Optimale Konsumgüterentscheidung

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Dr. habil. Burkhard Utecht
Berufsakademie Thüringen – Staatliche Studienakademie
Studienabteilung Eisenach
Studienbereich Wirtschaft
VWL im 1. Semester
Wintersemester 2004/05
Einführung in die Haushaltstheorie II:
Optimale Konsumgüterentscheidung
1. Die Nutzenfunktion des Haushalts
2. Die Budgetbeschränkung des Haushalts
3. Die optimale Konsumgüterentscheidung
4. Budgetänderungen und optimale Konsumgüterentscheidung
5. Preisänderungen und optimale Konsumgüterentscheidung
6. Individuelle Nachfragekurven
7. Direkte Preiselastizität der Güternachfrage
8. Kreuzpreiselastizität der Güternachfrage
9. Übungsaufgaben
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B. Utecht – Einführung in die Haushaltstheorie II
1
Einführung in die Haushaltstheorie II:
Optimale Konsumgüterentscheidung
Betrachtet sei ein Haushalt, der mit einem gegebenen nominalen Budget B den Konsum zweier Güterarten, Gut 1 und Gut 2, finanzieren möchte, die in beliebige Mengen teilbar seien.
1. Die Nutzenfunktion des Haushalts
Die Präferenzordnung des Haushalts bezüglich seiner Verbrauchsmengen der Güter,
x1 und x2, sei (streng) konvex und darstellbar durch eine ordinale Nutzenfunktion
(1)
U = U( x1, x 2 )
mit positiven Grenznutzen:
∂U
>0
∂x1
Alternative Schreibweise: U x > 0
1
∂U
>0
∂x 2
Alternative Schreibweise: U x > 0
2
(2)
Wir erinnern uns: Der Grenznutzen eines Gutes gibt an, um wie viele (marginal kleine) Einheiten das Nutzenniveau des Haushalts steigen würde, wenn sich seine Ausstattung mit dem
betreffenden Gut um eine (marginal kleine) Einheit bei unveränderter Ausstattung mit den
übrigen Gütern erhöhen würde.
Die Präferenzordnung kann damit – analog zu Skriptteil I – als Schar (streng) konvexer Indifferenzkurven abgebildet werden:
Menge von Gut 2
x2
Ua <Ub <Uc <Ud
xb,d
2
b
c’
d
Ud
xa,c
2
a
c
Uc
Ub
Ua
0
xa,b
1
xc,d
1
Menge von
Gut 1
x1
Abb. 1: Indifferenzkurvenschar des Haushalts
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Optimale Konsumgüterentscheidung
2
Wir erinnern uns: Eine Indifferenzkurve gibt alle (x1,x2)-Kombinationen (Ausstattungsmengen von Gut 1 und Gut 2) an, die für den Haushalt dasselbe Nutzenniveau stiften. Durch
jeden Punkt des (x1,x2)-Diagramms verläuft genau eine Indifferenzkurve, d.h. jeder (x1,x2)Kombination ist ein bestimmtes Nutzenniveau zugeordnet. Die Annahme stets positiver
Grenznutzen impliziert dabei:
a) Je weiter die einzelne Indifferenzkurve vom Koordinatenursprung entfernt ist, umso höher
ist das durch sie repräsentierte Nutzenniveau.
b) Die Indifferenzkurven können sich niemals schneiden.
Der Betrag der Steigung einer Indifferenzkurve ist die so genannte Grenzrate der Substitution (von Gut 1 durch Gut 2):
(3)
GRS ≡ −
Ux1
dx 2
=
>0
dx1 U U x 2
Sie entspricht dem Verhältnis des Grenznutzens von Gut 1 zum Grenznutzen von Gut 2.
Die GRS besagt, auf wieviele (marginale) Einheiten von Gut 2 der Haushalt bei gegebener
Ausgangsausstattung maximal bereit wäre zu verzichten, wenn sich seine Ausstattung mit
Gut 1 um eine weitere (marginale) Einheit erhöhen würde.
Anders ausgedrückt: Die GRS gibt an, auf viele Einheiten von Gut 2 der Haushalt für eine
weitere Einheit von Gut 1 verzichten würde, wenn sein Nutzenniveau dasselbe bliebe, d.h.
der Haushalt auf der Indifferenzkurve des Ausgangspunktes verbleiben und sich weder
schlechter noch besser stellen würde.
2. Die Budgetbeschränkung des Haushalts
Nehmen wir an, der Haushalt verfügt über ein (Konsumgüter-)Budget B, das er für
den Konsum der Güter 1 und 2 (vollständig) ausgeben will. Bei gegebenen Güterpreisen P1 und P2 für eine Mengeneinheit des jeweiligen Gutes bestimmen sich alle
bei Vollausschöpfung des Budgets B realisierbaren Verbrauchsmengen von Gut 1
und 2 aus der Budgetrestriktion (Budgetbeschränkung)
(4)
Budget B = P1 ⋅ x1 + P2 ⋅ x 2
123
123
Ausgaben
für Gut 1
Ausgaben
für Gut 2
Die Budgetrestriktion gibt an, welche mengenmäßigen Güterausstattungen sich der
Haushalt bei gegebenen Güterpreisen überhaupt leisten kann, wenn er hierfür ein
Budget in Höhe von B veranschlagt (und dieses auch voll verausgabt). Die nachfolgende Abbildung 2 zeigt eine solche Budgetrestriktion im (x1,x2)-Diagramm, die grafisch gesehen eine Gerade ist, die so genannte Budgetgerade.
Die Randpunkte der Budgetgeraden bestimmen sich aus
(5)
x1 = 0 ⇒ x 2 =
B
P2
x 2 = 0 ⇒ x1 =
B
P1
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3
Menge von Gut 2
x2
P
tan α = 1
P2
Budgetgerade
B = P1·x1 + P2·x2
B/P2
c
xc,d
2
a
xa,b
2
xa,c
1
0
d
b
xb,d
1
α
B/P1
Menge von
Gut 1
x1
Abb. 2: Budgetgerade des Haushalts
Der Haushalt könnte
● bei völligem Verzicht auf Gut 1 maximal B/P2 Mengeneinheiten von Gut 2 kaufen,
● bei völligem Verzicht auf Gut 2 maximal B/P1 Mengeneinheiten von Gut 1 kaufen.
Alle „dazwischen liegenden“, mit dem Budget B gerade noch finanzierbaren Mengenkombinationen liegen auf einer Geraden, eben auf der benannten Budgetgeraden.
Jeder Punkt oberhalb der Budgetgeraden ist für den Haushalt nicht realisierbar, d.h.
erfordert bei gegebenen Güterpreisen ein höheres Budget, als der Haushalt veranschlagt bzw. zur Verfügung hat. Jeder Punkt unterhalb der Budgetrestriktion repräsentiert Verbrauchsmengen, welche bei den gegebenen Güterpreisen mit einem geringeren Budget finanzierbar sind, als vom Haushalt vorgesehen. Aufgrund der
Ressourcenknappheit würde der Haushalt jedoch kein Budget veranschlagen, dass
er nicht voll auszugeben gedenkt. Von allen theoretisch möglichen Mengenkombinationen sind damit nur diejenigen für den Haushalt relevant, welche auf der Budgetgeraden liegen.
Die Steigung der Budgetgeraden ergibt sich aus
(6)
dx 2
P
=− 1 <0
dx1 B, P , P
P2
1 2
d.h. sie entspricht im Betrag dem relativen Preis von Gut 1 gegenüber Gut 2 (P1/P2).
Formal kann die Steigung hergeleitet werden, indem man die Budgetrestriktion
B = P1 ⋅ x1 + P2 ⋅ x 2 nach x2 auflöst zu
B P1
x2 =
−
⋅ x1
P2 P2
und diese Gleichung nach x1 ableitet.
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Optimale Konsumgüterentscheidung
4
Um eine weitere Einheit von Gut 1 kaufen zu können, müsste der Haushalt bei ausgeschöpftem Budget B auf den Kauf von P1/P2 Einheiten von Gut 2 verzichten. Der
relative Preis von Gut 1, P1/P2, entspricht damit den so genannten Opportunitätskosten einer (weiteren) Einheit von Gut 1 gerechnet in Einheiten von Gut 2, kürzer
formuliert: den Grenzopportunitätskosten von Gut 1. Der Kauf einer zusätzlichen
Einheit von Gut 1 „kostet“ den Haushalt den Verzicht auf P1/P2 Einheiten von Gut 2.
Unter dem Begriff „Opportunitätskosten“ versteht man allgemein den Verzicht auf
alternative Verwendungsmöglichkeiten, der sich zwangsläufig aus der Nutzung
von Ressourcen für eine der möglichen Alternativen ergibt, im hier betrachteten Fall
der Verzicht auf P1/P2 Einheiten von Gut 2 durch den Kauf von einer Einheit von Gut
1.
Ein Beispiel: Nehmen wir wieder an, Gut 1 wäre Brot und Gut 2 wäre Wein: Der
Preis für ein Kilogramm Brot sei P1 = 2 €, der Preis für einen Liter Wein P2 = 4 €.
Würde Haushalt ein Kilogramm mehr Brot konsumieren wollen, so müsste er 2 € seines Budgets zusätzlich für den Brotkauf einsetzen, die damit nicht mehr für den
Weinkauf zur Verfügung stehen würden. Von diesen 2 € könnte der Haushalt ½ Liter
Wein kaufen, er müsste also auf P1/P2 = 2/4 = 1/2 Liter Wein verzichten.
3. Optimale Konsumgüterentscheidung (Budgetaufteilung)
Der Haushalt wird diejenige (x1,x2)-Kombination (diejenige Mengenkombination von
Gut 1 und Gut 2) wählen, welche ihm bei gegebenem Budget und gegebenen Güterpreisen den höchsten erreichbaren Nutzen verschafft, welche also auf der höchsten erreichbaren Indifferenzkurve liegt. Die höchste erreichbare Indifferenzkurve
ist wiederum dadurch gekennzeichnet, dass sie die einzige Indifferenzkurve ist, welche die Budgetbeschränkung gerade noch tangiert, wie auch die nachfolgende
Abb. 3 verdeutlicht. Der betreffende Tangentialpunkt E* ist dabei gleichzeitig der
Optimalpunkt des Haushalts. Tiefer liegende Indifferenzkurven (mit niedrigerem Nutzenniveau) werden die Budgetgerade (in maximal zwei Punkten) schneiden, höher
liegende Indifferenzkurven (mit höherem Nutzenniveau) sind bei dem gegebenen
Budget und den gegebenen Güterpreisen nicht erreichbar, berühren die Budgetgerade also an keiner Stelle.
Die Steigungen von Indifferenzkurve und Budgetgerade sind im Optimalpunkt
E* gerade gleich, d.h.: Die Grenzrate der Substitution von Gut 2 durch Gut 1 entspricht dem relativen Preis von Gut 1, P1/P2, und damit den Grenzopportunitätskosten von Gut 1 in Einheiten von Gut 2.
Inhaltlich bedeutet dies, dass im Punkt E* der Haushalt für eine weitere Einheit von
Gut 1 auf gerade so viele Einheiten von Gut 2 tatsächlich verzichten müsste (Grenzopportunitätskosten), wie der Haushalt im Rahmen seiner Präferenzordnung maximal
bereit wäre zu verzichten (Grenzrate der Substitution). Das objektive marginale
Tauschverhältnis zwischen den Gütern (Grenzopportunitätskosten) entspricht hier
also dem subjektiven marginalen Tauschverhältnis des Haushalts (Grenzrate der
Substitution). Nur in diesem Fall lassen sich durch Umschichtungen innerhalb des
Budgets keine nutzenhöheren Indifferenzkurven mehr erreichen, sondern nur noch
nutzenniedere.
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Menge von Gut 2
x2
Ux1
P
tan α = 1 =
P2 U x 2
B/P2
in Punkt E*
A
x*2
E*
U*
A’
0
x*1
α
B/P
Menge von
Gut 1
x1
Abb. 3: Optimale Konsumgüterentscheidung
bei gegebenem Budget und gegebenen Güterpreisen
Formal bestimmen sich damit die optimalen Verbrauchsmengen (x*1, x*2) aus den
Gleichungen
(7)
Die erste Gleichung beschreibt die Gleichheit von Grenzrate der Substitution und
relativem Güterpreis (Ux1/Ux2 = P1/P2), die zweite Gleichung ist die Budgetrestriktion
des Haushalts, d.h. der Haushalt schöpft sein Budget voll aus. Die Gleichungen (7)
sind die notwendigen Bedingungen der optimalen Budgetverwendung.
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Bei jeder anderen Budgetaufteilung als im Optimalpunkt E* könnte sich der Haushalt
durch Umschichtungen seines Budgets verbessern. Betrachten wir zur Illustration die Punkte A und A’ in der obigen Abbildung 3:
In Punkt A verläuft die dortige Indifferenzkurve steiler als die Budgetgerade. Die Grenzrate
der Substitution von Gut 2 durch Gut 1 ist also größer als der relative Preis von Gut 1, P1/P2,
d.h. größer als die Grenzopportunitätskosten von Gut 1. Inhaltlich bedeutet dies, dass der
Haushalt beim Zukauf einer weiteren (marginal kleinen) Einheit von Gut 1 tatsächlich auf
weniger von Gut 2 verzichten muss (Grenzopportunitätskosten), als er im Rahmen seiner
Präferenzordnung maximal bereit wäre zu verzichten (Grenzrate der Substitution). Durch
den Zukauf einer weiteren Einheit von Gut 1 – auf Kosten seines Konsums von Gut 2 –
kann sich der Haushalt also nutzenmäßig besser stellen, d.h. eine höher liegende Indifferenzkurve erreichen. Dies gilt im Grundsatz für alle Punkte auf der Budgetgeraden links
von E*, also würde der Haushalt ausgehend von Punkt A seiner Ausstattung mit Gut 1 auf
Kosten von Gut 2 solange erhöhen, bis der Optimalpunkt E* erreicht ist.
In Punkt A’ verläuft die dortige Indifferenzkurve flacher als die Budgetgerade. Die Grenzrate
der Substitution von Gut 2 durch Gut 1 ist also kleiner als der relative Preis von Gut 1, P1/P2,
d.h. kleiner als die Grenzopportunitätskosten von Gut 1. Inhaltlich bedeutet dies, dass der
Haushalt bei Reduzierung seines Konsums von Gut 1 um eine weitere (marginal kleine)
Einheit tatsächlich mehr von Gut 2 zusätzlich kaufen könnte, als notwendig wäre, um den
Haushalt auf demselben Nutzenniveau zu halten. Durch den Verzicht auf eine Einheit von
Gut 1 zu Gunsten seines Konsums von Gut 2 kann sich der Haushalt also nutzenmäßig
besser stellen, d.h. eine höher liegende Indifferenzkurve erreichen. Dies gilt im Grundsatz
für alle Punkte auf der Budgetgeraden rechts von E*, also würde der Haushalt ausgehend von Punkt A’ seine Ausstattung mit Gut 1 zu Gunsten von Gut 2 solange verringern,
bis der Optimalpunkt E* erreicht ist.
Die notwendige Bedingung der optimalen Budgetaufteilung Ux1/Ux2 = P1/P2 (Grenzrate der Substitution gleich relativer Güterpreis) lässt sich auch alternativ interpretieren.
Teil man beide Seiten der Gleichung durch P1 und multipliziert auf beiden Seiten Ux2,
so ergibt sich:
(8)
Ux1
P1
{
Grenznutzen des
letzten für Gut 1
eingesetzten €
=
Ux 2
P2
{
Grenznutzen des
letzten für Gut 2
eingesetzten €
Der Nutzenzuwachs aus der letzten für Gut 1 ausgegebenen Geldeinheit muss also
im Haushaltsoptimum dem Nutzenzuwachs aus der letzten für Gut 2 ausgegebenen
Geldeinheit entsprechen.
Allgemeiner formuliert:
Die Grenznutzen der jeweils letzten für die verschiedenen Güterarten ausgegebenen
Geldeinheiten müssen sich im Haushaltsoptimum entsprechen (2. Gossen’sches
Gesetz).
Andernfalls ließe sich durch Umschichtungen im Budget der Nutzen des Haushalts
erhöhen: Wäre z.B. der Grenznutzen des letzten für Gut 1 eingeplanten € geringer
als der Grenznutzen des letzten für Gut 2 eingeplanten € (Ux1/P1 < Ux2/P2), dann wäre es für den Haushalt besser, den letzten € für Gut 1 stattdessen für zusätzlichen
Konsum von Gut 2 auszugeben.
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7
Die oben bestimmten optimalen Verbrauchsmengen (x1*, x2*) stellen nichts anderes
dar als die mengenmäßigen Güternachfragen des betrachteten Haushalts in
Abhängigkeit der Güterpreise und des zur Verfügung stehenden Budgets, d.h.
es ergeben sich (individuelle) Güternachfragefunktionen der Form
(9)
x1d = x1d (P1,P2 ,B)
x d2 = x d2 (P1,P2 ,B)
Dabei steht der Index „d“ für demand (englisch: Nachfrage).
Grundsätzlich gilt dabei: Für gegebene relative Preise (P1/P2) und gegebenes Verhältnis zwischen Budget und Güterpreis (B/P1 bzw. B/P2) sind die mengenmäßigen
Nachfragen des betrachteten Haushalts nach den Gütern eindeutig bestimmt. Dies
bedeutet insbesondere: Ändern sich die Güterpreise und das Budget alle um denselben Prozentsatz (würden sich P1, P2 und B z.B. alle verdoppeln), dann hat dies
keinen Einfluss auf die Mengennachfragen, denn in diesem Fall bleiben die relativen
Güterpreise und das Budget-Preis-Verhältnis (und damit Steigung und Lage der
Budgetgeraden) unverändert. Es kommt also letztlich nur auf die relativen Preise
und das Budget-Preis-Verhältnis an.
4. Budgetänderungen und optimale Konsumgüterentscheidung
Wir wollen nun die Frage untersuchen, welche Auswirkungen auf die Nachfrage des
Haushalts nach den Konsumgütern 1 und 2 sich theoretisch ergeben können, wenn
es zu einer Erhöhung seines Konsumgüterbudgets B kommt (z.B. als Folge einer
Erhöhung des Haushaltseinkommens).
Abb. 4: Verschiebung der Budgetgeraden aufgrund einer Budgeterhöhung
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8
Eine Erhöhung des Budgets bedeutet grafisch eine Parallelverschiebung der Budgetgeraden nach außen: Eine Budgetausdehnung in Höhe von ∆B > 0 verschiebt die
Budgetgerade um ∆B/P1 nach rechts (entlang der x1-Achse) bzw. um ∆B/P2 nach
oben (entlang der x2-Achse), wie auch die obige Abbildung 4 illustriert; bei Erhöhung
des Budgets um ∆B > 0 kann der Haushalt bei gegebenem Verbrauch von Gut 2 gerade ∆B/P1 Mengeneinheiten Gut 1 zusätzlich konsumieren, bei gegebenem
Verbrauch von Gut 1 wiederum ∆B/P2 zusätzliche Mengeneinheiten von Gut 2.
Die Budgeterhöhung führt also zu einer Erhöhung der Kaufkraft des Haushalts,
die sich grafisch in einer Parallelverschiebung der Budgetgeraden nach außen widerspiegelt. Eine analoge Wirkung auf die Kaufkraft des Haushalts ergäbe sich auch,
wenn die Preise der Güter bei unverändertem Budget um denselben Prozentsatz
sinken würden. Der Leser bemerke, dass in beiden Fällen die relativen Preise der
Güter gleich bleiben (also P1/P2), was grafisch darin seinen Ausdruck findet, dass
sich die Steigung der Budgetgeraden nicht ändert (Parallelverschiebung).
Grundsätzlich gilt nun:
Steigt die Nachfrage des Haushalts nach einem Gut infolge einer Kaufkrafterhöhung bei unveränderten relativen Preisen, so ist dieses Gut für den Haushalt „normal“ bzw. „superior“ (wörtlich: höherwertig).
Sinkt dagegen die Nachfrage des Haushalts nach einem Gut infolge einer Kaufkrafterhöhung bei unveränderten relativen Preisen, so ist dieses Gut für den Haushalt
„inferior“ (wörtlich: minderwertig).
In der Realität (in der Empirie) stellen superiore Güter den Regelfall („Normalfall“)
und inferiore Güter den Ausnahmefall dar. Häufig handelt es sich bei inferioren Gütern um minderwertige Nahrungsmittel, die mit wachsender Kaufkraft der Haushalte
in einem gewissen Ausmaß durch höherwertige Nahrungsmittel ersetzt werden (z.B.
Margarine als Brotaufstrich gegen Butter)
Die mengenmäßige Anpassung der Nachfrage des Haushalts nach einem Gut infolge einer Änderung der Kaufkraft (bei unveränderten relativen Güterpreisen) wird in
der Volkswirtschaftslehre „Einkommenseffekt“ genannt.
● Ist ein Gut superior, dann ergibt sich aus einer positiven (negativen) Kaufkraftänderung ein positiver (negativer) Einkommenseffekt bezüglich der Nachfrage nach
dem Gut, d.h. die mengenmäßige Nachfrage nach dem Gut steigt (sinkt).
● Ist ein Gut inferior, dann ergibt sich aus einer positiven (negativen) Kaufkraftänderung ein negativer (positiver) Einkommenseffekt bezüglich der Nachfrage nach dem
Gut, d.h. die mengenmäßige Nachfrage sinkt (steigt).
Die nachfolgende Abbildung 5 zeigt die Anpassung des Haushaltsoptimums infolge
einer Erhöhung des Budgets um ∆B > 0 für den Fall, dass beide Güter für den
Haushalt superior sind: Die Budgeterhöhung führt zu einer Parallelverschiebung
der Budgetgeraden nach außen, sodass nun die nutzenhöhere Indifferenzkurve U**
erreichbar ist. Der Optimalpunkt verschiebt sich entsprechend von E* nach E** mit
höheren Verbrauchsmengen von beiden Gütern. Der „Einkommenseffekt“ ist für beide Güter positiv (EE1 und EE2), d.h. die optimalen Verbrauchsmengen (Güternachfragen) des Haushalts erhöhen sich infolge der Kaufkrafterhöhung für beide Güter.
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9
Abb. 5: Verschiebung des Optimums bei einer Erhöhung des Budgets
(Gut 1 und Gut 2 superior)
Wäre dagegen eines der beiden Güter inferior, so würde die Budgeterhöhung zu
einer Senkung der Verbrauchsmenge des inferioren Gutes bei Ausdehnung der
Verbrauchsmenge des anderen (superioren) Gutes führen. Abbildung 6 verdeutlicht
den Sachverhalt für den Fall, dass Gut 2 inferior ist (negativer Einkommenseffekt
EE2).
x2
B + ∆B
P2
∆B > 0
B/P2
U*
U**
x*2
x**2
E*
E**
EE2
EE1
0
x*1
x**1 B/P (B+∆B)/P
x1
Abb.6: Verschiebung des Optimums bei einer Erhöhung des Budgets
(Gut 1 superior, Gut 2 inferior)
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Entsprechende Einkommenseffekte wie im betrachteten Fall einer nominalen Budgeterhöhung bei gegebenen Güterpreisen würden sich auch ergeben, wenn sich bei
gegebenem nominalen Budget B die Preise aller betrachteten Güter mit derselben
Rate senken würden.
Anders ausgedrückt: Die Halbierung aller Güterpreise bei unverändertem Budget
hätte dieselbe Wirkung wie eine Verdoppelung des Budgets bei unveränderten Güterpreisen. Einkommenseffekte im obigen Sinne entstehen also immer dann, wenn
sich Änderungen des nominalen Budgets oder Änderungen der absoluten Güterpreise um denselben Prozentsatz ergeben, sodass die relativen Preise unverändert
bleiben.
Je höher die Kaufkraft des Haushalts (bei gegebenen relativen Preisen) ist, umso
weiter liegt die Budgetgerade vom Ursprung des Koordinatenkreuzes entfernt. Verschiebt man die Kaufkraft, d.h. die Budgetgerade vom Nullpunkt ausgehend parallel
immer weiter nach außen und verbindet man die jeweiligen Tangentialpunkte der
Indifferenzkurven (Optimalpunkte), so ergibt sich der „Einkommen-KonsumExpansionspfad“, die so genannte Engel-Kurve (besser, d.h. allgemeiner formuliert,
müsste man eigentlich vom „Kaufkraft-Konsum-Expansionspfad“ sprechen). Er gibt
die optimalen (x1,x2)-Mengenkombinationen in Abhängigkeit der Kaufkraft des Haushalts an.
Ein solcher Expansionspfad beginnt im (x1,x2)-Diagramm immer im Koordinatenursprung, denn bei einer Kaufkraft bzw. einem Budget von Null, kann der Haushalt
auch nichts kaufen. Daraus ergibt sich darüber hinaus, dass für hinreichend niedrige Kaufkraft alle (nutzenstiftenden) Güter für den Haushalt superior sind,
zunächst werden also mit wachsender Kaufkraft die mengenmäßigen Nachfragen
des Haushalts für alle Güter ansteigen.
Für einzelne Güter kann jedoch gelten, dass diese für den betrachteten Haushalt ab
einer bestimmten Kaufkraft inferior werden, sodass es mit weiter wachsender Kaufkraft zu einer Senkung der Nachfrage des Haushalts nach diesen Gütern kommt.
Dies kann jedoch nicht für alle Güter gleichzeitig gelten, weil sonst ein Teil der
(gestiegenen) Kaufkraft bzw. des vom Haushalt bereitgestellten Konsumgüterbudgets unausgeschöpft bleiben würde, was bei knappen Ressourcen nicht wirtschaftlich rational wäre.
5. Preisänderungen und optimale Konsumgüterentscheidung
Wir wollen nun untersuchen, welche theoretischen Effekte sich aus dem hiesigen
Modellrahmen aus einseitigen absoluten Preisänderungen ergeben können und
unterstellen hierfür exemplarisch, dass sich der Preis von Gut 1 um ∆P1 > 0 erhöht
(ceteris paribus, d.h. bei gegebenem Budget und gegebenem Preis von Gut 2). Grafisch führt dies zu einer Drehung der Budgetgeraden um den Schnittpunkt der x2Achse nach innen, wie Abbildung 7 illustriert.
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x2
∆P1 > 0
B/P2
P
P + ∆P1
tan β = 1
> tan α = 1
P2
P2
β
0
B/(P1+∆P1)
α
B/P1
x1
Abb. 7: Drehung der Budgetgeraden aufgrund einer Erhöhung von P1
5.1. Grundsätzlich wirkende Effekte der Preiserhöhung
Die Anpassung der Nachfrage des Haushalts nach dem jeweiligen Gut infolge der
Erhöhung von P1 lässt sich dabei gedanklich in zwei Effekte zerlegen (den Substitutions- und den Einkommenseffekt, SE und EE):
● Die Erhöhung von P1 führt zu einer Erhöhung des relativen Preises von Gut 1, P1/P2, und
damit zu einer relativen Verteuerung von Gut 1 gegenüber Gut 2 bzw. zu einer relativen
Verbilligung von Gut 2 gegenüber Gut 1. Die Grenzopportunitätskosten von Gut 1 (gerechnet in Einheiten von Gut 2) haben sich also erhöht.
Diese Änderung der relativen Preise wird für sich betrachtet (d.h. bei gegebener Kaufkraft)
den Haushalt in einem gewissen Umfang dazu anreizen, Gut 1 durch Gut 2 zu substituieren
(zu ersetzen), d.h.: Der Haushalt wird hierdurch angereizt zu einer Senkung seiner Nachfrage nach dem relativ verteuerten Gut 1 zu Gunsten einer Ausdehnung seiner Nachfrage nach
dem relativ verbilligten Gut 2 (negativer Substitutionseffekt bezüglich Gut 1, positiver Substitutionseffekt bezüglich Gut 2).
● Hinzu kommt: Sofern der Haushalt beide Güter tatsächlich konsumieren will, vermindert
die (absolute) Preiserhöhung von Gut 1 die Kaufkraft des gegebenen Budgets B als Ganzes
(die „neue“ Budgetgerade verläuft unterhalb der „alten“): Keine der bisher möglichen
Verbrauchsmengen ist nunmehr realisierbar, sofern denn der Haushalt nicht sein gesamtes
Budget in den Konsum von Gut 2 steckt.
Die Erhöhung von P1 führt also auch zu einer Kaufkraftsenkung für den Haushalt und damit
zu Einkommenseffekten (EE) bezüglich der jeweiligen Güternachfragen. Die Kaufkraftsenkung wird für sich betrachtet (d.h. bei gegebenen relativen Preisen) im Falle eines superioren Gutes zu einer Senkung der Nachfrage des Haushalts nach dem Gut führen (negativer
Einkommenseffekt), im Fall eines inferioren Gutes dagegen zu einer Erhöhung der Nachfrage (positiver Einkommenseffekt) [vgl. auch Abschnitt 4].
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12
Wir wollen noch einmal wiederholen: Die Änderung der Nachfrage des Haushalts
nach einem Gut infolge der einseitigen Änderung eines der absoluten Preise (z.B.
von P1) kann gedanklich in einen Substitutionseffekt und in einen Einkommenseffekt „zerlegt“ werden:
● Der Substitutionseffekt ist die Änderung der Nachfrage aufgrund der (aus der
absoluten Preisänderung resultierenden) Änderung der relativen Preise.
● Der Einkommenseffekt ist die Änderung der Nachfrage aufgrund der (aus der
absoluten Preisänderung resultierenden) Änderung der Kaufkraft.
5.2. Mögliche Anpassungen, wenn beide Güter superior sind
Welche Änderungen der optimalen Verbrauchsmengen bzw. Güternachfragen des
betrachteten Haushalts sind nun infolge der einseitigen Erhöhung von P1 möglich,
wenn beide Güter für den Haushalt superior sind („Normalfall“)?
● Änderung der Nachfrage nach dem superioren Gut 1: Die Erhöhung von P1 führt im Hinblick auf die Nachfrage des Haushalts nach Gut 1 zu einem negativen Substitutionseffekt
SE1 < 0 (denn Gut 1 hat sich relativ verteuert) und zu einem ebenfalls negativen Einkommenseffekt EE1 < 0 (denn Gut 1 ist superior und die Kaufkraft des Haushalts hat sich verringert). Die Nachfrage des Haushalts nach Gut 1 wird also eindeutig sinken, denn die Änderung seiner Nachfrage entspricht der Summe aus Substitutions- und Einkommenseffekt, die
hier beide negativ sind (Gesamteffekt GE1 = SE1 + EE1).
● Änderung der Nachfrage nach dem superioren Gut 2: Die Erhöhung von P1 führt im Hinblick auf die Nachfrage des Haushalts nach Gut 2 zu einem positiven Substitutionseffekt
SE2 > 0 (denn Gut 2 hat sich relativ verbilligt) und zu einem negativen Einkommenseffekt
EE2 < 0 (denn Gut 2 ist superior und die Kaufkraft des Haushalts hat sich verringert). Der
Gesamteffekt auf die Nachfrage des Haushalts nach Gut 2 , GE2 = SE2 + EE2, ist also ohne
weitere Annahmen unklar, weil Einkommens- und Substitutionseffekt hier gegenläufige Vorzeichen haben: Wäre der negative Einkommenseffekt im Betrag schwächer als der positive
Substitutionseffekt ⎪EE2⎪< ⎪SE2⎪, dann würde die Nachfrage des Haushalts nach Gut 2 ansteigen, wäre ⎪EE2⎪ > ⎪SE2⎪, dann würde die Nachfrage absinken.
Die nachfolgende Tabelle illustriert den Zusammenhang:
Änderung der Nachfrage nach dem
superioren Gut 1
Preisänderung
Substitutionseffekt
Einkommenseffekt
SE1
EE1
P1↑
–
Gut 1 relativ
verteuert
infolge P1↑
Gesamteffekt
Änderung der Nachfrage nach dem
superioren Gut 2
Gesamteffekt
GE1
Substitutionseffekt
Einkommenseffekt
=
SE1+EE1
SE2
EE2
=
SE2+EE2
–
–
+
–
?
Kaufkraft
gesunken
infolge P1↑,
Gut 1 sup.
SE1 < 0
Gut 2 relativ
verbilligt
infolge P1↑
Kaufkraft
gesunken
infolge P1↑,
Gut 2 sup.
SE2 > 0
EE1 < 0
Begründung der Richtung der Effekte
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GE2
EE2 < 0
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Im Hinblick auf die optimalen Verbrauchsmengen bzw. Nachfragen des Haushalts bezüglich
der beiden superioren Güter 1 und 2 können sich also aus der Erhöhung des Preises von
Gut 1 (∆P1 > 0) grundsätzlich die folgenden Fälle ergeben:
• Fall 1 (Komplementärgüterfall): Die Preiserhöhung von Gut 1 führt zu einer Verminderung
der Verbrauchsmengen beider Güter. In diesem Fall sind die betrachteten Güter so genannte Komplementärgüter für den Haushalt (kompementär = „sich ergänzend“). Der negative Einkommenseffekt von Gut 2 ist hier im Betrag größer als der positive Substitutionseffekt
(⎪EE2⎪ > ⎪SE2⎪).
x2
∆P1 > 0
⎪EE2⎪ > ⎪SE2⎪
B/P2
(Komplementärgüterfall)
x*2
x**
2
E*
E**
GE2
U*
U**
GE1
x**
1
0
x*1 B/(P1+∆P1)
x1
B/P1
Abb. 8 : Verschiebung des Optimums bei einer Erhöhung von P1
(Gut 1 und Gut 2 superior, Komplementärgüterfall)
• Fall 2 (Substitutionsgüterfall): Die Preiserhöhung von Gut 1 führt zu einer Verminderung
der Verbrauchsmenge von Gut 1 bei gleichzeitiger Erhöhung der Verbrauchsmenge von
Gut 2. In diesem Fall sind die betrachteten Güter so genannte Substitutionsgüter für den
Haushalt (substitutional = „sich ersetzend“). Der negative Einkommenseffekt von Gut 2 ist
hier im Betrag kleiner als der positive Substitutionseffekt (⎪EE2⎪ < ⎪SE2⎪).
x2
∆P1 > 0
⎪EE2⎪ < ⎪SE2⎪
B/P2
(Substitutionsgüterfall)
x**
2
E**
GE2
E*
x*2
U*
U**
GE1
0
x**
1
x*1 B/(P1+∆P1)
B/P1
x1
Abb. 9: Verschiebung des Optimums bei einer Erhöhung von P1
(Gut 1 und Gut 2 superior, Substitutionsgüterfall)
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
Optimale Konsumgüterentscheidung
14
• Fall 3 (Grenzfall zwischen Komplementär- und Substitutionsgütern): Die Preiserhöhung von
Gut 1 führt zu einer Verminderung der Verbrauchsmenge von Gut 1 bei gleichbleibender
Verbrauchsmenge von Gut 2. Der negative Einkommenseffekt von Gut 2 ist entspricht hier
im Betrag gerade dem positiven Substitutionseffekt (⎪EE2⎪ = ⎪SE2⎪)
Zusammengefasst gilt also: Grundsätzlich wird sich die Verbrauchsmenge eines superioren
Gutes eindeutig verringern, wenn sich dessen Preis absolut erhöht, in unserem Fall betrifft
dies Gut 1. Dagegen ist der Effekt auf die Verbrauchsmenge des – ebenfalls superioren –
Gutes 2, das sich durch die Erhöhung von P1 relativ verbilligt hat, unklar: Die Verbrauchsmenge von Gut 2 mag sinken, unverändert bleiben oder sogar ansteigen. Diese Uneinheitlichkeit des Gesamteffekts rührt aus den Partialeffekten her, welche durch die Erhöhung
von P1 ausgelöst werden: Die Erhöhung von P1 senkt einerseits die Kaufkraft des Budgets
insgesamt, was negative Einkommenseffekte für beide (superiore) Güter nach sich zieht.
Gleichzeitig senkt sich jedoch auch der relative Preis von Gut 2, d.h. die Grenzopportunitätskosten von Gut 1 werden erhöht, was den Haushalt zu einer Verringerung der
Verbrauchsmenge von Gut 1 zu Gunsten einer Erhöhung der Verbrauchsmenge von Gut 2
animiert (Substitutionseffekte der Preisänderung). Für das relativ verteuerte Gut 1 hat der
Substitutionseffekt also negatives Vorzeichen und wirkt damit in dieselbe Richtung wie der
Einkommenseffekt. Für das relativ verbilligte Gut 2 ist der Substitutionseffekt dagegen positiv und wirkt folglich dem Einkommenseffekt entgegen, wobei die Gesamtwirkung ohne
weitere Annahmen unklar ist, d.h. von den spezifischen Eigenschaften der unterstellten Nutzenfunktion bzw. Präferenzordnung abhängt.
5.3. Mögliche Anpassungen, wenn eines der Güter inferior ist
Wäre Gut 1 inferior, so ergäbe sich aus der Kaufkraftminderung infolge einer Erhöhung von P1 ein positiver Einkommenseffekt für Gut 1. In diesem Fall ist auch
der Gesamteffekt der Erhöhung von P1 im Hinblick auf Gut 1 unklar, denn dann
steht für das inferiore Gut 1 ein negativer Substitutionseffekt einem positiven
Einkommenseffekt gegenüber (vgl. die folgende Tabelle). Überwiegt der Substitutionseffekt, so würde auch hier mit steigendem P1 die Nachfrage nach Gut 1 absinken
(„standard-inferiores“ Gut). Würde jedoch der Einkommenseffekt überwiegen, so
würde mit steigendem P1 die Nachfrage nach Gut 1 ansteigen (so genanntes GiffenGut). Dies ist empirisch gesehen allerdings ein absoluter Extremfall.
Änderung der Nachfrage nach dem
inferioren Gut 1
Preisänderung
Substitutionseffekt
Einkommenseffekt
SE1
EE1
P1↑
–
Gut 1 relativ
verteuert
infolge P1↑
Gesamteffekt
Änderung der Nachfrage nach dem
superioren Gut 2
Gesamteffekt
GE1
Substitutionseffekt
Einkommenseffekt
=
SE1+EE1
SE2
EE2
=
SE2+EE2
+
?
+
–
?
Kaufkraft
gesunken
infolge P1↑,
Gut 1 inf.
SE1 < 0
Gut 2 relativ
verbilligt
infolge P1↑
Kaufkraft
gesunken
infolge P1↑,
Gut 2 sup.
SE2 > 0
EE1 > 0
Begründung der Richtung der Effekte
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
GE2
EE2 < 0
B. Utecht – Einführung in die Haushaltstheorie II
15
Wäre Gut 1 inferior und würde sich der Preis des (superioren) Gutes 2 erhöhen
(P2↑), so würde die Nachfrage nach dem inferioren Gut 1 eindeutig zunehmen, denn
sowohl die Kaufkraftminderung als auch die relative Verbilligung von Gut 1 infolge
der Erhöhung von P2 steigern die Nachfrage nach dem inferioren Gut 1. Die folgende
Tabelle illustriert die Zusammenhänge:
Änderung der Nachfrage nach dem
inferioren Gut 1
Preisänderung
Substitutionseffekt
Einkommenseffekt
SE1
EE1
P2↑
+
Gut 1 relativ
verbilligt
infolge P2↑
Gesamteffekt
Änderung der Nachfrage nach dem
superioren Gut 2
Gesamteffekt
GE1
Substitutionseffekt
Einkommenseffekt
=
SE1+EE1
SE2
EE2
=
SE2+EE2
+
+
–
–
–
Kaufkraft
gesunken
infolge P2↑,
Gut 1 inf.
SE1 > 0
Gut 2 relativ
verteuert
infolge P2↑
Kaufkraft
gesunken
infolge P2↑,
Gut 2 sup.
SE2 < 0
EE1 > 0
GE2
EE2 < 0
Begründung der Richtung der Effekte
5.4. Grafische Zerlegung des Gesamteffektes
(am Beispiel superiorer Substitutionsgüter)
Die sich aus der Änderung eines Preises ergebenden Einkommens- und Substitutionseffekte können auch grafisch veranschaulicht werden, wobei hier zwei Varianten der Darstellung in der Lehrbuch-Literatur anzutreffen sind (Hicks- und SlutskyEffektzerlegung). Wir wollen dabei exemplarisch den Fall superiorer Substitutionsgüter am Beispiel einer Erhöhung des Preises von Gut 1 betrachten:
In der so genannten Hicks-Variante der Effekt-Zerlegung, welche in der nachfolgenden Abb. 10 dargestellt ist, wird zunächst eine fiktive Budgetgerade eingezeichnet, bei welcher der Haushalt im Optimum zu den nach der Erhöhung von P1
herrschenden Güterpreisen dasselbe Nutzenniveau wie im Punkt E* realisieren
würde (vgl. die gestrichelte Budgetgerade sowie den fiktiven Optimalpunkt A). Der
Haushalt hätte hier also in dem Sinne dieselbe Kaufkraft, dass er sich weiterhin im
Optimum „dasselbe Nutzenniveau leisten“ könnte wie vor der Preiserhöhung. Die
Anpassung der Verbrauchsmengen von Ausgangs-Optimalpunkt E* zum fiktiven Optimalpunkt A repräsentiert damit die Substitutionseffekte der relativen Preisänderung bei unveränderter Kaufkraft im Hicks’schen Sinne (vgl. SE1 und SE2). Die
Anpassung der Verbrauchsmengen von Punkt A zum tatsächlichen Optimalpunkt E**
nach der Preiserhöhung beschreibt die sich aus der tatsächlich wirkenden Kaufkraftminderung ergebenden Einkommenseffekte (vgl. EE1 und EE2).
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
Optimale Konsumgüterentscheidung
x2
Hicks-Effektzerlegung
“fiktive
Budgetgerade”
(Gut 1 und Gut 2 superiore
Substitutionsgüter)
∆P1 > 0
A
EE2
x2**
SE2
x2*
16
E**
E*
U*
U**
EE1 SE1
0
x1**
x1
x*1
Abb. 10: Einkommens- und Substitutionseffekte in der Hicks-Variante
Nur für den interessierten Leser: In
der so genannten Slutsky-Variante der
Effekt-Zerlegung, welche in der nebenstehenden Abbildung 11 dargestellt ist,
wird zunächst eine fiktive Budgetgerade eingezeichnet, bei welcher der
Haushalt die bisherigen Verbrauchsmengen im Punkt E* zu den nach der
Erhöhung von P1 herrschenden Güterpreisen realisieren könnte (vgl. die gestrichelte Budgetgerade). Der Haushalt
könnte sich hier also weiterhin das „alte“ Güterbündel aus E* leisten. Allerdings wäre hier E* nicht mehr optimal,
sondern Punkt A. Die Anpassung der
Verbrauchsmengen von Punkt E* zu
diesem fiktiven Optimalpunkt A repräsentiert die Substitutionseffekte der
relativen Preisänderung bei unveränderter Kaufkraft im Slutsky’schen Sinne
(vgl. SE1 und SE2). Die Anpassung der
Verbrauchsmengen von Punkt A zum
tatsächlichen Optimalpunkt E** nach
der Preiserhöhung beschreibt die sich
entsprechend ergebenden Einkommenseffekte (vgl. EE1 und EE2).
x2
“fiktive
Budgetgerade”
Slutsky-Effektzerlegung
(Gut 1 und Gut 2 superiore
Substitutionsgüter)
∆P1 > 0
EE2
x**
2
SE2
x2*
A
E**
E*
U*
U**
EE1 SE1
0
x**
1
x*1
x1
Abb. 11: Einkommens- und Substitutionseffekte
in der Slutsky-Variante
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
B. Utecht – Einführung in die Haushaltstheorie II
17
6. Individuelle Güternachfragefunktionen
Die im vorangegangenen Abschnitt bestimmten optimalen Verbrauchsmengen stellen – wie bereits gesagt – nichts anderes dar als die mengenmäßigen
Güternachfragen des betrachteten Haushalts in Abhängigkeit der Güterpreise und
des zur Verfügung stehenden Budgets. Für den Fall der superioren Güter ergeben
sich hier also Güternachfragefunktionen des Haushalts der Form
(10)
x1d = x1d (P1,P2 ,B)
+
x d2
=
− ?
d
x 2 (P1,P2 ,B)
? − +
Die Mengennachfrage des einzelnen Haushalts nach Gut 1 ist damit eine im Preis
von Gut 1 fallende Funktion, wie sie in der nachfolgenden Abbildung 12 exemplarisch
dargestellt ist.
xd1
xd1(P1,P2,B)
P1
0
Abb. 12: Nachfragefunktion des Haushalts bezüglich Gut 1
Der Preis des anderen Gutes 2 und das zur Verfügung stehende Budget B stellen
dabei so genannte Lageparameter der Nachfragekurve von Gut 1 dar: Eine
Erhöhung des Budgets wird die Güternachfragekurve aufwärts bzw. nach rechts
verschieben, d.h. für gegebene Güterpreise wird die Nachfrage des Haushalts nach
dem superioren Gut 1 umso höher ausfallen, je größer das Budget ist (vgl. die
nachfolgende Abbildung 13)
xd1
∆B > 0
Gut 1 superior
xd1(P1,P2,B+∆B)
xd1(P1,P2,B)
0
P1
Abb. 13: Verschiebung der Güternachfragefunktion bei Erhöhung des Budgets
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Optimale Konsumgüterentscheidung
18
Eine Erhöhung des Preises von Gut 2 verschiebt die Nachfragekurve des
Haushalts bezüglich Gut 1 aufwärts bzw. nach rechts, sofern die beiden Güter in
einer substitutionalen Beziehung zueinander stehen, d.h. sofern der bezüglich x1
positive Substitutionseffekt den negativen Einkommenseffekt im Betrag übersteigt
(vgl. die nachfolgende Abb. 14). Bei gegebenem Preis von Gut 1 (und gegebenem
Budget) fragt nun der Haushalt mehr von Gut 1 infolge der Preiserhöhung von Gut 2
nach.
xd1
∆P2 > 0
⏐SE1⏐ > ⏐EE1⏐
(Substitutionsgüterfall)
xd1(P1,P2+∆P2,B)
xd1(P1,P2,B)
P1
0
Abb. 14: Verschiebung der Nachfragefunktion nach Gut 1
bei Erhöhung des Preises von Gut 2 (Substitutionsgüterfall)
Dagegen wird eine Erhöhung des Preises von Gut 2 die Nachfragekurve des
Haushalts bezüglich Gut 1 abwärts bzw. nach links verschieben, sofern die beiden
Güter in einer komplementären Beziehung zueinander stehen, d.h. sofern der
bezüglich x1 positive Substitutionseffekt dem negativen Einkommenseffekt im Betrag
unterliegt (vgl. die nachfolgende Abb. 15). Bei gegebenem Preis von Gut 1 (und
gegebenem Budget) fragt nun der Haushalt weniger von Gut 1 infolge der
Preiserhöhung von Gut 2 nach.
xd1
∆P2 > 0
⏐SE1⏐ < ⏐EE1⏐
(Komplementärgüterfall)
xd1(P1,P2,B)
xd1(P1,P2+∆P2,B)
0
P1
Abb. 15: Verschiebung der Nachfragefunktion nach Gut 1
bei Erhöhung des Preises von Gut 2 (Komplementärgüterfall)
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
B. Utecht – Einführung in die Haushaltstheorie II
19
7. Direkte Preiselastizität der Nachfrage
Aus der vorangegangenen Analyse ergab sich, dass im Regelfall die Nachfrage nach
einem Gut mit wachsendem Preis des Gutes abnehmen wird (Ausnahme: Giffen-Gut
als extremer Spezialfall eines inferioren Gutes). Am Beispiel eines beliebig gewählten Gutes 1 bedeutet dies formal, dass die 1. partielle Ableitung der Nachfragefunktion von Gut 1 nach dem Preis von Gut 1 negativ ist:
(11)
∂x1d
∂P1
< 0.
Was bedeutet dies jedoch im Hinblick auf die Ausgaben des Haushalts für Gut 1?
Wie werden sich die Ausgaben des Haushalt für das Gut anpassen, wenn sich sein
Preis erhöht?
Im Grundsatz wirken hier zwei Effekte der Preiserhöhung gegeneinander:
Einerseits muss nun für jede vom Haushalt nachfragte Einheit des Gutes ein höherer Preis
gezahlt werden, was für sich betrachtet ausgabenerhöhend wirkt (positiver „Preiseffekt“
bezüglich der Ausgaben für das Gut).
Andererseits nimmt die mengenmäßige Nachfrage nach dem Gut ab, was für sich betrachtet ausgabenmindernd wirkt (negativer „Mengeneffekt“ bezüglich der Ausgaben für das
Gut).
Die Gesamtänderung der Ausgaben des Haushalts für das Gut infolge der Erhöhung seines
Preises bestimmt sich dann aus der Summe von Preiseffekt und Mengeneffekt, wobei
ohne weitere Annahmen unklar ist, ob diese Gesamtänderung positiv oder negativ ausfällt:
● Überwiegt der positive Preiseffekt den negativen Mengeneffekt im Betrag, dann
steigen die Ausgaben des Haushalts für das Gut.
● Überwiegt der Mengeneffekt den Preiseffekt, dann sinken die betreffenden Ausgaben.
● Halten sich Preiseffekt und Mengeneffekt die Waage, dann bleiben die betreffenden Ausgaben unverändert.
Von zentraler Bedeutung für die Beantwortung der Frage, wann die Ausgaben des
Haushalts für ein Gut bei Anstieg seines Preises steigen, sinken oder unverändert
bleiben, ist die so genannte direkte Preiselastizität der Güternachfrage. Die direkte Preiselastizität der Nachfrage nach Gut 1 (ε11) setzt im Grundsatz die prozentuale
Änderung (Änderungsrate) der mengenmäßigen Nachfrage nach Gut 1 ins Verhältnis
zur prozentualen Änderung (Änderungsrate) des Preises von Gut 1:
Pr ozentuale Änderung
( Änderungsr ate )
der Nachfrage nach Gut 1
(12)
ε11 =
d
Absolute Änderung der Nachfrage nach Gut 1 ∆x 1
d
Nachfrage nach Gut 1 im Ausgangsp unkt x
1
Absolute Änderung des Preises von Gut 1 ∆P1
Preis von Gut 1 im Ausgangsp unkt
P1
}
∆x 1d
=
x 1d
∆P1
P1
{
Pr ozentuale Änderung
( Änderungsr ate )
des Preises von Gut 1
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
<0
Optimale Konsumgüterentscheidung
20
Die direkte Preiselastizität der Nachfrage nach einem Gut ist im Grundsatz ein Maß
für die Stärke der Reaktion der Mengennachfrage nach dem Gut auf Änderungen
seines Preises (hier bezogen auf einen einzelnen Haushalt):
● Ist die Änderungsrate der Nachfrage nach dem Gut im Betrag größer als die Änderungsrate seines Preises, dann reagiert die Menge relativ stark auf Preisänderungen des betrachteten Gutes und man spricht von einer „preiselastischen“ Nachfrage
Bezogen auf Gut 1 gilt hier:
Betrag der Änderungs rate der Nachfrage
∆x1d
x1d
> Betrag der Änderungs rate des Preises
∆P1
P1
und damit
∆x1d
Betrag der direkten Preiselastizität
ε11 =
∆P1
x1d
>1
P1
● Ist die Änderungsrate der Nachfrage nach dem Gut im Betrag kleiner als die Änderungsrate seines Preises, dann reagiert die Menge relativ schwach auf Preisänderungen des betrachteten Gutes und man spricht von einer „preisunelastischen“
Nachfrage. Bezogen auf Gut 1 gilt hier:
Betrag der Änderungs rate der Nachfrage
∆x1d
x1d
<
Betrag der Änderungs rate des Preises
∆P1
P1
und damit
∆x1d
Betrag der direkten Preiselastizität
ε11 =
∆P1
x1d
<1
P1
Im Hinblick auf die Bedeutung der direkten Preiselastizität bezüglich der Ausgaben
des Haushalts für Gut 1 ist es sinnvoll die so genannte Punktelastizität zu betrachten, d.h. die direkte Preiselastizität von Gut 1 bei einer marginal kleinen Änderung
des Preises von Gut 1.
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
B. Utecht – Einführung in die Haushaltstheorie II
21
Da die direkte Preiselastizität von Gut 1 auch geschrieben werden kann als
Verhältnis der absoluten
Änderungen von Nachfrage
und Preis von Gut 1
}
∆ x 1d
(13)
∆ P1
ε 11 =
<0
x 1d
P1
{
Verhältnis der Ausgangs werte von Nachfrage
und Preis von Gut 1
bestimmt sich die betreffende Punktelastizität (= direkte Preiselastizität bei einer marginal kleinen Preisänderung) formal aus
1 . partielle Ableitung
der Nachfrage von Gut 1
nach seinem Preis
lim
(14)
ε 11 =
}
∂x 1d
∆ x 1d
∆ P1 → 0 ∆ P1
x 1d
=
∂P1
x 1d
<0
P1
P1
Die (geplanten) Ausgaben des Haushalts für Gut 1 (A1) bestimmen sich nun aus
dem Produkt von Preis mal Mengennachfrage des Haushalts:
(15)
A 1 = P1 ⋅ x1d (P1,P2 ,B)
Leitet man die Ausgaben des Haushalts für Gut 1 nach P1 ab, dann ergibt sich bei
Beachtung der Produktregel für Ableitungen
−
}
∂x1d
∂A1
d
= x1 +
P1 ⋅
(16)
{
∂P1
∂P1
1
424
3
Pr eis −
effekt ( + )
Mengeneffekt ( −)
14444244443
?
Die Ableitung ∂A 1 / ∂P1 gibt an, wie sich die Ausgaben des Haushalts für Gut 1 ändern, wenn sich der Preis von Gut 1 marginal („um eine marginal kleine Einheit“) erhöht. Der Gesamteffekt setzt sich aus der Summe von zwei Einzeleffekten zusammen: Der erste Term der Summe, xd1, ist der Preiseffekt: er gibt an, wie sich die Ausgaben für das Gut aufgrund der (marginalen) Preiserhöhung bei gegebener Mengennachfrage ändert. Der zweite Term, P1 ⋅ ∂x1d / ∂P1 , ist der Mengeneffekt: er gibt an,
wie sich die Ausgaben für das Gut aufgrund der Verringerung der Mengennachfrage
infolge der (marginalen) Preiserhöhung ändern.
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
Optimale Konsumgüterentscheidung
22
Was hat dies nun mit der direkten Preiselastizität der Nachfrage nach Gut 1 zu tun?
Klammert man in Gleichung (16) auf der rechten Seite xd1 aus, so ergibt sich:
(17)
⎛ ∂x d
⎞
⎜
⎟
1
d⎞
⎛
P1 ∂x1 ⎟
∂A1
∂P1 ⎟
d ⎜
d ⎜
= x1 ⋅ 1 +
⋅
= x1 ⋅ ⎜ 1 +
= x1d ⋅ (1 + ε11 )
⎟
⎜
⎟
d
d
∂P1
∂P1
x1
⎜⎜
⎟
⎝ x1
⎠
P1 ⎟⎠
⎝
⎧> 0 für ε11 < 1 (Gut 1 preisunelastisch)
⎪⎪
= x1d ⋅ (1 − ε11 ) ⎨= 0 für ε11 = 1 (Grenzfall)
⎪
⎪⎩< 0 für ε11 > 1 (Gut 1 preiselastisch)
Damit gilt hier:
● Reagiert die Mengennachfrage des Haushalts preisunelastisch mit ε11 < 1
(schwache Mengenreaktion), dann werden die Ausgaben für das Gut infolge der
Preiserhöhung des Gutes ansteigen. Der negative Mengeneffekt ist hier im Betrag
schwächer als der positive Preiseffekt.
● Reagiert die Mengennachfrage des Haushalts preiselastisch mit ε11 > 1 (starke
Mengenreaktion), dann werden die Ausgaben für das Gut infolge der Preiserhöhung
des Gutes sinken. Der negative Mengeneffekt ist hier im Betrag stärker als der positive Preiseffekt.
● Im Grenzfall ε11 = 1 bleiben die Ausgaben für das Gut infolge der Preiserhöhung
des Gutes unverändert. Der negative Mengeneffekt und der positive Preiseffekt heben sich gegenseitig auf.
Nehmen wir nun an, bei einem bestimmten Preis von Gut 1 wären die Ausgaben des
Haushalts für das Gut maximal. Wo wäre dies der Fall?
Im Maximum der Ausgaben für Gut 1 muss als notwendige Bedingung die 1. partielle Ableitung der Ausgabenfunktion A1 nach P1 Null sein. Dies ist – wie Gleichung
(17) zeigt – nur dort der Fall, wo die direkte Preiselastizität der Nachfrage nach Gut 1
im Betrag Eins entspricht: ε11 = 1.
Dagegen würden im Fall ε11 < 1 (preisunelastische Nachfrage) mit steigendem Preis
von Gut 1 die Ausgaben des Haushalts für das Gut ansteigen. Im Fall ε11 > 1 (preiselastische Nachfrage) würden wiederum die Ausgaben des Haushalts für das Gut mit
sinkendem Preis zunehmen.
Also kann nur für ε11 = 1 ein Maximum der Ausgaben vorliegen.
Die oben hergeleiteten Zusammenhänge lassen sich recht gut am Beispiel einer linearen Nachfragefunktion illustrieren, wie sie in der nachfolgenden Abbildung 16
dargestellt ist:
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
B. Utecht – Einführung in die Haushaltstheorie II
23
Abb. 16: Lineare Nachfragefunktion nach Gut 1
Wir wollen nun drei Punkte auf der linearen Nachfragefunktion betrachten: einen genau in der Mitte (Punkt A), einen links der Mitte (Punkt B) und einen rechts der
Mitte (Punkt C). Durch jeden der Punkte zeichnen wir einen vom Koordinatenursprung ausgehenden Fahrstrahl. Das größenmäßige Verhältnis der Steigungswinkel
der linearen Nachfragekurve und des jeweiligen Fahrstrahls gibt für den jeweiligen
Punkt der Nachfragekurve die direkte Preiselastizität im Betrag an, wie die nachfolgende Abbildung 17 illustriert.
Abb. 17: Grafische Herleitung der direkten Preiselastizität
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Optimale Konsumgüterentscheidung
24
Damit gilt offenbar:
● Im mittigen Punkt A, d.h. beim Preis PA1 , ist der Betrag der direkten Preiselastizitätelastizität gerade gleich Eins: ε11 = 1.
● Links von Punkt A (z.B. in Punkt B), d.h. für alle Preise unterhalb von PA1 , gilt
ε11 < 1 (preisunelastische Nachfrage). In diesem Bereich werden also die Ausgaben
des Haushalts für Gut 1 mit steigendem P1 zunehmen.
● Rechts von Punkt A (z.B. in Punkt C), d.h. für alle Preise oberhalb von PA1 , gilt
ε11 > 1 (preiselastische Nachfrage). In diesem Bereich werden also die Ausgaben
des Haushalts für Gut 1 mit sinkendem P1 zunehmen.
Die maximalen Ausgaben ergeben sich also im Punkt A, wie auch Abbildung 18 illustriert: Die Fläche des gelb markierten Rechtecks entspricht den dortigen Ausgaben des Haushalts für Gut 1 (PA1 · xA1 ). Das „Ausgabenrechteck“ erreicht in Punkt A
(d.h. bei PA1 ) seine maximale Fläche, wie der Vergleich mit den Ausgabenrechtecken
der Punkte B und C exemplarisch verdeutlicht.
Güternachfrage
xd1
B ⎪ε11⎪<1
xA1
A ⎪ε11⎪=1
C
⎪ε11⎪>1
xd1(P1,…)
0
Preisunelastischer Bereich PA1
Preiselastischer Bereich
Güterpreis
P1
Abb. 18: Ausgabenrechtecke von Punkt A, B und C
8. Kreuzpreiselastizität der Nachfrage
Die Nachfrage des Haushalts nach einem Gut hängt nicht nur von seinem eigenen
Preis, sondern im Regelfall auf von den Preisen anderer Güter ab. Die Richtung
und die Stärke der Reaktion der Nachfrage nach einem Gut infolge der Änderung
des Preises eines anderen Gutes kann durch die so genannte Kreuzpreiselastizität
der Nachfrage gemessen werden. Sie setzt die prozentuale Änderung (Änderungsrate) der mengenmäßigen Nachfrage des betrachteten Gutes ins Verhältnis zur prozentualen Änderung (Änderungsrate) des Preises eines anderen Gutes.
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
B. Utecht – Einführung in die Haushaltstheorie II
25
Die Kreuzpreiselastizität der Nachfrage des Haushalts nach Gut 1 in Bezug auf
Preisänderungen von Gut 2 entspricht formal also:
Pr ozentuale Änderung
( Änderungsr ate )
der Nachfrage nach Gut 1
(18)
d
Absolute Änderung der Nachfrage nach Gut 1 ∆x 1
d
Nachfrage nach Gut 1 im Ausgangsp unkt x 1
ε12 =
=
Absolute Änderung des Preises von Gut 2 ∆P2
Preis von Gut 2 im Ausgangsp unkt P2
}
∆x 1d
x 1d
∆P2
P2
{
Pr ozentuale Änderung
( Änderungsr ate )
des Preises von Gut 2
Stehen die beiden Güter 1 und 2 für den Haushalt in einer substitutionalen Beziehung, dann steigt seine Nachfrage nach Gut 1 mit steigendem Preis von Gut 2. Die
Kreuzpreiselastizität ist dann positiv und die Ausgaben des Haushalts für Gut 1 nehmen mit steigendem P2 zu.
Stehen die beiden Güter 1 und 2 für den Haushalt in einer komplementären Beziehung, dann sinkt seine Nachfrage nach Gut 1 mit steigendem Preis von Gut 2. Die
Kreuzpreiselastizität ist dann negativ und die Ausgaben des Haushalts für Gut 1
nehmen mit steigendem P2 ab.
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Optimale Konsumgüterentscheidung
26
9. Übungsaufgaben
a) Erklären Sie die folgenden Begriffe
aa)
Budgetrestriktion
bb)
absolute und relative Preise
cc)
Opportunitätskosten
dd)
Einkommenseffekt
ee)
superiores Gut
ff)
inferiores Gut
gg)
Einkommen-Konsum-Expansionspfad
hh)
Substitutionseffekt
ii)
Substitutionsgüter
jj)
Komplementärgüter
kk)
Giffen-Gut
ll)
2. Gossen’sches Gesetz
mm) Güternachfragefunktion
nn)
Lageparameter der Güternachfragekurve
oo)
direkte Preiselastizität der Güternachfrage
pp)
Preiseffekt und Mengeneffekt der Preiserhöhung eines Gutes
qq)
preiselastische und preisunelastische Güternachfrage
rr)
Kreuzpreiselastizität der Güternachfrage
ss)
Punktelastizität
b) Bestimmen Sie grafisch im Rahmen eines Indifferenzkurven-Diagramms die
optimale Konsumgüterentscheidung eines Haushalts für den Zwei-Güter-Fall.
Erläutern Sie das zugrunde liegende Entscheidungskalkül des Haushalts.
c) Bestimmen Sie grafisch im Rahmen eines Indifferenzkurven-Diagramms die
Änderung der optimalen Verbrauchsmengen des Haushalts im Fall einer Budgeterhöhung, wenn
aa)
beide Güter superior sind,
bb)
Gut 1 inferior ist.
d) Erläutern und begründen Sie verbal die möglichen Effekte bezüglich der
Nachfrage des Haushalts nach Gut 1, wenn
aa) Gut 1 superior ist und der Preis von Gut 1 steigt,
bb) Gut 1 inferior ist und der Preis von Gut 1 steigt,
cc) Gut 1 superior ist und der Preis von Gut 2 steigt,
dd) Gut 1 inferior ist und der Preis von Gut 2 steigt.
© Dr. habil. Burkhard Utecht, Berufsakademie Thüringen, Studienabteilung Eisenach
B. Utecht – Einführung in die Haushaltstheorie II
27
e) Bestimmen Sie grafisch im Rahmen eines Indifferenzkurven-Diagramms die
Änderung der optimalen Verbrauchsmengen im Fall einer Erhöhung des Preises von Gut 1, wenn
aa)
beide Güter superior und substitutional sind,
bb)
beide Güter superior und komplementär sind,
cc)
Gut 1 ein standard-inferiores Gut ist,
dd)
Gut 1 ein Giffen-Gut ist,
ee)
Gut 2 ein inferiores Gut ist.
f) Bestimmen Sie grafisch im Rahmen eines Indifferenzkurven-Diagramms die
sich aus einer Erhöhung von P1 ergebenden Substitutions- und Einkommenseffekte (nach Hicks), wenn
aa)
beide Güter superior und substitutional sind,
bb)
beide Güter superior und komplementär sind.
Betrachtet sei im Weiteren ein Gut 1, bei dem die Nachfrage des Haushalts mit steigendem Preis des Gutes sinkt (Regelfall):
g) Leiten Sie formal den Preis- und den Mengeneffekt her, die sich aus einer
marginalen Preiserhöhung des Gutes bezüglich der Ausgaben des Haushalts
für das Gut ergeben.
h) Zeigen Sie formal, wie die Ausgaben des Haushalts für das Gut von der direkten Preiselastizität der Nachfrage des Haushalts nach dem Gut abhängen.
i) Bestimmen Sie grafisch die verschiedenen Bereiche der direkten Preiselastizität der Nachfrage für eine lineare Güternachfragefunktion des Haushalts.
j) Illustrieren Sie grafisch anhand einer linearen Güternachfragefunktion des
Haushalts, dass seine Ausgaben für das Gut bei ε11 = 1 maximal sind.
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