Zum Chinesischen Restsatz

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11. Der chinesische Restsatz - Vorlesungnotizen vom 21.11.2014
Motivation mit Bezug auf vorangegangene Vorlesung: Tatsächlich können
wir sogar lineare Kongruenzen lösen, beispielsweise
11 X ≡ 7 mod 25.
Wichtig: Man überlege sich 16 · 11 = 176 ≡ 1 mod 25 und deswegen gilt
für das multiplikative Inverse 11−1 ≡ 16 mod 25!
Multiplikation unserer Kongruenz mit diesem Inversen liefert
11−1 · 11 X ≡ X ≡ 11−1 · 7 ≡ 16 · 7 = 112 ≡ 12 mod 25.
Wir bekommen also eine Lösung für X ganz ähnlich, so wie wir lineare
Gleichungen wie z.B. 11X = 7 lösen, nämlich durch Multiplikation mit
1
wäre).
dem Inversen des Koeffizienten 11 (welches in Q gleich 11
Satz 11.1
Seien a, b ∈ Z und m ∈ N. Dann ist die Kongruenz
aX ≡ b mod m
genau dann lösbar, wenn ggT(a, m) | b. In diesem Fall gibt es genau
ggT(a, m) inkongruente Lösungen modulo m.
Beweis. Nach dem Satz von Bézout (6.1) ist die lineare diophantische
Gleichung
aX = b + mY
bzw.
aX − mY = b
genau dann lösbar, wenn b ein Vielfaches von ggT(a, m) ist. In diesem
Fall existieren also ganze Zahlen x und y, so dass
ax = b + my
bzw.
ax ≡ b mod m.
Damit ist eine lösende Restklasse modulo m also gefunden. Ist
ggT(a, m) > 1, so ergeben sich mehrere Lösungen modulo m über die
Kürzungsregel (vi). q.e.d.
Die Konstruktivität dieses Beweises verdeutlichen wir mit dem obigen
Beispiel 11X ≡ 7 mod 25:
Gemäß euklidischem Algorithmus gilt
25 = 2 · 11 + 3,
11 = 3 · 3 + 2,
3 = 1 · 2 + 1.
1
Wir lesen ab, dass 11 mod 25 in der Tat eine prime Restklasse ist und
finden das Inverse durch Lesen des euklidischen Algorithmus von unten
nach oben:
1 = 3−1·2 = 3−1·(11−3·3) = 4·3−1·11 = 4(25−2·11)−1·11 = 4·25−9·11,
was modulo 25 auf eben
1 ≡ −9 · 11 ≡ 16 · 11 mod 25
und damit (wie oben)
11−1 · 11 X ≡ X ≡ 11−1 · 7 ≡ 16 · 7 = 112 ≡ 12 mod 25.
Jetzt wird es spannender: Wie löst man ein System linearer Kongruenzen?
Ein erstes Beispiel: Das System
X ≡ 4 mod 6,
X ≡ 5 mod 7.
Man sieht leicht für die Lösungsmengen der einzelnen linearen Kongruenzen:
X ≡ 4 mod 6
:
X ≡ 5 mod 7
:
. . . , 4, 10, 16, 22, 28, 34, 40, 46, . . .
. . . , 5, 12, 19, 26, 33, 40, 47, . . . .
Wir lesen ab, dass 40 eine Lösung beider Kongruenzen ist, also auch
unseres Kongruenzsystems - tatsächlich sogar 40 + k · 42, weil 6 · 7 = 42.
Mit der vorangegangenen Überlegung (, dass das multiplikative Inverse
immer bestimmt werden kann), genügt es lineare Kongruenzen der Form
X ≡ aj mod mj zu betrachten.
Satz 11.2 Chinesischer Restsatz
Es seien m1 , . . . , mn ∈ N paarweise teilerfremd und a1 , . . . , an ∈ Z beliebig. Dann besitzt das lineare Kongruenzsystem

X ≡ a1 mod m1 ,




...

X ≡ aj mod mj ,



...


X ≡ an mod mn
eine eindeutige Lösung x mod m, wobei m := m1 · . . . · mn .
Beweis.
Existenz : Hierzu setzen wir
x=
n
X
ai (m/mi )ϕ(mi ) .
i=1
Dabei ist m/mi eine ganze Zahl (klar) mit m/mi ≡ 0 mod mj für i 6= j;
ansonsten, wenn also i = j, sind m/mj und mj teilerfremd nach unserer
Voraussetzung über die paarweise Teilerfremdheit der Module. Mit dem
Satz von Euler (10.1) folgt
1 mod mi ,
ϕ(mi )
(m/mi )
≡
0 mod mj für j 6= i.
Also gilt x ≡ aj mod mj für 1 ≤ j ≤ n und x ist eine Lösung unseres
linearen Kongruenzsystems.
Eindeutigkeit: Eine Restklasse y ist genau dann eine Lösung, wenn mi |
(x − y) für 1 ≤ i ≤ n gilt (nach Satz 11.1). Mit der paarweisen Teilerfremdheit der mj ist dies äquivalent zu m = m1 · . . . · mn | (x − y) bzw.
x ≡ y mod m, was zu zeigen war. q.e.d.
Das folgende Beispiel dient zur Erläuterung/illustriert den
Beweis!
Wir illustrieren den konstruktiven Beweis an unserem ersten Beispiel: Hier
sind m1 = 6 und m2 = 7, also m = 6 · 7 = 42, mit dem chinesischen
Restsatzes gilt
x = 4 · 7ϕ(6) + 5 · 6ϕ(7) ≡ 4 · 72 + 5 · 66 ≡ 40 mod 42.
(Auch wenn hier mit den Potenzen der einzelnen Moduln große Zahlen stehen, so können sie doch jeweils modulo m = 42 reduziert werden, was diese explizite Lösungsformel auch bei Kongruenzsystemen mit recht großen
Zahlen zu einem praktikablen Werkzeug macht! Die Rechnerei ist wenigstens in diesem Beispiel gar nicht so umfangreich, nutzt man hier nämlich
62 = 36 ≡ −6 mod 42 wieder und wieder aus.)
Wie ist vorzugehen, wenn die Moduln der Kongruenzen nicht paarweise
teilerfremd sind, der chinesische Restsatz 11.2 also nicht sofort angewendet werden kann? Wiederum ein Beispiel:

 X ≡ 2 mod 3,
X ≡ 3 mod 4,

X ≡ 5 mod 6.
Mit dem chinesischen Restsatz rückwärts gilt
X ≡ 1 mod 2,
⇐⇒
X ≡ 5 mod 6.
X ≡ 2 mod 3.
(Da eine der Kongruenzen rechts in unserem Ausgangssystem von linearen Kongruenzen bereits vorkommt, liefert diese äquivalente Umformung
also...) Dies führt zu

 X ≡ 1 mod 2,
(1)
X ≡ 2 mod 3,

X ≡ 3 mod 4.
(Hier sind die Moduln immer noch nicht paarweise teilerfremd.) Wir werfen von den drei Kongruenzen die erste über Bord, besagt sie doch nur,
dass jede Lösung x ungerade sein muss, während die dritte restriktiver die
Restklasse 3 mod 4 festlegt. Nun können wir das System mit dem Verfahren aus dem Beweis des chinesischen Restsatzes problemlos lösen.
Tatsächlich offenbart sich hier eine interessante Struktur der Restklassenringe. Nach dem chinesischen Restsatz besteht die Zuordnung:
Z/2Z × Z/3Z
(a mod 2, b mod 3)
↔
Z/(2 · 3)Z
←→
c mod (2 · 3).
(Hierbei stehen die Pfeile ’↔’ für eine eineindeutige Korrespondenz; der
untere Pfeil für die Zuordnung zwischen dem Paar (a, b) links und c rechts.
Diese Verbundenheit beweist der chinesische Restsatz. Tatsächlich kann
eine solche Korrespondenz für alle Moduln n > 1 mit Hilfe der Primfaktorzerlegung von n angegeben werden.) Solch eine Faktorisierung von
Restaklassenringen gemäß der Primfaktorzerlegung gilt stets. Und deswegen auch: Für teilerfremde natürliche Zahlen m, n
ϕ(mn) = ϕ(m)ϕ(n).
(ohne Beweis)
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