Diagnostik und Therapieempfehlungen bei Angststörungen

Werbung
MEDIZIN
KLINISCHE LEITLINIE
Diagnostik und Therapieempfehlungen
bei Angststörungen
Borwin Bandelow, Thomas Lichte, Sebastian Rudolf, Jörg Wiltink, Manfred E. Beutel
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Angststörungen (Panikstörung/Agoraphobie, generalisierte Angststörung, soziale Phobie und spezifische Phobien) sind die häufigsten psychischen Erkrankungen. Die 12-Monatsprävalenz der Panikstörung/Agoraphobie beträgt beispielsweise 6 %.
Methode: Systematische Literaturrecherche von Originalarbeiten mit Kontrollgruppe bis zum 1. Juli 2013. Es wurden Studien zur Psycho- und Pharmakotherapie berücksichtigt. Experten aus 20 Fachverbänden und anderen Organisationen prüften die Evidenz der Therapieangebote anhand aller verfügbaren randomisierten klinischen Studien sowie einer Synthese der Empfehlungen anderer
nationaler und internationaler Leitlinien.
Ergebnisse: Es wurden 403 randomisierte kontrollierte Studien bewertet.
Angststörungen sollen mit Psychotherapie und Psychopharmakotherapie oder
einer Kombination aus beiden behandelt werden. Dabei können beim ersten
Therapieversuch Responseraten von etwa 45–65 % erreicht werden. Die kognitive Verhaltenstherapie hat unter den Psychotherapieverfahren das höchste
Evidenzniveau. Psychodynamische Therapie wird in zweiter Linie empfohlen.
Mittel erster Wahl unter den angstlösenden Medikamenten sind selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Bei der Behandlung ist die Präferenz des Patienten zu berücksichtigen. Nach Eintreten der Remission soll eine Pharmakotherapie noch 6–12 Monate fortgeführt werden. In Fällen, in denen eine Psycho- oder Pharmakotherapie nicht ausreichend wirksam war, soll die jeweils andere Therapieform oder
eine Kombination angeboten werden.
Schlussfolgerung: Anhand einer großen Datenbasis von randomisierten kontrollierten Studien können robuste, evidenzbasierte Empfehlungen zur Therapie
der Angststörungen gegeben werden. In künftigen Studien sollte die erforderliche Dauer einer Psychotherapie und die Wirksamkeit einer kombinierten Psycho- und Pharmakotherapie näher untersucht werden.
►Zitierweise
Bandelow B, Lichte T, Rudolf S, Wiltink J, Beutel ME:
Clinical practice guideline: The diagnosis of and treatment
recommendations for anxiety disorders. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 473–80.
DOI: 10.3238/arztebl.2014.0473
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Göttingen: Prof. Dr. med. Bandelow, Dipl.-Psych.
Institut für Allgemeinmedizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg: Prof. Dr. med. Lichte
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Universität Lübeck: Dr. med. Rudolf
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsmedizin der
Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Prof. Dr. med. Beutel, Dipl.-Psych.; PD Dr. med. Wiltink, Dipl.-Psych.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
ngststörungen sind die häufigsten psychischen
Erkrankungen (1). Frauen erkranken deutlich
häufiger als Männer. Spezifische Phobien sind mit
einer 12-Monatsprävalenz von 10,3 % am häufigsten
(2); die betroffenen Patienten nehmen aber selten eine Behandlung in Anspruch. In der Häufigkeit folgen
die Panikstörung/Agoraphobie mit 6,0 %, die soziale
Phobie mit 2,7 % und die generalisierte Angststörung mit 2,2 %. Angststörungen haben in den letzten
Jahren und Jahrzehnten in ihrer Häufigkeit nicht zugenommen (3, 4). Sie treten häufig komorbid mit
weiteren Angsterkrankungen, Depressionen, somatoformen Störungen und Suchterkrankungen auf (5).
Sie entstehen nach heutiger Auffassung durch ein
Zusammenspiel psychosozialer, genetischer und
neurobiologischer Faktoren.
A
Die S3-Leitlinie Angststörungen
Die S3-Leitlinie Angststörungen (6) ist unter www.
awmf.org/leitlinien als Kurz- und Langfassung frei
verfügbar. Eine S3-Leitlinie muss die höchsten Qualitätsanforderungen nach den DELBI-Kriterien (7)
erfüllen. Die Leitlinie wird von 20 Fach- und anderen Gesellschaften herausgegeben (eTabelle 1). An
der Erstellung waren in den Jahren 2008 bis 2014 36
Vertreter der Fachärzte, Allgemeinärzte sowie Patientenvertreter beteiligt (eTabelle 2). Nach zehn Arbeitssitzungen wurde der abschließende Leitlinientext von einer Steuerungsgruppe (B. Bandelow, M.
Beutel, T. Lichte, S. Rudolf) erstellt und den anderen
Leitlinienmitgliedern in zwei Konsensuskonferenzen
zur Abstimmung vorgelegt. Jede beteiligte Gruppe
hatte eine Stimme. Empfehlungen wurden bei einer
Zustimmung von mindestens 75 % angenommen.
Die so erstellte Leitlinie wurde den Vorständen der
beteiligten Gesellschaften vorgelegt. Die Leitlinienerstellung wurde durch Frau Prof. Dr. Ina Kopp von
der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) begleitet;
die Arbeitssitzungen und Konsensuskonferenzen
wurden von ihr moderiert.
Bei dieser Leitlinie handelt es sich wie bei anderen Leitlinien explizit nicht um eine „Richtlinie“ im
Sinne einer Regelung des Handelns oder Unterlassens. Vielmehr bietet sie eine Orientierung für individuelle Therapieentscheidungen, die darüber hinaus
durch die klinische Erfahrung der Behandler und
durch die Patientenpräferenzen bestimmt sind.
473
MEDIZIN
Zu den geplanten Maßnahmen zur Disseminierung
der Leitlinie zählt neben der Vorstellung der Leitlinie
auf Fachtagungen und Fortbildungen durch Mitglieder der Leitliniengruppe vor allem auch die Erstellung einer Patientenversion (www.awmf.org/leitlini
en). Die Leitlinie soll nach 5 Jahren aktualisiert werden.
Aufgrund der Vielzahl der verwendeten Studien
können nicht alle Aussagen dieses Textes durch
Quellenangaben belegt werden; es wird auf die
Langfassung der S3-Leitlinie verwiesen.
Methodik
Durch elektronische Suche wurden bereits existierende Leitlinien zum Thema gesucht. In einem PeerReview-Verfahren wurden diejenigen Leitlinien ausgewählt, die bestimmte Qualitätsmerkmale erfüllten
(eTabelle 3). Eigene Literaturrecherchen wurden
durchgeführt, wenn sich Diskrepanzen zwischen den
bisherigen Leitlinien ergaben, Themengebiete nicht
erschöpfend angesprochen waren oder seit der Erstellung der Referenzleitlinien neue Studien erschienen waren, die eine Änderung der Evidenzlage zur
Folge hätte haben können. Alle verfügbaren randomisierten kontrollierten Studien (RKS) zur Therapie
von Angststörungen, die bis 1. Juli 2013 erschienen
waren, wurden gesichtet. Die Einschlusskriterien
waren: In peer-reviewed journals veröffentliche Originalartikel; Behandlungsstudien von nach ICD oder
DSM definierten Angsterkrankungen (Panikstörung/
Agoraphobie, generalisierte Angststörung, soziale
Phobie und spezifische Phobie) bei Erwachsenen;
keine Einschränkung auf Subgruppen; Verwendung
einer Kontrollgruppe (im Falle von Medikamentenstudien: Placebo oder Vergleiche mit Referenzmedikamenten; im Falle von Psychotherapiestudien: Warteliste, aktive Kontrolle [das heißt ein Gespräch mit
dem Patienten ohne Anwendung spezifischer Therapietechniken] sowie „Behandlung wie üblich“
[Treatment as usual, TAU]); im Falle von Medikamentenstudien: auf dem Markt erhältliche und zugelassene Medikamente.
Beispielhaft wird hier für die Panikstörung/Agoraphobie die Literaturrecherche nach dem PRISMAStatement (8) dargestellt: Suchalgorithmus in PubMed: ([„panic disorder“{Title}] OR [„agoraphobia“{Title}]) AND [„randomized“{All fields}] AND
[„treatment“ OR “therapy”{All fields}]; date:
1980/01/01 to present; in ISI Web of Science: Title=[panic disorder OR agoraphobia] AND Topic=[randomized] AND Topic=[therapy]; Timespan:
>1979; Search language=English, German). 1296
Publikationen wurden durch diese Recherche gefunden; 21 weitere wurden durch Handsuche identifiziert. Von den 1317 gefundenen Arbeiten wurden
nach Screening anhand von Titel und Abstract 1100
Publikationen ausgeschlossen. Für die übrigen 217
Artikel wurden die Volltexte beschafft. Nach definierten Ausschlusskriterien (zum Beispiel Doppelpublikation, ausschließliche Subgruppenanalyse, Stich-
474
probengröße < 10 pro Arm bei Einschluss, keine
adäquate Kontrollgruppe und andere) wurden 48 Artikel ausgeschlossen; 169 Publikationen wurden in
die Analyse übernommen. Für die übrigen Angsterkrankungen wurde entsprechend vorgegangen (siehe
Langfassung der Leitlinie). Insgesamt gingen 403
RKS in die Bewertung ein.
Die Qualität der Studien wurde nach dem SIGNStatement (9) geprüft. Methodische Mängel führten
zum Ausschluss der Studien beziehungsweise zur
Herabstufung der Evidenzaussage. Häufige Gründe
für eine Herabstufung der Evidenzqualität waren:
geringe Stichprobengröße (insbesondere bei Non-inferiority-Vergleichen), Nicht-Nennung eines Haupteffizienzkriteriums bzw. Nicht-Anwendung einer
Bonferroni-Korrektur bei multipler Testung, inadäquate statistische Auswertung und Ähnliches.
Die Basierung einer Leitlinienempfehlung allein
aufgrund von RKS wird häufig kritisch gesehen und
wurde auch durch die Leitliniengruppe kontrovers
diskutiert. Es wird kritisiert, dass in RKS eine bestimmte Auslese stattfindet; so werden oft komorbide beziehungsweise in der Regel suizidale Patienten
ausgeschlossen. Eine Analyse der verwendeten Psycho- und Pharmakotherapiestudien ergab allerdings
nicht, dass sich diese Therapieformen hinsichtlich
des Einschlusses komorbider Patienten systematisch
unterschieden. Da in unkontrollierten Studien nicht
unterschieden werden kann, ob die Besserung durch
die Behandlung oder allein durch Spontanheilungseffekte, die Tendenz zur Regression zum Mittelwert
oder unspezifische Aufmerksamkeitseffekte entstanden ist, war sich die Leitliniengruppe einig, dass
Empfehlungen im Wesentlichen aufgrund von RKS
getroffen werden. Zwar sah das Protokoll vor, dass
auch offene Studien, Fallserien oder Einzelfälle in
die Analyse eingehen konnten; allerdings ergab sich
nicht der konkrete Fall, dass Entscheidungen zum
Evidenzgrad aufgrund solcher Studien getroffen
werden mussten – wegen des Fehlens aussagekräftiger nicht-randomisierter Studien und des ausreichenden Vorhandenseins kontrollierter Studien.
Während die Evidenzkategorien nur auf Wirksamkeit der Therapien beruhen, beziehen die Empfehlungsgrade dagegen auch Risiken wie beispielsweise
Medikamentennebenwirkungen ein (eTabelle 4).
Diagnostik
Angststörungen werden in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10 GM) (10) diagnostiziert
(Kurzbeschreibung in Tabelle 1). In der Primärversorgung wird häufig die Kategorie „Angst und depressive Störung, gemischt“ (ICD-10 F41.2) verwendet; allerdings soll nach ICD-10 diese Diagnose
nicht gestellt werden, wenn ängstliche und depressive Symptome in so starker Ausprägung auftreten,
dass sie einzelne Diagnosen rechtfertigen. Da zur
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
MEDIZIN
TABELLE 1
Kurzbeschreibung der häufigsten Angststörungen nach ICD-10 (29)
Angststörung
ICD-10-Klassifikation
Beschreibung
Tipps für die Diagnostik
Panikstörung
F41.0
Plötzlich auftretende Angstanfälle mit den körperlichen Ausdrucksformen
der Angst (Herzrasen; unregelmäßiger Herzschlag; Schwitzen; Zittern; Beben;
Mundtrockenheit; Atemnot; Erstickungsgefühl; Enge im Hals; Schmerzen; Druck
oder Enge in der Brust; Übelkeit oder Bauchbeschwerden; Schwindel-; Unsicherheits-, Ohnmachts- oder Benommenheitsgefühle; Gefühl, dass Dinge unwirklich
sind [wie im Traum] oder dass man selbst „nicht richtig da” ist; Hitzewallungen
oder Kälteschauer; Taubheits- oder Kribbelgefühle) sowie Angst, die Kontrolle
zu verlieren, „wahnsinnig” oder ohnmächtig zu werden und Angst zu sterben.
Diese Panikattacken treten plötzlich auf und nehmen während ca. 10 Minuten an
Stärke zu.
Die Panikattacken können aus heiterem
Himmel auftreten – in der Mehrzahl der
Fälle ist jedoch die Panikstörung mit einer
Agoraphobie verbunden.
Agoraphobie
F40.0
ohne Panikstörung
F40.00
mit Panikstörung
F40.01
Bei der Agoraphobie mit Panikstörung tritt zu den beschriebenen Panikattacken
die Angst vor Orten hinzu, an denen im Falle des Auftretens einer Panikattacke
eine Flucht schwer möglich wäre oder peinliches Aufsehen erregen würde.
Am häufigsten treten Angstanfälle in Menschenmengen, öffentlichen
Verkehrsmitteln oder in engen Räumen (z. B. Fahrstühlen) auf. Angst vor dem
Alleinsein ist ebenfalls häufig. Die Anwesenheit von Begleitpersonen reduziert
die Angst.
Beim Vorliegen einer Agoraphobie muss
an eine Panikstörung gedacht werden.
Generalisierte
Angststörung
F41.1
Die Patienten leiden unter den körperlichen Ausdrucksformen der Angst
(Zittern, Herzrasen, Schwindel, Übelkeit, Muskelverspannungen usw.) sowie unter
Konzentrationsstörungen, Nervosität, Schlafstörungen und anderen psychischen
Symptomen. In der Regel können die Patienten nicht angeben, wovor sie
eigentlich Angst haben. Die Patienten werden aber auch durch ständige Sorgen
gequält, z. B. dass ihnen oder ihren Verwandten Unfälle zustoßen oder sie
erkranken könnten. Zudem machen sich die Patienten meistens Sorgen über ihre
permanente Besorgtheit („Meta-Sorgen“).
Im Gegensatz zur Panikstörung treten
die körperlichen Angstsymptome nicht
gleichzeitig in Form eines Anfalls,
sondern in wechselnder Kombination als
Dauerzustand auf.
Im Gegensatz zur Panikstörung machen
sich die Patienten weniger Sorgen um ihre
eigene Gesundheit als um die anderer,
nahestehender Personen.
Soziale Phobie
F40.1
Die Patienten haben vor Situationen Angst, in denen sie im Mittelpunkt der
Aufmerksamkeit stehen – z. B. haben sie Angst vor dem Sprechen in der
Öffentlichkeit, vor Vorgesetzten, Behördengängen, Kontakten mit dem anderen
Geschlecht und anderen Situationen. Dabei befürchten sie, sich peinlich oder
ungeschickt zu verhalten oder negativ bewertet zu werden.
Patienten berichten aus Scham oft nicht
bereitwillig über ihre sozialen Ängste, so
dass die Erkrankung oft unerkannt bleibt.
Spezifische (isolierte)
Phobie
F40.2
Hierbei beschränkt sich die Phobie auf einzelne, umschriebene Situationen,
die sich meistens auf Gegebenheiten der Natur beziehen (z. B. Katzenphobie,
Blutphobie oder Höhenangst).
Patienten melden sich sehr selten zur
Behandlung isolierter Phobien.
Angst und depressive
Störung, gemischt
F41.2
Gleichzeitiges Bestehen von Angst und Depression, wobei weder das eine
noch das andere vorherrscht. Allerdings darf die Störung nicht so stark
ausgeprägt sein, dass die Kriterien einer Angststörung oder einer Depression
erfüllt werden.
Wenn die Kriterien einer Angststörung
oder einer Depression erfüllt werden,
sollten stattdessen beide Störungen
diagnostiziert werden.
Therapie dieser Störung keine Studien vorliegen,
wurde sie in der Leitlinie nicht berücksichtigt.
Angststörungen werden oft nicht erkannt, wobei
eine Rolle spielt, dass Patienten eher über Schmerzen, Schlafstörungen oder andere somatische Beschwerden als über Angst als Leitsymptom klagen
(11). Differenzialdiagnostisch müssen häufige psychische Störungen wie andere Angsterkrankungen,
Depressionen, oder somatoforme Störungen oder
körperliche Erkrankungen wie koronare Herzerkrankung, Asthma bronchiale und andere ausgeschlossen
werden (Tabelle 2).
Versorgung
Bei der Versorgung von Angststörungen nehmen
Hausärzte als erste Ansprechpartner eine wichtige
Rolle ein; etwa 15 % der Patienten verbleiben ausschließlich beim Hausarzt (12). Psychotherapien erfolgen durch ärztliche und psychologische PsychoDeutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
therapeuten. Bei nicht ausreichender Besserung, Suizidalität oder anderen Komplikationen sollte eine
Überweisung zum Facharzt erfolgen. In der Regel
können Angsterkrankungen ambulant behandelt werden. Indikation für eine stationäre Behandlung können sein: Suizidalität, ausgeschöpfte ambulante
Maßnahmen, besondere Schwere oder ausgeprägte
Komorbidität.
Therapieempfehlungen
Als Behandlungsindikationen gelten: Vorliegen einer
Angststörung nach ICD-10 GM, ein mittlerer bis
schwerer Leidensdruck des Patienten, psychosoziale
Einschränkungen sowie Komplikationen einer
Angsterkrankung (beispielsweise Suchterkrankung).
Tabelle 3 fasst die Behandlungsempfehlungen zusammen (ausführliche Version: siehe Tabelle 1 des
Leitlinientextes). Angststörungen können mit Psychotherapie und/oder Pharmakotherapie und weite-
475
MEDIZIN
TABELLE 2
Zusammenfassung der Empfehlungen zur Behandlung von Angststörungen
Therapieform
Empfehlung
Psychotherapie und
Pharmakotherapie
Patienten mit P/A, GAD und SPh soll angeboten werden:
– Psychotherapie
– Pharmakotherapie
Evidenzkategorie
Empfehlungsgrad
Ia
A
Expertenkonsens
KKP
Dabei soll die Präferenz des informierten Patienten berücksichtigt werden.
Im Informationsgespräch sollen insbesondere folgende Aspekte eine Rolle spielen:
Wirkeintritt, Nachhaltigkeit, unerwünschte Wirkungen und Verfügbarkeit.
In Fällen, in denen eine Psycho- oder Pharmakotherapie nicht ausreichend wirksam war,
soll die jeweils andere Therapieform angeboten werden oder kann eine Kombination von
Psychotherapie und Pharmakotherapie angeboten werden.
Psychotherapie und andere Maßnahmen
Kognitive
Verhaltenstherapie (KVT)
Patienten mit einer P/A, GAD und SPh oder spezifischen Phobien soll eine KVT
angeboten werden.
Ia
A
Psychodynamische
Psychotherapie
Patienten mit einer P/A, GAD und SPh sollte eine psychodynamische Psychotherapie
angeboten werden, wenn sich eine KVT nicht als wirksam erwiesen hat, nicht verfügbar
ist oder wenn eine diesbezügliche Präferenz des informierten Patienten besteht.
IIa
B
Sport (Ausdauertraining; z. B.
dreimal pro Woche 5 km laufen)
Patienten mit P/A kann Sport (Ausdauertraining) als ergänzende Maßnahme zu anderen
Standardtherapien empfohlen werden.
Expertenkonsens
KKP
Patientenselbsthilfe- und
Angehörigengruppen
Patienten und Angehörige sollen über Selbsthilfe- und Angehörigengruppen informiert
und, wenn angebracht, zur Teilnahme motiviert werden.
Expertenkonsens
KKP
20–40 mg
Ia
A
Medikamente
Angststörung
Medikament
P/A
Citalopram*1
x
Escitalopram*
2
GAD
Tagesdosis
SPh
x
x
x
10–20 mg
Ia
A
Paroxetin
x
x
x
20–50 mg
Ia
A
Sertralin
x
x
50–150 mg
Ia
A
60–120 mg
Ia
A
75–225 mg
Ia
A
75–250 mg
Ia
B
Duloxetin
x
Venlafaxin
x
x
x
trizyklisches
Antidepressivum
Clomipramin (wenn Medikamente
mit der Empfehlung A unwirksam waren
oder nicht vertragen wurden)
x
Kalziummodulator
Pregabalin
x
150–600 mg
Ia
B
trizyklisches
Anxiolytikum
Opipramol (wenn Medikamente mit der
Empfehlung A oder B unwirksam waren
oder nicht vertragen wurden)
x
50–300 mg
Ib
0
Azapiron
Buspiron (wenn Medikamente mit der
Empfehlung A oder B unwirksam waren
oder nicht vertragen wurden)
x
15–60 mg
Ib
0
RIMA
Moclobemid (wenn Medikamente mit
der Empfehlung A oder B unwirksam
waren oder nicht vertragen wurden)
300–600 mg
Expertenkonsens
KKP
x
P/A = Panikstörung/Agoraphobie; GAD = generalisierte Angststörung; SPh = soziale Phobie; KKP = klinischer Konsenspunkt; RIMA = reversibler Monoaminoxidase-A-Hemmer
*1 Die Regeldosis darf wegen einer möglichen QTC-Zeit-Verlängerung nicht überschritten werden. Maximaldosis bei verminderter Leberfunktion 30 mg/Tag, bei älteren Patienten 20 mg/Tag
*2 Die Regeldosis darf wegen einer möglichen QTC-Zeit-Verlängerung nicht überschritten werden. Maximaldosis bei Patienten über 65 Jahren 10 mg/Tag
ren Interventionen behandelt werden. Sowohl Psycho- als auch Pharmakotherapien erzielen nach Metaanalysen im Vergleich zur Kontrollgruppe sowie
im Vorher/Nachher-Vergleich mittlere bis hohe Effektstärken. Beim ersten Therapieversuch können
Responseraten von etwa 45–65 % erreicht werden.
476
Der Entscheidung für einen Behandlungsplan sollte eine Prüfung individueller Faktoren vorausgehen
(Präferenz des Patienten, vorangegangene Behandlungsversuche, Schweregrad, Komorbidität einschließlich Substanzgebrauch, Suizidrisiko und andere). Grundlage jeder Intervention sollte die AufDeutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
MEDIZIN
TABELLE 3
Stufenplan der medikamentösen Behandlungsalternativen bei Nichtansprechen oder Unverträglichkeit eines Medikaments in der Behandlung
von Angststörungen (modifiziert nach [30])
Stufe
Vorgehen
Wechsel von einem Standardmedikament zu
einem anderen
– Umsetzen von einem SSRI auf einen anderen
– Umsetzen von SSRI auf SNRI oder umgekehrt
– Umsetzen auf TZA
– Umsetzen auf Pregabalin (nur GAD)
Wechsel zu Nicht-Standardmedikamenten
Umsetzen auf Medikamente, die bei anderen Angststörungen
zugelassen sind
– Umsetzen auf Pregabalin
– Umsetzen auf Moclobemid, Opipramol, Hydroxyzin
– Umsetzen auf Benzodiazepine (nur in begründeten Ausnahmefällen)
Umsetzen auf Medikamente, die nicht für die jeweilige Angststö- – Panikstörung:
rung zugelassen sind, sich aber in RKS als wirksam erwiesen
– GAD:
– soziale Phobie:
Umsetzen auf Medikamente/Kombinationen, die sich aber in offenen Studien als wirksam erwiesen
– Panikstörung:
– GAD:
– soziale Phobie:
Umsetzen auf Medikamente/Kombinationen, die sich aber in
Einzelfallberichten als wirksam erwiesen
rechterhaltung einer tragfähigen therapeutischen
Beziehung sein. Ärzte und Psychologen müssen Patienten objektiv über ihre Diagnose sowie über die
Besserungschancen durch die jeweiligen Therapieformen unter Berücksichtigung der Evidenzlage
informieren und auf Alternativen hinweisen, wenn
gleichermaßen indizierte Methoden zu wesentlich
unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.
Angehörige sollten in die Therapie eingebunden
werden. Auf die Wirtschaftlichkeit der Therapie ist
zu achten. Details zur Therapie der generalisierten
Angststörung finden sich bei Bandelow et al. (2013)
(13).
Psychotherapie
Für die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) liegen
für alle vier Angststörungen zahlreiche RKS vor, die
eine Wirksamkeit im Vergleich zu Wartelisten und
aktiven Kontrollen zeigen. Die KVT sollte sich an
empirisch fundierten Behandlungsprotokollen (Manualen) orientieren. Bei Patienten mit Vermeidungsverhalten (zum Beispiel bei Agoraphobie) sollte die
KVT Expositionselemente (Konfrontation mit angstauslösenden Situationen) beinhalten. Bei der Exposition hat es sich als günstig erwiesen, wenn sie in Begleitung eines Therapeuten erfolgt (14).
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
– Panikstörung:
Mirtazapin, Quetiapin, Phenelzin, Valproat, Inositol
Quetiapin. In therapieresistenten Fällen:
Zugabe von Risperidon oder Olanzapin zu einer
Antidepressivatherapie
Mirtazapin, Gabapentin, Pregabalin, Olanzapin
Kombinationen von SSRIs und TZAs, Olanzapin-Monotherapie, Kombination eines SSRIs mit Olanzapin oder
TZAs, Augmentation eines SSRIs mit Pindolol, Kombination von Valproat und Clonazepam.
In therapieresistenten Fällen waren Olanzapin, zusätzliche
Gabe von Fluoxetin zu einem TZA, Zugabe eines TZA zu
Fluoxetin und die Zugabe von Olanzapin zu einem SSRI in
offenen Studien wirksam.
Ziprasidon
Levetiracetam, Topiramat, Tranylcypromin. In therapieresistenten Fällen: Zugabe von Buspiron zu einem SSRI
In therapieresistenten Fällen war die Zugabe von Lithium
zu Clomipramin oder die Kombination von Valproat und
Clonazepam wirksam.
Da psychodynamische Verfahren in den bisherigen Leitlinien mangels Studien kaum Berücksichtigung fanden, wurde eine eigene Recherche durchgeführt, um auch die jüngst publizierten Studien mit
manualisierter psychodynamischer Kurzzeittherapie
einzubeziehen. Da die Zahl und methodische Qualität der RKS zur psychodynamischen Therapie deutlich geringer waren als für die KVT und manche Studien eine Überlegenheit der KVT zeigten, wird empfohlen, dass Patienten mit einer Panikstörung/Agoraphobie, generalisierten Angststörung und sozialen
Phobie eine psychodynamische Psychotherapie angeboten werden sollte, wenn sich eine KVT nicht als
wirksam erwiesen hat, nicht verfügbar ist oder wenn
eine diesbezügliche Präferenz des informierten Patienten besteht. Für die spezifischen Phobien existieren nur Studien zur Verhaltenstherapie (die als Expositionstherapie durchgeführt werden soll).
Evidenzbasierte Aussagen zur notwendigen Dauer
der Psychotherapie können angesichts der gegenwärtigen Studienlage nicht gemacht werden, da die
meisten Studien über einen Zeitraum von 10 bis 24
Wochen durchgeführt worden waren und es kaum
Studien gibt, die kurze mit langen Therapien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit vergleichen. Die Therapiedauer sollte entsprechend der Krankheitsschwere,
Komorbidität und der psychosozialen Rahmenbedin-
477
MEDIZIN
gungen individuell geplant werden. Bei den spezifischen Phobien kann eine Expositionstherapie nach
den vorliegenden Studien in nur wenigen Behandlungsstunden durchgeführt werden.
Die Leitliniengruppe prüfte auch nicht therapeutengestützte Verfahren via Computer oder Internet.
Obwohl in den letzten Jahren zahlreiche Studien zur
Durchführung solcher Therapien veröffentlicht wurden, reicht deren Evidenz nicht aus, um eine Gleichwirksamkeit mit einer Einzel-KVT nachzuweisen.
Zudem werden Therapien ohne persönlichen Kontakt
derzeit nicht von den Kostenträgern erstattet. Außerdem können sich medizinrechtliche Probleme ergeben (zum Beispiel bei Suizidalität des Patienten);
weiterhin sind Datenschutzfragen ungeklärt. Bei Patienten mit einer Panikstörung/Agoraphobie können
allerdings zur Überbrückung bis zum Therapiebeginn oder als therapiebegleitende Maßnahme nicht
therapeutengestützte, auf der KVT basierende Interventionen mit Hilfe von Büchern, Audiomaterial,
Computern oder Internet im Sinne einer Anleitung
zur Selbsthilfe angeboten werden.
Auch Gruppen-KVT wurden in randomisierten
kontrollierten Studien untersucht. Die Evidenz reicht
jedoch nicht aus, um eine Gleichwirksamkeit der
Gruppen- mit der Einzeltherapie nachzuweisen. Da es
aber – beispielsweise bei der sozialen Phobie – sinnvoll erscheint, ein Selbstsicherheitstraining in einer
Gruppe durchzuführen, sollte die Therapie sowohl
Einzel- als Gruppentherapieelemente enthalten. Wenn
eine Einzeltherapiemöglichkeit nicht zur Verfügung
steht, kann eine Gruppentherapie angeboten werden.
Für andere Psychotherapieformen, wie Applied
Relaxation, interpersonelle Therapie, klientenzentrierte Gesprächstherapie und andere konnte die
Leitliniengruppe keine für eine Empfehlung ausreichende Evidenz finden.
Pharmakotherapie
Den Empfehlungsgrad A erhielten Medikamente aus
der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder selektive SerotoninNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI). Eine
B-Empfehlung erhielten Medikamente wie das trizyklische Antidepressivum Clomipramin (bei Panikstörung) oder Pregabalin (bei generalisierter Angststörung). Benzodiazepine, obwohl wirksam, sollen
aufgrund gravierender Nebenwirkungen (unter anderem Abhängigkeitsentwicklung) nicht angeboten
werden. In Ausnahmefällen (zum Beispiel schwere
kardiale Erkrankung, Kontraindikationen für Standardmedikamente, Suizidalität und andere) können
sie unter sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung zeitlich eng befristet angewendet werden.
Eine Pharmakotherapie sollte nach allgemeinen
medizinischen Standards durchgeführt werden. Die
Patienten müssen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen, mögliche Wechselwirkungen, Kontraindikationen sowie Warnhinweise informiert werden;
hierzu wird auf die aktuelle Fachinformation verwie-
478
sen. Patienten sollten darauf hingewiesen werden,
dass die Wirkung von Antidepressiva mit einer Latenz von etwa zwei Wochen (Bereich 1–6 Wochen)
einsetzt.
SSRI und SNRI haben eine flache Dosis-Response-Kurve, das heißt, dass schätzungsweise 75 % der
Patienten bereits auf die initiale (niedrige) Dosis reagieren. Bei manchen Patienten kann es sinnvoll sein,
mit der Hälfte der empfohlenen Dosis zu beginnen.
Bei Leberfunktionsstörungen können Dosierungsanpassungen erforderlich sein. Um initiale Unruhe und
Schlafstörungen zu verhindern, sollte die Dosis morgens oder mittags gegeben werden. In manchen Fällen können Dosierungen am oberen Ende des indizierten Bereichs notwendig sein und sollten bei Bedarf auch angeboten werden. Die Behandlung mit
SSRI und SNRI soll in der Erhaltungstherapie in der
gleichen Dosis fortgeführt werden, die in der Akuttherapie erfolgreich war. Nach Eintreten der Remission soll eine Pharmakotherapie noch 6–12 Monate
fortgeführt werden. Die Dauer kann verlängert werden, wenn ein Absetzversuch zu einem Wiederauftreten der Angstsymptomatik führt, wenn der Krankheitsverlauf besonders schwer war oder wenn sich
aus der Anamnese Hinweise auf eine lange Behandlungsnotwendigkeit ergeben. Die Dosis sollte bei
Beendigung langsam reduziert werden, um Absetzphänomene zu vermeiden.
Es gibt keine ausreichende Evidenz zur Behandlung von spezifischen Phobien mit Medikamenten.
Kombination von Psycho- und
Pharmakotherapie und Vorgehen bei
Therapieresistenz
Für die Panikstörung existieren mehrere Vergleichsstudien von Psycho- und Pharmakotherapie und deren Kombination. Insgesamt spricht die Mehrzahl der
Studien für einen Vorteil der Kombination gegenüber
den Monotherapien. Bei der generalisierten Angststörung fehlen verwertbare Studien; bei der sozialen
Phobie ist die Datenlage inkonsistent. Keine Studie
findet Nachteile einer Kombination. In Fällen, in denen eine Psycho- oder Pharmakotherapie allein nicht
ausreichend wirksam war, soll die jeweils andere
Therapieform oder kann eine Kombination beider
Verfahren angeboten werden. Wenn ein Medikament
nicht wirksam ist, sollte nach 4–6 Wochen eine Umsetzung auf ein anderes Standardmedikament erfolgen. Bei einer Teil-Response ist zunächst eine Dosiserhöhung zu erwägen. Tabelle 3 enthält einen Stufenplan zu medikamentösen Behandlungsalternativen
bei Nichtansprechen oder Unverträglichkeit von Medikamenten. Wenn ein Wechsel innerhalb der Standardmedikamente nicht erfolgreich war, kann auf
Medikamente umgesetzt werden, die in zweiter Linie
empfohlen werden, zum Beispiel trizyklische Antidepressiva oder Pregabalin. Bei Off-Label-Behandlungen mit Medikamenten, die für Angststörungen nicht
zugelassen sind (z. B. Quetiapin), sind medizinrechtliche Aspekte zu berücksichtigen.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
MEDIZIN
Behandlung älterer Patienten
Studien zur Behandlung älterer Patienten gibt es nur
für die generalisierte Angststörung – wahrscheinlich,
weil die anderen Angststörungen im höheren Lebensalter seltener beobachtet werden. Die wenigen
verfügbaren Studien zur KVT bei Menschen über 65
Jahren zeigen gegenüber der Therapie von Erwachsenen von 18 bis 65 eine eingeschränkte Wirksamkeit. Zur Behandlung älterer Patienten mit Medikamenten gibt es nur wenige Studien, die eine Wirkung
von Duloxetin, Venlafaxin, Pregabalin und Quetiapin
zeigten. Bei der Behandlung älterer Menschen müssen neben möglichen Wechselwirkungen mit anderen
Medikamenten und Kontraindikationen folgende
Faktoren beachtet werden: erhöhte Sensibilität im
Hinblick auf anticholinerge Eigenschaften, erhöhtes
Risiko für orthostatische Hypotonie und EKG-Veränderungen, Sturzgefahr und mögliche paradoxe Reaktionen auf Benzodiazepine.
Schwangerschaft und Stillzeit
In der Schwangerschaft sollte das Risiko einer unbehandelten Angsterkrankung gegenüber dem Risiko
einer Schädigung des Kindes abgewogen werden. Es
ist zu erwägen, ob gegebenenfalls psychotherapeutischen Maßnahmen der Vorzug gegeben werden sollte. Manche Autoren fanden erhöhte Risiken bei der
Behandlung mit Antidepressiva (15–17); daher soll
eine Behandlung mit Vorsicht durchgeführt werden.
Auch in der Stillzeit muss eine Risikoabwägung
stattfinden.
Sporttherapie
Bei der Panikstörung wird Sport empfohlen (Ausdauertraining; zum Beispiel dreimal pro Woche 5 Kilometer Joggen). Allerdings ist die Datenlage nicht
ausreichend, um Sport als Monotherapie zu empfehlen. In den vorliegenden Studien war Sport weniger
wirksam als ein Medikament (18) beziehungsweise
nicht besser wirksam als eine Entspannungs-Kontrollgruppe (19).
Selbsthilfegruppen
Patienten sollen über Selbsthilfe- und Angehörigengruppen informiert und, wenn angebracht, zur Teilnahme motiviert werden.
Interessenkonflikt
Die an der Leitlinienerstellung beteiligten Personen haben ihre Interessenskonflikte (wie zum Beispiel Vortragshonorare von pharmazeutischen
Unternehmen oder eine Funktion als Interessenvertreter für eine bestimmte Therapierichtung) offengelegt. Das Leitliniengremium war bemüht, trotz
dieser möglichen Einflüsse die Empfehlungen ausschließlich auf die objektiven wissenschaftlichen Evidenzbeurteilungen zu basieren. Bei Abstimmungen wurden diejenigen Mitglieder ausgeschlossen, bei denen ein Interessenskonflikt bestand.
Prof. Bandelow erhielt Honorare für Beratertätigkeit von Lilly, Lundbeck,
Otsuka und Pfizer. Teilnahmegebühren für Kongresse und Reise- und Übernachtungskosten wurden ihm von Pfizer und Servier erstattet. Für Vorträge
auf wissenschaftlichen Tagungen und Fortbildungsveranstaltungen erhielt
er Honorare von AstraZeneca, Glaxo, Janssen, Lilly, Lundbeck, Meiji-Seika,
Otuska, Pfizer und Servier.
Prof. Beutel erhielt für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Tagungen
und Fortbildungsveranstaltungen Honorare von Pfizer, Servier und Boehringer-Ingelheim.
Dr. Rudolf, Prof. Lichte, PD Wiltink erklären, dass kein Interessenkonflikt
besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 13. 5. 2014, revidierte Fassung angenommen: 22. 5. 2014
LITERATUR
1. Kessler RC, Berglund P, Demler O, Jin R, Merikangas KR, Walters EE: Lifetime prevalence and age-of-onset distributions of
DSM-IV disorders in the National Comorbidity Survey Replication. Arch Gen Psychiatry 2005; 62: 593–602.
2. Jacobi F, Hofler M, Strehle J, Mack S, et al.: Mental disorders in
the general population: Study on the health of adults in Germany
and the additional module mental health (DEGS1-MH). Nervenarzt 2014; 85: 77–87.
3. Kessler RC, McGonagle KA, Zhao S, Nelson CB, et al.: Lifetime
and 12-month prevalence of DSM-III-R psychiatric disorders in
the United States. Results from the National Comorbidity Survey.
Arch Gen Psychiatry 1994; 51: 8–19.
4. Kessler RC, Demler O, Frank RG, Olfson M, et al.: Prevalence
and treatment of mental disorders, 1990 to 2003. N Engl J Med
2005; 352: 2515–23.
5. Jacobi F, Wittchen HU, Holting C, Hofler M, et al.: Prevalence,
co-morbidity and correlates of mental disorders in the general
population: results from the German Health Interview and
Examination Survey (GHS). Psychol Med 2004; 34: 597–611.
6. Bandelow B, Wiltink J, Alpers GW, Benecke C, et al.: Deutsche
S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen. 2014. www.
awmf.org/leitlinien.html (last accessed on 26 May 2014).
7. ÄZQ/AWMF: Deutsches Instrument zur methodischen LeitlinienBewertung (DELBI). 2008: 468–519.
8. Moher D, Liberati A, Tetzlaff J, Altman DG, Group P: Preferred
reporting items for systematic reviews and meta-analyses: the
PRISMA statement. J Clin Epidemiol 2009; 62: 1006–12.
9. SIGN: Scottish Intercollegiate Guidelines Network www.sign.ac.
uk. 2012 (last accessed on 26 May 2014).
KERNAUSSAGEN
● Angststörungen sollen mit Psychotherapie oder Psychopharmakotherapie oder einer Kombination aus beiden behandelt
werden.
● Die kognitive Verhaltenstherapie hat unter den Psychotherapieverfahren das höchste Evidenzniveau.
● Psychodynamische Therapien werden in zweiter Linie empfohlen.
● Mittel erster Wahl unter den Angstmedikamenten sind die SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) und die
SNRI (Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer).
● In Fällen, in denen eine Psycho- oder Pharmakotherapie nicht ausreichend wirksam war, soll die jeweils andere Therapieform oder eine Kombination angeboten werden.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
479
MEDIZIN
10. DIMDI: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten
th
und verwandter Gesundheitsprobleme, 10 revised edition. German Modification (ICD-10-GM) 2013.
11. Wittchen HU, Kessler RC, Beesdo K, Krause P, Hofler M, Hoyer J:
Generalized anxiety and depression in primary care: prevalence,
recognition, and management. J Clin Psychiatry 2002; 63:
24–34.
12. Wittchen HU, Jacobi F: Die Versorgungssituation psychischer
Störungen in Deutschland. Eine klinisch-epidemiologische Abschätzung anhand des Bundes-Gesundheitssurveys 1998. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2001;
44: 993–1000.
13. Bandelow B, Boerner RJ, Kasper S, Linden M, Wittchen HU, Möller HJ: The diagnosis and treatment of generalized anxiety disorder. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 300–10.
14. Gloster AT, Wittchen HU, Einsle F, Lang T, et al.: Psychological
treatment for panic disorder with agoraphobia: A randomized
controlled trial to examine the role of therapist-guided exposure
in situ in CBT. J Consult Clin Psychol 2011; 79: 406–20.
15. Oyebode F, Rastogi A, Berrisford G, Coccia F: Psychotropics in
pregnancy: safety and other considerations. Pharmacol Ther
2012; 135: 71–7.
29. WHO. World Health Organisation: Tenth Revision of the International Classification of Diseases, Chapter V (F): Mental and Behavioural Disorders (including disorders of psychological development). Clinical Descriptions and Diagnostic Guidelines. Geneva: World Health Organisation, 1991.
30. Bandelow B, Zohar J, Hollander E, et al.: World Federation of
Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) guidelines for the
pharmacological treatment of anxiety, obsessive-compulsive and
post-traumatic stress disorders – first revision. World J Biol
Psychiatry 2008; 9: 248–312.
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Borwin Bandelow, Dipl.-Psych.
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsmedizin Göttingen
von-Siebold-Straße 5
37075 Göttingen
[email protected]
Zitierweise
Bandelow B, Lichte T, Rudolf S, Wiltink J, Beutel M:
Clinical practice guideline: The diagnosis of and treatment
recommendations for anxiety disorders. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 473–80.
DOI: 10.3238/arztebl.2014.0473
16. Udechuku A, Nguyen T, Hill R, Szego K: Antidepressants in pregnancy: a systematic review. Aust N Z J Psychiatry 2010; 44:
978–96.
17. Tuccori M, Testi A, Antonioli L, Fornai M, et al.: Safety concerns
associated with the use of serotonin reuptake inhibitors and
other serotonergic/noradrenergic antidepressants during pregnancy: a review. Clin Ther 2009; 31: 1426–53.
18. Broocks A, Bandelow B, Pekrun G, George A, et al.: Comparison
of aerobic exercise, clomipramine, and placebo in the treatment
of panic disorder. Am J Psychiatry 1998; 155: 603–9.
19. Wedekind D, Broocks A, Weiss N, Engel K, Neubert K, Bandelow
B: A randomized, controlled trial of aerobic exercise in combination with paroxetine in the treatment of panic disorder. World J
Biol Psychiatry 2010; 11: 904–13.
20. AKDÄ. Therapieempfehlungen der Arzneimittelkommission der
Deutschen Ärzteschaft. Empfehlungen zur Therapie von Angstund Zwangsstörungen. 2. Auflage, 2003.
21. Baldwin DS, Anderson IM, Nutt DJ, Bandelow B, et al.: Evidencebased guidelines for the pharmacological treatment of anxiety
disorders: recommendations from the British Association for
Psychopharmacology. J Psychopharmacol 2005; 19: 567–96.
22. Canadian Psychiatric Association. Canadian Psychiatric Association Clinical Practice Guidelines, Management of Anxiety Disorders. Canadian Journal of Psychiatry 2006; 58: 1–92.
23. Domschke K, Hohoff C, Jacob C, Maier W, et al.: Chromosome
4q31–34 panic disorder risk locus: association of neuropeptide
Y Y5 receptor variants. Am J Med Genet B Neuropsychiatr Genet
2008; 147: 510–6.
24. American Psychiatric Association (APA): Practice guideline for the
nd
treatment of patients with panic disorder. 2 ed. Washington (DC):
American Psychiatric Association (APA); 2009 Jan. 90 p
25. Heinrichs N, Alpers GW, Gerlach AL: Evidenzbasierte Leitlinien
zur Psychotherapie der Panikstörung mit und ohne Agoraphobie
und der Agoraphobie ohne Panikstörung im Auftrag der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGP). Göttingen: Hogrefe,
2009.
26. Heinrichs N, Stangier U, Gerlach A, Willutzki U, Fydrich T. Evidenzbasierte Leitlinie zur Psychotherapie der Sozialen Angststörung. Göttingen: Hogrefe 2010.
27. NICE. National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE).
Anxiety: Management of Anxiety (Panic Disorder, with or without
Agoraphobia, and Generalised Anxiety Disorder) in Adults in Primary, Secondary and Community Care. 2011.
28. Eccles M, Mason J: How to develop cost-conscious guidelines.
Health Technol Assess 2001; 5: 1–69.
480
@
eTabellen:
www.aerzteblatt.de/14m0473 oder über QR-Code
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
MEDIZIN
KLINISCHE LEITLINIE
Diagnostik und Therapieempfehlung
bei Angststörungen
Borwin Bandelow, Thomas Lichte, Sebastian Rudolf, Jörg Wiltink, Manfred Beutel
eTABELLE 1
Beteiligte Fachgesellschaften, Berufsverbände und Organisationen
Nr.
Kürzel
Gesellschaft
1
APK
Aktion psychisch Kranke
2
BPTK
Bundespsychotherapeutenkammer
3
BVVP
Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten
4
DAG SHG
Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen
5
DASH
Deutsche Angst-Selbsthilfe
6
DÄVT
Deutsche Ärztliche Gesellschaft für Verhaltenstherapie
7
DEGAM
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und
Familienmedizin
8
DGPM
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin
und Ärztliche Psychotherapie
9
DGPPN
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie,
Psychosomatik und Nervenheilkunde
10
DGPPR
Deutsche Gesellschaft für Klinische Psychologie und
Psychosomatische Rehabilitation
11
DGPs
Deutsche Gesellschaft für Psychologie
12
DGPT
Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie,
Psychosomatik und Tiefenpsychologie
13
DGRW
Deutsche Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften
14
DGVM
Deutsche Gesellschaft für Verhaltensmedizin und
Verhaltensmodifikation
15
DGVT
Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie
16
DKPM
Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin
17
DPG
Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft
18
DPV
Deutsche Psychoanalytische Vereinigung
19
DVT
Deutscher Fachverband für Verhaltenstherapie
20
GAF
Gesellschaft für Angstforschung
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
9
MEDIZIN
eTABELLE 2
Mitglieder der Konsensgruppe. Abkürzungen: eTabelle 1. *Mitglieder der Steuerungsgruppe
10
Vertreter
Fachgesellschaft/ Organisation
Abkürzung
Prof. Dr. rer. nat. Georg W. Alpers
Deutsche Gesellschaft für Psychologie
DGPs
Prof. Dr. med. Borwin Bandelow, Dipl.-Psych.*
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde; Gesellschaft für Angstforschung
DGPPN/ GAF
Prof. Dr. phil. Cord Benecke
Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft
DPG
Prof. Dr. med. Manfred E. Beutel, Dipl.-Psych.*
Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin
DKPM, Koordination
Prof. Dr. med. Jürgen Deckert
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde
DGPPN
Prof. Dr. med. Annegret Eckhardt-Henn
Deutsche Psychoanalytische Vereinigung
DPV
Dr. med. Christian Ehrig
Deutsche Ärztliche Gesellschaft für Verhaltenstherapie
DÄVT
Dr. med. Kerstin Engel
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde; Gesellschaft für Angstforschung
DGPPN; GAF
Prof. Dr. med. Peter Falkai
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde
DGPPN
Prof. Dr. med. Franziska Geiser, Dipl.-Psych.
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche
Psychotherapie
DGPM
Prof. Dr. Alexander L. Gerlach
Deutsche Gesellschaft für Verhaltensmedizin und Verhaltensmodifikation
DGVM
Prof. Dr. phil. Stephan Hau, Dipl.-Psych.
Deutsche Psychoanalytische Vereinigung, Deutsche Gesellschaft für
Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie
DPV/ DGPT
Dipl.-Psych. Timo Harfst
Bundespsychotherapeutenkammer
BPTK
Prof. Dr. med. Peter Joraschky
Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin
DKPM
Prof. Dr. med. Michael Kellner
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde; Gesellschaft für Angstforschung
DGPPN; GAF
Prof. Dr. med. Volker Köllner
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche
Psychotherapie
DGPM
Univ.-Doz. Dr. med. Gernot Langs
Deutsche Ärztliche Gesellschaft für Verhaltenstherapie
DÄVT
Prof. Dr. med. Thomas Lichte*
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
DEGAM
Dr. rer. nat. Heinz Liebeck
Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie
DGVT
Dipl.-Psych. Jürgen Matzat
Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen
DAG SHG
Dipl.-Psych. Markus Reitt
Recherche
Dr. med. Sebastian Rudolf*
Deutscher Fachverband für Verhaltenstherapie
DVT
Prof. Dr. med. Heinrich Peter Rüddel
Deutsche Gesellschaft für Klinische Psychologie und Psychosomatische
Rehabilitation
DGPPR
Hr. Gerhard Schick
Deutsche Angst-Selbsthilfe
DASH
Prof. Dr. med. Ulrich Schweiger
Deutscher Fachverband für Verhaltenstherapie
DVT
Dr. Regine Simon
Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten
BVVP
Prof. Dr. med. Andreas Ströhle
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde; Gesellschaft für Angstforschung; Aktion Psychisch Kranke
DGPPN; GAF; APK
Dipl.-Psych. Anne Springer
Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik
und Tiefenpsychologie
DGPT
Prof. Dr. med. Hermann Staats
Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft
DPG
Dr. Walter Ströhm
Deutscher Fachverband für Verhaltenstherapie
DVT
Dipl.-Psych. Benedikt Waldherr
Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten
BVVP
Prof. Dr. phil. Birgit Watzke
Deutsche Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften
DGRW
Dr. med. Dirk Wedekind
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde; Gesellschaft für Angstforschung
DGPPN; GAF
PD Dr. med. Jörg Wiltink, Dipl.-Psych.
Koordination
Dipl.-Soz.-Päd. Christian Zottl
Deutsche Angst-Selbsthilfe
DASH
Prof. Dr. med. Peter Michael Zwanzger
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde; Gesellschaft für Angstforschung
DGPPN; GAF
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
MEDIZIN
eTABELLE 3
Berücksichtigte bisherige Leitlinien zur Behandlung von Angststörungen, geordnet nach dem Erscheinungsdatum. In den rechten Spalten wird
angegeben, ob diese Leitlinien die vier in dieser Leitlinie abgehandelten Störungen (Panikstörung, generalisierte Angststörung, soziale Phobie,
spezifische Phobie) abdecken.
Leitlinie
Gesellschaft
Autoren
PD
GAD
Soziale
Phobie
Spezifische
Phobie
Empfehlungen zur Therapie von Angst- und
Zwangsstörungen
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
(20)
x
x
x
x
Evidence-based guidelines for the pharmacological treatment
of anxiety disorders
British Association for
Psychopharmacology (BAP)
(21)
x
x
x
x
Clinical Practice Guidelines, Management of Anxiety Disorders
Canadian Psychiatric Association
(22)
x
x
x
x
Guidelines for the Pharmacological Treatment of Anxiety,
Obsessive-Compulsive and Post-Traumatic Stress Disorders –
First Revision
World Federation of Societies of
Biological Psychiatry (WFSBP)
(23)
x
x
x
x
Practice guideline for the treatment of patients with panic disorder
American Psychiatric Association
(24)
x
Evidenzbasierte Leitlinien zur Psychotherapie der
Panikstörung mit und ohne Agoraphobie und der Agoraphobie
ohne Panikstörung
Deutsche Gesellschaft für
Psychologie (DGPs)
(25)
x
Evidenzbasierte Leitlinien zur Psychotherapie der Sozialen
Angststörung
Deutsche Gesellschaft für
Psychologie (DGPs)
(26)
Management of Anxiety (Panic Disorder, with or without
Agoraphobia, and Generalised Anxiety Disorder) in Adults in
Primary, Secondary and Community Care
National Institute for Health and
Clinical Excellence (NICE)
(27)
x
x
x
eTABELLE 4
Evidenzgrade (nach Eccels und Mason, 2001 [28]) und Empfehlungsgrade
Evidenzgrad
Definition
Ia
Evidenz aus einer Metaanalyse von mindestens drei randomisierten kontrollierten Studien (RKS)
Ib
Evidenz aus mindestens einer randomisierten kontrollierten Studie oder einer Metaanalyse von weniger als drei RKS
IIa
Evidenz aus zumindest einer methodisch gut kontrollierten Studie ohne Randomisierung
IIb
Evidenz aus zumindest einer methodisch guten, quasi-experimentellen deskriptiven Studie
III
Evidenz aus methodisch guten, nichtexperimentellen Beobachtungsstudien, z. B. Vergleichsstudien,
Korrelationsstudien und Fallstudien
IV
Evidenz aus Berichten von Expertenkomitees oder Expertenmeinung und/oder klinische Erfahrung
anerkannter Autoritäten
Empfehlungsgrad positive Empfehlung
negative Empfehlung
A
„Soll“-Empfehlung: Zumindest eine randomisierte kontrollierte
Studie von insgesamt guter Qualität und Konsistenz, die sich direkt auf
die jeweilige Empfehlung bezieht und nicht extrapoliert wurde
(Evidenzebenen Ia und Ib)
„Soll nicht“: Von der jeweiligen
Therapie/Maßnahme wird auf der
Basis der Evidenzebenen Ia und Ib
abgeraten.
B
„Sollte“-Empfehlung: Gut durchgeführte klinische Studien, aber keine
randomisierten klinischen Studien, mit direktem Bezug zur Empfehlung
(Evidenzebenen II oder III) oder Extrapolation von Evidenzebene I,
falls der Bezug zur spezifischen Fragestellung fehlt
„Sollte nicht“: Von der jeweiligen
Therapie/Maßnahme wird auf der
Basis der Evidenzebenen II und III
abgeraten.
0
„Kann“-Empfehlung: Berichte von Expertenkreisen oder Expertenmeinung
und/oder klinische Erfahrung anerkannter Autoritäten (Evidenzkategorie IV)
oder Extrapolation von Evidenzebene IIa, IIb oder III. Diese Einstufung
zeigt an, dass direkt anwendbare klinische Studien von guter Qualität nicht
vorhanden oder nicht verfügbar waren.
Von der jeweiligen Therapie/Maßnahme wird auf der Basis der Evidenzkategorie IV oder Extrapolation
von Evidenzebene IIa, IIb oder III
abgeraten.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 27–28 | 7. Juli 2014
11
Herunterladen