WIEDERHOLUNG MNWI Zusammenfassung. Dieses Dokument ist kein offizieller Bestandteil der Vorlesung „Mathematik für Naturwissenschaftliche Informatik I“ und es ist daher unmöglich, Ansprüche jedweder Form daraus abzuleiten. Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Beweistechnik Lineare Abbildungen und Matrizen Algebraizität, Transzendenz, Berechenbarkeit Permutationen Stetige Funktionen Folgen Potenzreihen 1 4 6 6 7 8 10 1. Beweistechnik Diese Einführung in die Aussagen- und Prädikatenlogik ist nicht vollständig und berührt nur die grundlegenden Konzepte, welche für formal korrekt geführte Beweise notwendig sind. Große lateinische Buchstaben (A, B, C, . . . ) repräsentieren im Folgenden Aussagen, denen man eindeutig einen Wahrheitswert in {0, 1} = {falsch, wahr} zuordnen kann. Aus derartigen Aussagen können durch den unären Operator ¬ („nicht“) und die binären Operatoren ∧ („und“), ∨ („oder“) neue Aussagen gewonnen werden. Eine Wahrheitstafel verdeutlicht diese Verknüpfungen: A B ¬A A ∧ B A ∨ B 1 1 0 0 1 0 1 0 0 0 1 1 1 0 0 0 1 1 1 0 Implikation und Äquivalenz sind neue binäre Operatoren, welche man aus ¬, ∧, ∨ konstruieren kann, indem man definiert [A ⇒ B] ∶= [(¬A) ∨ B], dann ist [A ⇔ B] = [((¬A) ∨ B) ∧ ((¬B) ∨ A)]. Für den Beweis einer Äquivalenz A ⇔ B sind also stets die beiden Richtungen A ⇒ B und B ⇒ A nachzuweisen, oder man erhält die Aussage B unter Voraussetzung der Aussage A ausschließlich durch Äquivalenzumformungen. Eine einzige 1 2 WIEDERHOLUNG MNWI einseitige Implikation zerstört hierbei jedoch die Korrektheit des Beweises! In einem mathematisch vollständigen Beweis sind sämtliche Implikationen und Äquivalenzen als solche zu kennzeichnen! Es versteht sich von selbst, dass sämtliche, nicht durch die Formulierung des Satzes bereits gegebenen Objekte vor ihrer ersten Benutzung definiert werden müssen. Hierzu gehören unter anderem der Ursprung verwendeter Variablen, die vollständige Definition neuer Funktionen, die komponentenweise Einführung von Matrizen (sofern man auf die Einträge zugreifen möchte) usw. Für Aussagen der Form A ⇒ B betrachten wir zunächst drei mögliche Vorgehensweisen: (1) Direkter Beweis. Aufgrund der Transitivität der Implikation (klar wegen [X ⇒ Y ] = [(¬X) ∨ Y ]) genügt es, die Aussage auf bereits als wahr erkannte Teilaussagen C1 , . . . , Cn zurückzuführen und die entsprechend kleineren Teilaussagen [A ⇒ C1 ] ∧ [C1 ⇒ C2 ] ∧ . . . ∧ [Cn−1 ⇒ Cn ] ∧ [Cn ⇒ B] einzeln nachzuweisen, wobei jede Teilaussage möglicherweise wieder aufgeteilt werden kann. (2) Kontraposition. Man überprüft leicht, dass [A ⇒ B] = [(¬A) ∨ B] = [(¬(¬B)) ∨ (¬A)] = [(¬B) ⇒ (¬A)]. (3) Widerspruchsbeweis. Hier wird angenommen, die Aussage B sei falsch, das heißt, es gelte ¬B und leitet unter der Annahme A und der zusätzlichen Voraussetzung ¬B mittels vorher als richtig erkannter Aussagen die Wahrheit einer Aussage C ab, von der man bereits weiß, dass sie falsch ist. Folglich kann ¬B nicht richtig sein und es gilt A ⇒ B. Für die Aussage „Es gibt (mindestens) ein (Objekt) x in (der Menge) X, welches die Eigenschaft E besitzt“ schreiben wir kurz „∃x ∈ X∶ E(x)“ und nennen ∃ den Existenzquantor. Für die Aussage „Für alle (Objekte) x in (der Menge) X gilt die Eigenschaft E“ schreiben wir kurz „∀x ∈ X∶ E(x)“ und nennen ∀ den Allquantor. Beispiel 1.1. Die Beweise der folgenden Aussagen werden ausgespart, da diese für unsere Vorlesung unwichtig sind! (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) ¬(¬A) = A ¬(A ∧ B) = (¬A) ∨ (¬B) ¬(A ∨ B) = (¬A) ∧ (¬B) ¬(∀x ∈ X∶ E(x)) = (∃x ∈ X∶ ¬E(x)) ¬(∃x ∈ X∶ E(x)) = (∀x ∈ X∶ ¬E(x)) ¬(∀x ∈ X∶ (∃y ∈ Y ∶ E(x, y))) = (∃x ∈ X∶ (∀y ∈ Y ∶ ¬E(x, y))) ¬(∃x ∈ X∶ (∀y ∈ Y ∶ E(x, y))) = (∀x ∈ X∶ (∃y ∈ Y ∶ ¬E(x, y))) Eine Funktion f ∶ X → Y ist genau dann stetig in x0 ∈ X, wenn ∀ε > 0 ∃δ(x0 , ε) > 0∶ ∀x ∈ X∶ [∣x − x0 ∣ < δ(x0 , ε)] ⇒ [∣f (x0 ) − f (x)∣ < ε]. Die Negation dieses Quantorenungetüms lautet ∃ε > 0 ∀δ(x0 , ε) > 0∶ ∃x ∈ X∶ [∣x − x0 ∣ < δ(x0 , ε)] ∧ [∣f (x0 ) − f (x)∣ ≥ ε]. WIEDERHOLUNG MNWI 3 Unter Verwendung der Quantoren ∃ und ∀ können Negationen beinahe „algorithmisch“ durchgeführt werden. Dazu sind die Quantoren ∃ und ∀, sowie die Operatoren ∧ und ∨, jeweils unter Beibehaltung ihrer ursprünglichen Reihenfolge, zu Vertauschen und alle auftretenden Aussagen zu negieren. Dies gilt auch für mehr als zweistellige Aussagen wie in den Stichpunkten (4) bis (7). Zum Schluss betrachten wir zwei exemplarische Beweise, die das bisher gesagte unterstreichen sollen. Satz 1.2 (Euklid). Es gibt unendlich viele Primzahlen. Beweis. Wir führen einen indirekten Beweis, nehmen also an, die Behauptung sei falsch. Die Negation der Aussage „Es gibt unendlich viele Primzahlen“ ist einfach „Es gibt endlich viele Primzahlen“. In diesem Fall können wir eine vollständige Liste P = {p1 , . . . , pn } aller Primzahlen erstellen und betrachten das Produkt aller Zahlen aus P und addieren 1. m = p1 ⋅ p2 ⋅ . . . ⋅ pn + 1 ∈ N (1.1) Da aber jede natürliche Zahl einen Primteiler besitzt (diese Tatsache wird als bereits bewiesen angenommen), gilt dies auch für m. Wir nennen diesen Primteiler q und wissen, dass er bereits in P enthalten ist, da P nach Annahme alle Primzahlen enthält. Daraus folgt, dass q ein Teiler von m und auch ein Teiler von p1 ⋅ . . . ⋅ pn ist, denn es existiert ein i mit 1 ≤ i ≤ n und pi = q. Dann muss wegen (1.1) aber auch 1 durch q teilbar sein, was wegen q > 1 aber nicht möglich ist. Genauer gesagt, wurde hier ein Widerspruch zu der Tatsache hergeleitet, dass Primzahlen per Definition größer als 1 sind. ∎ Satz 1.3. Sei I ⊂ R ein Intervall und f ∶ I → R eine stetige Abbildung. Dann ist f genau dann streng monoton, wenn f injektiv ist. Beweis. „⇒“ Per Definition ist eine Abbildung streng monoton, wenn aus a, b ∈ I mit a < b stets f (a) < f (b) (oder f (a) > f (b)) folgt. Dies ist äquivalent zu der Aussage, dass aus a ≠ b stets f (a) ≠ f (b) folgt. Dies ist aber genau die Definition für Injektivität. „⇐“ Offenbar ist f genau dann streng monoton, wenn für je drei Punkte a, b, x ∈ I mit a < x < b entweder f (a) < f (x) < f (b) (oder f (a) > f (x) > f (b)) gilt. Die offenen Intervalle (f (a), f (x)) und (f (x), f (b)) sind hierbei disjunkt. Wir führen den Beweis nun durch Kontraposition und nehmen hierfür an, die Abbildung sei nicht streng monoton, so gibt es ein x0 ∈ (a, b) mit f (x0 ) ∉ (f (a), f (b)). Dann folgt aus der Stetigkeit der Abbildung f und dem Zwischenwertsatz, dass jedes y ∈ (f (a), f (x0 )) ∩ (f (b), f (x0 )) (beziehungsweise y ∈ (f (x0 ), f (a)) ∩ (f (x0 ), f (b))) ein Urbild in (a, x0 ) und eines in (x0 , b) besitzt, also existiert ein u ∈ (a, x0 ) und ein v ∈ (x0 , b) mit u ≠ v, aber f (u) = y = f (v). Folglich ist f nicht injektiv und die Behauptung ist bewiesen. ∎ Neben den bereits angesprochenen Beweismethoden gibt es noch die folgenden Verfahren und häufig anwendbaren „Beweiskniffe“: 4 WIEDERHOLUNG MNWI (1) Vollständige Induktion zum Beweis von Aussagen, welche für eine gewisse Teilmenge der natürlichen Zahlen gelten. (2) Soll eine Aussage der Form ∀x ∈ X∶ E(x) bewiesen werden, so beginnt der Beweis mit „Sei x ∈ X“, um anschließend durch eine Folge von Implikationen E(x) zu folgern. (3) In einer Aussage ∃x ∈ X∶ E(x) strebt man danach, ein konkretes x0 ∈ X zu finden, für das E(x0 ) gilt. (4) Beim Beweis der Gleichheit zweier Mengen A und B sind die beiden Relationen A ⊆ B und B ⊆ A nachzuweisen. Hinweis: Der Beweis der Gültigkeit einer Relation der Form A ⊆ B ist ein Speziallfall des Stichpunktes (2). Startet man den Beweis folglich mit einem beliebigen a ∈ A und zeigt, dass dieses Element auch stets in B enthalten ist, so hat man zunächst nur die Hälfte der notwendigen Arbeit verrichtet! (5) Bei Stetigkeitsbeweisen nach dem (ε − δ)-Kriterium sucht man nach einem konkreten δ(x0 , ε) > 0, so dass ∣x − x0 ∣ < δ(x0 , ε) ⇒ ∣f (x) − f (x0 )∣ < ε. 2. Lineare Abbildungen und Matrizen Seien U und V endlichdimensionale K-Vektorraume mit dim(U ) = n und dim(V ) = m, dann gibt es zu jeder linearen Abbildung f ∶ U → V eine Matrix A ∈ M (m × n, K). Die Matrix A heißt Darstellungsmatrix von f . Genaueres regelt der Satz 2.1. Seien U und V endlichdimensionale K-Vektorräume mit Basen B1 = {u1 , . . . , un } und B2 = {v1 , . . . , vm }. Die lineare Abbildung f ∶ U → V ist durch die Bilder f (u1 ), . . . , f (un ) der Basisvektoren aus B1 eindeutig bestimmt, denn für x = ∑ni=1 ci ui gilt n n i=1 i=1 f (x) = f (∑ ci ui ) = ∑ ci f (ui ). Des Weiteren sei für alle 1 ≤ i ≤ n (2.1) m f (ui ) = a1,i v1 + ⋯ + am,i vm = ∑ aj,i vj (2.2) j=1 für aj,i ∈ K und daraus folgt n n m i=1 i=1 j=1 m n f (x) = ∑ ci f (ui ) = ∑ ci ∑ aj,i vj = ∑ (∑ aj,i ci ) vj . (2.3) j=1 i=1 Die Gültigkeit von Gleichung (2.1) folgt aus der vorausgesetzten Linearität von f . Gleichung (2.2) gilt, weil jedes Element aus V eindeutig als Linearkombination der Basisvektoren aus B2 geschrieben werden kann und (2.3) ist einfach die Kombination der Aussagen in (2.1) und (2.2). Satz 2.1 impliziert ein Verfahren zur Berechnung der Darstellungsmatrix der linearen Abbildung f . Beispiel 2.2. Sei f ∶ R2 → R3 , ⎛2(x1 − x2 )⎞ x ( 1 ) ↦ ⎜ x2 + 3x1 ⎟ x2 ⎝ x1 + 1 x2 ⎠ 2 WIEDERHOLUNG MNWI 5 und seien die Standardbasen B1 = {e1 , e2 } bzw. B2 = {e1 , e2 , e3 } gegeben. Wegen (2.2) müssen wir uns zunächst die Bilder der Basisvektoren von R2 unter der Abbildung f anschauen und als Linearkombination der Basisvektoren aus B2 schreiben. ⎛2⎞ 1 f ( ) = ⎜3⎟ = 2e1 + 3e2 + 1e3 0 ⎝1⎠ (2.4) ⎛−2⎞ 1 0 f ( ) = ⎜ 1 ⎟ = −2e1 + 1e2 + e3 1 2 ⎝1⎠ (2.5) 2 Die Koeffizienten {2, 3, 1} in (2.4) beziehungsweise {−2, 1, 12 } in (2.5) entsprechen genau den Koeffizienten aj,i aus (2.2) und sind die Einträge der Darstellungsmatrix von f . a1,1 = 2, a2,1 = 3, also a3,1 = 1, a1,2 = −2, a2,2 = 1, 1 a3,2 = , 2 ⎛2 −2⎞ A = ⎜3 1 ⎟ . ⎝1 1 ⎠ 2 Betrachten wir nun dieselbe lineare Abbildung bezüglich der Basen ⎧ 1 0 0 ⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎪ 2 1 B1 = {( ) , ( )} , B2 = ⎨⎜0⎟ , ⎜1⎟ , ⎜0⎟⎬ , 1 3 ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭ ⎩⎝0⎠ ⎝0⎠ ⎝1⎠⎪ dann berechnen sich die Bilder der Basisvektoren unter f zu ⎛2⎞ 5 2 f ( ) = ⎜ 7 ⎟ = 2e1 + 7e2 + e3 1 2 ⎝5⎠ 2 ⎛4⎞ 5 1 f ( ) = ⎜ 6 ⎟ = 4e1 + 6e2 + e3 3 2 ⎝5⎠ 2 mit der Darstellungsmatrix ⎛2 B = ⎜7 ⎝5 2 4⎞ 6⎟ . 5⎠ 2 Da wir ausschließlich die Bilder der Basisvektoren betrachten sind die Koeffizienten ci aus (2.3) stets gleich 1 und beeinflussen die Rechnung damit nicht. Faustregel: Zur Berechnung der Darstellungsmatrix einer linearen Abbildung, berechnet man die Bilder aller Basisvektoren und schreibt diese Bilder als Linearkombination der Basisvektoren des Zielraumes. Die dabei auftretenden Koeffizienten schreibt man spaltenweise in eine Matrix. 6 WIEDERHOLUNG MNWI Umgekehrt kann man aus jeder Matrix die zugehörige lineare Abbildung zurückgewinnen, indem man definiert n m n f (x) = f (∑ ci ui ) ∶= ∑ (∑ aj,i ci ) vj . i=1 j=1 i=1 Ein beliebiges x ∈ R2 ist Linearkombination der Standardbasis, also x = x1 e1 + x2 e2 für x1 , x2 ∈ R und für die oben berechnete Darstellungsmatrix A von f ergibt sich so f (x) = (a1,1 x1 + a1,2 x2 )e1 + (a2,1 x1 + a2,2 x2 )e2 + (a3,1 x1 + a3,2 x2 )e3 . 1 = 2(x1 − x2 )e1 + (3x1 + x2 )e2 + (x1 + x2 )e3 . 2 3. Algebraizität, Transzendenz, Berechenbarkeit Eine Zahl z ∈ C heißt algebraisch, wenn es für n ∈ N ∖{0} ein Polynom p(x) = an xn + an−1 xn−1 + ⋯ + a1 x + a0 gibt, so dass für 0 ≤ k ≤ n stets ak ∈ Q und p(z) = √0 gilt. Insbesondere ist die Forderung ak ∈ Q zu beachten, denn zum Beispiel ist i ∈ C zwar (eine) Nullstelle des quadratischen Polynoms p(x) = x2 − i mit a2 = 1 und a0 = √i jedoch ist dann a0 ∉ Q. Ein geeignetes Polynom zum Beweis der Algebraizität von i ist p(x) = x8 − 1. Eine Zahl z ∈ C heißt transzendent, wenn sie nicht algebraisch ist, falls also kein Polynom der obigen Form gefunden werden kann, so dass z Nullstelle dieses Polynoms ist. Das populärste Beispiel einer transzendenten Zahl ist π ∈ R. Der naheliegende Ansatz p(x) = x − π scheitert wiederum an a0 = π ∉ Q. Für einen vollständigen Beweis der Transzendenz von π benötigt man jedoch die Integralrechnung. Eine Zahl heißt berechenbar, wenn sie mittels eines endlichen (!) Programms mit endlichem Input beliebig genau berechnet werden kann (Definition, Leitfaden 1, Seite 8). Alle Zahlen aus Q und alle algebraischen Zahlen aus R sind berechenbar (Wieso?). Ein Hinweis darauf, dass nicht alle transzendenten Zahlen berechenbar sind, ist der folgende (noch nicht vollständig nachvollziehbare): Jedes Programm einer Turing-Maschine besitzt nur endlich viele Zeichen und die Menge all dieser Programme ist abzählbar. Definiert man Berechenbarkeit nun durch Turing-Berechenbar, so gibt es folglich nur abzählbar viele berechenbare Zahlen, jedoch ist bereits R überabzählbar! 4. Permutationen Sei M eine Menge mit ∣M ∣ = n < ∞ vielen Elementen, dann heißt eine bijektive Abbildung σ∶ M → M eine (n-stellige) Permutation der Elemente von M . Eine übliche Schreibweise für Permutationen ist die Angabe einer Wertetabelle mit allen Werten aus dem Definitionsbereich in der ersten und allen Werten aus dem Zielbereich in der zweiten Zeile. Da Definitions und Zielbereich hier jeweils gleich M und die Abbildung σ bijektiv ist, ändert sich in der zweiten Zeile lediglich die Anordnung der Elemente. Sei z.B. M = {1, 2, 3, 4, 5, 6}, dann ist 1 2 3 4 5 6 σ=( ) σ(1) σ(2) σ(3) σ(4) σ(5) σ(6) (4.1) WIEDERHOLUNG MNWI 7 Die Menge der bijektiven Abbildungen mit der Komposition ○ als Verknüpfung bildet eine (nicht abelsche) Gruppe mit idM als neutralem und σ −1 (warum existiert diese Abbildung?) als inversem Element. Man bezeichnet diese Gruppe als die symmetrische Gruppe Sn und sie besitzt n! verschiedene Elemente (Beweis durch Induktion). Die Verknüpfung von Permutationen der Form (4.1) stellt also eine Verknüpfung von Abbildungen dar und wird (wie bei Abbildungen üblich) von rechts nach links ausgeführt! Beispiel 4.1. Seien 1 2 3 4 5 6 σ=( ) 3 1 2 4 6 5 und τ =( 1 2 3 4 5 6 ), 6 2 3 4 5 1 1 2 3 4 5 6 ) 5 1 2 4 6 3 und τ ○σ =( dann ist σ○τ =( 1 2 3 4 5 6 ). 3 6 2 4 1 5 Potenzen von Permutationen sind wiederum nichts anderes die mehrfache Hintereinanderausführung derselben bijektiven Abbildung, das heißt σn = σ ○ σ ○ ⋯ ○ σ . ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ n−mal 5. Stetige Funktionen Zur Verdeutlichung der Vorgehensweise beim Stetigkeitsnachweis mit dem (ε, δ)Verfahren beweisen wir exemplarisch die Stetigkeit der Wurzelfunktion. Beispiele für stetige Funktionen, die nicht gleichmäßig stetig sind, hatten wir bereits betrachtet. √ √ Beispiel 5.1. Die Wurzelfunktion ●∶ R+ → R+ , x ↦ x ist stetig. Wir verwenden wieder das (ε−δ)-Kriterium und müssen folglich ein konkretes δ angeben, welches das Kriterium erfüllt. Eine direkte Herangehensweise hierfür ist die Folgende: Untersuche den Abstand ∣f (x) − f (x0 )∣ für beliebiges, aber festes x0 ∈ R+ und schätze diese Größe derart ab, dass sie in Abhängigkeit des Abstands ∣x − x0 ∣ dargestellt werden kann. Da ∣f (x) − f (x0 )∣ < ε gelten muss, kann man nun ablesen, wie man δ in Abhängigkeit von ε und x0 ∈ R+ zu wählen hat. Es gilt Da √ √ √ x − x0 ∣f (x) − f (x0 )∣ = ∣ x − x0 ∣ = ∣ √ √ ∣. x − x0 (5.1) x ≥ 0 ist, können wir (5.1) durch x − x0 x − x0 ∣x − x0 ∣ ∣√ √ ∣≤∣ √ ∣= √ x0 x0 x − x0 nach oben abschätzen. Hier werden wir vor das Problem gestellt, dass möglicherweise √ x0 = 0 und somit auch x0 = 0 ist und der letzte Quotient in diesem Fall undefiniert 8 WIEDERHOLUNG MNWI wäre. Nehmen wir also zunächst x0 > 0 an, dann erkennt man sofort, dass durch die √ Wahl δ(ε, x0 ) ∶= ε x0 folgt √ ∣x − x0 ∣ δ(ε, x0 ) ε x0 < = = ε. √ √ √ x0 x0 x0 Es bleibt die Betrachtung des Falles x0 = 0. Dieser ist aber besonders einfach, denn es gilt √ √ √ ∣ x − x0 ∣ = x − x0 < ε, wenn δ ∶= ε2 . Damit ist alles gezeigt. 6. Folgen Wir untersuchen exemplarisch drei Folgen auf Konvergenz, um mögliche Vorgehensweisen zu illustrieren. Beispiel 6.1. (1) Für alle Potenzen k ∈ N gilt limx→∞ ex x−k = ∞. Aus der Vorlesung kennen wir die Potenzreihendarstellung der Exponentialfunktion. Diese benutzen wir, um eine uneigentlich konvergente Minorante zu konstruieren. Es gilt ∞ xk+1 xn > . (6.1) ex = ∑ (k + 1)! n=0 n! Aus (6.1) folgt ex x x→∞ ÐÐÐ→ ∞ > k x (k + 1)! und damit die Behauptung. n (2) Die Folge en ∶= (1 + n1 ) konvegiert für n → ∞ gegen die Eulersche Zahl e. In der Vorlesung wurde die allgemeine Potenz ab ∶= exp(b ln(a)) für alle a > 0 eingeführt. Angewandt auf die Folge en ergibt dies mit a ∶= 1 + n1 > 0 und b ∶= n die Darstellung 1 1 n (1 + ) = exp (n ln (1 + )) . n n Aufgrund der Stetigkeit der Exponentialfunktion genügt es nun, n ln (1 + n1 ) → 1 für n → ∞ zu beweisen. Hierzu nutzen wir die Stetigkeit der Logarithmusfunktion und der daraus folgenden Konvergenz limn→∞ ln (1 + n1 ) = ln(1) = 0. Auf die Folge ln (1 + n1 ) fn ∶= 1 n können wir folglich den Satz von L’Hospital anwenden. Es gilt ′ lim fn = lim n→∞ (ln (1 + n1 )) n→∞ ′ ( n1 ) = 1 −1 1 n2 1+ n lim −1 n→∞ n2 1 = 1. n→∞ 1 + 1 n = lim Insgesamt folgt also lim en = lim exp(fn ) = exp ( lim fn ) = exp(1) = e . n→∞ n→∞ n→∞ WIEDERHOLUNG MNWI (3) Die Folge zn ∶= in 1+i n 9 ist eine Nullfolge. Wir bringen zn in die Form zn = 1 in in = ⋅ 1 + i n n i +1/n n i und weisen nach, dass die Folge yn ∶= i +1/n beschränkt ist. Dies bedeutet, dass zn das Produkt einer Nullfolge und einer beschränkten Folge, also selbst eine Nullfolge ist. Hierzu bemerken wir zunächst, dass √ ∣i +1/n∣ = 1 + 1/n2 ≥ 1 gilt. Daraus folgt ∣ in ∣in ∣ ∣i∣n 1 ∣= = = ≤1 i +1/n ∣i +1/n∣ ∣i +1/n∣ ∣i +1/n∣ und insgesamt die Behauptung. In der Vorlesung wurde eine spezielle Form von Folgen behandelt – die CauchyFolgen. Dabei heißt (xn )n∈N eine Cauchy-Folge, falls für alle ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass ∣xn − xm ∣ < ε für alle n, m ≥ N gilt. Folgende Aussagen sollten für die Klausur bekannt sein: Lemma 6.2. Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge. Beweis. Sei (xn )n∈N eine konvergente Folge mit limn→∞ xn = x, dann gilt für n, m ≥ N ∈ N die Abschätzung ε ε ∎ ∣xn − xm ∣ = ∣xn − x + x − xm ∣ ≤ ∣xn − x∣ + ∣xm − x∣ < + = ε. 2 2 Lemma 6.3. Cauchy-Folgen sind beschränkt. Beweis. Sei (xn )n∈N eine Cauchy-Folge mit ∣xn − xm ∣ < 1 für n, m ≥ N ∈ N, dann folgt aus der umgekehrten Dreiecksungleichung ∣xn ∣ − ∣xN ∣ ≤ ∣xn − xN ∣ < 1, also ∣xn ∣ < 1 + ∣xN ∣. ∎ Die Umkehrung von Lemma 6.3 ist im Allgemeinen falsch. Betrachte hierzu die rationale Zahlenfolge x∶ N → Q mit x0 ∶= a und xn+1 ∶= 12 (xn + xan ). Man kann zeigen √ (wie?), √ dass x in R gegen a konvergiert. Dann kann x aber nicht in Q konvergieren, weil a im Allgemeinen keine rationale Zahl und der Grenzwert von x eindeutig ist. Eine weitere Art von Folgen, die in der Vorlesung behandelt wurden, sind die Reihen. Aus dem oben erwähnten Konzept der Cauchyfolge leitet man ein Konvergenzkriterium für Reihen ab. Satz 6.4 (Cauchy). Die Reihe ∑∞ k=0 xk ist konvergent genau dann, wenn zu jedem ε > 0 ein N ∈ N existiert mit m ∣ ∑ xk ∣ < ε k=n+1 für m > n ≥ N . 10 WIEDERHOLUNG MNWI 1 Beispiel 6.5. (1) Die harmonische Reihe ∑∞ k=1 k ist uneigentlich konvergent in R. Wir verwenden das Cauchy-Kriterium in der Form n 2n 1 1 1 n 1 1 1 −∑ ∣= ∑ = +⋯+ ≥ = k k k n + 1 2n 2n 2 k=1 k=1 k=n+1 2n ∣∑ und nach Satz 6.4 kann die harmonische Reihe nicht in R konvergieren. 1 k (2) Die Reihe ∑∞ k=1 k q ist konvergent für alle ∣q∣ < 1. Wir überprüfen wieder die Partialsummen für m > n ≥ N ∈ N mit dem Cauchy-Kriterium n m m m qk qk qk qk 1 − ∣q∣m+1 =∶ ε. −∑ ∣=∣ ∑ ∣ ≤ ∑ ∣ ∣ ≤ ∑ ∣q∣k ≤ 1 − ∣q∣ k=1 k k=1 k k=n+1 k k=n+1 k k=n+1 m ∣∑ 7. Potenzreihen Wir berechnen den Konvergenzradius der Potenzreihe ∞ 2 1 1 p = ∑ Xk = 1 + X + 0 ⋅ X2 + 0 ⋅ X3 + X4 + 0 ⋅ X5 + ⋯ 2 k=0 k! Die Koeffizienten besitzen hier die Form ⎧ ⎪ ⎪1/j!, falls k = j 2 ak ∶= ⎨ ⎪ 0, sonst. ⎪ ⎩ Daraus folgt √ √ √ √ j→∞ −1 2 2 1/j 2 1 ≤ ( k ∣ak ∣) = j j! ≤ j j j = (j j ) = j 1/j = j j ÐÐÐ→ 1. Für die Berechnung des Konvergenzradius nach der Formel von Hadamard folgt also −1 √ k rp = (lim sup ∣ak ∣) = 1. k→∞