Ordnung und Betrag Ordnung und Betrag 3. Anordnung Wir haben die Zeichen >“ und <“ zwar bereits benutzt, wollen sie aber ” ” nun noch formal einführen. Reelle Zahlen sind Eigenschaften mitgegeben“, die nicht etwa beweisbar ” sind, sondern eher eine beschreibende, eine Definition gebende Funktion haben: Solche Eigenschaften nennen sich Axiome. Die reellen Zahlen sind eindeutig durch folgende Axiome beschrieben: I I I Körperaxiome (Rechnen mit +, · und Umkehrungen, vgl. 2.2.), Anordnungsaxiome (Größenvergleiche durch < etc.), Vollständigkeitsaxiom (Reichhaltigkeit der reellen Zahlen, vgl. An. I). September 2017 ) a2 > 0 1 a 2. a > 0 , >0 n Q 3. ai > 0 , Eine gerade Anzahl der ai ist negativ. i=1 Zur Erinnerung: 0 a < b 4. 0 c < d 5. 0 a < b 28 / 300 Wann steht hier = 0“? ” ) (0 ) ac < bd. ) ) G. Skoruppa (TU Dortmund) Ordnung und Betrag Für reelle Zahlen gelten die folgende vier Anordnungsaxiome (1. bis 4.): Für a, b 2 R definiert man: I 1. Für a, b 2 R gilt stets genau einer der Fälle 2. a < b und b < c 3. a < b 4. a < b a > b, a < b oder a = b ) a < c, ) ac < bc, ) I a = b. I usw.. I a + c < b + c, ) falls c > 0. I I ac > bc, I falls c < 0. 2. bis 5. bleiben richtig, wenn man < durch und > durch ersetzt (allerdings muss in 4. und 5. weiterhin c > 0 bzw. c < 0 gelten). G. Skoruppa (TU Dortmund) 30 / 300 Mathematischer Vorkurs [a, b] := {t 2 R | a t b} (abgeschlossenes Intervall) ]a, b] := {t 2 R | a < t b} (halbo↵en) ]a, b[ := {t 2 R | a < t < b} (o↵enes Intervall) [a, b[ := {t 2 R | a t < b} (halbo↵en) Unbeschränkte Intervalle: Daraus kann man folgern (! beweisen) 5. a < b September 2017 Ordnung und Betrag Definition 3.2 (Intervalle) a b“ bedeutet: ” an < bn für alle n 2 N. p p a < b. Mathematischer Vorkurs Definition 3.1 (Anordnungsaxiome) a < b, (insb. also 1 · 1 = 1 > 0) Neue Mengen, nämlich Zahlenstrahlabschnitte (= Intervalle) beschreibt man mittels der eben eingeführten Anordnungszeichen. Z.B. fehlt Q die Vollständigkeitseigenschaft, C die Anordnung. Mathematischer Vorkurs 1. a 6= 0 6. 0 a < b Es kann bewiesen werden, dass kein anderes Zahlengebilde diese drei Eigenschaften besitzt: G. Skoruppa (TU Dortmund) Wir verwenden natürlich weiterhin die üblichen Sprechweisen größer“ ” kleiner“, positiv“, negativ“. ” ” ” Beispiel September 2017 29 / 300 [a, 1[ ]a, 1[ ] I ] I ] := {t 2 R | t a} := {t 2 R | t > a} 1, a] := {t 2 R | t a} 1, a[ := {t 2 R | t < a} 1, 1[ := {t | t 2 R} = R G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 31 / 300 Ordnung und Betrag Ordnung und Betrag Beispiel 1. [2, 3[ und ]4, 1[ haben folgende graphische Darstellung auf dem Zahlenstrahl: 0 [ 2 1 [ 3 Satz 3.5 (Eigenschaften des Betrages) ] 4 Für a, b 2 R gilt 1. 2. Stelle die Lösungsmenge als Vereinigung von Intervallen dar: 2 <5, x 2. x+5 5 < 20 x+5 3. 4. Wie bei der Wurzel benötigt man bei der Betragsdefinition die Anordnung. 5. Definition 3.3 (Betrag) 6. Für a 2 R ist |a| := ⇢ |a| = 0 , |a| = | a|, |a| b , a = 0, |a| a |a|, |ab| = |a||b|, b a b, |a + b| |a| + |b|, a , falls a 0 a , falls a < 0 der Betrag von a. |a| 0 und geometrisch gesprochen der Abstand der Zahl a vom Nullpunkt bzw. |a b| der Abstand von a zu b. G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 32 / 300 G. Skoruppa (TU Dortmund) Ordnung und Betrag Mathematischer Vorkurs September 2017 34 / 300 Abbildungen und Funktionen 4. Abbildungen und Funktionen Wo taucht der Betrag am häufigsten auf? Beim Auflösen von Quadraten bzw. quadratischen (Un-)Gleichungen. Satz 3.4 Für a 2 R gilt p Definition 4.1 (Abbildung, Funktion) D, Z seien Mengen. Eine Abbildung (auch: Funktion) von D nach Z, geschrieben als f :D!Z a2 = |a|. ordnet Einer der häufigsten Fehler bei der Gleichungsumformung ist, dass aus a2 = b2 (durch Wurzelziehen) vorschnell a = b gefolgert wird. Richtig ist: a2 = b2 , |a| = |b| . jedem Element genau ein Element p aus der Definitionsmenge D f (p) aus der Zielmenge Z zu. f (p) heißt Bild von p unter f oder Wert von f an der Stelle p (bzw. für das Argument p). Ist D ⇢ Rn , so heißt f Funktion in n reellen Veränderlichen. Ist Z ⇢ R, so heißt f reellwertig. G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 33 / 300 G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 193 / 300 Abbildungen und Funktionen Abbildungen und Funktionen Beispiel 4.2 (Schreibweisen) Wenn wir eine spezielle Abbildung definieren, können wir dies so schreiben: f : D ! Z, f : R \ {2} ! R, Z.B. x 7! p 7! f (p). 1 x 2 oder namenlos x 2. x 7! 1 x 2 Für f : D ! Z definiert man den Graph von f als Graph f := {(p, f (p)) | p 2 D} 1 Oft reichen Kurzschreibweisen. Definitionsmenge ist dann die im Kontext maximal mögliche Menge: f (x) := Definition 4.4 (Graph) ⇢ D ⇥ Z. Er veranschaulicht die Abbildung f als auf dem Papier skizzierbares Objekt, die sog. Funktionskurve, falls f reellwertige Funktion in einer Veränderlichen. ist auf R \ {2} definiert. y (a,f(a)) Nachteil der Schreibweisen: x Im ersten Fall unterscheidet man nicht mehr sauber zwischen einer Funktion f und ihrem Wert f (x) für das Argument x. a In beiden Fällen wird der Zielbereich schon gar nicht mehr erwähnt. Auch der Definitionsbereich ist kontextabhängig. Im Beispiel oben wäre auch C \ {2} denkbar. Zumeist bezeichnet man das Argument dann aber mit z und nicht mit x. G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 194 / 300 Abbildungen und Funktionen Klar: Jede Parallele zur y-Achse schneidet den Graphen höchstens einmal (sonst würden ja einem a 2 D mehrere Funktionswerte zugeordnet). G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 196 / 300 Abbildungen und Funktionen Definition 4.5 (Polynom) Definition 4.3 Sei f : D ! Z und V eine beliebige Menge. 1. f (D) 2. f 1 (V p : R ! R heißt Polynom, falls := {f (p) 2 Z | p 2 D} ⇢Z heißt Bild von f , ) := {p 2 D | f (p) 2 V } ⇢D Urbild von V unter f . p(x) := an xn + an 3. Zwei Abbildungen f, g heißen gleich, wenn sie die gleiche Definitionsmenge D haben und f (p) = g(p) für alle p 2 D gilt. 4. idD : D ! D, p 7! p heißt identische Abb. oder Identität auf D. September 2017 + · · · + a1 x + a0 = n X ak xk k=0 mit gewissen Koeffizienten a0 , . . . , an 2 R, wobei an 6= 0. a0 heißt speziell Absolutglied, an Leitkoeffizient. n heißt Grad von p, geschrieben grad p. Auch die 0-Funktion wird als Polynom bezeichnet. Ihr Grad wird aus gewissen Gründen als 1 definiert. 3 ist mitunter Satz 4.6 Ist a eine Nullstelle eines Polynoms p, so existiert ein Polynom q mit grad q = grad p 1 und p(x) = (x a) · q(x). 5. Für f : D ! R heißt a 2 D mit f (a) = 0 eine Nullstelle von f . Mathematischer Vorkurs 1 Die Suche nach Nullstellen bei Polynomen vom Grad schwierig. Dennoch gibt es einige Hilfen. Für D = R wird gerne x als Symbol für die identische Abbildung verwendet. Oft bezeichnet also x : R ! R die Identität auf R . G. Skoruppa (TU Dortmund) n 1x 195 / 300 G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 197 / 300 Abbildungen und Funktionen Abbildungen und Funktionen Wie kommt man an Nullstellen, wenn es sich nicht um ein Polynom mit Grad 2 handelt? Ein von Gauß stammender Satz erlaubt oft, Nullstellen von Polynomen mit ganzzahligen Koeffizienten zu raten: Satz 4.7 Bei einem Polynom mit ganzzahligen Koeffizienten a0 , . . . , an 2 Z, a0 6= 0, p(x) = an xn + an gilt für jede rationale Nullstelle x0 = 1x a b n 1 + . . . + a1 x + a0 (in voll gekürzter Darstellung): 1. a ist (pos. o. neg.) Teiler von a0 , (dem konstanten Glied) 2. b ist (pos. o. neg.) Teiler von an (dem Leitkoeffizienten). Für an = 1 sind alle rationalen Nullstellen sogar ganzzahlig und teilen a0 . also insb. p(a) = c 1 . Ist a eine Nullstelle des Polynoms p, so hat man eine Polynomdivision durchgeführt: p(x) = (x a)q(x) mit q(x) = cn 1x Beispiel: Ermittle die rat. Nullstellen von p(x) = 3x3 + 2x2 G. Skoruppa (TU Dortmund) 2, 1/3, 1 Mathematischer Vorkurs + cn 2x n 2 + · · · c1 x + c0 . Kennt man gleich mehrere Nullstellen, ist manchmal eine Abspaltung per herkömmlicher direkter“ Polynomdivsion sinnvoller: ” Beispiel Die rationalen Nullstellen von p(x) := x4 2x3 6x2 + 6x + 9 können nur unter diesen Zahlen sein: ±1, ±3, ±9. Durch Einsetzen zu sehen: Genau x1 := 1 und x2 := 3 sind wirklich Nullstellen. Eine Polynomdivision von p(x) durch (x + 1)(x 3) = x2 2x 3 ergibt (vgl. Vorles.): 3) (x + 1) x2 p(x) = (x Damit lassen sich also bei solchen Polynomen alle rationale Nullstellen durch Probieren bzw. Raten finden. Der letzte Satz erlaubt dann eine faktorielle Zerlegung in Linearfaktoren und Polynome mit kleinerem Grad. n 1 3 Nun sofort zu sehen: Die Gleichung x4 2x3 6x2 p + 6x + 9 = 0phat genau die vier Lösungen x1 = 1, x2 = 3, x3 = 3, x4 = 3. 7x + 2. September 2017 198 / 300 Abbildungen und Funktionen G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 200 / 300 Abbildungen und Funktionen Diese geschieht z.B. mit Polynomdivision per Hornerschema. Definition 4.8 (Komposition) Beschreibung des Hornerschemas: Für zwei Abbildungen f, g mit Definitionsmengen Df , Dg definiert man die Komposition oder Verkettung von f und g durch P Schreibe die Koeffizienten von p(x) = nk=0 ak xk in die erste Zeile einer Tabelle und den Wert 0 unter an . Führe nun für ein a 2 R von links nach rechts in der Tabelle immer wieder zwei Schritte durch: 1. Addiere die Zahlen der ersten und zweiten Zeile und schreibe sie in die dritte Zeile. 2. Der zuletzt berechnete Wert wird mit a multipliziert und in die zweite Zeile der nächsten Spalte eingetragen. an + 0 = cn 1 an 1 an 2 ··· a1 a0 + + + + cn 1 · a cn 2 · a ··· c1 · a c0 · a % = % = % % = % = cn 2 cn 3 ... c0 c 1 Dann ist p(x) = (x G. Skoruppa (TU Dortmund) a)(cn 1x n 1 + cn 2x n 2 Mathematischer Vorkurs + · · · c1 x + c0 ) + c September 2017 (g f )(p) := g(f (p)) für p2f 1 (Dg ) ⇢ Df Andere Sprechweise: Komposition von g nach f . Die Zielmenge (z.B. Z) erbt g f von g: g f : f Situation: f g f 1 (Dg ) ! Dg ! Z O↵ensichtlich gilt Assoziativität: 1 (D g) ! Z. (h g) f = h (g f ). Beispiel 4.9 Die Komposition von Polynomen ergibt wieder Polynome, die rationaler Funktionen wieder rationale Funktionen. Als Beispiele: a) f (x) = x3 + 1, 1. g(x) = x2 x + 1. (g f )(x) = g(f (x)) = (x3 + 1)2 199 / 300 G. Skoruppa (TU Dortmund) Dann (x3 + 1) + 1 = x6 + x3 + 1. Mathematischer Vorkurs September 2017 201 / 300