Mengen und Preise der OKP Gesundheitsleistungen: Studie im Auftrag von santésuisse Prof. Dr. Reto Schleiniger Zentrum für Wirtschaftspolitik PK Bern, 4. April 2013 Building Competence. Crossing Borders. Ziele der Studie Aufschlüsselung der OKP-Kosten in Mengen und Preise zur Beantwortung der Fragen: • Im Querschnitt: • Sind kantonale Kostenunterschiede mengen- oder preisbedingt? • Wie lassen sich die Mengenunterschiede erklären? • Gibt es kantonale Unterschiede in der Produktivität der Spitäler • Im Längsschnitt: • Steigen die Kosten über die Zeit weil die Mengen oder weil die Preise zunehmen? • Gibt es eine Substitution zwischen ambulanten und stationären Leistungen? 2 1 Methodik zur Bestimmung von Mengen- und Preisindizes • Darstellung der Kosten aller Leistungsarten als Produkt von Preis und Menge • Ambulante Leistungen: Verwendung Tarmed, also Taxpunktwerte=Preis und Taxpunkte=Menge • Stationäre Spitalleistungen: Wahl eines Spitaltages pro Spitalkategorie als kleinste standardisierte Menge → Bestimmung impliziter Preis als Kosten pro Spitaltag und Spitalkategorie • Medikamente, Laborleistungen: Keine kantonalen Preisdifferenzen (Preise variieren nur über Zeit) • Ergebnisse brutto und netto, d.h. mit bzw. ohne öffentliche Beiträge an die Krankenhäuser → Interpretation Querschnittindizes: Mengen und Preise für jeden Kanton relativ zum CH-Durchschnitt → Interpretation Längsschnittindizes: Mengen und Preise relativ zum Vorjahr 3 Ergebnis Querschnittanalyse: Alle Leistungen Durchschnitt 2004 bis 2010 1.15 • GE: sehr grosse Mengen, hohe Preise • BS: sehr grosse Mengen NE 1.10 • NE, BE: sehr hohe Preise BE NE 1.05 GE BE FR JU TG ZG 1.00 AG SZ LUOWNW ZG FR VS ZH VD JU TI • Zentralschweiz und SGAIAR: BS ZH • TI: grosse Mengen BS BL AG SO SZ GR LUOWNW UR SGAIAR GLVS SO GR TG 0.95 UR GL SGAIAR • VD: grosse Mengen, hohe Preise GE VD BL sehr kleine Mengen und tiefe Preise TI SH SH • Mengen variieren stärker als Preise 0.90 0.80 0.90 1.00 1.10 netto brutto Isokosten 0.80 Isokosten 0.90 Isokosten 1.00 Isokosten 1.10 1.20 1.30 • Positive Korrelation von Mengen und Preisen Isokosten 1.20 4 2 Ergebnis Ursachenanalyse alle Leistungen brutto, 2006 bis 2010 Erklärende Variable Koeffizient • Koeffizienten quantitativ nicht direkt interpretierbar Geschlecht 2.895*** Alter >75 0.186** Bevölkerungsdichte 0.007** Erwerbslosigkeit 0.056** Spezialärzte 0.170*** Korr. R2 • Stärkster Einfluss ausgehend von: • Spezialärzten • Geschlecht • Alter 0.703 Signifikanzniveaus: 99%: ‘***’; 95% ‘**’; 90%: ‘*’ 5 Regionale Produktivität des Spitalsektors: Durchschnitt 2007 bis 2010 Produktivität = Outputmengen(-index) / Inputmengen(-index) 1.15 1.10 1.05 1.00 0.95 0.90 0.85 0.80 • Viele Kantone mit Produktivitäten zwischen 0.95 und 1.05 • ZH mit deutlich höchster Produktivität • BE, GR, FR und NE mit tiefer Produktivität zwischen 2007 und 2010 • Produktivitäten schwanken mit Auslastung 6 3 Anwendung Produktivitätsanalyse im Spitalsektor Kosten pro Kopf sind umso höher, je: • grösser die Mengen pro Kopf • höher die Inputpreise • tiefer die Produktivität Menge/Kopf Inputpreis Produktivität Kosten/Kopf BS +30% -1% -2% +33% NE +14% 0% -6% +20% BE -1% 0% -10% +9% ZH -9% +5% +10% -14% • Unterschiedliche Kosten sind v. a. mengenbedingt. • In einzelnen Kantonen spielt auch die unterschiedliche Produktivität eine Rolle. 7 Ergebnis Längsschnittanalyse: Alle Leistungen brutto Schweiz Periodische Abgrenzungsprobleme bei Einführung Tarmed (2004) führen zu Überschätzung der Mengenzunahme ab 2004 und zur Unterschätzung ab 2005. Veränderung Mengen und Preise 2004 (2005) bis 2010 Preise Mengen/Kopf Bevölkerung Kosten 1.0558 1.2180 1.0544 1.3560 (1.0610) (1.1030) (1.0500) (1.2277) Vgl. Zunahme Konsumentenpreisindex 2004 bis 2010: 5.7 Prozent → Unter Berücksichtigung der allgemeinen Inflation ist Kostensteigerung über die Zeit fast ausschliesslich mengenbedingt. 8 4 Ergebnis Längsschnittanalyse: Einzelne Leistungen Schweiz Veränderung Mengen und Preise 2004 (2005) bis 2010 Preise Mengen pro Kopf Kosten pro Kopf Ärzte ambulant 0.9824 (0.9994) 1.5448 (1.0850) 1.5176 (1.0844) Spital ambulant 0.9747 (0.9854) 2.1578 (1.7105) 2.1031 (1.6855) 1.2476 (1.2231) 0.8300 (0.8374) 0.9875 (0.9776) 1.3311 (1.2802) 1.2320 (1.1956) 1.1049 (1.0720) Spital stationär brutto Medikamente • Ambulante Leistungen: Starke Mengenzunahme v.a. bei Spital ambulant • Spital stationär: Preissteigerung (bei wenig veränderten Mengen) • Medikamente: Preisreduktion 9 Zur Frage der Substitution zwischen Spital ambulant und stationär Mengenindex Spital ambulant 2.1 1.9 1.7 1.5 1.3 1.1 0.9 0.7 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 Mengenindex Spital stationär Keine negative Beziehung zwischen Spital ambulant und stationär → keine Evidenz für Substitution von Spital stationär durch Spital ambulant → Zunahme Spital ambulant ist eigenständiges Phänomen 10 5 Schlussfolgerungen • Kantonale Kostendifferenzen sind zum grossen Teil, aber nicht ausschliesslich mengenbedingt. • Die Dichte der Spezialärzte hat den stärksten Einfluss auf die Mengen/Kopf. • Die kantonalen Spitalproduktivitäten unterscheiden sich um bis zu 20 Prozent. • Die Kostenzunahme aller Leistungen über die Zeit ist ein reines Mengenphänomen. • Dagegen steigen im stationären Spitalbereich die Preise bei wenig veränderten Mengen/Kopf. • Die Zunahme der ambulanten Spitalleistungen ist ein eigenständiges Phänomen und geht nicht einher mit einer Abnahme der stationären Spitalleistungen. 11 6