Mathematische Begründungen am Beispiel von Mustern Einzelstunde 76 S1 Klasse 9/10 Stimmt’s oder stimmt’s nicht? – Mathematische Begründungen am Beispiel von Mustern IV/A Dr. Florian Schacht, Dortmund Muster in Dreieckszahlen1 M1 Hier lernst du ganz besondere mathematische Muster von Zahlen kennen. Diese haben ganz vielfältige und zum Teil sehr unterschiedliche Eigenschaften. Um diese Eigenschaften zu entdecken, benötigst du zunächst nichts weiter als ein wenig Kreativität. U A Mathematische Muster treten in unterschiedlichen „Erscheinungsformen“ auf – manchmal lassen sich ihre Eigenschaften mithilfe von Punktbildern darstellen, und in anderen Fällen siehst du den Zahlen die Muster direkt an. Bemerkenswert ist, dass diese Muster nicht nur beschrieben werden können, sondern dass sie sich auch begründen lassen. ∆-Zahl Nr. 1 2 1 3 3 4 Abstand (Differenz) 2 Summe 4 6 H C Bild Anzahl der Punkte 5 S R O V Aufgaben: Und die nächsten Dreieckszahlen? Ergänze in der Tabelle oben zunächst die Bilder der nächsten beiden Dreieckszahlen (∆-Zahlen). Bestimme dann jeweils – die Anzahl der Punkte in den Bildern, – den Abstand bzw. die Differenz zweier benachbarter Dreieckszahlen (Beispiel oben: Die Differenz von ∆-Zahl Nr. 2 und ∆-Zahl Nr. 1 ist 3 – 1 = 2), – die Summe zweier benachbarter ∆-Zahlen (Beispiel oben: Die Summe von ∆-Zahl Nr. 2 und ∆-Zahl Nr. 1 ist 3 + 1 = 4). Die nächsten Dreieckszahlen – jetzt ohne Bilder Ergänze diese Tabelle wie oben. ∆-Zahl Nr. 1 2 Anzahl der Punkte 1 3 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Abstand (Differenz) Summe 1 Eine Dreieckszahl ist eine Zahl, die der Summe aller natürlichen Zahlen von 1 bis zu einer Obergrenze n ∈n entspricht. Beispielsweise ist die 10 eine Dreieckszahl, da 1 + 2 + 3 + 4 = 10 ist. zur Vollversion 80 RAAbits Mathematik September 2014 Mathematische Begründungen am Beispiel von Mustern Einzelstunde 76 S3 M1 Klasse 9/10 Muster in Dreieckszahlen – Fortsetzung IV/A U A Die Anzahl der Punkte begründen (Ich-Phase) Per sagt: Ich kann die Anzahl der Punkte in Dreiecksbildern direkt erkennen. Ich nehme ein zweites (deckungsgleiches) Dreieck und ergänze das ursprüngliche Dreieck mit diesem zweiten Dreieck, das ich um 180° drehe, zu einem Rechteck. Die Anzahl der Punkte im Rechteck kann ich leicht bestimmen. H C S R Aufgabe Beschreibe in ganzen Sätzen, was Per meint. Warum kann Per die Punkte in einem Rechteck leicht bestimmen? Wie bestimmt Per die Anzahl der Punkte im fünften Bild? O V 1 2 3 4 5 Wie hängen die Anzahlen im Rechteck mit den Anzahlen der Dreiecksbilder zusammen? Wie viele Punkte hat das Bild der 20. Dreieckszahl? Erkennt ihr die Regel? (Du-Phase) Tausche dich mit deinem Nachbarn über Pers Idee aus. Formuliert eine allgemeine Regel, wie man Dreieckszahlen berechnen kann. Nutzt dafür konkrete Zahlbeispiele und gebt für die n-te ∆-Zahl einen allgemeinen Term mit Variable an. zur Vollversion 80 RAAbits Mathematik September 2014 Mathematische Begründungen am Beispiel von Mustern Klasse 9/10 Einzelstunde 76 S7 M 3 Vermutungen zu Δ-Zahlen begründen – Fortsetzung IV/A Aufgabe: Wie begründest du? Vera behauptet: Die Summe zweier aufeinanderfolgender natürlicher Zahlen ist immer ungerade. Beispiel: 5 + 6 = 11, wobei 5 ungerade, 6 gerade und 11 ungerade. a) Berechne die folgenden Summen. Vera U A Setze die Aufgabenserie um jeweils 3 Summen im Heft fort. Achte bei den Aufgaben jeweils auf ein Muster, das bei der Addition zweier aufeinanderfolgender natürlicher Zahlen entsteht. 3+4= H C 4+5= 5+6= 1003 + 1004 = S R 1004 + 1005 = 1005 + 1006 = O V 801 + 802 = 802 + 803 = 803 + 804 = b) Beweise Veras Behauptung auf drei verschiedene Arten – mit einem generischen Beispiel, mithilfe eines generischen Bildes und algebraisch. Nutze die Ansätze unten. Begründe, welcher Weg dir am leichtesten fällt. Ansatz für ein generisches Beispiel Ansatz für ein generisches Bild Ansatz für einen algebraischen Beweis 7 + 8 = 15 Darstellung für eine beliebige ungerade Zahl: n∈ n 8 + 9 = 17 9 + 10 = 19 Darstellung für ihren Nachfolger: n + 1 . 4+5 . zur Vollversion 80 RAAbits Mathematik September 2014 Mathematische Begründungen am Beispiel von Mustern Klasse 9/10 Einzelstunde 76 S 13 Rund um die Einzelstunde IV/A Klasse: 9/10 Dauer: 6 Stunden + Lernerfolgskontrolle Inhalt: Offenes Lernarrangement zur Erkundung und Beschreibung von Mustern bei Dreieckszahlen (mit Tippkarten), Bestimmung des expliziten Terms zur Berechnung von Dreieckszahlen mittels Begründung am Punktmuster Zusammenhänge von Quadratzahlen und Dreieckszahlen Mathematische Begründungsvarianten am Punktmuster, mit generischen Beispielen und durch algebraische Beweise U A Systematische Gegenüberstellung und Reflexion unterschiedlicher mathematischer Begründungsmuster Erkundung von Mustern bei der Änderung von Abständen bei der Quadratzahlfolge Tippkarten, Formulierung von Regeln H C Aktivierendes Spiel (Memory) zu Behauptungen und Begründungen Ihr Plus: Hoher Grad an Schüleraktivität, spielerische Elemente zu Begründungen, sorgfältige methodische Vielfalt, mathematisch substanzielle Erkundungen, Tippkarten zur Differenzierung, Wechsel der Repräsentationsebenen, Vielfalt an Begründungsvarianten (generisches Beispiel, generisches Bild und formal-algebraischer Beweis) S R Didaktisch-methodische Hinweise Mathematik ist die Wissenschaft von Mustern und Strukturen. Das Argumentieren und das Begründen sind zentrale mathematische Denk- und Handlungsmuster, die in diesem Beitrag anhand eines mathematisch substanziellen Gegenstandsbereiches thematisiert werden. Dieser Gegenstandsbereich bietet sich für die Vertiefung dieser prozessbezogenen Kompetenzen vor allem deswegen an, weil Ihre Schüler hier in vielfältiger Weise Muster und Strukturen erkunden können. Dabei steht immer zunächst die zum Teil sehr kreative Auseinandersetzung mit den Zahlen und Bildfolgen im Vordergrund. Diese Tätigkeit bildet die Grundlage, auf der die Schüler Vermutungen äußern, Hypothesen aufstellen und Behauptungen formulieren, die dann im zweiten Schritt Gegenstand der Begründung sind. O V Beweisen üben – aber wie? Die Mathematik als Fachdisziplin zeichnet sich in besonderer Weise dadurch aus, dass ihre Behauptungen und Sätze bewiesen werden können. Dadurch etwa unterscheidet sich die Mathematik auch in erkenntnistheoretischer Hinsicht von den naturwissenschaftlichen Disziplinen. Die Möglichkeit – oder die Notwendigkeit – für eine Begründung mathematischer Behauptungen ist in diesem Zusammenhang für viele Schüler keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Es gehört somit zu einer der Grunderfahrungen für Schüler, dass ein Begründungsbedürfnis geweckt wird. Dazu eignet sich die Erkundung von Zahlbeziehungen und Punktbildern in besonderer Weise, weil hier aktiv-entdeckend Vermutungen und Hypothesen angeregt werden können, die dann auf ihre Allgemeingültigkeit hin begründet werden müssen. zur Vollversion 80 RAAbits Mathematik September 2014 Mathematische Begründungen am Beispiel von Mustern Klasse 9/10 Einzelstunde 76 S 19 In einem letzten Schritt dieses Materials arbeiten Ihre Schüler zu zweit an der Begründung der expliziten Formel für Dreieckszahlen. Die Schüler sollen diese Formel mithilfe des Bildes selbstständig herleiten und die Begründung ergänzen. Ein Ziel ist dabei, dass Ihre Schüler den mathematischen „Trick“ entdecken, die Punktdarstellung der Dreieckszahl durch ein Dreieck der gleichen Form – um 180° gedreht – zu einem Rechteck zu ergänzen. Die Anzahl der Punkte in diesem Rechteck lässt sich für das n-te Rechteck direkt angeben: n g (n + 1). Schließlich „halbiert“ man die Anzahl der Punkte wieder, und es gilt für die n-te Dreieckszahl: IV/A ∆n = n g (n + 1) / 2. Für Gruppen, deren Arbeitsprozess ins Stocken gerät, bietet sich die Nutzung der Tippkarten in Material M 2 an. M3 U A Vermutungen zu Dreieckszahlen begründen Im Mittelpunkt dieses Materials steht die Behauptung von Pauline, dass die Summe zweier benachbarter Dreieckszahlen eine Quadratzahl ist. Anhand dieser Behauptung können die Schüler die Kraft unterschiedlicher Begründungsvarianten erfahren. Ihre Schüler beurteilen dazu die verschiedenen Begründungen von Paulines Mitschülern. H C Nicht alle Begründungen sind richtig, einige sind in der dargebotenen Form bereits überzeugend, und wieder andere deuten eine richtige mathematische Idee an, wobei allerdings die Begründung fehlt, wieso die dargebotene Argumentation verallgemeinerbar ist. Hier finden Sie Hinweise zu den einzelnen Schüleraussagen. S R Niklas argumentiert mithilfe eines Punktebildes und begründet so Paulines Behauptung richtig. Leistungsstarke Schüler können Sie bereits hier dazu anregen, einen expliziten Term mit Variable für die Gesamtzahl der Punkte anzugeben. Dieser lautet für die n-te Dreieckszahl: Qn = n2. Niklas Begründung mithilfe des Punktebildes ist zwar in Bezug auf die Zeichnung richtig gut, allerdings fehlen hier noch einige erklärende Sätze hinsichtlich der Verallgemeinerbarkeit. In diesem Fall ist es so, dass das vorangehende Dreiecksmuster mit dem nachfolgenden Dreiecksmuster zu einem Quadrat ergänzt werden kann, weil der Vorgänger jeweils um n Punkte kleiner ist. O V Niklas Svens Aussage ist kein Beweis im mathematischen Sinne. Die Angabe von Beispielen mag helfen, die Hypothese zu generieren oder zu plausibilisieren. Keineswegs hilft eine endliche Anzahl von Beispielen allerdings zur Begründung der Behauptung, weil hier keine Aussagen über die Verallgemeinerbarkeit getroffen werden kann. Sven Malte nutzt ein generisches Beispiel, um Paulines Behauptung zu zeigen: Seine Begründung ist richtig. Es ist eine häufig angewandte Strategie, anhand konkreter Beispiele die allgemeine mathematische Struktur zu zeigen. Genauso wie bei generischen Bildern (Punktbildern) sollen Ihre Schüler mit Worten beschreiben, was die allgemeine Regel ist. Malte klammert hier den gemeinsamen Faktor aus, der jeweils zur Berechnung der beiden aufeinanderfolgenden Dreieckszahlen genutzt wird. Malte zur Vollversion 80 RAAbits Mathematik September 2014 Mathematische Begründungen am Beispiel von Mustern Klasse 9/10 Einzelstunde 76 S 20 Antonia begründet Paulines Behauptung mithilfe eines formalalgebraischen Beweises. Diese Begründung ist richtig. IV/A Schließlich nutzen Ihre Schüler die hier kennengelernten Begründungsvarianten, um zu zeigen, dass die Summe zweier aufeinanderfolgender natürlicher Zahlen ungerade ist. In Aufgabenteil a) machen Ihre Schüler die Erfahrung, dass die Summe zweier aufeinanderfolgender Zahlen ungerade ist, indem sie je zwei Nachbarzahlen addieren. Die Ergebnisse der Fortsetzungen der Summen lauten: Antonia 1. 6 + 7 = 13 7 + 8 = 15 8 + 9 = 17 2. 1006 + 1007 = 2013 1007 + 1008 = 2015 1008 + 1009 = 2017 3. 805 + 806 = 1611 806 + 807 = 1613 807 + 808 = 815 U A Die folgende Tabelle gibt hierzu Lösungshinweise. Behauptung: Die Summe zweier aufeinanderfolgender natürlicher Zahlen ist immer ungerade. Generisches Beispiel H C Generisches Bild 7 + 8 = 7 + 7 + 1 = 2 g 7 + 1 = 15 8 + 9 = 8 + 8 + 1 = 2 g 8 + 1 = 17 S R 9 + 10 = 2 g 9 + 1 = 19 . 4+5 Weil sich der Nachfolger einer natürlichen Zahl aus der Summe von 1 und der Zahl selbst ergibt, gilt für die Summe aus einer Zahl und ihrem Nachfolger, dass sie dargestellt werden kann als 2 mal die Zahl selbst plus 1. Wenn ich zu einer geraden Zahl eins addiere, wird sie ungerade. M4 O V Algebraischer Beweis Für die Summe aus der natürlichen Zahl n und ihrem Nachfolger n + 1 gilt: . 6+7 n + (n + 1) = 2n + 1. Der Nachfolger einer Zahl (vgl. Bild) ist immer um 1 größer als die Zahl selbst. Wenn man eine Zahl und ihren Nachfolger addiert, ergeben sich zwei gleich lange Punktreihen, deren Anzahl folglich gerade ist, und ein weiterer Punkt. 2n + 1 ist eine ungerade Zahl, weil 2n gerade ist ∀ n ∈ n. Zahlen mit vielen Eigenschaften: Quadratzahlen Ähnlich wie bei Material M 1 können Ihre Schüler vielfältige Entdeckungen bei Quadratzahlen machen. In dieser Phase arbeiten Ihre Schüler zunächst allein, dann zu zweit und schließlich in der Gruppe. Die ersten 20 Quadratzahlen lauten: 1, 4, 9, 16, 25, 36, 49, 64, 81, 100, 121, 144, 169, 196, 225, 256, 289, 324, 361, 400 Quadratzahl Nr. 1 2 3 4 5 6 Quadratzahl 1 4 9 16 25 36 Differenz zweier benachbarter Quadratzahlen 3 80 RAAbits Mathematik September 2014 5 7 41 61 zur Vollversion