B; dies ist jedoch die rechte Seite, w.z.b.w.